Höhere Mathematik 1 Kapitel 1 Grundlagen Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus Höhere Mathematik 1 Kapitel 1 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen ..........................................................................................................................1-1 1.1 Mengen, Mengenoperationen und Abbildungen...............................................................1-1 1.1.1 Spezielle Mengen.......................................................................................................1-3 1.1.2 Mengenoperationen....................................................................................................1-7 1.1.3 Abbildungen.............................................................................................................1-12 1.2 Reelle Zahlen...................................................................................................................1-16 1.2.1 Natürliche Zahlen.....................................................................................................1-16 1.2.2 Ganze Zahlen ...........................................................................................................1-17 1.2.3 Rationale Zahlen ......................................................................................................1-17 1.2.4 Mathematische Beweismethoden.............................................................................1-18 1.2.5 Irrationale Zahlen.....................................................................................................1-26 1.2.6 Axiome der reellen Zahlen.......................................................................................1-29 1.2.7 Anwendungen ..........................................................................................................1-32 1.3 Zahlensysteme .................................................................................................................1-49 1.4 Komplexe Zahlen ............................................................................................................1-59 1 Grundlagen 1.1 Mengen, Mengenoperationen und Abbildungen Definition 1-1: (Menge) Unter einer Menge versteht man die Zusammenfassung von Elementen zu einer Einheit. Dabei können die Elemente der Menge durch bestimmte Eigenschaften charakterisiert sein, oder sie werden explizit aufgezählt. Beschreibende Darstellungsform: M a | a besitzt die Eigenschaft E Aufzählende Darstellungsform: endliche Menge: M a1 , a2 , a3 ,, an abzählbar unendliche Menge: M a1 , a2 , a3 , Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-1 Beispiel: 1) M 1 1,2,3,5,7,11 2) M 2 grün, rot, gelb, blau Symbolik der Elementbeziehung: aM aM bedeutet: a ist ein Element der Menge M bedeutet: a ist kein Element der Menge M Beispiel: 1) 2 M 1 , 5 M 1 , 9 M 1 2) rot M 2 , weiß M 2 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-2 1.1.1 Spezielle Mengen Definition 1-2: (Teilmenge) Eine Menge A heißt Teilmenge der Menge B, wenn jedes Element der Menge A auch Element von B ist. Symbolische Schreibweise: A B A ist Teilmenge von B, d.h. x A x B x A B Beispiel: 1) 1, 2,3 M1, 1, 2,4 M1 2) rot, grün M 2 , schwarz, blau M 2 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-3 Definition 1-3: (Gleichheit) Zwei Mengen A und B heißen gleich, wenn jedes Element der Menge A auch Element von B ist und umgekehrt. Symbolische Schreibweise: A B A ist gleich B, x d.h. x A x B A B Definition 1-4: (leere Menge) Eine Menge M heißt leer, wenn sie kein Element enthält. Symbolische Schreibweise: M Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-4 Definition 1-5: (Potenzmenge) M sei eine Menge und A sei eine Teilmenge von M, d.h. A M. Wir bilden eine Menge, die alle Teilmengen A von M enthält und nennen diese Potenzmenge P(M ) von M. Symbolische Schreibweise: P M A| A M Folgerung: Es gilt stets, d.h. für jede Menge M PM M PM , da M und M M. Beispiel: M 3 1,2 ,3 P M 3 ,1,2 ,3,{1,2},{1,3},{2 ,3},M 3 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-5 Definition 1-6: (Komplementärmenge) Gegeben sei eine Menge A mit A M. A heißt Komplementärmenge von A bezüglich M, wenn gilt A x | x M x A , d.h. A enthält alle Elemente von M die nicht zu A gehören. Die Menge M wird dabei als Universalmenge bezeichnet. Folgerung: M M , M A A Beispiel: A M 3 , M M 1 A 5,7 ,11 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-6 1.1.2 Mengenoperationen Definition 1-7: (Vereinigungsmenge) Unter einer Vereinigung(smenge) zweier Mengen A und B versteht man die Menge aller Elemente, die mindestens einer der beiden Mengen A oder B angehören. Symbolische Schreibweise: A B x | x A x B A vereinigt B A B A B Beispiel: A 1,2 ,3 , B 3,4 ,5 A B 1,2 ,3,4 ,5 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-7 Definition 1-8: (Durchschnittsmenge) Der Durchschnitt zweier Mengen A und B ist die Menge aller Elemente, die sowohl A als auch B angehören. Symbolische Schreibweise: A B x | x A x B A geschnitten B B A A B Beispiel: A 1,2 ,3 , B 3,4 ,5 A B 3 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-8 Definition 1-9: (Differenzmenge) Die Differenz zweier Mengen A und B ist die Menge aller Elemente von A, die nicht Element von B sind. Symbolische Schreibweise: A \ B x | x A x B A ohne B B A A\ B B\A Beispiel: A 1,2 ,3 , B 3,4 ,5 A \ B 1,2 , B \ A 4 ,5 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-9 Rechenregeln für die Operationen , , Es gilt für alle Mengen A, B, C und D, die Teilmenge einer Universalmenge M sind 1) A B B A Kommutativgesetz A B B A A B C A B C A B C A B C A A C A B B C B Assoziativgesetz 4) A B C A B A C Distributivgesetz 5) A A, A A M A, A M M – Nullelement M – Einselement 2) 3) A B C A B A C Hochschule Bremen Verschmelzungsgesetz Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-10 6) A A M A A 7) A A 8) A B A B A B A B Komplement-Eigenschaft de-Morgansche Regeln Beweis von 8): Nach 6) genügt es zu zeigen, dass A B A B M und A B A B A B A B A B A A B B A A B A B B M B A M M M M A B A B A A B B A B B A A A B B B A Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-11 1.1.3 Abbildungen Definition 1-10: Werden durch eine bestimmte Vorschrift Elemente einer Menge A Elemente einer Menge B zugeordnet, so spricht man von einer Abbildung aus der Menge A in die Menge B. Abbildungen Relation, aus A wird in B abgebildet Hochschule Bremen A Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus B 1-12 Surjektive Abbildung, A wird auf B abgebildet A (eindeutige auf) B W D Injektive Abbildung, A wird in B abgebildet (eineindeutige) A B W D Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-13 Bijektive Abbildung, d.h. injektiv und surjektiv, (eineindeutige auf bzw. umkehrbar eindeutig) A D B W wobei D den Definitions- und W den Wertebereich einer Funktion bezeichnet. Definition 1-11: (Produktmenge) A und B seien zwei Mengen. Dann heißt A B (a,b) | a A b B Produktmenge der Mengen A und B (wird auch kartesisches Produkt genannt). Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-14 Beispiel: A a, b , B 0,2,4 A B (a,0) ,(a,2) ,(a,4) ,(b,0) ,(b,2) ,(b,4) Definition 1-12: (Abbildung) A und B seien zwei Mengen. Dann heißt F ( x, y )| x A y B y f ( x ) A B eine Abbildung aus der Menge A in die Menge B. Beispiel: F (a,2),(b,0),(b,4) Alternative Symbolik: f : A B Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-15 1.2 Reelle Zahlen Am Anfang mathematischer Betrachtungen steht auch der Zahlenbegriff. Die Zahlen gehören zu den grundlegenden mathematischen Objekten, mit deren Hilfe die realen Dinge oder Ereignisse quantifiziert oder geordnet werden können. 1.2.1 Natürliche Zahlen : 1, 2, 3, heißt Menge der natürlichen Zahlen,1) 0 : 0,1, 2, heißt Menge der natürlichen Zahlen einschließlich 0 und es gilt n, m n m , n m n, m n m n m aber n m 1) N kann auch axiomatisch erklärt werden. Dazu nutzt man die Kenntnis ihrer Eigenschaften. Wählt man unter diesen eine minimale Zahl von Grundeigenschaften derart aus, dass sich alle weiteren von diesen ableiten lassen, so bilden diese ein Axiomensystem. Für N stammt das bekannteste von Peano (1891). a) 1 ist eine natürliche Zahl. b) Zu jeder natürlichen Zahl n gibt es genau einen Nachfolger n’. c) Es gibt keine natürliche Zahl, deren Nachfolger 1 ist. d) Die Nachfolger zweier verschiedener Zahlen sind voneinander verschieden. e) Enthält eine Menge natürlicher Zahlen die Zahl 1 und mit jeder natürlichen Zahl n auch deren Nachfolger n’, so enthält sie alle natürlichen Zahlen Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-16 1.2.2 Ganze Zahlen : , 3, 2, 1,0,1, 2,3, bzw. : p : p 0 ( p ) heißt Menge der ganzen Zahlen und es gilt p, q p q , p q , p q p p p, q q 0 p, q teilerfremd aber . q q 1.2.3 Rationale Zahlen : r p q : p , q \ {0} heißt Menge der rationalen Zahlen und es gilt r1 , r2 r1 r2 , r1 r2 , r1 r2 r1 , r2 r2 0 r1 r2 aber im allgemeinen ist Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus r1 . 1-17 1.2.4 Mathematische Beweismethoden Grundlagen aus der Aussagelogik A und B seien zwei Aussagen mit A: Es regnet bzw. B: Die Straße ist nass A: Das Tier ist ein Pferd B: Es ist ein Säugetier Implikation A B (aus A folgt B, wenn A dann B, A impliziert B) Für die negierten Aussagen A: Es regnet nicht bzw. B: Die Straße ist nicht nass gilt 1) B A A: B: Das Tier ist kein Pferd Es ist kein Säugetier 1) Die Aussage A B ist nicht allgemein gültig, z.B. wenn das Tier kein Pferd ist, dann ist es nicht zwingend kein Säugetier. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-18 Kontraposition A B B A Beweis: A f f w w A B w w f w B f w f w B w f w f A w w f f B A w w f w Nun bezeichne Aussage A: die Voraussetzung B: die Behauptung Hochschule Bremen (die Bedingung) (den Sachverhalt) Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-19 Notwendige Bedingung B A A B Wenn die Voraussetzung A nicht erfüllt ist, dann gilt auch die Behauptung B nicht. Bei Erfüllung der Voraussetzung A kann keine Aussage über die Gültigkeit der Behauptung B gemacht werden. Hinreichende Bedingung A B B A Von der Gültigkeit der Voraussetzung A kann auf die Gültigkeit der Behauptung B geschlossen werden. Wenn die Voraussetzung A nicht erfüllt ist, dann kann keine Aussage über die Gültigkeit der Behauptung B getroffen werden. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-20 Notwendige und Hinreichende Bedingung A B Wenn die Voraussetzung A erfüllt ist, dann gilt auch die Behauptung B. Wenn die Voraussetzung A nicht erfüllt ist, dann gilt auch die Behauptung B nicht. Direkte Beweismethode Beim direkten Beweis folgert man aus der Gültigkeit der Voraussetzung A durch aussagelogische Gesetze die Gültigkeit der Behauptung B. Man geht von der Voraussetzung A aus und überführt diese durch mathematisches Schließen direkt in die Behauptung B. Voraussetzung A Behauptung B Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-21 Beispiel: Voraussetzung: sn ( x ) 1 x x 2 x n Behauptung: 1 x n 1 sn ( x ) , 1 x x 1 Beweis: sn ( x ) 1 x x 2 x n xsn ( x ) x x 2 x n x n 1 sn ( x ) xsn ( x ) 1 x n 1 1 x n 1 sn ( x ) 1 x Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-22 Indirekte Beweismethode Nicht immer lässt sich eine Voraussetzung A problemlos in die gewünschte Behauptung B überführen. Es ist häufig leichter, von der Nichtgültigkeit der Behauptung B auszugehen und daraus auf einen Widerspruch zur Voraussetzung A, d.h. auf die Nichtgültigkeit der Voraussetzung A, zu schließen. Beispiel: p p 2 durch 2 teilbar p durch 2 teilbar Behauptung B Voraussetzung A Beweis: Annahme: p sei nicht durch 2 teilbar B p 2 r 1 mit r 4r 1 p 2 (2 r 1) 2 4 r 2 durch 2 teilbar Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-23 p 2 nicht durch 2 teilbar A somit gilt wegen der Kontraposition B A A B p durch 2 teilbar Beweis durch vollständige Induktion Häufig ist die Gültigkeit einer Behauptung B zu zeigen, die von natürlichen Zahlen n abhängt, d.h. B B ( n ). Zum Beweis einer solchen Behauptung wird häufig das Beweisverfahren der vollständigen Induktion angewendet. Dabei wird ausgehend von einem Induktionsanfang über die Induktionsannahme und einem Induktionsschritt ein Induktionsschluss gefolgert. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-24 1) 2) 3) 4) Induktionsanfang Induktionsannahme Induktionsschritt Induktionsschluss Beispiel: Behauptung: 2nn 2, n 2 B(n) Beweis: Induktionsanfang: Induktionsannahme: Induktionsschritt: (n n 1) Induktionsschluss: Hochschule Bremen B(n0) ist richtig für n0 B(n) ist richtig für n n0 Aus B(n) folgt auch B(n 1) Aus der Gültigkeit von 1) – 3) folgt, dass B(n) richtig ist n mit n n0 n 2 : 2n 4 n 2 4 für beliebiges n 2 sei 2n n 2 2n 1 2 2n 2(n 2) 2n 4 n 3 (n 1) 2 2n n 2 gilt n 2 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-25 1.2.5 Irrationale Zahlen Behauptung: 2 Beweis: (indirekter Beweis, d.h. Widerspruchsbeweis) Annahme: 2 2 p q mit p und q haben keinen gemeinsamen Teiler >1 2q 2 p 2 p 2 durch zwei teilbar p durch zwei teilbar (Beweis siehe oben) p 2r mit r 2q 2 4r 2 q 2 2r 2 q durch zwei teilbar p und q durch zwei teilbar Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-26 Widerspruch zur Annahme Annahme falsch 2 2 ist also eine irrationale Zahl. Irrationale Zahlen besitzen unendliche nicht periodische Dezimalbruchdarstellungen. Beispiel: 2 1,4142135 3,1415926 e 2,7182818 (Eulersche Zahl) Die Vereinigung aus der Menge der rationalen und der Menge der irrationalen Zahlen : irrationale Zahlen heißt Menge der reellen Zahlen. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-27 Definition 1-13: 1) Mengen M , die endlich viele Elemente besitzen, heißen endliche Mengen. 2) Mengen, die nicht aus endlich vielen Elementen bestehen, heißen unendliche Mengen 3) Mengen, deren Elemente sich mit Hilfe der natürlichen Zahlen nummerieren lassen, heißen abzählbare Mengen. ist eine abzählbare unendliche Menge. ist eine abzählbare unendliche Menge. ist eine abzählbare unendliche Menge. ist eine nicht abzählbare unendliche Menge. Eine nicht abzählbare unendliche Menge bezeichnet man als überabzählbar. ist eine überabzählbare Menge. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-28 1.2.6 Axiome der reellen Zahlen Körperaxiome1) 1) a , b a b a) a b b a Abgeschlossenheit der Addition Kommutativgesetz Assoziativgesetz b) (a b) c a (b c) c) a, b x mit a x b ( x : b a neutrales/inverses Element) bezüglich der Addition ist eine kommutative oder auch abelsche Gruppe. 1) Man spricht von einer Gruppe, wenn bzgl. der Addition 1b und 1c und bzgl. der Multiplikation 2b und 2c, von einer abelschen (kommutativen) Gruppe, wenn bzgl. der Addition 1a, 1b und 1c und bzgl. der Multiplikation 2a, 2b und 2c und von einem Ring, wenn 1a,1b,1c und 2a, 2b sowie 3 gilt. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 2) a , b a b 1-29 Abgeschlossenheit der Multiplikation Kommutativgesetz a) a b b a Assoziativgesetz b) ( a b ) c a ( b c ) c) a \{0} b x mit a x b ( x : b / a neutrales/inverses Element) bezüglich der Multiplikation ist \ {0} eine kommutative oder abelsche Gruppe. 3) a (b c ) ab ac Distributivgesetz bildet einen Körper, d.h. in werden die Eigenschaften 1) – 3) erfüllt. Ordnungsaxiome 4) a, b gilt a) a b a b a b Hochschule Bremen Trichotomiegesetz Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-30 b) a b b c a c Transitivitätsgesetz c) a b a c b c Monotoniegesetz a b c 0 ac bc bildet einen angeordneten Körper, d.h. in werden die Eigenschaften 1) – 4) erfüllt. Archimedisches Axiom 5) a n mit n a Vollständigkeitsaxiom 6) A , B , mit a A b B sei a b c mit a c b a A b B Mit diesen Axiomen lassen sich sämtliche Rechengesetze der reellen Zahlen herleiten. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-31 1.2.7 Anwendungen Bezeichnungen n a : a Summenzeichen: i i 1 n a Produktzeichen: i 1 Rechengesetze: 1) 2) n a a i 1 n 4) i k 1 n k i i 1 a i i 1 n a i 1 i i n a k l 1 n i 1 a 2 a3 a n : a1 a2 a3 an n l a b a i 1 n 3) n i 1 i k l l bi ai i 1 Kommutativgesetz Distributivgesetz n n i 1 i 1 i gilt ai a ai a na Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-32 5) n n a a i i 1 n 6) 7) 8) k 1 n k n n l a k l 1 l k l a b a b a i 1 n Kommutativgesetz i i i i i 1 n i 1 i 1 n i n i gilt ai a ai a a n i 1 n n a a i i 1 i 1 i 1 i 1 n i n ai i 1 Bezeichnungen n – Fakultät: n i 1 2 3 ( n 1) n n ! : i 1 1 Hochschule Bremen für n für n 0 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-33 Binominalkoeffizient „n über k“: n! für n , k 0 k n n k n k !( )! : k 0 für n , k 0 k n und es gilt n 1 2 ( n k 1) ( n k ) ( n k 1) ( n 1) n k 1 2 ( n k 1) ( n k ) 1 2 ( k 1) k n ( n 1) ( n k 1) . k! Ferner ist n n n n n , , n , denn 1 1 , k 0 n 1 n 1 n und Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-34 n n ( n 1) n 2 n 3 n k 1 . k 1 2 3 4 k usw. Beispiel: 7 7 65 4 3 5 1 2 3 4 5 21 Allgemein gibt „n über k“ die Anzahl der Möglichkeiten an, ohne Wiederholung aus n Elementen k auszuwählen. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-35 Beispiel: Beim Lotto sind aus 49 Zahlen 6 anzukreuzen 49 49 48 47 46 45 44 49 47 46 3 44 14 Millionen 6 1 2 3 4 5 6 Rechenregeln: 1) n n k n k 2) n n n 1 1 k k k Beweis: als Übung Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-36 Mit Hilfe dieser Eigenschaften kann das Pascalsche Dreieck aufgebaut werden. 0 0 1 1 0 1 2 2 2 0 1 2 3 3 3 3 0 1 2 3 4 4 4 4 4 0 1 2 3 4 5 5 5 5 5 5 0 1 2 3 4 5 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1 1 1 1 1 1 2 3 4 5 1 1 3 6 10 1-37 1 4 10 1 5 1 Binomischer Lehrsatz Es sei a, b und n , dann gilt n n n k k n n k n k n ( a b) a b a b (b a ) n k k k 0 k 0 n n 2 n 2 a n na n 1b a n 2b 2 a b nab n 1 b n 2 n 2 Beweis: als Übung mittels vollständiger Induktion Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-38 Ungleichungen Rechenregeln: Es seien a, b, c, d , dann gilt 1) a b c d a c b d 2) a b c 0 ac bc 3) 0 a b 0 1 b 1 a 4) a 0 b 0 a b a 2 b2 Beweis: 1) a c b c b d 2) 3) (c) 0 a (c) b(c) bc ac 0 bc ac 1 1 1 1 1 1 1 1 0 a b 0, 0 a b a b a b a b b a Hochschule Bremen 4) Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-39 " ": 0 a b a 2 ab, ab b 2 a 2 b 2 " ": a 0, b 0, a 2 b 2 a b, denn sonst wäre a b a 2 b 2 Widerspruch Bernoulische Ungleichung Für alle x mit x 1 und alle n gilt (1 x ) n (1 nx ) Beweis: n 1: (1 x) 1 x n n 1: (1 x) n 1 (1 x) (1 x) n (1 x) (1 nx ) 0 2 1 (n 1) x nx 1 ( n 1) x 0 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-40 Definition 1-14: (absoluter Betrag) Für alle a sei für a 0 a | a |: a für a 0 der absolute Betrag von a. Eigenschaften: Es seien, a, b dann gilt 1) | a | 0, | a | 0 a 0 2) | a | max(a, a ) 3) | ab | | a | | b | 4) | a / b | | a | | b |, b 0 5) |a b | |a | |b | 6) |a | |b | |a b | Hochschule Bremen Dreiecksungleichung Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-41 Beweis: 3) für ab 0 ab | ab | ab für ab 0 ab 0 a 0 b 0 a 0 b 0 a | a | b | b | a | a | b | b | | ab | ab | a | | b | ab 0 a 0 b 0 a 0 b 0 a | a | b | b | a | a | b | b | | ab | ab | a | | b | 4) a 1 1 |a | 1 1 b für b 0 1 a | a | , denn b b b |b | b 1 b für b 0 | b | Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-42 5) für a b 0 gilt mit 2): |a b | a b |a | |b | für a b 0 gilt mit 2): | a b | a b ( a ) ( b) | a | | b | 6) | a | | a b b | | a b ( b )| | a b | | b | | b | | b a a | | b a ( a )| | a b | | a | | a | | b | | a b | | b | | a | | a b | | a | | b | | a b | | a | | b | | a b | |a | |b| |a b | Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-43 Ungleichung zwischen arithmetischem und geometrischem Mittel Es seien a, b mit a > 0 und b > 0, dann gilt (a b) 2 ab , wobei (a b) 2 das arithmetische Mittel und ab das geometrische Mittel bezeichnet. Beweis: Da also a > 0 und b > 0 gilt ( a b) 2 ab ( a b) 2 ab ( a b) 2 4ab 2 a 2 2ab b 2 4ab a 2 2ab b 2 0 ( a b) 2 0 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-44 Schwarzsche Ungleichung Es seien n und ai, bi für i = 1,2,3,…,n , dann gilt n a b n a b i i i 1 n 2 i i 1 i 1 2 i Beweis: für alle , gilt n n 0 ( ai bi ) ( 2 ai2 2 ai bi 2bi2 ) 2 i 1 i 1 2 n a i 1 2 i n 2 ai bi i 1 2 n b i 1 2 i und mit n n A a , B b i 1 Hochschule Bremen 2 i i 1 2 i n und C ai bi i 1 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-45 folgt 2 A 2 B 2 C 0 ( , ) Zu zeigen ist nun |C | AB Setzen von A für C 0 B, für C 0 A liefert C A |C | und nach Einsetzen schließlich 2 AB 2 AB | C | 0 Hochschule Bremen AB | C | Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-46 Verallgemeinerung der Dreiecksungleichung Für alle n und ai mit i = 1,2,3,…,n gilt n n a |a | i 1 i i i 1 Beweis: n 1: | a1 | | a1 | n n 1: n 1 a i 1 i n a i 1 i n a i 1 n i an 1 | an 1 | n 1 | ai | | an 1 | | ai | i 1 Hochschule Bremen i 1 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-47 Verallgemeinerte Ungleichung zwischen arithmetischem und geometrischem Mittel Für alle n und ai mit i = 1,2,3,…,n gilt 1 n ai n i 1 n n a i 1 i Beispiel: Es gelte ai a für i = 1,2,3,…,n 1 n 1 1 a a a a na a i n 1 2 n n i 1 n n n a i 1 Hochschule Bremen i n a1 a2 an n a n a Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-48 1.3 Zahlensysteme Zur numerischen Rechnung werden die positiven reellen Zahlen in Zahlensystemen durch Aneinanderreihen von Ziffern, die bei Brüchen noch durch ein Komma getrennt werden, dargestellt. Die Ziffern sind bei Potenz- (Stellenwert-) Systemen von einer Basis B abgeleitet. Definition 1-15: a zn zn 1 z1 z0 , z 1 z 2 a zn B n zn 1 B n 1 z1 B z0 B 0 z 1 B 1 z 2 B 2 Neben dem Dezimalsystem B 10, 0 z9 sind für einige Anwendungen, z.B. Computer, das Dualsystem B 2, 0 z 1 Oktalsystem Hochschule Bremen B 8, 0 z7 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus und Sedezimalsystem sinnvoll. B 16, 1-49 z {0,1, ,9, A, B, , F } Umrechnen von Dual-, Oktal- und Sedezimalzahlen in das Dezimalsystem Beispiel: 1) 1001, 012 1 23 0 22 0 21 1 20 0 21 1 22 8 1 14 9, 2510 2) 31,58 3 81 1 80 5 81 24 1 85 25, 62510 3) E8BD 16 14 163 8 162 11161 13 160 5958110 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-50 Umwandlen von Dezimalzahlen in das Dual-, Oktal- und Sedezimalsystem Umwandlung ganzer Zahlen Beispiel: 1) 5 10 x 2 5 : 2 2 Rest 1 2 : 2 1 Rest 0 1: 2 0 Rest 1 Schreibt man die Reste von unten nach oben auf, so erhält man 5 10 1012 2) 22 10 x 2 22 : 2 11 Rest 0 11: 2 5 5:2 2 2:2 1 1: 2 0 Hochschule Bremen Rest Rest Rest Rest 1 1 0 1 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-51 also gilt 22 10 10110 2 , denn 0 2 1 2 0 2 1 2 1 2 0 22 1 2 5 11 3) 2210 x8 also gilt 22 10 Hochschule Bremen 22:8 2 Rest 6 2:8 0 Rest 2 26 8 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-52 4) 2210 x16 also gilt 22 10 22:16 1 Rest 6 1:16 0 Rest 1 16 16 Umwandlung gebrochener Zahlen Beispiel: 1) 0,37510 x2 0,375 2 0 0,75 0,75 2 1 0,5 0,5 2 1 0,0 Schreibt man die ganzzahligen Anteile von oben nach unten auf, so erhält man 0,375 10 0, 0112 denn Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-53 0 / 2 1 / 2 1 / 2 0 / 2 3 0, 375 8 1 3/ 2 3/ 4 2) 0,110 x2 0,1 2 0 0,2 0,2 2 0 0,4 0,4 2 0 0,8 0,8 2 1 0,6 0,6 2 1 0,2 also gilt Hochschule Bremen 0,110 0, 000112 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-54 3) 0,110 x8 0,18 0 0,8 0,88 6 0,4 0,48 3 0,2 0,28 1 0,6 0,68 4 0,8 demzufolge gilt 0,110 0, 06314 4) 0,110 x16 8 0,116 1 0,6 0,6 16 9 0,6 0,6 16 9 0,6 somit gilt 0,110 0,19 16 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-55 Rechnen mit Dualzahlen 0 0 0, 0 1 1, 1 0 1, 1 1 10 Addition: + 0 1 Multiplikation: 0 1 Hochschule Bremen 0 0 1 1 1 0 0 0 0, 0 1 0, 1 0 0, 1 1 1 0 1 0 0 0 1 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-56 Beispiel: Addition (5 + 22 = 27)10 101 10110 11011 Multiplikation (22 5 = 110)10 10110 101 101100 10110 1101110 Hochschule Bremen Subtraktion (22 - 5 = 17)10 10110 101 10001 Division (22 : 5 = 4,4)10 10110 : 101 100,01100 101 01000 101 110 101 01000 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-57 Umwandlung zwischen Dual-, Oktal- und Sedezimalsystem Man wandelt eine Oktal- bzw. Sedezimalzahl in eine Dualzahl um, indem man jede Oktal-/ Sedezimalziffer als drei- bzw. vierstellige Dualzahl schreibt. Man wandelt eine Dual- in eine Oktal- bzw. Sedezimalzahl um, indem man von rechts nach links Dreier- bzw. Vierergruppen bildet und diese durch entsprechende Oktal- bzw. Sedezimalziffern ersetzt. Beispiel: 1) 20 10 14 16 0001 0100 2 24 8 2) 100 10 64 16 0110 0100 2 144 8 3) 28 10 11100 2 1C 16 34 8 4) 5110 1100112 3316 638 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-58 1.4 Komplexe Zahlen Es ist bekannt, dass das Polynom p( x ) x 2 1 keine reellen Nullstellen besitzt. Soll dieses Polynom auch Nullstellen haben, so müssen wir den Bereich der reellen Zahlen erweitern. Dazu wird festgelegt, dass die Gleichung x2 1 0 von der imaginären Einheit j gelöst wird. Es gilt also j 2 1 so dass z1 = j und z2 = j die Nullstellen von z 1 0 2 z12 1 j 2 1 1 1 0 2 2 2 z 2 1 ( j ) 1 j 1 1 1 0 sind. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-59 Potenzen von j j1 j , j 2 1, j 3 j j 2 j, j4 j2 j2 1 allgemein gilt: j 4 n 1 j , j 4 n 2 1, j 4 n 3 j, j 4 n 1, n 0 Umformen von j2 = 1 liefert außerdem die Beziehungen 1 j j 1 und j wird manchmal als Definition spielt in E-Technik eine wichtige Rolle für j angegeben Definition 1-16: (Komplexe Zahlen) Für x, y heißt z = x + j y komplexe Zahl Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-60 mit und Re( z ) x Realteil von z Im( z ) y Imaginärteil von z Die Menge x j y : x , y heißt Menge der komplexen Zahlen. y imaginäre Achse Gaußsche Zahlenebene z : Im( z ) 0 definiert die reelle und z : Re( z ) 0 5 z=5+j4 z=2+j3 die imaginäre Achse. Hochschule Bremen x 5 reelle Achse Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-61 Definition 1-17: (Gleichheit komplexer Zahlen) Zwei komplexe Zahlen gelten als gleich, wenn sowohl die Real- als auch die Imaginärteile übereinstimmen. z1 x1 j y1 x2 j y 2 z2 x1 x2 y1 y2 Definition 1-18: (Konjugiert komplexe Zahlen) Es sei z = x +j y , dann heißt y z : x j y 1) 3 z=5+j3 die zu z konjugiert komplexe Zahl. 5 x z* = 5 – j 3 1) In der Mathematik wird die konjugiert komplexe Zahl von z durch z symbolisiert. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-62 Definition 1-19: (Addition komplexer Zahlen) Für z1 = x1 +j y1 und z2 = x2 +j y2 sei z z1 z2 : ( x1 x2 ) j ( y1 y 2 ) y z=8+j5 5 z1 = 1 + j 2 z2 = 7 + j 3 x 5 Beispiel: (Addition und Subtraktion konjugiert komplexer Zahlen) 1) Addition: 1 z z ( x j y ) ( x j y ) 2 x x ( z z ) Re( z ) 2 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-63 2) Subtraktion z z ( x j y) ( x j y) 2 j y y 1 ( z z ) Im( z ) 2j Definition 1-20: (Multiplikation komplexer Zahlen) Für z1 = x1 +j y1 und z2 = x2 +j y2 sei z z1 z2 : ( x1 j y1 ) ( x2 j y2 ) x1x2 j x1 y2 j x2 y1 j 2 y1 y2 ( x1x2 y1 y2 ) j ( x1 y2 x2 y1 ) x j y Re z x Im z y Definition 1-21: (Betrag komplexer Zahlen) Es sei z = x +j y , dann heißt |z| Hochschule Bremen x 2 y 2 z z Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-64 der Betrag von z, wobei z z ( x j y ) ( x j y ) ( x 2 y 2 ) j ( xy xy ) x 2 y 2 ausgenutzt wurde. |z| entspricht der Länge des zugehörigen Vektors. Definition 1-22: (Division komplexer Zahlen) Für z1 = x1 +j y1 und z2 = x2 +j y2 sei z x j y1 ( x1 j y1 ) ( x2 j y2 ) z 1 : 1 z2 x2 j y2 ( x2 j y2 ) ( x2 j y2 ) z2 z2 x1x2 y1 ( y2 ) j x1( y2 ) x2 y1 ) x22 y22 xx yy x y x y 1 22 12 2 j 2 21 12 2 x j y . x2 y2 x2 y2 Re z x Hochschule Bremen Im z y Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-65 Beispiel: Für z1 = 3 +j 4 und z2 = 1 j 2 folgt 1) Addition z z1 z2 3 j 4 1 j 2 4 j 2 2 2 j 2) Subtraktion z z1 z2 3 j 4 1 j 2 2 j 6 2 1 j 3 3) Multiplikation z z1 z2 3 j 4 1 j 2 3 8 j 4 6 11 j 2 4) Division z z1 3 j 4 (3 j 4) (1 j 2) (3 8) j (6 4) 1 j 2 2 2 z2 1 j 2 (1 j 2) (1 j 2) 1 2 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-66 Es gelten die folgenden Eigenschaften Satz 1-1: Für z, z1, z2 gilt 1) ( z1 z2 ) z1 z2 2) ( z1 z2 ) z1 z2 3) ( z1 z 2 ) z1 z 2 mit z 2 0 4) ( z ) z 5) Re( z ) 1 ( z z ) 2 6) Im( z ) 1 ( z z ) 2j Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 7) z z | z |2 8) 1 z z ( z z ) z | z |2 9) | z | | z | 1-67 10) | z | 0 11) | z | 0 z 0 12) | z1 z2 | | z1 | | z2 | 13) | z1 z2 | | z1 | | z2 | mit z2 0 14) | z1 z2 | | z1 | | z2 | Hochschule Bremen Dreiecksungleichung Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-68 Beweis: 1) ( z1 z2 ) ( x1 j y1 x2 j y2 ) ( x1 x2 ) j ( y1 y2 ) ( x1 x2 ) j ( y1 y2 ) ( x1 j y1 ) ( x2 j y2 ) z1 z2 2) ( z1 z2 ) ( x1 j y1 ) ( x2 j y2 ) ( x1x2 y1 y2 ) j ( x1 y2 x2 y1 ) ( x1x2 y1 y2 ) j ( x1 y2 x2 y1 ) ( x1 j y1 ) ( x2 j y2 ) z1 z2 3) ( z1 z2 ) ( x1 j y1 ) ( x2 j y2 ) ( x1 j y1 ) ( x2 j y2 ) | z2 |2 ( x1 j y1 ) ( x2 j y2 ) | z2 |2 x1 j y1 ( x2 j y2 ) | z2 |2 z1 z2 ( z2 z2 ) z1 z2 4) ( z ) ( x j y ) x j y z 5) 1 1 ( z z ) ( x j y ) ( x j y ) x Re( z ) 2 2 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-69 6) 1 1 ( z z ) ( x j y ) ( x j y ) y Im( z ) 2j 2j 7) z z ( x j y) ( x j y ) ( x 2 y 2 ) j ( xy xy ) x 2 y 2 | z |2 8) 1 z 1 ( x j y ) ( x j y ) ( x j y ) ( x j y ) z | z |2 9) | z | | x j y | | x j ( y )| 10) | z | x 2 ( y )2 x2 y2 | z | x2 y2 0 11) | z | 0 x 0 y 0 z 0 12) | z1 z2 | ( x1 j y1) ( x2 j y2 ) ( x1x2 y1 y2 ) j ( x1 y2 x2 y1) ( x1x2 y1 y2 )2 ( x1 y2 x2 y1)2 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-70 x12 x22 2x1x2 y1 y2 y12 y22 x12 y22 2x1x2 y1 y2 x22 y12 x12 x22 x12 y22 x22 y12 y12 y22 ( x12 y12 ) ( x22 y22 ) x12 y12 x22 y22 | z1 | | z2 | 13) | z1 z2 | | z1 z2 ( z2 z2 )| | z1 z2 | z2 |2 | | z1 z2 | | z2 |2 | z1 | | z2 | | z2 |2 | z1 | | z2 | | z2 |2 | z1 | | z2 | 2 14) | z1 z2 | | z1 | | z2 | | z1 z2 | | z1 | | z2 | 2 | z1 z2 |2 (z1 z2 ) (z1 z2 ) (z1 z2 ) (z1 z2) z1z1 z2 z2 z1z2 z1z2 | z1 |2 | z2 |2 2Re(z1z2) | z1 | | z2 | 2 | z1 |2 | z2 |2 2| z1 | | z2 | | z1 |2 | z2 |2 2| z1 | | z2 | | z1 |2 | z2 |2 2| z1 z2 |, da 2 Re( z1 z2 ) 2| z1 z2 | folgt die Richtigkeit der Behauptung. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-71 Definition der Kreisfunktionen (trigonometrische Funktionen) Graph der Sinus- und Kosinusfunktion y sin y b Es gilt: a x x cos 2 3 2 2 r2 = a2 + b2 (Pythagoras) r = Hypotenuse a = Ankathete b = Gegenkathete 2 3 2 2 Hochschule Bremen a b cos , sin r r a cos cot b sin b sin tan a cos Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-72 Eigenschaften 1) sin( ) sin ungerade Funktion 2) cos( ) cos gerade Funktion 3) cos sin 2 cos sin 2 cos sin 2 sin cos 2 sin cos 2 sin cos 2 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-73 4) sin( 2k ) sin für k cos( 2k ) cos Periodizität 5) (cos ) 2 (sin ) 2 cos 2 sin 2 1 Pythagoras Hochschule Bremen Winkel [rad] [deg] 0 0 Winkelfunktionen sin cos tan cot 0 1 0 - /6 30° 12 /4 45° /3 60° 3 2 /2 90° 1 1 2 3 2 1 2 1 3 1 12 0 3 3 - Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1 1 3 0 1-74 Additionstheoreme Es gelten 1) sin(1 2 ) sin 1 cos 2 sin 2 cos 1 2) cos(1 2 ) cos 1 cos 2 sin 1 sin 2 1 1 e r b c 1 d a 1 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-75 Beweis: c ab 1) sin(1 2 ) r r a d a a d sin 1 , cos 2 sin 1 cos 2 d r r d r b e b e b cos 1 , sin 2 sin 2 cos 1 e r r r e a b sin 1 2 sin 1 cos 2 sin 2 cos 1 r r bzw. sin(1 2 ) sin 1 ( 2 ) sin 1 cos( 2 ) sin( 2 ) cos 1 sin 1 cos 2 sin 2 cos 1 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-76 cos(1 2 ) sin 1 2 sin 1 2 2 2 2) sin 1 cos 2 sin 2 cos 1 2 2 cos 1 cos 2 sin 1 sin 2 bzw. cos(1 2 ) cos 1 ( 2 ) cos 1 cos( 2 ) sin( 2 ) sin 1 cos 1 cos 2 sin 1 sin 2 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-77 Graphen der Tangens- und Kotangensfunktion - tan Hochschule Bremen - sin cos Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus cot cos sin 1-78 Umkehrfunktionen y cos x y arccos x und deren Umkehrfunktion 1, 1 0, 1, 1 y sin x y arcsin x und deren Umkehrfunktion 1, 1 1, 1 y tan x 2 , 2 y arctan x und deren Umkehrfunktion \ (2k 1) 2 | k 2, 2 y cot x y arccot x und deren Umkehrfunktion 0, \ k | k Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-79 Polarkoordinatendarstellung komplexer Zahlen Für z = x +j y und z 0 gilt die trigonometrische Darstellung z x j y r cos j r sin r (cos j sin ) mit z y r |z| x2 y2 und arctan y x 2 2 arctan y x Hochschule Bremen x für x 0 für y 0 x 0 für y 0 x 0 für x 0 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-80 Mit Hilfe der Eulerschen Formel e j cos j sin die hier ohne Beweis angegeben wird, erhält man die exponentielle Darstellung komplexer Zahlen gemäß z r e j und es gilt e j1 e j2 e j (1 2 ) , denn e j1 e j 2 (cos 1 j sin 1 ) (cos 2 j sin 2 ) (cos 1 cos 2 sin 1 sin 2 ) j (sin 1 cos 2 sin 2 cos 1 ) cos(1 2 ) j sin(1 2 ) e j (1 2 ) Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-81 Satz 1-2: Für z r e j, z1 r1 e j1, z2 r2 e j2 gilt 1) z r e j 2) z1 z 2 r1 r2 e j 1 2 3) 4) 1 1 j e z r z1 r1 j 1 2 e z 2 r2 5) z n r n e jn 6) z n Hochschule Bremen 1 jn e rn Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-82 Beweis: 1) z r (cos j sin ) r (cos j sin ) r cos( ) j sin( ) r e j 2) z1 z2 r1 e j1 r2 e j 2 r1 r2 e j (1 2 ) 3) 1 z 1 1 2 2 r e j e j z z r r 4) z1 1 1 r z1 r1 e j1 e j 2 1 e j (1 2 ) z2 z2 r2 r2 5) 6) n 1: z r e j n n 1: z n 1 z z n r e j r n e jn r n 1 e j ( n 1) z n e jn 1 1 1 n n jn jn n e jn z r e e r Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-83 Formel von Moivre ( e j ) n e jn cos( n ) j sin( n ) (cos j sin ) n Darstellung der Multiplikation y z1z2 r1r2 z2 r2 z1 r1 φ1 Hochschule Bremen φ2 φ1+φ2 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus x 1-84 Wurzeln komplexer Zahlen Es sei a , a 0 und n . Frage: Für welche z gilt zn a, d.h. welche z sind Nullstellen des Polynoms zn a 0 ? Mit a r e j und z p e j folgt z n p n e jn r e j p n r und n 2 k k p n r und ( 2 k ) n . Also sind zk r e n j 2 k n mit k 0,1,, n 1. Lösungen (Wurzeln) der Gleichung zn a r e j. Alle anderen k führen zu gleichen Werten, denn z n z0 , z n 1 z1 usw. Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-85 Diese n Wurzeln von a bilden die Ecken eines regelmäßigen n-Ecks auf dem Kreis mit dem Radius n r . Beispiel: 1) z 5 1, d.h. a 1 1e j 0 und n 5, zk 5 1 e 0 2 k j 5 2k cos 5 y z1 z2 2k j sin 5 und fü r k 0,1,, 4 gilt z0 x z3 z4 2 2 4 4 sin , cos sin z0 1, z1 cos j z j 2 5 5 5 5 6 6 8 8 z3 cos j sin , z4 cos j sin 5 5 5 5 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-86 2) z 2 j , d.h. a j 1e j zk 1 e 2 j 2 2 k 2 und n 2, cos k j sin k 4 4 2 und für k 0,1 gilt z0 cos j sin 4 4 1 (1 j ) 2 5 5 z1 cos j sin 4 4 1 (1 j ) 2 Hochschule Bremen y z0 x z1 Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus 1-87 Beispiel: Multiplikation einer komplexen Zahl mit j bedeutet geometrisch eine Drehung des Zeigers um +90° y z r e j , j 1 e j jz re jz 2 φ+/2 r j 2 z r φ x Beispiel: Multiplikation (Division) einer komplexen Zahl mit –j (durch j) bedeutet geometrisch eine Drehung um –90° y z r e j , j 1 e j jz re z 2 1 j j 2 r φ -jz = z/j r φ-/2 Hochschule Bremen Höhere Mathematik 1 / Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus x 1-88 Übungen zur Höheren Mathematik 1 / Kapitel 1 Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus Aufgabe 1-1: Beweisen Sie ab ab , a,b , a 0, b 0 (Ungleichung für geo- und arithmetisches Mittel) 2 2 b) a1b1 a2b2 a12 a22 b12 b22 (Schwarzsche Ungleichung) a) Aufgabe 1-2: Beweisen Sie durch vollständige Induktion n n 1 2n 1 6 k 1 n k n2 b) k 2 n 2 k 1 2 n a) k 2 Aufgabe 1-3: Untersuchen Sie für welche x gilt a) x( x 2 3x 1) 3 2x x b) x4 Aufgabe 1-4: Untersuchen Sie für welche x gilt a) x 3 2x 1 b) x 1 x 2 4 Aufgabe 1-5: Man berechne z1 z 2 , z1 z 2 , z1 z 2 , z1 : z 2 , z1 * z 2 , z1 und z 2 a) b) c) d) z1 z1 z1 z1 1 j 3 2 j3 4 j5 j z2 z2 z2 z2 1 j 3 j5 4 j5 2 j 4 1 Übungen zur Höheren Mathematik 1 / Kapitel 1 Prof. Dr.-Ing. Dieter Kraus Aufgabe 1-6: Schreiben Sie folgende komplexe Zahlen in der Form z x jy a) z e j 3 b) z e c) z e d) z e j 3 j11 6 j 3 2 n 2 n Aufgabe 1-7: Stellen Sie folgende komplexe Zahlen in der exponentiellen Form dar. a) z j 2 b) z 1 j c) z 3 j 3 Aufgabe 1-8: Man berechne Real- und Imaginärteil sowie Betrag und Argument von 2 j a) z 2 1 1 j 9 * , 1 arctan( x ) arctan x 2 99 1 j b) z 1 j n 1 c) z 1 j 3 2 Aufgabe 1-9: Ermitteln Sie sämtliche Lösungen der Gleichungen a) z 3 3 j 3 b) z 4 81 Aufgabe 1- 10: In welchen Bereichen der Gaußschen Zahlenebene liegen die komplexen Zahlen z , für die die folgenden Beziehungen erfüllt sind. a) z 1 z 1 1 b) z z* 1 c) arg z 2 d) Re z Im z 1 2