Reklamationsbearbeitung Auszug aus Vortrag Fensterfachtagung Fachverband des Tischlerhandwerks NRW 2017 Mittwoch, 25.01.2017 Ekkehard Wagner ERTL GLAS AG, Vertriebsbüro Deutschland In der Windstube 6 90584 Allersberg Tel.: 09176 / 995935 Fax: 09176 / 995936 [email protected] Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 1 Glasoberfläche + Glasreklamationen Bauglas ist kein Brillenglas! Die heute hergestellten Floatgläser sind von bester visueller Qualität. Aber: „Bauglas ist kein Brillenglas!“ Die heute in Fenster und Türen eingebauten Gläser werden nach anderen technischen Standards hergestellt und können deshalb nicht mit anderen Glasprodukten wie z.B. Brillenglas oder einem Weinglas verglichen werden. Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 2 Visuelle Qualität Visuelle Qualität bedeutet die freie, ungehinderte DURCHSICHT durch die Verglasung. Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 3 Hinnehmbarkeit optischer Mängel Gewicht des optischen Erscheinungsbildes AIBau Oswald 99 Optische Beeinträchtigung Wichtig Eher unbedeutend unwichtig Nachbesserung Nachbesserung Nachbesserung Minderwert Gut sichtbar Nachbesserung Nachbesserung Minderwert Minderwert Sichtbar Nachbesserung Minderwert Minderwert Minderwert Kaum erkennbar Minderwert Minderwert Minderwert Bagatelle Sehr wichtig Auffällig Bei einem Mangel kann der Besteller eigentlich immer eine Nachbesserung verlangen. Ist aber unter Umständen unverhältnismäßig, z.B. eine gut sichtbare optische Beeinträchtigung an einem Fenster eines Nebenraums (optisches Erscheinungsbild eher unbedeutend) Minderwert Oder der Besteller will keine Bauarbeiten mehr Minderwert Berechnung Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 4 Wertminderungsberechnung Zielbaumverfahren nach Aurnhammer – Aufspaltung des Gesamtwertes in Teilwerte – Gewichtung der Teilwerte g in % des Gesamtwertes – Bewertung der negativen Abweichungen a = 0 bis 10 zwischen Soll- und Ist-Zustand für jeden Teilwert – Berechnung der Wertminderungszahlen m = g ∙ a / 10 für die Teilwerte – Berechnung des Gesamtminderwertes M = m Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 5 Abweichung vom Sollwert Abweichung a Verbale Beschreibung 0 Mangelfrei, entspricht vereinbarter Art und Güte 1 Fast nicht beeinträchtigt 2 Etwas beeinträchtigt 3 Noch befriedigend 4 Wenig befriedigend 5 Unbefriedigend 6 Mangelhaft 7 Sehr mangelhaft 8 Unzulänglich 9 Ungenügend, aber noch nutzbar beziehungsweise zumutbar 10 Unbrauchbar Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 6 Hinnehmbarkeit optischer Mängel Bei Beurteilung nach dem gerichtsverwertbaren Zielbaumverfahren von Aurnhammer ergibt sich für die Scheibe mit optischer Beeinträchtigung als Beispiel folgende Bewertung: technische Werte (Lichttransmission, g-Wert, Wärmedämmung, Schalldämmung, Sicherheitseigenschaft und Haltbarkeit) sind nicht betroffen, keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und der Dauerbeständigkeit, also keine Gebrauchswertbeeinträchtigung. Damit ist die Wertigkeit des Mangels nach Tabelle 2 mit beispielsweise maximal 20% anzusetzen, wenn man davon ausgeht, dass ästhetischer und Prestigewert zu je 100% beeinträchtigt sind, was eigentlich nicht der Fall ist. Tabelle 2 Verglasung Gesamtwert 100 % Gebrauchswert 80 % Funktionsfähigkeit 60 % Ekkehard Wagner Geltungswert 20 % Dauerbeständigkeit 20 % Ästhetischer Wert 10 % Prestigewert 10 % Fensterfachtagung NRW 2017 7 Beispiel: Zerkratzte Verglasung Die Isolierglasscheibe zeigt auf der raumseitigen Oberfläche des Wohnzimmers im Randbereich einen 8 cm langen, sichtbaren Kratzer Gebrauchswert betroffen: Geltungswert betroffen: Nein Ja Der Kratzer ist im Erscheinungsbild eher unbedeutend, optisch sichtbar, damit in der Tabelle = Minderwert Gewicht des optischen Erscheinungsbildes AIBau Oswald 99 Optische Beeinträchtigung Sehr wichtig Wichtig Eher unbedeutend unwichtig Auffällig Nachbesserung Nachbesserung Nachbesserung Minderwert Gut sichtbar Nachbesserung Nachbesserung Minderwert Minderwert Sichtbar Nachbesserung Minderwert Minderwert Minderwert Minderwert Minderwert Minderwert Bagatelle Kaum erkennbar Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 8 Beispiel: Zerkratzte Verglasung Minderwertermittlung Verglasung Gesamtwert 100 % Gebrauchswert 90 % Geltungswert 10 % Dauerbeständigkeit 20 % Funktionsfähigkeit 70 % Nutzungs -fähigkeit 30 % Ästhetischer Wert 9 % Prestigewert 1 % Schutzfähigkeit 40 % Wärme- und Feuchteschutz 30 % Einbruchschutz 10 % Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 9 Beispiel: Zerkratzte Verglasung Es handelt sich um einen reinen optischen Mangel. Die Haltbarkeit, Wärmedämmung, Schalldämmung, Licht- und Energiedurchlässigkeit, Dichtheit, Transparenz und Lebensdauer sind von diesem Mangel nicht betroffen, die Optik der Scheibe wird dadurch leicht beeinträchtigt, der Geltungswert ist betroffen. Der mit nur 10% angesetzte Geltungswert muss hierbei nicht mehr in ästhetischen und Prestigewert aufgespalten werden. Es ist jetzt festzulegen, inwieweit der Wert betroffen ist. Maximal 10% der Scheibe sind davon betroffen, damit ergibt sich eine Wertminderung von 1% (10% von 10%). Nun erfolgt die Festlegung des Isolierglaspreises mit z. B. 150,- € pro Scheibe und Umglasungskosten von 350,- €. Damit ergibt sich eine Wertminderung von 1% von 500,- € = 5,- €. Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 10 Beispiel: Zerdrückte Fliege im SZR Das Wohnzimmerfenster (4,5 x 2,6 m) zeigt eine deutlich erkennbare plattgedrückte Fliege. Aufgrund der niedrigen Luftfeuchtigkeit im SZR von ca. 1 – 2% relativer Feuchte und der Füllung mit Edelgas ist eine Veränderung des Insektenkörpers absolut ausgeschlossen. Hierbei handelt es sich jedoch um einen rügefähigen, optischen Mangel. Nach der o.g. Beurteilungs-Richtlinie sind bei Zweifachisolierglas über 2 m² Scheibenfläche bis zu 5 Flecken mit d < 2 mm zulässig, 25% mehr bei Dreifachverglasungen. Somit wären entweder 6 Flecken dieser Größe oder andererseits 5 Flecken mit d < 2,5 mm zulässig, die zerdrückte Fliege ist jedoch größer. Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 11 Beispiel: Zerdrückte Fliege im SZR Es handelt sich um einen reinen optischen Mangel. Die Haltbarkeit, Wärmedämmung, Schalldämmung, Licht- und Energiedurchlässigkeit, Dichtheit, Transparenz und Gebruachstauglichkeit sind von diesem Mangel nicht betroffen, die Optik der Scheibe wird dadurch leicht beeinträchtigt. Ausgehend von der Tatsache, dass von wenigstens 5 wichtigen Funktionen der Isolierglaseinheit keiner der technischen Werte sondern lediglich die Optik beeinträchtigt ist (1/5 = 20% von 100%), stellt sich die Frage nach der Wertigkeit des Mangels, zudem die Optik nur an einer Stelle beeinträchtigt ist. Aufgrund des sehr hohen Aufwands einer Umglasung bei in Wand und Boden eingelassener Isolierglaseinheit steht diese in keinem Verhältnis zur Größe des Mangels und ist deshalb absolut unangemessen. Ausgehend von einer optischen Beeinträchtigung von max. 20 – 30 % liegt die Wertigkeit damit bei ca. 4 – 6% (20 – 30% von 1/5). Bei einem Glaswert von 1.500,- € ergibt sich somit ein Nachlass von 60,- bis 90,- €, bei Hinzurechnung der Umglasungskosten von 2.500,- € ein Nachlass von ca. 160,- bis 240,- . Der sehr umgängliche und verständnisvolle Kunde war nach dieser Nachlassberechnung mit 500,- € Nachlass einverstanden. Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 12 Beispiel: Optisch hochwertig gestaltete Fassade einer Schule, sichtbare Butylauspressungen in Sichtfläche an Iso mit Ug=1,1 W/m²K und Jalousie im SZR Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 13 Beispiel: Optisch hochwertig gestaltete Fassade einer Schule, sichtbare Butylauspressungen in Sichtfläche an Iso mit Ug=1,1 W/m²K Verglasung Gesamtwert 100 % Gebrauchswert 60 % Geltungswert 40 % Funktionsfähigkeit 40 % Ekkehard Wagner Dauerbeständigkeit 20 % Ästhetischer PrestigeWert wert 20 % 20 % Fensterfachtagung NRW 2017 14 Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung von Glasschäden • Schutz vor allem der Kante bei Transport, Lagerung und Einbau • Dimensionierung entsprechend der auftretenden Lasten, Vermeidung mechanisch verursachten Glasbruchs • Vermeidung zu hoher Temperaturlasten auf Glas durch konstruktive Maßnahmen • Einbau entsprechend Verglasungsrichtlinien, Sonderkonstruktionen in Absprache mit Hersteller • Auswahl der bestgeeigneten Glasart (Float, VSG, TVG, ESG, ESG-H) Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 15 Vortragsinhalt : Texte und Grafiken dem nebenstehenden Buch des Autors entnommen Farbbilder stammen überwiegend aus dem Archiv des Autors und von Sachverständigen Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 16 Nachfolgend nochmals 2 Tabellen als Vorlage Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 17 Hinnehmbarkeit optischer Mängel Gewicht des optischen Erscheinungsbildes AIBau Oswald 99 Optische Beeinträchtigung Sehr wichtig Wichtig Eher unbedeutend unwichtig Auffällig Nachbesserung Nachbesserung Nachbesserung Minderwert Gut sichtbar Nachbesserung Nachbesserung Minderwert Minderwert Sichtbar Nachbesserung Minderwert Minderwert Minderwert Kaum erkennbar Minderwert Minderwert Minderwert Bagatelle Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 18 Abweichung vom Sollwert Fenster Gesamtwert 100 % Gebrauchswert 80 % Geltungswert 20 % Dauerbeständigkeit 10 % Funktionsfähigkeit 70 % Nutzungsfähigkeit 30 % Ästhetischer Wert 15 % Prestigewert 5 % Schutzfähigkeit 40 % Wärme- und Feuchteschutz 20 % Einbruchschutz 20 % Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 19 Vielen Dank für Ihr Interesse Ekkehard Wagner Fensterfachtagung NRW 2017 20