Hinweise zum Versuch: SWE

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Hinweise zum Versuch:
SWE
Quantitative Messung der spezifischen Wärmekapazität und der
Schmelzwärme einer eutektischen Legierung
Diese Hinweise sind kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zur Anleitung, die Sie
finden unter:
http://www.fb06.fh-muenchen.de/fb/praktikum/ph1/index.html
1 Einführung
Die oben genannte Anleitung beschreibt präzise den Umgang mit den Geräten und die
Eichung für die Abhängigkeit zwischen Thermospannung und Temperatur. Unklar bleibt
jedoch der theoretische Hintergrund, wie der Versuch auszuwerten ist und wie die
Unsicherheitsrechnung durchzuführen ist. Diese Hinweise sollen hier helfen.
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Wärmestrombilanz
Unsere Probe, das Eutektikum, wird durch Zufuhr elektrischer Energie erwärmt. An der
elektrischen Heizung können Sie den Heizstrom I und die zugehörige Spannung U
einstellen bzw. ablesen. Somit ist die Heizleistung Pheiz bekannt:
P heiz = I⋅U
(1)
Die Leistung P gibt an, wie viel Wärme dQ pro Zeiteinheit dt erzeugt wird:
P =
dQ
dt
(2)
Wenn alle elektrische Energie ausschließlich unserer Probe in Form von Wärme zugeführt
würde, so würde gelten:
P heiz =
dQ probe
dt
(3)
Wir führen aber nicht nur der Probe Wärme zu, sondern auch dem Gefäß, in dem sich das
Eutektikum befindet:
1
P heiz =
dQ probe
dQ gefäß

dt
dt
(4)
Zudem isoliert unsere Isolationskappe nicht perfekt. Wir haben einen parasitären
Wärmestrom durch die Isolationskappe hindurch an die Umgebung. Wir müssen also die
Verlustleistung Pisol in unserer Wärmestrombilanz mit berücksichtigen:
P heiz = P isol 
dQ probe
dQ gefäß

dt
dt
(5)
2.2 Wärmeverlust an die Umgebung
Der Wärmeverlust (pro Zeiteinheit) von der Probe und von dem Gefäß an die Umgebung
kann gut beschrieben werden durch die Temperaturdifferenz zwischen Probe/Gefäß und
Umgebung:
P isol ∝ T probe − T umgeb 
Als Proportionalitätsfaktor wird die Wärmeleitfähigkeit L bzw. deren Kehrwert, der Wärmewiderstand R verwendet:
P isol = L⋅T probe −T umgeb  = 1/ R⋅T probe −T umgeb 
(6)
Dieser Ansatz ist analog zu den Gleichungen beim elektrischen Strom. Gleichung (6)
entspricht dem Ohmschen Gesetz U=R*I. Bei Wärmeströmen P ist die treibende Kraft eine
Temperaturdifferenz ∆T. Bei elektrischen Strömen I ist die treibende Kraft eine
Potentialdifferenz ∆ϕ (bzw. eine Spannung U) ∆ϕ = U.
Gleichung (6):
Aus U=R I folgt:
P = 1/R ∆T
I = 1/R ∆ϕ
Die Wärmeleitfähigkeit L ist proportional zu der Oberfläche A, über die die Wärme an die
Umgebung abgegeben werden kann. Wenn die Wärmequelle keine gemeinsame
Oberfläche mit der Umgebung hat, so kann sie auch keine Wärme abgeben.
L ∝ A
Der Proportionalitätsfaktor k, dies ist der sogenannte Wärmedurchgangskoeffizient, ist
geometrieunabhängig und somit eine materialspezifische Eigenschaft:
L = k⋅A
(7)
2
2.3 Wärmekapazität
Die Wärmekapazität C gibt an, um wie viel die Temperatur eines Körpers steigt (dT), wenn
die Wärmemenge dQ zugeführt wird:
dQ = C dT
(8)
C ist eine materialspezifische Eigenschaft. Folglich
unterschiedliche Wärmekapazitäten Cprobe und Cgefäß:
haben
Probe
dQprobe = Cprobe dTprobe
dQgefäß = Cgefäß dTgefäß
und
Gefäß
(9)
(10)
Wenn wir annehmen, dass sich Tprobe und Tgefäß nicht unterscheiden, so folgt:
dTprobe
=
dTgefäß =: dT
Aus Gleichung (5) folgt somit:
P heiz = P isol  C probe  C gefäß  ⋅
dT
dt
(11)
2.3 Theoretischer Temperaturverlauf T(t) beim Erwärmen:
Zunächst fassen wir Cprobe und Cgefäß zusammen:
Ctot = Cprobe + Cgefäß
(12)
Aus Gleichung (11) wird dann mit Gl. (6) und (12):
P heiz =
T − T umgeb 
dT
 C tot⋅
R
dt
(13)
oder
P heiz⋅R  T umgeb = T  RC tot⋅
dT
dT
= T  ⋅
dt
dt
(14)
Wie bei der Aufladung eines elektrischen Kondensators über einen Widerstand gibt es
auch hier eine Zeitkonstante
 = R C tot
(15)
Gleichung (14) ist eine Differentialgleichung für T. Die Lösung lautet:
−t / 
T = T umgeb  P heiz R⋅1−e 
3
(16)
P R
P
dT
−1
= − P heiz R⋅ ⋅e−t /  = heiz ⋅e−t /  = heiz ⋅e−t / 
dt

RC tot
C tot
(17)
Dass die Lösung (16) korrekt ist, können Sie dadurch verifizieren, indem Sie Gl. (16) und
die zugehörige Zeitableitung (17) wieder in (14) einsetzten. Die Lösung (16) kennen Sie
schon aus den Übungen zu QTI-Plot („Nichtlineare Kurvenanpassung“).
Für sehr große Zeiten erhalten wir aus (16):
T = T umgeb  P heiz⋅R = T max
(18)
dT
= 0
dt
(19)
und aus (17):
stationärer Zustand
Bei dieser Heizleistung Pheiz können wir die Probentemperatur T nicht weiter als Tmax
erhöhen, weil bei großen Zeiten die Heizleistung vollständig durch die Isolation an die
Umgebung abgegeben wird. Laut Gleichung (11) ist bei konstanter Temperatur T:
Pheiz = Pisol.
Für kleine Zeiten, dann ist T ≈ Tumgeb, erhalten wir mit der Näherung
ex ≈ 1+x bzw.
1 − e−t / ≈ t /
aus (16) folgendes Ergebnis:
T = T umgeb  P heiz R⋅t / = T umgeb 
P
dT
= heiz
dt
C tot
P heiz
⋅t
C tot
(20)
(21)
Dieses Ergebnis ist identisch mit Gl. (11), wenn Pisol vernachlässigbar ist. Dies wiederum
ist bei kleinen Zeiten gut erfüllt, weil T ≈ Tumgeb ist.
2.4 Schmelzwärme
Wie in der Anleitung in Abb.1 gezeigt, steigt die Temperatur während der Schmelzphase
nicht. Probe und Gefäß werden nicht weiter erwärmt. Alle zugeführte Energie wird nun
dazu verwendet, die Probe von der festen Phase in die flüssige Phase umzuwandeln.
Die Temperatur ist während der Schmelzphase konstant. Diese konstante Temperatur ist
die Schmelztemperatur Tschmelz .
4
Die Schmelzphase beginnt zu einem bestimmten Zeitpunkt tstart und endet bei tend. Diese
Zeitpunkte können Sie im Experiment bestimmen.
Die während der Schmelzphase zugeführte Wärmemenge Qschmelz lässt sich berechnen
durch Integration der allgemeinen Formel (2). Während der Schmelzphase geht natürlich
ebenfalls ein Anteil der zugeführten Heizleistung Pheiz verloren durch die Isolation (Pisol):
tend
Q schmelz =
∫ P heiz− P isol dt
(22)
tstart
Da wir während der gesamten Heizphase die Heizleistung Pheiz nicht ändern, ist Pheiz
konstant über die Zeit der Schmelzphase . Pisol ist auch konstant über diese Zeit, da sich
die Temperatur von Probe und Gefäß nicht ändert ( T = Tschmelz = const). Laut Gleichung
(6) gilt:
P isol = 1/ R⋅T probe −T umgeb  = 1/ R⋅T schmelz −T umgeb  = const
(23)
Aus (22) folgt somit:
Q schmelz =  P heiz − P isol  ∗ t end −t start 
(24)
Wenn das Experiment unter Umgebungsdruck (also unter Atmosphärendruck)
durchgeführt wird und sich dieser während des Experimentes nicht ändert, dann ist die
Schmelzwärme gleich der Schmelzenthalpie.
3 Versuchsdurchführung
Der Versuch wird wie in der Anleitung durchgeführt. Abschnitt 3.4 der Anleitung entfällt
jedoch.
Heizen Sie nicht höher als etwa 110°C. Dann ist die Thermospannung Uth etwa 4.0mV.
100°C werden in der Regel früher erreicht als bei 3 000s. Die Tabelle im Messprotokoll
geht bis 3000s. Möglicherweise schaltet vorher die Sicherung der Heizelektronik den
Heizstrom aus. Das Experiment ist dann beendet.
Bei der Eichung des Zusammenhangs zwischen Temperatur und Thermospannung soll
durch drei Eichpunkte ein Polynom 2.Ordnung gefittet werden (Abschnit 1.1 der Anleitung).
Wenn sich bei diesem Fit herausstellt, dass der Zahlenwert des Koeffizient a in Gleichung
(5) der Anleitung kleiner ist als 1.e-5, dann wählen Sie kein Polynom 2.Ordnung sondern
eines 1.Ordnung, also ein Gerade. Der quadratische Anteil ist vernachlässigbar. Sie
können dies auch überprüfen, indem Sie ein Lineal an die drei Eichpunkte legen, die Sie in
einer Abbildung dargestellt haben.
Messen Sie auch die Umgebungstemperatur indem eines der beiden Enden des
Thermoelementes in die Luft halten.
5
4 Auswertung und Unsicherheitsrechnung
4.1 Einleitung
Die Messkurven T(t) sind erfahrungsgemäß nicht so ideal wie in Abb.1 der Anleitung.
Die drei Bereiche:
1) Erwärmen feste Phase
2) Schmelzphase
3) Erwärmen flüssige Phase
bleiben zwar prinzipiell erhalten. Ausgewertet werden jedoch nur die Bereiche 1) und 2).
Da die meisten mir bislang bekannten Messungen im Bereich 3) keine Auswertung laut
Anleitung erlauben, entfällt diese. Die Wärmekapazität im flüssigen Zustand müssen Sie
nicht bestimmen.
Ziel des Versuches bleibt die quantitative Bestimmung von Cprobe im festen Zustand, vom
Wärmewiderstand R und von der Schmelzwärme Qschmelz.
Ermitteln Sie zunächst die Zeitpunkte tstart und tend (siehe Abschnitt 2.4). Damit ist die
gesamte Heizkurve T(t) in die drei oben genannten Phasen unterteilt. Wenn Ihre Heizkurve
während der Schmelzphase nicht perfekt konstant ist, so mitteln Sie in diesem Abschnitt
graphisch oder mit QTI-Plot. Somit erhalten Sie auch die Schmelztemperatur.
Bei den Zeiten tstart und tend zeigt die Heizkurve keine Knicke (wie in Abb.1 der
Anleitung), sondern ist gerundet. Dies erschwert die Bestimmung von tstart und tend . Die
Unsicherheiten ∆tstart und ∆tend lassen sich aus den Krümmungsradien dieser Rundungen
abschätzen. Wenn die Krümmungsradien unterschiedlich sind, so können auch ∆tstart und
∆tend verschieden sein
Pheiz = I*U ist bekannt und konstant während des gesamten Heizvorgangs. Sie haben ja
I und U gemessen.
4.2 Bestimmung der Wärmekapazität und des Wärmewiderstandes
Die Wärmekapazität Ctot und der Wärmewiderstand R werden aus der Phase 1) durch
eine nichtlineare Regression mit QTI-Plot bestimmt. Die zu fittende Funktion ist Gleichung
(16):
T = T umgeb  P heiz R⋅1−e−t / 
Der Fit liefert drei Parameter a, b und c, aus denen Sie die gesuchten Größen bestimmen
können:
a=Tumgebung
b=Pheiz R
6
c=Ƭ = R Ctot
Achtung! Diese Parameter a,b und c für den nichtlinearen Fit sind nicht zu
verwechseln mit den Parameter a,b und c, die bei der Eichung Uth(T) benutzt
wurden.
Der Fit liefert ebenso die zugehörigen Unsicherheiten ∆a. ∆b, ∆c.
Sehr wichtig bei dieser Regression ist der Zeitbereich, in dem Sie fitten. Wie oben erwähnt
fitten wir in der Phase 1). Diese Phase 1) wird nochmals unterteilt in folgende Abschnitte:
Abschnitt A (sehr kleine Zeiten): Hier sieht man möglicherweise Schwankungen, die durch
das Einschalten der Heizung entstanden sind.
Abschnitt B: T(t) ist nach Gleichung (20) eine Gerade. In diesem Abschnitt spielen
Wärmeverluste kein Rolle. Aus der Steigung (Gl. (21)) lässt sich Ctot bestimmen.
Abschnitt C: Die Steigung wird kleiner. Hier werden Wärmeverluste merklich. T(t) folgt dem
Verlauf nach Gl.(16).
Abschnitt D: Die Steigung nimmt weiterhin ab, weil sich die Schmelzphase bemerkbar
macht.
Die Regression darf nur im Abschnitt B und C durchgeführt werden. Kopieren Sie die
zugehörigen Messpunkte für QTI-Plot heraus.
Die Umgebungstemperatur Tumgebung =a haben Sie ja auch mit dem Thermoelement
bestimmt. Überprüfen Sie, ob beide Werte zusammenpassen (Unsicherheit von a).
Aus b=Pheiz R folgt:
R=b/Pheiz=b/(I*U)
Unsicherheitsrechnung: aus den Eingangsgrößen ∆b, ∆I und ∆U bestimmen Sie ∆R.
Aus c=Ƭ = R Ctot folgt:
Ctot = c/R
Unsicherheitsrechnung: aus den Eingangsgrößen ∆c und ∆R bestimmen Sie ∆Ctot .
Bestimmen Sie aus der Steigung im Bereich B nochmals Ctot :
Aus
P
dT
= heiz
dt
C tot
folgt:
t −t 
C tot = I⋅U⋅ 2 1
T 2−T 1 
7
Unsicherheitsrechnung: aus den Eingangsgrößen ∆I, ∆U, ∆t1, ∆t2, ∆T1 und ∆T2
bestimmen Sie ∆Ctot nochmals.
Überprüfen Sie, ob beide Werte für Ctot zusammenpassen. Überlappen die zugehörigen
Unsicherheiten?
Bestimmen Sie Cprobe aus Cprobe = Ctot – Cgefäß. Cgefäß können Sie berechnen mit den
Daten in der Anleitung.
Bei der Unsicherheitsrechnung für Cprobe nehmen Sie folgendes an: ∆Cgefäß << ∆Ctot
4.3 Bestimmung der Schmelzwärme
Die Schmelzwärme Qschmelz wird mit Gleichung (24) und (23) bestimmt:
Q schmelz =  P heiz − P isol  ∗ t end −t start 
Unsicherheitsrechnung: aus den Eingangsgrößen ∆I, ∆U, ∆R, ∆Tschmelz, ∆Tumgebung,
tstart und ∆tend bestimmen Sie ∆Qschmelz.
5 Letzte Änderung
30.11.2011
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