Übungsblatt 5 zur Experimentalphysik IV Michael Goerz 23. Mai 2005 Aufgabe 14 In der Vorlesung wurden u. a. folgende Formen von Interferometern für Materiewellen betrachtet: 1) Feynman-Elektron-Interferometern: In seinen Lectures of Physics stellt Feynman in der Form eines Gedankenexperiments das in der Abb. 1 dargestellte Interferometer für Elektronen vor.1 Abb. 1: Feynman-Elektron-Interferometer Es handelt sich hierbei um eine einfache Interferenz am Doppelspalt. WelcherWeg-Information wird gewonnen, indem mit einem Lichtmikroskop direkt gemessen wird, durch welchen Spalt das Elektron gelaufen ist: Ein Photon wird an dem Elektron gestreut, anhand dieser Streuung lässt sich der Ort des Elektrons bestimmen. Die bestimmende Größe für dieses Experiment ist die de-BroglieWellenlänge des Elektrons, λ = h/p, sowie der Spaltabstand. Zur Erreichung von Interferenz muss sich diese in der Größenordnung der Wellenlänge befinden. Gemäß d sin(α) = nλ als Bedingung für konstruktive Interferenz lässt sich das genaue Interferenzmuster variieren. Welcher-Weg-Interferometer kann dann gewonnen werden, wenn das zum Beleuchten“ des Elektrons verwendete Photon eine Wellenlänge deut” lich kleiner als der Spaltabstand besitzt. Selbstverständlich ist in diesem Fall keine Interferenz mehr zu beobachten. Kommt die Wellenlänge des Lichts in 1 Abb. aus: R. Feynman et. al., The Feynman Lectures on Physics, Addison-Wesley, Reading, MA, 2001, Vol. 3, Chapter 1 1 den Bereich der Spaltbreite, verwischt die Welcher-Weg-Information aufgrund der Unschärferelation, und Interferenz wird wieder sichtbar. 2) Atom-Interferometer der Rempe-Gruppe: In diesem Experiment werden Rubidium-Atome zur Interferenz gebracht. Abb. 2 zeigt den Aufbau.2 Abb. 2: Atom-Interferometer der Rempe-Gruppe Die Strahlteilung erfolgt dabei durch Bragg-Reflektion an einer stehenden Lichtwelle. Gemäß der Bragg-Bedingung 2l sin(θ) = nλdB ist wiederum die de-Broglie-Wellenlänge des verwendeten Teilchens maßgeblich für die Strahlteilung und die Dimensionierung des Aufbaus. Obwohl die Atome sich nur extrem langsam bewegen, ist aufgrund der großen Masse der Teilchen diese Wellenlänge extrem klein, und entsprechend müssen auch kleine Gitterstrukturen (die stehende Lichtwelle) verwendet werden. 3) MIT-Atom-Interferometer: Dieses Experiment stellt eine Realisierung des oben beschriebenen Feynman-Gedankenexperiments dar. Mit Hilfe von BraggReflektion an besonders feinen Kristallstrukturen wird ein Interferometer aufgebaut, das dem klassischen Mach-Zehnder-Interferometer analog ist. Der Aufbau ist in Abb. 3 dargestellt.3 Wie schon oben beschrieben, wird die Welcher-Weg-Information durch Photonen bestimmt, die an den Atomen gestreut werden. Aufgabe 15 a) Neben dem eigentlichen Atom-Interferometer wird im MIT-Experiment noch ein weiteres optisches Mach-Zehnder-Interferometer verwendet, um die exakte relative Ausrichtung der Streugitter zu gewährleisten. Die relevanten 2 Abb. aus:S. Dürr, G. Rempe: Wave-Paricle Duality in an Atom Interferometer (Adv. in Atomic, Molecular and Optical Physics, Vol 42, P. 42) 3 Abb. aus: M. S. Chapman, D. E. Pritchard et al.: Photon Scattering from Atoms in an ” Interferometer: Coherence Lost and Regained“, Phys. Rev. Lett. 75 (1995) 3783-3787 2 Abb. 3: MIT-Atom-Interferometer Größen wie Wellenlänge , Gitterabstände und Beugungswinkel lassen sich dabei direkt oder indirekt dem Artikel entnehmen. Es werden für den Atomstrahl Natrium-Atome mit einer Atommasse von 23 u verwendet. Die Geschwindigkeit ist in der Größenordnung 103 m/s angegeben. Damit ergibt sich λdB = h/mv = 6.626 · 10-34 Js ≈ 1.7 · 10−11 m Der Beugungswinkel kann aus der Skizze 38.19 · 10-27 kg · 103 m/s abgelesen werden als tan(α) = d/z, er variiert. Bei dem optischen Interferometer zur Kontrolle der relativen Ausrichtung werden einfache Laserstrahlen verwendet, die eine typische Wellenlänge in der Größenordnung 500 nm. Da einfache Spiegel und optische Strahlteiler verwendet werden, ist die Geometrie (Ablenkungswinkel) relativ beliebig. b) Der relative Kontrast ist definiert als C(mit Laser)/C(ohne Laser), wobei jeder einzelne Kontrast der Visibility V = Imax − Imin Imax + Imin für diesen Fall entspricht. Die Wellenfunktion ohne Laser ist dabei Ψ(x) ∝ u1 (x) + u2 (x) · eikg x (1) Ψ(x) ∝ u1 (x) + u2 (x) · eikg x+∆φ (2) ∆φ = ∆kx d (3) Mit Laser lautet sie mit Da die Wellenlänge des Photons direkt in kx eingeht, hängt auch der relative Kontrast von ihr ab. Das Auftragen über relativen Abstandseinheiten bewirkt dabei einerseits, dass die Ergebnisse verschiedener Messreihen mit je anderer Wellenlänge vergleichbar sind (Skalierung). Andererseits entspricht diese Wahl auch intuitiv der Tatsache, dass Interferenz nur dann beobachtet werden kann, wenn die Wellenlänge des verwendeten Photons klein gegenüber dem Spaltabstand ist. Der vorliegende Versuch untersucht ja genau diese Abhängigkeit. 3 Aufgabe 16 Feynman führt das Verschwinden des Interferenzmusters darauf zurück, dass der durch das Photon übertragene Impuls bewirkt, dass das Teilchen abgelenkt, also gestört wird und dadurch das Interferenzmuster verwischt. Diese Erklärung hält jedoch dem experimentellen Befund nicht stand. Schon aus den Berechnungen für schwere Teilchen wie Atome, ergibt sich dass der übertragene Impuls zu geringfügig ist, um die geforderte Störung zu bewirken. Allerdings bleibt, in Übereinstimmung mit dem Komplementaritätsprinzip, die Beobachtung erhalten, dass das Interferenzmuster verschwindet, sobald Welcher-Weg-Information gewonnen wird. Ob Welcher-Weg-Information zustande kommt oder nicht, lässt sich erklären, wenn man an das Auflösungsvermögen des Heisenbergschen Lichtmikroskop denkt. Ist ein Objekt kleiner als die halbe Wellenlänge des zur Betrachtung verwendeten Photons, kann es nicht mehr aufgelöst werden. Im Experiment bedeutet dies, , dass die Welcher-Weg-Information verloren geht, wenn d > λPhoton /2 (totaler Verlust des Kontrasts). Dabei steigt der Kontrast allerdings noch einmal an, wenn d noch weiter vergrößert wird. Auch dies ist durch das Heisenbergsche Lichtmikroskop zu verstehen, wenn man bedenkt, dass die Messung über die Fourier-Transformierte stattfindet, die Ortskurve also noch Nebenmaxima hat. Es ist also möglich, dass das Hauptmaximum des einen Teilchens sich mit dem Nebenmaximum des anderen Teilchens überlagert, was wieder zur Ununterscheidbarkeit führt und den Kontrast erhöht. Die Erklärung für das Verschwinden des Interferenzmusters ist also nicht der Impulsübertrag, sondern allgemein das Komplementaritätsprinzip, welches notwendigerweise fordert, dass die Unterscheidbarkeit der Wege zum Verlust der Interferenz führt. Quantenmechanisch kann dies generell über die Wechselwirkung der Wellenfunktion des Photons mit der Wellenfunktion des Atoms beschrieben werden. 4