Pressemitteilung Nr. 15 27.04.2015 Welttag für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz I Tag der Arbeit Arbeit darf nicht krank machen Den „Tag der Arbeit“ in dieser Woche nutzen viele Arbeitnehmer vor allem auch dazu, um sich von ihrem Arbeitsalltag zu erholen. Dies ist oft dringend notwendig: Denn Erwerbstätige leiden heute unter Arbeitsverdichtung und Leistungsdruck am Arbeitsplatz. Aus Sicht der DGPPN müssen psychosoziale Risikofaktoren in der Arbeitswelt deshalb noch stärker in den Fokus von Politik, Arbeitgebern und Beschäftigten rücken. Gleichzeitig gilt es, psychisch erkrankten Arbeitnehmern einen raschen Zugang zu den notwendigen störungsspezifischen Therapien zu ermöglichen. Aktuelle Studien zeigen, dass in Deutschland viele Arbeitnehmer unter großem Stress stehen. Laut einer Umfrage des Gesundheitsmonitors von Bertelsmann Stiftung und BARMER GEK erreichen 18 Prozent der Vollzeitbeschäftigten oft die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, 23 Prozent verzichten auf Pausen, jeder Achte erscheint krank im Unternehmen. Knapp ein Viertel der Befragten legen ein Tempo vor, das sie langfristig selbst nicht durchzuhalten glauben. „Diese Daten sind besorgniserregend: Zeit- und Leistungsdruck, Arbeitsverdichtung und Überforderung sind zentrale Risikofaktoren für das Entstehen eines Erschöpfungssyndroms, welches schwere psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angst- oder Suchterkrankungen zur Folge haben kann“, erklärt DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth. Dabei ist die Aufmerksamkeit der Ärzte im medizinischen Versorgungssystem für arbeitsbedingte psychische Gesundheitsprobleme deutlich gewachsen. Erschöpfungssyndrome und auch leichte Depressionen werden heute viel früher erkannt, so dass frühzeitig gezielte Präventionsmaßnahmen getroffen und therapeutische Interventionen eingeleitet werden können. Die günstige Entwicklung spiegelt sich bereits in den neuesten Daten zu den Krankschreibungen wider: Im Jahr 2014 sind die Fälle mit Burnout-Diagnose erstmals seit zehn Jahren nicht gestiegen. Gegenüber dem Jahr 2012 haben sich die Fehltage wegen Burnout nach Angaben der DAK Gesundheit fast halbiert. Dies ist jedoch kein Anlass für Entwarnung: Mit 40 Millionen Arbeitsunfähigkeitstagen stehen psychische Erkrankungen insgesamt auf Platz zwei der Krankschreibungen. Allein die Ausfalltage aufgrund von depressiven Störungen sind in den letzten zehn Jahren um 255 Prozent gestiegen. „Unser Augenmerk muss deshalb noch stärker auf dem betrieblichen Gesundheitsmanagement liegen. Dabei sind alle Beteiligten gleichermaßen gefragt: Politik, Arbeitgeber und auch die Beschäftigten selbst“, fordert Dr. Iris Hauth. Psychisch überlastete Erwerbstätige erhalten oft zu spät Beratung oder professionelle Hilfe. Dabei ist es entscheidend, möglichst frühzeitig mit der notwendigen störungsspezifischen Therapie zu beginnen, um Chronifizierung zu vermeiden und die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Besonders gefährdet sind Beschäftigte, die nach einer längeren Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung wieder in ihr Arbeitsumfeld zurückkehren. Hier können schon geringfügige Belastungen eine neue Krankheitsepisode auslösen. Die Schnittstelle zwischen der ambulanten medizinischen Versorgung und den Betriebsärzten muss deshalb an vielen Orten nachgebessert werden. Nach Möglichkeit sollte ein sach- und betriebskundiger Arzt die Wiedereingliederung begleiten. Menschen mit psychischen Erkrankungen brauchen aber vor allem auch die Wertschätzung ihrer Kollegen in den Betrieben. Nach Schätzungen des Bundesgesundheitssurveys wurde in Deutschland bei 38 Prozent der Vollzeitbeschäftigten aktuell oder früher eine psychische Erkrankung diagnostiziert. „Der morgige Welttag für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz mahnt uns, die betroffenen Arbeitnehmer vor dem Verdacht zu schützen, sie seien für die Gesellschaft eine Belastung oder Gefahr. Das absolute Gegenteil ist der Fall: In gesunden Tagen zeichnen sich Menschen mit psychischen Erkrankungen in besonderem Maße mit Leistungsorientierung, Umsicht, Gewissenhaftigkeit und Einfühlung für ihre Mitarbeiter und Kollegen aus. Sie verdienen unseren besonderen Respekt und Wertschätzung“, so Dr. Iris Hauth weiter.