„Kontaktlinsen“ für unsere Ohren Neue Technik für perfektes Hören Sendungsabschrift von service: gesundheit am 18.09.2014 Vorspann service gesundheit: Am Anfang missversteht sie manchmal nur ein paar Wörter. Elke J.: „Es war so, dass ich falsche Antworten gegeben habe." Dann wird klar, Elke J. ist schwerhörig. Elke J.: „Ich hab halt immer schlechter gehört und ich muss was unternehmen." Das Tragen eines Hörgeräts lehnt sie aber ab. Gibt es eine Alternative? Anmoderation Mathias Münch: Herzlich willkommen bei service gesundheit. Wie bitte? Was hast du gesagt? Red doch mal lauter und nuschel nicht so. Kommen Ihnen diese Sätze bekannt vor? Dann herrscht auch in Ihrer Umgebung irgendwo das Problem einer Hörminderung. Etwa jeder 15. Mensch in Deutschland ist schwerhörig: Anfangs merken Betroffene oft noch nichts davon. Oder sie wollen sie nicht wahrhaben - aber die Familie merkt sehr wohl die Veränderung, wie bei Elke J. aus Frankfurt: 1. Filmbeitrag: Mit 70 Jahren steht Elke J. voll im Leben, ihr Handicap von 24 kann sich durchaus sehen lassen. Ihre Tochter Nicole hat das Golffieber zwar noch nicht gepackt, aber sie schaut gerne zu. Irgendwann ist ihr da aufgefallen, dass etwas mit ihrer Mutter nicht stimmt. (Dialog zwischen Mutter und Tochter:) -„Und wie weit war das jetzt, wie weit hast Du geschlagen?" -„Halb elf" -„Wie weit hab ich dich gefragt, wie weit war der Schlag? -„Ich denke mal 130-140 Meter" Nicole S., Tochter von Elke J. „Es war sehr anstrengend, sich mit ihr zu unterhalten. Was ich schwierig finde, ist dann einfach, dass man selber dann genervt wird, wenn man 2 Mal, 3 Mal fragen muss und das baut ein bisschen ein Aggressionspotenzial auf. Dann hab ich mich dabei ertappt, wie ich sie ein bisschen anschnauze, weil sie es schon 3 Mal nicht gehört hat. Dann sagt sie natürlich, was schreist du mich so an." Das ehemalige Mannequin unternimmt deshalb erst mal nichts. Doch immer häufiger kommt es zu Begegnungen, die auch für Tochter Nicole unangenehm sind. Nicole S. „Es gab Situationen, da bin ich mit ihr dann in den Tennisclub gegangen und dann kam uns jemand entgegen, und da sagte mein Mutter ganz pikiert, die könnte aber auch mal grüßen, wo ich dann gesagt habe, die hat Dich doch gegrüßt, das hat sie dann einfach nicht gehört. Und hat dann zum Teil auch nicht zurück gegrüßt und sie wurde dann als arrogant bezeichnet, weil andere eben gesagt haben, die grüßt nicht, dabei war sie der Meinung, sie ist nicht gegrüßt worden." Elke J. „Ich wollte mir das nicht eingestehen, weil ich war ja noch eine junge Frau, Anfang 40. Und von der Optik her und auch von der Eitelkeit auf jeden Fall, wollte ich ja nicht ein Hörgerät tragen." Auf Drängen ihres Mannes und ihrer beiden Töchter macht Elke J. dann endlich doch einen Termin in der Uniklinik Frankfurt aus. In der HNO-Abteilung unterzieht sie sich zunächst einer intensiven Prüfung ihres Gehörs und einer Untersuchung ihrer Ohren. Die Auswertung der Hörtests bespricht Professor Timo Stöver dann persönlich mit seiner Patientin. Prof. Timo Stöver, HNO-Arzt, Uniklinikum Frankfurt „Die Hörprüfung hat bei Frau J. gezeigt, dass sie einen ausgeprägten Hörverlust der mittleren und hohen Frequenzen zeigt. Es ist so, dass das deutlich über das zu erwartende Maß hinaus geht, das man eigentlich erwarten würde, aufgrund ihres Alters." Diagnose Schwerhörigkeit - Elke J.s schlimmste Befürchtungen werden wahr. Prof. Timo Stöver, Direktor des Zentrums für Hals-Nasen und Ohren-Heilkunde an der Uniklinik Frankfurt: „Ich hatte ihr geraten, eine Hörgeräteversorgung vornehmen zu lassen, die Bedingungen dafür sind grundsätzlich erfüllt. Sie weist einen ausreichend starken Hörverlust auf, der grundsätzlich mit einem Hörgerät korrigierbar ist." Elke J. „Für mich war das Schlimme, dass ich ein sichtbares Hörgerät nehmen sollte, das war eigentlich das Schlimme. Aber ohne ging es nicht mehr, ich hatte eigentlich lange gewartet, bis ich dann gesagt hab, na ja gut, muss ich halt doch was unternehmen. Im Studio: Moderator Mathias Münch: Ich freue mich, dass sie hier im Studio ist, Elke J. und Prof. Timo Stöver, unser Experte für die Ohren und Direktor des Zentrums für Hals-Nasen und OhrenHeilkunde an der Uniklinik Frankfurt, herzlich Willkommen 1. Studiogespräch: mit Mathias Münch, Elke J. und Prof. Timo Stöver, HNO-Arzt Matthias Münch: Frau Jureit, Sie haben es gesagt, das war so mit Anfang 40, dass das so losging. Elke Jureit: Ja, mit Anfang 40. Matthias Münch: War das jetzt für Sie als ehemaliges Mannequin besonders schwierig, die Vorstellung, dass sie jetzt ein sichtbares Hörgerät tragen müssten? Elke Jureit: Nein, das hat damit nichts zu tun gehabt. Mir blieb nichts anderes übrig, ich musste etwas unternehmen und ich kenne zum Beispiel auch genug Herren, die auch kein Hinterohrgerät tragen wollen. Also, klar war es die Eitelkeit, aber ich musste. Matthias Münch: Aber die Eitelkeit gibt es eben bei allen anderen auch. Was haben Sie denn vorher gemacht, um dieses nicht gute Hören zu überspielen? Mussten Sie sich da sehr konzentrieren oder wie sind Sie da vorgegangen? Elke Jureit: Ja, ich musste mich sehr konzentrieren und ich habe dann auch zu meiner Familie gesagt: Wenn ihr zu mir reden würdet, oder wenn ihr ein bisschen deutlicher reden würdet, dann könnte ich es ja verstehen. Matthias Münch: Also, die anderen waren Schuld?! Elke Jureit: Die anderen waren Schuld, ja. Matthias Münch: Professor Stöver, ab wann braucht man den tatsächlich ein Hörgerät? Professor Stöver: Frau Jureit hat das ja hervorragend beschrieben. Es ist nicht nur die Hörfähigkeit, die abnimmt im Sinne von einem Verlust des Tonhörens, sondern das Sprachverstehen nimmt ab. Und die typische Situation, die dann auftaucht, ist gerade in geräuschvoller Umgebung, wenn man mit mehreren Menschen spricht – hier ist das Verstehen deutlich reduziert. Also der eine Punkt ist eine messbare Minderung der Hörfähigkeit. Der zweite Punkt, der aber auch wesentliche Voraussetzung für eine Versorgung darstellt: Der Patient muss wollen. Er muss einen entsprechenden Leidensdruck haben und damit auch die Motivation, sich überhaupt eine Hörgerätversorgung zu unterziehen. Matthias Münch: Jetzt geht ja dieser Verlust des Hörens schleichend vonstatten. Was sind denn so typische Merkmale, an denen man dann erkennen kann, hier ist vielleicht der Gang zum Arzt jetzt mal angezeigt? Professor Stöver: Wie Sie eben richtig gesagt haben, ist das ein schleichender Prozess. Oftmals ist es gar nicht der Patient selber sondern die Angehörigen, die dann sagen: Musst du jetzt den Fernseher schon wieder lauter stellen oder hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Oder wie die Frau Jureit auch richtig beschrieben hat, die Schuld wird dann oftmals bei anderen gesucht, die könnten ja deutlicher sprechen und damit ist dieses Verdrängen sehr häufig bei vielen Patienten zu beobachten. Matthias Münch: Wie kommt es denn eigentlich zur Schwerhörigkeit? Was sind die Gründe dafür? Professor Stöver: Es gibt verschiedene Ursachen. Grundsätzlich kann man genetische bzw. altersbedingte Schwerhörigkeit unterscheiden von erworbenen Schwerhörigkeiten. Die typische Ursache einer erworbenen Schwerhörigkeit ist Lärm, sei es nun durch Freizeitlärm, Schießen oder laute Musikabspielgeräte, oder auch Maschinenlärm während der Arbeit. Dagegen abgegrenzt werden die genetischen oder Altersbedingten Schwerhörigkeiten, die in der Regel ihren Schaden im Innenohr finden, d.h. die Haarzellen als Sinnesorgan werden hier geschädigt. Das ist ein Prozess der oftmals leider nicht aufhaltbar ist und langsam voranschreitet. Matthias Münch: Jetzt ist aber Anfang 40 doch schon recht früh für eine Schwerhörigkeit, oder? Professor Stöver: Ja, das ist absolut richtig und hier muss man sicher vermuten, dass eine Kombination aus genetischer Ursache einer Schwerhörigkeit und einer sehr verfrühten altersbedingten Schwerhörigkeit bei Frau Jureit vorliegt. Matthias Münch: Wissen Sie, von wem Sie da was geerbt haben könnten? Elke Jureit: Ja, von meinem Vater. Matthias Münch: Der wollte auch nicht so gut? Elke Jureit: Der wollte auch nicht so gut. Matthias Münch: Spielt die Zeit eine Rolle, Professor Stöver, ist es wichtig, relativ früh zum Arzt zu gehen und früh ein Hörgerät zu bekommen oder wartet man lieber, bis das Ohr so ganz und gar nicht mehr von alleine kann? Professor Stöver: Ja wesentliche Voraussetzung ist: Der Patient muss eben einen Wunsch nach der Versorgung haben. Aber wenn der gegeben ist, dann würde ich immer empfehlen, eine frühzeitige Versorgung vorzunehmen. Der Hauptgrund liegt darin, erstens ist es in aller Regel eine voranschreitende Hörminderung, d.h. eine leichte Hörminderung ist oftmals sehr viel leichter zu versorgen als eine höherartige Hörminderung. Der zweite Grund ist, wir sehen das bei sehr vielen Patienten, die ziehen sich zurück. D.h. es entwickelt sich dann im schlimmsten Fall eine Form von Depression, oftmals werden die Partner dann vorgeschoben ans Telefon zu gehen, an die Haustür zu gehen, sich schwierigen Kommunikationssituationen auszusetzen. Und gerade dieser Rückzug aus der Gesellschaft ist für viele Patienten sehr schwer, sodass ich hier frühzeitig eine Versorgung empfehlen würde. Matthias Münch: Das weiß ich von Ihnen (Frau Jureit), ist bei Ihnen nicht der Fall gewesen. Sie haben sich nicht zurückgezogen nur eben nicht mehr so gut, gerade auf Champagnerempfängen mit vielen Menschen drum rum, gehört, was die von Ihnen wollten. Anmoderation Mathias Münch: Frau J. hat also damals eingesehen, ich brauche ein Hörgerät. der nächste Schritt ist dann der Gang zum Hörgeräteakustiker - in unserem Fall - zur Akustikerin 2. Filmbeitrag: Diagnose Schwerhörigkeit - für Elke J. ein Schock, den sie erst mal verdauen muss. Elke J. „Ich hab mich lange dagegen gewehrt und letzten Endes musste ich halt in den sauren Apfel beißen, denn es ging eben nicht anders." Elke J. stellt sich bei Hörgeräteakustikerin Tanja di Mauro in Frankfurt vor. Vor der Anpassung der Hörgeräte stellt die Spezialistin im Hörtest fest, wie weit die Hörminderung der Patientin schon fortgeschritten ist. Tanja di Mauro „Es gibt 1800 Hörsysteme und man muss natürlich wissen, welches System ist dann auch von Art und Grad der Schwerhörigkeit geeignet. Frau J. hat einen Hochtonabfall, einen mittelgradigen Hörverlust, und man weiß, dass sie eben in Gesprächssituationen Schwierigkeiten hat, d.h. auch so schon im Einzelgespräch und dass wir schon eine gewisse Verstärkung auch benötigen." Tanja Di Mauro versucht zu erfahren, in welchen Hörsituationen sich ihre Kundin vorwiegend aufhält und stellt ein paar Hörgeräte zusammen, die in Frage kommen. Aber es gibt noch weitere Aspekte: Tanja Di Mauro „Wichtig ist bei einer Auswahl, dass man einfach schaut, wie ist die Fingerfertigkeit vom Kunden, d.h. wie kommt er damit klar, soll es eher ein kleines System sein, das unauffällig ist oder lieber ein größeres System, das griffiger ist." Bei den unauffälligen Im-Ohr-Systemen war die Hörqualität früher eher mittelmäßig, deshalb kam damals für Elke J. nur ein sogenanntes High-End Produkt in Frage, das aber hinter dem Ohr getragen wird. Tanja Di Mauro „Das High-End-System, was Frau J. eben damals angepasst bekommen hat, ist ein System, welches sich automatisch anpasst, wo sie nichts einstellen muss, was eine Situationserkennung hat, eine Geräuschreduzierung und auch ein System, was recht unauffällig hinter dem Ohr sitzt." Elke J. „Ich fand das furchtbar und gut ich hab mich getröstet, hab die Haare dann über die Ohren gezogen. Als junge Frau so, eigentlich das Image eines alten Menschen zu haben, das war eben bei mir im Kopf." Um Elke J.s Hörminderung auszugleichen, muss Tanja Di Mauro das neue Hörsystem so einstellen, dass die Frequenzen, die sie nicht mehr so gut hört, gezielt verstärkt werden. Tanja Di Mauro „Erstmal ist die Spontanakzeptanz ganz wichtig, gerade bei einer Ersteinstellung ist wichtig, dass man schaut, einerseits soll derjenige gut hören, andererseits ist aber wichtig, dass es angenehm klingt, also nicht zu unangenehm ist. Ich sag dann immer, es darf ungewohnt sein, es darf aber nicht unangenehm sein und dass man einfach so einen Mittelwert dann findet. Meist ist es so, dass die hohen Töne einfach ungewohnt klingen, das so ein bisschen blecherner und klirrender klingen und das nimmt man ein bisschen zurück." Elke J. „Wenn man mal wieder richtig hört, das ist schon angenehm und auch im Gespräch mit anderen, wenn man die versteht und nicht sagen muss, wie bitte. Oder dass ich dann auch Vögel hab zwitschern hören und viele Dinge, die ich vorher nicht mehr gehört habe und nicht mehr wahrgenommen habe." Seit einigen Jahren trägt das ehemalige Mannequin nun ihre Hörgeräte hinter dem Ohr. Trotzdem fühlt sie sich oft isoliert. Elke J. „Das Hauptproblem war, wenn ich die Geräte rausnehmen musste, zum Beispiel in der Sauna, im Schwimmbad, dann hab ich eben nichts mehr gehört. Oder beim Friseur musste ich sie rausnehmen, dann konnte ich kein Gespräch mehr führen." Auch beim Sport sind die Hörgeräte mehr ein Handicap… Elke J. „Allein beim Golfspielen hab 3 Geräte verloren, das merk ich ja nicht, das ist auf dem Platz passiert, die wieder zu finden, das ist eine Nadel im Heuhaufen. Und das ist natürlich ne teure Sache, dann hab ich mich mehr aufs Hörgerät konzentriert als aufs Golf spielen." Aber auch im Alltag kommt es immer häufiger zu Situationen, in denen sie vergisst, dass sie Hörgeräte trägt. Elke J. „Ich musste zum Telefonieren das Hörgerät rausnehmen, hab´s in die Hosentasche gesteckt, hab´s dann leider mit gewaschen. Dann war das Gerät zwar sauber, aber es hat aber nicht mehr funktioniert." Auf Dauer geht so ein Verschleiß ins Geld. Durch Zufall stößt Elke J. auf eine Anzeige, die für ein neuartiges Hörsystem wirbt, das tief im Gehörgang platziert und so nicht sichtbar wird. Kommt diese neue Technik für Elke J. in Frage? Studiogespräch 2: mit Mathias Münch, Elke J. und Tanja Di Mauro, Hörgeräteakustikerin in Frankfurt Matthias Münch: Wir haben einen kleinen Wechsel hier am Pult vorgenommen. Bei uns ist jetzt Tanja di Mauro, Hörgeräteakustiker-Meisterin aus Frankfurt. Schön, dass Sie ebenfalls bei uns sind. Frau Jureit, jetzt muss ich aber nochmal wissen: War die Familie denn glücklich, dass sie diese Hörgeräte dann getragen haben? Elke Jureit: Ja natürlich, die waren glücklich! Matthias Münch: Nur wenn Sie sie mal wieder mitgewaschen haben, waren die nicht so glücklich. Elke Jureit: Ja, es war ein teures Hobby. Matthias Münch: Wie haben Sie sich damit gefühlt? Einerseits konnten Sie ja nun wieder hören, andererseits hatten Sie eben diese sichtbaren Geräte am Ohr. Elke Jureit: Glücklich war ich damit nicht. Aber ich hatte keine andere Alternative. Matthias Münch: Das ist ja, wie gesagt, ein paar Jahre her, trotzdem können wir uns mal die Geräte anschauen die heute, Frau di Mauro, auf dem Markt erhältlich wären. Wir haben mal einen Euro danebengelegt, um die Größe zu zeigen. Was haben wir hier für ein Gerät? Tanja di Mauro: Also das wäre jetzt auf der rechten Seite ein High-End-System, ein recht unauffälliges Hinterohrsystem, welches eben auch schon eine Geräuschreduzierung hat und was für viele Hörsituationen gut geeignet ist und welches man beispielsweise auch mit dem Handy koppeln kann, also wirklich Hightech, was dieses System auch kann. Matthias Münch: Dann haben wir hier einmal die Mittelklasse aufgebaut. Wir arbeiten uns ein bisschen nach unten durch, ja. Tanja di Mauro: Optisch entscheidet sich die Mittelklasse nicht wirklich von dieser High-End-Klasse, die Technik ist entscheidend. D.h., desto günstiger das System ist, desto weniger Technik hat das System. Es ist auch schon für viele Hörsituationen gut geeignet, hat aber ein bisschen weniger Komfort als diese High-End-System. Matthias Münch: Jetzt machen Sie mal ein Beispiel für weniger Komfort. Tanja di Mauro: Weniger Komfort bedeutet einfach die Bedienfreundlichkeit, d.h. bei einem einfachen System muss man vielleicht selbst noch laut und leise stellen, muss für die verschiedenen Hörsituationen auch umschalten, muss die Mikrofone manuell umschalten. Ein automatisches System erkennt das eben auch automatisch und man muss nichts umschalten oder man kann es eben, wie gesagt, mit dem Handy koppeln. Matthias Münch: Und dann käme das Modell, dass eben auch die Krankenkassen heute bezahlen, da wäre der Kostenpunkt um die 700 Euro, ist das richtig? Tanja di Mauro: Genau, man liegt bei ca. 700 Euro. Das ist eben die bestmögliche Versorgung der Krankenkasse. Es ist auch schon ein sehr sehr gutes System, wo man eben manuell etwas selbst umschalten muss. Matthias Münch: Und heißt auch, bei den teureren Geräten würde die Kasse eben die 700 Euro auch dazugeben. Tanja di Mauro: Genau! Matthias Münch: Und wir reden immer pro Ohr. Das ist ja auch nicht jedem klar. Tanja di Mauro: Wir haben ja zwei Ohren, genau. Matthias Münch: Jaja, klar. Genau. Winterreifen kauft man auch im Vierersatz, da ist auch immer der Preis für alle vier normalerweise. Aber gut, das ist ein ganz anderes Thema. Es ist tatsächlich so, dass man Hörgeräte durchaus lange auch testen muss. Wie lange eigentlich? Tanja di Mauro: Ich sag immer schon so acht bis 12 Wochen sollte man Hörsysteme testen, weil man muss sich erst mal auch an ein Hörsystem gewöhnen, das ist das eine, und jeder Mensch hat ein anderes Hörgefühl. Also man muss für sich schauen: Welches System passt für mich? Nicht, was hat der Nachbar, sondern was ist für mich entscheidend und gut und in welchen Hörsituationen halte ich mich auf und deshalb sollte man das wirklich auch gründlich testen. Matthias Münch: Und dann, Frau Jureit, das haben Sie auch erlebt, dauert es ja doch eine ganze Weile, wenn man sich für ein System entschieden hat, bis man dann auch ordentlich und gut damit hört. Elke Jureit: Ja, das ist eine langwierige Sache. Matthias Münch: Wie lange hat das bei Ihnen gedauert? Erinnern Sie sich? Elke Jureit: Vielleicht ein halbes Jahr. Ich habe immer wieder andere getestet. Dann dauert das ja auch wieder eine gewisse Zeit, also das ist schon eine sehr langwierige Sache. Matthias Münch: Aber das ist ganz normal, ein halbes Jahr dauert das eben?! Tanja di Mauro: Das kann auch mal ein halbes Jahr dauern. Das ist nicht die Regel, aber das hängt in erster Linie wirklich mit der Hörentwöhnung zusammen. D.h. je länger man schlechter hört, desto länger braucht man, um sich wieder an das Hören zu gewöhnen. Matthias Münch: Und dann haben Sie ja diese Anzeige gesehen, von diesem unsichtbaren System und ich schätze mal unsichtbar war für Sie das Zauberwort. Anmoderation Mathias Münch: Dann wollen wir mal sehen, was es mit diesen unsichtbaren Geräten auf sich hat und ob die für die Frau Jureit geeignet sind. 3. Filmbeitrag: Seit fast 20 Jahren trägt Elke J. Hörgeräte, die sie nicht nur wegen der Optik sehr belasten. Nun hat sie aus der Zeitung von einem neuen, nicht sichtbaren Hörsystem erfahren - vielleicht eine neue Chance für sie? Elke J. „Die Reaktion war euphorisch, weil ich dachte, das gibt's nicht, dass ich eben dieses optische einfach mal los werde." Bei Hörgeräteakustikerin Tanja Di Mauro möchte sie sich über die neue Technik namens Lyric informieren. Dieses System ist ganz unauffällig. Tanja Di Mauro „Lyric ist eine Kontaktlinse fürs Ohr, d.h. es ist eine ganz kleine Linse, die in den Gehörgang eingesetzt wird, 4 mm vors Trommelfell und die immer getragen wird, d.h. 3-4 Monate am Stück ohne dass man Batterien wechseln muss, ohne dass man es reinigen muss, man hört immer, man kann damit unter die Dusche gehen, man kann in die Saune gehen, Sport treiben ohne darauf achten zu müssen, nur beim Schwimmen, da muss man eben einen Schwimmschutz tragen, aber sonst kann man es immer tragen." Klein, aber oho - die Linse ist ein winziges technisches Wunder. Tanja Di Mauro „ich hab immer ganz gerne das Beispiel, man wacht morgens auf und hört, beim Hörgerät muss man es immer erstmal einsetzen und das ist bei Lyric eben, man hört immer, nicht der Fall." Doch bevor Elke J. eine Hörlinse bekommt, muss sich der HNO-Arzt Prof. Timo Stöver erst den Gehörgang genauer anschauen, denn das neuartige Hörsystem kommt nur bei 70 Prozent der Betroffenen in Frage: Prof. Timo Stöver „Das Lyric-System kommt bei Patienten zur Anwendung, die einen mittelgradigen Hörverlust aufweisen. Die Grundvoraussetzung ist allerdings, dass ein entzündungsfreier Gehörgang vorliegt und darüber hinaus ein ausreichend weiter Gehörgang, denn bei dem System wird das Gerät im Gehörgang platziert, wird dort belassen und dafür muss ein reizfreier und weiter Gehörgang vorliegen." Elke J. hat Glück, die Voraussetzungen stimmen. Der Hörlinse steht nichts mehr im Wege. Tanja Di Mauro bereitet alles für das Einsetzen vor. Dafür misst sie die Länge des Gehörgangs aus, so weiß sie, wie tief sie die Hörlinse platzieren kann. Bevor das System aber ins Ohr eingesetzt wird, muss die Linse magnetisch programmiert werden. Die Frequenzen und Lautstärke werden der Auswertung der Hörmessung angepasst. Tanja Di Mauro „So Frau J., da haben wir das System, so schaut es aus und das setz ich Ihnen jetzt gleich ein." Tanja Di Mauro schiebt die Linse dann tief ins Ohr bis kurz vor das Trommelfell, das passiert völlig schmerzfrei und dauert nur ein paar Sekunden. Tanja Di Mauro „Ist ok, ja, wenn ich hier vorne drücke, ist es auch in Ordnung, ja." „super" Mit einer speziellen Fernbedienung kann Elke J. die Lautstärke selbst regeln, das Gerät an- und ausschalten, wann sie es möchte. Elke J. „Das Besondere ist, dass ich erstens eine gute Qualität habe, dass ich es nicht mehr verlieren kann und auch nicht mehr verlegen kann, was auch wichtig ist, und dass ich, wenn ich etwas nicht hören möchte, es ausschalten kann. Es ist nicht verlegt, es ist immer im Ohr, ich kann es sofort wieder anstellen." Elke J. lässt das Hörsystem alle 3 Monate austauschen. Die Kosten von 140 Euro pro Ohr im Monat muss sie aus eigener Tasche zahlen. Elke J. „Erstens war es mir das wert und dann nachdem ich nun keine Hörgeräte verloren hatte, sind die Kosten gleichbleibend. Ich hab jedes Jahr ein neues Gerät, was verbessert ist und eben das Wichtigste für mich, dass man es nicht sieht." Elke J. ist happy: endlich hat sie nur noch ein Handicap, nämlich das beim Golf spielen. Studiogespräch 3: mit Mathias Münch, Elke J. und Tanja Di Mauro, Hörgeräteakustikerin in Frankfurt Matthias Münch: Ja, und schonmal mitgewaschen das neue System? Elke Jureit: Nein, nur getrocknet mit Wattestäbchen nach dem Duschen. Matthias Münch: Und dann? Elke Jureit: Dann hatte ich es am Wattestäbchen hängen. Weil ich in Frankreich war, musste ich es halt wieder selbst reinstecken. Matthias Münch: Womit? Elke Jureit: Na, mit dem Finger. Und es hat auch geklappt. Matthias Münch: Eigentlich soll das natürlich nur die Frau di Mauro machen. Sie hatten gerade kurz keine Zeit nach Frankreich zu kommen und Sie wollen es auch lieber gar nicht so genau wissen, glaub ich. Ich hätte jetzt aber gerne nochmal gewusst, 140 Euro pro Ohr. Man abonniert das, man zahlt das monatlich, also eigentlich 280 Euro. Die Kasse zahlt überhaupt nichts dazu, weil die nur Geräte unterstützen, die man ein paar Jahre im Ohr hat. Das ist natürlich eine Ansage, oder? Tanja di Mauro: Es ist eine Ansage. Die Frage ist immer, was ist einem gutes Hören wert und auch noch wenn es unsichtbar ist. Matthias Münch: Wir würden gerne noch einmal zeigen: Das hier, das haben wir ja auch schon im Film gesehen, ist die Linse, die Frau Jureit im Ohr trägt. Ein ebenfalls Oberklassegerät, heutiger Standard, den die Klasse dann doch bezuschussen würde, haben wir daneben noch einmal hingestellt. Das System kostet dann ungefähr wie viel? Tanja di Mauro: Also die fangen bei 1400 Euro an, diese tiefsitzenden Innohr-Systeme und gehen bis 2800 Euro, je nach Qualitätsstufe. Matthias Münch: Ich hab ja auch sowas im Ohr, ich kann das mal zeigen und halte es mal daneben. Das holt man dann mit so einem kleinen Stäbchen wieder heraus und ist im Prinzip auch unsichtbar. Sie haben es nicht gesehen oder? Tanja di Mauro: Es ist unscheinbar, also recht unscheinbar. Matthias Münch: Gut, vielen Dank die Damen fürs Dasein. Abmoderation und Fazit Mathias Münch: Bei typischen Anzeichen für Schwerhörigkeit wie häufiges Nachfragen, lauter stellen des Fernsehers und Schwierigkeiten, Gesprächen in der Gruppe zu folgen - ab zum HNO-Arzt. Und: je schneller Sie sich mit Hörsystemen versorgen lassen, desto leichter lässt sich die Hörminderung technisch ausgleichen. Alle Informationen und ab morgen Mittag auch eine komplette Abschrift der Sendung finden sie auf unserer Internetseite unter service.hr-online.de oder in Auszügen im HR-Text auf der Seite 369.