Eltern-Kleinkind-Behandlung aus Sicht der Kinder

Werbung
Eltern-Kleinkind-Behandlung aus Sicht der
Kinder- und Jugendpsychiatrie –
eine Standortbestimmung
Dr. phil. Brigitte Ramsauer
Regensburger Fachtagung, 17. April 2015
Was ist Eltern-Kleinkind-Behandlung?
Definition von Lieberman, Silverman, Pawl (2000)
• Dient dem Schutz der seelischen Gesundheit des Säuglings, Kleinkindes und
Vorschulkindes
• Fördert ein Verständnis darüber, wie gegenwärtige und vergangene Erfahrungen der Eltern
die Wahrnehmung, das Empfinden und das Verhalten gegenüber dem Kind formen
• Berücksichtigt den Beitrag des Säuglings
• Der Fokus bleibt auf das seelische Befinden des Säuglings gerichtet, wenngleich dies nicht
explizit ausgesprochen werden muss
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
2
Eltern-Kleinkind-Behandlung in der
Kinder- und Jugendpsychiatrie
Vorstellungsgründe ausgehend vom
Säugling
• Exzessives Schreien
Gefahr: “shaking-baby-syndrome”
Don’t take it personal, it is human nature.
• Chronische Unruhe
• Schlafstörungen
• Still-, Fütter- und Essprobleme (selektives Essverhalten,
speisen- und personenbezogen)
• Ängste, Aggressivität, Wutanfälle
• Entwicklungsstörungen
• Kindeswohlgefährdung
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
4
Vorstellungsgründe ausgehend von der
Mutter/dem Vater
•
•
•
•
•
Psychische Krise peri- und postpartal
Ängste, Zwänge, Depression; Aggravation nach der Geburt
Postpartale Psychosen, Persönlichkeitsstörungen
Komplikationen während der Schwangerschaft, traumatische Geburt
Ablehnung des Kindes, starke Verunsicherung und Ängste in
Beziehung zum Kind, Bindungsängste
• Elternschaft/Mutterschaft in der Adoleszenz
• Unsicherheit hinsichtlich Erziehungsfähigkeit
• Konflikte mit oder Trennung vom Kindsvater, angespannte häusliche
Situation, Schwierigkeiten mit dem Geschwisterkind
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
5
Wer ist der eigentliche Patient?
Diagnostik psychischer Störungen in der
frühen Kindheit
• Was sind die Voraussetzungen?
• Wie wir die Diagnose gestellt?
• DSM-5
• DC:0-3R
• RDC-PA
Leitlinien der AACAP
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
7
DSM-5
• M 00 Insomnia Disorder (DSM-IV: Primäre Insomnia, Insomnia
related to another mental/medical disorder; ICD-10: F51.0
nichtorganische Insomnie)
• K 02 Vermeidende/restriktive Fütterstörungen (Food Intake
Disorder; ICD-10: F98.2 Fütterstörungen im Säuglings- und
Kleinkindalter)
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
8
DC:0-3R (Zero To Three, 2005)
• Achse I: Klinische Diagnose
• Achse II: Klassifikation der Beziehung
• PIR-GAS: Globale Erhebungsskala der Eltern-Kind-Beziehung
(Angepasst – Gestresst – Gestört – stark beeinträchtigt – dokumentierte
Misshandlung)
• RPCL: Checkliste Beziehungsprobleme: überinvolviert, unterinvolviert,
ängstlich-angespannt, ärgerlich-feindselig, verbal missbrauchend, körperlich
missbrauchend, sexuell missbrauchend
• Achse III: Medizinische und Entwicklungsstörungen und
Bedingungen
Jede physiologische, neurologische, Entwicklungs- und Krankheitsdiagnose
• Achse IV: Psychosoziale Stressoren
Akute/chronische psychosoziale Stressoren im Umfeld des Kindes
• Achse V: Emotionales und soziales Funktionsniveau
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
9
Leitlinien der AACAP
Klinische Diagnostik der frühen Kindheit berücksichtigt
• die Verbindung zwischen somatischer und psychischer
Gesundheit
• das Wechselspiel zwischen elterlichem und kindlichem Verhalten
• die Eltern als wichtigsten Verbündeten
Die Diagnostik ist multidisziplinär und beziehungsbasiert.
Sie bedenkt die motorische, kognitive, sprachliche und
sozioemotionale Entwicklung.
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
10
Diagnostischer Befund
A) Schwere
B) Entwicklungsaspekte
C) Aufrechterhaltende Faktoren
D) Diagnostik durch Ausschluss
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
11
Eltern-Kleinkind-Behandlung
• Fokus
• Setting
• Behandlungstechnik
• Formen der Behandlung
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
12
Mutter-Kleinkind-Behandlungsansätze
• Fraiberg, S. (1980): “Ghosts in the Nursery“
• Cohen, N. (1999): “Watch, Wait, and Wonder (WWW)”
• Lieberman, A. (2005): “Angels in the Nursery”
• Baradon, T. (2005): “Claiming the Baby“
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
13
Setting
• Vorhersagbarkeit und Zuverlässigkeit betrifft
Raum, Zeit,
die Frequenz der Behandlungssitzungen und der
Gebrauch der Videotechnik
• Die Zuverlässigkeit des Settings liefert eine Quelle der
Identifikation für Mutter und Kind
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
14
Indikationen für eine Mutter-Kind-Behandlung
• Behandlung von Mutter, Kind und der Beziehung
• Vermeidung von Trennung und ihre Folgen für Mutter und Kind
• Stabilisierung und Förderung der Mutter beim Übergang in die Elternschaft
(Abbau von Schuldgefühlen, Insuffizienzerleben, fehlender Erfahrung im
Umgang mit dem Säugling )
• Herstellung von Behandlungsmotivation der Mutter, die ohne ihr Kind nicht
in Behandlung käme
• Abwendung einer Chronifizierung der mütterlichen psychischen Störung und
ihrer Folgen für Mutter und Kind
• Minimierung oder Abwendung von Entwicklungsrisiken beim Kind
• Behandlung von psychosomatischen Störungen im Säuglingsalter
• Einschätzung der Entwicklungsgefährdung und des Vernachlässigungsrisikos
beim Kind und Einleitung unterstützender Interventionen möglichst
gemeinsam mit der Mutter (ggf. Fremdbetreuung)
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
15
Kontraindikationen für eine Mutter-KindBehandlung
• Akut-psychiatrische Dekompensation, die eine Versorgung des Kindes
durch die Mutter verunmöglichen
• Akute Eigen- und/oder Fremdgefährdung (akute Suizidalität, Fantasien
eines erweiterten Suizids oder Infantizids stellen nicht explizit eine
Kontraindikation dar, wenn die Mutter absprachefähig ist)
• Der Wunsch der Mutter ohne das Kind behandelt zu werden
• Das Kind kann nicht ausreichend vor Misshandlungen der Mutter
geschützt werden
• Fehlende Krankheitseinsicht der Mutter
• Schwere somatische Erkrankungen des Säuglings
Dr. Brigitte Ramsauer, Regensburger Fachtagung, April 2015
16
Herunterladen