Eltern-Säugling/Kleinkind- Psychotherapie

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Eltern-Säugling/KleinkindPsychotherapie
eine multitheoretische Grundlage
PD Dr. med. Fernanda Pedrina
Zürich / Kassel
Selma Fraiberg, 1980
→ psychotherapy in the kitchen
→ ghosts in the nursery
PD Dr. med. F. Pedrina /
www.babyundkleinkind.ch
Psychoanalytisch orientierte Eltern-KindPsychotherapie in der frühen Kindheit
Historische Entwicklung
• Erfahrungen bei der Anwendung psychoanalytischer
Konzepte in der EKPT
• Berücksichtigung bedeutsamer Befunde aus
verschiedenen Forschungsrichtungen
– Kommunikative Interaktionsforschung
– Bindungsforschung
– Stress und Trauma-Forschung
• Integration multipler theoretischer Bezüge
– Modelle der Entwicklungspsychopathologie
PD Dr. med. F. Pedrina
Regensburger Fachtagung 17.4.2015
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Psychotherapie in der frühen Kindheit:
das Indikationsspektrum weitet sich aus
• Eltern-Säugling-Psychotherapie ... und mehr
– direkte Interventionen mit Babys und Kleinkindern
– Übergänge zu individuelle Settings im 3.-5. Lebensjahr
– das soziale Umfeld/das vernetzte fachliche Umfeld als
primärer Bezugsumfeld
• Interaktionsstörungen … und mehr
– psychisch kranke Eltern
– z.B. tiefgreifende Entwicklungsstörungen beim Kind
.
DC:0-3 (ab 1994)
PD Dr. med. F. Pedrina
Regensburger Fachtagung 17.4.2015
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Zum Referat - Übersicht
3 Themenschwerpunkte, anhand klinischer Beispiele
und mit Hinweisen auf die fachübergreifende
Zusammenarbeit
1. Regulation: Selbstregulation, interaktive Regulation
– Bedeutung der Bindungstheorie
2. Kommunikative Musikalität und Blickaustausch in
den ersten Lebensmonaten – vor der Bindung
3. Traumatisierte Kleinkinder – beeinträchtigte
Bindungssicherheit als Teil des klinischen Bildes
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Regensburger Fachtagung 17.4.2015
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Psychotherapeutische Arbeit im
Eltern-Kind-Setting
Fallbeispiel 1
Fritz, 7 ½ Monate und Frau F.
Dg. Mutter: PPD
Dg. Kind: zystische Fibrose, no. Entw.
Interaktionen: angemessen,
Mutter etwas eifrig
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Frühe Elternschaftsprozesse
• Lebenslanger psychischer Prozess in der Auseinandersetzung
mit dem eigenen Kind und Anpassung an den Anforderungen
seiner jeweiligen Entwicklungsphasen (Benedek 1959)
• typische Konflikte in der postpartalen Zeit (Pedrina 2006)
– Abhängigkeit/Autonomie
– Reaktivierte fokale Konflikte
– Identitätskonflikte
• Psychische Labilität/Flexibilität in der postpartalen Zeit →
Anwesenheit des Babys in der Therapiesitzung
– Fokussierung auf Elternschaftsproblematik
– Fähigkeit zur Selbstregulation in Anwesenheit des Babys
– Aufführung (diagnostische Inszenierung), wenn Verbalisierung des
Unbehagens noch nicht möglich ist
– Therapeutische Inszenierungen
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Affektregulierung und Mentalisierung beim Kind
• Erfolgen im Kontext einer vertrauten Beziehung (Bindung)
• Sind Folgen interaktiver Prozesse, in einem asymmetrischen
Verhältnis zwischen Eltern und Kind
• Von der interaktiven Regulation zur Selbstregulation, zur
weiteren Strukturierung des Selbst
• Bedeutung der Fähigkeit zur Selbstregulation und
Mentalisierung der Eltern
– Fonagy, Gergely, Jurist & Target, 2002
– Konzeptualisierungen von Regulation bei Winnicott, in der
Selbstpsychologie, in der postkleinianischen und
interpersonalen Richtung, in der Kommunikationstheorie, in der
Bindungstheorie
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Regulationsstörung: Diagnostische Aspekte / 1
• In den deutschen AWMF-Leitlinien
– Bisher: Regulationsstörungen der frühen Kindheit
(Papousek et al. 2004)
• Schlaf- und Fütterstörungen, exzessives Schreien,
Störung der emotionalen Verhaltensregulation
– Neu (2015?): psychische Störung 0-5 J.
• Beziehungsstörungen
• Fütterstörungen ● Schlafstörungen ● exzess. Schreien
• Regulationsstörung Typ A ohne Störung der
sensorischen Verarbeitung, mind. 2 Systeme
• Regulationsstörung Typ B, mit Störung der sensorischen
Verarbeitung
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Regulationsstörung: Diagnostische Aspekte / 2
• Im DC:0-3/R
– Axe klinische Störung
• Regulationsstörung der sensorischen Verarbeitung:
überempfindlich, unterempfindlich, impulsiv
• Fütterstörungen: 6 Typen
• Schlafstörungen: Einschlaf-, Durchschlafstörung
– Axe Beziehung
• Beziehungsqualität (angepasst bis schwer gestört)
• Beziehungsmerkmale
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Zur Regulationsstörung
Fallbeispiel 2
Nico, 4 ½ Monate und Frau N.
Kind: Posttraumatische Fütterstörung
(nach Reflux) → Säuglingsanorexie
Mutter: subdepressiv, Aengste
Interaktionen sehr gestresst, ängstlichangespannt
Therapeutischer Partner: Kinderspital, Kinderarzt
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DD der Fütterstörung im DC:0-3R
1.
2.
3.
4.
5.
Regulation-Fütterstörung
Fütterstörung der reziproken Interaktion
Frühkindliche Anorexie
Sensorische Nahrungsverweigerung
Fütterstörung assoziiert mit medizinischen
Erkrankungen
6. Fütterstörung assoziiert mit Insulten des
gastointestinalen Traktes
(Chatoor 2002)
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Grundsätze der Eltern-Kleinkind-Therapie
Therapieziel
Unterstützung von Affekte, Vorstellungen,
Überzeugungen, Verhaltensweisen, die das Gefühl von
Sicherheit und Schutz, die Affektregulation und die
emotionale Gegenseitigkeit zwischen Kind und
Betreuer stärken
(Liebermann & van Horn 2008)
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Stern’s Modell 1995
Trep
Tact
Brep
Bact
Mact
Mrep
ports of entry
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D. W. Winnicott: Spiel und Kreativität 1971
• die spontane Geste
• ‘potential space’
• finden/erfinden
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Kommunikative Kompetenz
in den ersten Lebensmonaten
• Direkter Austausch zwischen Therapeut/in und Baby?
Vor der Bindung !
• ‘Communicative competence’ (Byers, 1976)
• ‘Primary intersubjektivity’ und ‘companionship’
(Trevarthen 1979)
• Bedeutung von Klang und Bewegung → kommunikative
Musikalität: cooperatives emotionales Narrativ (Malloch
et al. 2009)
• Bedeutung von Blick und Spiegelung → Fähigkeit zur
modalen Imitation, emotionale Spiegelung und
Selbstentwicklung
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Communicative Musicality / 1
• Laura, 6 Wochen und Mutter im Gespräch ( Trevarthen 1984)
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Communicative Musicality / 2
• Laura, 6 Wochen und Mutter im Gespräch (1999)
PD.Dr. med. F. Pedrina
Workshop Gruppenanalyse, Zürich
11.9.2014
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Infants in groups
●
Red Hat Trio (Selby & Bradley 2003 / Bradley 2009)
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Frühe Kommunikation im klinischen Kontext
Körperbezogene Kommunikation (embodied
communication)
• Beobachtung der Interaktion zwischen Baby und
betreuende Person
• Beobachtung der Belastungssymptomatik beim Kind
– Stress-Zeichen
– frühe Abwehrreaktionen
– Fehlendes oder verzerrtes Bindungsverhalten
• Gegenübertragung
(Baradon 2014)
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Zur frühen Deprivation bei psychisch kranker Mutter
Fallbeispiel 3
Hazan, 3 Mt., Frau und Herr H.
Mutter: schwere depressive Episode mit
psychotischen Symptomen
"Tote" Mutter-Kind-Interaktion, unruhige
Vater-Kind-Interaktion
Kind dabei grau, hypoton, entrückt oder
quengelig
Therapeutischer Netz: Betreuer des Asylzentrums, Hausarzt, Sozialarbeiterin
der Flüchtlingsbetreuungsorganisation (dezentral), Psychiatrische Klinik,
Rechtsvertreter
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Deprivation und Blickaustausch
Spitz, 1946
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Anwendungen des direkten Zugangs zum Baby
in der Behandlung früher Eltern-Kind-Beziehungstörung
• In der Kinderklinik (Paul et al., RCH Melbourne)
Direkte Interventionen bei schwer kranken Kleinkindern
ohne Elternbezug können lebensrettend sein
• Deprivation/Misshandlung und Adoption
Bei Zwischenaufenthalten in Heimen: Aufbau von
Beziehungsfähigkeit, Übergänge zum neuen Daheim
gestalten (Pedrina 2009)
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Traumatisierte Kleinkinder:
interdisziplinäre Behandlungssettings
• Fortschritte in der Diagnostik posttraumatischer
Zustände in der frühen Kindheit
– PTBS (Sheeringa et al. 2003, DSM 5)
– DTD (developmental trauma disorder, van der Kolk et al.
2005)
• Entwicklungspsychopathologische Orientierung
neuer Behandlungskonzepte
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Zur komplexen posttraumatischen Störung / DTD
Fallbeispiel 4
Jimmy, 3 ½ und Frau J.
Kind: DTD und PTDS
Mutter: id.
Mutter-Kind-Interaktion: reaktiviert traumatische Reaktionen
Therapeutisches Netz: Beiständin, Pflegefamilie, Zentrum für Eltern-Kindbesuche, Betreuer der Platzierungsinstitution, Kindergarten, Gericht.
Nach Gerichtsentscheid Koordination der empfohlenen Massnahmen durch
Beiständin.
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Entwicklungsbeeinträchtigungen bei komplexem Trauma
(Cook et al. 2005)
Bindung
Abgrenzungsprobleme
Misstrauen
Isolierung
Einfühlungsfähigkeit↓
Biologie
Sensorimotorische Entw.störung
Analgesie
Gleichgewichtsprobleme
Somatisierungen
Affektregulierung
Selbstregulierung↓
Schwierigkeit, Affekte zu erkennen
Schwierigkeit, Wünsche zu äussern
PD Dr. med. F. Pedrina
Dissoziation
Verhaltenskontrolle
Impulskontrolle↓
Selbstdestruktives Verhalten
Aggression
Schlaf-/ Essprobleme
Drogenmissbrauch
Kognition
Aufmerksamkeit/exekutive Funkt↓
Neugier↓
Informationsverarbeitung↓
Sprachentw./ Lernprobleme
Selbstbild
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Zum Konzept der Bindungsstörung
• Bindungsstörung ist ein klinischer Begriff (Tizard et al. 1975)
1. Reaktive Bindungsstörung, gehemmt
2. Störung mit enthemmten Beziehungsverhalten
(‘disinhibited social engagement disorder’ DSM 5)
• Es besteht keine feste Korrelation zwischen dem
klinischen Bild und Bindungsrepräsentanzen (Oosterman et
al. 2008)
• Bindungsqualität und spätere Psychopathologie?
– Desorganisierte Bindung und in geringerem Masse unsichere
Bindung stellen Risikofaktoren dar (Deklyen et al. 2008)
– ‘Secure base distortions’, d.h Beeinträchtigung der
Bindungssicherheit sind noch wenig beforscht
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Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Zentrum für Entwicklungspsychotherapie Zürich
www.babyundkleinkind.ch
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