20.01.2008 HYPERAKTIVHYPERAKTIVoder schlichtweg unerzogen? unerzogen? ADHS - Modediagnose? ADHS Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (DSM IV 314.0 / ICD 10 F 90.0) Kombination: • Aufmerksamkeitsschwäche • Impulsivität • Hyperaktivität - nicht dem Alters- und Entwicklungsstand entsprechend • Auffälligkeiten vor 7. Lebensjahr • Auftreten in mehr als einem Bezugssystem (Elternhaus/Schule) Klaus Skrodzki - Kinder- und Jugendarzt • Dauer mehr als 6 Monate Forchheim/Oberfranken ADHS Folgen: Störungen der Wahrnehmung (z.B. Situation, Mimik, Gestik, Körpersprache) Quelle: Motivationsschwäche Dt Ärztebl 2001; 98: A 2195-2197 schwache Leistungen in Schule und Beruf [Heft 34-35] Konflikte in den sozialen Bezugssystemen ⇒ negative schulische / berufliche Entwicklung ⇒ niedriges Selbstwertgefühl ⇒ schlechte soziale Eingliederung ADHS Tägliche Wiederholung einer Katastrophe: die Hausaufgaben! Mutter: „)ach 3 Stunden möchte ich mich jedesmal aufhängen!“ 1 20.01.2008 Begleitprobleme von Jugendlichen mit ADHS Modediagnose? (verschiedenen Studien) 50% 60% 33% 27% 15% 80% 25 - 35% Oppositionelles Verhalten Emotionale Störungen Depressiv Angststörungen Ticstörung Lernschwierigkeiten Klassenwiederholer Später (unbehandelt): • Vielfach - Unfälle (Verkehr) • häufiger krank • häufiger vor Gericht • erhöhte Raten von Alkohol und Drogenmißbrauch 1768 Joh. Georg Sulzer: „Vorübungen zur Erweckung der Aufmerksamkeit und des achdenkens“ 1844 Heinrich Hoffmanns: „Struwwelpeter“ 1859 )eumann: „Solche Kinder haben etwas Ruheloses, in ewiger Bewegung, flüchtig in ihren Neigungen …langsam in der Erlernung des Positiven, aber oft blendend durch rasche und dreiste Antworten“ Ursache: Hypermetamorphose - zu schnelles Wachsen. 1867 Maudsley: affektives und moralisches Irresein: „Sie war eine höchst unartige kleine Maschine, die nie zur Ruhe kam und alles ergriff, was ihr zu Gesicht kam; doch gab sie sich damit nicht zufrieden, sondern warf alles sofort wieder zu Boden, um gleich nach etwas anderem zu suchen…“ 1869 Beard: Neurasthenie Ursachen: Telegrafie, Wissenschaften, Dampfkraft, Tagespresse und „mental activity of women“ 1887 Emminghaus: „aufgeregte Idioten“ 1902 Still: „Defects in Moral Control“: Geschlechtsunterschiede 3:1, Beginn vor dem 8. Lebensjahr; Anfälligkeit für Unfälle, Tics, biologische Prädisposition 1917 Cerny: der Charakter des Kindes ein Gesundheitszustand – „schwer erziehbar und neurasthenisch“ 1924 Maria Montessori:„Phänomen der freien Konzentration In: The Call of Education“ 1926 Homburger – angeborene Minderwertigkeit („eitle, faule, vorlaute, unruhige“) 1927 Kramer&Pollnow – Eine hyperkinetische Erkrankung im Kindesalter ADHS - Modediagnose? Ursache? 1937 Dr. Charles Bradley: • Kinder 1980 Eichlseder: Unkonzentriert? Hilfen für Hyperaktive Kinder und Eltern 1996 Barkley: „Entwicklungsstörung der Selbstkontrolle“ 1997 Video und Handreichung der Stadtbildstelle )ürnberg und des Kultusministeriums München: „Aufmerksamkeitsgestörte, hyperaktive Kinder im Unterricht“ 1998 Droll, Krause/Krause, Trott: „ADHD im Erwachsenenalter“ 2000 „Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte e.V.“: „Leitlinie zu Diagnostik und Therapie von ADHS im Kindes- und Jugendalter“ 2002 Konsensuserklärung des Gesundheitsministeriums zu ADHS 2004/05 Bildung regionaler ADHS )etzwerke ungezogen unerzogen • Eltern unfähig unwillig unbemüht verunsichert • Soziales Umfeld ungünstig vernachlässigend • Zuviel Bildschirmmedien 2005 Bundesärztekammer (wissensch. Beirat): Stellungnahme zu ADHS 2005 Zentrales ADHS )etz 2007 Internationaler ADHS-Kongress in Würzburg (1300 Teilnehmer) → also Erziehungsdefizit? 2 20.01.2008 Aus: John, J. Ratey: Das menschliche Gehirn Veränderung der Sitten neue Sitten oder unerzogen? • • • • • • • • • • Walter Verlag Düsseldorf und Zürich Wenn Erwachsene reden - sind Kinder still Mütze abnehmen im Haus Kaugummikauen im Gespräch Achtung vor Erwachsenen/Älteren Duzen Starke Kinder – oder freche Kinder Gemeinsames Essen – Essensbeginn gemeinsam Beim Essen wird sitzen geblieben Respekt vor fremdem/allgemeinem Eigentum (Grafiti) Wer am Boden liegt - wird nicht weiter geschlagen Seite 146: Das Aufmerksamkeitssystem und seine Funktionsstörungen ADHS - Vorschulalter © Dr. Klaus Skrodzki ADHS - Diagnostik ist zeit- und arbeitsaufwändig Ursachen-Puzzle Standart nach DSM IV / ICD 10, Leitlinie der AG-ADHS der Kinder- und Jugendärzte e.V. Leitlinie der Dt. Ges. f. Kinder- und Jugendpsychiatrie • Anamnese aus verschiedenen Quellen (Eltern, Lehrer, Erzieher) • neurologische und motoskopische Untersuchung Belastungen in der Schwangerschaft oder bei Geburt erbliche Ursachen • sorgfältige Beobachtung • evt. psychologische Tests (Intelligenz, Ausdauer, Aufmerksamkeit) ADHS Zum Ausschluss anderer Erkrankungen: • Hör-, Sehtest • EEG Erziehungsprobleme in Familie / Schule andere Belastungen in Familie / Schule • Blutuntersuchung 3 20.01.2008 )omenklatur und Klassifikation nach ICD-10 (HKS) und DSM-IV (ADHS) ICD-10: Hyperkinetische Störungen F90 Hyperkinetische Störungen F90.0 Störung von Aktivität und Aufmerksamkeit F90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens F98.8 Unaufmerksamkeit ohne Hyperaktivität F84.4 überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Multimodale Therapie Verbesserung der Umfeldbedingungen Andere Medikamente Bewegungsstereotypen Häufigkeit 2,5% DSM-IV: Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung Vornehmlich unaufmerksamer Typus Vornehmlich hyperaktiv-impulsiver Typus Vornehmlich kombinierter Typus ADHS nicht näher bezeichnet Alle nach F90.0 verschlüsselt! Häufigkeit: 6 % Stimulanzien Kinder- und Jugendarzt Beratung und Begleitung Kontakt zu Therapeuten, Institutionen Coaching Verhaltenstherapie Bewegungstherapie Ausmaß der Störung (Dimension) ADHS – psycho psycho--edukative Maßnahmen Erziehungskonzept: • Regeln und Grenzen aufstellen; Regelmäßigkeit • Konsequenz und Konsistenz liebevoll bestimmen Psychologische Maßnahmen: • Eltern- und Erziehungsberatung • Elterntraining - Coaching ( Neuhaus ) • Verhaltenstherapie (Therapieplätze?) • Aufklärung der Schulen und Arbeitgeber ADHS - Positive Seiten Filterschwäche Impulsivität Sprunghaftigkeit Unruhe Überempfindlichkeit Sozialprobleme Chaos Vielfalt Begeisterungsfähigkeit Hilfsbereitschaft kreativem Ideenreichtum Kontaktfreude Unermüdlichkeit Sensibilität Gerechtigkeitssinn Liebe zu Natur und Tier interessierte Offenheit Coach – Alfred – im „Michel aus Lönneberga!“ Wann ist medikamentösen Behandlung nötig? ADHS Förderung von Bewegung und Wahrnehmung durch: Ergotherapie Psychomotorik Erlebnispädagogik Bessere Körperkoordination, Eigenwahrnehmung Bessere Erkennung von Mimik, Gestik, Körpersprache Bewegungsorientierte soziale Gruppentherapie • • • • • • • Es ist ADHS! Großer Leidensdruck für Kind und Eltern Deutliche Beeinträchtigung (Ausgrenzung) Gefahr für weitere Entwicklung Dekompensation der Familie Tatsächliche oder drohende Misshandlung Versagen der pädagogisch-psychologische Fördermaßnahmen und Therapien Laut MTAMTA-Studie (579 Pat) ist die Medikation die wirksamste Behandlungsmethode! 4 20.01.2008 „Andere“ Therapieangebote Ohne wiss. Wirknachweis! Hömöopathie Sekten Farbtherapie Algen Prismenbrille Kinder- und Jugendarzt Edukinesiologie Nahrungsergänzung Diäten Phytologie BVBV-AH e.V. und BV AÜK e.V. starten als größter deutscher ADHSADHS-Verband in die Zukunft IrlenFarbfolien Indigo-Kinder Ergotherapie Tagebuchbericht einer Mutter 1877: Mit 1 Jahr: Hermännle klettert verwegen auf Trippel, Bänkchen und Tischchen herum und gibt den Engelein Arbeit, ihn zu hüten. Mit 4 Jahren: Hermann geht in die Kinderschule, sein heftiges Temperament macht uns viel Not. Dabei ist er so drollig und oft so zart, er liegt mir sehr am Herzen… Mit 5 Jahren: Wenn ich nur jemand draußen den Namen Hermann nennen höre, ist mir‘s schon Angst, was wieder los sei. Mit 6 Jahren: So demütigend es für uns wäre, ich besinne mich doch ernstlich, ob wir ihn nicht in eine Anstalt oder in ein fremdes Haus geben sollen. Wir sind zu nervös, zu schwach für ihn. ADHS - Vorschulalter © Dr. Klaus Skrodzki Mit 12 Jahren: Gott gebe, dass unser Hermann dort (auf der neuen Lateinschule) pariert und sich bessert in Fleiß und Sitten … Das Lehrerkollegium entschied kurze Zeit später: „Es ist bei der Untersuchung an den Tag getreten, dass es ihm in hohem Grade an der Fähigkeit fehlt, sich selbst in Zucht zu halten und seinen Geist und sein Gemüt in die Schranken einzufügen, welche für sein Alter und für eine erfolgreiche Erziehung in einem Seminar nötig sind… Fürs zweite glauben wir, dass sein Aufenthalt im Seminar für seine Mitschüler eine Gefahr werden könnte.“ Die nächsten Jahre: • Gebets-Therapie zur Austreibung des Dämons • Selbstmordversuch • mehrfacher Aufenthalt in Heil- und Pflegeanstalt; die behandelnden Ärzte stehen kurz vor der Diagnose einer primären Verrücktheit • gescheiterter Versuch, das Abitur zu machen • Beginn und Abbruch einer Buchhandelslehre • Beginn und Abbruch einer Lehre in einer Uhrenfabrik • Beginn und Abbruch einer zweiten Buchhandelslehre • Stigmatisierung als Faulenzer, Tunichtgut, abschreckendes Beispiel • Suchtgefährdung. Zu seiner Volljährigkeit mit 21 Jahren schreibt die Mutter: „Bei manchen unserer Kinder haben wir ja tief unten durch müssen. Was da ein Elternherz durchmacht, weiß Gott, aber von Menschen nur, wer Ähnliches erlebt!“ Hermann Hesse, geb 2.7.1877 Nobelpreis für Literatur 1946 5 20.01.2008 Workshop zu Diagnostik und Therapie der ADHS Dr. Klaus Skrodzki Bad Orb 19.1.2008 Evg. Akademie Hofgeismar )eurobiologischer Hintergrund Genetisch (80%) mitbedingte zentralnervöse Störung der Hirnstruktur/ Hirnfunktion (kortikal subkortikal) Mangelnde neuronale Hemmung/Fokussierung Störung im Neurotransmitterstoffwechsel (Dopamin/Noradrenalin) Exogene Risikofaktoren Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen Infektionen (Hirnentzündungen) Toxine (Hirnschädigung durch pränatale Alkohol- und Nikotinexposition) Traumatische Hirnschädigungen ADHS • Häufigste Verhaltensstörung im Kindes- und Jugendalter • Häufigkeit in Deutschland: 4 - 6% • 500.000 Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 • Vorkommen in allen Altersgruppen • Etwa 2% der Erwachsenen betroffen • ca. 50% der im Kindesalter Betroffenen haben als Erwachsene weiterhin bedeutsame Beschwerden ADHS-Lebenslinie – Säuglingsalter Diagnose noch nicht möglich Risikofaktoren Regulationsstörungen wie: Vermehrtes Schreien Ess- und Schlafprobleme Exzessive Aktivität Unausgeglichenheit Emotionale Irritabilität können erste Hinweise auf spätere ADHS sein Allergien und ahrungsmittelunverträglichkeiten spielen eine untergeordnete Rolle. Lebenslinie – Kleinkindalter Hohes Aktivitätsniveau („Immer unterwegs“) )iedrige Konzentrationsfähigkeit Erhöhte Ablenkbarkeit Schnelle, unvorhersagbare Handlungswechsel Geringe Ausdauer beim Spiel )iedrige soziale Anpassungsfähigkeit aggressiv/destruktiv Vermehrte Unfallgefährdung („furchtlos“, „unbedacht“ und „ungeschickt“) Lebenslinie – Grundschulalter Probleme der Aufmerksamkeit und Ausdauer Ausgeprägte motorische Unruhe Regelakzeptanz mangelhaft bei meist gutem Regelverständnis Stören im Unterricht: Kann nicht abwarten Geringe Frustrationstoleranz/Reizbarkeit/Gereiztheit Lern-Leistungsprobleme/Hausaufgabenprobleme Nicht dem Alter entsprechende soziale Kompetenz und Wahrnehmung (Außenseiter) Assoziierte Störungen: Umschriebene Entwicklungsstörungen oppositionelles Verhalten, Tic-Störungen, Schlafstörungen. 6 20.01.2008 Lebenslinie - Jugendalter Unaufmerksam/Desorganisiert Innere Unruhe/Reizsuche Leistungsverweigerung/Oppositionelles Verhalten Vermindertes Selbstwertgefühl )icht dem Alter entsprechende soziale Kompetenz und Wahrnehmung (Außenseiter Randgruppen) Ängste, Depressivität ADHS Der vorwiegend aufmerksamkeitsgestörte Typ („Träumer, Mädchentyp“) chronisch unzufrieden missmutig, depressiv verstimmt launisch, unerwartete Wutausbrüche Ausdauer- und Konzentrationsmangel fehlendes Durchhaltevermögen Assoziierte Störungen: z. B. Störungen des Sozialverhaltens; Substanzmissbrauch (Alkohol, Drogen); Tic-Störungen fehlende Selbstorganisation ungenügende Leistung trotz Anstrengung chronisch vergesslich und verspätet ADHS -Erwachsenenalter Lebenslinie - Erwachsenenalter Persistenz: Schusseligkeit, Vergesslichkeit, Ablenkbarkeit Unbeständige soziale Bindungen Unbeständige berufliche Leistungen (u. a. häufige Arbeitsplatzwechsel) Ängste, Depressionen, Jähzorn )eigung zu Alkohol, Drogen Erhöhte Rate von Verkehrsunfällen und anderen Regel verletzenden Verhaltensweisen bei 30–60% Ausgeprägte Kernsymptomatik bei ca. 1/3 der Betroffenen Funktionelle Beeinträchtigung durch einzelne Kernsymptome bei 2/3 der Betroffenen Biedermann, Mick et al. ADHS - Diagnostik Anamnese ADHS - Spezifische Fragebögen Im Kindes- und Jugendalter z. B. : • Conners (10 Punkte/ ausführliche Lehrerversion, mod. Skrodzki) Exploration • der Eltern, evt. Groß- oder Pflegeeltern • älterer Kinder und Jugendlicher selbst • der Erzieher (Kindergarten, Hort, Tagesstätte) • der Betreuer • der Lehrer (telefonisch) • verschiedener Kotherapeuten Barkley: „Die Geschichte des Kindes ist die Diagnose!“ • FBB-HKS (DISYPS); FBB - HKS Vorschulkinder (Döpfner) • CBCL (Child Behavior Checklist); SDQ; VBV • Anamnesebogen (Skrodzki für AG ADHS) Im Erwachsenen-Alter • Parents Rating Scale • Wender-Reimherr Interview • Brown ADD Scales Fragebögen alleine nicht ausreichend! 7 20.01.2008 Differentialdiagnosen Hohes Aktivitätsniveau (noch altersentsprechend) Vorwiegend milieubedingte Verhaltensauffälligkeiten Minderbegabung (Lernbehinderung → schulische Überforderung) Umschriebene Entwicklungsstörungen (Lese-, Schreib-, Rechenschwäche, Teilleistungsstörungen von Motorik, Sprache ) Anfallsleiden Medikamentennebenwirkungen (z. B. einige Antikonvulsiva) Folgen eines Schlafapnoesyndroms Andere psychische Störungen (Depression, Angst, Tic/Tourette, Zwang) und Psychosen Autismus, Fra-X, EFAS, Schilddrüsenfehlfunktion Assoziierte Störungen – MTA-Studie Assoziierte Störungen im Kindesalter (n=579) Oppositionelles Verhalten 40% Alleinige ADHS Tics 31% 11% Verhaltens störungen 14% Depressionen 4% Angststörungen 34% MTA Cooperative Group (1999) Bildschirmmedien und Folgen ADHS und Fernsehen Schon 2 jährige Kinder schauen 2 h Fernsehen, haben eigenen Fernseher im Zimmer: Folgen: Erleben aus 2. Hand (nur visuelles System) läßt andere Sinne außen vor: Zunahme der Wahrnehmungsstörungen?! Verringerung der aktiven und gezielten Bewegung Zunahme der Bewegungsstörungen?! Kommunikation im Wechselspiel fehlt Zunahme der Sprachstörungen?! Konsum von Gewalt als Alltäglichkeit Zunahme von Aggressionen?! Fernsehen <-> Suchtverhalten signifikante Zunahme der ADHS mit der Zeitmenge des Fernsehens? Christakis et al.: 10% pro 1h TV-Konsum! ADHS - Therapie: individuell, gestuft, am Bedarf orientiert multimodal Strategien in der Schule Beratung und Begleitung der Eltern, Erzieher, Lehrer Verbesserung der Umfeldbedingungen Verhaltensmodifizierende Therapie bei Kindern, Jugendlichen und Eltern Förderung von Bewegung,Wahrnehmung, Körperkontrolle und Koordination Individuelle medikamentöse Therapie Zusammenarbeit mit den anderen Fachgruppen und Kotherapeuten • Einbeziehen des Lehrers in das Behandlungsprogramm • Klare Regeln und Handlungsanweisungen • Organisationshilfen • Vermittlung von Lerntechniken • Regelmäßiger Austausch von Eltern und Lehrern Nach Leitlinie der AG ADHS und Stellungnahme der BÄK (http://www.baek.de/30/Richtlinien/Empfidx/ADHSkurz/index.htm) 8 20.01.2008 Kooperation Schule – Eltern – Arzt Wichtige Voraussetzung für die Teamarbeit ADHS Maßnahmen zuhause und in der Schule • • • • • • • ADHS als akzeptiertes Krankheitsbild (Diagnose) Sofortiges Lob regelmäßig bestärken Kind anblicken, berühren, zunicken schlechte Handschrift akzeptieren (PC!) langsames Arbeiten ertragen mündliche Leistung besser honorieren Eintrag der Hausaufgaben überprüfen – das im Schulalltag berücksichtigt werden muss – für das die ärztliche Erfahrung und Kompetenz für therapeutische Entscheidungen anerkannt und respektiert wird – auch zur medikamentösen Therapie (wie bei anderen Erkrankungen z.B. Diabetes) Hilfreich dabei: Lehrerfortbildung über ADHS Teilnahme an interdisziplinären regionalen Arbeitskreisen Indikation zur medikamentösen Behandlung Kriterien für eine ADHS erfüllt (DSM IV / ICD 10) Erheblicher Leidensdruck für Kind/Jugendlichen und Eltern deutliche Beeinträchtigung psycho-sozial und in der Leistung Gefahr für die weitere Entwicklung hohes Risiko emotionaler und körperlicher Mißhandlung Erfolglose Fördertherapie Frühförderung, Logopädie, Ergotherapie, Psychomotorik, Psychotherapie 5. Auflage 2002 Medikamente zur Behandlung einer ADHS 1. Wahl: Stimulantien: Methylphenidat: Equasym®, Medikinet®, Methylphenidat (Generica)®, Ritalin® D/L – Amphetaminsulfat Langzeitpräparate: Medikinet retard® (10, 20, 30, 40mg); Ritalin LA® Equasym Retard® (10,20,30mg) Concerta® (18/36/54mg) Medikamente zur Behandlung einer ADHS Klinische Wirkung von Methylphenidat Beginn der Wirkung nach 20-30 Minuten Wirkgipfel nach 1 Stunde Wirkende nach 2 - 4 Stunden deutlich bessere Aufmerksamkeit, Selbststeuerung, Ausdauer, Konzentration ⇒ besseres Zuhören und sinnvolles Umsetzen des Gehörten, mehr Einsicht ⇒ Verständnis für Logik, Zusammenhänge und Ermahnungen ⇒ 2. Wahl: Wahl: Atomoxetin: Stattera® (18, 25, 40, 60mg) (Ausnahmen!) 3. Wahl: Neue MAO – Hemmer, Neuroleptika, Antidepressiva 9 20.01.2008 Wirkung von Methylphenidat auf die Schrift Klinische Wirkung von Methylphenidat • bessere Schrift und Rechtschreibung • weniger Leichtsinnsfehler • bessere Körperkoordination, Wahrnehmung von Mimik, Gestik und Körpersprache • weniger Reden und Geräusche • meist Ende von Einnässen und Kotschmierspuren • mehr Bereitschaft und Motivation zu Leistung • Aufgaben werden zu Ende gebracht • Spaß an Arbeit Ohne Methylphenidat Mit Methylphenidat Einstellung Individuell und adaptiv nach Wirkung (unretardiert!) Einstieg: langsam (wochenweise) steigern durchschnittliche Dosis (0,5 - 1mg/Kg KG), selten höher als 1mg/kg KG Fragen: Wirkt das Medikament? Welche Dosis ist nötig? Wie lange wirkt es? Mehrfache Gaben nötig? Langzeitpräparat? • Rücksprache mit Eltern/Patienten wöchentlich! Wichtig für die Führung / Compliance / Sicherheit • Rückfragen bei KiGa/Schule alle 14 Tage; primär (oft) ohne dessen vorherige Information Mögliche Nebenwirkungen • Appetitmangel • Einschlafstörung • Schwindel, Kopfschmerz, Bauchschmerz • Missstimmung, Weinerlichkeit • Verstärkte Unruhe am Ende der Medikamentenwirkung • Auslösung / Verschlechterung von Tic´s • Vorübergehend Wachstumsverlangsamung bei normaler Endgröße 10 20.01.2008 Spätfolgen der medikamentösen Behandlung? Kriminalität? • 3535-50 % der Kinder/Jugendlichen im Jugendstrafvollzug sind unbehandelte ADHS Kinder • 40% zeigten deutlich antisoziales Verhalten • Ausbildungsgrad wesentlich niedriger als in der Vergleichsgruppe • Betroffenen fühlten sich rastlos, innerlich zerrissen und unzufrieden, weil sie nichts erfolgreich zu Ende bringen können • Mehr Verkehrsunfälle und sonstige Unfälle • 45% haben Probleme mit Alkohol, Drogen (Studie 1979: 175 unbehandelte ADHS Kinder bis ins Erwachsenenalter) • häufige Kontakt mit der Polizei ADHS und Sucht Biedermann 2003 80 70 60 unbehandelte ADHS )=19 behandelte ADHS )=56 Kontrollgruppe )=137 50 40 30 20 10 0 Gesamt Alkohol )ikotin Hochrisiko ADHS - Plädoyer für eine frühe Therapie (Stollhoff, Mahler, Duscha) ADHS und Sucht Biedermann 2003 Spätfolgen der medikamentösen Behandlung?? Parkinson? 45 In 6o Jahren Erfahrung mit Stimulanzien kein 40 Parkinson nachgewiesen! 35 unbehandelte ADHS )=19 behandelte ADHS )=56 Kontrollgruppe )=137 30 25 20 15 10 5 0 Stim. Marihuana kokain verschiedene Dopaminrezeptoren unterschiedliche Bereiche des Gehirns Abhängigkeit und Sucht? Reduktion der Risiken unter medikamentöser Behandlung (Biederman, Huss, Wilens)! Strattera® (Lilly) Wichtige Hinweise • Eine antikonvulsive Behandlung ist kein Hindernis für die Stimulantientherapie. • Es gibt keine Suchtentwicklung (körperliche oder psychische Abhängigkeit) unter Stimulantientherapie. • Die Gefahr des Drogenmissbrauchs wird durch Stimulantienbehandlung gemindert. • Bei Langzeitbehandlung tritt in üblicher Dosierung keine Toleranzentwicklung ein. Atomoxetin 10, 18, 25, 40, 60mg selektiver )oradrenalin-Reuptake-Hemmer )icht BTM-pflichtig Leicht Angstlösend Wirkungsdauer 24 Std. Einnahme unabhängig von )ahrung, auch abends möglich Dosierung: langsam steigernd bis ca. 1,2 – 1,4 mg/kg )achteil: Zeit bis zum Auftreten der Wirkung 6 Wochen! Hohe Kosten )ebenwirkungsspektrum ähnlich MPH Beachte: Wenige Jahre Erfahrung in USA - gegenüber 50 Jahre Erfahrung weltweit mit MPH! 11 20.01.2008 Daten zur Arzneimittelverträglichkeit (Head-to-Head-Studie, Lilly) Strattera® (Lilly) Vorteile scheint es zu geben: bei Patienten mit emotionalen Störungen bei ausgeprägten Problemen morgens vor und abends nach MPH-Medikation bei Jugendlichen (mit selbstverletzendem Handeln?) – On-off-Effekt fehlt! Mittel erster Wahl bei Drogenabusus in der Familie bei ausgeprägten Tics und Tourette Syndrom Ablehnung von Stimulanzien Ereignis# Kopfschmerzen Appetitminderung Bauchschmerzen Mattigkeit** Erbrechen Schlaflosigkeit** Reizbarkeit Müdigkeit** Übelkeit Husten # Atomoxetin OROS® MPH Placebo n=221 (%) n=219 (%) n=74 (%) 17,6 14,0* 10,9 7,7 6,8 6,3 6,3 6,3 4,1 3,2 11,4 16,9* 10,0 2,7 3,7 13,2* 5,9 1,8 5,9 3,7 9,5 2,7 5,4 2,7 5,4 1,4 1,4 4,1 8,1 5,4 bei ≥5% der Patienten in einer der beiden Behandlungsgruppe beobachtet * statistisch signifikant im Vergleich zu Placebo; p < 0,05 ** statistisch signifikanter Unterschied zwischen Atomoxetin und OROS® MPH; p < 0,05 Newcorn et al., Posterpräsentation, NCDEU 2005, Boca Raton Zusammenfassung • Keine der sogenannten alternativen Therapien stellt eine Alternative zu der etablierten ADHSTherapie dar! • Auch wenn die alternativen Therapien nur wirkungslos und nebenwirkungslos (?) sind, so kann die Verzögerung einer effektiven Therapie verhängnisvoll sein! • Familien werden in hohem Maße zur Kasse gebeten! • Die etablierte medikamentöse Therapie ist effektiv, sicher und bewährt! Regionale, wohnortnahe )etzwerke KiJuPsy und andere ärztliche Kollegen Kindergarten Gesundheitsamt Jugendamt Sozialpädiatrische Zentren Therapeuten (Kg, Ego, Logo) Mehrere Kinder- und Jugendarzt Praxen Frühförderung Prof. Dr. M. Döpfner (Köln), Dr. J. Krause (Ottobrunn), Dr. K. Skrodzki (Forchheim), Prof. Dr. F. Resch (Heidelberg) Schulen Tagesstätte (www.zentrales-adhs-netz.de) gefördert durch das Anschluss an größere )etze (Paednet) – Zentrales ADHS )etz 12 20.01.2008 AG ADHS e.V. Arbeitsgemeinschaft Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung der Kinder- und Jugendärzte e.V. Adresse: D-91301 Forchheim Postfach 228 e-mail: [email protected] Internet: www.AG-ADHS.de Stellungnahme der Bundesärztekammer zur ADHS http://www.baek.de/25/10Pressemitteilungen /M200510/20051025.html http://www.baek.de/30/Richtlinien/Empfidx/ ADHSkurz/index.html 13