Forschung am Krankenbett Umweltdermatologie und Allergologie Pollen mit Mehrfachwirkung – Bahnbrechende Erkenntnisse für die Allergologie Pollen sind mehr als nur Allergenträger - sie können sich über die Freisetzung von Fettsäuren selbst den Weg für die Entwicklung einer allergischen Reaktion bahnen. Diese wichtige Entdeckung machte jüngst die Klinische Kooperationsgruppe „Umweltdermatologie und Allergologie“ der GSF unter Leitung von Prof. Dr. Heidrun Behrendt. ollen gehören - wie man lange weiß zu den wichtigsten Allergie auslösenden Substanzen in der Außenluft. Nach bisheriger Lehrmeinung wird die allergische Entzündungsreaktion dadurch ausgelöst, dass aus den Pollen freigesetzte Proteine, die Allergene, über Haut oder Schleimhaut in den menschlichen Körper gelangen und dort eine spezifische allergische Immunreaktion hervorrufen. Warum es jedoch durch diese Proteine zu einer „abnormen“ Immunreaktion mit der Bildung von ImmunglobulinE-Antikörpern kommt, ist bislang wenig bekannt. Diskutiert wurden T-Zell-abhängige oder individualspezifische Faktoren. Nun haben Wissenschaftler der Klinischen Kooperationsgruppe „Umweltdermatologie und Allergologie“ (KKG UDA) am Zentrum Aller- P 20 gie und Umwelt an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Technischen Universität München unter Leitung von Prof. Heidrun Behrendt eine wichtige Entdeckung gemacht, welche die Allergologie einen großen Schritt voran bringen könnte: Bei ihren Untersuchungen zur Allergenfreisetzung fanden Dr. Claudia Traidl-Hoffmann und ihre Arbeitsgruppe eine gänzlich neue biologische Eigenschaft von Pollen: Diese setzen neben den Proteinen auch eine Reihe von ungesättigten Fettsäuren frei. „Im weiteren Verlauf unserer Untersuchungen stellten wir zu unserer Überraschung fest“, so Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, Arbeitsgruppenleiterin der KKG UDA, „dass diese Fettsäuren eine direkte immunstimulatorische und -modulatorische Wirkung auf den Forschung am Krankenbett Umweltdermatologie und Allergologie KKG Umweltdermatologie und Allergologie Leitung: Univ. Prof. Dr. med. H. Behrendt AG Tierexperimentelle Allergiemodelle PD Dr. T. Jakob AG Klinisch-experimentelle Forschung PD Dr. U. Darsow AG Toxikologie & Expositionsforschung PD Dr. J. Buters AG Zelluläre Immunologie PD Dr. C. Traidl-Hoffmann menschlichen Organismus ausüben.“ Die demgemäß als pollenassoziierte Lipidmediatoren oder PALMs bezeichneten Substanzen sind tatsächlich in der Lage, auf direktem Wege menschliche Entzündungszellen wie neutrophile und eosinophile Granulozyten anzulocken und zu aktivieren. Darüber hinaus modulieren sie dendritische Zellen – zentrale Zellen des menschlichen Immunsystems – so, dass diese eine Allergie-fördernde Immunantwort in Gang setzen. Das heißt, dass Pollen viel mehr als nur Allergenträger sind: Sie können sich über die PALM-Freisetzung selbst den Weg für die Entwicklung einer allergischen Reaktion bahnen. PALMs – Schlüssel zu vielen Fragen? Damit war die Überraschung für die Mitarbeiter der Klinischen Kooperationsgruppe aber noch keineswegs perfekt: „Die beobachteten Effekte fanden wir nicht nur bei Allergen DC Allergikern, sondern auch bei Nicht-Allergikern“, so Traidl-Hoffmann. Dies eröffnet den Wissenschaftlern nun gänzlich neue Ansätze. Früher galt das Augenmerk sensibilisierten Patienten mit der Fragestellung, warum eine Allergie entsteht. Zukünftig kann man auch der Frage nachgehen, welche Mechanismen es sind, die bei Nicht-Allergikern die Entstehung einer Allergie verhindern. Möglicherweise können so PALMs zukünftig Antworten darauf geben, warum zu Zeiten starken Pollenflugs auch nicht-allergische Reaktionen des oberen Atemtrakts gehäuft auftreten. Noch ein weiteres Rätsel könnte durch die Entdeckung der PALMs in naher Zukunft gelöst werden: Man weiß aus epidemiologischen Studien, dass in Gebieten mit erhöhter Luftschadstoffbelastung mehr Menschen an Allergien leiden. Auch dafür könnten PALMs mitverantwortlich sein – denn: Die Klinische Kooperationsgruppe konnte auch nachweisen, dass Pollenkörner, die mit Luftschadstoffen belastet sind, ebenfalls verstärkt PALMs freisetzen. IL12niedrig Th1 (IFN-γ) (IL4) Die neu entdeckten PALMs könnten dafür mitverantwortlich sein, dass in Gebieten mit erhöhter Luftschadstoffbelastung, wie zum Beispiel entlang von befahrenen Straßen, mehr Menschen an Allergien leiden: Die Klinische Kooperationsgruppe konnte nachweisen, dass Pollenkörner, die mit Luftschadstoffen belastet sind, verstärkt PALMs freisetzen. Kontakt PALMs Th2 Die Klinische Kooperationsgruppe Umweltdermatologie und Allergologie untersucht den Einfluss von Umweltfaktoren auf allergische Erkrankungen und entwickelt dabei neue Ansätze in Diagnostik und Therapie allergischer Erkrankungen. Die vier Arbeitsgruppen sind sowohl im Klinikbereich als auch in der GSF etabliert. PC IgE Neu entdeckte Botenstoffe: Die von Pollen auf der Schleimhaut freigesetzten pollenassoziierten Lipidmediatoren (PALMs) ziehen neben dem spezifischen Effekt eine unspezifische Aktivierung und Modulierung des Immunsystems nach sich und bahnen somit den Weg für die Entwicklung einer allergischen Reaktion. (DC = Dendritische Zelle, Th1/Th2 = T-Helferzellen des Immunsystems, IgE = Immonglobulin E-Antikörper) Prof. Dr. Heidrun Behrendt ZAUM – Zentrum Allergie und Umwelt GSF – KKG „Umweltdermatologie und Allergologie“ Tel.: 0 89/41 40-34 50 Heidrun.Behrendt@lrz. tu-muenchen.de 21