ABRECHNUNGSBEISPIEL I FALLBERICHT KISTLER Implantieren ohne Augmentieren? Eine Frage der Komponenten und des Verfahrens Im Folgenden stellt Ihnen ZMV Sabine Schröder aus Brilon beispielhaft in Anlehnung an den oben genannten Beitrag die Abrechnung nach der neuen GOZ für die Versorgung eines zahnlosen Oberkiefers mit insgesamt sechs Implantaten nach dem SmartFix-System zur Aufnahme einer Brücke im CAD-CAM-Verfahren vor. Die Behandlung erfolgt in folgenden Teilschritten: VORBEREITENDE MASSNAHMEN Untersuchung und Beratung des Patienten, ca. 25-minütige Aufklärung über die vorhandene Situation und die verschiedenen Therapiemöglichkeiten, Anfertigung einer Röntgenaufnahme und/oder auch DVT-Aufnahme, Situationsmodell, Anfertigung eines Heil- und Kostenplans für die geplante implantologische Behandlung Eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen einschließlich Erhebung des Parodontalbefundes sowie Aufzeichnung des Befundes GOZ 001 0 oder oder Vollständige körperliche Untersuchung mindestens eines der folgenden Organsysteme: … das stomatognathe System, die Nieren und ableitenden Harnwege … gegebenenfalls einschließlich Dokumentation Erörterung (Dauer mindestens 20 Minuten) der Auswirkungen einer Krankheit auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung – gegebenenfalls einschließlich Planung eines operativen Eingriffs und Abwägung seiner Konsequenzen und Risiken –, einschließlich Beratung – gegebenenfalls unter Einbeziehung von Bezugspersonen Anfertigung einer OPG-Röntgenaufnahme und / oder Anfertigung einer DVT-Aufnahme GOÄ 6 n Anmerkung: Bei der GOÄ 6 muss folgendes erbracht worden sein: Inspektion der Mundhöhle, Inspektion und Palpation der Zunge und beider Kiefergelenke sowie vollständiger Zahnstatus GOÄ 34 n Anmerkung: Die Mindestdauer der Gebührenziffer muss bei Rechnungsstellung erkennbar sein n Alternativ bei geringerer Beratungsdauer: GOÄ 1 GOÄ 5004* oder GOÄ 5370 Bei digitaler Technik Steigerungsfaktor bis 2,5 möglich aufgrund der besonderen technischen Voraussetzung n Die Auswertung der DVT-Aufnahme kann nicht zusätzlich nach GOÄ 5377 berechnet werden, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit der implantatbezogenen Analyse nach GOZ 9000 erbracht wird n Ggf. Abformungen zur Anfertigung eines Situationsmodells 1 x GOZ 0060 n Ggf. Anfertigung von Fotos zu Planungszwecken analog gemäß § 6 (1) GOZ entsprechend GOZ 6000 Profil- oder Enfacefotografie einschließlich kieferorthopädischer Auswertung DENTSPLY IMPLANTS MAGAZIN DEUTSCHLAND 1.2014 Zzgl. Material- und Laborkosten 1 x GOZ 0600 a 1 ABRECHNUNGSBEISPIEL I FALLBERICHT KISTLER Implantatbezogene Analyse und Vermessung des Alveolarfortsatzes, des Kieferkörpers und der angrenzenden knöchernen Strukturen sowie der Schleimhaut, einschließlich metrischer Auswertung von radiologischen Befundunterlagen, Modellen und Fotos zur Feststellung der Implantatposition, ggf. mithilfe einer individuellen Schablone zur Diagnostik, einschließlich Implantatauswahl, je Kiefer 1 x GOZ 0900 Anfertigung eines ausführlichen Gesamtkostenvoranschlags für die geplanten chirurgischen und prothetischen Leistungen GOZ 0030 Hierin ist die Auswertung der Modelle, der DVT- oder Röntgenaufnahme, der Fotos usw. bereits enthalten n Bei getrennten Kostenvoranschlägen für die chirurgischen und prothetischen Leistungen kann die GOZ 0030 zweimal angesetzt werden n Ggf. kann für den separat erstellten Kostenvoranschlag für die Supra konstruktion auch die GOZ 0040 berechnet werden, wenn auch funktions analytische Leistungen (GOZ 8000 ff.) Bestandteil des Plans sind n Bei gesetzlich versicherten Patienten kann die GOZ 0030 einmal berechnet werden für die chirurgischen Leistungen! n FOLGESITZUNG: 15-minütige erneute Beratung durch Behandler Eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende Beratung auch mittels Fernsprecher GOÄ 3 Als alleinige Leistung möglich Mindestzeitaufwand von 10 Minuten muss auf Rechnung nachvollziehbar sein n Wichtig! Ausführliche Dokumentation aller Beratungsinhalte! n n DER CHIRURGISCHE ABLAUF Freihandinsertion von 6 Implantaten regio 16, 12, 11, 21, 22, 26, Abformung der postoperativen Situation, Übertragung mit Modellanalogen auf das Modell und in einen Kontrollschlüssel Ggf. Oberflächenanästhesie GOZ 0080 n Infiltrations-, bzw. Leitungsanästhesie Je KH oder FZB GOZ 0100 und / oder GOZ 0090 GOZ 0090 nur bei entsprechender Begründung in der Rechnung mehr als einmal je Zahn berechenbar n Zzgl. Materialkosten Anästhetika n Präparieren einer Knochenkavität für ein enossales Implantat, Einsetzen einer Implantatschablone zur Überprüfung der Knochenkavität (z. B. Tiefenlehre), ggf. einschließlich Knochenkondensation, Knochenglättung im Bereich des Implantats, Einbringen eines enossalen Implantats, einschließlich Verschlussschraube und ggf. Einbringen von Aufbauelementen bei offener Einheilung sowie Wundverschluss. GOZ 9010 regio 16, 12, 11, 21, 22, 26 Zuschlag bei nichtstationärer Durchführung von zahnärztlich-chirurgischen Leistungen, die mit Punktzahlen von 1200 und mehr Punkten bewertet sind GOZ 0530 DENTSPLY IMPLANTS MAGAZIN DEUTSCHLAND 1.2014 n Zzgl. Materialkosten 6 x ANKYLOS Implantat und Einmalbohrersatz 2 ABRECHNUNGSBEISPIEL I FALLBERICHT KISTLER Weichgewebsmanagment (je nach Verfahren) z. B.: n Partielle Vestibulum- oder Mundbodenplastik oder Tuberplastik, je Kieferhälfte n Submuköse Vestibulumplastik, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich, als selbständige Leistung n Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation 2 x GOÄ 2675 2 x GOÄ 2677 2 x GOÄ 2382 Zzgl. Materialkosten laut GOZ für atraumatisches Nahtmaterial Zzgl. Materialkosten laut GOÄ für sterile OP-Handschuhe, Einmalabdeckset usw. n n Anmerkung: Ansatz dieser Materialkosten möglich aufgrund berechneter Leistungen aus der GOÄ in Anlehnung an das BGH-Urteil vom 27.04.2004, Az. III ZR 264/03 Anfertigung einer postoperativen OPGRöntgenaufnahme GOÄ 5004 Anmerkung: Bei digitaler Technik Steigerungsfaktor bis 2,5 möglich aufgrund der besonderen technischen Voraussetzung n Beratendes oder belehrendes Gespräch über notwendige Nikotinkarrenz, Verhalten nach der Operation usw. GOZ 6190 Situationsabformung Oberkiefer GOZ 0050 Zzgl. Material- und Laborkosten für Situationsmodell, Übertragung mit Modellanalgen auf das Modell und in einen Kontrollschlüssel nach BEB n Vollständige Unterfütterung der vorhandenen Klammerprothese für die temporäre Versorgung GOZ 5280 n n Zzgl. Material- und Laborkosten Zzgl. Wundkontrollen/Nahtentfernungen FREILEGUNG UND PROTHETISCHE VERSORGUNG DER IMPLANTATE Ggf. Oberflächenanästhesie 2 x GOZ 0080 n Infiltrations-, bzw. Leitungsanästhesie Je KH oder FZB GOZ 0100 und / oder GOZ 0090 n Anmerkung: GOZ 0090 nur bei entsprechender Begründung in der Rechnung mehr als einmal je Zahn berechenbar n Zzgl. Materialkosten Anästhetika Freilegen eines Implantats und Einfügen eines oder mehrerer Aufbauelemente (z. B. eines Gingivaformers) bei einem zweiphasigen Implantatsystem 6 x GOZ 9040 Apikale Verschiebelappenplastik rechts und links 2 x GOÄ 2382 DENTSPLY IMPLANTS MAGAZIN DEUTSCHLAND 1.2014 n n Zzgl. Materialkosten Gingivaformer Die GOZ 9040 löst keinen ambulanten OP-Zuschlag aus 3 ABRECHNUNGSBEISPIEL I FALLBERICHT KISTLER Zuschlag bei ambulanter Durchführung von operativen Leistungen, die mit Punktzahlen von 500 bis 799 Punkten bewertet sind GOÄ 443 (zur GOÄ 2382) Zzgl. Materialkosten laut GOZ für atraumatisches Nahtmaterial, Zzgl. Materialkosten laut GOÄ für sterile OP-Handschuhe, Einmalabdeckset usw. n n Anmerkung: Ansatz dieser Materialkosten möglich aufgrund berechneter Leistungen aus der GOÄ in Anlehnung an das BGH-Urteil vom 27.04.2004, Az. III ZR 264/03 n Zzgl. Wundkontrollen/Nahtentfernungen FOLGESITZUNG: ABDRUCKNAHME Anatomische Abformung des Kiefers mit individuellem Löffel bei ungünstigen Zahnbogen- und Kieferformen und/oder tief ansetzenden Bändern oder spezielle Abformung zur Remontage, je Kiefer GOZ 5170 Oberkiefer (offene Abformung) Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente bei einem zweiphasigen Implantatsystem während der rekonstruktiven Phase 6 x GOZ 9050 Optisch-elektronische Abformung einschließlich vorbereitender Maßnahmen, einfache digitale Bissregistrierung und Archivierung, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich 4 x GOZ 0065 PC-gestützte Auswertung einer opto-elektronischen Abformung analog gemäß § 6 (1) GOZ entsprechend GOZ 6010 Anwendung von Modellen zur Analyse von Kiefermodellen (dreidimensionale, graphische oder metrische Analysen, Diagramme) GOZ 6010 a Zzgl. Laborkosten BEB für individuellen Löffel, Kontrolle der exakten Position der Implantatanaloge auf dem Modell mit einem Übertragungsschlüssel n Zzgl. ggf. funktionsanalytische Maßnahmen (GOZ 8000 ff.) n n n Zzgl. Materialkosten für Abdruckpfosten Insgesamt höchstens 3 x je Implantat/Fall (Auch Gegenkieferabformung) FOLGESITZUNG: GERÜSTANPROBE Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente bei einem zweiphasigen Implantatsystem während der rekonstruktiven Phase 6 x GOZ 9050 n Insgesamt höchstens 3 x je Implantat/Fall FOLGESITZUNG: DEFINITIVES EINGLIEDERN DER VERSCHRAUBTEN OBERKIEFER-BRÜCKENKONSTRUKTION Brückenanker auf Implantat GOZ 5000 regio 16, 12, 22, 26 Versorgung eines Lückengebisses durch eine Brücke oder Prothese: je Pfeilerzahn oder Implantat als Brücken- oder Prothesenanker mit einer Vollkrone (Tangentialpräparation) DENTSPLY IMPLANTS MAGAZIN DEUTSCHLAND 1.2014 4 ABRECHNUNGSBEISPIEL I FALLBERICHT KISTLER Einzelkrone auf Implantat GOZ 2200 regio 11, 21 Versorgung eines Zahnes oder Implantats durch eine Vollkrone (Tangentialpräparation) n Für jede Krone im Brückenverband, die nicht direkt mit einem Brückenglied verbunden ist Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente bei einem zweiphasigen Implantatsystem während der rekonstruktiven Phase 6 x GOZ 9050 Verschraubung Brückenanker/Implantat, Verschluss des Schraubenkanals mit Kunststoff ------- Brückenglied, je Spanne 2 x GOZ 5070 regio 15–13, 25-23 Versorgung eines Lückengebisses durch eine Brücke oder Prothese: Verbindung von Kronen oder Einlagefüllungen durch Brückenglieder, Prothesenspannen oder Stege, je zu überbrückende Spanne oder Freiendsattel n Elektrotaktile Okklusionskontrolle (T-Scan) analog gemäß § 6 (2) GOZ entsprechend GOZ 6030 Maßnahmen zur Umformung eines Kiefers einschließlich Retention, geringer Umfang GOZ 6030 analog Anfertigung einer OPG-Röntgenaufnahme GOÄ 5004 n Insgesamt höchstens 3 x je Implantat/Fall n Anmerkung: Wird eine implantatgetragene Ankerkrone verschraubt und der Schraubenkanal mit Füllungsmaterial abgedeckt, sind diese Leistungen Bestandteil der GOZ-Nr. 2200, 5000, also kein Grund, den Faktor zu erhöhen. Zzgl. Material- und Laborkosten der zahntechnischen Versorgung Anmerkung: Bei digitaler Technik Steigerungsfaktor bis 2,5 möglich aufgrund der besonderen technischen Voraussetzung n Aufklärungsgespräch nach Implantation und prothetischer Versorgung, über Mundhygiene und Recallnotwendigkeit GOZ 6190 Empfehlung: Die Höhe des Steigerungsfaktors sollte nach § 5 Abs. 2 GOZ angemessen bestimmt werden. In besonders aufwendigen Fällen kann für die Überschreitung des 3,5-fachen Satzes vor Behandlungsbeginn nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ sowohl mit dem privat versicherten als auch dem gesetzlich versicherten Patienten eine abweichende Vereinbarung über die Höhe der Vergütung getroffen werden. BESONDERHEITEN BEI DER ABRECHNUNG DIESES BEHANDLUNGSFALLS BEIM GESETZLICH VERSICHERTEN PATIENTEN Der Festzuschuss der gesetzlichen Krankenkasse richtet sich immer nach dem vorliegenden Befund. In diesem Fall liegt eine Befundsituation nach 4.2 (Restzahnbestand bis zu 3 Zähnen oder zahnloser Kiefer) vor. Es erfolgt die gesamte Abrechnung der andersartigen Versorgung nach GOZ. Die Abrechnungshinweise sind von der Autorin nach ausführlicher Recherche erstellt worden. Gegebenenfalls können noch weitere Leistungen hinzukommen. Eine Haftung und Gewähr wird jedoch ausgeschlossen. DENTSPLY IMPLANTS MAGAZIN DEUTSCHLAND 1.2014 Sabine Schröder, ZMV, Brilon www.apz-brilon.de 5 LITERATURNACHWEIS I FALLBERICHT KISTLER Implantieren ohne Augmentieren? Eine Frage der Komponenten und des Verfahrens 1. Krekmanov, L., et al.: Tilting of posterior mandibular and maxillary implants for improved prosthesis support. Int J Oral Maxillofac Implants, 2000. 15(3):405-14. 2. Rosen, A. and G. Gynther: Implant treatment without bone grafting in edentulous severely resorbed maxillas: a long-term follow-up study. J Oral Maxillofac Surg, 2007. 65(5):1010-6. 3. Testori, T., et al.: Immediate occlusal loading and tilted implants for the rehabilitation of the atrophic edentulous maxilla: 1-year interim results of a multicenter prospective study. Clin Oral Implants Res, 2008. 19(3):227-32. 4. Malo, P., et al.: A pilot study of complete edentulous rehabilitation with immediate function using a new implant design: case series. Clin Implant Dent Relat Res, 2006. 8(4):223-32. 5. Bennett, P., et al.: Leitfaden Kurze und angulierte Implantate. BDIZ EDI konkret, 2011. 15(2):92-98. 6. Pomares, C.: A retrospective study of edentulous patients rehabilitated according to the ‚all-on-four‘ or the ‚all-on-six‘ immediate function concept using flapless computer-guided implant surgery. Eur J Oral Implantol, 2010. 3(2):155-63. 7. Degidi, M., et al.: Clinical outcome of 802 immediately loaded 2-stage submerged implants with a new grit-blasted and acid-etched surface: 12-month follow-up, Int J Oral Maxillofac Implants, Yes, Editor 2006, 00 until 01 year. p. 763-8. 8. Kim, K.S., et al.: Biomechanical comparison of axial and tilted implants for mandibular full-arch fixed prostheses. Int J Oral Maxillofac Implants, 2011. 26(5):976-84. 9. Bevilacqua, M., et al.: The influence of cantilever length and implant inclination on stress distribution in maxillary implant-supported fixed dentures. J Prosthet Dent, 2011. 105(1):5-13. 10.Silva, G.C., et al.: Stress patterns on implants in prostheses supported by four or six implants: a three-dimensional finite element analysis. Int J Oral Maxillofac Implants, 2010. 25(2):239-46. 11.Aparicio, C.: P. Perales, and B. Rangert, Tilted implants as an alternative to maxillary sinus grafting: a clinical, radiologic, and periotest study. Clin Implant Dent Relat Res, 2001. 3(1):39-49. FALLBERICHT I KISTLER Implantieren ohne Augmentieren? Eine Frage der Komponenten und des Verfahrens Die Zahl der Patienten mit nicht erhaltungswürdiger Restbezahnung oder zahnlosem Oberkiefer, die mit ihren meist mehrfach unterfütterten und daher insuffizienten herausnehmbaren Versorgungen unzufrieden sind, steigt. Sie wollen sich stattdessen implantat-prothetisch festsitzend versorgen lassen. Dieser Wunsch kann bei fortgeschrittener Atrophie in der Regel nicht ohne chirurgisch-augmentative Eingriffe umgesetzt werden. Als erfolgversprechende Therapiealternative bieten sich im Molarbereich anguliert gesetzte Implantate an, womit sich Sinusbodenelevationen und -augmentationen vermeiden und dennoch festsitzende Versorgungen mit verschraubten Brücken oder Stegen realisieren lassen.1–3 ANKYLOS ATLANTIS Für die Sofortversorgung sind bereits viele Implantatsysteme entwickelt worden. Jedoch lassen nur einige aufgrund der Implantatanschlussverbindung oder der Systemkomponenten Aufbauteile mit einer größeren Angulation oder einer verschraubten prothetischen Versorgung zu. Ein neues Aufbausystem (SmartFix, DENTSPLY Implants, Mannheim) erlaubt es nun, durch die angulierte Implantatpositionierung im Seitenzahnbereich die prothetische Unterstützungsfläche nach distal zu erweitern und damit das ortsständige Knochenangebot optimal zu nutzen. Hierfür werden die Implantate idealerweise infrasinusär in regio 15 und 25 eingebracht und in regio 2 und 3 jeder Kieferhälfte weitere Implantate zur Aufnahme einer festsitzenden Versorgung inseriert. Voraussetzung, um nach dem Konzept vorgehen zu können, ist ein residuales Knochenangebot im Seitenzahnbereich von etwa 7 mm in der Höhe und 5 mm in der Breite. Ein Einbringdrehmoment von über 30 Ncm, eine Implantatlänge von mindestens 10 mm sowie eine Kippung der distalen Implantate von weniger als 40 Grad gilt hierbei als Einschlusskriterium.4 Um einen Überblick über die noch vorhandenen knöchernen Strukturen und den Grad der Atrophie zu erhalten, wird bei uns in der Praxis in aller Regel eine DVT-Aufnahme für eine 3D-Diagnostik angefertigt. Hierdurch kann besonders für die schwierige Umsetzung der anguliert geplanten Implantatpositionen eine ideale Operationsvorbereitung erreicht DENTSPLY IMPLANTS MAGAZIN DEUTSCHLAND 1.2014 werden.5 Da das Knochenangebot in der Regel gering ist, sollte routinemäßig eine Operation mit Lappenbildung angewendet werden. Das ermöglicht die wichtige optische Kontrolle der erreichten Implantatpositionen am Kieferkamm. Durch eine Fehlpositionierung könnte es zu Knochendefekten mit einer eingeschränkten Prognose6 und einem erhöhten Periimplantitisrisiko kommen. Zudem bietet sich bei Bedarf die Option der periimplantären Augmentation. Erst auf dieser Grundlage lässt sich fundiert entscheiden, ob auf umfangreiche augmentative Eingriffe verzichtet werden kann, wo genau die Implantate positioniert werden können und ob die Implantate zunächst gedeckt einheilen sollten oder sofort versorgt und belastet werden können. Prinzipiell sind, wie es unter anderem Degidi in seiner Studie darlegte, keine signifikanten Unterschiede in den Implantatüberlebensraten im Vergleich von sofort- mit spätbelasteten Implantaten festzustellen.7 AUSGANGSSITUATION Die Diagnose ergab bei der 58-jährigen Patientin keine allgemeinanamnestischen Einschränkungen hinsichtlich der Implantation. Sie war zahnlos, bis auf die nicht mehr erhaltungswürdigen Zähne 13 und 23 im Oberkiefer, und wünschte eine festsitzende Versorgung. Anhand der DVT-Aufnahme konnte ihr aufgezeigt werden, dass dies bei einem konventionellen Vorgehen ohne eine Sinusbodenaugmentation nicht möglich wäre. Den entsprechenden chirurgischen Eingriff lehnte die Patientin ab, nicht zuletzt wegen eines im familiären Umfeld erlebten Komplikationsrisikos und des zusätzlichen operativen und auch finanziellen Aufwands. Als Alternative wurde mit der Patientin ausführlich das nach dem radiologischen Befund mögliche SmartFix-Konzept besprochen. Dieser Therapieform stimmte sie zu, und es konnte mit der Planung begonnen werden. Trotz des Knochenabbaus im Oberkiefer konnte im Seitenzahnbereich eine beiderseits in regio 6 abgestützte festsitzende Implantatbrücke auf Basis eines okklusal verschraubten und mit Verblendschalen und Komposit verblendeten NEM-Gerüsts vorgesehen werden. Weitere vier Implantate zur Aufnahme der festsitzenden Versorgung wurden in regio 12, 11, 21 und 22 geplant. Um inzisal austretende Schraubenkanäle für die Prothetikschrauben zu vermeiden, wurden im Frontzahnbereich die abgewinkelten Balance-Aufbauten vorgesehen. Mit dieser Lösung ließen sich eventuelle Stabilitätsund Ästhetik-probleme von vornherein ausschließen (Abb. 1 und 2). ZUSAMMENFASSUNG Patient: Eine 58-jährige Frau mit einem zahnlosen Oberkiefer, bis auf die nicht erhaltenswürdigen Zähne 13 und 23, wünscht eine festsitzende Versorgung. Herausforderung: Ohne eine Anhebung des Sinusbodens ist keine konventionelle Versorgung möglich. Die Patientin lehnte diesen chirurgischen Eingriff aufgrund einer Familienanamnese von Komplikationen, der chirurgischen Komplexität und aus finanziellen Gründen ab. Behandlung: Die Patientin erhielt eine feste Implantat-Brücke basierend auf einer okklusal verschraubten Substruktur aus unedlen Metallen, die bilateral posterior in regio 6 mit zwei schrägen Implantaten gestützt wird. Vier Implantate wurden anterior positioniert. Nach einer Einheilung von zwölf Monaten wurden die Implantate freigelegt und die ANKYLOS-Balance-Basisaufbauten des SmartFix-Konzepts eingeschraubt. Um in der anterioren Region offenliegende Bohrungen zu vermeiden, wurden für diesen Bereich ebenfalls angulierte Abutments verwendet. Die übrigen Eckzähne wurden unmittelbar vor der Insertion der definitiven Versorgung extrahiert. FALLBERICHT Angulierte Aufbauten ermöglichen jedoch generell eine ausreichende anterior-posteriore Abstützung für eine kaufunktionelle Belastung. Durch die Verwendung von verwindungsstabilen Materialien bei den Suprakonstruktionen ist eine gleichmäßige Kraftübertragung über alle Implantate möglich. Dies wurde auch durch Finite-ElementStudien nachgewiesen.8–10 Damit sich die Weichgewebeverhältnisse ausreichend stabilisieren können, sollten vor allem die anterioren Implantate gedeckt einheilen. Die beiden nicht erhaltungswürdigen Eckzähne sollten erst bei Eingliederung der definitiven Restauration extrahiert werden. Dies hatte auch den Vorteil, dass über die verbleibenden Eckzähne die ursprüngliche Bisshöhe erhalten blieb. Als temporäre Versorgung wurde die bisherige, neu unterfütterte Klammerprothese verwendet. UMSETZUNG Die Insertion der sechs Implantate verlief ohne Komplikationen und wurde nach Bildung eines Mukoperiostlappens unter Sichtkontrolle durchgeführt. Die offene Vorgehensweise setzt ein gewisses Maß an chirurgischer Erfahrung voraus. Bei der Freihandimplantation wird die chirurgische Planung anhand der 3D-Röntgenaufnahme unter Beachtung der Sicherheitsabstände zu den anatomischen Strukturen vorgenommen. Die Positionierung der Implantate erfolgt anhand der auf der zuvor angefertigten DVT-Aufnahme dargestellten Landmarken. Andererseits erlaubt diese Vorgehensweise die exakte Anpassung der Implantatpositionen an die vorhandene Hartgewebestruktur, wobei eventuelle Planungsdifferenzen korrigiert werden können. Im vorliegenden Fall hat sich intraoperativ bestätigt, wie vorgesehen auch im Frontzahnbereich abgewinkelte Aufbauten einzusetzen. Anterior wurden vier ANKYLOS-Implantate mit einem Durchmesser von 3,5 mm und einer Länge von 9 mm gesetzt und mit Heilungskappen verschlossen. Posterior wurden jeweils in regio 6 zwei ANKYLOSImplantate mit 14 mm Länge (Durchmesser 3,5 mm) im Winkel von 30 Grad eingebracht und noch intraoperativ mit den um 30 Grad gewinkelten Balance-Aufbauten verschraubt. Da die distale Seite der Implantatschulter subkrestal sitzt, trägt dieses One-Abutment-One-Time-Prinzip zum Knochenerhalt bei, denn die Osseointegration beziehungsweise das Knochenremoddeling wird nicht durch ein wiederholtes Entfernen des Abutments gestört, und das Risiko einer Reizung periimplantären Gewebes sinkt. Zudem wird beim ANKYLOS-Implantat der Übergang zwischen Implantat » Abb. 1a und 1b Röntgenologische und klinische Darstellung der präoperativen Situation Abb. 1b Abb. 2a Okklusale Planungsansicht mit geraden Abutments Abb. 2b Okklusale Planungsansicht mit angulierten Abutments Abb. 3a Darstellung der knöchernen Situation im Seitenzahnbereich Abb. 3b Distal anguliert gesetztes Implantat in regio 36 Abb. 3c Einfaches Eindrehen der Aufbauten mit der flexiblen Einbringhilfe Abb. 3d Eingebrachter 30 Grad abgewinkelter ANKYLOSBalance-Basisaufbau Abb. 3e Wie geplant positionierte Implantate Abb. 3f Speicheldichte fortlaufende Naht Hinweis: Das Gerüst wurde von Siegfried Weiß, Impladent, Landsberg, virtuell gestaltet. 1.2014 DENTSPLY IMPLANTS MAGAZIN DEUTSCHLAND FALLBERICHT I KISTLER Dr. Steffen Kistler ANKYLOS ATLANTIS Praxisklinik für Zahnheilkunde Landsberg am Lech www.implantate-landsberg.de Dr. Frank Kistler und Aufbau durch das ausgeprägte Platform-Switching nach zentral verlagert. Auch dadurch werden mechanische und mikrobielle Reize vom periimplantären Gewebe ferngehalten. Abschließend wurde die Gingiva mit einer fortlaufenden Naht speicheldicht vernäht. Die postoperative Situation wurde abgeformt, mit den Modellanalogen auf das Modell übertragen und in einem Kontrollschlüssel festgehalten (Abb. 3 bis 5). Noch vor Freilegung wurden mit einem Mock-up das Verhältnis von Zahnlänge zur Höhe der künstlichen Gingiva sowie der Gingivaverlauf selbst bei einer Ästhetikeinprobe bestimmt. Nach einer Einheilzeit von etwas mehr als zwölf Wochen wurden die Implantate freigelegt und die ANKYLOS-Balance-Basisaufbauten des SmartFix-Konzepts in der Front eingeschraubt. Der besonders filigrane Aufbaukopf bietet hierbei jeglichen Gestaltungsfreiraum für die Suprastruktur in Bezug auf Höhe und Durchmesser. Auch das Weichgewebe war zu diesem Zeitpunkt reizfrei abgeheilt. Für die Passung des Gerüsts ist es nun entscheidend, die finale Position der Implantate und die Weichgewebestruktur präzise zu erfassen und auf das Arbeitsmodell zu übertragen. Die Situation wurde in offener Abformung mit einem eigens angefertigten individuellen Löffel erfasst. Die exakte Position der Implantatanaloge auf dem Modell wurde mit einem intraoral verblockten Übertragungsschlüssel aus einem mit Autopolymerisat (Pattern Resin, GC, Leuven/Belgien) verstärkten Glasfiberfaden intraoral kontrolliert. Um im weiteren Verlauf Verzugsrisiken auszuschließen, wurde der Übertragungsschlüssel anschließend in Metall gegossen und darüber die Bissnahme genommen (Abb. 6 bis 8). Auf diesen Grundlagen wurde das verschraubbare NEM-Gerüst im CAD/CAMVerfahren virtuell geplant und gefräst (ATLANTIS-ISUS). Eine okklusal verschraubte Konstruktion als definitive Versorgung hat DENTSPLY IMPLANTS MAGAZIN DEUTSCHLAND 1.2014 Stephan Adlern. den Vorteil des einfacheren Handlings und der leichten und sicheren Verankerung der Restauration. Sie ist zudem patientenfreundlich, da bei Bedarf eine Nachbearbeitung rasch und ohne großen Aufwand erfolgen kann. Ein ganz entscheidender Zwischenschritt ist die intraorale Kontrolle der Gerüstanpassung mit dem unverblendeten Gerüst. Hierbei wird die Auflage der polierten basalen Gerüstanteile auf der Schleimhaut überprüft. Aufgrund des verzugsfreien metallenen Übertragungsschlüssels traten hierbei keinerlei Abweichungen auf. Moderne Verblendkomposits sind weitgehend verfärbungs- und plaqueresistent. Mit ihnen lassen sich eine sehr harmonische Rot-Weiß-Ästhetik und funktionell stabile Ergebnisse erzielen, was wiederum den Patienten die Hygiene erleichtert. Die Putzkanäle kamen oberhalb der Lachlinie zu liegen (Abb. 9). Der Restzahnbestand wurde unmittelbar vor dem Einsetzen der definitiven Restauration entfernt (Abb. 10 und 11). Wird der bis zu 17 Grad abwinkelbare Cresco-Schraubendreher verwendet, lassen sich die Prothetikschrauben problemlos in die schrägen Schraubkanäle einsetzen und festziehen (Abb. 12). Das Eingliedern der definitiven Restauration beschränkt sich im Wesentlichen auf die Kontrolle und gegebenenfalls Korrektur der statischen und dynamischen Okklusion. Sie wurde mit dem T-Scan (Cumdente, Tübingen) digital überprüft (Abb. 13). Mit diesem Gerät kann nachvollzogen werden, welche Kontakte sich in welcher Reihenfolge mit wie viel Prozent der Gesamtkraft entwickeln. Es lässt sich erkennen, welcher Kontakt Ursache und welcher Kontakt Folge einer Fehlbelastung ist. Eine eventuelle Fehlbelastung von Implantaten oder funktionelle Fehlfunktionen können dadurch weitgehend ausgeschlossen werden. Abschließend wurden die okklusalen Schraubenzugänge mit Kompositmaterial verschlossen. Nach einer achtwöchigen PD Dr. Jörg Neugebauer Abheilung der Extraktionsalveolen wurde die Versorgung nochmals unterfüttert und ergab ein harmonisches funktionelles, ästhetisches Endergebnis (Abb. 14 bis 17). FAZIT Unabhängig davon, ob ein- oder, wie im geschilderten Fall, zweizeitig vorgegangen wird: Im Oberkiefer stellt die Insertion von anguliert inserierten Implantaten eine in jeglicher Hinsicht patientenfreundliche Behandlungsoption gegenüber der Sinusbodenelevation dar.4,11 Es bedarf keiner zeitintensiven chirurgischen Eingriffe. Eine umfangreiche Einbringung von Knochenersatzmaterial wird ebenso vermieden wie die sehr diffizile Operationstechnik mit der möglichen Schädigung der Kieferhöhlenschleimhaut und dem damit verbundenen Risiko von postoperativen, sinusidalen Beschwerden der Nasennebenhöhlen. Angelehnt an das etablierte Verfahren nach Malo4 wird bei dem SmartFix-Konzept von DENTSPLY Implants die prothetische Unterstützungsfläche durch die schräge Implantatposition nach distal ausgedehnt und der ortsständige Knochen optimal genutzt. Hierbei kommen dem Behandler die frei positionierbaren nicht-indexierten Balance-Basisaufbauten entgegen. Ein weiterer Vorzug ist die formund kraftschlüssige TissueCare-Konusverbindung des ANKYLOS-Implantatsystems. Insbesondere bei der distal-subkrestalen Lage des Implantat-Aufbau-Interface stellt es einen weiteren Schutzfaktor für das periimplantäre Gewebe dar. Mit diesem Verfahren können Patienten, nicht zuletzt auch durch die perfekte Abstimmung mit dem ATLANTIS-ISUS-System, prothetisch einfach und langfristig sicher mit okklusal verschraubten Brücken oder Stegen im Oberkiefer wie im Unterkiefer versorgt werden. Eine gerade unter dem demografischen Aspekt der älter werdenden Gesellschaft interessante Versorgungsoption für die Praxis. FALLBERICHT Abb. 4 Kontroll-OPG nach der Operation Abb. 5 Übertragungsschlüssel auf dem Modell Abb. 6 Situation nach Freilegung mit eingeschraubten Abformpfosten Abb. 7 Zahnfleischmaske mit ANKYLOS- BalanceBasisaufbauten Abb. 8 In Metall umgesetzter Übertragungsschlüssel mit Bissnahme Abb. 9a bis 9c Das gefräste CoCr-Gerüst von frontal, okklusal und lingual Abb. 9b Abb. 9c Abb. 10a Die definitive Restauration von okklusal Abb. 10b Die definitive Restauration von basal Abb. 11 Extraktionsalveole der beiden Eckzähne Abb. 12a Cresco-Schraubendreher von ATLANTIS, bis zu 17 Grad abwinkelbar … Abb. 12b … und kompatibel zu ANKYLOS und anderen Implantatsystemen Abb. 13 Elektrotaktile Okklusionskontrolle mit dem T-Scan Abb. 14 Kontrollröntgenaufnahme nach Eingliederung der definitiven Restauration Abb. 15 Frontalansicht der eingegliederten OK-Restauration mit gut zugänglichen Putzkanälen Abb. 16 Restauration von okklusal mit palatinal austretenden Schraubkanälen Abb. 17 Harmonisches Frontzahn- und Lippenbild DENTSPLY IMPLANTS MAGAZIN DEUTSCHLAND 1.2014