Teilchenphysik nach Run 1 des Large Hadron Colliders am CERN Karlsruhe, 13. Mai 2015 Prof. Dr. Günter Quast rap Institut für Experimentelle Kernphysik Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe 1. Teil Was wir über den Aufbau der Materie wissen Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Die Welt des ganz Kleinen Auge Mikroskop Elektronenmikroskop Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) Hochenergetische Teilchenstrahlen 13.95.2015 | Karlsruhe Masse-Energie-Äquivalenz Konsequenz der speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein, 1905 E = m·c2 Masse und Energie sind ineinander wandelbar aus Energie können Teilchen enstehen und Teilchen können zerstrahlen Grundlage der Teilchenphysik ! Antimaterie: zu jedem Teilchen gibt es ein Anti-Teilchen Vorhergesagt von P.A.M. Dirac (1928) Eigenschaften der Anti-Teilchen: • Entgegengesetzt geladen • Ansonsten gleiche Eigenschaften Konsequenz der Relativistischen Version der Quantenmachanik Entdeckung Entdeckungdes desPositrons Positrons (Masse, Wechselwirkungen, ...) Beispiel: Elektron Ladung: -1e Positron Ladung: +1e Masse: 9,10938 · 10-31kg=510998 eV/c2 ebenso: Anti-Proton, Anti-Neutron, Anti-Myon, ... P.Anderson P.Anderson1932 1932 Viele Teilchen – ein Zoo ? ↑ ντ Da muss doch Ordnung her !? → Das Standardmodell der Teilchenphysik Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe π Ω Κ Β Kaon Pion Omega B φ Ξ Δ π ρ Υ Rho Ypsilon Λ Κ Delta Lambda Phi Sigma Pion Kaon η Ψ Eta Psi Σ Elektron ρ Sigma Rho Neutrino Myon Neutron Proton Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe π Ω Κ Β Kaon Pin Omega B φ Ξ Δ π ρ Υ Rho Ypsilon Λ Κ Delta Lambda Phi Sigma Pion Kaon η Ψ Eta Psi Σ Elektron ρ Sigma Rho Neutrino Myon Neutron Proton Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe π Κ Ω Β Kaon Pion Omega B u φ up-Quark Ξ ρ d η Υ Rho Ypsilon Δ Λ down-Quark π Κ Ψ Eta Psi s Σ strange-Quark ρ Delta Lambda Phi Sigma Pion Kaon Sigma Rho Einige Teilchen, die sog. Hadronen, sind aus einfacheren ( „Quarks“) zusammengesetzt ! Neutron Elektron Neutrino Myon Proton Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe Woraus besteht die Welt ? Woraus besteht die Welt ? Proton u u d Elektron Neutron d d u Woraus besteht die Welt ? Elektron u up-Quark d down-Quark Woraus besteht die Welt ? Elektron u up-Quark d down-Quark Myon Tauon Woraus besteht die Welt ? Elektron e-Neutrino u up-Quark d down-Quark Myon μ-Neutrino Tauon τ-Neutrino Woraus besteht die Welt ? Elektron e-Neutrino Myon μ-Neutrino Tauon τ-Neutrino u s b up-Quark strange-Quark bottom-Quark d c t down-Quark charm-Quark top-Quark Zu jedem Teilchen existiert ein Anti-Teilchen Quarks & Leptonen der 2. und 3. Familie sind nicht stabil ! Top entdeckt 1995 τ-Neutrino 2000 Auch Licht besteht aus Teilchen, den Photonen (Einstein, 1905) Licht hat Teilcheneigenschaften! E Photon=h⋅f E Photon =h⋅f Zinkplatte Elektroskop Quecksilberdampf-Lampe Photon als Wellenpaket Elektromagnetische Kraft Elektromagnetische Kraft Photon Elektromagnetische Kraft Photon Elektromagnetische Kraft Photon Elektromagnetische Kraft Photon Elektromagnetische Kraft Photon aus Sicht des Physikers: Elektromagnetische Kraft Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe aus Sicht des Physikers: Elektromagnetische Kraft = Austausch von Photonen alle Erhaltungssätze gelten (Impuls, Ladung etc.) Photon Zeit Feynman-Graph beinhaltet die komplette Berechnungsvorschrift Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Starke Kraft +2/3 e u +2/3 e u d -1/3 e Proton Starke Kraft +2/3 e u +2/3 e u d -1/3 e Proton Starke Kraft +2/3 e u +2/3 e u d -1/3 e Proton Starke Kraft +2/3 e u +2/3 e u d -1/3 e Proton Starke Kraft +2/3 e u +2/3 e u Gluon d -1/3 e Proton n ν p e n p ν e „Schwache Kraft“ WBoson ZBoson „Kraftteilchen“ sind zuständig für Wechselwirkungen elektromagnetisch Photon Atom, Molekül, Festkörper, alle „mechanischen“ Kräfte W-Boson Z-Boson Schwache Kernkraft Kern-Zerfälle und -Fusion Starke Kernkraft 8 Gluonen ? Graviton hypothetisch Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) hält Kerne und Quarks zusammen Gravitation keine Quantentheorie der Schwerkraft 13.05.2015 | Karlsruhe Teilchenphysik = Reise in die Vergangenheit des Universums Temperatur verknüpft mit mittlerer Energie der Teilchen: er d t l A n U s e iv ms u s er <E> ~ kB T Beschleuniger LHC Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) Tem pera t ur 13.95.2015 | Karlsruhe Das Standard-Modell der Teilchenphysik konsistente theoretische Beschreibung der fundamentalen Teilchen und der Kräfte zwischen ihnen AUSMAHME: Gravitation ! beruht auf grundlegenden Symmetrien – elegant und schön ! Grundlagen in den frühen 70ger Jahren – und bis heute alle Präzisionstests bestanden ! Teilchenmassen durch „Higgs-Mechanismus“ (ein) Higgs-Teilchen 2014 gefunden viele weitere offene Fragen (Gravitation, dunkle Materie & Energie, ...) erfordern allerdings auch „neue Physik“ jenseits des Standardmodells (nicht Thema dieses Vortrags ...) Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe Das Standardmodell in Stein gemeißelt die Kräfte elektroschwach & stark … ihre Wechselwirkung mit Materie Masse durch Wechselwirkung mit Higgs-Boson „enabling“ Higgs-Potential Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe 2. Teil Das Problem mit der Masse Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Was ist Masse ? Newtons „träge Masse“ (2. Newton'sches Axiom) Newtons „schwere Masse“ Einsteins Masse-Energie-Äquivalenz m0 : „Ruhemasse“ m0c2: „Ruheenergie“ E: Ruheenergie + kinetische Energie Anmerkung: Teilchen durch Ruhemasse charakterisiert; Teilchenphysiker meinen mit „Masse“ immer die Ruhemasse Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Ursprung der Masse Masse im Alltag bestimmt durch Gesamtmasse der Atome Atome sind zusammengesetzt → Quantenbewegung der Bausteine Masse Massevon vonAtomen Atomenstammt stammtnur nurzu zu~1% ~1%aus ausRuhemasse Ruhemasseder der Elementarteilchen Elementarteilchen(Elektronen (Elektronenund undQuarks) Quarks) Rest Restkommt kommtaus ausder derQuantenbewegung Quantenbewegungder derinin Protonen Protonenund undNeutronen Neutronengebundenen gebundenenQuarks, Quarks,also alsodem dem Massenäquivalent Massenäquivalentvon vonBindungsBindungs-und undBewegungsenergie Bewegungsenergie Trotzdem ist Ruhemasse der Elementarteilchen extrem wichtig: Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Warum ist die Ruhemasse so wichtig ? Elektron (me=511 KeV/c2) e- me= 0 → keine Atome me= 20 keV/c2 me= 1500 keV/c2 → Atome viel größer, Menschen ~45 m groß → Prozess p+e - → n+ν möglich, d.h. kein Wasserstoff Quarks mq= 0 → Proton-Zerfall möglich, kein Wasserstoff oder d leichter als u ganz anderes Universum ! W-Boson (mW=80,4 GeV/c2) mW=0 MW klein → Atome haben schwache Ladung & stoßen sich ab, d.h. keine kondensierte Materie → Fusionsrate in Sternen viel schneller, unsere Sonne wäre kälter und längst erloschen kein höheres Leben auf der Erde Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Ursprung der Masse Im Standardmodell der Teilchenphysik wird die Masse über den „Brout-Englert-Higgs-Kibble-Hagen-Guralnik-Mechanismus“ eingeführt. Teilchen erhalten Masse durch Wechselwirkung mit neuem Feld „Higgs-Feld“ Symmetrien des Standardmodells werden erhalten Wichtigster Beitrag von Peter Higgs: Vorhersage des Higgs-Teilchens Stärke der Wechselwirkung mit dem Higgs-Teilchen hängt von Teilchenmasse ab. Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Veranschaulichung des Higgs-Mechanismus Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe 3. Teil Vorbereitung zur Higgs - Jagd Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Entdeckungsmaschine LHC & Experimente LHCb ATLAS CERN Alice CMS Teilchenphysik ist internationale Teamwork ! (Ein Teil der ) CMS-Kollaboration: 3400 Wissenschaftler (davon 840 Doktoranden) aus 173 Institutionen in 40 Ländern Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Teilchenphysik ist internationale Teamwork ! Am CERN beteiligt: ~300 Institute aus Europa, ~ 7000 Nutzer ~ 300 Institute außerhalb Europas, ~ 4000 Nutzer Gegründet 1954 eines von Europas ersten Gemeinschaftsprojekten Mission: Nationen zusammenbringen durch Wissenschaft Ausbildung der Wissenschaftler von morgen Suche nach Antworten auf Fragen nach dem Mikrokosmos und dem frühen Universum Technologische Grenzen verschieben Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Der Large Hadron Collider („LHC) Beschleunigt Protonen (=Wasserstoffkerne) auf bisher unerreichte Energie und bring sie in zwei gegenläufigen Ringen zur Kollision Protonpakete kollidieren 40 Millionen Mal in der Sekunde Proton-Energie entspricht der typischen Teilchenenergie eine 100-Milliardstel-Sekunde nach dem Urknall Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe LHC-Magnete sind kalt: -271oC - Magnetfeld von 8,3Tesla - insgesamt 1232 Stück, 15 m lang - 270'000 km Kabelstränge mit 6400 7μm dicken supraleitenden Filamenten - Strom von 11'700 A - Betriebstemperatur von 1.9 K Der coolste Ring im Weltall ! Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe Die vier großen Detektoren ATLAS LHCb Gebaut von Instituten in der ganzen Welt Jeder hat mehr als 100 Millionen Sensoren 40 Millionen Aufnahmen von Kollisionen pro Sekunde Insgesamt etwa 10'000 Physiker aus ~70 Ländern Spezialisiert auf unterschiedliche Fragestellungen Alice CMS Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe - 25 m hoch, 46 m lang - 7.000 t schwer - ca. 2.200 Wissenschaftler von 170 Instituten aus 37 Ländern - große Toroid-Magnete außen ATLAS & CMS - die Universalisten Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) - 15 m hoch, 21 m lang - 12.500 t schwer - > 2.000 Wissenschaftler von 155 Instituten aus 37 Ländern - 4 T Magnetfeld 13.95.2015 | Karlsruhe Funktionsprinzip eines Detektors: CMS Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe 4. Teil Die Higgs-Jagd beginnt Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe LHC (Re-) Start im November 2009 Erstes Kollisionsereignis in CMS Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe 30. März 2010, 12:58:48 Uhr Erste Kollision bei 7 TeV Schwerpunktsenergie Schwerpunktsenergie Alle freuen sich, der Anfang einer langen Datennahmeperiode ... Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe ATLAS war ebenfalls fertig ... … wie auch alle anderen Experimente Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Die Analyse-Arbeit beginnt μ μ logarithmische Auftragung! ? • selektiere Ereignisse mit zwei Myonen • rekonstruiere Masse des Mutterteilchens • zähle die Ereignisse mit einer gewissen Masse μ μ Teilchen, die in 2 Myonen zerfallen kombinatorischer Untergrund (zufällig zwei Myonen) logarithmische Auftragung! 50 Jahre Teilchenphysik im Zeitraffer Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Wie sieht ein Higgs-Ereignis aus ? Higgs-Bosonen sind extrem selten Suche nach der Nadel in vielen Heuballen entstehen nur in ~1 von 10'000'000'000 pp-Kollisionen Man muss sie erst finden, denn es gibt Untergrund ! Theorie sagt uns, womit wir rechnen müssen: „Signal“ pp → H → 4 Myonen oder nur „Untergrund“ pp → 4 Myonen Im Detektor sehen wir 4 Myonen: Simulation eins HiggsEreignisses im CMS-Detektor Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Higgs-Produktion und Zerfall und Zerfalls- Kanäle Higgs-Teilchen zerfällt bevorzugt in die schwerstmöglichen Teilchen, die leichter sind als es selbst: Verzweigungsverhältnis Verschiedene Produktions- Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Higgs-Suche und Würfeln Quantenmechanik sagt Wahrscheinlichkeiten voraus ! Frage: sind Würfel gezinkt? Simulation: viele Würfelspiele mit perfekten Würfeln Experiment: 100 mal würfeln 500 simulierte Würfelspiele 70 ?? gezinkt ?? 100 Würfe 60 Mittelwert 20 50 18 Häufigkeit Mittelwert16 Häufigkeit 14 12 10 8 40 30 20 6 10 4 2 0 0 1 2 3 4 5 6 Anzahl gewürfelter 6er bei 100 Würfen gewürfelte Zahl wohl wohl nicht nicht gezinkt gezinkt !! 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 Übertragen auf das Higgs-Suche: statistisch signifikanter Überschuss an 6ern entspricht Entdeckung eines neuen Teilchens Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Ereignisse mit Higgs-Kandidaten ++ –– ++ –– H → ZZ → e H → ZZ → e ee μμ μμ Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Suchbild: Wo ist das Higgs-Boson ? Tipp: H → ZZ → 4 Myonen (vier gerade Spuren) Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Ereignisse mit Higgs-Kandidaten ? Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) H H→ → γγ γγ ! 13.05.2015 | Karlsruhe Ereignisse mit Higgs-Kandidaten ++ –– H → τ H → τ ττ e μ MET Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Ergebnis Sommer 2012 H H→ → ZZ ZZ H H→ → γγ γγ Ereignisüberschuss in ZZ und γγ bei ATLAS und CMS Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Sonderseminar am CERN, 4. Juli 2012 Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Ergebnis Sommer 2012 Veröffentlichung der Entdeckung eines Higgs-artigenTeilchens im Sommer 2012, ATLAS & CMS Signifikanter Überschuss in ATLAS und CMS in H → ZZ und H → γγ (die sensitivsten Kanäle) Noch keine signifikante Beobachtung in anderen Zerfallskanälen möglich Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Brief von Peter Higgs Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Mehr Daten –> deutlicheres Signal Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Nobelpreis für BEH-Mechanismus 2013 Nach mehr Datennahme und noch mehr Analysearbeit ... Juli 2012 März 2013 Sommer 2013 ein neues Boson → ein Higgs-artiges Boson → ein Higgs Boson ... war auch das Nobelpreiskomitee überzeugt: Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Stand 2014 – Das neue Teilchen ist ein Higgs-Boson Doppelt so viele pp-Kollisionen wie im Sommer '12 , alle Daten analysiert Die Kopplungen des neuen Bosons wachsen mit der Teilchenmasse – wie für das Higgs-Boson erwartert! Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Produktionsraten von SM-Teilchen Alle SM-Prozesse über viele Größenordnungen bestätigt Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) ✓ 13.05.2015 | Karlsruhe Keine weiteren neuen Teilchen gefunden Gibt es sie nicht ? Oder sind sie nur zu schwer für LHC Phase 1 ? Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Das Standard-Modell ist komplett – 12 Teilchen – 3 Kräfte (=Wechselwirkungen) – 1 Higgs-Boson und ganz viel „Symmetrie“ – wie in klassischer Mechanik: Energie-, Impuls- und DrehimpulsErhaltung aus Symmetrien bzgl. Raum und Zeit – Materie ↔ Antimaterie – „Eichsymmetrie“ erklärt die Eigenschaften der elektromagnetischen, schwachen und starken Kräfte es bleiben aber noch offene Fragen … Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Wie geht es weiter ? Es bleiben Fragen: - ist es das Higgsboson des Standardmodells ? → Präzisionsmessungen seine Eigenschaften - oder ist es eines von mehreren ? → Suche nach weiteren Higgs-artigen Teilchen - die Verbindung zur Kosmologie: koppelt das Higgs an „dunkle Materie“ ? → Suche nach „unsichtbaren“ Higgs-Zerfällen ES geht weiter, der LHC ist nach einer Wartungs- und Verbesserungsphase - wieder in Betrieb ! eines der ersten im Jahr 2015 von CMS aufgenommenen Ereignisse Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Standardmodell der Teilchenphysik auf triumphale Art bestätigt, aber das Standardmodell erklärt nicht alles, es gibt viele offene Fragen aus der Kosmologie: – Quantenmechanische Version der Gravitation ? – Materie-Antimaterie-Asymmetrie im frühen Universum ? – Dunkle Materie ? – Dunkle Energie ? – … (das Unerwartete ?) Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Unbekannte Form(en) von Materie !? Im Sonnensystem gilt Keplers Gesetz Rotationsgeschwindigkeit von Sternen in Galaxien nicht durch „sichtbare“ Materie erklärbar ⇒ dunkle Materie ! dunkle Materie = keine elektromagnetische oder starke Wechselwirkung Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Was ist „Dunkle Energie“ Unser Universum dehnt sich aus – und zwar mit zunehmendem Alter immer schneller ! Dunkle Materie Dunkle Materie & Dunkle Energie Dunkle Energie “Dunkle Energie(*)“ treibt es auseinander ! (*) dunkle Energie = die Konstante λ in Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie Was steckt teilchenphysikalisch dahinter ? Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Woraus besteht das Universum? Astronomen und Astrophysiker werden die Verteilung der dunklen Materie aufklären Der LHC wird dunkle Materie vielleicht erzeugen und ihre Natur aufklären. Steckt auch hinter der „dunklen Energie“ ein Elementarteilchen ? Dunkle Materie im Visier AMS-02-Spektrometer auf der ISS ATLAS & CMS ? SM DM SM DM Teilchenphysik: Erzeugung von DMTeilchen Kollisionen Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) direkte Suche: Streuung von DM - Teilchen Astro-Teilchenphysik: Annihilation von DM z.B. Edelweiss KIT ist an allen drei Stellen dabei 13.05.2015 | Karlsruhe Offene Fragen für den LHC Woraus besteht das Universum ? Was geschah beim Urknall ? Gibt es SuperSymmetrie ? QCD Top ? Ursprung der TeilchenMassen Warum gibt es überhaupt (noch) Materie ? Glueballs? Woraus besteht die „Dunkle Materie“? W'? Z' ? Z Woraus haben sich Protonen gebildet ? W Bs t' ? Was ist „Dunkle Energie“? ? Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe Resumé mit der Entdeckung des/eines Higgs – Bosons – ist das Standardmodell der Teilchenphysik vollständig ein bemerkenswerter Triumph einer theoretischen Idee – beantwortet aber nicht alle Fragen: * Gravitation nicht enthalten ?? Dunkle Materie und dunkle Energie ?? Materie-Antimaterie-Asymmetrie im Universum ? ?? Lepton – Quark - Symmetrie ?? Begrenzung von Quanten-Korrekturen bei hohen Energieskalen Es gibt wohl ein Higgs-Feld ! Doch was ist jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik ? Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Weitere Informationsquellen: www.teilchenwelt.de - - - - - - - - - - Netzwerk Teilchenwelt – Organisation von „Masterclasses und Workshops“ www.teilchenphysik.de - - - - - - - - Linksammlung zur Teilchenphysik www.weltmaschine.de - - - - - - - - - - -Deutsche Seiten zum LHC www.weltderphysik.de - - - - - - - - - Physik allgemein (BMBF, DPG) http://cern.ch/PhysicsTeaching - Web-Seiten des CERN zur Lehrerfortbildung http://www.leifiphysik.de/ - - - Physik für Lehrer, jetzt auch mit Teilchenphysik www.cern.ch (englisch) - - - - Web-Seiten des CERN in Karlsruhe: 27. Juni – 2. Juli, EFFEKTE 2015 „Wissenschaft hautnah erleben“ „Physik am Samstag“ etc. an verschiedenen Universitäten, auch am KIT http://www.physik.kit.edu/Aktuelles/Physik_am_Samstag (am 20.6., 27.6 u. 4.7.) Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe The END Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Bonusmaterial Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Supersymmetrie zwischen „Bosonen“ und „Fermionen“ Zwei Teilchensorten: Fermionen= Materieteilchen (Elektron, Proton, Neutron, Myon, Neutrinos, ... ) Bosonen = Kraftteilchen Bosonen sind „sozial“, alle eng zusammen z.B. Laser-Licht (Photon, Gluon, W, Z, [Graviton], [Higgs], ... ) ? ? ? ? ? gibt es auch „soziale“ ? Materieteilchen, z.B. ? Elektron, das nicht ? dem Pauli-Prinzip ? gehorcht ? ? Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) Fermionen sind „anti-sozial“, nie zwei im gleichen Raum → „Pauli-Prinzip“ 13.05.2015 | Karlsruhe Ist Supersymmetrie die Lösung ? Supersymmetrie ordnet jedem Teilchen einen Partner zu: Boson ↔ Fermion Leichtestes supersymmetrisches Teilchen ist - stabil - elektrisch neutral - nicht stark-wechselwirkend? Ist das die dunkle Materie !? SuSy kann weitere Probleme des Standarmodells lösen: - Verbindung zur Gravitation - Brücke zur „Urkraft“ Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Verborgene Raumdimensionen ? Aus der Ferne: Seil ist 1-dim Objekt Ameise nimmt es als Oberfläche wahr – 2. Dimension ist „aufgerollt“ Struktur bei hoher Vergrößerung deutet auf dritte Dimension hin Unser dreidimensionaler Raum eingebettet in höherdimensionalen Raum ? Brane-Modell: Gravitation breitet sich in allen Dimensionen aus - wird bei kleinen Abständen schnell stärker (~r1-n) Ist unser Raum auch bei Abständen von 10-19 m noch dreidimensional? Werden wir „starke“ Gravitation (=Grativon-Produktion) sehen ? . . . Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Was ist „dunkle Energie“ ? Messung der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung mit dem WMAP-Satelliten “Echo des Urknalls“ Blick zurück in die Zeit, als das Universum druchsichtig wurde (Alter 380'000 Jahre, Temperatur 3000 K) Kleinste Temperaturschwankungen der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung von 2,7 K geben Hinweis auf Inhomogenität des frühen Universums → Existenz von ~25% dunkler Materie und 70% „dunkler Energie“* Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe Vereinigung aller Kräfte ? Kopplungsstärke zwischen Teilchen ändert sich mit dem Abstand: „Virtuelle Teilchen“ schirmen „nackte Ladung“ ab (sog. „Vakuum-Polarisation“) elektrische Ladung wird bei kleinen Abständen stärker ! Effekt der „Quantenelektrodynamik“, modifiziert auch Coulomb-Gesetz beim Wasserstoff bei kleinen Abständen wird die schwache Kraft stärker, die starke Kraft schwächer Vereinigen sich alle Kräfte bei hohen Energien (=kleinen Abständen) zu einer „Urkraft“ ? Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe btw:mass of the proton ... … has a different explanation: Proton is not a fundamental particle, – valence quarks – sea quarks – gluons bound in volume of radius ~10-15 m but consists of quarks and gluons proton mass: 938 MeV/c2 rest mass of valence quarks: ~10 MeV/c2 only ~ 1% due to valence quark masses, rest is kinetic and binding energy. Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Particle masses in the standard model Standard model based on ”local gauge invariance“ Electrodynamics can be deduced from this principle → model for weak and strong interactions simplified: elektrodynamics: one electric charge weak interaction: two weak charges (weak isospin ↑↓) strong interaction: three (colour) charges (r g b) Symmetry SymmetryGroup GroupU(1) U(1)xxSU(2) SU(2)xxSU(3) SU(3) Problem: Weak bosons have mass, which cannot be put „by hand“ because gauge symmetry would be destroyed theoretical trick: Introduction of a scalar, (complex) field, with ground state breaking gauge symmetry „Higgs potential“ Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Higgs in the Standard Model Higgs Boson prevents divergencies without Higgs boson: additional diagrams with Higgs boson: → H H Cross section of WW scattering remains finite Higgs boson must not be too heavy: < ~1 TeV/c² Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Theoretical bounds on Higgs Mass Higher order, i.e. loop diagrams with Higgs bosons, limit – within the SM – the allowed region of MH for processes of very high energies: – large Higgs mass: Higgs self coupling becomes strong, break-down of perturbation theory – small Higgs mass: negative contribution to Higgs potential → unstable vacuum ! → beyond an energy scale new physics must exist, or our „Vacuum“ is unstable (could be „meta-stable“ ...) → corridor of preferred Higgs masses in Standard model Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.05.2015 | Karlsruhe Offene Fragen für den LHC Woraus besteht das Universum ? Was geschah beim Urknall ? Gibt es SuperSymmetrie ? QCD Top ? Woher kommt die Masse ? Warum gibt es überhaupt (noch) Materie ? Glueballs? Woraus besteht die „Dunkle Materie“? W'? Z' ? Z Woraus haben sich Protonen gebildet ? W Bs t' ? Was ist „Dunkle Energie“? ? Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) 13.95.2015 | Karlsruhe Offene Fragen Woraus besteht das Universum ? Gibt es Supersymmetrie? Woher kommt die Masse ? Warum gibt es überhaupt (noch) Materie? Woraus besteht die „Dunkle Materie“ Was geschah bei (oder kurz nach) dem Urknall Woraus haben sich Protonen gebildet ? Prof. Dr. G. Quast, KIT (Universitätsbereich) Was ist „Dunkle Energie“ 13.95.2015 | Karlsruhe