Referat Barbara Egger-Jenzer, Regierungsrätin

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REFERAT (ca. 10 min)
Referent/in
Frau Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer
Thema/Anlass
Eröffnung Umfahrung Worb/Hochwasserschutz Richigen/Worb
Datum/Zeit
Mittwoch, 14. September 2016; 10.00 – 11.30 Uhr
Ort
Worb, Wisletunnel (Notausstieg)
Besammlung: Installationsplatz Kreisel Rubigenstrasse
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Gemeindepräsident Gfeller
Sehr geehrte Damen und Herren
Sehr geehrte Medienschaffende
Ich begrüsse Sie hier im Wislentunnel und danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie zu dieser Medienorientierung gekommen sind.
Am Samstag wird in Worb ganz gross gefeiert. Es hat fast 30 Jahre gedauert, aber jetzt ist es
so weit: Worb wird vom Durchgangsverkehr entlastet. Wenn Sie die Verkehrszahlen anschauen, bekommen Sie ein Bild davon, was das konkret für die Menschen bedeutet, die hier leben.
Sie finden die genauen Zahlen in Ihren Unterlagen.
Ganz grob zusammengefasst kann man sagen, dass durch die Bahnhofstrasse hier in Worb
heute fast so viele Autos fahren wie im Schnitt durch den Gotthardtunnel.
Nach der Eröffnung der Umfahrung, meine Damen und Herren, werden wir auf der Bernstrasse und auf der Bahnhofstrasse spürbar weniger Verkehr haben und nach der Umgestaltung
der Strassen bis zu 80 Prozent weniger.
Das ist ein sehr grosser Unterschied und ein enormer Gewinn an Lebensqualität. Und darüber freuen sich nicht nur die Worberinnen und Worber, darüber freut sich auch die Verkehrsdirektorin des Kantons Bern.
Mein oberstes politisches Ziel ist es ja, die Mobilitätsströme nachhaltig zu bewältigen, das
heisst: so dass weder die Menschen noch die Umwelt noch die Wirtschaft zu Schaden
kommen.
Soeben hat das Bundesamt für Raumentwicklung die neuesten Verkehrsprognosen veröffentlicht. Die Studie sagt uns zwar eine leichte Verschiebung zugunsten des öffentlichen Verkehrs
bis im Jahr 2040 voraus. Es sieht also danach aus, dass sich unsere Investitionen in den öV
auszahlen und wir mit unseren Ausbauten und Finanzierungsmodellen auf dem richtigen Weg
sind. Das ist sehr erfreulich.
Aber die Studie zeigt, dass der Strassenverkehr ebenfalls zunehmen wird. Zwar deutlich
weniger als der öV (der 51 Prozent wachsen wird), aber trotzdem: 18 Prozent! Das dürfen wir
nicht ignorieren. Konkret und auf Worb bezogen sieht die Verkehrszunahme nämlich so aus:
Schon vor dreissig Jahren war klar, dass Worb eine Umfahrung braucht. Schon damals war
das Dorfzentrum eine Drehscheibe für den Strassenverkehr aus dem Emmental, dem Aaretal
und Bern. Bis zur Messung im Jahr 2010 hatte sich der Verkehr auf der Bahnhofstrasse dann
gegenüber dem Jahr 1990 mehr als verdoppelt. Und seither kommen jeden Tag ein paar Autos mehr dazu.
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Ohne Umfahrung, meine Damen und Herren, würden die Menschen, die hier wohnen, im
wahrsten Sinn des Wortes überrollt. In so einem Fall darf man sich nicht auf ideologische Positionen kaprizieren und tatenlos zuschauen, wie die Lebensqualität sinkt. Reflexartig Strassen verteufeln bringt uns nicht weiter.
Meine Haltung ist, dass nicht nur der öV, sondern in spezifischen Fälle auch gute und sinnvolle Strassenprojekte die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen können. Das ist übrigens auch die
Philosophie der Agglomerationsprogramme des Bundes, die uns seit ungefähr zehn Jahren
bei der Finanzierung von öV- und von Strassen-Projekten helfen – unter der Bedingung,
1. dass sie dazu beitragen, die Zersiedelung zu stoppen,
2. dass sie die Siedlungsentwicklung und die Verkehrsanbindung koordinieren und auf den
öffentlichen Verkehr abstimmen und
3. dass sie einen grösseren Fokus als nur gerade auf die eigene Gemeinde haben und unter
dem Strich zu mehr Lebensqualität für Viele führen.
Die Umfahrung Worb erfüllt diese Kriterien. Darum ist das Projekt vom Bund als sinnvolles
Agglomerationsprogramm anerkannt und zu einem Drittel mitfinanziert worden. Allein hätte es
der Kanton finanziell nie stemmen können. Ich hoffe – erlauben Sie mir diese Bemerkung –
dass auch die Umfahrungen im Emmental und Oberaargau, die wir im Kanton zurzeit planen,
vom Bund mitfinanziert werden.
Natürlich löst sich der Verkehr nicht in Luft auf. Dazu braucht es andere Massnahmen. Aber
das Dorf ist dem Verkehr nicht mehr wehrlos ausgeliefert. Und das ist eben auch ein ganz
wichtiges Kriterium. Wir dürfen nicht vergessen: In Worb hat es immer wieder Unfälle gegeben, auch schlimme. Die Luft ist schlecht. Die Lärmgrenzwerte werden überschritten. Am
nächsten Samstagnachmittag hat das alles ein Ende und die Umfahrungsstrasse geht auf.
Die Worberinnen und Worber haben lange warten müssen. Das Projekt ist nicht nur einmal,
sondern mehrmals verzögert worden. Es gab Einsprachen, Beschwerden, die Finanzierung ist
nicht auf Anhieb gelungen, neue Wünsche kamen dazu, später beim Bau dann auch unerwartete geologische Probleme. Unter dem Strich können wir aber sagen: Was wir jetzt haben,
ist deutlich besser als was vor dreissig Jahren geplant wurde.
Zentral sind sicher die zwei Tunnel und die Kombination mit dem Hochwasserschutz bei der
Worble. Wir haben somit nicht nur die Verkehrsflut gedämmt, sondern auch die Wasserflut –
Herr Gfeller wird dazu mehr sagen. Ganz wichtig ist auch der deutlich bessere Schutz für die
Velos auf der Richigenstrasse. Das war mir ganz besonders wichtig wegen dem Schulweg.
Leider hat es eine Kostenüberschreitung gegeben. Das hat einerseits mit der Projektanpassung zugunsten des Veloverkehrs zu tun. Hauptsächlich aber mit der unerwarteten Geologie
beim Wislentunnel. Hier ist der Felsen bereits früh in der Planungsphase gründlich untersucht
worden. Aber beim Bauen stellte sich dann heraus, dass es mehr teuren Felsabbau brauchte
und mehr Massnahmen für die Sicherung der Baugrube. Die Gesamtkosten liegen nun teuerungsbereinigt bei 73,7 Millionen Franken. Das ist nicht billig. Aber der Mehrwert, den wir bekommen ist bedeutend.
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Wir bekommen eine effizientere Mobilität. Denken Sie schon nur an die Kosten der Staustunden!
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Wir fördern die wirtschaftliche Entwicklung in der Region. Der Entwicklungs-Schwerpunkt Worbboden hat eine neue Haltestelle an der S-Bahn-Linie7 und einen direkten Anschluss an die Autobahn A6. Das verstehe ich unter koordinierter Verkehrs- und Raumplanung.
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Entwicklungs-Schwerpunkte, so genannte ESP, haben ein enorm wichtiges wirtschaftliches Potenzial für jede Region, weil sie Investitionen und Unternehmen anziehen, weil sie
Steuersubstrat und Arbeitsplätze bringen, und zwar vor Ort. Im besten Fall bringen sie
Wohnen und Arbeiten näher zueinander und tragen so dazu bei, unnötigen Arbeitsverkehr
zu vermeiden.
Das ist ganz im Sinn der Verkehrspolitik des Kantons Bern. Unsere Philosophie ist: Wir
wollen primär Verkehr vermeiden. In zweiter Linie wollen wir Verkehr in naturverträglichere Bahnen verlagern. Und den Verkehr, der schliesslich auf der Strasse bleibt, wollen
wir verträglicher machen.
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Der dritte Mehrwert ist die Lebensqualität, welche die Umfahrungstrasse Worb für die
Menschen bringt.
Lebensqualität für möglichst Viele: das muss das Ziel von allem sein, was die Politik
plant. In Worb können wir sagen: Es wird in Sachen Lebensqualität einen Quantensprung
geben.
Wie geht es weiter?
Der erste Teil des Projektes ist nun abgeschlossen. In den kommenden zwei Jahren wird das
Dorfzentrum umgestaltet. Das ist eine grosse Chance und viele Ortschaften beneiden Worb
darum. Nicht wahr, Strassenraum ist ja nicht gleich Strassenraum. Je nach Gestaltung,
Tempo-Limiten, Sperrungen, Teilsperrungen oder anderen flankierenden Massnahmen wird er
mehr oder weniger zu einer Flanierzone.
Ich bin gespannt, wie die Worberinnen und Worber diese nächste Etappe in Angriff nehmen
und übergebe nun gerne das Wort an den Worber Gemeindepräsidenten Niklaus Gfeller.
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