Fortbildung Sportpsychologie: Kommunikation & Lernen BLV-Trainertagung am 5.3.2005 in Oberhaching Dipl.-Psych. Jan-Gerrit Keil [email protected] “mein Hintergrund” • seit 1992 Leichtathletik-Trainer und Coach von in der LG NORD Berlin (zur Zeit Sprint/Sprung weiblich) • 1994-1999 Psychologiestudium an der TU Berlin • 1997-1998 A-Trainer-Ausbildung Leichtathletik • 1999-2001 WiMi in Pädagogischer Psychologie an der Universität Potsdam • ab 2001 WiMi am Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie der TU Berlin • ab 2003 Leistungssportwart des Berliner Leichtathletik-Verbandes • ab 2003 asp/bdp-Sportpsychologe Gliederung Begrüßung & warm up n Kommunikationsmodelle und Feedbackstrategien n Kommunikationsübungen Pause 13.30-14.30 n Lernmodelle n Lernexperimenten n Fragen und Feedback n Unsere Chance: WM 2009 !!! Was ist Sportpsychologie ? Ψ die Wissenschaft vom Verhalten & Erleben Definition: Sportpsychologie (Lexikon der Psychologie, 2002) n Sportpsychologie befaßt sich in Forschung, Lehre und Anwendung mit der Analyse und Optimierung der psychischen, psychosomatischen und psychosozialen Bedingungen, Abläufe und Wirkungen sportbezogener Aktivität. Oder einfacher ausgedrückt: Das Problem mit dem Kopf!!! …meist macht die Sportpsychologie Negativschlagzeilen Was ist Kommunikation ? Was ist Kommunikation ? Was ist Kommunikation ? Was ist Kommunikation ? Was ist Kommunikation? Sender-Empfänger-Modell (Shannon, 1948) Sprache: Semantik (Zeichenbedeutung), Syntaktik (Grammatik), Pragmatik (Zeichenumgang) 5 Kommunikationsaxiome Watzlawick, Beavin & Jackson (1967) 1. 2. 3. 4. 5. Man kann nicht nicht kommunizieren Jede Kommunikation hat einen Inhaltsund einen Beziehungsaspekt Menschliche Kommunikation ist nicht in Kausalketten auflösbar Menschliche Kommunikation geschieht digital (Sprache) und analog (Ausdruck) Es gibt symmetrische und komplementäre Kommunikation Kommunikation Einseitig vs. zwei-/ mehrseitig n Verbal vs. non-verbal n Digital vs. Analog n Denotation vs. Konnotation (Gesicht vs. Fresse) n Vokal vs. parasprachlich, nonvokal (Mimik, Gestik, Blickkontakt, äußere Erscheinung, Intonation, seufzen, Lachen etc.) n Kommunikation mit Gruppen Teambuilding Themenzentrierte Interaktion – TZI nach Ruth Cohn (1975) Thema Ich Globe Dynamische Balance Axiome der TZI: Menschen sind psychobiologische Wesen, deren vergangene Erfahrungen und künftige Vorwegnahmen Wir sich auf der Nadelspitze des Hier-und-Jetzt treffen Themenzentrierte Interaktion – TZI nach Ruth Cohn (1975) Thema Ich Globe Axiome der TZI: Der Andere als Sinn der Ich-Fähigkeit, erst Autonomie und Interdependenz zusammen machen den ganzen Menschen aus. Nur wer „ich“ Wir sagen kann, kann auch echt in Verbindung stehen. Postulate und Regeln der TZI für Gruppenkommunikation nach Ruth Cohn (1975) Be your own Chairman: trage Verantwortung für dein Verhalten, nimm dich bewusst selbst wahr. n Störungen haben Vorrang! n Versuche dir bewusst zu werden, was du wirklich sagen willst, nicht was von dir erwartet wird n State yourself – speak yourself: sprich per „ich“ nicht per „man“ n Beobachte deine Körpersprache und die der anderen n Postulate und Regeln der TZI für Gruppenkommunikation nach Ruth Cohn (1975) One at time please: es sollte immer nur einer reden n Seitengespräche haben Vorrang und gehören in die Gruppe! n Wenn du eine Frage stellst, sage zu erst was sie dir bedeutet. n Vermeide die Interpretation anderer so lange wie möglich! Offenbare deine Empfindungen und Reaktion dazu. n Vermeide Generalisierungen! n Gruppendynamik (Tuckman, 1965) n Forming: Kennenlernen n Storming: Konfrontation & Konflikt n Norming: Festigung & Regeln n Performing: Kreativität & Leistung Team-Mathematik in einer durchschnittlichen Gruppe addieren sich die Einzelpotenziale in einer schlecht funktionierenden Gruppe subtrahieren sich die Kräfte in einem wirklich guten Team multiplizieren sich die Kräfte - Hellpachsches Nivellierungsphänomen - Ringelmann-Effekt (repliziert von Ingham, 1974) - Köhler-Effekt (leicht unterschiedliche Gruppen verbessern sich) Exkurs: Führung im Sport n Training hat immer etwas mit führen und geführt werden zu tun n Als Trainer wollen wir unsere Athleten zum Erfolg führen n Führen bezieht sich immer entweder auf die Aufgabe oder auf die Person Definition von Führung n „Die Beeinflussung der Einstellungen und des Verhaltens von Einzelpersonen sowie der Interaktionen in und zwischen Gruppen, mit dem Zweck, bestimmte Ziele zu erreichen.“ (Staehle, 1999, S. 328) Charismatische Führung n Die wichtigsten Wirkungen charismatischer Führung nach House (1985) sind: charismatische Führer leben überzeugend und mitreißend vor, wofür es sich lohnt zu leben und zu arbeiten, damit sind sie Vorbilder, sie wecken neue höhere Motive in den Geführten, sie vertrauen ihnen und steigern damit ihr Selbstvertrauen. Die situationale Führungstheorie von Hersey & Blanchard (1977) Veränderungsprozesse Veränderungsprozesse sollten die Intelligenz des Systems nutzen • Top down Der Grad der Partizipation reguliert den Widerstand und erhöht das Commitment Veränderung • Bottom up • Bottom up Veränderungen (machen Angst und sind oft unbequem) Wie erreiche ich Veränderungen? Veränderungszone Risiko wilder Spaß/Erfolg Komfortzone: Ruhe, Sicherheit, Zufriedenheit, Langeweile Chaos/Unsicherheit Schmerz Veränderungsprozesse benötigen die richtige Einstellung n n n Das Wasserglas: sieht man es halb voll oder halb leer; es ist in jedem Fall dasselbe Glas, aber welcher Mensch wird es beim Trinken mehr genießen? Martin Luther: „und wenn morgen die Welt untergeht, dann würde ich heute noch einen Apfelbäumchen pflanzen“ Die Hummel: Sie weiß auch nicht, dass sie nach den uns bekannten Gesetzen der Aerodynamik gar nicht fliegen kann, sie fliegt einfach. Veränderungen (benötigen eine Initialzündung) Quaken ist einfacher n die Masse ist träge als n Veränderungen schaffen Widerstand Handeln! um die Masse zu bewegen, benötigt ihr einen DOMINO-EFFEKT - ihr müsst der erste Stein sein, der kippt n gemeinsam seid ihr stärker als alleine, ihr braucht Verbündete n Veränderungen kommen nicht von heute auf morgen n n Veränderungen müssen gebahnt werden: nur der stete Tropfen höhlt den Stein Veränderungen sind wie Trampelpfade: je öfter man sie geht, desto mächtiger werden sie Veränderungen werden oft erst über die Zeit erkennbar Veränderungen müssen aber zur richtigen Zeit geschehen! Wie erreiche ich nun konkrete Veränderungen? 1. Ich muss meine Ansprüche erhöhen 2. Ich muss meine alten Überzeugungen und Glaubenssätze über Bord werfen 3. Ich muss eine Strategie suchen 4. Ich brauche Zielklarheit und Durchhaltevermögen Veränderungsprozesse benötigen Ziele „Ein Mann mit einer Überzeugung ist stärker als 99 Leute mit Interessen“ (J. S. Mill) n „Wer nicht weiß, wo er hin will, wird sich wundern, dass er ganz woanders ankommt“ (M. Twain) n „Sobald der Geist auf ein Ziel gerichtet ist kommt ihm Vieles entgegen“ (J. W. Goethe) n Das Ziel ist der Weg!!! Zielsetzung (nach Whitmore, 1992) n Gute Ziele sind SMART: – Specific (spezifisch) – Measureable (messbar) – Attainable (erreichbar) – Relevant (relevant) – Time phased (zeitlich gegliedert) Was ist ein Ziel ? n n n Ziele sind das was Menschen auf Grund äußerer Vorgaben oder eigener Vornahmen durch Handlungen zu erreichen versuchen Optimale Ziele stellen eine Herausforderung dar ohne zu überfordern Optimale Ziele werden über Zwischenziele und kontinuierliches Feedback erreicht Folie von Falko Reinberg: am 17.5.2002 http://www.psych.uni-potsdam.de/people/rheinberg/files/FlowErlebenVortrag/sld007-b.html Verändern wollen heißt Verantwortung zu übernehmen n n Nur wenn ich die volle Verantwortung für mich und meine Ziele übernehme, erlange ich Macht über mich selbst und andere. Erst wer die Schuld für die Missstände nicht mehr beim anderen sucht, ist auf dem Weg zum Ziel. Wer große Veränderungen will, muss mit Fehlern und Rückschlägen rechnen. Ohne Fehler kann es keinen Fortschritt geben! Fehler sind deine Freunde, sie zeigen dir, was du besser machen kannst. Fehler sind deine Freunde! n n n n Ohne Fehlern kein lernen! Fehler sind ein Zeichen der Überforderung! Fehler sind die Folgen von Übermüdung! Fehler sind nicht intentional! (Bsp. Team Junioren EC in Ostrava 2004) Brainstorming (man muss viele Frösche küssen, ehe der richtige dabei ist) n n n n n n n n n n Ideen zunächst alleine sammeln! Es zählt die Masse an Ideen, nicht die Klasse! Keine vorschnelle Kritik! Denkverbote gibt es nicht! Jede Idee zählt! Neugierig sein! Fehler riskieren! Undenkbares denken! Wilde Vorstellungen vertreten! Flexibel sein, bekannte Wege verlassen! Die Dinge verhalten sich nicht immer so, wie sie an der Problemoberfläche scheinen Typische Kreativitätskiller 1. Sicherheitsdenken, geringe Fehlertoleranz 2. Konkurrenzdruck 3. Erwartungsdenken 4. Belohnungen 5. Sprunghaftigkeit 6. Zeitdruck 7. Selbstzufriedenheit 8. Gleichgültigkeit, Desinteresse 9. Mangelndes Selbstbewusstsein Dann mal eine kurze Unterbrechung! Johari-Fenster (Luft & Ingham, 1955) anderen bekannt mir bekannt mir unbekannt A Freies Handeln (öffentliche Person) C Blinder Fleck anderen unbekannt B Verbergen (Privatperson) D Unbekanntes Johari-Fenster (Luft & Ingham, 1955) anderen bekannt mir bekannt mir unbekannt A Freies Handeln (öffentliche Person) C Blinder Fleck anderen unbekannt B Verbergen (Privatperson) D Unbekanntes Kommunikation: 4 Ohren-Modell Schultz von Thun (1998): n 4 Seiten einer Nachricht – Sachinhalt – Beziehungsinhalt – Selbstoffenbarung – Appell Klientenzentrierte non-direktive Gesprächsführung (Rogers, 1957) n Humanistischer Ansatz: Ziel ist die Selbstverwirklichung im Sinne der fully functioning person n 3 Basisvariablen: – Nicht-wertendes Verstehen/ Empathie – Unbedingte Wertschätzung – Echtheit: Authentizität, Selbstkongruenz und Transparenz Klientenzentrierte non-direktive Gesprächsführung (Rogers, 1957) Gesprächstechniken des aktiven Zuhörens n Verbalisierung des Beziehungsinhalts – Technik des Spiegelns – „da hast du dich gefühlt, als ob ...“ n Paraphrasieren des Sachinhalts: – „habe ich dich richtig verstanden, wenn...“ Kurzübung zum Spiegeln Finde Wörter, die das genannte ausdrücken! Welche Worte würden dem Gegenteil entsprechen? Sich geborgen fühlen n Völlig leer sein n Hoffnungsvoll sein n Nichts leisten können n Träge sein n Zufrieden sein n Schmerz verspüren n Gesprächshemmer n n n n n n n n Befehlen Vorwürfe machen („du hast...“) Vorschnelles Bewerten („da sieht man mal wieder...) Abwerten, nicht ernst nehmen Von sich reden („Ich habe immer...“) Geschlossene Fragen („Ja oder Nein?“) Vorsicht mit Lebensweisheiten und Ratschlägen (Ratschläge sind auch Schläge!) Vorsicht mit Ironie Gesprächsförderer n n n n n n n n n Blickkontakt Paraphrasieren Spiegeln Gefühle ansprechen Zusammenfassen und auf den Punkt bringen In Beziehung bringen Nachhaken Wünsche explizieren Humor Lösungsfokussierte Kommunikation Lösungsfokussierte Kommunikation n Pragmatische Grundannahme: – Menschen sind Experten ihrer Leben, sie besitzen die Ressourcen und Kompetenzen zur Lösung ihrer Probleme in sich – Kanfer (kognitive VT): Menschen sind immer motiviert, die Frage ist wozu? n Haltung des Coaches: – – – – Professionelle Zurücknahme Nicht-Wissen als Methode Ziel- und Lösungsorientierung Fokussierung auf das Hier und Jetzt Lösungsfokussierte Kommunikation: Fragetechniken n Zielfragen/ Bewältigungsfragen: – Was ist das Ziel? – Was ist der nächste Schritt dahin? – Was tust du jetzt dagegen? n Konkretisierungsfragen – Generalisierungen aufdecken n „ist es wirklich immer so schlimm...“ – Ausnahmen herausarbeiten n „wann war es nicht so schlimm, was war da anders? Lösungsfokussierte Kommunikation: Fragetechniken n Skalierungsfragen (Unterschiede explizieren): – – – – n Wie groß ist dein Problem auf einer Skala von 1-10? Ab welcher Zahl wäre es erträglich? Wie nah bist du dem Ziel auf einer Skala von 1-10? Wie käme man von einer 5 auf eine 6? 2 3 4 5 6 7 8 9 Wunderfragen – Woran würden andere erkennen, dass dein Problem gelöst ist, wenn es plötzlich nicht mehr da wäre? – Was wäre anders, wenn über Nacht die Fee dein Problem gelöst hätte? Optimales Feedback geben Ich-Botschaften verwenden n Verhaltensbasiert statt Personenkritik n Konkret statt abstrakt n Konstruktiv und lösungsorientiert n Kurz und prägnant n Besser öfter wenig als selten viel n Optimales Feedback geben Bewegungsfeedback: nur sichere Informationen geben, falsches Feedback führt zum Fehlerlernen n Direkt statt indirekt n Erst Lob, dann Kritik n Der richtige Zeitpunkt n Positive Formulierungen, keine Verneinungen n Auch Feedback-Feedback für sich selber einholen n Feedback bekommen n Höre zu und nimm das Feedback erst einmal an! n Frage nach, aber beginne nicht zu argumentieren oder Dich zu verteidigen. n Vermeide ein „Ja, aber...“ Bis hierhin noch Fragen, Kritik, Anträge, Wünsche, Bitten, Beschwerden...? Mittagspause Was ist Lernen ? Lernen und Gedächtnis sind untrennbar miteinander verbunden. Durch Kodierung, Speichern und Abruf von Informationen (=Gedächtnis) kann ein vorangegangenes Geschehen zukünftiges Verhalten beeinflussen (=Lernen). Das Gelernte wird wieder im Gedächtnis gespeichert. (Schandry, 2003) Was ist Lernen ? Lernen ist nicht immer gleich Verhalten: Unterscheidung von Kompetenz und Performanz (Munzert & Singer, 2000) Ø Ø „Nichts ist praktischer als eine gute Theorie“ (Kurt Lewin) Es gibt viele Lerntheorien! Es gibt viele Gedächtnistherorien Das Nervensystem (nach Pinel, 1997) Gehirn ZNS Rückenmark Afferenzen NS Somat. NS PNS Veget. NS (autonm.) Efferenzen Afferenzen Parasymp. NS Efferenzen Sympath. NS MultispeicherModell (Atkinson & Shiffrin, 1968) n n n Sensorisches Register bis 400ms visuell und 4s akustisch Kurzzeitgedächtnis bis 15s Langzeitgedächtnis für immer Modell der Verarbeitungstiefe (Craik & Lockhart, 1972) n n es gibt nur einen Speicher je elaborierter ein Reiz verarbeitet wird, desto besser wird er behalten 1. Einfaches Wiederholen (Rehearsel z. B. bei Telefonnummern) 2. Elaborative Verarbeitung (z. B. semantisch oder phonemisch) Netzwerkmodelle n n n n Das semantische Wissen liegt in verknüpften Netzwerken vor, die aus Propositionen (z. B. Vogel) und Relationen (kann fliegen, ist ein Tier) bestehen Hierachisches Netzwerk (Collins & Quillian, 1972) Modell der sich ausbreitenden Aktivierung (Collins & Lofthus, 1975) Fragen: – semantische vs. ikonografische Propositionen – Explizites vs. implizites Wissen Wissenrepräsentationen n n n n Explizites Wissen: sprachlich artikulierbar, verstandesabhängig, sequentiell vorliegend Implizites Wissen: nicht artikulierbar, erfahrungsabhängig, gleichzeitig vorliegend Tacid Knowledge (Polanyi, 1966) Know How und Know that (Dreyfus & Dreyfus, 1987) ACT-Modell von Anderson (adaptive controll of thought) n Deklaratives vs. prozedurales Wissen n Deklarativ: Sachwissen, wie explizit, wird aber in episodisch (biographisch bedeutsames) und semantisch (allg. Schemata) unterschieden Prozedural: Handlungswissen, wenndann-Regeln n Heute: neuronale Netze und konnektionistische Modelle n n Die Informationsverarbeitung verläuft parallel und überlappend, nicht wie früher angenommen seriell und streng hierarchisch Die Informationsverarbeitung erfolgt gleichermaßen bottom up (data driven) und top down (schema driven) Neuere Modelle (Lexikon der Psychologie, 2002) Anzahl der Wiederholungen, die man für das Erlernen einer unterschiedlich langen sinnlosen Silbenliste Für die 5-fach längere benötigt Liste, wird die 55-fach längere Zeit zum Lernerwerb benötigt 10 20 30 40 50 60 Wdh. Lernkurve (Ebbinghaus, 1885) 1 - Lernen kostet Zeit 7 12 16 24 36 Silben Retentions- o. Vergessenskurve (Ebbinghaus, 1885) fehlerfreie Wiedergabe Vergessen als Prozess in der Zeit durch Zerfall der Information LZG 20% 40% 60% 80% KZG 1h 8h 24h 48h 5 Tage Vergessenskurve im KZG Wiedergabe von sinnlosen Konsonanten-Trigrammen mit Distraktoraufgaben Anzahl reproduzierter Buchstaben 20% 40% 60% 80% (Peterson & Peterson, 1959) Distraktor: von 491 an für verschieden lange WiedergabeIntervalle rückwärts zählen 3s 6s 9s 12s 15s 18 Sek. The Magical Number 7 +/-2 (Miller, 1956) n Bitte die folgende BuchstabenZahlen-Reihenfolge so gut merken wie möglich 3355HH77AA88FFQQ2211MMPP44RR7799 Das Problem mit der Verneinung n Lesen sie das folgende Wort bitte nicht unmöglich n Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten Großmeister Anzahl der weidergegebenen Figuren 4 8 12 16 20 24 Chunking im Schach (Chase & Simon, 1973) Anfänger Wie oft mussten die Spieler auf´s Brett schauen, um die Stellung nachzustellen 1 2 3 4 5 6 7 Versuche Serielle Positionskurve (Glanzer & Cunitz, 1966) n Bitte die folgenden 20 Begriffe ohne Hilfsmittel so gut wie möglich merken n Danach erfolgt ein Gedächtnistest! Buch Schuhe Teller Computer Stift Haus Ring Baum Uhr Ball Maus Handy Getränk Stuhl Zange Auto Crème Obst Spiegel Foto Serielle Positionskurve (Glanzer & Cunitz, 1966) n n Bitte jetzt alle Begriffe aufschreiben, die noch im Gedächtnis sind n n n n n n n n n n n n n n n n n n Buch Schuhe Teller Computer Stift Haus Baum Uhr Ball Maus Handy Getränk Stuhl Zange Auto Crème Obst Spiegel Foto Niedrig Behaltenswahrscheinlichkeit hoch Serielle Positionskurve (Glanzer & Cunitz, 1966) Primacy effect LZG Recency effect KZG Inhalte die am Anfang und am Ende gelernt werden bleiben besser im Gedächtnis!!! 20 Items aus Wortliste Lernen & Gedächtnis Lernen kostet Zeit, je höher das Lernniveau, desto größer der Aufwand n Vergessen ist ein Prozess in der Zeit (Theorie des Zerfalls der Information) n Vergessen durch Interferenzen: proaktive und retrograden Hemmung durch andere überlagernde Informationen n Lernen & Gedächtnis Unser Gehirn kennt die „Verneinung“ nicht n Es können ca. 5-9 Items maximal verarbeitet werden n Mehre Items können zu einem Chunk werden n Größe und Umfang der Chunks können durch Expertise gesteigert werden n Lernen & Gedächtnis n (motorisches lernen durch): – Reiz-Reaktionslernen, Belohung und Bestrafung, Konditionierung – Wiederholung – Versuch und Irrtum (Thorndike 1913: „law of effect“) – Einsicht (Gestaltpsychologie: „one trial learning“) – Nachahmung (Bandura 1963: „Lernen am Modell“) Konditionierung (Pawlow, 1889/ Watson , 1920/ Skinner 1948 Abb. Lexikon der Psychologie, 2002) n n Für das klassische Konditionieren sind vor allem das Kleinhirn und der Ncl. Ruber verantwortlich Für das instrumentelle Konditionieren ist vor allem das dopaminerge System verantwortlich (Belohungssystem des Gehirns) Gestaltpsychologie (Wertheimer, Köhler, Koffka, Lewin) n Assoziationsgesetze (Aristoteles) – Ähnlichkeit – Kontrast – Kontiguität n Gestaltpsychologie: Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile – Köhler (1917): SchimpansenBananen-Versuch Prinzipien des sensomotorischen Systems (nach Pinel, 1997) 1. hierarchische Organisation 2. Motorische Aktivität wird durch sensorische Informationen/ Feedback gesteuert (Lidschlagreflex kann beim Einsetzen der Kontaktlinse unterdrückt werden) (Proprioreceptoren/ Patient G.O. kann Koffer nicht mehr tragen, ohne hinzuschauen) 3. Lernen verändert die sensomotorische Kontrolle (Automatisation) Lernenvorgänge auf neuronaler Ebene (nach Schandry, 2003) Reaktion Habituation Nachlassende Depolarisation am Motoneuron bei wiederholter Darbietung desselben Reizes Am Beispiel des Kiemenrückzugreflexes der Meeresschnecke Aplysia (Seehase) – Ein sensorisches Neuron zu einem Motoneuron! I I I I I Kitzelreize Lernenvorgänge auf neuronaler Ebene (nach Schandry, 2003) Sensitivierung Reaktion Erhöhte Reaktionsbereitschaft nach Stromreiz Am Beispiel des Kiemenrückzugreflexes der Meeresschnecke Aplysia I I I I I Kitzelreize Lernen auf neuronaler Ebene (nach Schandry, 2003/ Abb. Lexikon der Psychologie, 2002) n Lernen kann auf Basis einzelner Neuronen und Synapsen geschehen. Zunächst bedarf es dazu weder exzitatorischer noch inhibitorischer Interneurone oder gar großer Hirnareale. – Kurzfristig: membranphysiologische Prozesse (prä präsynaptisch Ca² Ca²+Kanä +Kanäle zu > weniger Vesikel > weniger Glutamatausschü Glutamatausschüttung > weniger postsynapt. postsynapt. Potentiale) – Langfristig: zellmorphologische Veränderungen Lernen im Langzeitgedächtnis (Lexikon der Psychologie, 2002/ Pinel, 1997 und Schandry, 2003) n Hebbsche Regel (Hebb, 1949) – – – n Lernfähige Synapsen Zirkuläre Langzeitpotenzierung Hippocampusregion, wichtig für explizit-episodisches Gedächtnis Aber: implizit-prozedurales Lernen auch bei Hippocampusläsion möglich, weil motorisches Lernen über Kleinhirn, Motorcortex und Basalganglien geschieht Zentralnervensystem: Gehirn (aus Lexikon der Psychologie, 2002) n Für das motorische Lernen (prozedurales Lernen, klass. Konditionieren) benötigen wir vor allem das Kleinhirn, den Motorcortex und die Basalganglien (Striatum, Substantia Nigra, Ncl. Subthalamicus) Implizites Bewegungslernen (skilllearning) am Beispiel von H.M. 0 Anzahl der Fehler 30 (nach Milner, 1965; Pinel, 1997; Schandry, 2002) H.M. bekam wegen Epilepsie 1953 eine Temporallappenlobotomie Danach Ausbildung einer starken anterograde Amnesie, bei gleichbleibendem IQ und intaktem Altgedächnis Motor. Aufgabe: Mirror-Tracing Einen Stern per Spiegelbild nachzeichnen 1. Tag 10 Vers. 2. Tag 10 Vers. 3. Tag 10 Vers. Vergessen von Bewegungen (Lexikon der Psychologie, 2002) n grobe Rahmenkoordination wird so gut wie nicht mehr vergessen – Wer einmal Schwimmen oder Radfahren gelernt hat, verlernt es in der Regel nicht n Feinkoordination wird vergessen – Schon innerhalb 1min lassen sich bestimmte Zielbewegungen nicht mehr genau replizieren Motorisches Lernen n führt zu: – Leistungsverbesserung – Abnehmende Interferenz mit anderen Aufgaben – Geringer Variabilität (=höhere Konstanz) – Bewegungsökonomie – Zunehmender Automatisierung Motorisches Lernen: Potenzgesetz der Übung n Mittlere wöchentliche Zyklus-Zeit beim Drehen von Zigarren bei Arbeiterinnen. Die Daten sind eine (im Querschnitt gewonnene) klassische Übungskurve, die in doppelt logarithmischen Koordinaten linear ist (Eigenschaft der Potenzfunktion). Eine Abweichung von der Linearität ist erst nach über zweijähriger Erfahrung zu beobachten, bedingt durch die Annäherung an eine durch die Maschine bestimmte minimale Zyklusdauer. Nach Crosman, E.R.F.W. (1959). A theory of acquisition of speed skill. Ergonomics, 2, 153-166. Psychomotorik n Bewegung und Vorstellungen hängen eng zusammen, denn: – Denken ist Probehandeln – Die Vorstellung ist die Führund Prüfungsgröße der Bewegung n Leistungszuwachs beim Dartpfeile werfen physisch und mental Mendoza, D. & Wichman, H. (1978). Inner darts: Effects of mental practice on performance of dart throwing. Perceptual and Motor Skills, 47, 1195-1199. Handlungsstrukturtheorie/ regulationstheorie n Grundkonzepte: Hierarchische Strukturierung der Tätigkeit und historisch-materialistische Einbindung n Verknüpfungen mit Elementen der Lern- und Kognitionspsychologie sowie der Kybernetik n Handlungsregulationstheorien beschreiben menschliches Verhalten in Anlehnung an Miller, Galanter & Pibram (1960) auch als Rückkoppelungszyklen (TOTE-Einheiten), Hacker als Vergleichs-VeränderungsRückkoppelungseinheiten TOTE- Einheit (Miller, Galanter & Pribram, 1960) Test Operate Exit Hierarchisch-sequentielle Organisation des Handelns n Unterschiedliche Ebenen der Handlungskontrolle – Hacker (1986): intellektuelle, begrifflich-perzeptive und sensumotorische Kontrollebenen – Rasmussen (1983): fertigkeitsbasierte, regelbasierte und wissensbasierte Kontrollebenen n Jeder dieser Ebenen entsprechen Pläne oder Grundvorstellungen, wie Handlungen in welcher Reihenfolge ausgeführt werden müssen, damit sie zum Ziel führen – Begriffe: Bilder (images), innere Modelle, kognitive Landkarten, mentale Modelle, innnere Repräsentationen, operatives Abbildsystem (nach Hacker: OAS = antizipative tätigkeitsleitende Gedächtnisrepräsentationen) Zyklische Einheit (nach Volpert, 1983) Z T1 T2 T3 T4 Hierarchisch-sequentielles Modell der Handlungsregulation (nach Volpert, 1983) 1 2 3 5 4 6 7 Handlungsregulation (Hacker, 1986) Aktionsvorbereitende Prozesse Aktionsprogramm Bewußtseinspflichtige intellektuelle Analyse& Synthesevorgänge Bewußtseinspflichtige Heuristiken, Strategien, Pläne Intellektuelle Regulationsebene Bewußtseinsfähige Handlungsschemata Begrifflichperzeptive Regulationse. Bewußtseinsfähige Urteils- & Klassifikationsprozesse Nicht bewußtseinsfähige kiästhetische orientierende Rezeptionen Repräsentation auf oberen Ebenen Nicht bewußtseinsfähige Sensumotorische Strategien / Routinen, Bewegungseinheiten Regulationse. Aktivierung Abrufmöglichkeit Ebenen der Handlungsregulation (Rasmussen, 1983) Ziele Symbole Wissensbasiertes Verhalten Zeichen Regelbasiertes Verhalten Identifikation Erkennung Fertigkeitsbasiertes Verhalten Merkmalbildung Sensorische Eingaben Entscheidung für eine Aufgabe Planung Gespeicherte Assoziation Zustand/ Aufgabe Regeln f. Aufgaben Signale Automatisierte sensum. Muster Signale Aktionen Motorikrepräsentationen n 2 Modelle (ganzheitlich vs. analytisch): – Variables Üben > Schemata > guter Transferleistung – Konstantes Üben > Automatismen > schlechter Transferleistung Fünf Stufen des Fertigkeitserwerbs (Dreyfus & Dreyfus, 1987) Stufe Komponenten Perspektive Entscheidung Einstellung 1. Neuling Kontext-frei Keine Analytisch Distanziert 2. Anfänger Kontext-frei & situational Keine Analytisch Distanziert Gewählt Analytisch Distanziert entscheiden, am Ergebnis gefühlsmäßig beteiligt 3. Kompetenz Kontext-frei & situational 4. Gewandtheit (Routinier) Kontext-frei & situational Erfahren Analytisch Teilnehmendes Verstehen 5. Expertise Kontext-frei & situational Erfahren intuitiv gefühlsmäßig beteiligt Expertise im Sport Im Sport werden als Experten solche Personen bezeichnet, die auf der Basis langer Übungs- und Trainingsprozesse in ihrer Sportart besondere, überdurchschnittliche Leistungen erzielen. In der Expertiseforschung wird davon ausgegangen, dass man 10 Jahre benötigt, um Expertise zu erlangen! Was macht einen Experten aus ? v v v v v v v Experten besitzen mehr Konzepte über Handlungsbedingungen (Wettkampfsituation <-> Trainingssituation) Erhöhte Reproduktion von Spielsituationen (Bsp. Schach) Experten zeigen Vorteile im Bewegungssehen (Bewegungsvorstellung) und anschließender Reproduktion Erhöhte Wahrnehmungs- und Antizipationsleistungen (Bsp. Badminton) die besonderen Fertigkeiten sind in differenzierte kognitive Strukturen eingebettet Experten weisen ein differenziertes Handlungswissen auf Experten kennzeichnen sich aus durch die plötzliche Intuition des Richtigen Expertiseerwerb ist nicht nur durch Gedächtnistraining möglich, er hängt wesentlich von den Handlungserfahrungen einer Person über sich und ihrer Umwelt ab. Dieser Prozess braucht Zeit, vor allem müssen für die Lernenden Lernumgebungen bereitgestellt werden, die ihnen Möglichkeiten für vielfältige Erfahrungen geben. Kaffeepause Peak Performance on Top: Training der Wettkampfhärte Marius Hanniske wird Vizejuniorenweltmeister mit 2,21m in Grosseto/ Italien Training versus Wettkampf Hohe Erwartung Nichtwiederholbarkeit Konsequenzen Extern vorgegebener Zeitpunkt Selffullfilling Prophecy Unsere Erwartungen steuern unser Verhalten: “die Prophezeiung des Ereignisses führt zum Ereignis der Prophezeiung” (Watzlawick) Zuerst kippt das Selbstgespräch!!! deshalb sind optimale Ziele so wichtig! Startroutinen vorm Wettkampf n n n n Verstärken Selbstwirksamkeitserfahrungen und Kontrollüberzeugungen (“ich bin meines Glückes Schmied”) Erzeugen Handlungssicherheit und helfen Fehler vermeiden Steuern das Verhalten: selffullfilling prophecy “die Prophezeiung des Ereignisses führt zum Ereignis der Prophezeiung” (Watzlawick) Beeinflussen die Fremdwahrnehmung der Konkurrenten (“der sieht aber selbstsicher aus”) Selbstgespräche die wichtigsten Gespräche im sportlichen Wettkampf Funktionen des Selbstgesprächs § Befindlichkeit § Motivation § Handlungssteuerung (Eberspächer 1998) Vom häufigsten und schlimmsten zum optimalen Selbstgespräch Folien nach Immenroth, 2004 4 Schritte zum optimalen Selbstgespräch 1. Beobachtung 2. Identifikation eigener Selbstgespräche leistungsstörender Selbstgespräche 4. Training 3. Formulierung handlungsstützender Selbstgespräche handlungsstützender Selbstgespräche Folien nach Immenroth, 2004 Training der Wettkampfhärte 1) Prognosetraining 2) Training der Nichtwiederholbarkeit 3) Training der Wettkampfhärte mit Stressinduktion (Eberspächer 2001) Training der Wettkampfhärte - Ablauf 1) Festlegung einer Anforderung 2) Prognose 3) Formulierung von Konsequenzen 4) Handeln 5) Ergebnis feststellen 6) Analyse Folien nach Immenroth, 2004 Zielstellung Wettkampftyp Klüft hatte jeweils 2 ungültige Versuche im Siebenkampf bei EM und WM. Ideal des Wettkampftyps Carolina Klüft (EM 2002, WM 2003) Wettkampftyp Carolina Klüft wurde mit souveränen Sicherheitssprüngen in den dritten Versuchen bei dennoch guter Weite Europameisterin 2002 in München, Weltmeisterin 2003 in Paris. 2004 wurde sie Olympiasiegerin in Athen. Klüft entspricht dem Idealtypus einer Wettkampfathletin – extrovertiert aber extrem handlungsorientiert. Wettkampftyp Freude am Tun haben!!! Ende!