Ein Modell zur Verknüpfung des persönlichen Gedächtnisses mit

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Ein Modell zur Verknüpfung
des persönlichen Gedächtnisses mit
externen Informationsspeichern
DISSERTATION
zur Erlangung der Würde des
Doktors der Philosophie
eingereicht am Fachbereich Erziehungswissenschaft,
Psychologie und Sportwissenschaft
der Freien Universität Berlin
vorgelegt von
Klaus Berthold Esser
aus Grevenbroich
Berlin 1998
Erster Gutachter: Prof. Dr. W. Schönpflug
Zweiter Gutachter: PD Dr. S. Dutke
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VORWORT UND DANKSAGUNG
Als ich mich als begeisterter Student mit den externen Speichern zu befassen begann, blieb bei aller
Begeisterung für das Thema im Laufe der Zeit eine gewiße Unzufriedenheit übrig. Auf der einen Seite
war da ein Thema, daß große praktische Relevanz hat und die selbstgesetzten Grenzen der
Gedächtnispsychologie zu sprengen in der Lage ist. Auf der anderen Seite aber war die Forschung auf
Einzelphänomene begrenzt, der theoretische Rahmen fehlte oder war so generell, daß er nicht recht mit
empirischen Daten in Verbindung gebracht werden konnte.
Aus dieser Zwickmühle heraus ist die Motivation für die vorliegende Arbeit geboren. Mein Ziel war es,
einen theoretischen Rahmen aufzuspannen, der sich nicht auf einzelne Speicher begrenzt; der aber
nichtsdestotrotz präzise Vorhersagen von Verhalten erlaubt. Inwieweit mir das gelungen ist, möge der
geneigte Leser selbst beurteilen.
Diese Arbeit verdankt ihr Entstehen der tatkräftigen Unterstützungen von vielerlei Seiten. Meiner Frau
und meinen Kindern möchte ich besonders für ihre Geduld mit mir danken. Herzlicher Dank gilt auch
Christina Weidelt und Gesine Grossmann, die einTeil der Daten erhoben haben. Stephan Dutke hat mir
an verschiedenen Stellen im Laufe der Entstehung durch anregende Kritiken weitergeholfen. Auch all
den anderen, die mich in informellen Gesprächen unterstützt und kritisiert haben, ein herzliches
Dankeschön!
An erster Stelle muß hier aber Wolfgang Schönpflug stehen. In den Jahren, die ich bei ihm gearbeitet
habe, hat er mich für dieses Thema begeistert. Er hat mir jederzeit jede Form von Unterstützung
zukommen lassen, ob wissenschaftlich oder privat. Von meinem Erziehungsurlaub war er begeistert und
hat alles getan, damit ich auch in dieser Zeit mit meiner Promotion weiterkomme. Ohne ihn wäre diese
Arbeit nicht zustande gekommen.
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INHALTSVERZEICHNIS
1 Theorie ....................................................................................................................................6
1.1 Externe Speicher in der psychologischen Forschung...................................................................6
1.1.1 Forschung zu externen Speichern: empirische Vielfalt und theoretisches Defizit .................................. 6
1.1.2 Solipsistische Perspektive und implizite Theorie externer Speicher ...................................................... 9
1.2 Externe Speicher in der psychologischen Theoriebildung
..........................................................14
1.2.1 Metagedächtnis: das Konstrukt und seine Probleme ............................................................................ 14
1.2.2 Handlungspsychologie: hierarchische Handlungsregulation ................................................................ 17
1.2.3 Metagedächtnis als hierarchische Regulation von Gedächtnistätigkeit ................................................ 19
1.3 Modellierung der Wahl eines Speichers.....................................................................................21
1.3.1 Kritische Parameter bei der Speicherwahl .......................................................................................... 21
1.3.1.1 Erfolgswahrscheinlichkeit der externen Speicherung .................................................................. 22
1.3.1.2 Aufwand der Speicherung ........................................................................................................... 23
1.3.1.3 Valenz des Erinnerns .................................................................................................................. 26
1.3.1.4 Zusammenspiel der Parameter .................................................................................................... 27
1.3.2 Unterschiedliche Prozesse zur Speicherwahl....................................................................................... 28
1.3.2.1 Speicherwahl bei häufigen, sehr geläufigen Aufgaben ................................................................. 29
1.3.2.2 Speicherwahl bei ungeläufigen, sehr seltenen Aufgaben .............................................................. 32
1.4 Das Modell zur Speicherwahl im erweiterten Gedächtnissystem (SWIEGS)............................34
1.4.1 Das Gesamtmodell ............................................................................................................................. 34
1.4.2 Ableitung empirisch prüfbarer Hypothesen aus dem SWIEGS-Modell................................................ 37
1.4.2.1 Planungszeit ............................................................................................................................... 38
1.4.2.2 Speicherwahl .............................................................................................................................. 39
1.4.2.3 Valenz der Aufgaben .................................................................................................................. 40
2 Empirie ................................................................................................................................. 42
2.1 Erster empirischer Teil: Planungszeit und Speicherzahl
............................................................42
2.1.1 Studie 1: Planungszeit, Speicherzahl und Umgebungsvariation .......................................................... 42
2.1.2 Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben ................................................... 54
2.2 Zweiter empirischer Teil: metakognitive Parameter
..................................................................67
2.2.1 Studie 3: Termine vs. Texte: eine Pilotstudie ...................................................................................... 68
2.2.2 Studie 4: Metakognitive Parameter im Test ........................................................................................ 74
3 Schlußdiskussion................................................................................................................. 100
3.1 Synopsis der Ergebnisse: wurden die Hypothesen bestätigt ?.................................................100
3.1.1 Die Basishypothesen......................................................................................................................... 100
3.1.2 Die differenzierenden Hypothesen .................................................................................................... 104
4
3.2 Von den Hypothesen zum Modell.............................................................................................107
3.3 Die Frage der ökologischen Validität.......................................................................................113
3.4 Folgerungen und Ausblick........................................................................................................115
4 Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 119
5 Anhang ............................................................................................................................... 131
5.1 Versuchsmaterialien.................................................................................................................131
5.1.1 Repräsentationsaufgaben der Studie 1............................................................................................... 131
5.1.2 Repräsentationsaufgabe der Studien 2 & 4 ........................................................................................ 133
5.1.3 Repräsentationsaufgaben der Studie 3............................................................................................... 136
5.2 Auswertungsschema der zwar-aber Urteilskombination in Studie ........................................139
4
5.3 Lebenslauf ................................................................................................................................141
5.4 Erklärung.................................................................................................................................142
5
Externe Speicher in der psychologischen Forschung
1 Theorie
1.1 Externe Speicher in der psychologischen Forschung
First, more research is needed on the way people use
external aids as memory devices - to recall their plans, their
intentions, and their progress in executing their plans. In our
enthusiasm for memorizing nonsense syllables we have
overlooked the importance of some of these ancillary kinds of
memory.
(Miller, Galanter & Pribram, 1960, pp.70)
Die von Miller, Galanter und Pribram (1960) benannte Begeisterung für das Lernen sinnloser
Silben hat in den letzten 38 Jahren psychologischer Forschung drastisch abgenommen, weitere Apolo
geten der Wichtigkeit des Themas external aids haben ihre Position unterstützt (z.B. Neisser, 1982;
Norman, 1988; Intons-Peterson, 1993). Es gibt einen repräsentativen Stammvater - erste Untersuchungen zur Bedeutung der Umwelt als externer Informationsspeicher sind schon von Lewin (1926) unternommen worden - und eine Vielfalt von Studien, die sich dem Thema aus unterschiedlichsten Perspekti
ven nähern. Trotzdem: einen wirklichen Durchbruch hat es in der psychologischen Forschung nicht
gegeben. Vor allem zeigt sich ein erhebliches theoretisches Defizit, das sich durch alle Studien zieht und
hauptverantwortlich für den mangelnden Fortschritt in der Erforschung von externen Speichern
gemacht werden muß (Intons-Peterson & Newsome, 1992).
1.1.1 Forschung zu externen Speichern: empirische Vielfalt und theoretisches Defizit
Als ‘externe Speicher’ werden alle Möglichkeiten bezeichnet,außerhalb des eigenen
Gedächtnisses Informationen zu speichern (Muthig & Schönpflug, 1981). Damit ein Gegenstand, eine
Konstellation der Umgebung, eine andere Person oder anderes außerhalb des Gedächtnisses als externer
Speicher fungieren kann, muß es vier Bedingungen erfüllen (Muthig, 1983): es muß erstens wandelbar
sein, d.h. mehr als einen Zustand annehmen können. Zweitens muß es manipulierbar sein,
Zustandsänderungen müssen also willkürlich herbeigeführt werden können. Mindestens ein Zustand des
externen Speichers muß drittens zeitlich permanent sein, sich also über einen bestimmten Zeitraum nicht
verändern. Viertens muß sein Zustand semantisch interpretierbar sein: der Anwender muß ihm einen
kognitiven Inhalt zuschreiben können.
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Externe Speicher in der psychologischen Forschung
Da die vier von Muthig (1983) genannten Bedingungen für externe Speicher häufig erfüllt sind,
kann ein Großteil der Umwelt zum externen Speicher werden. Der Anwender entscheidet letztlich
selbst, was ein externer Speicher ist und was nicht. ‘Externe Speicher’ wird so zum Sammelbegriff, der
eine Fülle unterschiedlichster Phänotypen umfaßt, deren entscheidende Gemeinsamkeit eine negative
Definition ist: die Information wird nicht (ausschließlich) im Gedächtnis gespeichert. Entsprechend
unterschiedlich sind die externen Speicher, die zum Mittelpunkt wissenschaftlichen Interesses wurden:
Von Kerbstöcken oder Knotenschrift der Naturvölker (Leontjev, 1971/1959) über Aufkleber auf
Schlüsseln (Meacham & Leiman, 1982) bis hin zur Nutzung von BTX (Piekara, Ulrich & Muthig,
1986); vom Positionieren von Gläsern in einer bestimmten Reihenfolge, um sich als Kellner
Bestellungen zu merken (Beach, 1988) über Einkaufslisten (Intons-Peterson & Fournier, 1986) und
Adressen für Dateien im Computer (Schönpflug, 1989b) bis hin zu anderen Personen (Schönpflug &
Esser, 1995).
Externe Speicher sind bekannter als mnemotechnische Merk- und Erinnerungshilfen und werden
um vieles häufiger eingesetzt als diese (z.B. Kreutzer, Leonard & Flavell, 1975; Harris, 1980; IntonsPeterson & Fournier, 1986). Sie erweisen sich dabei in unterschiedlichsten Kontexten als hoch effektiv.
So konnte bei Flugsimulationen das Fehlen spezifischer externer Speicher als Ursache für Fehler von
Flugkapitänen verantwortlich gemacht werden (Drew, 1979/1940). Die Entscheidung für oder gegen
den Einsatz externer Speicher erwies sich als der zentrale Prädiktor für erfolgreiches Einhalten von
Terminen - wichtiger als das Alter der Probanden (Moscovitsch & Minde; zitiert in Moscovitsch, 1982).
Behaltensleistungen können durch den gezielten Einsatz externer Speicher systematisch verbessert
werden. Schon ein völlig unspezifischer externer Speicher - ein Anhänger am Schlüsselbund - führt zu
häufigerem und pünktlicherem Absenden von Postkarten an den Versuchsleiter (Meacham & Leiman,
1982). Beim prospective remembering (Harris, 1984), der Erinnerung an in der Zukunft zu erledigende
Dinge, führt die Einführung einer Belohnung für korrektes Erinnern zu einer besseren Erinnerungs
leistung - durch häufigeren Einsatz von externen Speichern (Meacham & Kushner, 1980). Auch
Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten lassen sich durch externe Speicher verbessern.
Medikamente werden regelmäßiger und häufiger in der richtigen Portionierung eingenommen, wenn
externe Speicher eingesetzt werden (Ley, 1972, 1979). Im Zusammenhang mit dem Anfertigen von
Notizen in einer Lernsituation, dem note-taking (vgl. Hartley & Davies, 1978 bzw. Kiewra, 1985 für
einen Überblick), führt das Betrachten der Notizen vor einem Behaltenstest zu deutlich besseren Behal
tensleistungen. In seiner Überblicksarbeit vergleicht Kiewra (1985) die bis dahin vorliegenden Studien
bezüglich der Effektivität des note-taking. Siebzehn Arbeiten belegen eine Verbesserung in Behaltenstests, wenn angefertigte Notizen noch einmal betrachtet werden und fünf Studien können keine
7
Externe Speicher in der psychologischen Forschung
Verbesserung feststellen. Eine Verschlechterung der Behaltensleistung wurde in keiner Studie gefunden.
Auch Kinder können von externen Speichern profitieren: sie führen mit Hilfe externer Speicher
Handlungspläne erfolgreicher aus (Meacham & Keller, 1983) und erinnern den Versuchsleiter am Ende
des Versuchs signifikant häufiger an eine vorher versprochene Belohnung (Meacham & Colombo,
1980).
Im Zusammenspiel mit dem Gedächtnis können externe Speicher unterschiedliche Funktionen er
füllen. Externe Speicher können das Gedächtnis unterstützen und so eine zusätzliche Sicherung der zu
behaltenden Information bieten. Sie können aber auch an Stelle des Gedächtnisses eingesetzt werden,
um das Gedächtnis zu entlasten. So wird vollständiges Erinnern auch dann möglich, wenn die Ressour
cen zum Lernen, beispielsweise durch kurze Lernzeiten, begrenzt sind. Die Erwartung der möglichen
Rolle des externen Speichers beim Erinnern erwies sich dabei als ein zentraler Prädiktor für die Rolle
des externen Speichers (Esser & Schönpflug, in prep.). Bei alltäglichen Merkaufgaben können externe
Speicher schwache Gedächtnisleistungen sogar überkompensieren: durch konsequenteren Einsatz von
externen Speichern sind ältere Probanden mit schwächerem Gedächtnis in der Lage, Aufgaben, die sie in
der Zukunft erledigen sollen, seltener zu vergessen und genauer zu erledigen als jüngere Probanden
(Moscovitsch, 1982).
Die Fülle der beschriebenen Einzelergebnisse zu verschiedenen Speicherformen, unterschiedlichen
Aufgaben und verschiedensten Kontexten zeigt zwar das generelle Interesse an externen Speichern,
illustriert aber auch den fehlenden theoretischen Zusammenhang. Die verschiedenen Untersuchungen
haben nämlich nicht nur wenig gemeinsam, sondern nehmen sich gegenseitig oft nicht einmal zur Kennt
nis. Wenige reichen über die Präsentation von Einzeleffekten hinaus; eine theoretische Basis fehlt. Die
ses theoretische Defizit betrifft nicht nur einen übergreifenden Ansatz, der ermöglicht, die verschiedenen
Phänomene zueinander in Beziehung zu setzten, sondern oft auch schon die untersuchten Einzelphänomene selbst. So ist das einzige Modell zur Nutzung von Gedächtnishilfen, daß Intons-Peterson und
Newsome (1992) in ihrer Literaturübersicht finden, das Test-Wait-Test-Exit-Modell (TWTE) von
Harris und Wilkins (1982) bzw. Harris (1984.). Dieses Modell will der Autor selbst aber als deskriptiv
verstanden wissen (Harris, 1984, p.84), und tatsächlich scheinen seine Parameter keine psychologische
Bedeutung zu haben (Ellis, 1988).
Ein zentraler Anspruch der Forschung zu externen Speichern ist, den defizitären Zustand von Gedächtnismodellen nachzuweisen und das Verständnis von ‘Gedächtnis’ grundlegend zu erweitern
(Muthig & Schönpflug, 1981; Muthig, 1983). Daher wiegt das theoretische Defizit besonders schwer:
ohne eine gemeinsame Perspektive für alle Phänomene von externen Speichern ist ein Vergleich mit
dem Gedächtnis schwerlich möglich. Dieser Vergleich würde darüber hinaus aber auch eine theoretische
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Externe Speicher in der psychologischen Forschung
Brücke zwischen beiden Gebieten erfordern. Gerade diese aber fehlt völlig (Intons-Peterson &
Newsome, 1992).
Verantwortlich für die Theoriearmut des Themas ist auf den ersten Blick die große Fülle unterschiedlicher Phänotypen von externen Speichern. Unterschiedlichste Teile der Umwelt können zu exter
nen Speichern gemacht werden - entsprechend wenig können zwei verschiedene externe Speicher
gemeinsam haben. Den Knoten im Taschentuch im gleichen theoretischen Rahmen beschreiben zu wol
len wie einem CD-ROM Index ist sicherlich eine Herausforderung. Eine zweite Ursache ist subtiler und
hängt mit dem Blickwinkel auf Gedächtnis und externe Speicher zusammen. Gedächtnis wird generell
als das verstanden, was sich unabhängig von der Umwelt im Inneren des Menschen zuträgt (Muthig,
1983). Diese solipsistische Perspektive war in der Gedächtnispsychologie durchaus fruchtbar und fand
ihren Niederschlag in den gängigen Gedächtnismodellen (z.B. Atkinson & Shiffrin, 1968; Anderson,
1983). Wie sich bei der kritischen Sicht auf verschiedene Forschungszweige zu externen Speichern und
insbesondere auf die aus der biologische Sicht entstandene implizite Theorie externer Speicher zeigt,
wird diese Perspektive für die Betrachtung externer Speicher aber zur Sackgasse.
1.1.2 Solipsistische Perspektive und implizite Theorie externer Speicher
Die Forschung zum note-taking stellt die Frage in den Mittelpunkt, ob das Anfertigen von
Notizen zu einer Verbesserung oder zu einer Verschlechterung der Behaltensleistung führt. Eine
Literaturrecherche mittels CD-ROM kommt im Zeitraum von 1970 bis 1990 zwar auf über 300
Beiträge zum Thema. Die Ausbeute für externe Speicher aber ist mager. Die meisten Studien
beschäftigen sich nämlich nicht mit der Frage, wie Notizen und Gedächtnis in einer ökologisch validen
Situation interagieren, sondern ausschließlich mit der Behaltensleistung des Gedächtnisses allein. Was
der Mitschreibende mit seinen Notizen macht oder ob er sie überhaupt wiederfindet (vgl. Norman,
1988), wurde kaum je thematisiert. Da die meisten Studien ausschließlich unter diesem Blickwinkel
durchgeführt wurden (Ausnahmen dazu: Piekara, Ciesinger & Muthig, 1987; Spiel, 1992), läßt sich
kritisch fragen, ob diese gesamte Forschung überhaupt etwas zur Praxis des Notierens zu sagen hat.
Über das Zusammenspiel von Gedächtnis und Notizen als einer Form von externem Speicher ist nämlich
wenig bekannt. Dieser reduzierte Blickwinkel muß darüber hinaus dafür verantwortlich gemacht
werden, daß trotz jahrelanger Forschung in diesem Bereich die eigenen theoretischen Voraussetzungen
nie reflektiert wurden (vgl. die Kritik in Kiewra, 1989). Folglich gelang es auch nicht, die Grundfrage
nach der Förderung oder Behinderung der rein internen Behaltensleistung durch das Notieren
theoretisch befriedigend zu lösen; es blieb beim einfachen Auszählen für- und widersprechender Studien
(z.B. Hartley & Davies, 1978; Kiewra, 1985).
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Externe Speicher in der psychologischen Forschung
Auch zum Thema ‘Gedächtnishilfe’ gibt es intensive Forschungstätigkeit (vgl. den Überblick in
Lindenberger, 1989). Allerdings tritt auch sie nicht ‘aus dem Kopf heraus’: es geht ausschließlich um
Mnemotechniken, sog. ‘internal memory aids’ (Harris, 1978). Das ist um so verwunderlicher, als der
Einsatz solcher mnemotechnischer Methoden außerhalb des Labors kaum je eine Rolle spielt (Harris,
1978, 1980; Hunter, 1979; Intons-Peterson & Fournier, 1986; Soler & Ruiz, 1996). Dies gilt auch für
trainierte Probanden (z.B. Bellezza, 1983; Higbee, 1994; Lapp, 1983) und ebenso für Gedächtnispsychologen, die Mnemotechniken untersuchen (Park, Smith & Cavanaugh, 1990). Morris (1978)
kommt bei der Analyse von Anforderungen bei Merkaufgaben zu dem Schluß, daß Mnemotechniken
überhaupt nur für das Einprägen von sinnloser und unverbundener Information effektiv sind. Es ist
evident, daß dieser Spezialfall bei alltäglichen Behaltensaufgaben eine geringe Rolle spielt. Die Reaktion
der an der Forschung beteiligten Wissenschaftler auf diese Ergebnisse führte aber nicht zur
Beschäftigung mit den auch von diesen Forschern selbst vielfach eingesetzten externen Speichern.
Vielmehr wurde versucht, die mangelnde ökologische Validität dieser Forschung zu verbesseren, indem
neue Methoden der - natürlich rein internen - Gedächtnisverbesserung entwickelt werden. Die
Konstruktion sollte so erfolgen, daß diese neuen Mnemotechniken dann auch im Alltag angewandt
werden - um sie danach untersuchen zu können (Herrmann & Searleman, 1992).
Die Hartnäckigkeit, mit der diese Perspektive beibehalten wird, läßt Muthig von der
„metatheoretischen Vorannahme der Gedächtnispsychologie“ (Muthig, 1983, S. 253) sprechen. Diese
besagt, daß Gedächtnis im Kopf und nur im Kopf ist. Tatsächlich wird die Umwelt in Untersuchungen
zum Gedächtnis generell ausgeblendet (Baddeley & Wilkins, 1984), und obwohl theoretisch immer
wieder die Forderung nach einem erweiterten Verständnis von ‘Gedächtnis’ erhoben wird (z.B. Flavell,
1971; Neisser, 1982; Neisser & Winograd, 1988), findet dieser Gedanke in die Theoriebildung bisher
kaum Eingang. Dabei läßt sich der Ansatz einer strikten Trennung von Gedächtnis und Umwelt bis in
die theoretischen Überlegungen einzelner Arbeiten verfolgen. Lovelace und Twohig (1990) stellen in
einer Interviewstudie älteren Erwachsenen Fragen zu Gedächtnisfehlern und Einsatz von Gedächtnis
hilfen. Sie replizieren den Standardbefund, daß externe Speicher eine zentrale Rolle zur Vorbereitung
auf zukünftiges Erinnern spielen, interne Strategien wie Mnemotechniken aber bedeutungslos sind.
Kritisch aber ist die Begründung für dieses Ergebnis:
The major disadvantage of encoding mnemonics is that they often require considerable cognitive
effort at time when it is uncertain whether they will be needed in that particular case. (...) The
preference for external mnemonics is understandable since they should provide maximum
likelihood of success with a minimum of cognitive effort... (Lovelace & Twohig, 1990. p.118).
10
Externe Speicher in der psychologischen Forschung
Das heißt: ein Grund für die Wahl eines externen Speichers, ein anderer für die Ablehnung des
internen Speichers. Die Frage, ob die Information in Zukunft gebraucht werden wird, ist nur für die
Ablehnung der Mnemotechniken wichtig. Werden also unwichtige Informationen extern gespeichert,
wichtige aber mnemotechnisch intern? Der Aufwand dagegen wird auf denkognitiven Aufwand
reduziert und ist nun seinerseits für die Bevorzugung von externen Speichern verantwortlich. Steht bei
externer Speicherung aber nicht sowieso der motorische Aufwand im Mittelpunkt? Und, zentral: spielen
nicht sowohl Aufwand als auch Wichtigkeit der Information bei beiden Speicherarten eine Rolle? Die
gesamte Begründung ist nur aus einer Dissoziation von Gedächtnis und Umwelt zu verstehen, wobei
der Blickwinkel auf die Vorgänge innerhalb des Gedächtnisses beschränkt bleibt.
Die strikte Trennung zwischen Gedächtnis und Umwelt findet auch in der Nomenklatur und der
daraus ableitbaren impliziten Theorie externer Speicher seinen Ausdruck. ‘Externe Speicher’ ist nämlich
nicht die einzige und noch nicht einmal die geläufigste Bezeichnung. Stattdessen wird von Gedächtnis
hilfen, Gedächtnisstützen, Erinnerungshilfen bzw. im Englischen vonmemory aids, external memory
aids, memory devices oder external devices gesprochen. Diesen Begriffen ist die strikte Trennung von
‘Gedächtnis’ als einer übergeordneten Funktion auf der einen Seite und ‘Hilfen’ als eine Unter
stützungsmöglichkeit bei Versagen der übergeordneten Funktion auf der anderen immanent. Es beinhaltet die Vorstellung von einem Gedächtnis, daß ‘von außen’ unterstützt wird. Diese Unterstützung
bekommt es dann, wenn es selbst ‘schwach’ ist, also seine Aufgaben nicht allein bewältigen kann und
einer Hilfe bedarf (Gedächtnishilfe, memory aid). Externe Speicher werden folglich als eine Art
‘Zusatzspeicher’ verstanden, die immer dann eingesetzt werden, wenn der eigentliche Speicher, das
Gedächtnis, ‘überzulaufen’ droht.
Nach dieser impliziten Theorie der externer Speicher wird der Einsatz externer Speicher einzig
durch die Einschätzung des eigenen Gedächtnisses entschieden. Das Gedächtnis wird in Bezug auf die
aktuelle Aufgabe evaluiert, d.h. die Wahrscheinlichkeit seines Erfolges wird eingeschätzt. Externe
Speicher kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Evaluation des Gedächtnisses eine geringe
Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung im Gedächtnis ergeben hat (siehe Abb. 1).
Explizit findet sich diese Sicht bei Intons-Peterson und Newsome (1992). Die Autoren
beschreiben den Umgang mitexternal memory aids in sechs Schritten. Wichtig sind hier die ersten
beiden: „1.Recognition of the need for a memory aid of some kind, presumably identified via the
monitoring of memory. 2. The selection of a memory aid, given recognition of a need.“ (IntonsPeterson & Newsome, 1992, p.105). Die Wahl eines externen Speichers stellt demnach einen anderen
Prozeß dar, als die Feststellung, daß ein Speicher benötigt wird. Ein externer Speicher wird gewählt,
11
Externe Speicher in der psychologischen Forschung
nachdem festgestellt wurde, daß er benötigt wird; diese Feststellung wiederum erfolgt durch die
Beobachtung des eigenen Gedächtnisses angesichts der gestellten Aufgabe.
Repräsentationsaufgabe
Erfolgreiche
Speicherung im
Gedächtnis
möglich?
ja
Speicherung im
Gedächtnis
nein
Speicherung im
externen Speicher
Abb.1
Die im plizite Theorie der Speicherwahl im Erweiterten Gedächtnissystem : ein externer Speicher
wird nur gewählt, wenn das Gedächtnis als Speicher nicht auszureichen scheint.
Diese Position findet sich auch in empirischen Arbeiten wieder. Wenn Kreutzer, Leonard und
Flavell (1975) Kinder fragen, was sie tun würden, um ganz sicher zu sein, daß sie ihre Schlittschuhe mit
in die Schule nehmen, ist der zugrundeliegende Gedanke dabei deutlich: Das Gedächtnis reicht nicht aus
und braucht zusätzliche Hilfe. Ist diese Vorstellung bei der Studie von Kreutzer et al. (1975)
unproblematisch, so wird sie zum zentralen Problem der Studie von Dobbs und Rule (1987). Die
Autoren untersuchen fünf Altersgruppen (30-39/40-49/50-59/60-69/>70), bei denen sie die Beziehung
zwischen Metagedächtnis, Einsatz von externen Speichern und prospektivem Erinnern p( rospective
remembering) in den Mittelpunkt stellen. Prospectives Erinnern bedeutet die Fähigkeit, sich zukünftig
an bestimmte Informationen zu erinnern, die aktuell gegeben werden, z.B. sich daran zu erinnern,
morgen jemanden anzurufen (Harris, 1984; für einen Vergleich zum retrospektivem Erinnern: Meacham
& Leiman, 1982; Wilkins & Baddeley, 1978). Dobbs und Rule (1987) erheben über einen Fragebogen
u.a. die Häufigkeit verschiedenster Gedächtnisfehler und die Häufigkeit des Einsatzes von externen
Speichern. Prospective remembering wird über zwei Aufgaben operationalisiert: In der ersten Aufgabe
bekommen die Probanden zu Beginn der Sitzung die Information, daß sie eine spätere Zeichenaufgabe
während der Sitzung mit einem roten Stift auszuführen haben, daß sie aber daran nicht mehr erinnert
12
Externe Speicher in der psychologischen Forschung
werden und daß sie nach diesem roten Stift fragen müssen. Die zweite Aufgabe betrifft einen
Fragebogen, den die Probanden zwei Tage nach der Sitzung mit dem Versuchsleiter ausfüllen sollen.
Dabei wird besonders betont, daß Datum und Uhrzeit des Ausfüllens auf dem Fragebogen festgehalten
werden müssen. Wurde nach dem roten Stift gefragt bzw. das Datum und die Uhrzeit beim Bearbeiten
des Fragebogens aufgeschrieben, galt die Aufgabe als erfüllt. Die Autoren erwarten einen negativen
Zusammenhang zwischen dem Erfolg der beidenprospective remembering Aufgaben und der Anzahl
berichteter Gedächtnisfehler sowie einen positiven Zusammenhang zwischen der Anzahl berichteter
Gedächtnisfehler und der Häufigkeit des Einsatzes von Gedächtnishilfen. Dabei soll die Anzahl der
Fehler beim Test wie beim Fragebogen über das Alter steigen soll.
Die Ergebnisse sind enttäuschend. Zwar finden Dobbs und Rule (1987) einen schwachen
Zusammenhang von der Altersgruppe auf der einen Seite und den berichteten Gedächtnisfehlern bzw.
der prospective remembering task auf der anderen. Die angegebene Nutzung von Gedächtnishilfen hat
aber weder mit den Leistungen bei der prospective remembering task noch mit den angegebenen
Gedächtnisfehlern noch mit dem Alter etwas zu tun. Mehr noch: die Altersgruppe mit den besten
Ergebnissen bei der prospective remembering task (40 bis 49 Jahre alt) ist die, die auch über den
häufigsten Einsatz von Gedächtnishilfen berichtet. Das weist aber genau in die Gegenrichtung der
ursprünglichen Überlegungen.
Die Autoren tun sich schwer, diese Ergebnisse zu interpretieren. Sie vermuten, daß Probanden ihr
Gedächtnis generell schlecht einschätzen, daß unterschiedliche Lebenssituationen zu unterschiedlichem
Umgang mit Gedächtnishilfen führen oder daß ältere Menschen über die Effektivität von Gedächtnis
hilfen nichts wissen oder nicht wissen, wie sie mit ihnen umgehen sollen. Ein überzeugendes Gesamtbild
können sie aber nicht liefern.
Die Studie hat sicherlich eine Reihe methodischer Probleme. Beim Einsatz von Fragebogen zum
Metagedächtnis stößt man auf das memory introspection paradox (Herrmann, 1979, 1984): Je mehr
Gedächtnisfehler auftauchen, um so besser müßte das Gedächtnis sein, um sich an all diese Fehler zu
erinnern (vgl. Morris, 1984, für weitere Problem beim Einsatz von Metagedächtnisfragebögen). Der
Vergleich von Fragebogendaten und Testdaten impliziert einen asymmetrischen Schluß von der verbalen
Ebene auf die Verhaltensebene oder umgekehrt, was ebenfalls mit methodischen Probleme behaftet ist.
Aber auch ohne methodische Probleme bleibt die Frage, ob ein Zusammenhang überhaupt zu erwarten
wäre. Denn mit einem etwas anderen Ansatz kommen Lovelace und Twohig (1990) zu ähnlichen
Ergebnissen. In ihrer Interviewstudie fragen sie ältere Erwachsene, ob bei ihnen bestimmte Typen von
Gedächtnisfehlern mit dem Alter häufiger oder seltener auftreten bzw. ob sie bestimmte
13
Externe Speicher in der psychologischen Theoriebildung
Gedächtnishilfen häufiger oder seltener einsetzten würden als früher. Zur Auswertung vergleichen die
Autoren die Anzahl der Probanden, die eine Zunahme, mit der Anzahl derer, die eine Verminderung des
jeweiligen Parameters angaben. Bei fünf von sieben Typen von Gedächtnisfehlern berichteten signifikant
mehr Probanden von einer Zunahme der Fehler über das Alter als von einer Abnahme solcher Fehler.
Dagegen gaben bei fünf von sechs externen Speichertypen signifikant mehr Probanden eine
Verminderung der Einsatzhäufigkeit der externen Speicher mit steigendem das Alter an. Die Ergebnisse
weisen also in die gleiche Richtung wie Dobbs und Rule (1987): eine Verschlechterung des
Gedächtnisses wird nicht durch einen Mehreinsatz von ‘Gedächtnishilfen’ ausgeglichen. Auch diese
Untersuchung erscheint methodisch nicht unproblematisch (z.B. die Art der Aggregation der
Fragebogendaten; die statistische Auswertung, die keine Überprüfung des hier diskutierten
Zusammenhanges erlaubt). Die zentrale Frage scheint allerdings nicht methodologisch, sondern
theoretisch zu sein: Die implizite Theorie der Speicherwahl ist bei genauerer Betrachtung völlig
unzureichend und führt zu Hypothesen, deren Validierung auch theoretisch nicht zu erwarten ist.
1.2 Externe Speicher in der psychologischen Theoriebildung
Um eine vollständige Theorie der Speicherwahl zu entwerfen, können zwei Ansätze fruchtbar
gemacht werden, die die Spaltung zwischen Gedächtnis und Umwelt aufheben: das Konstrukt des Metagedächtnisses und die Handlungstheorie. Metagedächtnis als Wissen über Speichermöglichkeiten
kann, je nach Verständnis des Konstruktes, durchaus auch externe Speicher einbeziehen. Die handlungstheoretische Perspektive erlaubt, von der Bearbeitung einer Repräsentationsaufgabe auszugehen,
für deren Lösung externe und interne Speichermöglichkeiten gleichberechtigt zur Verfügung stehen.
1.2.1 Metagedächtnis: das Konstrukt und seine Probleme
Ein wesentlicher Baustein zur theoretischen Verknüpfung von Gedächtnispsychologie und
externen Speichern ist prinzipiell schon vor über 25 Jahren durch die Einführung des Begriffs
Metagedächtnis (Flavell, 1971) entwickelt worden. Metagedächtnis als „individual’s knowledge of and
awareness of memory, or of anything pertinent to information storage and retrieval“ (Flavell &
Wellman, 1977, p. 4) impliziert nämlich Wissen über das eigene Gedächtnisund die äußere Welt, soweit
sie gedächtnisrelevant ist:
In fact, what we are calling „knowledge about memory“ may itself be too narrow a designation,
since some of the „knowledge“ one might wish to talk about in this connection may not be about
„memory“ as conventionally understood. It might, for example, consist of knowledge about how
14
Externe Speicher in der psychologischen Theoriebildung
to search the external world intelligently, a form of knowledge, that also undergoes a marked
development with age...(Flavell & Wellman, 1977, p. 6, Hervorhebung im Original).
Metagedächtnis ist demnach eine übergeordnete Ebene, auf der alle Speichermöglichkeiten
repräsentiert sind. Die große Extension des Begriffs Metagedächtnis führte zu einer Fülle von
Klassifikationsversuchen (z.B. Flavell & Wellman, 1977;Brown, 1978; Flavell, 1979, 1981, 1984;
Wellman, 1983, 1985; Kluwe 1981, 1982; Kluwe & Schiebler, 1984; Paris & Lindauer, 1982; Oka &
Paris, 1987; der Versuch eines Überblicks findet sich in Schneider, 1989), deren Beziehung zueinander
unklar bleibt. Dieser Fülle steht ein Mangel an empirischen Belegen gegenüber; so bewertet Schneider
(1989) die zur Veranschaulichung des jeweiligen Modells eingesetzten Pfeildiagramme als genauso
beliebt wie beliebig. Sie mögen intuitiv mehr oder weniger plausibel sein, entziehen sich aber
weitgehend der empirischen Überprüfung (vgl. Hasselhorn, 1986).
Die schwammige Verwendung des Begriffs (z.B. Weinert, 1990) führte zu harscher Kritik: Er
wurde als ein „vielköpfiges Monstrum ungeklärter Elternschaft“ bezeichnet (Schneider, 1989, S. 28;
Brown, 1984), und als ‘Emma’ bezeichnet; ein Kürzel füreven more mysterious apparatus: ein Apparat
der bedeutende Leistungen vollbringt, ohne daß irgend jemand wüßte, wie er funktioniert (Marshall und
Morton, 1978).
Die generelle Problematik beim Versuch zu beschreiben, was nun genau Metagedächtnis ist, zeigt
sich bei der Debatte um den Begriff Metakognition (metacognition). Mitte der siebziger Jahre kam
dieser Terminus in Mode und begann, den des Metagedächtnisses zu ersetzen (Brown, 1984).
Metakognition erweitert den Begriff Metagedächtnis; trotzdem ist die Trennung beider Konstrukte
schwierig. Metagedächtnis zielt auf das Wissen über Kognitionen, während Metakognition zudem auch
exekutive Prozesses wie die Planung einer Aufgabenbearbeitung, Überwachung des Lernens und
Ergebnisprüfung umfaßt (Brown, 1984). Diese Erweiterung wurde kontrovers diskutiert. Sie wurde als
modisch und überflüssig bewertet (Marshall & Morton, 1978), und ihr wurde vorgeworfen, die
Konfusion um das Konstrukt zu erhöhen, ohne einen Erkenntnisfortschritt zu bringen (Cavanaugh &
Perlmutter, 1982). Folgerichtig wurde die Einschränkung der Bedeutungsweite des Konstrukts als Weg
zur Klärung seines Inhaltes empfohlen (Brown, 1984).
Das Problem scheint aber tiefer zu liegen. Exekutive Prozesse sind durchaus schon in der
ursprünglichen Definition von Metagedächtnis enthalten. Neben dem Wissen um das eigene Wissen
umfaßt Flavell (1971) damit nämlich auch : „...structuring and storage of input,... search and retrieval
operations, and... monitoring and knowledge of these storage and retrieval operations....“ (Flavell,
1971, p.277). Tatsächlich scheint es schwer möglich zu sein, diese Aspekte überhaupt auszuklammern.
15
Externe Speicher in der psychologischen Theoriebildung
Wenn Metagedächtnis das Wissen vom eigenen Gedächtnis ist und Gedächtnisinhalte in deklaratives
und prozedurales Wissen unterteilt werden (z.B. Anderson, 1982, 1983), dann müßte Metagedächtnis
auch beide Gedächtniskomponenten umfassen: Wissen um deklaratives Wissen ebenso wie Wissen um
prozedurales Wissen. Umgekehrt scheint es dann aber willkürlich, deklaratives Wissen über das eigene
Gedächtnis (z.B. „Ich weiß, daß ich eine Vokabel behalte, wenn ich sie lange genug lerne“) in den
Bedeutungszusammenhang von Metagedächtnis zu bringen, prozedurales Wissen über das eigene
Gedächtnis (z.B. „Ich beherrsche diese Vokabel noch nicht, deswegen muß ich sie länger lernen“) aber
nicht.
Wird von Metagedächtnis oder Metakognition in der Literatur gesprochen, so kann damit
unterschiedlichstes gemeint sein. Mit Metakognition wird von Flavell (1979) die exekutive und
prozedurale Komponenten des Wissens über das Wissen zu bezeichnet. Mecklenbräuker, Wippich und
Bredenkamp (1992) bezeichnen diese prozedurale Komponente als Metagedächtnis. Schneider (1989)
spricht von Metagedächtnis als deklarativem Teil des Wissens über das eigene Wissen und kontrastiert
dazu die prozeduralen Aspekte des Wissens über das Wissen, die er exekutive Prozesse nennt. Brown
(1984) oder Wellman (1983) schließlich fassen wieder beide Bedeutungsbereiche unter dem Begriff
Metakognition zusammen. Der Umgang mit diesem Begriffspaar scheint auch ein sprachliches
Phänomen zu sein. Während in der anglo-amerikanischen Literaturmetacognition fast vollständig
metamemory ersetzt hat, findet sich Metagedächtnis noch häufig in der deutschsprachigen Literatur;
m.E. ohne daß damit eine andere Intension oder Extension ausgedrückt wird.
Grundsätzlich ist es aber fraglich, ob die Extension des Begriffs für seine Unschärfe
verantwortlich gemacht werden kann. Wie Mecklenbräuker, Wippich und Bredenkamp (1992) richtig
argumentieren, hat auch der Begriff ‘Säugetier“ eine größere Extension als der Begriff ‘Hund’, ist
deswegen aber nicht unschärfer definiert. Es scheint eher die breite, teilweise unreflektierte Nutzung des
Terminus zu sein, der ihn unscharf macht. Wellman (1983) bringt diese Problematik auf den Punkt. Er
bezeichnet Metagedächtnis bzw. Metakognition alsfuzzy concept und charakterisiert es durch vier
Merkmale. Erstens, es gibt einen zentralen Unterschied zu anderen Phänomenen. Zweitens, dieser
Unterschied verankert das Konstrukt zwar, definiert es aber nicht. Drittens gibt es bei vielen
Phänomenen keine Übereinstimmung darüber, ob sie zu Metakognition gehören oder nicht. Viertens
haben verschiedene Phänomene, die unter dem Oberbegriff Metakognition gefaßt werden, wenig
miteinander zu tun. Dabei muß man die Problematik des Begriffs ‘Metagedächtnis’ in Relation zu
anderen psychologischen Termini sehen. Für andere zentrale Konstrukte wie ‘Intelligenz’, ‘Gedächtnis’
oder ‘Wissen’ ist die Situation nicht anders: Obwohl sie äußerst unscharf definiert sind, kann die
empirische Forschung fruchtbar mit diesen Konstrukten arbeiten (Wellman, 1983; Mecklenbräuker et
16
Externe Speicher in der psychologischen Theoriebildung
al., 1992). Die Definitionsproblematik kann, wenn man sie bewußt reflektiert und in die jeweilige Arbeit
integriert, das Verständnis der zugrundeliegenden kognitiven Vorgänge inspirieren und fördern
(Schneider, 1989; Paris & Lindauer, 1982) - was u.a. die intensiven Forschungsaktivitäten zum
Metagedächtnis belegen. Vielleicht liegt die Spezifität bei ‘Metagedächtnis’ darin, daß es ein Kunstwort
der psychologischen Wissenschaft ist und deswegen eine exakte Definition erwarten läßt, während
andere Konstrukte schon eine umgangssprachliche Bedeutung mitbringen und daher eine
wissenschaftliche Definition nicht ebenso vermißt wird.
Um das Konstrukt Metagedächtnis trotz dieser Ausgangslage für eine empirische Arbeit fruchtbar
zu machen, müssen folglich zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens muß bei der Fülle der
Möglichkeiten beschrieben werden, was in der vorliegenden Arbeit unter Metagedächtnis verstanden
wird. Zweitens muß das Konstrukt zumindest teilweise soweit präzisiert werden, daß sich davon
empirisch überprüfbare Hypothesen ableiten lassen. Wenn sich ein deskriptives Konstrukt nämlich in
Teilkomponenten präzise beschreiben läßt und dadurch empirische Fakten korrekt vorhersagen kann,
legitimiert das auch wissenschaftstheoretisch seine Nutzung (Kluwe & Friedrichsen, 1984).
1.2.2 Handlungspsychologie: hierarchische Handlungsregulation
Die Handlungspsychologie bietet einen fruchtbaren theoretischen Rahmen für die Behandlung von
externen Speichern. Da die Handlung im Mittelpunkt steht, ist die Kluft zwischen Gedächtnis als
internem Speicher und externen Speichern aufgehoben: beides sind Werkzeuge, um Informationen, die
in einem Handlungszusammenhang wichtig werden, zu erhalten oder zu sichern. So verstanden wird
Behalten und Erinnern von einem rein mentalen Akt zu einer rekonstruktiven Handlung (Muthig &
Schönpflug, 1981); zu einem Prozeß also, der auch sensumotorische Komponenten umfaßt. Im
alltäglichen Umgang mit zu merkender Information ist Behalten und Erinnern immer in eine
umfassendere theoretische oder praktische Tätigkeit eingebettet, die die Möglichkeit externer
Speicherung gleichberechtigt neben die interne Speicherung stellt. Auch wo das Einprägen von
Information im Gedächtnis ein Selbstzweck zu sein scheint, beispielsweise in der Schule oder dem
psychologischen Labor, bestimmt der Handlungszusammenhang - die nächste Klassenarbeit oder der
Versuchspersonenschein - die Notwendigkeit der Informationsspeicherung. Spezifisch ist dabei, daß
dieser Handlungskontext die sonst freie Speicherwahl ausschließt und tatsächlich die rein interne
Speicherung fordert.
Dieses Paradigma diente als Grundlage für eine entwicklungsgeschichtliche Betrachtung des
Gedächtnisses. So stellt Piekenhain (1988) die externe Informationsspeicherung in den Rahmen der
Evolutionsgeschichte, wo Veränderung der Umwelt durch das Verhalten von Organismen wieder auf
17
Externe Speicher in der psychologischen Theoriebildung
die Organismen zurückwirkte und neue Entwicklungen ermöglichte. Der externen Speicherung weist er
dabei im Rahmen der stürmischen Entwicklung der psychischen Funktionen beim Menschen eine
zentrale Rolle zu (vgl. Leontjev, 1971/1959). Muthig (1983) sieht in der externen Speicherung einen
Zielpunkt der Gedächtnisentwicklung. Ausgangspunkt bildet das Artgedächtnis der Kleinstlebewesen,
wo Information schon permanent, aber weder veränderbar noch flexibel nutzbar war. Erster
individueller Gedächtnisbesitz ist zwar veränderbar, aber weder permanent noch kollektiv nutzbar.
Durch Erfahrungstransfer wird dieses Wissen zumindest bedingt kollektiv nutzbar. Mit der Entwicklung
externer Informationsspeicherung kann sich schließlich ein permanentes, flexibles und kollektiv
nutzbares Gesellschaftsgedächtnis herausbilden.
Aus der Perspektive einer empirischen Wissenschaft sind die Überlegungen dieser und anderer
Autoren (z.B. Hunter, 1979) aber zunächst zu allgemein, um konkrete Forschungstätigkeit anregen zu
können. Es bedarf also der Entwicklung von Modellen, die die handlungstheoretische Perspektive
beibehalten, aber manifestes Verhalten tatsächlich erklären und vorhersagen können (vgl. Oppenheimer,
1987, 1991). Ein wertvollen Ansatz dafür sind die Modelle zur Steuerung von Handlungen (z.B.
Hacker, 1973) oder kognitiven Funktionen (z.B. Morris, 1981; Morris & Hampson, 1983). Grundannahme ist eine hierarchische Struktur, bei der eine übergeordnete Ebene eine untergeordnete Ebene
kontrolliert und, soweit erforderlich, direkt steuert. Auf kognitive Funktionen wendet das BOSSModell diesen Ansatz an. Aus der Frage, welche kognitiven Prozesse einer introspektiven Betrachtung
zugänglich sind, entwickelt Morris (1981) das zweistufige Modell. Es gibt eine übergeordnete Ebene,
die er - analog der Leitung eines Betriebes - als BOSS bezeichnet und eine untergeordnete Ebene, die er
die EMPLOYEE-Systeme nennt. Die Information, die auf der BOSS-Ebene verarbeitet wird, ist
bewußt, im Unterschied zu den EMPLOYEE-Systemen, zu denen ein introspektiver Zugang nicht
möglich ist.
Auf der BOSS-Ebene sind übergeordnete Ziele, Pläne und Handlungsabsichten repräsentiert. Die
Ausführung von Handlungen oder kognitiven Funktionen wird von den verschiedenen EMPLOYEESystemen durchgeführt. Das EMPLOYEE-System hat drei Funktionen: es transformiert ankommende
Signale in eine Form, wie sie für das kognitive System verarbeitbar ist (z.B. Worte, Wahrnehmungs
objekte aus den verschiedenen Sinnesmodalitäten). Es benutzt diese Informationen, um auf stereotype
Art zu handeln, wenn diese Handlung nicht der Steuerung durch BOSS erfordert. Schließlich
kontrollieren die EMPLOYEE-Systeme wiederum untergeordnete Funktionen, um Handlungen
durchzuführen. Die EMPLOYEE-Systeme sind also selbst wieder hierarchisch organisiert und können
untereinander interagieren. BOSS greift immer dann ein, wenn ein neuer Plan initiiert werden soll oder
aber bewußte Kontrolle routinierter Handlungsabläufe erforderlich wird. Auf der BOSS-Ebene wird
18
Externe Speicher in der psychologischen Theoriebildung
zukünftiges Verhalten geplant, vor allem, wenn es von Tagesroutinen abweicht. Zielgerichtetes
Verhalten wird dort organisiert und Strategien dafür entwickelt bzw. ausgewählt. Die Durchführung
von Handlungsplänen wird kontrolliert und der flexible Einsatz von alternativen Strategien bei Fehlern
im Handlungsplan wird gesteuert. Entscheidungen werden, wenn sie nicht trivial sind, sondern eine
Evaluation der Situation verlangen, von der BOSS-Ebene gefällt. Schließlich ist die BOSS-Ebene fähig
zu introspektiver Selbstbeobachtung.
Beispielsweise ist das Erinnern an bestimmte Informationen zunächst ein automatischer, von den
EMPLOYEE-Systemen getragener Prozeß, der von BOSS nur initiiert wird. Die erinnerte Information
wird von BOSS geprüft; ist sie unzureichend, initiiert BOSS unter Umständen eine intensive, bewußt
gesteuerte Suche im Gedächtnis (recollection; Baddeley, 1982), bei der BOSS unterschiedlichste
Strategien entwickelt und anwendet.
1.2.3 Metagedächtnis als hierarchische Regulation von Gedächtnistätigkeit
Die vorliegende Arbeit behandelt die Begriffe Metagedächtnis und Metakognition synonym. Im
Sinne der Definition des Metagedächtnisses von Nelson und Narens (1990) wird Metagedächtnis nicht
nur als Abbildungssystem verstanden, sondern auch als Exekutive, die kognitive Funktionen auf der
Ebene des Gedächtnisses initiiert, steuert und beendet. Nelson und Narens (1990) sehen drei Prinzipien
als konstitutiv für den Begriff des Metagedächtnisses an:
1. Der kognitive Prozeß wird unterteilt in (mindestens) zwei Ebenen: die Objektebene und die
Metaebene;
2. Die Metaebene beinhaltet eine dynamische Repräsentation der Objektebene, während die
Objektebene keine Information über den Zustand der Metaebene hat;
3. Die Beziehungen beider Ebenen zueinander sind durch die Art des Informationsflusses
gekennzeichnet: monitoring von Objektebene zur Metaebene und control von Metaebene zur
Objektebene, d.h. die Metaebene erhält von der Objektebene Informationen über den Zustand der
Objektebene, die Objektebene erhält von der Metaebene Anweisungen um kognitive Prozesse zu
initiieren, weiterzuführen, zu modifizieren und abzubrechen.
Die Metaebene ist relativ zu verstehen: Die Metaebene wird zur Metaebene, weil sie ein
dynamisches Modell der Objektebene beinhaltet; die Objektebene wird zur Objektebene, da sie keinerlei
Repräsentation der Metaebene kennt. Das läßt ein rekursives Verständnis zu: Es ist eine MetaMetaebene denkbar, eine Meta-Meta-Meta-ebene usf. Definierendes Merkmal ist jeweils die durch
Beobachtung und Kontrolle bestimmte Beziehung zur Objektebene. Metagedächtnis ist die Metaebene,
19
Externe Speicher in der psychologischen Theoriebildung
auf der alle Einheiten, Funktionen und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Speicherung, dem
Erinnern und Verarbeiten von Informationen beobachtet und kontrolliert werden. Das kann sowohl
interne Gedächtniszustände als auch externe Speichermöglichkeiten umfassen.
Die Ähnlichkeit dieser Definition mit dem BOSS-Modell (Morris, 1981; s.o.) ist auffällig. Das
Metagedächtnis entspricht weitgehend der BOSS-Ebene, die Objektebene entspricht in etwa den
EMPLOYEE-Systemen des BOSS-Modells. Das BOSS-Modell macht über beide Ebenen weitere
Aussagen, die einer Differenzierung der Metagedächtnisdefinition von Nelson und Narens (1990)
gleichkommt. So stehen beispielsweise die Bewußtseinsfähigkeit der BOSS-Ebene oder die Erledigung
stereotypischer Aufgaben durch das EMPLOYEE-System nicht im Widerspruch zu den Funktionen von
Metaebene und Objektebene, spielen in deren Definition aber keine Rolle. Die wesentliche
Gemeinsamkeit ist die Vorstellung einer hierarchischen Regulation von Gedächtnistätigkeiten, wo eine
übergeordnete Ebene eine untergeordnete repräsentiert und steuert. Mit diesem Verständnis vom
Metagedächtnis wird auch der Umgang mit externen und internen Speichern theoretisch faßbar.
Das Gesamtsystem von externen und internen Speichermöglichkeiten unter Steuerung einer
Metaebene, auf der diese Speichermöglichkeiten repräsentiert sind, läßt sich alsExtended Memory
Sytem (EMS) bzw. Erweitertes Gedächtnissystem (EGS) verstehen (Schönpflug & Esser, 1995). Im
EGS ist das individuelle Gedächtnis Teil eines Gesamtsystems, das gleichberechtigt auch technische und
soziale Komponenten zur Informationsspeicherung enthält. Vor dem Hintergrund der Metagedächtnisdefinition von Nelson und Narens (1990) stellt sich das Zusammenspiel dieser Teilkomponenten wie
folgt dar: Zum Metagedächtnis fließen die Informationen über die Eigenschaften, den Zustand usw. der
jeweiligen Speicher. Das aktualisiert und verändert gegebenenfalls die Repräsentation dieser Speicher
im Metagedächtnis. Das Metagedächtnis steuert direkt den Einsatz der verschiedenen Speicher. Dabei
bilden die funktionelle Merkmale, die das Metagedächtnis von den verschiedenen Speichersystemen
kennt (Beobachtung), die Grundlage für seine Entscheidung (Kontrolle). Je nachdem, ob ein Speicher
für eine bestimmte Repräsentationsaufgabe gesucht, ein Speicher bewirtschaftet oder ein Informations
abruf aus einem Speicher initiiert wird, benötigt das Metagedächtnis unterschiedliche Information über
die Speicher. Beim Abruf muß es so beispielsweise die Inhalte der einzelnen Speicher kennen (vgl.
Schönpflug, 1986b; Schönpflug & Esser, 1991; vgl. Abb. 2).
Aus diesem Modell können noch keine empirisch prüfbare Hypothesen abgeleitet werden. Es
bietet aber einen fruchtbaren Ausgangspunkt, um einzelne Teilprozesse weiter zu differenzieren. Die
Entscheidung für einen bestimmten Speicher, in dem die jeweilige Information repräsentiert werden soll,
bietet sich als erster Teilprozeß an. Die Speicherwahl steht am Anfang des Gesamtprozesses;
20
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
METAEBENE
INFOFLUß
Metagedächtnis
Kontrolle
OBJEKTGedächtnis
EBENE
Terminkalender
Abb. 2
Beobachtung
...
Notizzettel
Das Erweiterte Gedächtnissystem (EGS), modifiziert dargestellt nach der Metagedächtniskonzeption von
Nelson und Narens (1990).
weitere Teilprozesse wie die Bewirtschaftung des Speichers oder der Abruf aus dem Speicher sind von
der Wahl des Speichers abhängig. Um auch diese weiteren Teilprozesse differenzierter zu modellieren,
muß als erstes der Prozeß der Speicherwahl geklärt sein. Es ist beispielsweise anzunehmen, daß die Art
der Speicherwahl den Abruf aus dem Speicher maßgeblich beeinflußt. Im folgenden soll deswegen,
durch refining (vgl. Nelson & Narens, 1990, pp.139) der Speicherwahl im EGS von Schönpflug &
Esser (1995) ein Modell formuliert werden, das einerseits die bisherigen Forschungsergebnisse
aufnimmt, andererseits aber auch so konkret ist, daß sich empirisch überprüfbare Hypothesen ableiten
lassen.
1.3 Modellierung der Wahl eines Speichers
Für die Modellierung der Speicherwahl müssen zwei Ebenen unterschieden werden. Die erste
betrifft die Evaluation verschiedener metakognitiver Parameter. Die zweite Ebene ist dieser
übergeordnet und behandelt die Frage, ob es zur Speicherwahl überhaupt dieser metakognitiver
Parameter bedarf.
1.3.1 Kritische Parameter bei der Speicherwahl
Geht man davon aus, daß die Wahl eines Speichers auf der Grundlage von Einschätzungen
metakognitiver Parameter geschieht, zeigt die relevante Forschung, daß die Einschätzung des eigenen
Gedächtnisses nicht - wie in der impliziten Theorie angenommen - der einzige wirksame Parameter ist.
21
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
1.3.1.1 Erfolgswahrscheinlichkeit der externen Speicherung
Ein externer Speicher sollte nur dann gewählt wird, wenn sein Einsatz Erfolg verspricht. Die
Wirkung der Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit des externen Speichers konnten Esser und
Schönpflug (in prep.) demonstrieren. Probanden sollten Texte lernen, um sich auf Fragen zum Text
vorzubereiten. Eine Kontrollgruppe bearbeitete diese Aufgabe, ohne daß sie einen externen Speicher zur
Verfügung hatte. Beide Experimentalgruppen dagegen konnten Teile der Texte in eine Datenbank
auslagern. Die Texte wurden am Rechner präsentiert; die Lernzeit war für die Probanden
selbstgesteuert. In der Testphase mußten alle Probanden die Fragen zu den Texten ohne externen
Speicher beantworten. Danach konnten die Experimentalgruppen ihre Antworten aber mit Hilfe der
ausgelagerten Textteile korrigieren und ergänzen.
Durch unterschiedliche Trainigsphasen wurde die Erwartungshaltung der Probanden gegenüber
dem externen Speicher variiert. Experimentalgruppe A mußte in der Trainigsphase die Fragen erst aus
dem Kopf beantworten, um sie danach mit Hilfe des externen Speichers zu korrigieren. Experimental
gruppe B dagegen bekam sofort mit den Fragen auch die entsprechenden Teile der Texte präsentiert,
soweit diese vorher von ihr abgespeichert worden waren. Gruppe A half der externe Speicher bei der
ersten Beantwortung der Fragen nicht. Die Erwartung der Unterstützung durch den externen Speicher
konnte also nur eine nachträgliche Verbesserung der Antworten betreffen. Für Experimentalgruppe B
dagegen war die Erwartung der Unterstützung hoch: hier konnte der externe Speicher als möglicher
Ersatz für das eigene Gedächtnis erscheinen. Ist die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit des
externen Speichers kritisch für seinen Einsatz, so müßte diese Variation in der Einschätzung der
Erfolgswahrscheinlichkeit entscheidenden Einfluß auf den Umgang mit dem Speicher haben.
Die Ergebnisse bestätigen diese Hypothese (siehe Tab. 1). Experimentalgruppe A zeigt bei der
Beantwortung der Fragen ohne Hilfe des externen Speichers die gleichen Ergebnisse wie die
Kontrollgruppe. Erscheint die Erfolgswahrscheinlichkeit des Speichereinsatzes also fraglich, wird der
Text genauso gelernt wie ohne externen Speicher. Anders Experimentalgruppe B: Ausgelagerte
Textteile werden nicht gelernt. Das führt zwar zu einem Einbruch bei der Beantwortung der Fragen
ohne Hilfe des Speichers, aber zur besten Gesamtleistung, da die Lernkapazität vollständig für die nicht
ausgelagerten Sätze aufgewandt wurde. Bei hoher Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit der
externen Speicherung kann der externen Speicher das Gedächtnis also ersetzen, was eine optimale
Verteilung der Ressourcen zwischen dem externen und internen Speicher und damit die beste
Gesamtleistung ermöglicht. Wird die Erfolgswahrscheinlichkeit des externen Speichers gering
eingeschätzt, so wird der Speicher in der Lernphase auch wenig genutzt.
22
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
Richtige Antworten je nach Einsatzart des externen Speichers
Versuchspersonengruppen:
Anteil richtig
beantworteter Fragen...
Kontrollgruppe
ohne externen
Speicher
...ohne externen Speicher
46.5%
...mit externem Speicher
-
Gruppe A
Gruppe B
Externer Speicher Externer Speicher mit
ohne Erwartung Erwartung sofortiger
sofortiger Hilfe
Hilfe
44.4%
37.5%
66.9%
78.8%
Tab. 1 Ergebnisse aus der Studie von Esser und Schönpflug (in prep.). Erwarten die Probanden Unterstützung durch den
externen Speichers, konzentrieren sie sich beim Lernen auf die nicht vom externen Speicher unterstützten Elemente; ist
die Unterstützung unsicher, wird die Information sowohl extern als auch intern gespeichert.
Die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit der externen Speicherung ist auch für das
Gedächtnis im Alltag bedeutsam. Schönpflug und Fritsch (1994) konnten zeigen, daß eine
Probandengruppe im Alter von 65 - 80 Jahre sich deutlich schlechter als Probanden im Alter von 30 45 Jahren daran erinnern konnte, ob sie zu einer bestimmten Information eine Notiz angefertigt hatte
oder nicht. Das Wissen darum, daß eine bestimmte Information extern gespeichert ist, ist aber eine
Grundvoraussetzung der erfolgreichen Suche (Schönpflug, 1986b, 1987). Ist diese Information nicht
vorhanden, ist die Gefahr groß, entweder eine extern gespeicherte Information nicht abzurufen oder
eine Suche nach einer Information zu starten, die nicht extern abgespeichert wurde. Beide Fälle
verringern die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen externen Speicherung. Wird bei der Speicherwahl
auch die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit des externen Speichers berücksichtigt, müßte der
externe Speicher seltener gewählt werden.
Diese Überlegungen führen zu einer ersten theoretischen Kritik der Hypothesen von Dobbs und
Rule (1987) bzw. Lovelace und Twohig (1990, vgl. 1.1.2). Selbst wenn bei älteren Menschen
Gedächtnisfehler häufiger auftreten als bei jüngeren, ist es nur dann rational, diese Fehler durch
häufigeren Einsatz von externen Speichern zu kompensieren, wenn der Einsatz externer Speicher eine
größere Erfolgswahrscheinlichkeit verspricht. Sollten aber der Einsatz von externen Speichern für ältere
Menschen nur eine geringe Erfolgswahrscheinlichkeit haben - worauf die Studie von Schönpflug und
Fritsch (1994) hinweist - ist es rational, ihren Einsatz selbst bei steigender Anzahl von
Gedächtnisfehlern nicht zu intensivieren.
1.3.1.2 Aufwand der Speicherung
Nicht nur der Nutzen vom, sondern auch die Kosten beim Einsatz eines Speichers sind für seinen
Einsatz kritisch. Je höher der Aufwand einer Speicherung, um so weniger wahrscheinlich findet sie statt.
23
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
So vermutet Baddeley (1976), daß externe Speicher dem internen vorgezogen werden, weil ihr Einsatz
weniger aufwendig ist. Tatsächlich scheinen Mnemotechniken sich hauptsächlich in psychologischen
Laboratorien einer gewissen Beliebtheit zu erfreuen, nicht aber im Alltag: ihre Anwendung erscheint
Probanden, im Vergleich zu externen Speichern als zu aufwendig (Bellezza, 1983). Auch in der
Interviewstudie von Intons-Peterson und Fournier (1986) geben die Probanden an, die externen
Speicher dem internen mit oder ohne mnemotechnische Unterstützung vorzuziehen. Als Grund dafür
wird neben der größeren Verläßlichkeit und Genauigkeit des externen Speichers (d.i. der größeren
Erfolgswahrscheinlichkeit einer externen Speicherung) die einfachere Handhabung von externen
Speichern genannt.
Für die externe Speicherung wiesen Schönpflug und Kollegen die Bedeutung des Aufwandes der
Speicherung in einer Serie von Studien nach. In einer virtuellen Welt sollten Probanden eine Reihe von
Materialien durcharbeiten, um einen Bericht über die Besiedlungsmöglichkeit eines fremden Planeten zu
schreiben. Diese Materialien konnten entweder gelernt oder externalisiert werden. Die Externalisierung
war durch den Ausdruck der Materialien operationalisiert, dabei wurde der manuelle und zeitliche
Aufwand für die Anfertigung eines Ausdrucks variiert. War ein Ausdruck in einer der Bedingungen mit
einem einzigen Befehl realisierbar, mußten die Probanden in der anderen Bedingung ein komplexes
Menü bearbeiten und eine Wartezeit durchstehen, um einen Ausdruck zu starten. Erwartungsgemäß
wurden in dieser Bedingung signifikant weniger Kopien angefertigt (Schönpflug, 1986c).
Diese Beziehung gilt nicht nur für die Abspeicherung, sodern auch für den Aufwand des Abrufs
aus einem externen Speicher. Um Informationen aus einem externen Speicher abrufen zu können,
müssen Informationen über diese Speicherung intern gespeichert werden (Quellwissen, vgl. Schönpflug,
1986b, 1987). Dieses Quellwissen kann, je nach Speicher, mehr oder weniger komplex sein. In einer
Reihe von Untersuchungen wurde der Aufwand des Rückrufs einer Information aus einem externen
Speicher variiert, indem das zum Rückruf erforderliche Quellwissen manipuliert wurde. Die Adressen,
unter denen eine bestimmte Information aus einer Datenbank abgerufen werden konnten, waren mehr
oder weniger komplex. Je mehr Informationseinheiten die Adresse eines Textes beinhaltet, um so
seltener wird dieser Text eingespeichert (Schönpflug, 1986a, 1987). Sind die Adressen für eine
Speicherung mnemotechnisch trainiert, der Lernaufwand für diese Adressen also minimiert, werden
mehr Texte extern gespeichert, als bei Adressen, die ohne Training gelernt werden müssen (Schönpflug
& Esser, 1991). Schließlich wird häufiger extern gespeichert, wenn Adressen semantisch zu ihren
Texten passen. Auch das ist als eine Manipulation des Aufwandes interpretierbar. Da die Makrostruktur
eines externalisierten Textes gelernt werden muß, um zu wissen, welcher Text externalisiert worden ist
24
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
(cf. Schönpflug, 1986c) bedeutet das Lernen semantisch passender Adressen weniger zusätzlichen
Lernaufwand als das Lernen semantisch nicht passender Adressen (Schönpflug, 1988, 1989b).
Wichtig an diesen Studien ist auch, daß der Aufwand beim Abruf aus einen externen Speicher bei
der Speicherwahl antizipiert zu werden scheint und in die Entscheidung für einen Speichers einfließt.
Während der eingeschätzte Aufwand der Speicherung bei interner Speicherung hauptsächlich den
Aufwand der Enkodierung meint, ist für externe Speicher folglich auch der Aufwand für den Abruf der
Information zentral (vgl. Schönpflug, 1988). Das stimmt mit Überlegungen zum Informationsabruf
überein: Der Informationsabruf aus dem internen Speicher ist in hohem Maße automatisiert und läuft
zum Großteil ohne bewußte Kontroll- und Suchfunktionen (Raajimakers & Shiffrin, 1981). Anders beim
externen Speicher: hier stellt die Suche nach einer ausgelagerten Information ein zur Enkodierung
gleichwertiges Problem dar, daß aufwendiger werden kann als die Enkodierung selbst. Es ist zu
vermuten, daß noch eine dritte Größe den Aufwand beim Einsatz eines externen Speichers bestimmt.
Gerade bei längeren Behaltensintervallen muß der Speicher nämlich ‘bewirtschaftet’ werden, um den
Zugang zu der in ihm enthaltenen Informationen zu erhalten (Muthig & Schönpflug, 1981).
Beispielsweise ist der Inhalt einer Festplatte kaum noch erfaßbar, wenn sie nicht von Zeit zu Zeit
‘aufgeräumt’ wird. Der Aufwand für den Einsatz eines externen Speichers würde sich demnach als
Summe aus dem Aufwand für die Enkodierung und dem Abruf der Information sowie der
Bewirtschaftung des Speichers zusammensetzen.
Studien, die den Aufwand des Speichereinsatz im Altersvergleich thematisieren, sind nicht
bekannt. Es ist aber anzunehmen, daß höheres Alter zu höherem Aufwand führen. So könnten Probleme
mit der Feinmotorik bei älteren Menschen den Einsatz eines externen Speichers erschweren. Ein anderer
Faktor wäre die Übung: da ältere Menschen wohl generell weniger Informationen behalten müssen als
middle-ages, dürfte der Einsatz externer Speicher. weniger geübt und allein dadurch schon aufwendiger
sein. Dann wäre es aber rational, Gedächtnisschwächen nicht automatisch durch externe Speicher zu
kompensieren. Wie schon bei den Überlegungen zur Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung wäre
also auch aus Sicht des Aufwandes im Kontrast zu den Erwartungen von Dobbs und Rule (1987) ein
Rückgang über die Altersspanne nicht unplausibel.
Es bleibt zu fragen, ob bei der internen Speicherung die beiden Größen Aufwand und Erfolg
voneinander zu trennen sind; schließlich könnte, bei genügend hohem Aufwand, prinzipiell fast jede
Information auch intern mit hoher Genauigkeit gemerkt werden. So werden Texte um so wahrscheinlicher intern gespeichert, je einfacher es den Probanden erscheint, sie zu lernen (Schönpflug, 1986a,
1987). Dies ist interpretierbar als eine Wirkung der größeren Erfolgswahrscheinlichkeit einer internen
Speicherung von einfachen Informationen. Es könnte aber ebenso eine Folge des geringeren Aufwandes
25
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
für eine erfolgreiche interne Speicherung von einfachen sein. Studien, die beides voneinander zu trennen
suchen, liegen bisher nicht vor. Auch wenn Aufwand und Erfolgswahrscheinlichkeit bei der internen
Speicherung konfundiert oder zumindest schwer trennbar sind, erscheint es auf Grund der Studien zu
externen Speichern sinnvoll, die Einschätzung des Aufwandes auch bei der internen Speicherung als
kritischen Parameter miteinzubeziehen.
1.3.1.3 Valenz des Erinnerns
Neben Nutzen und Kosten einer Speicherung findet sich in der Literatur die generelle Valenz des
erfolgreichen Erinnerns einer Information als dritter Parameter. Während sich Kosten und Nutzen auf
die Relation von Speicher und zu speichernder Information beziehen, ist die Valenz des Erinnerns
unabhängig vom eingesetzten Speicher und wird einzig durch die Beziehung der Information zum
Handlungskontext bestimmt (vgl. 1.2.2).
Eine Fülle von Laboruntersuchungen belegt den Zusammenhang zwischen der Wichtigkeit einer
Information und ihrem Behalten. Je wichtiger eine Information eingeschätzt wird, um so besser wird sie
intern gespeichert (z.B. Le Ny, Denhiere & Le Taillanter, 1972; Harley, 1965, 1968; Waugh, 1969;
Atkinson & Wickens, 1971). Dies gilt auch für das Gedächtnis im Alltag. Ley (1972, 1979) untersucht
die Diskrepanz zwischen der Sicht von Krankenhauspatienten, die behaupteten, daß sie vom
behandelnden Arzt nicht vollständig über ihre Situation bzw. Medikamentation aufgeklärt worden seien,
und der Sicht der jeweiligen Ärzte, die überzeugt waren, diese Information sehr wohl gegeben zu haben.
Als Hauptursache ergab sich, daß die Patienten tatsächlich gegebene Informationen wieder vergaßen.
Die Patienten zeigten dabei einen klaren Zusammenhang zwischen der subjektiven Einschätzung der
Wichtigkeit der Information und ihrem Erinnern. So erwies sich als eine der Ursache für das Vergessen,
daß die Ärzte die Relevanz der gegebenen Information anders wichteten als die Patienten. Die Patienten
vergaßen die Informationen, die Ihnen unwichtig erschienen - auch wenn sie für die Ärzte sehr
bedeutsam waren. Durch ein entsprechendes Training der Ärzte konnte die Erinnerungsleistung der
Patienten von 55% auf 70% gesteigert werden (Ley, Bradshaw, Eaves, & Walker, 1973).
Für den Einsatz von externen Speichern ist bekannt, daß die Wichtigkeit einer Information die
Wahrscheinlichkeit bestimmt, mit der sie ausgelagert wird. Informationen, die wichtig sind, werden so
häufiger notiert als weniger wichtige Informationen (z.B. Kiewra, 1987). Auch im experimentellen
Paradigma der virtuellen Welt von Muthig und Piekara (1984) bzw. Schönpflug (1986c) war die
Wichtigkeit eines bestimmten Textes für den aktuellen Handlungskontext der beste Prädiktor der
Häufigkeit, mit der dieser Text extern gespeichert wurde.
26
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
Meacham und Singer (1977) zeigten einen Zusammenhang zwischen Speicherwahl und der
Valenz des Abrufs. Probanden bekamen die Aufgabe, Postkarten zu bestimmten Terminen an den
Versuchsleiter zu schicken. Dabei führte der Einsatz von externen Speichern, um sich an das
Abschicken zu erinnern, generell zu mehr korrekt zurückgeschickten Postkarten. Variiert wurde die
Valenz dieser Handlung, indem bei der Experimentalgruppe unter den erfolgreichen Einsendern eine
Prämie verlost werden. Diese Zusatzinstruktion führte nicht nur zu einer Verringerung von zu spät
abgeschickten oder vergessenen Postkarten, sondern auch zu vermehrtem Einsatz von externen
Speichern.
1.3.1.4 Zusammenspiel der Parameter
Drei für die Speicherwahl kritische Parameter hat die Literaturübersicht ergeben: Die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Speicherung, ihr Aufwand und die Valenz des Erinnerns an die
abzuspeichernde Information. Es gibt Hinweise darauf, daß die Valenz die zentrale Steuergröße beim
Zusammenspiel der drei Variablen ist.
So hat der Aufwand der externen Speicherung wenig Einfluß auf die Entscheidung, ob extern
gespeichert wird oder nicht, wenn die zu speichernde Information eine hohe Relevanz für den
Handlungskontext hat. Auch hoher Aufwand für die Speicherung wird in Kauf genommen, wenn der
Rückruf der Information wichtig ist (Schönpflug, 1986c). Umgekehrt gilt das Gleiche: selbst wenn der
Aufwand einer internen Speicherung gering bzw. die Erfolgswahrscheinlichkeit einer internen
Speicherung relativ hoch ist, wird extern gespeichert, wenn der Rückruf der Information als wichtig
eingeschätzt wird. So wurde die externe Speicherung der internen vorgezogen, selbst wenn die zu
speichernden Informationseinheiten einen geringen Umfang hatten und dadurch die interne Speicherung
sowohl wenig aufwendig als auch erfolgreich hätte sein können (Muthig & Piekara, 1984).
Die Wichtigkeit des Rückrufes beeinflußten bei Schönpflug (1986c) und auch bei Muthig und
Piekara (1984) sowohl die Frage, wie groß der Aufwand für eine Speicherung werdendarf
(Akzeptierter Aufwand des Speicherns, AAS), als auch, wie groß die Erfolgswahrscheinlichkeit der
Speicherung werden muß (Erforderte Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung, EES). Das
Zusammenspiel dieser Parameter ist vorstellbar entsprechend dem fünfstufigen Prozeß, den Le Ny et al.
(1972) für das Lernen von Items annehmen, wobei der Valenz der Information die gleiche Rolle
zukommt wie der individuellennorm of study bei Le Ny et al. (1972):
1. Erstellung einer individuellen Lernnorm, die sich aus der Wichtigkeit, die der Proband dem Item
zuschreibt, ergibt;
27
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
2. Lernen des Items;
3. Einschätzung des Beherrschens des Items (Feeling of knowing nach Le Ny et al., 1972; nicht zu
verwechseln mit dem als FOK abgekürztenfeeling of knowing, das generell als Vorhersage der
Wiedergabeleistung eines aktuell nicht beherrschten Items verstanden wird, z.B. Hart, 1965);
4. Vergleich des eingeschätzten Lernergebnisses mit der individuellen Lernnorm
5. Abbruch des Lernens, wenn die Lernnorm erreicht worden ist bzw. Fortführung, wenn sie noch
nicht erreicht wurde.
Diesen Zusammenhang wiesen die Autoren über von den Probanden selbst gesteuerte Lernzeiten
nach. Wenn die Schwierigkeit der Items nicht variiert wurde, folgte die Lernzeit der aufeinander
folgenden Items einer umgekehrten U-Funktion, um die durch den Reihenpositionseffekt (Murdock, 1962)
beschriebenen Schwierigkeit der Itemabfolge zu kompensieren (Le Ny, 1969; Le Ny & Denhiere, 1970).
Bei Variation der Itemschwierigkeit dagegen folgt die Lernzeit der Schwierigkeit der Items (Le Ny et
al., 1972; Nelson & Leonesio, 1988). Schließlich läßt sich die Lernzeit auch durch die Variation der
Wichtigkeit der einzelnen Items und damit der angenommenennorm of study steuern: monetäre
Belohnungen führen z.B. zu deutlich höheren Lernleistungen (Harley, 1965, 1968).
Bei der Wahl eines Speichers könnte dieser Prozeß prinzipiell gleich ablaufen, nur die Prüfgröße
müßten ausgetauscht bzw. erweitert werden. Erstens wird die individuelle ‘norm of study’ ersetzt durch
zwei Parameter: den Akzeptierten Aufwand für die Speicherung (AAS) und die Erforderte
Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung (EES). Beide Parameter sind um so höher, je größer die der
Repräsentationsaufgabe zugeschriebene Valenz. Zweitens würden nicht die vollbrachte Lernleistung,
sondern die Erfolgswahrscheinlichkeit bzw. der Aufwand der Speicherung der Repräsentationsaufgabe
in einem bestimmten Speicher eingeschätzt. Drittens würde über den Vergleich dieser beiden
geschätzten Parameter mit den beiden Normparametern nicht der Abbruch des Lernprozesses, sondern
die Entscheidung für oder gegen den jeweiligen Speicher steuern. Im Detail wird dieser Prozeß in
Kapitel 1.4.1. beschrieben.
1.3.2 Unterschiedliche Prozesse zur Speicherwahl
Neben der Frage nach den an der Evaluation eines Speichers beteiligten Parametern stellt sich das
grundsätzlichere Problem, ob überhaupt bzw. unter welchen Bedingungen ein Speicher evaluiert wird.
Es erscheint bei näherer Betrachtung nämlich wenig plausibel, daß Repräsentationsaufgaben generell
über eine Evaluation bekannter Speicher gelöst werden.
28
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
1.3.2.1 Speicherwahl bei häufigen, sehr geläufigen Aufgaben
Drei Argumente sprechen bei sehr geläufigen Aufgaben gegen die generelle Evaluation eines
Speichers. Alltagsbeobachtungen, die mangelnde Validität metakognitiver Parameter und die Ergebnisse
der Forschung zu Scripten.
Alltagsbeobachtung
Wenn ein häufig auftauchender Typ von Repräsentationsaufgabe im Alltag gestellt wird, läßt sich
ein Verhalten beobachten, das dem oben beschriebenen Prozeß der Evaluation widerspricht. Wie verhält
sich beispielsweise eine Person, die gewohnt ist, einen Terminkalender zu benutzen? Jeder Termin wird
im Terminkalender notiert, unabhängig von der Art des Termins oder der Zeitspanne bis zum Termin.
Allein die Erwartung eines zu merkenden Termins reicht aus, um zum Terminkalender zu greifen, ohne
daß schon etwas über den Termins bekannt ist. Die Wichtigkeit des Terminkalenders wird besonders
dann deutlich, wenn er plötzlich nicht mehr verfügbar ist. Ein verlorener Terminkalender gleicht dann
einem partiellen Gedächtnisschwund - die Orientierung im Alltag ist gestört, neue Termine aufzunehmen
ist höchst problematisch und die schon notierten Termine sind definitiv verschwunden.
Hier scheint keine Evaluation eines Speichers mehr stattzufinden. Vielmehr scheint es eine feste
Verbindung zwischen einem bestimmten Datentyp - dem Termin - und einem bestimmten Speicher dem Terminkalender zu geben. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Interviewstudie von IntonsPeterson und Fournier (1986): bestimmte Repräsentationsaufgaben scheinen generell mit bestimmten
Speichern verknüpft zu sein.
Metakognitive Parameter
Wie gut kann eine Speicherwahl sein, die durch Evaluation zustande kommt? Nach den bisherigen
Überlegungen scheint die Evaluation eines Speichers hauptsächlich von zwei Parametern abzuhängen:
dem geschätzten Aufwand und der geschätzten Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung der
jeweiligen Repräsentationsaufgabe im zu überprüfenden Speicher. Die Validität der kritischen
Parameter bestimmt dabei die Effektivität der Speicherung. Wird die Erfolgswahrscheinlichkeit einer
weniger aufwendigen Speicherung unterschätzt, führt das zu einem überflüssigen Aufwand. Schlimmer
noch, wenn die Erfolgswahrscheinlichkeit überschätzt wird: im Extremfall kann dies zu einem
kompletten Verlust der gespeicherten Information führen. Forschungen zu metakognitiven Parametern
stellen aber die Validität der kritischen Parametern in Frage.
In der Forschungsliteratur sind mindestens sieben verschiedene Parameter der Einschätzung der
Gedächtnisleistung bekannt (vgl. z.B. Leonesio & Nelson, 1990, für einen Überblick). Da die einzelnen
Parameter selbst nicht hoch miteinander korrelieren (Leonesio & Nelson, 1990), scheint die
29
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
entscheidende Größe multidimensional zu sein (für Überlegungen zu möglichen Dimensionen vgl.
Krinsky & Nelson, 1985; Nelson, Gerler & Narens, 1984, bes. pp.295-299). Ein Ergebnis ist aber bei
allen Parametern durchgängig: Der Zusammenhang mit der tatsächlichen Gedächtnisleistung ist gering.
Überzufällig hohe korrelative Zusammenhänge zwischen Vorhersage und Erinnern bzw.
Wiedererkennen lassen sich immer wieder nachweisen (vgl. Nelson, 1984, für die Diskussion des
optimalen statistischen Maßes), sind aber weit vom perfekten Zusammenhang entfernt. Die hohe
Korrelation zwischen Ease of Learning und Reproduktion bei frühen Untersuchungen (Richardson &
Erlebacher, 1958; Underwood, 1966; Lippman & Kintz, 1968) von teilweise über .9 ist eine Funktion
des Versuchsmaterials. Die Autoren arbeiteten mit sinnlosen Silben, und es bestand ein hoher
Zusammenhang zwischen der Vorhersage der Erinnerung des Items, der tatsächlichen Erinnerung und
der Aussprechbarkeit der Items. Bei homogenerem Material sinkt die Korrelation auf .2 bis maximal .5
(z.B. Nelson & Leonesio, 1988; Leonesio & Nelson, 1990). In dieser Größenordnung bewegen sich
auch die Zusammenhänge zwischen anderen metakognitiven Parametern und Leistungsmessungen (z.B.
Nelson, 1988) sowie metakognitiven Parametern und der Zuteilung von Lernzeiten (sog. ‘labor-in-vaineffect’, Nelson & Leonesio, 1988; Le Ny et al., 1972; Mazzoni, Cornoldi & Marchitelli, 1990).
Diese metakognitiven Parameter stimmen teilweise mit den für die Speicherwahl zu
untersuchenden kritischen Parametern überein. Es ist daher plausibel, auch bei ihnen einen nur
schwachen Zusammenhang zwischen Vorhersage und Leistung anzunehmen. Noch deutlicher wird das
vor dem Hintergrund neuerer Studien zur Genealogie metakognitiver Urteile. Metakognition scheint ein
parasitärer Prozeß des eigentlichen Erinnerns zu sein: über bestimmte Schätzalgorithmen wird die
Erinnerung an Teilinformationen genutzt, um die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Erinnerung zu
berechnen (vgl. Reder & Ritter, 1992; Koriat, 1993, 1994). Tatsächlich werden metakognitive Urteile
um so genauer, je eher sie auf einem tatsächlichen Abrufversuch aus dem Langzeitgedächtnis basieren
(delayed-JOL-effect, Nelson & Dunlovsky, 1991; entsprechend für Textreproduktionen: Maki & Serra,
1992).
Während die metakognitiven Parameter aber ausschließlich das Gedächtnis betreffen, werden
Erfolgswahrscheinlichkeit und Aufwand einer Speicherung nicht nur für das Gedächtnis, sondern
zusätzlich auch für externe Speicher erhoben. Bei der Einschätzung externer Speicher fehlt aber nun
genau diese kritische Datenbasis; ein teilweiser Rückruf aus einem externen Speicher ist in aller Regel
nicht möglich. Diese Einschätzungen müssen folglich allein aus früheren Erfahrungen gespeist werden
und können nicht aus der aktuellen Aufgabe entstehen. Dies dürfte die Validität der Einschätzung
externer Speicher noch einmal drastisch verschlechtern.
30
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
Scripte
Wiederholen sich bestimmte Situationen immer wieder, so erfolgt nicht jedesmal neu eine
komplette Orientierungsreaktion. Stattdessen wird spezifisches Wissen über diese Situation in Scripten
organisiert (Schank & Abelson, 1977) und steht zur Verfügung, wenn diese Situation erneut auftritt.
Die oben beschriebene Alltagsbeobachtung der generellen Verknüpfung bestimmter Aufgabentypen mit
bestimmten Speichern tritt nur bei sehr geläufigen, also hoch trainierten Repräsentationsaufgaben auf.
Die Annahme erscheint plausibel, daß diese Aufgaben durch Scripte bearbeitet werden.
Scripte zur Lösung von Repräsentationsaufgabe sollen als Repräsentationsscripte (RS) bezeichnen
werden. Verschiedene Repräsentationsaufgaben haben gemeinsame, definierende Merkmale, die das
Repräsentationsscript aktivieren, unterscheidende Merkmale, mit denen die Leerstellen slots)
(
des
Repräsentationsscripts gefüllt werden und einen Speicher, in dem diese unterscheidenden Merkmale
gespeichert werden. Analog zu den Scripten von Schank und Abelson (1977) sollten sich
Repräsentationsscripte entwickeln, wenn ein bestimmter Aufgabentyp häufig auftaucht. Das beinhaltet,
daß sich klassifizierende Merkmale herausbilden, die eine Aufgabe als einen bestimmten Typ
klassifizieren. Verknüpft mit diesem klassifizierenden Teil des Scripts ist ein spezieller Speicher, in den
Aufgaben dieses Typs gespeichert werden. Beispielsweise könnte der Teil eines Terminscripts, der
Aufgaben als Termine klassifiziert, die kennzeichnenden Merkmale haben: etwas, was zu einem genauen
Zeitpunkt im Zeitraum des nächsten halben Jahres zu erledigen ist und wichtig genug ist, daß ich mich
daran erinnere. Verknüpft damit wäre ein bestimmter Speicher, beispielsweise der Terminkalender. Die
Form der Speicherung des Termins im Terminkalender würde durch die Merkmale bestimmt, in denen
die Aufgaben dieses Typs sich unterscheiden. Das wäre beispielsweise der Zeitpunkt, das, was zu
erledigen ist, usw.
Die Genese eines Repräsentationsscriptes läßt sich mit Modellen zur Textverarbeitung
beschreiben. Über Makrooperatoren werden Repräsentationsaufgaben in Makropropositionen zerlegt
(z.B. Kintsch & van Dijk 1978; van Dijk, 1980; van Dijk & Kintsch, 1983). Die definierende Seite eines
Repräsentationsscriptes besteht dann aus einer oder mehreren Makropropositionen, die immer wieder
aufgetaucht waren. Der zugeordnete Speicher würde aus Erfahrungen mit diesen Makropropositionen
gewählt werden. Er müßte in einer Hinsicht hervorstechend gewesen sein, z.B. für Aufgaben dieses
Typs am häufigsten genutzt oder am erfolgreichsten gewesen sein. Natürlich könnte das gesamte
Repräsentationsscript auch individuell oder als Teil der Tradition gelernt worden sein.
Je nach Genese können Repräsentationsscripte mehr oder weniger individuell sein; ein
Terminscript könnte also als Speicher statt des Terminkalenders auch das Gedächtnis, die Pinwand, den
Zettel an der Haustür usw. haben. Es wäre ebenso denkbar, daß die Klassifikation der Aufgaben
individuell verschieden ist. Für Aufgaben, die sich mit dem Einkaufen beschäftigen, könnte
31
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
beispielsweise ein eigener Einkaufsscript entwickelt worden sein; denkbar wäre aber auch, daß solche
Aufgaben den Terminen zugeordnet werden und entsprechend behandelt, also beispielsweise im
Terminkalender notiert werden. Repräsentationsscripte machen folglich eine Aussage über
intraindividuell gleiche Bearbeitung von bestimmten Aufgabentypen, nicht notwendigerweise über
interindividuelle Übereinstimmungen. Interindividuell stimmt nur die Art der Bearbeitung der
Repräsentationsaufgabe überein: nicht die Einschätzung von Aufgabe oder Speicher bestimmt die Wahl
des Speichers, sondern einzig die Zuordnung zu einer Aufgabenklasse, für die ein Repräsentationsscript
existiert.
Die Anwendung eines Repräsentationsscriptes hat gegenüber der Evaluation eines Speichers
mindestens zwei Vorteile. Erstens ist die Bearbeitung der Aufgabe wesentlich erleichtert; die u.U.
komplexe Einschätzung der Aufgabe und unterschiedlicher Speicher wird durch eine einzige
Fragestellung - gibt es für die Aufgabe ein Repräsentationsscript - ersetzt. Zweitens wird der Abruf aus
dem Speicher wesentlich erleichtert. Ohne Repräsentationsscript muß zu jeder Aufgabe ein eigener
Speicher gemerkt werden (Esser, 1992); je nach dem, wie stark die Signalfunktion des Speichers ist
(vgl. Norman, 1988), stellt beim Abruf der Information die Suche nach bzw. in einem Speicher eine
arbeitsintensive Aufgabe dar, die nicht immer zum Erfolg führt. Mit einem Repräsentationsscript wird
der Abruf wesentlich erleichtert: Wissen welcher Typ von Information gesucht wird, heißt dann nämlich
auch, wissen wo die abgespeicherte Information zu finden ist.
Die Annahme eines Repräsentationsscriptes liefert den schärfsten theoretischen Einwand gegen
die implizite Theorie der Speicherwahl. Wird nach der Erledigung von alltäglichen
Repräsentationsaufgaben gefragt, ist die Erwartung eines Zusammenhangs zwischen der Einschätzung
des eigenen Gedächtnisses und der Speicherwahl schlicht falsch. Alltägliche Typen von
Repräsentationsaufgaben werden häufig bearbeitet. Dadurch bietet sich gerade für diese Aufgaben die
Bearbeitung über Repräsentationsscripte an. Aufgaben mit unterschiedlichsten Einschätzungen werden
dann nach ein und demselben Muster gelöst - ohne daß metakognitive Parameter eine Rolle spielen.
1.3.2.2 Speicherwahl bei ungeläufigen, sehr seltenen Aufgaben
Wie merkt man sich das Treffen mit seiner Abiturklasse in zehn Jahren? Auch hier kann die
Evaluation an ihre Grenzen stoßen, weil ein passender Speicher für diese Aufgabe u.U. nicht bekannt
ist. Gleiches gilt in einer Alltagssituation, in der der passende Speicher nicht verfügbar ist: ohne
passenden Speicher kann die Evaluation nicht ans Ziel führen.
Prinzipiell sind zwei Lösungen denkbar. Erstens könnten die Vergleichsparameter verändert
werden. Konkret: Entweder den Akzeptierten Aufwand der Speicherung erhöhen oder die erforderte
32
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung vermindern oder beides. Der Anwender wäre also bereit,
einen höheren Aufwand für die Speicherung in Kauf zu nehmen, als es sich für ihn aus der Valenz des
Erinnerns ergeben würde. Oder er würde sich mit einer niedrigeren Erfolgswahrscheinlichkeit der
Speicherung zufrieden geben. Besteht die Wahl zwischen beidem, so wird bei genügend hoher Valenz
die Aufwandserhöhung gewählt werden, um eine entsprechende Erfolgswahrscheinlichkeit zu erzielen
(vgl. 1.3.1.4).
Die zweite Lösungsmöglichkeit wäre, unter Beibehaltung der kritischen Parameter eine völlig
neue Form der Speicherung für die Repräsentationsaufgaben zu finden. Dieser Vorgang wäre ein
kreativer Prozeß (z.B. Rhodes, 1961), das Ergebnis ein kreatives Produkt (Landau, 1984). Dieser
Speicher oder aber diese Form, in der ein bekannter Speicher genutzt wird, wäre dem Anwender vor
der Bearbeitung der Repräsentationsaufgabe nicht bekannt. Die Entscheidung für diese neue
Speicherform ist wieder durch Evaluation möglich: der Speicher wirde auf die kritischen Parameter hin
überprüft und gewählt, wenn er diese Bedingungen erfüllt. Bei beiden Lösungswegen wird eine neue
Situation konstruiert, indem entweder neue Speicher entwickelt oder die kritischen Parameter zur
Speicherwahl modifiziert werden. Deswegen wird dieser Art der Speicherwahl alsKonstruktion
bezeichnet.
Konstruktion, Evaluation und Anwendung könnten in der Entwicklung des Umgangs mit
Repräsentationsaufgaben sukzessiv aufeinander aufbauen. In der individuellen Entwicklung gibt es die
Möglichkeit, entweder eine Speicherform zu lernen oder aber sie zu entwickeln. Im letzten Fall würde
ein Speicher zunächst konstruiert, wie in der klassischen Untersuchung von Kreutzer, Leonard und
Flavell (1975) wo Kinder dazu angeregt wurden zu überlegen, was sie beispielsweise tun könnten, um
sicher zu sein daß sie ihre Schlittschuhe am nächsten Tag mit in die Schule nehmen. Ist eine
Speichermöglichkeit gefunden - beispielsweise das Plazieren der Schlittschuhe vor der Haustür - könnte
bei zukünftigen Aufgaben dieser Speicher evaluiert werden; er ist bekannt und es müßte nur noch
entschieden werden, ob er für die jeweilige Aufgabe paßt, d.h. ob Aufwand und
Erfolgswahrscheinlichkeit dieser Speicherung den gewünschten Werten entsprechen. Schließlich könnte
diese Form der Speicherung Teil eines Repräsentationsscriptes werden. Dies könnte z.B. die Form
haben: Dinge, die am nächsten Tag mitgenommen werden, an einem auffälligen Ort plazieren. Auch bei
Erwachsenen ist diese Entwicklung denkbar. Ein Beispiel aus den Pilotstudien sind Termine, die über
die Jahresfrist, also den Geltungsbereich des Terminkalenders, hinausgehen. Für einige Probanden war
diese Aufgabe nur über eine Konstruktion lösbar - sie kannten aus ihrer Erfahrung keinen passenden
Speicher dafür. Eine mögliche Lösung - diese Termine auf die letzten Seiten des Terminkalenders
aufschreiben und in den dann folgenden Terminkalender übertragen - war anderen Probanden zur
33
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
Lösung solcher Aufgaben völlig geläufig; sie hatten diese Speicherform schon früher entwickelt oder
einfach gelernt und hatten für Aufgaben des Typs ‘Termine im nächsten Jahr’ ein passendes Script.
1.4 Das Modell zur Speicherwahl im erweiterten Gedächtnissystem (SWIEGS)
Die diskutierten Komponenten für ein Modell der Speicherwahl lassen sich in ein Gesamtmodell
für die Wahl von Speichern integrieren. Der hohe Auflösungsgrad des Modells ermöglicht eine
Darstellung in Form eines Flußdiagramms. Aus diesem Modell können eine Reihe unterschiedlicher,
empirisch überprüfbarer Hypothesen abgeleitet werden.
1.4.1 Das Gesamtmodell
Die Wahl eines Speichers zur Bearbeitung einer Repräsentationsaufgabe kann über drei
unterschiedliche Prozesse ablaufen. Ist ein Repräsentationsscript vorhanden, so wird die Aufgabe durch
die Anwendung des Scriptes gelöst. Ist kein Script vorhanden, so wird die Aufgabe über eine
Evaluation der bekannten Speicher für die jeweilige Repräsentationsaufgabe gelöst. Ist auch das nicht
möglich, da kein passender Speicher für die Repräsentationsaufgabe gefunden wird, wird ein Speicher
konstruiert, indem entweder ein neue Formen des Speicherns entwickelt oder die Voraussetzungen für
die Speicherung modifiziert werden. Wie Abb. 3 zeigt, lassen sich diese Prozesse in acht Schritten
darstellen:
1. Muß eine Repräsentationsaufgabe bearbeitet werden, so wird zunächst geprüft, ob die
Repräsentationsaufgabe zu einem Repräsentationsscript gehört. Ist ein passendes
Repräsentationsscript vorhanden, wird es angewandt. Die Repräsentationsaufgabe wird im Speicher
des Repräsentationsscriptes gespeichert (Speicherscript) und der Prozeß ist beendet.
2. Wird kein passendes Repräsentationsscript gefunden, so wird zunächst die Valenz des Erinnerns
eingeschätzt (VE). Aus diesem Parameter werden die beiden Kontrollparameter Erforderte
Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung (EES) und Akzeptierter Aufwand der Speicherung
(AAS) abgeleitet. Beide Parameter sollten um so größer sein, je höher die Wichtigkeit des Rückrufs
eingeschätzt wird.
3. Der erste Speicher aus der Speicherliste wird für die folgende Prüfungen genommen (i:=1).
4. Für den gewählten Speicher wird die Erfolgswahrscheinlichkeit und der Aufwand der Speicherung
der aktuellen Repräsentationsaufgabe im Speicher i (ESi bzw. ASi) geschätzt. Grundlage der
Schätzung dürften Erfahrungen mit der Art von Repräsentationsaufgabe, dem Speicher oder beidem
sein.
34
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
Zum einen wird geprüft, ob die eingeschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung (ES
i)
größer oder gleich der Erforderten Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung (EES) ist; zum
anderen, ob der eingeschätzte Aufwand der Speicherung (ASi) kleiner oder gleich dem Akzeptierten
Aufwand der Speicherung (AAS) ist. Sind beide Bedingungen erfüllt, werden die übrigen Speicher
der Speicherliste daraufhin geprüft, ob es einen Speicher mit einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit
oder einem geringeren Aufwand als dem zuerst getesteten Speicher gibt. Sollte ein überlegener
Speicher gefunden werden, wird dieser gewählt und der Prozeß endet; sollte kein überlegener
Speicher gefunden werden, wird der zuerst getestete gewählt und der Prozeß endet. Dieser
Teilprozeß ist nur angedeutet und nicht ausgearbeitet; er sollte deutlich weniger aufwendig sein als
der erste Prüfprozeß. Prinzipiell wäre auch denkbar, daß unter Verzicht auf bessere Alternativen
generell der erste passende Speicher genommen wird. Eine Entscheidung zwischen diesen
Alternativen ist nicht Gegenstand des empirischen Teils der vorliegenden Arbeit; für und wider
beider Annahmen werden deswegen hier nicht weiter verfolgt. In beiden Fällen sollte der Prozeß aber
rasch beendet werden, sobald ein erster passender Speicher gefunden wurde - entweder, indem die
Prüfung der weiteren Speicher oberflächlicher erfolgt oder aber dieser Speicher ohne weiter Prüfung
gewählt wird.
6. Sind die erforderlichen Bedingungen nicht erfüllt, so wird die Speicherliste geprüft, ob sie noch
weitere Speicher enthält (beschrieben als Frage, i = mi ax ?). Sind noch weitere Speicher vorhanden,
wird der nächste Speicher auf der Speicherliste gewählt (i: = i+1) und wie der vorherige getestet,
d.h. es wird beim vierten Schritt fortgesetzt. Enthält die Speicherliste keine weiteren Speicher mehr
(d.h. die Bedingung i = imax ? ist erfüllt), so wird eine Suche nach weiteren Speichern eingeleitet.
7. Wird ein weiterer Speicher gefunden, so wird er auf die Speicherliste gesetzt (beschrieben als i = i+1
und imax: = imax +1) und wie die ursprünglichen Speicher der Speicherliste getestet (d.h. es geht weiter
mit dem 4. Schritt). Das wird so lange wiederholt, bis entweder ein Speicher den Test im fünften
Schritt besteht oder aber kein weiterer Speicher mehr gefunden wird.
35
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
09'0&70)
RA
Teil eines
Repräsentationsscripts
Repräsentationsaufgabe (RA)
ja
RA in Speicher Script
?
nein
Rating (RA)
Valenz des Erinnerns
(VE)
8#.7#6+10
Setze
Akzeptierter Aufwand des
Speicherns (AAS)
Setze
i:=1
Erforderte Erfolgswahrscheinlichkeit (EEW)
Speicherliste
Speicher1
Speicher2
Speicher3
...
Speichermax
Rating (RA in storei)
Rating (RA in storei)
Erfolgswahrscheinlichkeit (EWi)
Aufwand des
Speicherns (ASi)
= AAS
ASi <
und
= EEW
EWi >
?
nein
ja
Gibt es
Speicheri+x mit
und ASi+x < ASi
EWi+x > EWi
?
nein
ja
i := i+x
i = imax
i := i+1
nein
?
ja
RA in Speicheri
Suche nach
weiterem Speicheri+1
(Si+1)
105647-6+10
i := i+1
imax := imax+1
ja
Si+1
gefunden
?
nein
Erhöhe AAS
Vermindere EEW
Abb. 3
Das vollständige Modell zur Speicherwahl im Erweiterten Gedächtnissystem (SWIEGS), dargestellt als
Flußdiagramm. Die einzelnen Schritte der Speicherwahl, wie sie nach dem Modell ablaufen, werden im Text
erläutert.
36
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
8. Wird kein weiterer Speicher mehr gefunden, so werden die Vergleichsparameter geändert. Möglich
ist eine Erhöhung des Akzeptierten Aufwandes des Speicherung (AAS) oder eine Verringerung der
Erforderlichen Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung (EES) oder beides. Das Modell macht
keine Aussagen darüber, welcher dieser beiden Schritte präferiert wird oder ob immer beide zugleich
stattfinden.
Eine Aufgabe könnte für einen Anwender so wenig relevant sein, daß er sie überhaupt nicht
speichern möchte. Mit Repräsentationsaufgaben werden im SWIEGS-Modell nur solche Aufgaben
bezeichnet, die für den Anwender eine bestimmte minimale Relevanz besitzen und ihn so tatsächlich vor
die Aufgabe stellen, die Information zu repräsentieren. Die Ablehnung der Bearbeitung irrelevanter
Aufgaben ist nicht Gegenstand des Modells, könnte aber beispielsweise durch eine generelle
Vorprüfung aller Aufgaben auf minimale Relevanz beschrieben werden.
1.4.2 Ableitung empirisch prüfbarer Hypothesen aus dem SWIEGS-Modell
Frühere Modelle zum Einsatz von externen Speichern krankten daran, daß ihre Allgemeingültigkeit die Ableitung empirisch prüfbarer Hypothesen verhinderte (vgl.1.2.3). So ist die Ableitung
empirisch falsifizierbarer Hypothesen ein erster wichtiger Test des SWIEGS-Modells.
Das Modell identifiziert drei unterschiedliche Strategien der Wahl eines Speichers. Für häufig
bearbeitete Typen von Repräsentationsaufgaben haben sich Repräsentationsscripte gebildet. Für seltener
bearbeitete Aufgaben finden sich auf der Speicherliste passende Speicher, die über die Evaluation
gewählt werden. Für mehr oder weniger einmalige Repräsentationsaufgaben dagegen sind neue
Speicher bzw. Speicherbedingungen zu konstruieren. Die Häufigkeit, mit der eine bestimmte
Repräsentationsaufgabe bzw. ein bestimmter Typ von Repräsentationsaufgabe in der Vergangenheit
bearbeitet wurde, bestimmt also, mit welcher der drei Strategien die aktuelle Repräsentationsaufgabe
bearbeitet wird. Je häufiger aber ein Aufgabentyp bearbeitet wurde, um so geläufiger müßte er
gleichzeitig auch dem Probanden auch sein. Dieser Überlegung folgend, wird die Bearbeitungs
häufigkeit eines bestimmten Aufgabentyps über Geläufigkeitseinschätzungen der Aufgaben
operationalisiert.
Durch diese Operationalisierung wird auch das Problem der Klassifizierung von Aufgaben beim
Einsatz von Repräsentationsscripten umgangen. Welche Aufgaben zu einem Aufgabentyp
zusammengefaßt und einem bestimmten Speicher zugeordnet werden kann ja interindividuell variieren
(z.B. ist ‘Übermorgen um 9.00 beim Bäcker die Sonntagsbrötchen abholen’ vom Typ ‘Termin’, etwas
vom Typ ‘Einkaufen’ oder eine Aufgabe, die in kein vorhandenes Script paßt?). Ob nun eine
Repräsentationsaufgabe zu einem geläufigen Aufgabentyp mit Repräsentationsscript gehört bzw. zu
37
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
welchem Typ genau, kann vernachlässigt werden, wenn Geläufigkeitseinschätzungen über die Aufgaben
vorliegen. Da die Geläufigkeit einer Aufgabe aus dem alltäglichen Umgang mit dieser und ähnlichen
Aufgaben gewonnen wurde, muß die Geläufigkeitseinschätzung allerdings entweder von den Probanden
direkt selbst abgegeben werden oder zumindest von der gleichen Teilpopulation. So wäre z.B. für
Sprechstundenhilfen in Arztpraxen andere Aufgaben geläufig als für Börsenmakler.
Zur besseren Übersichtlichkeit gliedern sich die Hypothesen in drei Gruppen: Hypothesen zur
Planungszeit, zur Speicherwahl und zu metakognitiven Parametern. Diese Einteilung ist willkürlich;
Überschneidungen sind deswegen unvermeidlich.
1.4.2.1 Planungszeit
Von der Geläufigkeit der Repräsentationsaufgabe sollte abhängig sein, welche Strategie gewählt
wird. Generell wird im folgenden von sehr geläufigen, geläufigen und ungeläufigen Repräsentations
aufgaben zur Bezeichnung unterschiedlicher Geläufigkeitsstufen gesprochen. Sehr geläufige Aufgaben
würden bei der Speicherwahl über Anwendung eines Repräsentationsscriptes, geläufige über die
Evaluation und ungeläufige über die Konstruktion bearbeitet. Die Anwendung eines Scriptes ist die
schnellste Form einen Speicher zu finden, da dieser Prozeß am wenigsten Teilschritte beinhaltet. Die
Evaluation erfordert die Prüfung mehrerer Parameter für verschiedene Speicher. Die Konstruktion
dagegen ist am langwierigsten. Sie tritt nur ein, nachdem die Evaluation der gesamten Speicherliste
abgelaufen ist und erweitert diese noch einmal. Je weniger geläufig also eine Repräsentationsaufgabe,
um so länger dauert die Wahl eines Speichers (H1).
Dieser Unterschied in der Planungszeit müßte unabhängig vom Ergebnis der Wahl sein, da der
zugrundeliegende Prozeß, nicht der gewählte Speicher den Unterschied bedingt. Wird beispielsweise
das Gedächtnis als Speicher gewählt, so müßte das bei sehr geläufigen Repräsentationsaufgaben durch
die Anwendung eines Repräsentationsscriptes ablaufen, das das Gedächtnis als Speicher hat; bei
geläufigen Repräsentationsaufgaben als Ergebnis der Evaluation, wo sich das Gedächtnis als optimaler
Speicher bewährt hat und bei ungeläufigen Aufgaben durch Veränderung der Prüfgrößen AAS bzw.
EES - nachdem sich kein Speicher auf der Speicherliste als für die zu bearbeitende Aufgabe
entsprechend der Prüfkriterien passend erwiesen hat. Die steigende Planungszeit zur Wahl eines
Speichers bei sinkender Geläufigkeit der Repräsentationsaufgabe gilt also auch dann, wenn bei allen
Aufgaben der gleiche Speicher gewählt wird (H2).
Die Speicherliste wird nach dem Modell linear, also ein Speicher nach dem anderen in einer
gleichbleibenden Reihenfolge abgearbeitet. Wird ein passender Speicher gefunden, so folgt die Prüfung
der übrigen Speicher sehr viel schneller oder entfällt (vgl. 1.4.1., Schritt 5). Bei gleicher Geläufigkeit
38
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
mehrerer Repräsentationsaufgaben sollte die Wahl des Speichers deswegen um so schneller gehen, je
höher der Speicher in der Speicherliste steht. Die Position eines Speichers in der Speicherliste wird aber
von der Häufigkeit des Einsatzes dieses Speichers bestimmt: je häufiger er in der Vergangenheit
eingesetzt wurde, um so höher steht er in der Speicherliste. Deswegen erfolgt - bei gleicher Geläufigkeit
der Repräsentationsaufgaben - die Entscheidung für einen häufig gewählten Speicher schneller als die
für einen seltener gewählten Speicher (H3).
Dieser Effekt müßte allerdings bei sehr geläufigen Aufgaben verschwinden, da bei der
Anwendung von Repräsentationsscripten die Speicherliste keinen Einfluß hat. Je geläufiger folglich eine
Repräsentationsaufgabe ist, um so mehr verschwindet der durch die Einsatzhäufigkeit der Speicher
induzierte Unterschied in der Planungszeit (H4).
1.4.2.2 Speicherwahl
Nur zwei der drei möglichen Strategien zur Speicherwahl - Evaluation und Konstruktion basieren auf der Einschätzung metakognitiver Parameter. Bei der Anwendung von
Repräsentationsscripten dagegen spielt die Einschätzung der Aufgabe keine Rolle. Bei sehr geläufigen
Aufgaben sollte die Wahl eines Speichers also unabhängig von metakognitiven Parametern erfolgen; bei
geläufigen und ungeläufigen Aufgaben dagegen stellen die metakognitiven Parameter die Grundlage der
Entscheidung dar. Je ungeläufiger eine Aufgabe, desto eher ist folglich die Speicherwahl aus der
Kenntnis der metakognitiven Parameter vorhersagbar (H5).
Die Geläufigkeit von Repräsentationsaufgaben erlaubt auch eine Vorhersage über die Anzahl
verschiedener Speicher, mit denen Repräsentationsaufgaben gelöst werden. Sehr geläufige Aufgaben
werden als einem bestimmten Aufgabentyp zugehörig klassifiziert und mit einem Repräsentationsscript
gelöst. Verschiedene Aufgaben werden in diesem Fall mit dem Einsatz eines einzigen Speichers gelöst.
Bei geläufigen oder ungeläufigen Aufgaben dagegen findet diese Klassifikation nicht statt; für jede
Aufgabe werden aufs neue unterschiedliche Speicher geprüft. Für sehr geläufige Aufgaben werden
folglich deutlich weniger unterschiedliche Speicher eingesetzt als für geläufige oder ungeläufige
Aufgaben (H6). Ob ungeläufige Aufgaben mit mehr unterschiedlichen Speichern gelöst werden als
geläufige Aufgaben, ist aus dem Modell nicht vorhersagbar. Ungeläufige Aufgaben können entweder
über die Konstruktion neuer Speicher oder aber einfach die Modifikation der Speicherbedingungen
gelöst werden. Sollten die ungeläufigen Aufgaben über die Konstruktion neuer Speicher gelöst werden,
so würden mehr unterschiedliche Speicher eingesetzt als bei der Evaluation. Werden bei der
Konstruktion aber nicht neue Speicher, sondern neue Speicherbedingungen konstruiert und die Aufgabe
39
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
dann mit gängigen Speichern repräsentiert, so könnte die Anzahl der unterschiedlicher Speicher bei
ungeläufigen Aufgaben sogar geringer sein als bei geläufigen Aufgaben.
1.4.2.3 Valenz der Aufgaben
Die Valenz der Aufgabe steuert die kritischen Parameter Erforderliche Erfolgswahrscheinlichkeit
der Speicherung (EES) und Akzeptierter Aufwand der Speicherung (AAS). Bei der Evaluation und
Konstruktion eines Speichers geschieht die Wahl aber durch den Vergleich der eingeschätzten
Erfolgswahrscheinlichkeit bzw. des eingeschätzten Aufwandes der Speicherung mit diesen beiden
Prüfgrößen. Je höher die Valenz einer Aufgabe für einen Probanden, desto höher darf der Aufwand und
muß der Erfolg der Speicherung sein. Für sehr geläufige Aufgaben gilt das nicht. Die Anwendung eines
Scriptes erfolgt unabhängig von der Aufgabenvalenz. Die folgenden Hypothesen zur Aufgabenvalenz
liegen deswegen im folgenden jeweils in zweifacher Form vor: einer Kernaussage für den generellen
Effekt der Valenz auf eine Variable (H7, H9 und H11) und einer Spezifikation dieses Effektes durch die
Geläufigkeit der Aufgaben (H8, H10 und H12).
Je höher die Aufgabenvalenz, um so strenger sind die Prüfkriterien bei der Speicherwahl. Durch
die schärferen Kriterien müssen mehr Speicher geprüft werden, bis der erste passende gefunden wird.
Daraus folgt, daß die Planungszeit bei Aufgaben mit hoher Valenz größer ist als bei solchen mit
niedriger Valenz (H7).
Dieser Effekt müßte um so stärker werden, je ungeläufiger die Aufgabe ist. Bei sehr geläufigen
Aufgaben spielt die Valenz keine Rolle, da die Aufgaben über das Script gelöst werden. Bei weniger
geläufigen Aufgaben führt hohe Valenz zu einer längeren Bearbeitungszeit, da die Prüfkriterien für die
Speicher härter sind und somit mehr Speicher geprüft werden müssen, bis einer gefunden wird, der den
höheren Anforderungen genügt. Bei sehr ungewöhnlichen Aufgaben müßte die Erhöhung der
Planungszeit am größten sein: bei wichtigen Aufgaben wird man seltener den Vergleichsparameter der
Erforderlichen Erfolgswahrscheinlichkeit (EEW) herabsetzten als bei weniger wichtigen Aufgaben.
Folglich wird häufiger die Konstruktion einer Aufgabe gewählt bzw. länger geprüft werden, bevor die
Entscheidung für ein Veränderung der Vergleichsparameter fällt. Je ungeläufiger also eine Aufgabe, um
so größer ist die Differenz in der Planungszeit bei Aufgaben mit hoher Valenz im Vergleich zu solchen
mit geringer Valenz (H8).
Je höher die Aufgabenvalenz, um so mehr Speicher werden zur Lösung der Aufgaben geprüft und
um so differenzierter wird die Lösung schließlich ausfallen. Bei der Evaluation führt höhere Valenz
einer Aufgabe zur Prüfung von mehr Speichern. Bei der Konstruktion steigt bei höherer Valenz einer
Aufgabe darüber hinaus die Wahrscheinlichkeit, einen neuen Speicher zu konstruieren. Je höher die
40
Das Modell zur Speicherwahl (SWIEGS)
Aufgabenvalenz, um so mehr unterschiedliche Speicher kommen bei ein und demselben Aufgabentyp
zum Einsatz (H9). Bei der Anwendung eines Scriptes ändert sich die Speicherzahl dagegen nicht, da zu
jedem Script genau ein Speicher gehört. Je geläufiger also eine Aufgaben, um so weniger führt höhere
Aufgabenvalenz zu höherer Speicherzahl (H10).
Eine Verschärfung der Prüfgrößen durch die Erhöhung der Aufgabenvalenz müßte schließlich
auch dazu führen, daß die dann gewählten Speicher anders beurteilt werden. Die Einschätzung müßte
die Prüfgrößen widerspiegeln. Je höher die Aufgabenvalenz, um so höher wird die
Erfolgswahrscheinlichkeit und der Aufwand der gewählten Speicherung eingeschätzt (H11). Die
Aufgabenvalenz hat nach dem Modell aber keinen Einfluß auf die Speicherwahl bei der Anwendung
eines Repräsentationsscripts. Je geläufiger folglich eine Aufgabe, um so weniger führt erhöhte
Aufgabenvalenz zu einer veränderten Einschätzung der gewählten Speicherung (H12).
Die hier beschriebenen Hypothesen differenzieren sich weiter, wenn sie mit der Einführung hier
noch nicht diskutierter Randbedingungen von Erhebungen operationalisiert werden. Die
differenzierteren Hypothesen werden erst bei Nennung der Randbedingungen in den entsprechenden
Studien eingeführt.
41
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
2 Empirie
In vier Untersuchungen werden die vorgestellten Hypothesen differenziert, operationalisiert und
geprüft. Dabei ist empirische Teil zweigeteilt. Im ersten Teil stehen die Hypothesen zur Planungszeit
und Speicherzahl im Mittelpunkt, im zweiten kommen die Hypothesen zu den metakognitiven
Parametern hinzu. Die erste Studie beider Teile ist jeweils eine Pilotstudie mit kleinerer
Versuchspersonenzahl, deren Ergebnisse in die Planung der jeweils folgenden Studie einfließen.
Jede Studie wird zunächst für sich diskutiert; ein Vergleich aller Studien im Rahmen des
SWIEGS-Modells findet erst in der Schlußdiskussion statt.
2.1 Erster empirischer Teil: Planungszeit und Speicherzahl
Im ersten empirischen Teil steht vor allem die Planungszeit im Mittelpunkt. Basis des SWIEGSModells ist die Annahme verschiedener, unterschiedlich aufwendiger Prozesse bei der Speicherwahl je
nach Geläufigkeit der zu bearbeitenden Aufgabe. Vor der Prüfung differenzierterer Zusammenhänge ist
es deswegen erforderlich, den Nachweis zu erbringen, daß tatsächlich Unterschiede im Zeitbedarf für
die Speicherwahl vorhandensind.
2.1.1 Studie 1: Planungszeit, Speicherzahl und Umgebungsvariation
Studie 1 ist eine Pilotstudie, in der zwei basale Hypothesen einer ersten empirischen Prüfung
unterzogen werden: Je ungeläufiger die Aufgabe, um so länger die Planungszeit, um einen passenden
Speicher zu finden (H1); die Aufgabengruppe mit sehr geläufigen Aufgaben wird mit weniger
unterschiedlichen Speichern bearbeitet als die Aufgabengruppen mit weniger geläufigen Aufgaben (H6).
Erfragt wird das Verhalten im Alltag. Es wäre daher möglich, daß die Laborsituation Effekte
zerstört, die in der anregenderen Alltagsumgebung durchaus vorhanden sind. Eine solche Wirkung der
Umgebung ist aus Untersuchungen zum Alltagsgedächtnis durchaus bekannt (z.B. ‘strategic time
monitoring’, Ceci & Bronfenbrenner, 1985). Zur Planung weiterer Untersuchungen ist es deswegen
erforderlich zu wissen, ob die Umwelt, in der der Versuch durchgeführt wird, diesen Einfluß auf die
vorhergesagten Effekte hat. Deswegen wird die Umgebung, in der der Versuch durchgeführt wird, als
unabhängig Variable in das Design aufgenommen.
Material
42
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
In einer Voruntersuchung sollten 30 Studenten und Studentinnen typische Repräsentationsaufgaben aus ihrem Alltag und die Art ihrer Lösung benennen. Aus diesem Pool wurden die 17 am
häufigsten genannten Aufgaben ausgewählt. In zwei Stufen wurden nun geläufige Elemente der
jeweiligen Aufgabe durch ungeläufige ersetzt. Eine Aufgabe lautete beispielsweise: „Morgen ein Buch
in die Bibliothek zurückbringen“. Im studentischen Alltag ist diese Aufgabe sehr geläufig; die in der
Voruntersuchung am häufigsten genannte Lösung war, daß das Buch an eine Stelle an der Ausgangstür
plaziert wird, wo es beim Verlassen der Wohnung am nächsten morgen auffallen muß. Ein
konstituierendes Element dieses Aufgabentyps ist, daß ihre Erledigung nicht zu weit in der Zukunft
liegt; ein zweites, daß der Gegenstand, mit dem die Aufgabe durchgeführt wird, präsent ist. Durch
Ersetzen dieser für diesen Aufgabentyp geläufigen Elemente wird die Aufgabe ungeläufig: „Du mußt in
acht Wochen ein Buch von der Bibliothek abholen“. Der Zeitraum bis zum Erledigen der Aufgabe ist
hier gestreckt und das Objekt, mit dem die Aufgabe durchgeführt wird, ist nicht mehr greifbar; die
Aufgabe kann dadurch auch nicht mehr mit dem gewohnten Speicher gelöst werden. In einem zweiten
Schritt wurden diese beiden Elemente der Aufgabe durch noch ungeläufigere ersetzt: „Du mußt 1996
ein Buch vorbestellen“. Da die Untersuchung im Frühjahr 1995 durchgeführt wurde, lag der Termin in
einem Zeitraum, der nicht mehr vom aktuellen Kalender erfaßt wurde. Das Objekt, mit dem die Aufgabe
durchgeführt werden muß, ist noch weniger greifbar als in der Vorversion, da es um den allerersten
Kontakt - das Bestellen des Buches - geht. In der Version, in der das Buch abzuholen war, mußte dieser
Schritt schon geschehen sein; der Titel des Buches ist dadurch schon extern gespeichert - nämlich in der
Bibliothek - was die Anzahl möglicher Lösungen erhöht. War in der Vorversion die Lösung über einen
geläufigen Speicher wie den Terminkalender noch problemlos möglich, erfordert die Lösung der letzten
Version weitere Überlegungen.
Es wurde besonders darauf geachtet, daß die Aufgaben nicht aus einem anderen Kontext heraus
wieder geläufig wurden. So ist das Abholen eines Buches aus der Bibliothek oder das Bestellen eines
Buches in der Bücherei durchaus eine geläufige Aufgabe. Trotzdem können gewohnte Speicherungen
dieser Aufgaben nicht greifen: ist ein Buch aus der Bibliothek abzuholen, informiert die Bibliothek in
der Regel den Benutzer. Will man ein Buch bestellen, so kann man das unmittelbar tun. Ziel der
Verfremdung war, daß die Aufgaben nach der ersten Verfremdung nicht mehr mit dem ursprünglich
genannten Speicher zu lösen waren und nach der zweiten Verfremdung mit keinem geläufigen Speicher
überhaupt. Hier ist noch einmal wichtig zu betonen, daß die Ungeläufigkeit der Aufgaben kein Aspekt
der Aufgaben an sich ist, sondern ein Resultat der Erfahrungen mit Repräsentationsaufgaben.
Ungeläufig sollten diese Aufgaben für die Teilpopulation der Versuchspersonen - Studenten und
Studentinnen - sein; eine andere Teilpopulation würde eine andere Konstruktion erfordern. So ist die
43
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
letzte Version der beschriebenen Aufgabe - das Bestellen eines Buches im nächsten Jahr - für
Buchhändler sicherlich nicht ungeläufig. Hier müßten andere Elemente der Aufgabe ausgetauscht
werden, um denselben Effekt zu erzielen.
In entsprechender Weise wurden die übrigen 16 Aufgaben verfremdet, so daß ein Pool von 17
Aufgaben in drei Geläufigkeitsstufen, also insgesamt 51 Aufgaben, vorlag (siehe Anhang 5.1.1).
Versuchsdurchführung
Die Aufgaben wurden in zufälliger Abfolge auf Karteikarten präsentiert. Wenn die Probanden eine
Lösung wußten, sollten sie das durch ein „Okay“ dem Versuchsleiter mitteilen. Der Versuchsleiter maß
die Zeit vom Beginn der Präsentation bis zu dieser Äußerung mit einer Stoppuhr. Danach nannte die
Versuchsperson den Speicher und der Versuchsleiter notierte ihn. Durch die Teilung in zwei Phasen
sollte gewährleistet werden, daß die Probanden den Prozeß der Planung tatsächlich abgeschlossen
hatten, wenn sie den Speicher nannten. Abschließend schätzten die Probanden die Geläufigkeit der
Aufgabe auf einer Skala von eins (sehr geläufig) bis fünf (sehr ungeläufig) ein. Diese Skala lag als
Erinnerungsstütze während des gesamten Versuchs vor dem Probanden.
Die Versuchspersonen wurden ausführlich über ihre Aufgabe instruiert. Dabei wurde besonders
betont, daß es nicht um eine möglichst schnelle Lösung der Repräsentationsaufgaben geht, sondern
vielmehr darum, die Lösung zu finden, die sie tatsächlich nehmen würden, wenn ihnen diese Aufgabe in
ihrem Alltag begegnen würde. Schließlich wurde das Procedere mit drei Übungsitems trainiert, um
insbesondere die Trennung des Endes der Planungszeit durch ein „Okay“ von der Nennung des
gewählten Speichers zu üben.
Versuchspersonen und Design
Zehn Männer und zehn Frauen nahmen an der Untersuchung teil. Alle Probanden waren
Studenten und Studentinnen der Psychologie, die für die Teilnahme einen Versuchspersonenschein
erhielten. Die Hälfte der Probanden führte den Versuch in ihrer häuslichen Umgebung durch, die andere
Hälfte im psychologischen Labor. In beiden Gruppen waren Männer und Frauen gleichverteilt; innerhalb
dieser Beschränkung erfolgte die Zuweisung zu einer der beiden Gruppen per Zufall. Das Design war
also 2*3 gemischt faktoriell mit der Umgebung - Labor vs. zu Hause - als unabhängiger Variable und
den drei Geläufigkeitsstufen der Repräsentationsaufgaben als Meßwiederholungsvariable.
Auswertungsprinzip der Studein 1-4
Das Prinzip der Auswertung ist für alle Studien gleich. Signifikanzniveau ist die übliche
fünfprozentige Zufallswahrscheinlichkeit; zur besseren Orientierung werden aber alle Ergebnisse bis
44
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
zum 10%-Niveau erwähnt. Zur statistischen Absicherung des Effektes der unabhängigen Variablen und
der Meßwiederholungsvariablen werden jeweils eine ein oder zweifaktorielle Varianzanalyse mit
Meßwiederholung berechnet. Dazu diente die Prozedur MANOVA des Statistikpaketes SYSTAT in der
Version 5.0. Die Berechnung einer Varianzanalyse bei einem Meßwiederholungsdesign hat als
Voraussetzung die Homogenität der Varianz-Kovarianz Matrix (z.B. Bortz, 1979, S. 437ff). Da diese
Voraussetzung bei realen Datensätzen fast nie erfüllt ist, berechnet man statt dessen weitere,
Meßwiederholungsanalysen, die diese Voraussetzung nicht erfordern (z.B. Wilks’ Lambda oder Pillai
Trace, vgl. Systat Manual, 1987, p.581). Kommen diese Analysen zum gleichen Ergebnis wie der FTest, kann man davon ausgehen, daß die Verletzung der Voraussetzung nicht zu einer Verzerrung der
Ergebnisse geführt hat (Systat Manual, 1987, p. 582). Der Einfachheit halber werden signifikante
Ergebnissse der F-Tests nur dann aufgeführt, wenn sie mit den zusätzlichen Analysen übeinstimmen;
diese selbst werden nicht aufgeführt. Soweit die weitere Abklärung signifikanter Haupteffekte oder
Interaktionen es erfordert, werden weitere F-Tests zur Berechnung der isolierten Wirkung eines
einzelnen Faktors sowie zweiseitige t-Tests zum Paarvergleich bei unabhängigen Stichproben bzw. bei
Meßwiederholungsvariablen durchgeführt. Die Gefahr, durch die Berechnung mehrerer t-Test per Zufall
ein signifkantes Ergebnis zu bekommen (erhöhterα - Fehler) wäre durch Testverfahren mit einer
entsprechenden α - Fehler Adjustierung (z.B. Scheffé - Test) möglich. Dieser zusätzliche Test ist aber
nur erforderlich, wenn eine Interpretation wesentlich auf der Signifikanz eines bestimmten
Paarvergleichs ruht (vgl. z.B. Czienskowski, 1996). In den hier diskutierten Studien dienen t-Tests aber
ausschließlich der Erhellung von komplexeren Zusammenhangsmusters; das Ergebnis eines einzelnen tTests wird also nirgends zentral. Deswegen werden über t-Tests hinaus keine weitergehenden
Testverfahren eingesetzt.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zu Studie 1 gliedern sich nach drei abhängigen Variablen: Die Einschätzung der
Geläufigkeit der Aufgaben, die zur Lösung der Aufgabe erforderliche Zeit (Planungszeit) und
schließlich die gewählten Speicher insgesamt sowie die Anzahl unterschiedlicher Speicher, die zur
Lösung einer Aufgabengruppe von jedem einzelnen Probanden eingesetzt wurden.
Die Einschätzung der Geläufigkeit der Aufgaben sinkt mit der Aufgabengruppe (siehe Abb. 4).
Dabei werden die Aufgaben in der natürlichen Umgebung extremer eingeschätzt: Geläufige Aufgaben
wirken geläufiger und ungeläufige Aufgaben ungeläufiger als im Labor.
Die Varianzanalyse zeigteinen signifikanten Haupteffekte für die Aufgabengruppe F(2,36)=58.88,
p<.001 sowie die Signifikanz der Interaktion zwischen Aufgabengruppe und
45
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
3
Labor
Feld
2
1
sehr geläufig
Abb. 4
geläufig
ungeläufig
Die Geläufigkeitseinschätzung der Aufgaben im der Labor- und in der Feldbedingung.
Umgebung, F(2,36)=3.77, p<.05. Der Haupteffekt der Aufgabengruppe bleibt auch bei der Analyse
einzelner Effekte für beide Umgebungen signifikant: F(2,18)= 10.73, p=.001 für die Laborbedingung
und F(2,18),=112.25, p<.001 für die häusliche Umgebung. T-Tests für Paarvergleiche unabhängiger
Variablen zwischen Aufgaben gleicher Aufgabengruppen unter der Labor vs. unter der häuslichen
Umgebung ergeben keinerlei signifikanten Unterschiede in der Einschätzung der Aufgaben. Dagegen
zeigen alle t-Tests für den Paarvergleich von Meßwiederholungsvariablen sowohl in der gewohnten
Umgebung als auch im Labor signifikante oder hochsignifikante Unterschiede in der Einschätzung der
drei Aufgabengruppen (vgl. Tab. 2).
Einschätzung der Geläufigkeit der Aufgaben
(Mittelwertsvergleiche über t-Tests)
Bedingung:
Gewohnte Umgebung
Labor
hoch vs.mittel
t(9)=10.34***
t(9)=3,27*
mittel vs.gering
t(9)=6.84***
t(9)=2.53*
gering vs. hoch
t(9)=14.22***
t(9)=3.51**
Geläufigkeitsgruppe:
Tab. 2 Ergebnisse der t-Tests der Paarvergleiche für die Geläufigkeitseinschätzungen der drei Aufgaben-gruppen.
* für p<.05, **für p<.01, ***für p<.001.
46
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
Die Planungszeiten sind in Abb. 5 dargestellt. Die Planungszeiten sind am kürzesten für die
geläufigsten Aufgaben und steigen mit sinkender Geläufigkeit. Dieser Gradient ist in der natürlichen
Umwelt steiler als im Labor. Während die Lösung geläufiger Aufgaben in beiden Umwelten gleich lange
benötigt, sind die Lösungszeiten mit sinkender Geläufigkeit der Aufgabe in der natürlichen Umwelt
deutlich länger als im Labor.
15
14
13
12
11
10
Labor
Feld
9
8
7
6
5
4
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Items
Abb. 5
Die Zeit, bis eine passender Speicher genannt wurde, getrennt für die die Geläufigkeit der Aufgaben und
Labor- vs. Feldbedingung.
Die Varianzanalyse zeigt signifikante Haupteffekte sowohl für die unabhängige Variable
Umgebung, F(1,18)=6.28, p<.05 als auch für die Meßwiederholungsvariable Geläufigkeit,
F(2,6)=22.66, p<.001 sowie eine signifikante Interaktion beider Variablen, F(2,36)=3,76, p<.05. Der
Haupteffekt der Aufgabengruppe bleibt auch bei der Analyse einzelner Effekte - für beide Umgebungen
getrennt betrachtet - signifikant: F(2,18)= 4.71, p<.05, für die Laborbedingung und F(2,18),=19.423,
p<.001 für die häusliche Umgebung. T-Tests für den Mittelwertsvergleich unabhängige Variablen
zeigen, daß sich die Planungszeiten in beiden Umwelten nicht bei sehr geläufigen, t(18)= -1,48, p>.05,
wohl aber bei geläufigen, t(18)=-2,46, p<.05, und ungeläufigen Aufgaben, t(18)=-2,49, p<.05,
unterscheiden. T-Tests für Meßwiederholungsvariablen zeigen in der natürlichen Umgebung einen
signifikanten Unterschied zwischen allen Planungszeiten: t(9)=4.46, p<.05, zwischen sehr geläufigen
und geläufigen, t(9) =3.19, p<.01, zwischen geläufigen und ungeläufigen und t(9) =4.99, p<.01,
zwischen sehr geläufigen und ungeläufigen Aufgaben. Dagegen verfehlen die Zeitunterschiede im Labor
teilweise knapp das Signifikanzniveau: t(9) =2.1, p=.065, zwischen sehr geläufigen und geläufigen,
47
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
t(9)=4.46, p<.05, zwischen geläufigen und sehr ungeläufigen und t(9) =1.98, p=.085, zwischen sehr
geläufigen und ungeläufigen Aufgaben. Der korrelative Zusammenhang zwischen der eingeschätzten
Geläufigkeit der Aufgaben und der Planungszeit beträgt r=.8, p<.001.
Zur Lösung der Repräsentationsaufgaben wurden insgesamt 41 verschiedene Speicher genannt
(siehe Tab. 3).
Eingesetzte Speicher
Speicher Anzahl der Nennungen: absolut / in
Speicher Anzahl der Nennungen: absolut / in %
%
22. Zettel in Küche
23. Küchenkalender
24. Notizbuch
25. Stadtplan
26. Telefonblock
27. Zettel in Rucksack
28. Telefonischer Weckdienst
29. Zettel im Handschuhfach
30. Zettel in Geldbörse
31. Geburtstagskalender
32. Zettelablage
33. Zettel auf Kommode
34. Zettel auf Fußboden
35. Zettel an Fernseher
36. Adreßbuch in Tasche
37. Kalender und Wecker
38. Abizeitung
39. Zettel an Ofen
40. Karteikasten
41. Tagebuch
Keine Angaben
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
Gedächtnis
419
Terminkalender
129
Notizzettel auf Schreibtisch
54
Wandkalender
50
Pinnwand
50
Wecker
34
Zettel in Terminkalender
32
Allzweckbuch
22
Gegenstand plazieren
20
Andere Person
19
Ordner für Uni
16
Jahreskalender
13
Zettel an der Wohnungstür
13
Kalender Einband hinten
13
Anderer Terminkalender
12
Allgemeiner Ordner
11
Einkaufsliste
11
Computer
10
Zettel an Schreibtisch und Tür
8
Zettel über Schreibtisch
7
Adreßbuch
7
34,9%
10,8%
4,5%
4,2%
4,2%
2,8%
2,7%
1,8%
1,7%
1,6%
1,3%
1,1%
1,1%
1,1%
1,0%
0.9%
0.9%
0,8%
0,7%
0,6%
0,6%
Gesamt
6
5
5
5
5
4
3
3
3
3
3
2
2
1
1
1
1
1
1
1
14
0,5%
0,4%
0,4%
0,4%
0,4%
0,3%
0,3%
0,3%
0,3%
0,3%
0,3%
0,2%
0,2%
0,1%
0,1%
0,1%
0,1%
0,1%
0,1%
0,1%
1,2%
1020
100%
Tab. 3 Zur Lösung der Repräsentationsaufgaben eingesetzte Speicher; Prozentangaben auf eine Dezimalstelle hinter dem
Komma gerundet. Die Auflistung ist, bis auf Angleichung von Synonymen, unverändert.
Die Speicher werden sehr unterschiedlich oft genannt. Über 45% der Aufgaben werden über nur
zwei Speicher (Gedächtnis und Terminkalender) gelöst. Dreizehn weitere Speicher werden noch in
mehr als einem Prozent der Fälle genannt und 26 Speicher in unter einem Prozent. Der Notizzettel
taucht explizit in insgesamt 14 Speichermöglichkeiten auf. Faßt man diese unter dem Oberbegriff
Notizzettel zusammen, wäre dieser Speicher mit insgesamt 138 Nennungen oder 13,5% der
zweithäufigst genannte Speicher. In diesem Fall würden über 59% der Aufgaben über nur drei
verschiedene Speicher gelöst.
48
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
Für jeden Probanden wurde errechnet, mit wie vielen unterschiedlichen Speichern er die
Repräsentationsaufgaben der drei Geläufigkeitsstufen gelöst hat. Maximal wären siebzehn
unterschiedliche Speicher möglich: wenn nämlich für jede einzelne Aufgabe ein anderer Speicher
genannt würde. Weniger als siebzehn Speicher ergeben sich, wenn ein Speicher mehrfach als Lösung für
verschiedene Aufgaben auftaucht. Je ungeläufiger die Aufgabengruppe, desto mehr unterschiedliche
Speicher wurden zu ihrer Lösung eingesetzt. Dieser Effekt ist in der gewohnten Umgebung stärker als
in der Laborumwelt (siehe Abb. 6)
Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung auf dem Faktor Geläufigkeit zeigt, daß
der Faktor der Umgebung das Signifikanzniveau knapp verfehlt, F(1,18)=3.17, p=.09, aber sowohl der
8
7
Labor
6
Feld
5
4
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Items
Abb. 6
Die Anzahl unterschiedlicher zur Lösung der Aufgaben genannten Speicher, getrennt nach der Geläufigkeit
der Aufgabe. Maximal wären 17 unterschiedliche Speicher möglich.
Haupteffekt der Geläufigkeit signifikant wird, F(2,36)=12.22, p<.001, als auch die Interaktion zwischen
Geläufigkeit und Umgebung, F(2,36)=3.36, p<.05. Der Haupteffekt der Geläufigkeit bleibt - auch für
beide Umgebungen getrennt betrachtet - signifikant: F(2,18)= 4.71, p<.05, für die Laborbedingung und
F(2,18),=19.423, p<.001 für die häusliche Umgebung. Getrennt für jede der drei Geläufigkeiten, zeigen
t-Tests für unabhängige Stichproben nur für sehr ungeläufige Aufgaben eine signifikante Wirkung der
Umgebung, t(18)=-2.59, p<.05, nicht aber für geläufige und sehr geläufige Aufgaben. Während sich in
der Laborumwelt die Anzahl unterschiedlicher Speicher für die drei Aufgabengruppen durch t-Tests
zum Paarvergleich bei Meßwiederholung nicht differenzieren lassen, erreichen alle Paarvergleiche für
49
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
die gewohnte Umwelt das Signifikanzniveau: t(9)=4.31, p<.01 für den Vergleich von geläufigen mit
sehr geläufigen Aufgaben; t(9)=4.33, p<.01 für den Vergleich von geläufigen mit ungeläufigen
Aufgaben und t(9)=9.22, p<.001 für den Vergleich von sehr geläufigen mit ungeläufigen Aufgaben.
Diskussion
Zwei Fragen standen im Mittelpunkt der ersten Studie: ob sich die Modellannahmen bezüglich der
Bearbeitungszeit und der Anzahl der eingesetzten Speicher bestätigen lassen und ob bzw. wie die
Variation der Umgebung die vorhergesagten Effekte verändert.
Nach dem SWIEGS-Modell entscheidet die Geläufigkeit einer Repräsentationsaufgabe, durch
welchen der drei Prozesse ein Speicher gewählt wird. Die konstruierten Aufgaben müssen sich also aus
Sicht der Probanden hinsichtlich ihrer Geläufigkeit deutlich unterscheiden, wenn das Versuchsmaterial
zur Überprüfung des Modells taugen soll. Dies wurde durch Einschätzung der Geläufigkeit der
einzelnen Aufgaben überprüft und bestätigt: die Einschätzung der Geläufigkeit der Aufgabengruppe
folgt den Annahmen zur Geläufigkeit bei der Konstruktion der Aufgaben, wobei die Unterschiede
zwischen den drei Aufgabengruppen sowohl in der Laborumwelt als auch in der gewohnten Umgebung
hochsignifikant wurden.
Das Modell nimmt drei Prozesse zur Wahl eines Speichers an, die sich im kognitiven Aufwand
unterscheiden: Die Anwendung eines Repräsentationsscriptes bedarf nur der Klärung einer einzigen
Frage, die Evaluation schon der Erhebung und des Vergleichs von mindestens fünf Parametern und die
Konstruktion darüber hinaus zusätzlicher Suchprozesse oder Modifikationen der Prüfvoraussetzungen.
Da die Geläufigkeit der Aufgabe bestimmt, welcher Prozeß abläuft, sollte die Zeit zur Bearbeitung der
Aufgaben von der Geläufigkeit der Aufgabe abhängen (H1). Dies wurde bestätigt: die Bearbeitungszeit
steigt in beiden Bedingungen signifikant mit sinkender Geläufigkeit der Aufgabengruppe. Auch
unabhängig von der Aufgabengruppe korreliert die Bearbeitungszeit hoch mit der eingeschätzten
Geläufigkeit der einzelnen Items.
Der steigende Zeitbedarf hängt nach dem Modell mit dem komplexeren Prozeß der Speicherwahl
zusammen. Im Vergleich von sehr geläufigen Aufgaben mit geläufigen heißt das, daß an die Stelle der
Anwendung eines Scriptes mit nur einem Speicher die Prüfung mehrerer unterschiedlicher Speicher tritt.
Deswegen müßten geläufige und ungeläufige Aufgaben mit mehr unterschiedlichen Speichern gelöst
werden als sehr geläufige Aufgaben (H6). Genau das ist auch der Fall: die Aufgabengruppe mit sehr
geläufigen Aufgaben wird mit deutlich weniger unterschiedlichen Speichern gelöst als die der beiden
weniger geläufigen Gruppen.
50
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
Betrachtet man die Ergebnisse zu H1 und H6 gemeinsam, taucht die Frage auf, ob diese Ergebnisse nicht mit einem viel einfacheren Modell zu erklären sind: Seltene Aufgaben brauchen seltene
Speicher zur Repräsentation; es dauert aber einfach länger, an seltenere Speicher zu denken, als an
öfter gebrauchte. Denn der Unterschied in der Einsatzhäufigkeit von Speichern ist zumindest bei den
hier gestellten Aufgaben kraß: Das Gedächtnis und der Terminkalender werden fast genauso oft
genannt wie die übrigen 39 genannten Speicher zusammen. Faßt man alle Nennnungen von Notizzetteln
zusammen, lösen gar drei Speicher fast 2/3 der Aufgabe und 38 weitere das restliche Drittel. Das
SWIEGS-Modell nimmt aber an, daß generell Entscheidung für häufig eingesetzte Speicher schneller
ablaufen als für seltener eingesetzten Speicher (H3). Denkbar wäre folglich, daß sehr geläufige Aufga
ben mit den häufigen Speichern, geläufige mit regelmäßig eingesetzten Speichern und ungeläufige mit
seltenen Speicher gelöst werden. Der Zeitunterschied käme folglich nur durch das Ergebnis - die
Häufigkeit des gewählten Speichers - und nicht durch unterschiedliche Prozesse der Speicherwahl
zustande. Diese Kritik ist widerlegt, wenn man nachweisen kann, daß die Planungszeit unabhängig vom
letztendlich gewählten Speicher über die Geläufigkeit der Aufgabengruppe steigt (H2). Die
vorliegenden Daten reichen zur inferenzstatistischen Überprüfung dieser Hypothese allerdings nicht aus;
hierzu muß die Anzahl der Probanden und Aufgaben erhöht werden.
Die beschriebenen Effekte sind in der Laborsituation signifikant schwächer als in der alltäglichen
Umgebung, bleiben aber bestehen. Dies zeigt sich schon bei der Einschätzung der Aufgabengeläufigkeit:
die gleichen Aufgaben werden in der Alltagsumgebung extremer eingeschätzt als in der Laborum
gebung, also die sehr geläufigen Aufgaben geläufiger und die ungeläufigen Aufgaben ungeläufiger. Das
setzt sich auch bei der Planungszeit und bei der Speicherzahl fort. Mit sinkender Geläufigkeit steigt die
Planungszeit in der alltäglichen Umgebung stärker als in der Laborumgebung; die Anzahl eingesetzter
Speicher steigt in der alltäglichen Umgebung von sehr geläufigen zu geläufigen Aufgaben stärker als in
der Laborumgebung. Trotzdem bleiben beide Effekte auch für die Laborsituation alleine betrachtet
signifikant.
Differenzierter sieht der Effekt der Umwelt für den Vergleich zwischen geläufigen und
ungeläufigen Aufgaben aus. Während nämlich im Labor die Anzahl unterschiedlicher Speicher von
geläufigen zu ungeläufigen Aufgaben kaum noch steigt, steigt sie signifikant in der häuslichen
Umgebung. Nach dem SWIEGS-Modell gibt es für ungeläufige Aufgaben zwei Möglichkeiten der
Konstruktion: entweder werden neue Speicher, oder, wenn das mißlingt, neue Speicherbedingungen
konstruiert, d.h. die Prüfparameter werden verändert und die bekannten Speicher werden erneut
geprüft. Deswegen ist es nicht möglich, aus dem SWIEGS-Modell vorherzusagen, ob bei ungeläufigen
Aufgaben mehr unterschiedliche Speicher als bei den geläufigen Aufgaben eingesetzt werden oder nicht.
51
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
Die Ergebnisse geben aber Anlaß zu einer interessanten Überlegung. Da die Bearbeitungszeit von den
geläufigen zu den ungeläufigen Aufgaben in beiden Umgebungen deutlich steigt, würde man davon
ausgehen, daß in beiden Umgebungen eine Konstruktion stattfindet. Innerhalb des SWIEGS-Modells
diskutiert lassen sich die unterschiedlichen Ergebnisse in Bezug auf die Speicherzahl so interpretieren,
daß in der Laborumgebung eher die Prüfparameter verändert und bekannte Speicher noch einmal
getestet werden; in der häuslichen Umgebung dagegen eher neue Speicher konstruiert werden. Dies
wäre als Wirkung der reizarmen Umgebung des psychologischen Laboratoriums im Vergleich zur
anregenden häuslichen Umgebung unmittelbar plausibel. Entsprechend dem ‘time-monitoring’ (Ceci &
Bronfenbrenner, 1985; vgl. Einleitung zu Studie 1) könnte die Konstruktion neuer Speicher also
tatsächlich ein Effekt sein, der nur in der alltäglichen Umgebung auftritt, in der Laborumgebung aber
verhindert wird. Hier könnten weitere Untersuchungen ansetzen; da das Ergebnis aber für das Modell
aber nicht kritisch ist, wird dieser Gedanke in der vorliegenden Arbeit nicht weiter verfolgt.
Die Variation der Umgebung liefert aber auch eine weitere Stützung für das SWIEGS-Modell:
Sowohl bei der Planungszeit als auch bei der Anzahl unterschiedlicher Speicher unterscheiden sich die
Ergebnisse - im Vergleich über beide Umwelten - für sehr geläufige Aufgaben nicht voneinander, wohl
aber die für geläufige und ungeläufige Aufgaben. So würde auch der Einwand entkräftet, es handle sich
bei der Feldbedingung einfach um eine unspezifische Motivationserhöhung. Tatsächlich sind die
Umgebungseffekte spezifisch für geläufige und ungeläufige Aufgaben. Bei sehr geläufigen Aufgaben
reicht nach dem Modell die Identifikation des Aufgabentyps aus, um ein passendes
Repräsentationsscript und damit auch unmittelbar einen Speicher zuzuordnen. Dieser Vorgang läuft
weitgehend automatisch - ein Einfluß der Umgebung erscheint unwahrscheinlich. Bei geläufigen und
ungeläufigen Aufgaben dagegen geht es um die Evaluation oder gar Konstruktion von Speichern bzw.
Speicherbedingungen. Diese Prozesse laufen kontrollierter - die Umgebung kann bei beiden Prozessen
anregend wirken.
Vier Schwachpunkte weist die Diskussion bis hierhin auf. Weder der Einfluß der Lesezeit noch
der der Valenz der Aufgaben auf die Bearbeitungszeit ist geklärt. Es erwies sich bei der
Itemkonstruktion als schwer möglich, die einzelnen Aufgaben im Hinblick auf Wortzahl oder
Propositionenzahl zu standardisieren. Beides hat aber einen Einfluß auf die Lesezeit (vgl. Kintsch &
Keenan, 1973). Da ungewöhnliche Aufgaben aber auch komplexer formuliert sind, könnte sich die
Bearbeitungszeit als ein Artefakt der Lesezeit herausstellen. Gleiches gilt für die Valenz der einzelnen
Aufgaben: eine Standardisierung erscheint hier prinzipiell ausgeschlossen. Zusammenhänge zwischen
Valenz und Planungszeit nimmt aber auch das SWIEGS-Modell an: So soll die Planungszeit mit der
Valenz der Aufgaben steigen (H7). Sollten die Probanden geläufige und ungeläufige Aufgaben für
52
Studie 1: Planungszeit, Speicherwahl und Umgebungsvariation
subjektiv wichtiger halten als sehr geläufige Aufgaben, könnte nicht mehr entschieden werden, ob der
Effekt der Planungszeit ein Effekt der Geläufigkeit oder aber ein Effekt der Valenz ist. Die Sensibilität
der Planungszeit für die Umgebung, in der die Untersuchung durchgeführt wird, nimmt beiden
Einwänden allerdings die Schlagkraft. Es gibt keinen Grund, warum die Lesezeit für gewöhnliche und
ungewöhnliche Aufgaben in der gewohnten Umgebung länger sein sollte als in der Laborumgebung,
während sie für sehr geläufige Aufgaben in beiden Umgebungen gleich lang ist. Gleiches gilt, wenn man
die Variation der Planungszeit als einen Effekt der Valenz der Aufgaben erklären will: Auch hier ist der
Einfluß der Umgebung auf die Planungszeit nicht plausibel. Trotzdem muß die Rolle der Lesezeit
abgeklärt werden.
Ein weiteres Problem ist, daß die Zeitmessung nicht verdeckt erfolgen konnte. Zwar wurde in der
Instruktion der Probanden betont, daß es nicht darum geht, die Aufgabe möglichst schnell zu lösen und
im postexperimentellen Interview fand sich kein Hinweis auf einen Zeitdruck. Trotzdem kann nicht
ausgeschlossen werden, daß der sichtbare Einsatz der Stoppuhr die Probanden unter Druck gesetzt hat
und die Aussagen des postexperimentellen Interviews auf ‘compliance’ (Levy & Loftus, 1994)
zurückzuführen sind. Die Probanden würden sich dann daran erinnern, daß sie die Stoppuhr eigentlich
nicht unter Druck setzen sollte, und nichts darüber sagen, ob tatsächlich ein Zeitdruck vorhanden war
oder nicht.
Die Messung der Geläufigkeit erfolgte in Studie 1 unmittelbar, nachdem die Probanden die
Aufgabe gelöst hatten. Das könnte aber den angenommenen Zusammenhang zwischen Planungszeit und
Geläufigkeit überhaupt erst induzieren: die Probanden beantworten nicht mehr, ob die Aufgabe,
verglichen mit ihrer Alltagserfahrung, geläufig ist, sondern, wie einfach oder schwer es war, einen
passenden Speicher zu finden. Diese Kritik kann die zentrale Interpretation der Ergebnisse nicht
grundsätzlich erschüttern: die drei Geläufigkeitsgruppen der Aufgaben wurden a priori und theoretisch
geleitet konstruiert. Fraglich ist aber die Unabhängigkeit des treatment-check - die Einschätzung der
Aufgaben - von der Hypothesenprüfung - der Messung der Planungszeit. Die Geläufigkeit der Aufgaben
müßte getrennt von der Bearbeitung eingeschätzt werden, um sicherzustellen, daß Geläufigkeit von den
Probanden nicht unmittelbar als ‘habe leicht einen passenden Speicher gefunden’ interpretiert wird.
Theoretisch wird dieser Zusammenhang zwar angenommen; empirisch den Probanden in Studie 1 aber
geradezu in den Mund gelegt.
Weitere Studien zur Klärung dieser Fragen können durchaus im Labor durchgeführt werden: die
Effekte im Feld unterscheiden sich - mit Ausnahme des hypothesenunkritischen Effektes auf die
Speicherzahl - nicht von denen im Labor. Allerdings muß im Labor mit einer Verminderung der
53
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
Effektstärke gerechnet werden. Untersuchungen im Labor mit diesem experimentellen Ansatz erfordern
also eine größere Versuchspersonenzahl.
2.1.2 Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
Studie 2 repliziert Studie 1, wobei neben der genaueren Messung und der größeren Datenbasis
fünf wesentliche Präzisierungen hinzukommen.
• Erstens wird die Lesezeit für die Aufgaben erhoben, so daß die Planungszeit um die Lesezeit
korrigiert werden kann;
• zweitens erfolgt Zeitmessung verdeckt, um einen unspezifischen Effekt durch Zeitdruck
auszuschließen werden;
• drittens wird die Valenz der Items erhoben worden, um auszuschließen, daß die Valenz der
Aufgaben für die Planungszeiterhöhung verantwortlich ist;
• viertens wird die Erhebung der Geläufigkeit aus dem Kontext der Speicherwahl herausgenommen,
um einen von der Aufgabenlösung unabhängigen treatment-check zu gewährleisten;
• fünftens wir die Itemkonstruktion modifiziert. Studie 1 ergab, daß für sehr geläufige Aufgaben
weniger unterschiedliche Speicher eingesetzt werden als für geläufige Aufgaben (H6). Das SWIEGSModell sagt diesen Effekt mit der Begründung vorher, daß zur Lösung sehr geläufiger Aufgaben
Repräsentationsscripte eingesetzt wurden. Die einzelnen Aufgaben werden also zu einem
Aufgabentyp zusammengefaßt, der auf eine durch das Script bestimmte Art behandelt wird. Dieser
Effekt sollte nicht vom Typ der Aufgabe abhängen, sondern ausschließlich von der Geläufigkeit der
Aufgabe. Um diese Forderung empirisch zu überprüfen, ist es notwendig, Aufgabentyp und
Geläufigkeit unabhängig voneinander zu variieren. Das Versuchsmaterial wurde deswegen für Studie
2 neu konstruiert, wobei sich die Aufgaben in fünf thematische Gruppen gliedern. Innerhalb jeder
dieser Gruppen ist jede Geläufigkeitsstufe vertreten.
Die Hypothesen in Studie 2 entsprechen denen von Studie 1 bezüglich Planungszeit (H1) und
Speicherzahl (H6). Beide Hypothesen konnten in Studie 1 bestätigt werden und sollen in Studie 2 unter
Ausschaltung von Alternativerklärungen repliziert werden. Die Erhöhung der Versuchspersonenzahl
und der Aufgabenzahl soll die Prüfung weiterer Hypothesen zur Planungszeit ermöglichen. Die
Erhöhung der Planungszeit bei sinkender Geläufigkeit der Aufgaben soll unabhängig von dem
gewählten Speicher sein (H2). Werden bei Aufgaben gleicher Geläufigkeit unterschiedliche Speicher
gewählt, so sollte die Planungszeit für den seltener gewählten Speicher länger sein (H3). Dieser
54
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
Unterschied in der Planungszeit sollte um so geringer sein, je geläufiger die bearbeitete Aufgabe ist
(H4).
Nach den Ergebnissen von Studie 1 ist es möglich, das Forschungsparadigma auch in seiner
weniger aufwendigen und kontrollierbareren Form - in der Laborsituation - einzusetzen. Hinweise für
spezifische Umgebungseffekte betrafen keine der zu prüfenden Hypothesen. Allerdings waren alle
Effekt in der Laborsituation schwächer als in der alltäglichen Umgenung; deswegen muß die
Versuchspersonenzahl für Studie 2 erhöht werden.
Material und Versuchsdurchführung
Fünf Itemgruppen mit unterschiedlichem thematischen Schwerpunkt wurden konstruiert: Termine,
zu erledigen, wiederkehrende Aufgaben, Informationsspeicher und einkaufen. Diese Titel sind als
Schwerpunkte zu verstehen; trennscharf sind die Gruppen nicht. Termine hatten als Schwerpunkt einen
zukünftigen Zeitpunkt, zu dem etwas erinnert werden mußte, z.B. ‘Ein Termin beim Friseur am
kommenden Donnerstag um 11.00’. Wiederkehrende Aufgaben waren solche, die in einem bestimmten
Turnus immer wieder durchzuführen waren, z.B. ‘Täglich Blumen gießen’. Aufgaben des Typs zu
erledigen betrafen Gegenstände, mit denen zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Handlung durchgeführt
werden mußte, z.B. ’Morgen eine Überweisung zur Bank bringen’. Einkaufen ist eindeutig, z.B.
‘Morgen frische Oliven kaufen’. Informationsspeicher schließlich betraf die Frage, wie bestimmte
Informationen gespeichert werden, ohne daß direkt eine Handlung intendiert ist, z.B. ‘Die
Telefonnummer eines Bekannten’. Zu jedem Thema wurden vier Aufgaben konstruiert. Wie in Studie 1
wurden nun bei jeder Aufgabe geläufige Elemente in zwei Stufen durch ungeläufige ersetzt, so daß jede
Aufgabe in drei Geläufigkeitsstufen vorlag (vgl. Studie1). Insgesamt bestand das Itempool so aus 60
Aufgaben, die vollständig im Anhang 5.1.2 aufgeführt sind.
Die Präsentation der Items erfolgte auf einem Computerbildschirm. Er zeigte eine aufgedeckte
Karteikarte, in deren Zentrum die jeweilige Aufgabe stand. Die Kontrollgruppe erhielt die Aufgabe, das
jeweilige Item zu lesen und danach auf seine Geläufigkeit und Valenz hin einzuschätzen. Durch diesen
Kontext sollte sichergestellt werden, daß die Probanden die Aufgaben tatsächlich vollständig lasen und
verstanden. Die Experimentalgruppe sollte die Aufgaben lösen, indem sie einen passenden Speicher
nannte.
Dazu wurden die Items den Probanden in zufälliger Reihenfolge präsentiert. Die Kontrollgruppe
erhielt die Aufforderung, ein Item zunächst zu lesen und zu verstehen. Danach konnten die Probanden
durch die Leertaste eine fünfstufige Skala für die Einschätzung der Geläufigkeit des Items öffnen. Durch
diese Trennung von Lesephase und Ratingphase sollten die Probenden dazu angehalten werden,
55
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
Aufgaben vor der Beurteilung wirklich vollständig zu lesen. Zudem konnte so die Zeit zum Lesen eines
Items erhoben, ohne daß die Probanden den Eindruck einer Zeitmessung hatten. Nach der Einschätzung
der Geläufigkeit erschien automatische eine zweite fünfstufige Skala für die Valenz der Items auf dem
Monitor. Die Probanden sollten hier einschätzen, wie wichtig diese Aufgabe für sie wäre, wenn ihnen
diese Aufgaben in ihrem Alltag begegnen würde. Nach dieser Einschätzung folgte automatisch das
nächste Item.
Die Experimentalgruppe erhielt wie in Studie 1 den Auftrag, einen Speicher zu den Aufgaben zu
nennen, den Sie auch in Ihrem Alltag benutzen würden. Zur Realisierung der verdeckten Zeitmessung
war an den Computer ein Mikrofon angeschlossen; auf dem Bildschirm war das Symbol für ein
Tonbandgerät zu sehen. Die Probanden erhielten nun den Auftrag, ihre Antwort in das Mikrofon zu
sprechen. Sie wurden instruiert, die Aufnahme durch den Druck einer beliebigen Taste zu starten. Nach
dem Tastendruck begannen sich die Tonbandspulen auf dem Monitor zu drehen. Durch eine bestimmte
Taste konnte die ‘Aufnahme’ wieder beendet werden; das Tonbandgerät auf dem Monitor stoppte und
das nächste Item erschien. Durch dieses Verfahren konnte die Planungszeit der Probanden als Zeit von
der Präsentation des Items bis zum Tastendruck verdeckt gemessen werden; tatsächlich erfolgte
keinerlei Aufnahme. Der Versuchsleiter notierte die Antwort der Probanden auf einem vorbereiteten
Bogen, was mit auswertungstechnischen Gründen erklärt wurde.
Experimental- und Kontrollgruppe erhielten drei Übungsitems, um sich mit der Aufgabenstellung
vertraut zu machen.
Versuchspersonen und Design
Vierzig Studenten und Studentinnen der Psychologie nahmen an dem Versuch teil; ihre Aufteilung
in Experimental- und Kontrollgruppe erfolgte per Zufall. Die Altersspanne reichte von 19 bis 31 Jahren;
24 Probanden waren Frauen, 16 Männer. Für die Teilnahme erhielten die Probanden einen
Versuchspersonenschein.
Unabhängige Variablen sind die Aufgabenstellung mit zwei Ausprägungen: Items lesen und
beurteilen in der Kontrollgruppe bzw. passende Speicher nennen in der Experimentalgruppe sowie die
drei Geläufigkeitsgruppen der Items, die als Meßwiederholungsvariable konzipiert ist. Das Design ist
also 2*3 gemischt faktoriell. Abhängige Variablen sind wieder die Zeiten sowie die Einschätzungen und
Lösungen der Aufgaben.
Ergebnisse
Die Ergebnisse werden im folgenden zunächst für die Einschätzung der Items, dann für die
Verarbeitungszeit und schließlich für die eingesetzten Speicher präsentiert.
56
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
Die drei Geläufigkeitsgrade differenzieren die Items sowohl in Bezug auf deren geschätzte
Geläufigkeit als auch deren geschätzte Valenz. Beide Größen nehmen über die drei Geläufigkeits
gruppen ab (siehe Abb. 7).
Varianzanalysen mit dem Meßwiederholungsfaktor Geläufigkeit zeigen einen hochsignifikanten
Einfluß der Geläufigkeitsgruppe sowohl für die geschätzte Geläufigkeit, F(2,38)=182.14, p<.001, als
auch für die geschätzte Valenz, F(2,38)=68.80, p<.001 mit einem linearen Trend: F(1,19)=241.60,
5
4
Itemgruppe
sehr geläufig
3
geläufig
ungeläufig
2
1
Geläufigkeit
Abb. 7
Wichtigkeit
Die Einschätzung der drei Itemgruppen nach Geläufigkeit und Valenz der einzelnen Items.
p<.001, für die Geläufigkeit und F(1,19)=102.49, p<.001für die Valenz. T - Tests differenzieren die
einzelnen Mittelwerte alle hochsignifkat; für alle sechs Vergleiche gilt t(19)>4.2, p<.001.
Kein Proband bemerkte die verdeckte Messung der Zeiten; auch die ‘Aufnahme’ in der
Experimentalgruppe wurde als solche akzeptiert. Die Zeiten für die Verarbeitung der Aufgaben steigen
kontinuierlich mit sinkender Geläufigkeit. Dieser Gradient ist steiler, wenn die Aufgabe gelöst werden
soll, als wenn sie nur gelesen werden muß. So ist die Differenz zwischen beiden Zeiten bei sehr
geläufigen Items unter einer Sekunde und steigt auf 3.5s bei ungeläufigen Items (siehe Abb. 8).
57
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
10
9
8
7
6
Lesezeit
Planungszeit
Differenz
5
4
3
2
1
0
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Items
Abb. 8
Die Lesezeit, Bearbeitungszeit und Differenz zwischen beiden, getrennt nach der Gleäufigkeit der
bearbeiteten Aufgaben.
Die Varianzanalyse mit Aufgabenstellung als u.V. und Geläufigkeit als Meßwiederholungsvariable
zeigt hoch signifikante Haupteffekte, F(1,38)=110.04, p<.001 für Aufgabenstellung und F(2,76)=99.91,
p<.001 für Geläufigkeit sowie für die Interaktion beider Parameter, F(2,76)=12.07, p<.001. T - Tests
für abhängige Stichproben trennen die Mittelwerte der Planungs bzw. Lesezeiten über die
Geläufigkeitstufen signifikant, bis auf die Lesezeit für Aufgaben mit mittlerem vs. Aufgaben mit
geringer Geläufigkeit; hier wird das Signifikanzniveau mit t(19)=-1.94, p=.067 knapp verfehlt.
Mittelwertsvergleiche für unabhängige Stichproben zum Vergleich der beiden Aufgabenstellungen
ergeben eine signifikante Trennung nur für geläufige, t(38)=-2.09, p<.05, und ungeläufige t(38)=-3.39,
p<.01, nicht aber für sehr geläufige Aufgaben, t(38)=-1.53, p>.05.
Die durchschnittliche Lesezeit der einzelnen Items wurde für jede Versuchsperson der
Experimentalgruppe von ihrer Bearbeitungszeit des jeweiligen Items subtrahiert (vgl. Abb. 8). Eine
Varianzanalyse mit dem Faktor Geläufigkeit zeigt hoch signifikante Unterschiede dieser Differenz
zwischen Lesezeit und Planungszeit für die drei Geläufigkeitsstufen, F(2,18)=14.88, p=.001. T - Tests
für abhängige Stichproben trennen die Differenz für alle Geläufigkeitsstufen signifikant: t(19)=-2.12,
p<.05, für hohe vs. mittlere Geläufigkeit, t(19)=-3.93, p=.001, für mittlere vs. geringe Geläufigkeit und
t(19)=-4.91, p<.001 für hohe vs. geringe Geläufigkeit.
58
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
Mit den in der Lesebedingung gewonnenen Kennwerten der Aufgaben wurde der korrelative
Zusammenhang zwischen Bedeutung und Geläufigkeit eines Items auf der einen und seiner
Verarbeitungszeit auf der anderen Seite analysiert. Planungszeit, Lesezeit und die Differenz zwischen
beiden korrelieren hoch signifikant (p<.001) mit der Geläufigkeit der Items, r=-.69, r=-.52 und r=-.53.
Mit der Bedeutung des Items korrelieren nur Planungszeit und die Differenz zwischen Planungszeit und
Lesezeit der Items signifikant, r=-.38 und r=-.43, p<.05, nicht aber die Lesezeit r=-.14. Valenz und
Geläufigkeit einer Aufgabe korrelieren ebenfalls stark positiv miteinander, r=.7, p<.001.
Zur Lösung der Repräsentationsaufgaben wurden 40 verschiedene Speicher genannt (siehe Tab. 4).
Eingesetzte Speicher
Speicher Anzahl der Nennungen: absolut / in %
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
Gedächtnis
467 38,9%
Kalender
272 22,6%
Zettel an auffälligem Ort / Pinnwand116 9.7%
Zettel (ohne Ortsangabe)
54 4,5%
Adreßbuch
49 4,1%
Zettel an kritischem Objekt / Ort
36
3%
Gegenstand plazieren
30 2,5%
Kalender, übertragen
19 1,6%
aufschreiben (ohne Ortsangabe)
16 1,3%
Mitschrift
12
1%
andere Person
13 1,1%
Terminkalender vorne/hinten/Notizteil13 1,1%
teilweise sofort ausführen
10 0,8%
Einkaufszettel
10 0,8%
Geburtstagskalender
10 0,8%
Notizbuch
9 0,8%
modifizierter Kalender
7 0,6%
modifiziertes Adreßbuch
6 0.5%
Ordner
5 0,4%
Zettel im Schrank
6 0,5%
Speicher Anzahl der Nennungen: absolut / in %
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
Eselsbrücken
Tagebuch
Zettel verstecken
Langzeitkalender (>1Jahr)
Uniblock
Telefonbuch
anstreichen, plazieren
codierte im Telefonbuch
Schreibtischunterlage
in Holzmöbel einritzen
Strichliste
Zettel in Ordner ablegen
mit rot in Notizteil Kalender
Wecker
anstreichen und aufheben
codiert notieren
Fach für geheime Dinge
anstreichen
Infomaterial
Radio
Keine Angaben
Gesamt
4
4
3
3
2
2
2
2
2
2
2
2
2
1
1
1
1
1
1
1
14
0,3%
0,3%
0,3%
0,3%
0,2%
0,2%
0,2%
0,2%
0,2%
0,2%
0,2%
0,2%
0,2%
0,1%
0,1%
0,1%
0,1%
0,1%
0,1%
0,1%
1,2%
1200
100%
Tab. 4 Zur Lösung der Repräsentationsaufgaben eingesetzte Speicher; Prozentangaben auf eine Dezimalstelle hinter dem Komma
gerundet. Speicher Nr.3,6,7 und 13 sind zusammengefaßt, die übrigen unverändert (vgl. Studie 1).
Dabei wurden die Angaben der Probanden entsprechend der Auswertung bei Studie 1 nach
Möglichkeit wörtlich übernommen. Bei den Speichern Nr. 3, 6, 7 und 13 wurden Synonyme oder
offensichtlich gleiche Funktionen der Speicher zusammengefaßt. Bei Speicher Nr. 3, Notizzettel an
auffälligem Ort, wurden die unterschiedlichsten Orte genannt, von der Haustür über den Kühlschrank
59
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
bis zum Klo. Ähnlich verhielt es sich bei Speicher Nr. 6, Notizzettel an kritischem Objekt. Hier wurde
der Notizzettel direkt an dem Objekt befestigt, mit dem eine Aufgabe in derZukunft verbunden ist,
beispielsweise die Hausapotheke, die in zwei Jahren zu überprüfen ist, oder der Wasserfilter, der in
einem halben Jahr ausgetauscht werden muß. Bei beiden Gruppen wurde der Einzelfall also nicht noch
einmal getrennt aufgeführt, sondern über seine Funktion klassifiziert. Ähnlich bei Speicher Nr. 7,
‘Objekt plazieren’. Hier wird das kritische Objekt, mit dem etwas gemacht werden soll, so plaziert, das
es auffällt und damit an die Aufgabe erinnert. Ein Brief, der zur Post mitgenommen werden muß und
deswegen vor der Ausgangstür liegt, ein Buch, daß zurückgegeben werden muß und deswegen auf dem
Frühstückstisch landet oder eine Gießkanne, die mitten im Raum steht und so das Blumengießen
anmahnt, gehören hierzu. Schließlich betrifft Speicher Nr. 13, teilweise sofort ausführen, alle
Speicherarten, wo ein Teil der geforderten Handlung sofort ausgeführt wird. Beispielsweise einen Brief,
der zur Post gebracht werden muß, sofort in die Jackentasche zu stecken oder ein Script, was zur Uni
zu bringen ist, sofort in die Aktenmappe einzupacken.
Die verschiedenen Speicher werden sehr unterschiedlich häufig eingesetzt. Fast 72% der
Aufgaben werden über drei Speicher gelöst, 24% über weiter 13 Speicher und die verbleibenden 4% der
Aufgaben mit 23 Speichern. Für jede der drei Geläufigkeiten der Aufgaben wurde berechnet, wie viele
unterschiedliche Speicher die Probanden pro Aufgabengruppe (Termine, zu erledigen, einkaufen usw.)
eingesetzt haben. Maximal wären vier unterschiedliche Speicher möglich - wenn ein Proband für jede
Aufgabe eines bestimmten Typs und einer bestimmten Geläufigkeitsstufe einen anderen Speicher
gewählt hätte. Tatsächlich wurden bei sehr geläufigen Aufgaben durchschnittlich 1.99, bei geläufigen
2.7 und bei ungeläufigen 2.65 unterschiedliche Speicher eingesetzt. Eine Anova mit der Geläufigkeit als
Meßwiederholungsvariable zeigt die hohe Signifikanz dieses Effektes, F(2,38)=35.58, p<.001. T-Tests
für Meßwiederholungsvariablen belegen, daß dieser Effekt auf der unterschiedlichen Speicherzahl
zwischen sehr geläufigen und geläufigen, t(19)=-6.38, p<.001, bzw. sehr geläufigen und ungeläufigen
Aufgaben, t(19)=-6.124, p<.001, nicht aber durch die zwischen geläufigen und ungeläufigen Aufgaben
zustande kommt, t(19)=1.22, p>.05.
Um den Zusammenhang zwischen den tatsächlich gewählten Speichern und der Planungszeit für
den Einsatz dieser Speicher zu analysieren, wurden zwei komplementäre Wege eingeschlagen. Zum
einen wurden die Planungszeit für die nach der Häufigkeit der gewählten Speicher gruppierten
Aufgaben berechnet; zum anderen wurde die Planungszeit für die drei am häufigsten eingesetzten
Speicher berechnet. Beide Wege kranken daran, daß nur die Probanden in die Varianzanalyse eingehen
können, die die jeweiligen Speicher bzw. Speichergruppen tatsächlich in allen drei Geläufigkeitsstufen
von Aufgaben eingesetzt haben (d.h. alle neun Zellen müssen besetzt sein). Diese Voraussetzung führt
60
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
in beiden Fällen dazu, daß nur ein Teil der Probanden in die statistische Analyse einbezogen werden
kann.
Um den Zusammenhang zwischen der Häufigkeit, mit der ein Speicher eingesetzt wird, und der
Planungszeit für den Einsatz diese Speichers zu analysieren, wurden die Speicher in drei Gruppen
unterteilt. Die Gruppe der häufig eingesetzten Speicher betrifft die Speicher, die bei den 1200
Nennungen über 100 mal genannt wurden (das Gedächtnis, der Terminkalender und der Zettel am
auffälligem Ort); die Gruppe der regelmäßig eingesetzten Speicher betraf diejenigen, die über 10 mal
und unter 100 mal eingesetzt wurden (das betraf 14 Speicher); die Gruppe der selten eingesetzten
Speicher bildeten die Speicher, die unter 10 mal eingesetzt wurden (das betraf 25 Speicher, vgl. Tab. 4).
Für diese drei Gruppen wurde jeweils die durchschnittliche Planungszeit für ihren Einsatz getrennt nach
der Geläufigkeit der Aufgabe berechnet (siehe Abb. 9).
12
11
10
Eingesetzte Speicher
wurden...
...häufig...
9
8
...regelmäßig...
...selten...
...genannt
7
6
5
4
3
2
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Items
Abb. 9
Die Zeit, bis ein Speicher zur Lösung der Aufgabe genannt wird, differenziert nach der Aufgabengeläufigkeit
und der Häufigkeit, mit der der jeweilige Speicher insgesamt genannt wurde. Die Mittelwerte beziehen sich
auf die 16 Probanden, die in die Varianzanalyse aufgenommen wurden.
Die Planungszeit steigt für alle Speichergruppen über sinkende Geläufigkeit der Aufgaben. Dabei
ist die Planungszeit über alle Aufgaben um so höher, je seltener die jeweiligen Speicher eingesetzt
wurden. In die Varianzanalyse mit den beiden Meßwiederholungsvariablen Geläufigkeit der Aufgabe
und Häufigkeitsgruppe des eingesetzten Speichers gehen nur 14 Probanden ein, da bei sechs Probanden
61
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
nicht alle Zellen besetzt sind. Trotzdem sind beide Haupteffekt signifikant, F(2,26)=3,75, p<.05 für
Speichergruppen und F(2,26)=24,28, p<.001 für die Geläufigkeit. Die Interaktion wird nicht signifikant,
F(4,52)=1.49, p>.05. T-Tests für den Mittelwertsvergleich abhängiger Stichproben ergeben
hochsignifikante Unterschiede für den Paarvergleich aller drei Geläufigkeitsstufen, t(13)=-6.61, p<.001
sehr geläufige vs. geläufige, t(13)=-5.44, p<.001 für sehr geläufige vs. ungeläufige und t(16)=-2.51,
p<.05 geläufige vs. ungeläufige Aufgaben. Bei den Speichergruppen erreicht in der Planungszeit nur der
Unterschied in der Planungszeit zwischen häufig und selten eingesetzten Speichern das
Signifikanzniveau, t(13)=-2,71, p<.05, nicht aber der Vergleich dieser beider Gruppen mit der mittleren
Häufigkeit.
Die Interaktion zwischen Geläufigkeit und Speichergruppe ist den Mittelwerten angedeutet (vgl.
Abb. 9), erreicht aber das Signifikanzniveau nicht. Dafür zeichnet auch der hohe Ausfall an Probanden
verantwortlich. Deswegen werden trotz der fehlenden Interaktion die t-Tests zum Paarvergleich der
Speichergruppen bei den drei Geläufigkeitsstufen gerechnet. Bei sehr geläufigen Aufgaben
unterscheiden sich die Mittelwerte nicht, bei den beiden ungeläufigeren Aufgaben aber werden
zumindest die Unterschiede zwischen der häufigen und der seltenen sowie zwischen der häufigen und
regelmäßigen Speichergruppe signifikant. Der Unterschied zwischen der regelmäßigen und seltenen
Speichergruppe verpaßt bei geläufigen Aufgaben mit t(16)=-1.7, p=.1, bei ungeläufigen Aufgaben noch
deutlicher das Signifikanzniveau (vgl. Tab. 5).
Planungszeiten differenziert für häufig, regelmäßig und selten
verwandte Speicher(Mittelwertsvergleiche über t-Tests)
Speichergruppe:
häufig vs.
regelmäßig
Geläufigkeitsgruppe:
t(19)=-0.3
sehr geläufig
häufig vs.
selten
regelmäßig vs.
selten
t(19)=0.4
t(19)=0.1
geläufig
t(17)=5.1***
t(17)=5.2***
t(16)=-1.7
ungeläufig
t(14)=4.3**
t(13)=-3.5*
t(17)=-0.4
Tab. 5 Ergebnisse der t-Tests der Paarvergleiche für die Planungszeiten über die Speichergruppen getrennt nach den drei
Geläufigkeitsstufen. * für p<.05, **für p<.01, ***für p<.001
Die drei am häufigsten eingesetzte Speicher waren das Gedächtnis (467 von 1200 Entscheidungen), der Terminkalender (275 von 1200 Entscheidungen) und der Notizzettel, an einem
auffälligen Ort plaziert (119 von 1200 Entscheidungen). Für diese drei Speicher wurde für jede
Versuchsperson jeweils nach Geläufigkeitsgruppe der Aufgaben getrennt die Planungszeit berechnet;
also die Zeit, die die Probanden brauchten, um sich für den jeweiligen Speicher zu entscheiden.
62
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
Für alle drei Speicher wird die Planungszeit um so länger, je geringer die Geläufigkeit der Items.
Die Planungszeiten sind für den Notizzettel für alle Geläufigkeitsstufen am längsten, während der
Terminkalender nur für bekannte und weniger bekannte Aufgaben längere Planungszeit als das
Gedächtnis benötigt. Bei unbekannten Aufgaben kehrt sich dieses Verhältnis um: die Planungszeit ist
hier für das Gedächtnis länger (siehe Abb. 10).
12
11
10
9
8
Gedächtis
Terminaklender
7
Zettel a. a. Ort
6
5
4
3
2
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Items
Abb. 10 Die Planungszeiten über alle Geläufigkeitsstufen getrennt für die drei meistgenannten Speicher. Die Zeiten für
das Gedächtnis beziehen sich auf 19, für den Terminkalender auf 17 und für Zettel an auffälligem Ort auf 7
Probanden.
Da nur bei drei Versuchspersonen alle neun Zellen gefüllt sind, wird auf eine vollständige
MANOVA verzichtet. Stattdessen werden für die drei Speicher jeweils getrennte Varianzanalysen
gerechnet. In diese Varianzanalysen konnten für das Gedächtnis als Speicher 19, für den
Terminkalender 17 und für den Zettel am auffälligen Ort sieben Versuchspersonen einbezogen werden.
In allen drei Fällen war die Wirkung der Geläufigkeit signifikant: F(2,36)=20.08, p<.001 für
Gedächtnis, F(2,32)=8.00, p<.01 für Terminkalender und F(2,12)=5.20, p<.05 für Notizzettel an
auffälligem Ort. Die Signifikanz der T - Tests zum Vergleich der Mittelwerte hängt hauptsächlich von
der Anzahl der Probanden ab, die darin eingehen. Für das Gedächtnis unterscheiden die
Geläufigkeitsstufen der Aufgaben alle Mittelwerte signifikant, für den Terminkalender und für
Notizzettel an auffälligem Ort wird der Unterschied zwischen geläufigen und ungeläufigen Aufgaben
nicht mehr signifikant. Vergleicht man die Planungszeit für die drei Speicher jeweils auf einer
Geläufigkeitsstufe der Aufgabe, so wird bei sehr geläufigen Aufgaben nur die unterschiedliche
63
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
Planungszeit von Gedächtnis und Terminkalender signifikant, t(16)=-3.055, p<.01 Bei geläufigen
Aufgaben verpaßt der Unterschied zwischen Gedächtnis und Notizzettel an auffälligem Ort mit t(13)=1.91, p=.077 nur knapp das Signifikanzniveau, bei ungeläufigen Aufgaben unterscheiden sich die
Speicher nicht mehr. Über alle Geläufigkeitsstufen hinweg erreicht kein Unterschied in der Planungszeit
für die drei Speicher das Signifikanzniveau, obwohl er in den Mittelwerten vorliegt: Gedächtnis 10.1s,
Terminkalender 10.2s und Zettel am auffälligen Ort 12.0s.
Um den mit der Ungeläufigkeit der Speicher und Aufgaben steigenden Datenausfall in den Griff
zu bekommen, wurde die Analyse mit den drei für jede Versuchsperson individuell häufigsten Speichern
wiederholt. Für jede Versuchsperson wurde dazu die Anzahl der von ihr eingesetzten Speicher
ausgezählt. Die Planungszeit wurde nur für die Aufgaben berechnet, bei denen einer der drei vom
Probanden am häufigsten genannten Speicher als Lösung genannt wurde. Der Datenausfall wurde aber
auch durch diese aufwendigere Analyse kaum reduziert; die Ergebnisse änderten sich insgesamt im
Vergleich zur Berechnung über die drei von allen Probanden am häufigsten genannten Speicher nur
unwesentlich. Deswegen wird auf ihre Darstellung hier verzichtet.
Diskussion
Studie 2 sollte Alternativerklärungen für die Ergebnisse von Studie 1 ausschließen sowie einige
zusätzliche Hypothesen testen.
Auch in Studie 2 folgte die Einschätzung der Geläufigkeit der Aufgaben den Zielsetzungen bei der
Konstruktion der Items. Anders als in Studie 1 war die Einschätzung der Items aber nicht mit ihrer
Bearbeitung verknüpft. Der hohe korrelative Zusammenhang zwischen Geläufigkeitseinschätzung und
Bearbeitungszeit eines Items kann damit nicht mehr darauf zurückgeführt werden, daß die Probanden
ihre eigene Bearbeitungszeit als Grundlage für die Einschätzung der Geläufigkeit nehmen.
Eine zentrale Hypothese von Studie 2 war die steigende Planungszeit für passende Speicher bei
sinkender Geläufigkeit der Aufgaben. Wie in Studie 1 konnte diese Hypothese mit hoher Signifikanz
bestätigt werden: je ungeläufiger eine Aufgabe, um so länger dauert es, einen passenden Speicher zu
finden. Anders als in Studie 1 können Alternativerklärungen für diese Beobachtung ausgeschlossen
werden. Erstens wurde die Zeit verdeckt erhoben, ohne daß dies das Ergebnis verändert hätte; ein
Einfluß von Zeitdruck ist damit ausgeschlossen. Zweitens kann die subjektive Valenz einer Aufgabe als
Ursache für steigende Planungszeit bei sinkender Aufgabengeläufigkeit ausgeschlossen werden.
Ausgangspunkt dieser Frage war, daß höhere Valenz einer Aufgabe auch zu längeren Planungszeiten
führen müßte (vgl. 1.4.2.3, H7). Würde nun Aufgabenvalenz mit sinkender Geläufigkeit der Aufgabe
steigen, könnte die steigende Planungszeit nicht mehr eindeutig auf die sinkende Aufgabengeläufigkeit
64
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
zurückgeführt werden. Valenz und Geläufigkeit korrelieren aber tatsächlich hoch positiv miteinander:
die ungeläufigen Aufgaben wurden als weniger bedeutsam eingeschätzt als die geläufigeren. Wenn aber
Aufgaben um so länger bearbeitet werden, je höher ihre Valenz ist, müßte die Valenz alleine zu
sinkenden Planungszeiten bei sinkender Geläufigkeit der Aufgaben führen. Die Hypothesen zur
Planungszeit sagen aber steigende Planungszeit mit sinkender Aufgabengeläufigkeit voraus (H1). Die
mit der Geläufigkeit der Aufgaben sinkende Valenz bietet somit keine Alternativerklärung, sondern
erschwert die empirische Verifikation der Hypothese.
Drittens erlaubt die Erhebung der Lesezeit für jedes Item eine klarere Aufteilung der
Bearbeitungszeit der Items. Zwar steigt auch die Lesezeit mit der sinkenden Geläufigkeit der Items.
Dieser Effekt verwundert nicht; sind doch ungewöhnliche Items häufig in der sprachlichen Darstellung
komplexer. Die Unterschiede in der Planungszeit lassen sich dadurch aber nicht erklären: selbst die
Differenz zwischen Planungs- und Lesezeit zeigt noch einen hochsignifikanten Effekt der
Itemgeläufigkeit. Ungeläufige Items erfordern längere Lesezeit; aber auch nachdem sie gelesen worden
sind, dauert es länger, einen passenden Speicher zu finden als bei geläufigeren Items.
Trotzdem bleibt fraglich, ob die Differenzbildung zwischen Lesezeit und Bearbeitungszeit eines
Items sinnvoll ist. Voraussetzung dieser Analyse ist, daß sich die Bearbeitungszeit ergibt als Summe aus
der Lesezeit für das Item und der Planungszeit zur Entscheidung für einen passenden Speicher. Für sehr
geläufige Items erscheint das - nach dem SWIEGS-Modell - aber fraglich. Wenn ein Repräsentations
script angewandt wird, reicht nämlich die einfache Klassifikation des Items aus. Es würde also
beispielsweise reichen zu erkennen, daß es sich um einen Termin handelt; die Art des Termins ist dabei
unwichtig.
Eine differenziertere Analyse der Zeiten für jedes einzelne der sehr geläufigen Items zeigt
tatsächlich, daß für fünf der 20 Items die Bearbeitungszeit kürzer ist als die reine Lesezeit. Es dauert
also länger, das Item zu lesen und zu verstehen, als einen passenden Speicher für es zu finden (siehe
Abb. 11: Item Nr. 1, 46, 55 und 4). Gleiches gilt für immerhin noch drei Items der geläufigen Gruppe
und für eines der ungeläufigen. Auch wenn also die Korrektur der Bearbeitungszeit um die Lesezeit von
der Versuchsplanung her als notwendig erscheint, wird sie vor dem Hintergrund des untersuchten
Modells fraglich. Einen passenden Speicher für eine Aufgabe zu finden, scheint nicht etwas zu sein, was
nach dem Lesen und Verstehen der Aufgabe einsetzt. Die Aufgabe scheint von vornherein auf eine
andere Art gelesen zu werden, die das vollständige Verarbeiten der Aufgabe nicht notwendig macht.
Diese Überlegungen sind zur Verifikation steigender Planungszeiten mit sinkender Aufgabengeläufigkeit
(H1) nicht erforderlich, da auch die Differenz der Zeiten mit sinkender Geläufigkeit hochsignifikant
65
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
8
7
6
5
Bearbeitungszeit
Lesezeit
4
3
2
1
1 4655 4 22
7 1013161925283134374043495258
Abb. 11 Die Zeit für die Suche nach einem passenden Speicher (Bearbeitungszeit) kontrastiert mit der Zeit, das Item
in Vorbereitung auf die Einschätzung des Items zu lesen (Lesezeit). Für fünf Items ist die Lesezeit länger als
die Bearbeitungszeit.
steigt. Für weitere Studien ist die Differenzbildung damit aber nicht unproblematisch, da die Lesezeit
einen anderen Prozeß zu betreffen scheint als den der Speicherwahl.
Die Anzahl unterschiedlicher Speicher zur Lösung eines Aufgabentyps ist für geläufige und
ungeläufige Aufgaben signifikant höher als für sehr geläufige Aufgaben. Durch die systematische
Variation der Aufgabentypen über die Geläufigkeitsstufen hinweg kann ausgeschlossen werden, daß
Unterschiedlichkeit der Aufgabentypen für diesen Effekt verantwortlich waren. Nach den Überlegungen
in der Diskussion zu Studie 1 war zu erwarten, daß im Labor kein Unterschied in der Zahl der Speicher
zwischen geläufigen und ungeläufigen Aufgaben zu finden sein würde. Das war auch der Fall: die
Laborumgebung scheint eher zur Modifikation der kritischen Parameter als zu einer kreativen Lösung
mit neuen Speichern anzuregen.
Drei zusätzliche Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Planungszeit und Speicherwahl
konnten in Studie 2 geprüft werden. Erstens sollt die Planungszeit unabhängig vom tatsächlich
gewählten Speicher mit sinkender Geläufigkeit steigen (H2). Zur Testung wurden die Planungszeiten
noch einmal danach differenziert, welcher Speicher gewählt worden war. In der ersten Analyse wurden
66
Studie 2: Lesezeit, Itemkonstruktion und Beurteilung der Aufgaben
alle Speicher nach ihrer Häufigkeit in drei Gruppen unterteilt. In der zweiten Analyse wurden nur die
Aufgaben aufgenommen, in denen einer der drei am häufigsten genannten Speicher gewählt worden
war. Die Speichergruppe bzw. die Speicher wurden als zusätzlicher Faktor in die Analyse der
Planungszeit aufgenommen. Beide Analysen belegen die Unabhängigkeit der mit sinkender
Aufgabengeläufigkeit steigenden Planungszeit von der Speicherwahl. Dieser Effekt war für alle sechs
Teilgruppen hochsignifikant. Die Erhöhung der Planungszeit bei sinkender Aufgabengeläufigkeit kann
also nicht dadurch zustande kommen, daß ungeläufige Aufgaben mit ungeläufigen Speichern gelöst
werden. Es muß tatsächlich die Unterschiedlichkeit im Prozeß der Speicherwahl verantwortlich sein, der
unterschiedlich viel Zeit erfordert, auch, wenn schlußendlich der gleiche Speicher gewählt wird.
Zweitens sollte die Planungszeit bei gleicher Aufgabengeläufigkeit um so länger sein, je seltener
ein Speicher insgesamt eingesetzt wurde (H3) Dieser Effekt sollte drittens um so größer sein, je
ungeläufiger die Aufgabe (H4). Beide Hypothesen werden mit der beschriebenen Analyse der
Planungszeit mit den Speichergruppen als zusätzlichem Faktor getestet. Die Planungszeit hängt dabei,
wie von H3 gefordert, von der Häufigkeit des Speichereinsatzes ab: sie steigt von den häufig über die
regelmäßig bis zu den selten eingesetzten Speichern. Allerdings erreicht nur der Unterschied zwischen
den häufig und selten eingesetzten Speichern das Signifikanzniveau. Die Differenzierung dieser
Hypothese durch die Aufgabengeläufigkeit (H4) ist als Tendenz vorhanden, erreicht aber nicht die zur
Bestätigung der Hypothese notwendige Stärke. In den Mittelwerten ist der Effekt deutlich: die
Planungszeit unterscheidet sich zwischen den drei Speichergruppen bei sehr geläufigen Aufgaben nicht,
wohl aber bei geläufigen und ungeläufigen Aufgaben. Entsprechend trennen t-Tests die Planungszeit
zumindest zwischen häufigen und seltenen Speicher bei geläufigen und ungeläufigen Aufgaben
signifikant. Die zur Bestätigung der Hypothese erforderliche Interaktion zwischen Geläufigkeit und
Speichergruppe erreicht das Signifikanzniveau jedoch nicht. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß die
Möglichkeit einer signifikanten Interaktion verringert war, da die Auswertungsmethode zum Ausfall
etlicher Versuchspersonen führte. So erscheint es sinnvoll, Hypothese 4 zunächst als plausibel, aber
nicht bestätigt, für weitere Untersuchungen offen zu lassen.
2.2 Zweiter empirischer Teil: metakognitive Parameter
Die Ergebnisse im ersten empirischen Teil belegen die Hypothesen zur Planungszeit, zur
Speicherzahl und zum Zusammenhang zwischen beidem. Deutlich ist, daß je nach Geläufigkeit einer
Repräsentationsaufgabe Prozesse ablaufen, die sich in ihrem Zeitbedarf und in der Qualität ihres
Ergebnisses - der Anzahl unterschiedlicher Speicher - unterscheiden. Über das, was in den
unterschiedlichen Planungszeiten abläuft, sind nur indirekte Rückschlüsse möglich; tatsächlich lassen
67
Studie 3: Termine vs. Texte: eine Pilotstudie
sich die bisherigen Ergebnisse mit einem sehr viel einfacheren Modell als dem im theoretischen Teil
entwickelten erklären.
Im zweiten empirischen Teil steht deswegen die Rolle der metakognitven Parameter im
Mittelpunkt. Sie liefern einen direkteren Zugang zu dem, was in den unterschiedlichen Planungszeiten
abläuft. Grundfrage der folgenden Untersuchungen ist, ob Entscheidungen von metakognitiven
Parametern geleitet werden. Ziel ist nachzuweisen, daß der Zusammenhang zwischen metakognitiven
Parametern und einem gewählten Speicher eine Funktion der Geläufigkeit der Aufgabe ist. Sind
Entscheidungen durch solche bestimmt oder gar vorhersagbar, müssen die metakognitiven Parameter
bei dem in der Planungszeit ablaufenden Prozeß eine Rolle gespielt haben.
Die erste Studie ist eine Pilotstudie, in der erstmals versucht wird, die Frage nach dem
Zusammenhang von metakognitiven Parametern und Speicherwahl als eine Funktion der Aufgabe zu
verstehen. Die zweite Studie folgt diesem Gedanken, benutzt aber darüber hinaus konkret die im
SWIEGS-Modell angenommenen metakognitven Parameter, um damit die Speicherwahl vorherzusagen.
2.2.1 Studie 3: Termine vs. Texte: eine Pilotstudie
Dobbs und Rule fanden in ihrer Studie von 1987 keinerlei Zusammenhang zwischen der
Einschätzung des eigenen Gedächtnisses und der Einsatzhäufigkeit von externen Speichern. Im
theoretischen Teil wurde dieses Ergebnis in zwei Richtungen problematisiert. Erstens dürfte die
Einschätzung des Gedächtnisses nicht der einzige bedeutsame Parameter sein. Zweitens ist nach
genauerer theoretischer Analyse ein Zusammenhang überhaupt nur dann zu erwarten, wenn die
Aufgaben ungewöhnlich sind, für sie also kein Repräsentationsscript besteht (vgl. 1.3.2.1).
Dieser zweite Kritikpunkt soll einer ersten empirischen Prüfung unterzogen werden. Grundthese:
der Zusammenhang zwischen metakognitiven Einschätzungen und Speicherwahl hängt von der
Aufgabenart ab. Eine sehr geläufige Aufgabe soll durch den Einsatz von Scripten, und das heißt ohne
Einfluß der metakognitiven Parameter, gelöst werden. Für ungeläufige Aufgaben dagegen sind keine
Repräsentationsscripte vorhanden. Folglich sollten bei diesen Aufgaben metakognitive Parameter die
Grundlage für die Entscheidung sein (H5).
Ein zweiter Ansatzpunkt der Studie ist neben dem allgemeinpsychologischen, manipulativen einen
differentiellen Aspekt zu testen. Auch aus unterschiedlichen Persönlichkeitseigenschaften müßten
unterschiedliche Umgehensweisen mit externen Speichern folgen. Exemplarisch wird die Ängstlichkeit
gewählt, da hier deutliche Effekte zu erwarten sind. Hochängstliche haben eine schlechtere
Selbsteinschätzung und ein höheres Sicherheitsbedürfnis als Niedrigängstliche (Schönpflug, 1989a). Für
68
Studie 3: Termine vs. Texte: eine Pilotstudie
die Evaluation und Konstruktion eines Speichers heißt das, daß sich das größere Sicherheitsbedürfnis
Ängstlicher in schärferen Prüfgrößen niederschlagen sollte. Ängstliche sollten also eine höhere minimale
Erfolgswahrscheinlichkeit haben und dafür zu höherem Aufwand bereit sein als Niedrigängstliche. Für
die Anwendung eines Repräsentationsscriptes dürfte sich ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis nur indirekt
bemerkbar machen. Hochängstliche müßten ihre eigene Gedächtnisleistung generell schlechter
einschätzen als Niedrigängstliche. Daher sollten sie mehr Repräsentationsscripte mit einem externen
Speicher gebildet haben als Niedrigängstliche. Dagegen sollte die Frage, auf welche Art ein Speicher
gewählt wird, unabhängig von der Ängstlichkeit sein. Ängstlichkeit sollte das ‘was?’ nicht aber das
’wie?’ der Entscheidung beeinflussen. Bei beiden Ängstlichkeitsgruppen dürften die metakognitiven
Parameter nur dann die Entscheidung für einen Speicher leiten, wenn die Aufgabe ungeläufig ist.
Während Ängstlichkeit also einen Einfluß auf die Entscheidungsparameter und die vorhandenen Scripte
haben sollte, sollte die strukturelle Komponente der Entscheidung unbeeinflußt bleiben.
Drei Aufgabentypen werden eingesetzt: Termine, kurze Texte und Texte, die eine Information
beschreiben. Die Aufgabenstellung, auf die die Probanden sich vorbereiten sollten, war entweder das
Einhalten des jeweiligen Termins oder das merken der jeweiligen Information bis zu einem bestimmten
Zeitpunkt. Termine einzuhalten ist eine geläufige Aufgaben, für die ein Script vorliegen sollte.
Tatsächlich weist darauf ja nicht nur die Alltagsbeobachtung (vgl. 1.3.3.1), sondern auch die Ergebnisse
zu den Terminaufgaben in Studie 1 und Studie 2 hin. Texte zu merken sollte dagegen ungeläufig sein,
da ein Kontext, der einen Sinnzusammenhang stiftet und bestimmte Scripte aktivieren könnte (z.B.
„Diesen Text zu merken ist Teil der Vordiplomsprüfung“), fehlt. Der Einsatz von Scripten ist damit
nach den Annahmen des SWIEGS-Modells nicht möglich. Das sollte bei der dritten Aufgabengruppe
verstärkt gelten, da bei Texten, die die zu merkende Information nur beschreiben, noch weniger über die
eigentliche Zielinformation bekannt ist. Folglich sollten bei kurzen Texten und beschriebener
Information metakognitive Parameter die Entscheidung für oder gegen einen Speicher leiten; nicht aber
bei Terminen.
Studie 3 testet als Pilotstudie eine vereinfachte Form dieser Hypothese. Wenn alle Aufgaben in
einer leichteren und einer schwierigeren Form vorliegen, sollte sich das in unterschiedlicher
Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit einer Speicherung dieser Aufgabe im Gedächtnis
niederschlagen. Dieses vorausgesetzt, ist die kritische Frage, ob diese unterschiedliche Einschätzung
auch zu unterschiedlichen Speicherwahlen führen, ob also das Gedächtnis tatsächlich weniger oft
gewählt wird, wenn die Einschätzung seines Erfolges geringer ist. Aus den theoretischen Überlegungen
folgt die Hypothese, daß bei den ungeläufigeren Aufgaben - den Texten und der beschriebene
Information - das auch der Fall sein müßte, nicht aber bei sehr geläufigen Aufgaben - den Terminen.
69
Studie 3: Termine vs. Texte: eine Pilotstudie
Wie oft das Gedächtnis als Speicher eingesetzt wird, müßte also unabhängig von der Einschätzung des
Erfolges sein, den der Einsatz des Gedächtnisses zum Merken dieses Termins bringt.
Material
Von jedem der drei Aufgabentypen wurden 16 Aufgaben konstruiert. Der erste Aufgabentyp, die
Termine, waren entsprechend der Alltagserfahrung konstruiert, z.B. ‘Du hast in 2 Tagen, 11 Uhr einen
Termin beim Zahnarzt’. Der zweite Aufgabentyp bestand aus kurzen Texten unterschiedlichsten Inhalts
wie Zitaten, Definitionen, Theaterstücken usw. von durchschnittlich 30 Worten, z.B. „Die Freiheit
existiert, und auch der Wille existiert, aber eine Willensfreiheit existiert nicht, denn ein Wille, der sich
auf seine Freiheit richtet, stößt ins Leere. (Thomas Mann)“. Beim dritten Aufgabentyp waren die
Zielinformationen nur beschrieben, z.B. „Stelle Dir vor, wir würden Dir eine Abhandlung über Maler
geben, und du sollst dir Informationen über Monet, Picasso und Van Gogh aneignen.“ Jede Aufgabe
wurde in zwei Versionen präsentiert. In der leichteren Version lag der Termin in zwei Tagen bzw. war
die jeweilige Information bis in zwei Tagen zu merken. In der schwierigen Version betrug die
Zeitspanne zwei Wochen: der Termin lag also in zwei Wochen und die Information war bis in zwei
Wochen zu merken. Das Versuchsmaterial findet sich vollständig im Anhang 5.1.3.
Versuchspersonen, Design und Durchführung
Am Versuch nahmen 9 Studenten und 13 Studentinnen der Psychologie als Versuchspersonen teil,
deren Teilnahme mit einem Versuchspersonenschein honoriert wurde. Die unabhängige Variable ist die
Ängstlichkeitsgruppe, zu der der jeweilige Proband gehört, mit zwei Ausprägungen. Die Art der
Aufgabe mit den Faktorstufen Termin, kurzer Text und beschriebene Information sowie die Zeitdauer
mit den Faktorstufen zwei Tage und zwei Wochen sind als Meßwiederholungsvariablen
operationalisiert. Das Design ist folglich 2*2*3 gemischt faktoriell. Abhängige Variablen sind die
Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit, eine Aufgabe im eigenen Gedächtnis zu behalten sowie die
Entscheidung für oder gegen das eigene Gedächtnis als Speicher.
Den Probanden wurden in einer ersten Phase die 48 Aufgaben auf Karteikarten in zufälliger
Reihenfolge präsentiert. In der ersten Versuchsphase schätzen die Probanden für jede Aufgabe ein, wie
groß der Erfolg in der Bewältigung der Aufgabe wäre, wenn sie die jeweilige Aufgabe nur mit Hilfe des
eigenen Gedächtnisses merken würden. Diese Einschätzung erfolgte auf einer Prozentskala, wobei
entsprechend 100% absolute Sicherheit, die Aufgabe erfolgreich durch das Gedächtnis bewältigen zu
können, und 0% absolute Sicherheit, dies nicht zu können, bedeutet. Die Skala lag den Probanden als
Erinnerungshilfe vor. In einer Zwischenphase füllten die Probanden den Trait-Teil der deutschen
Ausgabe (Laux, Glanzmann, Schaffner & Spielberger, 1981) des STAI (Spielberger, Gorsuch &
70
Studie 3: Termine vs. Texte: eine Pilotstudie
Lushene, 1970) aus. In der dritten Versuchsphase erhielten die Probanden alle Aufgaben ein zweites
Mal in der gleichen Reihenfolge. Die Probanden sollten sich entscheiden, ob sie diese Aufgabe nur mit
dem Gedächtnis oder mit einem externen Speicher lösen würden.
Die Probanden wurden ausführlich über die Aufgabe instruiert; drei Trainigsaufgaben vor den
beiden Einschätzungen sollten zudem Sicherheit im Umgang mit der Skala bzw. der Entscheidungs
situation gewährleisten.
Ergebnisse
Mit den Trait-Werten des STAI wurden über einen Mediansplit zwei Versuchspersonengruppen
gebildet. Die Gruppe der niedriger Ängstlichen hatte ein Minimum von 28 und ein Maximum von 38
Skalenpunkten mit einem Mittelwert von 33.2, die Gruppe der höher Ängstlichen hatte Werte von 40
bis 54 Skalenpunkten mit einem Mittelwert von 44.9.
Die Einschätzung der Gedächtnisleistung und die Entscheidungen für oder gegen einen extern
Speicher sind in Abb. 12 dargestellt. Die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen
Bearbeitung der Aufgabe mit dem Gedächtnis ist bei einer Zeitdauer von zwei Tagen zwischen dem
Einprägen und Rückruf deutlich höher als bei einer Dauer von zwei Wochen (vgl. die schwarzen Balken
in Abb. 12). Dies gilt für alle drei Aufgabengruppen und beide Versuchspersonengruppen. Dabei wird
der Erfolg für Termine höher eingeschätzt als für Texte und beschriebene Information. Eine
Varianzanalyse mit der Ängstlichkeit als unabhängiger Variable sowie Aufgabenart und Zeitspanne als
Meßwiederholungsvariable zeigt hochsignifikante Haupteffekte für die Aufgabenart, F(2,40)=45.1,
p<.001, und die Zeitspanne, F(1,20)=40.4, p<.001, sowie eine signifikante Interaktion zwischen
Aufgabenart und Ängstlichkeit, F(2,40)=4.0, p<.05. Wie t-Tests für Meßwiederholungsvariablen
zeigen, wird der signifikante Unterschied in der Einschätzung der Gedächtnisleistung im Vergleich
beider Zeitspannen von allen Aufgabengruppen getragen: t(21)=5.38 für Termine, t(21)=-5.45 für kurze
Texte und t(21)=-4.12 für beschriebene Information; jeweils p<.001. T-Tests mit der Ängstlichkeit als
unabhängiger Variable zur Klärung der Interaktion zeigen, daß sich bei kurzen Texten und
beschriebener Information die Einschätzung des Erfolges mit dem Gedächtnis als Speicher zwischen
beiden Ängstlichkeitsgruppen nicht unterscheidet, t(20)=.8, p>.1 bzw. t(20)=1.1, p>.1. Bei den
Terminen dagegen wird das Signifikanzniveau annähernd erreicht, t(20)=-1.86, p=.08. Höher Ängstliche
schätzen ihre Gedächtnisleistungen bei den beiden Textarten also nicht anders, bei den Terminen aber
schlechter ein als Niedrigängstliche.
71
Studie 3: Termine vs. Texte: eine Pilotstudie
100
für niedriger Ängstliche:
für höher Ängstliche:
100
60
60
40
40
20
20
0
0
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Geschätzter Erfolg einer internen Speicherung
Entscheidung für interne Speicherung
Abb. 12 Die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, die jeweilige Aufgabe mit Hilfe des Gedächtnisses erfolgreich zu
lösen kontrastiert mit der Häufigkeit der Entscheidung für das Gedächtnis als Speicher; getrennt für niedriger
vs. höher Ängstliche, die drei Aufgabentypen Termine vs. kurze Texte vs. beschriebene Information (be. Info)
und die beiden Zeitspannen zwei Tage (2 Tg) vs. 2 Wochen (2Wo).
Bei der Entscheidung zwischen dem Gedächtnis und einem externen Speicher entscheiden sich
höher Ängstliche seltener für das eigene Gedächtnis als niedriger Ängstliche. Die Zeitspanne bis zum
Erinnern wirkt sich deutlich bei beiden Textarten aus: bei 14-tägiger Spanne wird das Gedächtnis viel
seltener gewählt. Bei den Terminen dagegen hat die Zeitspanne keinen Einfluß auf die Entscheidung
zwischen externen und internen Speicher: Termine werden sowohl wenn sie in zwei Tagen als auch
wenn sie in zwei Wochen liegen gleich häufig im Gedächtnis gespeichert. Eine Varianzanalyse mit der
Ängstlichkeit als unabhängiger Variable sowie Aufgabenart und Zeitspanne als Meßwiederholungs
variable zeigt signifikante Haupteffekte für die Ängstlichkeit, F(1,20)=10.9, p<.01 und die Zeitspanne,
F(1,20)=7.7, p=.01. Die einzige signifikante Interaktion ist die zwischen Aufgabenart und Zeitspanne,
F(2,40)=3.6, p<.05. T-Tests zur Klärung der Interaktion zeigen, daß für kurze Texte und beschriebene
Information die Wahl des Gedächtnisses bei 14-tägiger Zeitspanne im Vergleich zur 2-tägigen
Zeitspanne signifikant seltener ist, t(21)=2.2, p<.05, bzw. t(21)=3.05, p<.01. Bei Terminen dagegen
72
Studie 3: Termine vs. Texte: eine Pilotstudie
führt die unterschiedliche Zeitspanne nicht zu unterschiedlicher Häufigkeit bei der externen
Speicherung, t(21)=.024, p>.1.
Diskussion
Die Ergebnisse bestätigen die Hypothesen zur Einschätzung des Gedächtnisses und zur Wahl des
Gedächtnisses.Aufgaben mit einer Zeitspanne von 14 Tagen sollten weniger erfolgreich mit dem
Gedächtnis zu merken sein als solche mit einer Zeitspanne von zwei Tagen. Entsprechend
unterschiedlich wurde die Erfolgswahrscheinlichkeit für ein Lösung der Aufgaben mit dem Gedächtnis
eingeschätzt. Diese wird für Termine zwar generell höher eingeschätzt als für die beiden anderen
Aufgabenarten. Der Unterschied zwischen den Versionen mit zweitägiger bzw. zweiwöchiger Dauer ist
aber bei allen drei Aufgabentypen signifikant. Dem steht die Speicherwahl gegenüber. Sowohl bei den
kurzen Texten als auch bei der beschriebenen Information folgt die Entscheidung der Logik, die man
erwarten würde: bei den Aufgaben, bei denen die Probanden das Gedächtnis als schlechter einschätzen,
entscheiden sie sich auch seltener für das Gedächtnis als Speicher. Anders bei den Terminen: die
Häufigkeit, mit der das Gedächtnis als Speicher gewählt wird, ist bei beiden Versionen der Aufgaben
gleich groß. Obwohl für 14-tägige Termine die Wahrscheinlichkeit, diese mit Hilfe des Gedächtnisses
einzuhalten, kleiner eingeschätzt wird als für Termine in zwei Tagen, wird das Gedächtnis nicht seltener
eingesetzt. Dieses überraschende Ergebnis ist innerhalb des zu prüfenden SWIEGS-Modells logisch: bei
Terminen läuft die Speicherwahl scriptgesteuert; metakognitive Einschätzungen spielen dabei keine
Rolle.
Dieser Zusammenhang gilt sowohl für niedriger als auch für höher Ängstliche. Ängstliche
schätzen ihr Gedächtnis bei Terminen schlechter ein als Nichtängstliche. Daß dieser Effekt nur bei den
Terminen auftrat mag daher rühren, daß die anderen Aufgaben zu künstlich waren, um einen Effekt der
Ängstlichkeit zu erzeugen. Sie wählen bei allen Aufgaben seltener ihr Gedächtnis als Speicher als
weniger Ängstliche. Trotzdem unterscheidet Ängstlichkeit nicht die Entscheidungsstruktur: die
unterschiedliche Aufgabenschwierigkeit führt, unabhängig von der Ängstlichkeit der Probanden, bei
Terminen nicht zu unterschiedlicher Häufigkeit der Wahl des Gedächtnisses als Speicher.
Bei Terminen schätzen ängstlichere Probanden ihr Gedächtnis schlechter ein als weniger
ängstliche, bei beiden anderen Aufgabentypen hingegen nicht. Trotzdem wählen Ängstliche ihr
Gedächtnis deutlich seltener als Speicher. Ein plausibler Erklärungsansatz ist, daß Ängstliche strengere
Prüfparameter anwenden als weniger Ängstliche, um ihrem höheren Sicherheitsbedürfnis gerecht zu
werden. Damit Ängstliche mit einer Lösung zufrieden sind, müssen Aufgaben mit größerer
Wahrscheinlichkeit erfolgreich erinnert werden als dies bei weniger Ängstlichen der Fall ist.
73
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Die erste Bestätigung der zentralen Hypothesen zum Zusammenhang zwischen metakognitiven
Parametern und Speicherwahl ermutigt zu differenzierteren Studien. Denn der zu verifizierende
Zusammenhang zwischen Geläufigkeit eines Aufgabentyps und dem Prozeß der Speicherwahl ist hier
nur durch die drei unterschiedlichen Aufgabentypen operationalisiert worden. Studie 3 läßt für sich
gesehen nur Aussagen über die Speicherwahl bei Terminen zu; für eine Generalisierung auf weitere
Aufgaben und das eigentlich interessierende theoretische Konstrukt, die Aufgabengeläufigkeit, fehlt die
empirische Basis.
Aber auch die Interpretation in Bezug auf die Termine läßt eine Alternativerklärung zu. Wenn den
Probanden Termine, die in 14 Tagen liegen, weniger wichtig erscheinen als solche, die in zwei Tagen
liegen, wäre es auch plausibel, daß die 14-Tage-Termine nicht seltener im Gedächtnis gemerkt werden.
Geringere Valenz der Aufgaben würde zu einer geringeren Erforderlichen Erfolgswahrscheinlichkeit
(EEW) und Akzeptiertem Aufwand der Speicherung (AAS) führen. Die schlechtere Merkbarkeit würde
zwar zu einer schlechteren Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit führen - in der Speicherwahl
würde sich das durch die veränderten Prüfparameter aber nicht niederschlagen. Gegen diese Überlegung
spricht, daß sie mit wesentlich mehr Parametern arbeitet als die eigentliche Hypothese. Trotzdem muß
diese Erklärungsmöglichkeit in den Folgestudien ausgeschlossen sein.
2.2.2 Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Im Zentrum der Studien 1 und 2 standen die Planungszeit und die tatsächlich gewählten Speicher.
Studie 3 stellte die Vorhersagbarkeit der Speicherwahl aus metakognitiven Parametern ins Zentrum.
Theoretische Annahme dabei war, daß sich in den verschiedenen Planungszeiten ein unterschiedlicher
Umgang mit den metakognitiven Parametern ausdrückt. Nach dem SWIEGS-Modell kommt größere
Planungszeit dadurch zustande, daß die metakognitiven Parameter in der Entscheidung intensiver
geprüft werden. Studie 4 verknüpft deswegen die Ansätze der Studien 1 bis 3, indem sowohl die
Planungszeit als auch die Vorhersage der Speicherwahl aus den metakognitiven Parametern als
abhängige Variablen operationalisiert werden.
Studie 3 konnte belegen, daß für Termine - als Vertreter sehr geläufiger Aufgaben - kein
Zusammenhang zwischen der Einschätzung, wie gut das Gedächtnis als Speicher fungieren würde und
der Entscheidung für oder gegen das Gedächtnis als Speicher besteht. Bei kurzen Texten und
beschriebener Information - als Vertreter ungeläufiger Aufgaben - führt unterschiedliche Einschätzung
der Merkbarkeit der Aufgaben mit dem Gedächtnis dagegen zu einem signifikanten Unterschied in der
Häufigkeit, mit der das Gedächtnis als Speicher gewählt wird.
74
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Studie 4 prüft diese Zusammenhänge in generalisierter Form. Der Zusammenhang zwischen
metakognitiven Parametern und Wahl eines Speichers soll nach dem SWIEGS-Modell nicht von den
Aufgabentypen abhängen, sondern von der Geläufigkeit einer Aufgabe (H5). Die Geläufigkeit
entscheidet über den Zusammenhang zwischen metakognitiven Parametern und der Wahl des Speichers.
In Studie 3 war dieser Parameter nur durch die drei unterschiedliche Aufgabentypen operationalisiert.
Studie 4 erweitert dies erheblich, indem fünf unterschiedliche Aufgabentypen als Versuchsmaterial
verwandt werden. Jeder Aufgabentyp erscheint auf jeder Geläufigkeitsstufe; so sind Aufgabentyp und
Aufgabengeläufigkeit entkoppelt.
Um Geläufigkeit der Aufgaben auch als unabhängige Variable varriieren zu können, werden die
Aufgaben in zwei unterschiedlichen Kontexten gestellt. Der reale Kontext entspricht dem von Studie 1
und Studie 2; die Probanden sollen sagen, wie sie die Aufgaben in ihrem Alltag repräsentieren würden.
Der virtuelle Kontext sucht Vorerfahrungen weitgehend auszuschalten. Die Aufgaben werden als kurze
Texte behandelt, auf deren Wiedererkennen die Probanden sich vorbereiten sollen. Entsprechend der
ungeläufigen Aufgaben bei Studie 3 wird keinerlei erklärender Kontext zu diesem Textlernen gegeben.
Externe Speicherung ist dabei nur über einen Karteikartenstapel möglich, dessen Nutzung bestimmten
Regeln unterliegt. So werden Vorerfahrungen mit dem Speicher ebenfalls ausgeschlossen. In der realen
Form der Aufgaben sollte die Geläufigkeit des jeweiligen Aufgabentyps wie in Studie 1 und 2 die
Planungszeit und wie in Studie 3 den Zusammenhang zwischen Aufgabe und metakognitiven
Parametern steuern. In der virtuellen Form dagegen sollte die Geläufigkeit aller Aufgaben gleich sein.
Planungszeit und Vorhersagbarkeit aus den metakognitiven Parameteren sollten sich folglich für die
verschiedenen Aufgaben nicht mehr unterscheiden. Da die Geläufigkeit aller Aufgaben gering ist, sollten
sie wie ungeläufige Aufgaben behandelt werden - also mit langer Planungszeit und hoher
Vorhersagbarkeit der Speicherwahl.
Um die Erhebung der metakognitiven Parameter praktikabel zu gestalten, mußte der Umfang der
Erhebung reduziert werden. Der vom SWIEGS-Modell vorhergesagte Zusammenhang zwischen
metakognitiven Parametern und der Wahl eines Speichers betrifft neben der in Studie 3 getesteten
Wahrscheinlichkeit des Erfolges auch den Aufwand der Speicherung. Beide Parameter müßten bei jeder
Aufgabe für jeden dem Probanden geläufigen Speicher erhoben werden (bei 60 Aufgaben und 20
Speichern wären das 2400 Einschätzungen). Da das die Probanden völlig überfordern würde, schätzten
die Probanden für jede Aufgabe Aufwand und Erfolgswahrscheinlichkeit für zwei wahrscheinliche
Speicher ein. Über einen Entscheidungsalgorithmus konnte dann derjenige Speicher bestimmt werden,
der nach den Parametern gewählt werden müßte. Der Vergleich dieses Ergebnisses mit dem tatsächlich
75
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
gewählten Speicher dient als aussagekräftiger Parameter für den Einfluß der Einschätzungen auf die
Speicherwahl.
Eine weitere Erweiterung betrifft die Valenz einer Aufgabe. In Studie 3 wurde sie nicht
kontrolliert; tatsächlich könnten die Ergebnisse zu den Terminen aber auch erklärt werden, wenn
längerfristige Termine den Probanden weniger bedeutsam erscheinen würden (vgl. Diskussion der
Studie 3). Aufgaben so zu konstruieren, daß sie bei unterschiedlicher Geläufigkeit gleiche Valenz haben,
ist aber praktisch kaum realisierbar (vgl. Diskussion in Studie 1). Deswegen wird die Valenz als
unabhängige Variable eingeführt, so daß ihr Einfluß unabhängig von der Aufgabengeläufigkeit getestet
werden kann. Praktisches Problem dabei ist, daß zu hohe Valenz einer Aufgabe diese tatsächlich zu
einem anderen Aufgabentyp machen könnte. So sind ein Arzttermin, der über Leben und Tod
entscheidet oder ein erstes Rendevous, nachdem man sich leidenschaftlich verliebt hat, keine Termine
wie andere auch. Um die Valenz der Aufgaben zu erhöhen, ohne dadurch andere Aufgabentypen zu
konstruieren, werden die Aufgaben in den Kontext einer hypothetische Glücksspielsituation gestellt
(vgl. Meacham & Singer, 1977). Einen Gewinn erwarte dabei denjenigen, der mehr Aufgaben erinnert
hat als seine Mitspieler. So sollte die Valenz aller Aufgaben gleichmäßig und moderat erhöht werden.
Diese Vorgehen kontrolliert nicht nur die Wirkung der Aufgabenvalenz, sondern erlaubt auch die
Testung der Hypothesen zur Rolle der Aufgabenvalenz im SWIEGS-Modell. Höhere Valenz einer
Aufgabe sollte zu schärferen Prüfparametern für die Evaluation oder Konstruktion eines Speichers
führen. Das SWIEGS-Modell sagt vorher, daß sowohl die Erforderliche Erfolgswahrscheinlichkeit der
Speicherung (EEW) als auch der für die Speicherung Akzeptierte Aufwand (AAS) mit der Valenz der
Aufgabe steigen. Empirisch müßten sich höhere Prüfkriterien in drei Bereichen niederschlagen. Da
höhere Prüfkriterien zu einem aufwendigeren Vergleichsprozeß führen, müßte erstens auch die
Planungszeit mit der Valenz der Aufgaben steigen (H7). Zweitens müßte der intensivere Suchprozeß zu
differenzierteren Lösungen führen - die Anzahl der für einen Aufgabentyp eingesetzten unterschiedlicher
Speicher also bei erhöhter Valenz der Aufgaben größer sein als bei normaler Valenz (H9). Drittens
sollte die Bewertung des dann gewählten Speichers in Bezug auf Erfolgswahrscheinlichkeit und
Aufwand den Prüfkriterien folgen: Höhere Valenz einer Aufgabe sollte also bei weniger geläufigen
Aufgaben zu Lösungen mit höherer Erfolgswahrscheinlichkeit und höherem Aufwand führen (H11).
Speicherwahlen über die Anwendung eines Repräsentationsscripts sollten ohne Einfluß der
Prüfparameter erfolgen. Folglich hat auch die erhöhte Valenz keinen Einfluß auf die Speicherwahl. Die
drei Hypothesen zur Aufgabenvalenz müssen also nach dem SWIEGS-Modell hinsichtlich der
Aufgabengeläufigkeit differenziert werden: Je ungeläufiger eine Aufgabe, desto größer müßte sie
76
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Steigerung der Planungszeit (H8), die Erhöhung der Speicherzahl (H10) und die veränderte
Einschätzung des gewählten Speichers (H12) bei erhöhter Valenz sein.
Material
Als Versuchsmaterial dienten die in Studie 2 verwandten 60 Items.
Versuchspersonen und Design
Versuchspersonen im Alter zwischen 21 und 37 Jahren nahmen an der Untersuchung teil. Die
Hälfte der Versuchspersonen wurde bezahlt, die andere Hälfte bestand aus Studenten und Studentinnen
der Psychologie, die einen Versuchspersonenschein erhielten. In jeder Bedingungsversion war die
gleiche Anzahl von bezahlten und unbezahlten Probanden; bis auf diese Einschränkung erfolgte die
Zuordnung von Proband zu Bedingung per Zufall.
Unabhängige Variable ist die Valenz der Aufgaben mit den beiden Stufen normal vs. erhöht und
die Aufgabenstellung mit den beiden Stufen real vs. virtuell. Die Geläufigkeit der Aufgaben mit den
Stufen sehr geläufig vs. geläufig vs. ungeläufig ist als Meßwiederholungsvariable operationalisiert. Das
Design ist also 2*2*3 gemischt faktoriell.
Abhängige Variablen sind die zur Wahl des Speichers erforderliche Zeit, die gewählten Speicher,
die Einschätzungen der Aufgaben in den Speichern sowie davon abgeleitete Variablen.
Versuchsdurchführung
Den Probanden wurden die Items in zufälliger Reihenfolge auf einer am Monitor dargestellten
Karteikarte präsentiert. In der ‘realen’ Bedingung waren die Probanden instruiert, sich zu entscheiden,
welchen Speicher sie für eine Aufgabe wählen würden, wenn sie diese Aufgabe in ihrem Alltag
bearbeiten würden. Für die verdeckte Zeitmessung wurde wieder die in Studie 2 entwickelte Technik
der scheinbaren Mikrofonaufnahme angewandt. Nach der ersten Bearbeitung aller 60 Aufgaben ging der
Versuchsleiter zusammen mit dem Probanden alle die Aufgaben noch einmal durch, bei denen der
Proband sich für das Gedächtnis als Speicher entschieden hatte. Der Proband sollte den externen
Speicher nennen, mit dem er die jeweilige Aufgabe am wahrscheinlichsten lösen würde, wenn er für die
Aufgabe explizit einen externen Speicher nutzen müßte. So war für die dritte Phase für jede Aufgabe ein
möglicher externer Speicher vorhanden.
In der dritten Phase wurden noch einmal alle 60 Aufgabe in der gleichen Reihenfolge wie in der
ersten Phase auf realen Karteikarten präsentiert. Diesmal sollte die Erfolgswahrscheinlichkeit und der
Aufwand der Speicherung der Aufgabe eingeschätzt werden. Zum einen in Bezug auf das Gedächtnis,
zum anderen in Bezug auf den in der ersten oder zweiten Versuchsphase zu dieser Aufgabe genannten
77
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
externen Speicher. Vor dem Probanden lagen zwei Skalen, eine mit der Erfolgswahrscheinlichkeit von
0% bis 100 %, die andere mit dem Aufwand von 1 (sehr gering) bis 7 (sehr groß). Über und unter den
Skalen stand je eine Frage zu den beiden Speichern, einmal für das Gedächtnis, einmal für den externen
Speicher formuliert. Der Versuchsleiter legte eine Karteikarte mit der jeweiligen Aufgabe in die Mitte
der Skalen und nannte dem Probanden den externen Speicher, den der Proband für die Aufgabe in der
ersten oder zweiten Phase des Versuches genannt hatte. Darauf schätzte der Proband vier Parameter
ein: den Aufwand der Speicherung und ihren Erfolg, jeweils sowohl bezüglich der Speicherung der
Aufgabe im Gedächtnis als auch bezüglich der Speicherung im externen Speicher.
In der virtuellen Bedingung bearbeiteten die Probanden die gleichen Aufgaben mit anderem
Kontext. Die Probanden wurden instruiert, sich auf einen Gedächtnistest vorzubereiten, bei dem sie die
60 Aufgaben in einer zweiten Phase noch einmal präsentiert bekommen würden, teilweise in der
Orginalform, teilweise in einer leicht veränderten Fassung. Sie sollten sich darauf vorbereiten, dann
innerhalb von 12 s zu entscheiden, ob ein Text in der Original- oder einer veränderten Fassung vorläge.
Zu überlegen sei, wie sie sich auf diese Aufgabe vorbereiten würden. Bei jeder Aufgabe sollten sie
entscheiden, ob sie diese Aufgabe vor dem Hintergrund der genannten Aufgabenstellung im Kopf
behalten oder auf eine Karteikarte aufschreiben würden. Ein Karteikartenstapel lag zur Hand; den
Probanden wurde sein Einsatz in der Wiedererkennensphase ausführlich erläutert. In Vorversuchen
hatte sich herausgestellt, daß ein komplexe Aufgaben- und Speicherform notwendig war, um zu
verhindern, daß den Probanden bei einer externen Speicherung 100% Erfolgswahrscheinlichkeit sicher
schienen. Deswegen war die Nutzung des Karteikartenstapels in der Wiedererkennensphase an eine
Reihe von Regeln gebunden. Die Karteikarten sollten dabei nicht auf dem Tisch ausgebreitet werden
dürfen und würden vor der Wiedererkennensphase noch einmal gemischt werden. So wurde die
Nutzung des Karteikartenstapels mit der Schwierigkeit verbunden, die extern gespeicherte Information
schnell genug wiederzufinden - ein Problem, daß fast immer mit dem Einsatz von externen Speichern
verbunden ist (vgl. Esser, 1992). Entsprechend der ‘realen’ Bedingung mußten in einer zweiten Phase
alle Aufgaben noch einmal in Bezug auf Erfolgswahrscheinlichkeit und Aufwand der Speicherung im
Gedächtnis bzw. mit Hilfe des Karteikartenstapels beurteilt werden.
Beide Versuchsbedingungen lagen in einer Version mit normaler Valenz und in einer Version mit
erhöhter Valenz vor. Bei erhöhter Valenz wurde die Probanden instruiert, sich vorzustellen, daß sie
einen Jackpot von DM 10.000,- gewinnen würden, wenn sie am meisten Aufgaben erfolgreich
bearbeiteten. Da sich in Vorversuchen gezeigt hatte, daß diese Instruktion leicht vergessen wird, blinkte
das Wort ‘Jackpot’ zur Erinnerung vor jeder neuen Aufgabe auf dem Bildschirm auf.
78
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Die Probanden wurden ausführlich in den verschiedenen Phasen des Versuches instruiert;
Probeaufgaben, die beliebig oft wiederholt werden konnten, sollten jeweils die Sicherheit im Umgang
mit dem Rechner bzw. den Skalen garantieren. Bei der Einschätzung der Items auf den beiden Skalen
wurden für die ersten vier Items die jeweiligen Fragen vom Versuchsleiter laut formuliert. Diese
Maßnahmen reichten für eine problemlose Bewältigung aller Aufgaben durch die Probanden aus. Die
Versuchsdauer betrug je nach Aufgabentyp und Proband zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Stunden.
Ergebnisse
Die Ergebnisdarstellung gliedert sich in sechs Punkte:
• Die zur Wahl eines Speichers benötigte Zeit,
• Die Vorhersagbarkeit der Wahlen aus den metakognitiven Parametern,
• Die Bewertung der eigenen Entscheidung,
• Die Anzahl der je Aufgabengruppe zur Lösung herangezogenen unterschiedlichen Speicher, sowie
• Die Planungszeit in Abhängigkeit von der Speicherwahl
Besonderheiten der Auswertung werden, wenn erforderlich, innerhalb der einzelnen Punkte behandelt.
Die zur Wahl eines Speichers benötigte Zeit
Die Zeiten, die die Probanden brauchen, um sich für einen Speicher zu entscheiden, sind
dargestellt in Abb. 13. Bei realer Aufgabenstellung steigt die Planungszeit über die drei
Geläufigkeitsstufen der Aufgaben, wobei dieser Gradient bei erhöhter Valenz steiler wird als bei
normaler Valenz. Bei virtueller Aufgabenstellung dagegen steigt die Planungszeit nur schwach von sehr
geläufigen zu geläufigen Aufgaben; von geläufigen zu ungeläufigen Aufgaben bleibt sie gleich. Höhere
Valenz führt hier nicht zu einer Verlängerung, sondern sogar zu einer Verkürzung der Planungszeit;
dieser Effekt ist für alle Geläufigkeitsstufen gleich.
Eine Varianzanalyse mit Aufgabenstellung und Valenz als unabhängige Variable sowie
Geläufigkeit als Meßwiederholungsvariable ergibt signifikante Haupteffekte für Aufgabenstellung,
F(1,76)=79,28, p<.001, sowie Geläufigkeit der Aufgaben, F(2,152)=247.31, p<.001. Aufgabenstellung
interagiert signifikant mit Geläufigkeit, F(2,152)=81.55, p<.001, und Valenz, F(1,76)=11.86, p=.001.
Auch die Interaktion zwischen Valenz und Geläufigkeit ist signifikant, F(2,152)=3.50 ,p<.05, ebenso
die Dreifachinteraktion von Valenz, Aufgabenstellung und Geläufigkeit, F(2,152)=6.45, p<.01.
79
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
20
Real - normale Valenz
18
16
Real - erhöhte Valenz
Virtuell - normale Valenz
Virtuell - erhöhte Valenz
14
12
10
8
6
4
2
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Items
Abb. 13 Die Zeit von der Präsentation der Aufgabe bis zu Nennung des Speichers - getrennt für die vier
Probandengruppen und die Geläufigkeit der Aufgaben.
Zur Klärung der Interaktion werden t-Tests zum Paarvergleich berechnet. Entlang der
Geläufigkeitsstufen bestätigen sich die beschriebenen Mittelwertsunterschiede. Während sich die
Planungszeiten bei realer Aufgabenstellung für alle drei Geläufigkeitsstufen signifikant voneinander
unterscheiden, unterscheiden sich bei virtueller Aufgabenstellung die geläufigen und ungeläufigen
Aufgaben nicht signifikant. Diese Beziehung gilt sowohl mit normaler als auch erhöhter Valenz (siehe
Tab. 6, oberer Teil).
Die Erhöhung der Planungszeit durch Erhöhung der Aufgabenvalenz bei realer Aufgabenstellung
ist für jede Geläufigkeitsstufe signifikant; nur bei mittlerer Geläufigkeit wird das Signifikanzniveau mit,
t(38)=-1.88, p=.068 knapp verpaßt. Die Verringerung der Planungszeit durch erhöhte Valenz bei
virtueller Aufgabenstellung dagegen erreicht bei allen drei Geläufigkeitsstufen das Signifikanzniveau
(siehe Tab. 6, unterer Teil). Alle Mittelwertsvergleiche entlang der Aufgabenstellungen real vs. virtuell
sind bei gleicher Valenz und gleichen Geläufigkeitsstufe signifikant (aus Platzgründen nicht aufgeführt).
Die signifikante Dreifachinteraktion kommt folglich durch die je nach Aufgabentyp
unterschiedliche Wirkung der Aufgabenvalenz auf die Geläufigkeitsstufen zustande. Bei realer
Aufgabenstellung steigt die Planungszeit bei erhöhter Valenz um so mehr, je ungeläufiger die
80
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Planungszeiten bei realer vs. virtueller Aufgabenstellung sowie
normaler vs. erhöhter Valenz (Mittelwertsvergleiche über t-Tests)
Vergleich zwischen Geläufigkeitsstufen (t-Tests für Meßwiederholungsvariablen)
Valenz normal
Aufgabenstellung:
real
virtuell
sehr geläufig
vs. geläufig
geläufig vs.
ungeläufig
t(19)=
-10.85***
t(19)=
-9.96***
t(19)=
-3.78**
t(19)=
-0.01
Valenz erhöht
sehr geläufig sehr geläufig
vs. ungeläufig vs. geläufig
t(19)=
-10.92***
t(19)=
-8.43***
geläufig vs.
ungeläufig
sehr geläufig
vs. ungeläufig
t(19)=
-6.05***
t(19)=
-0.3
t(19)=
-10.98***
t(19)=
-9.56***
t(19)=
-10.53***
t(19)=
-7.93***
Vergleich zwischen Valenz normal vs. erhöht (t-Tests für unabhängige Variablen)
Aufgabenstellung real
Geläufigkeitsstufe:
sehr geläufig
geläufig
t(38)=-2.3*
t(38)=-1.88
ungeläufig
Aufgabenstellung virtuell
sehr geläufig
t(38)=-2.79** t(38)=2.71**
geläufig
ungeläufig
t(38)=2.55*
t(38)=2.72**
Tab. 6 T-Tests zum Vergleich der Mittelwerte der Planungszeit. * für p<.05; ** für p<.01; *** für p<.001
Aufgabe. Bei virtueller Aufgabenstellung dagegen führt erhöhte Valenz zu einer Verkürzung der
Planungszeit, die für alle drei Geläufigkeitsstufen gleich groß ist.
Die Vorhersagbarkeit der Wahlen aus den metakognitiven Parametern
Um den Einfluß der von den Probanden geschätzten Parameter auf die Entscheidung für einen
Speicher auswerten zu können, wurde zunächst der Speicher berechnet, den der Proband wählen müßte,
wenn er seiner Einschätzung folgen würde. Dieser wurde mit dem vom Probanden tatsächlich
gewählten Speicher verglichen; stimmte beide überein, wurde die Entscheidung als ‘rational’, stimmten
sie nicht überein als ‘nicht rational’ (im Sinne von: dem Rationalen der Parameter folgend oder nicht)
bewertet.
Für jede Aufgabe schätzte der Proband Aufwand und Erfolgswahrscheinlichkeit zweier
Speicheralternativen. Diese vier Parameter können in vier Beziehungen zu einer Speicherwahl stehen:
• 'eineindeutig': Aufwandund Erfolg weisen in die gleiche Richtung, d.h. einer der beiden Speicher
wird sowohl als erfolgreicher als auch als weniger aufwendig eingeschätzt;
81
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
• ’eindeutig’ Aufwandoder Erfolg weisen auf einen Speicher, wobei der jeweils andere Parameter für
beide Speicher gleich eingeschätzt wurde; z.B. der Aufwand ist für beide Speicher gleich groß, aber
einer der beiden wird als erfolgreicher eingeschätzt;
• 'zwar - aber': während der Aufwand für den einen Speicher spricht, spricht der Erfolg für den
anderen; ein Speicher wird also zwar als weniger aufwendig in der Anwendung, aber auch als
weniger erfolgreich eingeschätzt;
• 'unentschieden': Aufwand und Erfolg werden für beide Speicher gleich eingeschätzt.
Je eindeutiger eine Parameterkombination auf einen Speicher hinweist, um so häufiger taucht sie
auf. Die Häufigkeit der Kombinationen halbiert sich jeweils von 'eineindeutig' (55%) zu eindeutig
(24%), von 'eindeutig' zu 'zwar - aber' (13%) und von 'zwar - aber' zu 'unentschieden' (7.5%). Je nach
Parameterkombination läßt sich der diesen Parametern folgende Speicher unterschiedlich festlegen.
Sowohl die eindeutigen als auch die eineindeutigen Kombinationen weisen unmittelbar auf einen
Speicher hin; wird dieser auch tatsächlich von der Versuchsperson gewählt, gilt die Entscheidung als
'rational': die Wahl eines Speichers stimmt mit der Bewertung dieses Speichers überein. Umgekehrt gilt
eine Entscheidung als 'nicht rational', wenn der Speicher gewählt wird, der schlechter eingeschätzt
wurde. Die Kombination 'unentschieden' ist immer nicht rational, da die Entscheidung für einen
Speicher nicht durch die Parameter bestimmt sein kann. Differenzierterer Analyse bedarf die
Kombination 'zwar - aber'. Hier weist ja der Vergleich des geschätzten Aufwandes auf einen anderen
Speicher hin als der Vergleich der geschätzten Erfolgswahrscheinlichkeit beider Speicher. Trotzdem ist
es möglich, rationale von nicht rationalen Urteilen zu unterscheiden, indem man die Konsistenz der
Urteile überprüft. Lassen sich die Urteile mit Regeln beschreiben, die Aufwand und Erfolg von zwei
Speicheralternativen in Beziehung setzen, so gelten die Urteile als rational. Annahme dabei ist, daß die
Schätzung des Aufwandes auf Intervallskalenniveau stattfindet. Dann läßt sich im Vergleich zweier
Speicher für jede Aufwandsdifferenz eine Differenz in der Erfolgswahrscheinlichkeit errechnen, die
mindestens erreicht werden muß, um den jeweiligen Speicher zu wählen. Beispielsweise mag ein
Proband eine Aufwandssteigerung um 2 Punkte in Kauf nehmen, um eine Steigerung der
Erfolgswahrscheinlichkeit von 20% oder mehr zu erreichen; nicht aber für eine Steigerung der
Erfolgswahrscheinlichkeit von 10% oder weniger. Weitere Beispiele und eine differenzierte
Beschreibung dieser Auswertung finden sich in Anhang 5.1.2. Diese Auswertung ist nicht ganz
unproblematisch, da sie nicht - wie bei den anderen Urteilskombinationen - unabhängig von der
Kenntnis der tatsächlichen Speicherwahl erfolgen kann. Sie spielt allerdings insgesamt keine große
Rolle, da sie nur bei 13% der Urteile erforderlich war und die zu überprüfenden Hypothesen in keinem
systematischen Zusammenhang mit dieser Urteilskombination stehen. Trotzdem wurde sie zusätzlich
82
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
von einem zweiten unabhängigen Beurteiler durchgeführt; 94% der 610 Urteile stimmten überein,
Differenzen ließen sich einvernehmlich klären.
Bei realer Aufgabenstellung steigt die Vorhersagbarkeit der Speicherwahl mit sinkender
Geläufigkeit der Aufgaben, bei virtueller Aufgabenstellung bleibt sie dagegen über die
Geläufigkeitsstufen gleich (siehe Abb. 14).
90
Itemgruppe
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
80
70
60
50
Valenz:
Aufgabe:
normal
Real
erhöht
normal
erhöht
Virtuell
Abb. 14 Der Anteil der Speicherwahlen, bei denen der aus den Parametern geschlossene Speicher mit dem
gewählten übereinstimmt (=rational). Da nur zwei Speicher zur Wahl standen, entspricht die Grundlinie
der Zufallswahrscheinlichkeit von 50%.
Eine Varianzanalyse des Anteil rationaler Urteile mit der Aufgabenstellung und Valenz als
unabhängige Variablen sowie der Geläufigkeit der Aufgabe als Meßwiederholungsfaktor zeigt
signifikante Haupteffekte für die Aufgabenstellung F(1,76)=5,73, p<.05 und die Geläufigkeit
F(2,152)=9.14, p<.001 sowie für die Interaktion von Geläufigkeit und Aufgabenstellung
F(2,152)=11.12, p<.001. Obwohl erhöhte Valenz zu einer Verbesserung der Vorhersageleistung bei der
realen Aufgabenstellung (von 69,4% auf 76,5%) und zu einer leichten Verschlechterung bei der
virtuellen Aufgabenstellung führt (von 65,3% auf 62,2%), wird die Interaktion von Valenz und
Aufgabenstellung nicht signifikant, F(1,76)=1,85, p>.1. Auch der Haupteffekt der Valenz sowie alle
83
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
weiteren Interaktionen mit ihr erreichen das Signifikanzniveau nicht. Eine Partialanalyse für die reale
Aufgabenstellung zeigt einen signifikanten Effekt der Geläufigkeit des Aufgabentyps, F(2,78)=28.78,
p<.001, bei virtueller Aufgabenstellung zeigt die Aufgabengeläufigkeit keinerlei Effekte auf den Anteil
rationaler Urteile, F(2,78)=.81, p>.05.
T-Tests zum Vergleich der einzelnen Mittelwerte stützen dieses Bild. Während sich in der realen
Aufgabenstellung alle Mittelwerte der verschiedenen Geläufigkeitsstufen für beide Bedingungen
hochsignifikant unterscheiden, unterscheiden sich die Mittelwerte der virtuellen Aufgabenstellung nicht
voneinander (siehe Tab. 7).
Vorhersage der Speicherwahl aus den Parametern
(Mittelwertsvergleiche über t-Tests)
Vergleich zwischen Geläufigkeitsstufen (t-Tests für Meßwiederholungsvariablen)
Valenz normal
Aufgabenstellung:
real
virtuell
Tab. 7
sehr geläufig geläufig vs.
vs. geläufig ungeläufig
t(19)=
-3.76***
t(19)=1.06
Valenz erhöht
sehr geläufig sehr geläufig
vs. ungeläufig vs. geläufig
t(19)=
-3.05**
t(19)=-0.26
t(19)=
-4.77***
t(19)=-0.84
t(19)=
-2.33*
t(19)=-0.62
geläufig vs.
ungeläufig
sehr geläufig
vs. ungeläufig
t(19)=
-3.41***
t(19)=-0.48
t(19)=
-3.94***
t(19)=-0.2
T-Tests zum Vergleich der Mittelwerte des Anteils rationaler Urteile. * für p<.05; ** für p<.01; *** für p<.001
Die Interaktion von Aufgabenart und Geläufigkeit ergibt sich folglich, weil die Geläufigkeit der
Aufgaben bei realer Aufgabenstellung die Vorhersagbarkeit der Speicherwahl bestimmt: je ungeläufiger
eine Aufgabe, um so besser ist die Speicherwahl durch die metakognitiven Parameter vorhersagbar. Bei
virtueller Aufgabenstellung dagegen unterscheidet sich die Vorhersagbarkeit der Speicherwahl zwischen
Aufgaben unterschiedlicher Geläufigkeiten nicht.
Die Bewertung der eigenen Entscheidung
Die Probanden gaben in der dritten Versuchsphase für zwei zur Lösung der jeweiligen Aufgabe
mögliche Speicher eine Einschätzung des Aufwandes und des Erfolges dieser Speicherung ab. Die
folgende Auswertung betrachtet nun die Einschätzung derjenigen Alternative, für die sich der Proband
in der ersten Versuchsphase entschieden hatte.
Die Bewertung dieser vom Probanden gewählten Lösung fällt insgesamt bei realer
Aufgabenstellung deutlich besser aus als bei virtueller. Dabei wird die Bewertung mit sinkender
Geläufigkeit der Aufgaben schlechter. Der geschätzte Aufwand steigt mit sinkender Geläufigkeit der
84
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Aufgabe für reale Aufgabenstellung kontinuierlich, während er für virtuelle Aufgabenstellung nur von
der sehr geläufigen zur geläufigen, nicht aber von der geläufigen zur ungeläufigen Aufgabengruppe
steigt. Die Valenz der Aufgabe hat dabei keinerlei Einfluß auf den geschätzten Aufwand der
Speicherung (siehe Abb. 15, linker Teil).
100
90
Geschätze Erfolgswahrscheinlichkeit in %
100
4
90
80
80
70
70
3
60
60
50 2
Geschätze Erfolgswahrscheinlichkeit in %
Aufwand (1=sehr gering; 7=sehr hoch)
5
50
sehr geläufig geläufig
sehr geläufig
ungeläufig sehr geläufig geläufig ungeläufig
geläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Aufgaben
Real - normale Valenz
Real - erhöhte Valenz
Virtuell - normale Valenz
Virtuell - erhöhte Valenz
Abb. 15 Die Einschätzungen der Erfolgswahrscheinlichkeit und des Aufwandes desjenigen Speichers, der von den
Probanden für die jeweilige Aufgabe gewählt wurde.
Für die geschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit ergibt sich ein paralleles Bild. Hier sinkt die
Erfolgswahrscheinlichkeit kontinuierlich über alle drei Geläufigkeitsstufen der Aufgabe bei realer
Aufgabenstellung. Bei virtueller Aufgabenstellung sinkt die geschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit nur
von der sehr geläufigen zur geläufigen, nicht aber von der geläufigen zur ungeläufigen Aufgabengruppe.
Auch hier bleibt die Valenz ohne Einfluß (siehe Abb. 15, rechter Teil).
Die Varianzanalyse mit Aufgabenstellung und Valenz als unabhängige Variable sowie Geläufigkeit
der Aufgaben als Meßwiederholungsfaktor zeigt entsprechend gleiche Zusammenhänge für beide
unabhängige Variablen. Beim geschätzten Aufwand einen signifikanten Haupteffekt für
Aufgabenstellung, F(1,76)=17.34, p<.001 und Geläufigkeit, F(2,152)=195.92, p<.001 sowie eine
signifikante Interaktion zwischen Geläufigkeit und Aufgabenstellung, F(2,152)=9.7, p<.001. Ebenso bei
der geschätzten Erfolgswahrscheinlichkeit: ein signifikanter Haupteffekte für Aufgabenstellung,
85
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
F(1,76)=22.2, P<.001 und Geläufigkeit, F(2,152)=102.9, p<.001 sowie eine signifikante Interaktion
zwischen Aufgabenstellung und Geläufigkeit, F(2,152)=3.7, p<.05. Die unabhängige Variable der
Valenz sowie alle Interaktionen mit ihr zeigen in keiner der beiden Analysen einen signifikanten Einfluß.
T-Tests zur Klärung der Interaktion bestätigen die Beschreibung der Mittelwerte. Alle
Mittelwerte zwischen verschiedenen Geläufigkeitsstufen der Aufgaben werden im Paarvergleich auf
einem hohen Signifikanzniveau getrennt. Ausnahme davon: bei virtueller Aufgabenstellung
unterscheiden sich geläufige und ungeläufige Aufgaben nicht. Beim Aufwand verringert sich hier das
Signifikanzniveau; bei der Erfolgswahrscheinlichkeit ist kein Unterschied mehr nachweisbar
(vgl. Tab. 8).
Aufwand und Erfolg
(Mittelwertsvergleiche über t-Tests)
Vergleich zwischen Geläufigkeitsstufen (t-Tests für Meßwiederholungsvariablen)
geschätzter Aufwand
sehr
geläufig vs.
geläufig
t(39)=
-8.87***
t(39)=
-11.74**
Aufgabenstellung:
real
virtuell
geläufig vs.
ungeläufig
t(39)=
-8.99***
t(39)=
-2.59*
geschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit
sehr geläufig sehr geläufig
vs. ungeläufig vs. geläufig
t(39)=
-4.75***
t(39)=
-12.71***
t(39)=
6.8***
t(39)=
9.37***
geläufig vs.
ungeläufig
sehr geläufig
vs. ungeläufig
t(39)=
4.89***
t(39)=
1.59
t(39)=
7.35***
t(39)=
8.41***
Vergleich zwischen beiden Aufgabenstellungen (t-Tests für unabhängige Variablen)
geschätzter Aufwand
Geläufigkeitsstufe:
sehr
geläufig
t(78)=
-2.28*
geschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit
geläufig
ungeläufig
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
t(78)=
-5.88***
t(78)=
-3.71***
t(38)=
2.71**
t(38)=
2.55*
t(38)=
2.72**
Tab. 8 t-Tests zum Vergleich der Mittelwerte des von den Probanden eingeschätzten Aufwandes bzw. der eingeschätzten
Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung, für die sie sich entschieden hatten. * für p<.05; ** für p<.01; *** für p<.001
Während bei realer Aufgabenstellung also eine durchgängige Verschlechterung der Bewertung der
Lösung erfolgt - d.h. der Erfolg wird geringer, der Aufwand höher eingeschätzt - werden bei der
virtueller Aufgabenstellung nur die Lösungen der sehr geläufigen Aufgabenstellung als günstiger
eingeschätzt als die der anderen beiden. Zwischen geläufigen und ungeläufigen Aufgaben verringert sich
der Unterschied (beim Aufwand) bzw. verschwindet völlig (bei der Erfolgswahrscheinlichkeit).
Die Anzahl der je Aufgabengruppe zur Lösung herangezogenen unterschiedlicher Speicher
86
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Die folgenden Analysen über die jeweils gewählten Speicher beziehen sich, wie oben beschrieben,
nur auf die 40 Probanden in der realen Aufgabenstellung. Achtzig verschiedene Speicher wurden
insgesamt eingesetzt. Die Einsatzhäufigkeit wies ein starkes Gefälle auf: drei Speicher wurden über 200
mal gewählt, zwölf Speicher zwischen 20 und 200 mal und 65 Speicher unter 20 mal. Insgesamt wurde
die drei am häufigsten genannten Speicher bei 62% der Aufgaben eingesetzt, die zweite Gruppe bei
27% und die dritte bei 11%. Die gewählten Speicher werden im folgenden in zwei Richtungen
analysiert: zum einen in Bezug auf die Anzahl unterschiedlicher Speicher pro Aufgabentyp und zum
anderen in Bezug auf den Zusammenhang zwischen gewähltem Speicher und Planungszeit.
Die 60 Aufgaben sind unterteilt in drei Geläufigkeitsstufen und fünf Themen. Pro
Geläufigkeitsstufe und Thema gibt es vier Aufgaben; folglich könnte jede dieser Teilgruppen mit
maximal vier unterschiedlichen Speichern gelöst werden - wenn nämlich für jede Aufgabe ein anderer
Speicher gewählt würde. Mit wie vielen unterschiedlichen Speichern diese Gruppen tatsächlich gelöst
worden sind, ist in Abb. 16 dargestellt.
Für sehr geläufige Aufgaben sind deutlich weniger unterschiedliche Speicher eingesetzt worden
Anzahl unterschiedlicher Speicher bei vier Aufgaben
4
3
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
2
1
normale Valenz
erhöhte Valenz
Valenz
Abb. 16 Anzahl der pro Themengruppe der jeweiligen Aufgabe, Geläufigkeitsstufe und Valenz eingesetzter Speicher.
Maximal wären vier unterschiedliche Speicher möglich.
87
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
als für geläufige und ungeläufige Aufgaben; zwischen den letzten beiden besteht kein Unterschied. Bei
erhöhter Valenz werden mehr unterschiedliche Speicher eingesetzt; dies gilt gleichermaßen für alle drei
Geläufigkeitsstufen. Eine Varianzanalys mit der Geläufigkeit als Meßwiederholungs- und Valenz als
unabhängiger Variable zeigt dementsprechende signifikante Haupteffekte, aber keine signifikante
Interaktion: F(1,39)=6.71, p=.01, für Valenz und F(2,78)=50.34, p<.001 für Geläufigkeit. T-Tests
belegen, daß der Haupteffekt der Geläufigkeit nur durch die deutlich geringere Speicherzahl bei sehr
geläufigen Aufgaben verursacht wurde. Diese unterscheidet sich deutlich gegenüber geläufigen, t(39)=7.71, p<.001, und ungeläufigen Aufgaben, t(39)=-8.69, p<.001; die Speicherzahl für geläufige und
ungeläufige Aufgaben unterscheidet sich aber nicht t(39)=-0,4, p>.05.
Da die Aufgaben in fünf Themengruppen unterteilt sind, läßt sich der Effekt der Anzahl
uterschiedlicher Speicher noch weiter für jeden Aufgabnetyp differenzieren. Es zeigt sich, daß dieser
Effekt tatsächlich von allen Aufgabengruppen getragen wird. T-Tests für abhängige Stichproben im
Vergleich über die einzelnen Themengruppen ergeben durchweg sehr signifikante Unterschiede
zwischen sehr geläufigen und geläufigen bzw. sehr geläufigen und ungeläufigen Aufgaben; für alle 20 tTests gilt |t(40)| >4.1, p<.001. Bei keiner Themengruppe unterscheiden sich die Speicherzahl von
geläufigen und ungeläufigen Aufgaben. Die zehn t-Tests liegen mit|t(40)| < 1.1 durchweg unter dem
Signifikanzniveau. Eine MANOVA mit Aufgabengruppe und Itemgeläufigkeit als Meßwiederholungssowie Valenz als unabhängiger Variable ergibt drei signifikante Haupteffekte: für Valenz F(1,38)=6.72,
p<.05, Aufgabengruppe, F(4,152)=15.94, p<001 und Geläufigkeit F(2,76)=46.98, p<.001; aber
keinerlei signifikante Interaktion. Die Aufgaben der Typen ‘Informationsspeicher’ werden mit den
meisten unterschiedlichen Speichern gelöst (3.1), gefolgt von dem Typ ‘Termine’ (2.68). Die
Speicherzahl dieser beiden Typen liegen deutlich über den der Typen ‘wiederkehrende Aufgaben’, ‘zu
erledigen’ und ‘einkaufen’ (2.45, 2.43 und 2.33) , die sich nicht mehr voneinander unterscheiden. TTests bestätigen dieses Bild.
Zusammenfassend gilt für alle Aufgabengruppen, daß bei großer Geläufigkeit weniger
unterschiedliche Speicher eingesetzt werden als bei mittlerer und geringer Geläufigkeit der Aufgaben.
Zwischen letzteren beiden unterscheidet sich die Anzahl unterschiedlicher Speicher nicht. Erhöhung der
Valenz der Aufgaben führt generell zu einer Erhöhung der Speicherzahlen - unabhängig von der
Geläufigkeit oder Gruppe der Aufgaben.
Die Planungszeit in Abhängigkeit von der Speicherwahl
Die folgenden Analysen betrachten die Planungszeit zur Wahl eines Speichers in Abhängigkeit
von dem gewählten Speicher. In der ersten Analyse werden alle 80 genannten Speicher nach der
88
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Häufigkeit, mit der sie genannt wurden, in drei Gruppen unterteilt und die Planungszeit danach
differenziert, zu welcher Gruppe der gewählte Speicher gehört. In der zweiten Analyse wird die gleiche
Differenzierung mit den drei am häufigsten genannten Speichern durchgeführt. Beide Analysen beziehen
sich wieder nur auf die 40 Probanden der realen Aufgabenstellung. Da die Speicherwahl frei erfolgte,
sind Datenverluste unvermeidlich.
Nach der Häufigkeit ihres Einsatzes lassen sich die Speicher in drei Gruppen unterteilen: häufig
(über 200), regelmäßig (20 bis 200) und selten eingesetzte Speicher (unter 20; insgesamt gab es 2400
Wahlen). Für jede der drei Speichergruppen wurde, getrennt nach der Geläufigkeit der Aufgaben, die
Planungszeit errechnet, die die Probanden brauchten, um sich für einen Speicher der jeweiligen Gruppe
zu entscheiden. Nur bei 16 Probanden war jede der neun Zellen gefüllt; auf sie bezieht sich die
nachfolgende Analyse. Die Mittelwerte sind dargestellt in Abb. 17.
24
22
VALENZ:
20
NORMAL
Häufige S.
18
Regelmäßige S.
16
Seltene S.
14
ERHÖHT
Häufige S.
12
Regelmäßige S.
10
Seltene S.
8
6
4
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Items
Abb. 17 Planungszeiten zur Speicherwahl, nach Häufigkeit des gewählten Speichers differenziert. Häufige
Speicher=über 200, regelmäßige Speicher=20 bis 200, seltene Speicher=unter 20 von 2400 Wahlen. Die
Mittelwerte beziehen sich auf die 16 Probanden, die in die Varianzanalyse aufgenommen wurden.
Die Varianzanalyse der Planungszeit zeigt zwei signifikante Haupteffekte: für die Speichergruppe,
F(2,28)=14.34, p<.001 und die Geläufigkeit der Items, F(2,28)=37.23, p<.001. Die Valenz verfehlt nur
knapp das Signifikanzniveau, F(1,14)=4,36; p=.06, signifikante Interaktionen treten nicht auf. Die
Probanden brauchen bei allen drei Speichergruppen um so länger, einen Speicher zu wählen, je
89
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
ungeläufiger die Aufgabe. Auf der anderen Seite dauert die Wahl um so länger, je seltener der gewählte
Speicher vom Probanden genutzt wird. Beide Effekte werden im wesentlichen von allen Paarvergleichen
getragen; einzig der Unterschied zwischen Speichergruppe 1 und Speichergruppe 2 verpaßt mit t(15)=1.95, p=.08, knapp das Signifikanzniveau (siehe Tab. 9).
Planungszeiten differenziert für häufig, regelmäßig und selten
verwandte Speicher(Mittelwertsvergleiche über t-Tests)
Vergleich zwischen Speichergruppen und Geläufigkeitsstufen (t-Tests für Meßwiederholungsvariablen)
über alle Speichergruppen;
Aufgabengruppe:
Tab. 9
über alle Geläufigkeitsstufen;
Speichergruppe:
sehr geläufig
vs. geläufig
geläufig vs.
ungeläufig
sehr geläufig
vs. ungeläufig
häufig vs.
regelmäßig
regelmäßig
vs. selten
häufig vs.
selten
t(15)=
-6.55**
t(15)=
-2.12*
t(15)=
-11.13***
t(15)=
-1.95
t(15)=
-3.11***
t(15)=
-5.41***
t-Tests zum Vergleich der Mittelwerte der Anzahl der pro Aufgabenteilgruppe eingesetzter Speicher.
* für p<.05; ** für p<.01; *** für p<.001
Die drei am häufigsten eingesetzten Speicher sind das Gedächtnis, der Terminkalender und der
Zettel an auffälligem Ort (769, 514 und 208 von insgesamt 2400 Nennungen). Die Planungszeiten zur
Entscheidung für einen dieser drei Speicher sind in Abb. 18 dargestellt. Bei allen drei Speichern steigt
die Planungszeit sowohl mit sinkender Geläufigkeit der Aufgaben als auch mit steigender Valenz. Da
nur bei drei Probanden alle neun Zellen gefüllt sind, muß auf eine vollständige Analyse des Designs
verzichtet werden. Stattdessen wird die ANOVA für jeden der drei Speicher getrennt gerechnet. So
müssen für eine Analysen nur jeweils drei Zellen gefüllt sein und die Zahl auswertbarer Probanden
steigt. Es ergibt sich eine hochsignifikante Wirkung der Aufgabengeläufigkeit: F(2,62)=52.04, p<.001
für Gedächtnis, F(2,48)=17.68, p<.001 für Terminkalender und F(2,20)=19,7, p<.001 für Zettel
anauffälligem Ort. Weder die Valenz noch die Interaktion mit ihr erreicht das Signifikanz
niveau. Die
durchschnittliche Planungszeit über alle Geläufigkeitsstufen steigt von Gedächtnis (10s) über den
Terminkalender (10.2s) bis zum Zettel am auffälligen Ort (12.3s). Kein t-Test zum Paarvergleich
abhängiger Stichproben erreicht das Signifikanzniveau.
Auch eine Replikation dieser Analyse, bei statt die über alle Probanden am häufigsten eingesetzte
Speicher für jede Versuchsperson individuell die drei von ihr am häufigsten eingesetzten Speicher
Kriterium für die Auswertung der Planungszeit waren, verringert den Datenausfall kaum und verändert
die Ergebnisse nur unwesentliche Veränderung. Auf ihre Darstellung wird deswegen an dieser Stelle
verzichtet.
90
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
18
16
VALENZ:
NORMAL
Gedächtnis
14
Terminkalender
12
Zettel a. auff. Ort
ERHÖHT
10
Gedächtnis
Terminkalender
8
Zettel a. auff. Ort
6
4
sehr geläufig
geläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Items
Abb. 18 Planungszeiten zur Speicherwahl, wenn einer der drei am häufigsten genannten Speicher gewählt wurde. Die
Mittelwerte beziehen sich beim Gedächtnis auf 32, beim Terminkalender auf 25 und beim Zettel an
auffälligem Ort auf 11 Probanden.
Zusammenfassend zeigen sich zwei Ergebnisse: Der Effekt der mit sinkender Geläufigkeit
steigenden Planungszeit tritt bei allen Speichern bzw. Speichergruppen auf. Je seltener ein Speicher
eingesetzt wird, um so länger ist die Planungszeit, die zu seiner Wahl benötigt wird. Dieser Effekt
konnte nur bei den Speichergruppen varianzanalytisch überprüft werden. Die Tendenz zu längeren
Planungszeiten bei erhöhter Valenz, besonders bei geringer Geläufigkeit der Items war zwar in den
Mittelwerten vorhanden, konnte aber nicht statistisch abgesichert werden.
Diskussion
Die Ergebnisse werden zunächst in der Reihenfolge ihrer Präsentation diskutiert. Abschließend
folgt eine Diskussion der unabhängigen Variablen über alle Ergebnisse hinweg.
Unterschiedliche Planungszeiten bei der Speicherwahl sind nach dem SWIEGS-Modell eine
Funktion der Vorerfahrungen, die die Probanden mit Aufgaben ähnlichen Typs gemacht haben. Bezogen
auf die Faktoren in Studie 4 sollten die Planungszeiten zum einen mit sinkender Aufgabengeläufigkeit
steigen. Zum anderen schließt der virtuelle Kontext Vorerfahrungen mit den Aufgaben weitgehend aus.
91
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Unterschiede in der Planungszeit zwischen verschiedenen Aufgabentypen müßten folglich bei dieser
Aufgabenstellung verschwinden. Zum dritten sollte die Suche nach einem passenden Speicher bei
Erhöhung der Valenz der Aufgaben in realem Kontext aufwendiger werden. Die Planungszeiten sollten
sich bei erhöhter Valenz folglich verlängern (H7), und zwar um so mehr, je ungeläufiger die Aufgabe
(H8).
Dieses durch das SWIEGS-Modell vorhergesagte komplexe Zusammenhangsmuster der
Planungszeit mit den Faktorstufen wurde hochsignifikant bestätigt. Die Planungszeit steigt bei realer
Aufgabenstellung mit sinkender Geläufigkeit hochsignifikant an. Das gilt sowohl für normale als auch
für erhöhte Aufgabenvalenz. Bei erhöhter Aufgabenvalenz ist die Planungszeit generell signifikant höher
als bei normaler Aufgabenvalenz. Dieser Unterschied ist für die ungeläufigen Aufgaben am größten. In
der virtuellen Aufgabenstellung dagegen verschwinden die Unterschiede in der Planungszeit zwischen
den verschiedenen Aufgaben weitgehend. Dabei bleibt noch ein kleiner, aber signifikanter Unterschied in
der Planungszeit zwischen der sehr geläufigen und den beiden anderen Aufgabengruppen, der durch die
unterschiedlichen Wortzahl und damit Verarbeitungszeit der einzelnen Aufgabengruppen plausibel wird
(vgl. Studie 2).
Wie schon in der Diskussion zu Studie 2 vermutet, zeigt sich, daß es zu inhaltlich schwer
interpretierbaren Ergebnissen führen würde, wenn man die Lesezeit der einzelnen Aufgaben von der
Bearbeitungszeit subtrahierte, um die Planungszeit zu erhalten. Die Bearbeitungszeiten im virtuellen
Kontext von Studie 4 lagen durchweg unter der für die einzelnen Aufgaben erhobenen Lesezeit (vgl.
Abb. 10 in Studie 2). Eine Subtraktion würde folglich zu negativen Planungszeiten führen - einer
psychologisch nicht sinnvoll interpretierbaren Größe. Probanden in der virtuellen Bedingung
berichteten, die Texte hauptsächlich in Bezug auf die Wortzahl als Indikator der Schwierigkeit des
Behaltens im Kopf und in Bezug auf Zahlen im Text als Indikator für ein einfaches Wiederfinden der
Aufgabe im Karteikartenstapel beurteilt zu haben. Ein Verständnis des Inhalts der Aufgabe war folglich
für die Speicherwahl nicht erforderlich (vgl. Diskussion von Studie 2). Bei realer Aufgabenstellung
wirkte sich die Erhöhung der Valenz für die verschiedenen Geläufigkeitsstufen unterschiedlich auf die
Planungszeit aus. Bei virtueller Aufgabenstellung dagegen führte erhöhte Valenz zu einer für alle
Aufgaben gleich großen Verringerung der Planungszeit. Die Gleichmäßigkeit der Verringerung über alle
drei Aufgabengruppen unterstützt die Hypothese, daß bei virtuellem Kontext die Speicherwahlen durch
die Gleichschaltung der Vorerfahrungen für alle Aufgaben über den gleichen Prozeß liefen.
Daß die Planungszeit bei virtuellem Kontext durch Valenzerhöhung kürzer statt länger wird,
widerspricht der Hypothese, daß Planungszeiten für ungeläufige Aufgaben durch Valenzerhöhung
steigen (H8). In den postexperimentellen Interviews berichteten die Probanden in der virtuellen
92
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Bedingung generell von Schwierigkeit, sich die Aufgabe zusammen mit der komplexen Speichernutzung
vorzustellen. Die Operationalisierung der Valenzerhöhung durch einen fiktiven Wettkampf erhöht die
Komplexität dessen, was vorzustellen ist, noch einmal. Eine Erklärung wäre folglich, daß die Probanden
durch die Valenzerhöhung überfordert waren und die Bereitschaft, sich mit der Aufgabe intensiv
auseinanderzusetzen, dadurch von vornherein gering war. Dies stimmt mit den Angaben einzelner
Probanden im postexperimentellen Interview überein.
Ein hypothesenkritischer Teilaspekt der Ergebnisse zur Planungszeit ist der signifikante
Unterschied zwischen normaler und erhöhter Valenz bei sehr geläufigen Aufgaben in realem Kontext.
Wenn sehr geläufige Aufgaben über Scriptanwendung gelöst werden, sollte Valenzerhöhung hier
nämlich keinerlei Einfluß haben. Diese Unregelmäßigkeit bei der Valenzerhöhung wird am Schluß der
Diskussion im Kontext der anderen Ergebnisse noch einmal beleuchtet.
Die differenzierte Erhebung der metakognitiven Parameter Aufwand und Erfolgswahrschein
lichkeit für je zwei Speicheralternativen pro Aufgabe ermöglichte die Vorhersage, welche dieser
Alternativen gewählt werden müßte, wenn der Proband der Logik seiner Parameter folgt. Überraschend
war das Ergebnis zur Häufigkeit der verschiedenen Urteilskombinationen (vgl. Abb. 19). Über die
Hälfte der Urteile war eineindeutig, d.h. daß der gewählte Speicher den Probanden sowohl weniger
aufwendig als auch erfolgreicher schien. Die hohe Parallelität der Einschätzung von Aufwand und
Erfolg fand sich auch in der Bewertung der eigenen Lösung wieder. Je ungeläufiger die Aufgabe, desto
mehr sinkt die Einschätzung des Erfolges der Speicherung. Spiegelbildlich dazu steigt die Einschätzung
des Aufwandes der Speicherung. Trotzdem ist es notwendig, beide Parameter zu erheben. Bei den
eindeutigen Urteilen weist nämlich nur einer der beiden Parameter auf einen Speicher, während der
andere unentschieden bleibt. Diese Kombination trat in 24 % der Fälle auf. Aufwand und Erfolg
scheinen also in der Entscheidung für eine Speicherform in der Regel keine Antagonisten zu sein. Sie
werden aber als Ergänzung eingesetzt: kann der Proband beispielsweise keinen Unterschied in der
Erfolgswahrscheinlichkeit von verschiedenen Speichermöglichkeiten feststellen, so wird der weniger
aufwendige Speicher gewählt und umgekehrt. Ein echter Konflikt zwischen Aufwand und
Erfolgswahrscheinlichkeit - die zwar-aber Urteile - lag nur bei 13% der Aufgaben vor. In der virtuellen
Bedingung ist der Anteil an zwar-aber Urteilen deutlich höher als in der realen Bedingung (18% vs.
8%). Akzeptiert man die Interpretation des engen Zusammenhangs zwischen Aufwand und Erfolg als
ein generelles Muster, läßt sich dieser Unterschied als weiteres Indiz der diskutierten Überforderung der
Probanden in der virtuellen Bedingung verstehen: die geringere Reliabilität der Einschätzung führt eher
zu widersprüchlichen Aussagen.
93
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
eineindeutig
56,0%
Virtuell
Real
unentschieden
7,0%
eindeutig
24,0%
zwar-aber
13,0%
Gesamt
Abb. 19 Die Verteilung der Urteilskombinationen - getrennt nach den beiden Aufgabenstellungen ‘virtuell’ und ‘real’
sowie für beide Aufgabenstellungen gemeinsam. Insgesamt wurden 2400 Urteile abgegeben.
Die Geläufigkeit der Aufgabe sollte bestimmen, in welchem Maße die Vorhersage der
Speicherwahl aus den Parametern möglich ist. Bei sehr geläufigen Aufgaben wird der Speicher nach
dem Modell durch ein Script gewählt, also ohne Einfluß der metakognitven Parameter. Diese leiten aber
die Speicherwahl bei weniger geläufigen Aufgaben in den Prozessen der Evaluation bzw. Konstruktion
(H5). Sind die Aufgaben durch den realen Kontext unterschiedlich geläufig, sollte die Vorhersage mit
sinkender Geläufigkeit der Aufgabengruppe steigen. Im virtuellen Kontext, wo der Unterschied der
Geläufigkeit zwischen den Aufgabengruppen verschwindet, sollte dagegen die Vorhersage der
Speicherwahl für alle Aufgaben gleich gut möglich sein. Da durch den Kontext alle Aufgaben ungeläufig
werden, sollte die Vorhersagbarkeit darüber hinaus hoch sein.
Diese Zusammenhänge wurden hochsignifikant bestätigt. Bei realer Aufgabenstellung stimmte der
gewählte Speicher bei sehr geläufigen Aufgaben kaum über die Zufallswahrscheinlichkeit von 50%
hinaus mit dem tatsächlich gewählten überein. Bei geläufigen Aufgaben dagegen stieg die
Übereinstimmung auf über 70 % und bei ungeläufigen Aufgaben auf über 80%. Unerwartet war dabei,
daß die Erhöhung der Valenz zu einem deutlichen Anstieg der Vorhersagbarkeit bei sehr geläufigen
Aufgaben führte. Zwar erreichte weder der Haupteffekt der Valenz noch eine Interaktion mit ihr das
94
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Signifikanzniveau. Trotzdem soll am Schluß der Diskussion noch einmal auf dieses Ergebnis
eingegangen werden.
Die Vorhersagbarkeit ist bei der virtuellen Aufgabenstellung für alle Aufgabengruppen gleich groß
- Beleg der Annahme, daß hier die Speicher alle über den gleichen Prozeß unter Einbeziehung der
metakognitiven Parameter ablief. Trotzdem bleibt sie deutlich geringer als die der ungeläufigen
Aufgaben bei realer Aufgabenstellung (68% vs. 83%). Nach dem SWIEGS-Modell müßten die Speicher
in beiden Fällen durch den Prozeß der Konstruktion gewählt werden, da für beide Aufgabengruppen
Vorerfahrungen in hohem Maße fehlen. Die Vorhersagbarkeit der Entscheidung für die virtuelle
Aufgabenstellung müßte also der der ungeläufigen Aufgaben bei realer Aufgabenstellung entsprechen.
Eine mögliche Erklärung der tatsächlichen Differenz zwischen beiden ist die schon diskutierte komplexe
Aufgabenstellung in der virtuellen Bedingung. Wenn die Probanden Schwierigkeiten hatten, sich die
virtuelle Aufgabenstellung und vor allem den komplexen Gebrauch des externen Speichers vorzustellen,
sind die Parameter insgesamt wenig reliabel und die Vorhersageleistung sinkt.
Die Bewertung der eigenen Speicherwahl sollte hauptsächlich die Valenz der Aufgaben
widerspiegeln. Je bedeutsamer eine Aufgabe für den Probanden, um so strengere Prüfkriterien für die
Evaluation und Konstruktion eines Speichers sagt das SWIEGS-Modell vorher. Höhere Valenz einer
Aufgabe sollte ja zu höheren Prüfparametern und damit zu höherer Einschätzung von Erfolg und
Aufwand einer Speicherung führen (H10). Speicher, die mit diesen strengeren Kriterien gewählt
wurden, sollten folglich auch erfolgreicher und aufwendiger eingeschätzt werden als die Speicher, die
bei normaler Valenz gewählt werden. In den vorliegenden Daten veränderte die erhöhte Valenz der
Aufgabe aber keineswegs die Einschätzung der gewählten Lösung.
Eine genauere Analyse der überraschenden Verteilungen der Urteilskombinationen zeigt
allerdings, daß dieser Zusammenhang auch theoretisch nicht zu erwarten war. Tatsächlich bestand in
80% der Fälle für die Probanden kein Widerspruch zwischen Aufwand und Erfolg (vgl. Abb. 19). Der
erfolgreichere Speicher war also entweder genauso oder gar weniger aufwendig als der weniger
erfolgreiche. In diesen Fällen liegt aber kein Konflikt vor; der gewählte Speicher ist optimal in Bezug
auf alle Kriterien. Bei einer optimalen Wahl aber können rehöhte Prüfparameter auch nicht mehr zu
einer Verbesserung führen.
Nur bei den zwar-aber Entscheidungen besteht tatsächlich ein Konflikt zwischen Aufwand und
Erfolg. Bei den 13% der zwar-aber Urteile könnte sich der Proband für den weniger aufwendigen oder
aber für den erfolgreicheren Speicher entscheiden. Hier müßten eine erhöhte erforderlicher
Erfolgswahrscheinlichkeit (EES) und ein erhöhter akzeptierter Aufwand (AAS) tatsächlich zu einer
95
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
anderen Wahl führen. Eine Analyse dieser Teilgruppe ergibt Mittelwertsunterschiede in der erwarteten
Richtung: bei realer Aufgabenstellung führt erhöhte Valenz der Aufgaben sowohl zu einer höheren
Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit als auch des Aufwandes der Speicherung. Bei virtueller
Aufgabenstellung bleibt die Erfolgswahrscheinlichkeit unverändert, der Aufwand aber steigt (siehe Abb.
100
5
100
Geschätze Erfolgswahrscheinlichkeit in %
90
4
90
80
80
70
70
3
60
60
50 2
Geschätze Erfolgswahrscheinlichkeit in %
Aufwand (1=sehr gering; 7=sehr hoch)
20).
50
sehr geläufig geläufig
sehr geläufig
ungeläufig sehr geläufig geläufig
geläufig
ungeläufig
ungeläufig
Geläufigkeit der Aufgaben
Real - normale Valenz
Virtuell - normale Valenz
Real - erhöhte Valenz
Virtuell - erhöhte Valenz
Abb. 20 Die Einschätzungen der Erfolgswahrscheinlichkeit und des Aufwandes desjenigen Speichers, der von den
Probanden für die jeweilige Aufgabe gewählt wurde. Ausgewertet sind aber nur die Wahlen, bei denen ein
Konflikt zwischen Aufwand und Erfolg bestand.
Bei realer Aufgabenstellung wirkt die erhöhte Valenz auch in der erwarteten differenzierten Form.
Die Bewertung der gewählten Speicher ändert sich nur bei geläufigen und ungeläufigen Aufgaben; bei
sehr geläufigen Aufgaben bleibt sie gleich - da der Speicher über das Script gewählt wird, haben
veränderte Prüfparameter keinen Einfluß auf die Wahl bzw. die Bewertung dieser Wahl. Die ungleiche
Besetzung der Zellen - 13 Versuchspersonen fallen aus der Analyse heraus, da sie keine 'zwar - aber'
Kombination haben - und vor allem unterschiedliche Häufigkeit, mit der diese Kombination bei einer
einzelnen Versuchsperson (zwischen 2 und 35 mal) und in beiden Aufgabenstellungen vorkommt
(virtuell N=429, real N=181) verzerren die Ergebnisse, wenn man sie, wie für die varianzanalytische
Auswertung notwendig, über die Probanden zusammenfaßt. Eine tatsächliche Überprüfung des
vorhergesagten Zusammenhangs kann mit diesen Daten also nicht durchgeführt werden; es müßte dazu
96
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
ein Versuch konzipiert werden, der die ’zwar - aber’ Kombination der metakognitiven Parameter
erzwingt.
Bei einer Gruppe von Aufgaben ein und desselben Typs bestimmt die Geläufigkeit einer
Teilgruppe dieser Aufgaben auch, mit wie vielen unterschiedlichen Speichern die Aufgaben repräsentiert
werden. Betrachtet man beispielsweise die Teilgruppe der Termine, so sollten die sehr geläufigen
Termine allesamt mit einem Terminscript und dadurch mit dem gleichen Speicher repräsentiert werden.
Werden für ungeläufigere Termine dagegen Speicher evaluiert oder konstruiert, so könnte für jede
einzelne Aufgabe ein anderer Speicher zum Einsatz kommen. Ungeläufige Aufgaben eines bestimmten
Typs sollten also mit mehr unterschiedlichen Speichern gelöst werden als sehr geläufige Aufgaben (H6).
Diese Hypothese kann nur über die Teilgruppe mit realer Aufgabenstellung getestet werden, weil nur
hier die Speicherwahl frei war. Der geforderte Zusammenhang war hochsignifikant vorhanden. Eine
Interaktion mit dem Aufgabentyp trat nicht auf; tatsächlich ließ sich dieser Zusammenhang auch für
jeden der fünf Aufgabentypen für sich gesehen hochsignifikant nachweisen. Kritische Größe für die Zahl
unterschiedlicher Speicher war also alleine die Geläufigkeit, nicht der Typ der Aufgaben.
Im Zusammenhang mit der Valenz sollte sich dieses Muster weiter differenzieren. Erhöhte Valenz
sollte bei evaluierten und konstruierten Speichern zu differenzierteren Lösungen führen, nicht aber bei
Speicherwahlen über die Anwendung eines Scriptes. Die Anzahl unterschiedlicher Speicher sollte also
bei erhöhter Valenz größer sein als bei normaler Valenz (H9). Dieser Effekt sollte um so geringer sein,
je geläufiger die Aufgabe (H10). Die Ergebnisse bestätigen Hypothese 9, stehen aber im Widerspruch
zu Hypothese 10. Die Anzahl der eingesetzten Speicher steigt durch die erhöhte Valenz tatsächlich
hochsignifikant an, allerdings ohne Unterschied bei den verschiedenen Geläufigkeitsstufen der
Aufgaben. Eine Betrachtung nach den verschiedenen Aufgabentypen getrennt zeigt, daß dies nicht für
alle Typen gilt. Bei wiederkehrenden Aufgaben führt erhöhte Valenz , wie von Hypothese 10 gefordert,
nur bei geläufigen und ungeläufigen Aufgaben, nicht aber bei sehr geläufigen Aufgaben zu einer
Steigerung der Speicherzahl. Die entsprechende Interaktion zwischen Aufgabentyp,
Aufgabengeläufigkeit und Valenz erreicht das Signifikanzniveau aber nicht. Die entsprechende
Hypothese konnte also mit der vorliegenden Untersuchung nicht belegt werden.
Eine letzte Analyseebene ist die Auswertung der Planungszeit in Abhängigkeit von dem gewählten
Speicher. Drei Hypothesen sollten damit geprüft werden. Der Effekt steigender Planungszeit mit
sinkender Geläufigkeit der Aufgaben sollte unabhängig vom gewählten Speicher sein (H2). Zwei
Analysen wurden zur Klärung dieser Hypothesen gerechnet. Zum einen wurden alle eingesetzten
Speicher nach der Häufigkeit ihrer Nutzung in drei Gruppen unterteilt, zum anderen die drei
meistgenutzten Speicher betrachtet. In beiden Fällen wurde nun die Planungszeit für alle Kombinationen
97
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
von Aufgabengeläufigkeit und Valenz getrennt für den Einsatz jedes Speichers bzw. jeder
Speichergruppe berechnet. Da immer nur bei einem kleinen Teil der Probanden alle Zellen gefüllt waren,
waren beide Auswertungen mit dem Problem geringer Probandenzahlen behaftet.
Für die drei Speichergruppen wie auch für die drei einzelnen Speicher steigt die Planungszeit mit
sinkender Geläufigkeit. Dieser Effekt war bei beiden Analysen trotz geringer Probandenzahlen
hochsignifikant. Interaktionen zwischen Speicher bzw. Speichergruppe und Geläufigkeit traten dabei
nicht auf; im Gegenteil zeigten Partialanalysen, daß dieser Effekt auch von jedem Speicher bzw. jeder
Speichergruppe für sich gesehen getragen wurde. Wenn bei sinkender Aufgabengeläufigkeit die
Planungszeiten steigen, so ist das kein Effekt davon, daß seltenere Speicher benötigt werden und es
einfach länger dauert, bis diese den Probanden einfallen. Die Wahl des Gedächtnisses dauert so je nach
Aufgabentyp zwischen 5s und 16s. Es muß also eindeutig der Prozeß, der zur Wahl führt, für die
unterschiedliche Planungszeit verantwortlich sein.
Gleichzeitig sollte aber über alle Geläufigkeiten hinweg die Planungszeit für den Einsatz eines
Speichers um so länger sein, je seltener er insgesamt eingesetzt wird (H3).Dieser Effekt sollte um so
stärker sein, je ungeläufiger die Aufgabe (H4). Die Analyse der Planungszeiten über die
Speichergruppen hinweg bestätigte Hypothese 3. Je häufiger ein Speicher eingesetzt wird, um so
schneller wird er - bei gleicher Aufgabengeläufigkeit - gewählt. Dieser Effekt wurde zwar in den
Mittelwerten mit sinkender Aufgabengeläufigkeit stärker; die erforderliche Interaktion erreichte das
Signifikanzniveau aber nicht. Gleiches gilt für die Aufgabenvalenz. Höhere Planungszeiten bei erhöhter
Valenz (H3) und zwar um so mehr, je ungeläufiger die Aufgabe, wurde über das gesamte Design
hochsignifikant bestätigt (s.o.). Bei der Differenzierung der Planungszeiten nach den Speicherwahlen
waren beide Effekte in den Mittelwerten deutlich, erreichten aber nicht immer das Signifikanzniveau. Es
überrascht nicht, daß die Analyse um so seltener zu einem signifikanten Ergebnis kommt, je mehr
Faktoren in sie aufgenommen werden. Hinzu kommt, daß sich der Ausfall von Probanden für die
Analyse über die Speicherwahl prinzipiell nicht vermeiden läßt, da die Speicherwahl frei erfolgen muß.
Daß der erwartete Effekt in den Mittelwerten vorhanden war, ermutigt immerhin zu weiteren Studien,
bei denen die Probandenzahl stark erhöht werden müßte, um die Ergebnisse auch inferenzstatistisch
absichern zu können.
Über alle Analyseebenen hinweg verursachten die unabhängigen Variablen fast vollständig die
geforderten Effekte. Sinkende Aufgabengeläufigkeit führte zu steigender Planungszeit, besserer
Vorhersage der Speicherwahl aus den metakognitiven Parametern, höherer Speicherzahl und
schlechterer Bewertung der gewählten Speicher. Die virtuelle Aufgabenstellung egalisierte für alle
Aufgaben die Planungszeit und die Vorhersagbarkeit. Erhöhte Valenz schließlich führte zu längeren
98
Studie 4: Metakognitive Parameter im Test
Planungszeiten, besserer Bewertung der gewählten Speicher (zumindest bei den zwar-aber
Urteilskombinationen, wo das überhaupt nur möglich war) und höherer Speicherzahl. Offen blieben zum
Teil die nach Speicherzahlen differenzierten Analysen, wo aber die geringe Zahl analysierbarer
Versuchspersonen eine plausible Erklärung für fehlende Signifikanzen lieferte.
Eine differenziertere Betrachtung zeigt allerdings einen Schwachpunkt. Die Valenzerhöhung
wirkte sich fast durchgängig auch auf die sehr geläufigen Aufgaben aus, wo das nicht erwartet worden
war. Werden die sehr geläufigen Aufgaben über Scriptanwendung gelöst, hat die Valenz der Aufgabe
nach dem SWIEGS-Modell keinen Einfluß. Tatsächlich führte sie aber zu erhöhter Planungszeit, zur
Erhöhung der Vorhersagbarkeit der Speicherwahl und bei vier der fünf Aufgabentypen zu einem
Anstieg der Speicherzahl. Da die Wirkung der Valenz auf sehr geläufige Aufgaben aber der einzige
Teilaspekt ist, wo Modellvorhersagen systematisch scheitern, liegt die Vermutung nahe, daß dieser
Effekt mit der Operationalisierung der Valenz zusammenhängt. Es wäre denkbar, daß die hypothetische
Wettkampfsituation die sehr geläufigen Aufgaben so veränderte, daß das entsprechende
Repräsentationsscript nicht mehr paßte. Beispielsweise würde die Aufgabe, ein Buch in die Bibliothek
zurückzubringen, zu einem anderen Aufgabentyp, wenn die erfolgreiche Erinnerung an diese Aufgabe
über den Sieg in einem Wettkampf mitentscheidet. Um diese Überlegungen prüfen zu können, müßten
weitere Untersuchungen mit andersartig operationalisierter Valenzerhöhung durchgeführt werden.
Am Rande sei angemerkt, daß die Probanden in der Gruppe mit erhöhter Valenz größtenteils
berichteten, daß diese hypothetische Wettkampfsituation keinen Einfluß auf ihre Aufgabenbearbeitung
gehabt habe. Dies bestätigt die im theoretischen Teil diskutierte mangelhafte Validität metakognitiver
Urteile.
99
Synopsis der Ergebnisse
3 Schlußdiskussion
Der erste Teil der Schlußdiskussion vergleicht über alle Studien und Bedingungen hinweg die
zwölf vom Modell abgeleiteten Hypothesen mit den vorliegenden Ergebnissen. Im zweiten Teil wird aus
den unterschiedlichen Bestätigungsgraden der Hypothesen auf die Gültigkeit des SWIEGS-Modells
geschlossen. Der dritte Teil diskutiert die Frage der ökologischen Validität der Ergebnisse. Folgerungen
und Ausblicke auf weitere Studien schließen die Diskussion ab.
3.1 Synopsis der Ergebnisse: wurden die Hypothesen bestätigt ?
Zwölf Hypothesen sind im theoretischen Teil vom Modell abgeleitet und im empirischen Teil
geprüft worden. Aus der Perspektive der zu prüfenden Hypothesen werden die Ergebnisse nun über die
vier Studien hinweg betrachtet. Die Reihenfolge folgt dabei der Bedeutung der Hypothesen für das
Modell. Im ersten Teil werden die Basishypothesen zur Planungszeit, zur Anzahl der eingesetzten
Speicher und zur Rolle der metakognitiven Parameter bei der Speicherwahl behandelt, im zweiten die
differenzierteren Hypothesen zu diesen und anderen Modellparametern.
3.1.1 Die Basishypothesen
Ausgehend von den drei zur Wahl eines Speichers angenommenen Prozessen betreffen die ersten
beiden Hypothesen die Planungszeit, die zur Wahl eines Speichers benötigt wird. Das Modell nimmt an,
daß die Häufigkeit, mit der eine Aufgabe bzw. ein Aufgabentyp in der Vergangenheit bearbeitet wurde,
den Prozeß, mit dem der Speicher gewählt wird, bestimmt. Je häufiger ein bestimmter Aufgabentyp
bearbeitet wurde, um so geläufiger ist er den Probanden aber auch. Da die Anwendung eines Scriptes
weniger Zeit bedarf als die Evaluation einer Speicherliste und diese wieder weniger als die Konstruktion
neuer Speicher oder Speicherbedingungen, sollte die für die Wahl eines Speichers benötigte Zeit um so
länger sein, je ungeläufiger die zu bearbeitende Aufgabe (H1). Dieser erhöhte Zeitbedarf dürfte aber
nicht vom Speicher, der letztendlich gewählt wird, sondern sollte tatsächlich vom Prozeß, der zur
jeweiligen Speicherwahl geführt hatte, abhängen (H2). Beide Hypothesen haben sich empirisch
mehrfach bewährt.
In Studie 1, Studie 2 und Studie 4 führte sinkende Aufgabengeläufigkeit jeweils zu
hochsignifikanten Verlängerungen der Planungszeiten. Eine Reihe von Alternativerklärungen, die die
steigende Planungszeit auf andere Ursachen zurückführen könnten, wurden dabei widerlegt. Die
steigende Planungszeit kann keine Spezifität des Inhaltes der verwandten Aufgaben sein. Erstens wurde
100
Synopsis der Ergebnisse
das Versuchsmaterial aus einer Befragung der Versuchspersonen gewonnen, entstammte also der
Alltagserfahrung der Probanden. Zweitens wurde der Inhalt der Aufgaben, besonders beim zweiten
Aufgabenset, systematisch variiert. Drittens kamen zwei unterschiedliche Sets von Aufgaben zum
Einsatz, ohne daß sich der Effekt veränderte. Viertens widerspricht auch die Menge von ingesamt 111
Aufgaben (51 beim ersten und 60 beim zweiten Set) der Annahme, nur spezifische Aufgaben würden
den Effekt hervorrufen. Schließlich wurde in Studie 4 durch die Variation der Aufgabenstellung
Geläufigkeit systematisch für alle Aufgaben variiert. In der virtuellen Bedingung waren durch die
Reduktion der Aufgaben auf zu merkende Texte und den Einsatz eines künstlichen externen Speichers
Unterschiede in Vorerfahrung bzw. Geläufigkeit zwischen den Aufgaben ausgeschlossen. Die
Unterschiede in der Planungszeit reduzierten sich dabei auf Unterschiede in der Lesezeit der Aufgaben,
die großen Differenzen, wie sie in den übrigen Bedingungen bzw. Studien auftraten, verschwanden.
Planungszeitunterschiede können trotzdem auch kein Artefakt der Lesezeit sein. Wie in Studie 2
nachgewiesen, variiert die Lesezeit zwar tatsächlich systematisch mir der Aufgabengeläufigkeit ungeläufige Aufgaben erforderten insgesamt eine komplexere sprachliche Form, eine Parallelisierung
der Aufgaben in Bezug auf die Wort- oder Propositionenzahl war nicht möglich. Trotzdem klärt die
Lesezeit nur einen Teil der Zeitunterschiede. Wie in Studie 2 nachgewiesen, bleibt auch für die
Differenz zwischen Lese- und Bearbeitungszeit ein hochsignifikanter Effekt der Aufgabengeläufigkeit
bestehen. Es zeigte sich aber auch, daß der bei der Wahl eines Speichers ablaufende Prozeß nicht
einfach als das Lesen und Verstehen der Aufgaben plus der Wahl eines Speichers verstanden werden
kann. Die Planungszeit für die Wahl eines Speicher war schon in Studie 2 für etliche Aufgaben kürzer
als die Lesezeit dieser Aufgaben. Das zeigte sich noch einmal besonders bei Studie 4. Die
Planungszeiten liegen bei der virtuellen Aufgabenstellung von Studie 4, insbesondere bei erhöhter
Valenz allesamt unter der in Studie 2 ermittelten Lesezeit für diese Aufgaben.
Schließlich können dieses Planungszeitunterschiede auch kein Effekt unterschiedlicher
Aufgabenvalenz sein. Die Planungszeit steigt, wie von Hypothese 7 angenommen, mit steigender Valenz
der Aufgaben (s.u.). Da die Valenz der Aufgaben im Versuchsmaterial aber mit der Geläufigkeit der
Aufgaben sinkt (vgl. Studie 2), hätte die Valenz der Aufgaben den gegenteiligen Effekt haben müssen:
Mit sinkender Aufgabengeläufigkeit und Valenz hätte die Planungszeit sinken müssen. Sowohl
Hypothese 1 als auch die erhobenen Zeiten weisen in die andere Richtung: trotz sinkender
Aufgabenvalenz steigt die Planungszeit mit sinkender Geläufigkeit.
Eine naheliegende Alternativerklärung wäre, daß nicht unterschiedliche Prozesse für die
Planungszeitunterschiede verantwortlich sind, sondern daß für den Probanden ungeläufige Aufgaben
auch für den Probanden ungeläufige Speicher erfordern; diese zu finden dauert länger als bei geläufigen
101
Synopsis der Ergebnisse
Speicher. Die von Hypothese 2 geforderte Unabhängigkeit der Planungszeiterhöhung vom gewählten
Speicher wurde in Studie 2 und Studie 4, jeweils über zwei verschiedene Analysen, bestätigt. Zum einen
wurden Speichergruppen nach der Häufigkeit, mit der die Speicher insgesamt genannt worden waren,
gebildet. Die Auswertung der Planungszeit wurde noch einmal nach diesen Gruppen differenziert. Zum
anderen wurden nur die Aufgaben ausgewertet, bei denen einer der drei am häufigsten genannten
Speicher als Lösung gewählt worden war. Wieder wurde die Auswertung der Planungszeit nach der
Speicherwahl differenziert. Bei beiden Studien und allen Kombination blieb der Effekt steigender
Planungszeit bei sinkender Geläufigkeit hochsignifikant. Besonders illustrativ ist die Betrachtung für
einzelne Speicher. Wenn zwischen Aufgabenstellung und Nennung ein und desselben Speichers einmal
5s und das andere mal 15s vergehen, muß die gleiche Lösung durch unterschiedliche Prozesse zustande
gekommen sein.
Im Zusammenhang mit der Prüfung des Modells sollten die Hypothesen zur Planungszeit ein
Indikator für die unterschiedlichen Prozesse bei der Speicherwahl sein. Über diese beiden Hypothesen
hinaus liefern die Ergebnisse aber noch einen weiteren Beleg für die angenommenen unterschiedlichen
Prozesse. Die Planungszeit war - je nach Aufgabengeläufigkeit - unterschiedlich sensibel für zusätzliche
Variablen. Die Umgebungsvariation in Studie 1 und die Variation der Aufgabenvalenz in Studie 4 (s.u.)
führt zu um so größeren Zeitunterschieden, je ungeläufiger die Aufgabe. Würde bei allen Aufgaben der
gleiche Prozeß zur Speicherwahl ablaufen, müßten weitere Parameter die Planungszeiten gleichmäßig
modifizieren. Die tatsächliche selektive Beeinflussung bestätigt aber ein weiteres mal, daß
unterschiedliche Prozesse ablaufen.
Wenn sehr geläufige Aufgaben über Scripte gelöst werden, dann müßte die Lösung über Scripte
auch eine Klassifikation der Aufgaben bedeuten. Unterschiedliche Aufgaben werden dabei als ein
Aufgabentyp identifiziert und mit dem Speicher repräsentiert, der dem von diesem Aufgabentyp
aktivierten Script entspricht. Das gilt für evaluierte oder konstruierte Lösungen nicht. Hier wird für jede
einzelne Aufgabe ein passender Speicher gesucht. Folglich müßten geläufige und ungeläufige Aufgaben
mit deutlich mehr unterschiedlichen Speichern gelöst werden als sehr geläufige (H6).
In Studie 1, Studie 3 und Studie 4 waren die Anzahl unterschiedlicher Speicher zur Lösung der
Aufgaben generell bei sehr geläufigen Aufgaben hochsignifikant geringer als bei den beiden anderen
Aufgabengruppen. Auch hier kamen zwei unterschiedliche Sets von Aufgaben zum Einsatz. Hinzu
kamen aber auch unterschiedliche Auswertungsmodalitäten. Bei Studie 1 wurden einfach die Anzahl der
eingesetzten Speicher bei den 17 sehr geläufigen Aufgaben mit denen der 17 geläufigen bzw.
ungeläufigen Aufgaben verglichen. Bei Studie 2 und Studie 4 ermöglichte die Konstruktion der
Aufgaben auch eine differenziertere Auswertung. Hier wurde die Speicherzahl auch für jede
102
Synopsis der Ergebnisse
Themengruppe getrennt berechnet. Die geringere Speicherzahl bei sehr geläufigen Aufgaben blieb in
beiden Varianten konsistent. Eine zusätzliche Analyse bei Studie 4 bekräftigt dieses Bild. Tatsächlich
wird der beschriebene Effekt nicht nur vom Mittelwert über alle Themengruppen getragen, sondern
auch von jeder Themengruppe für sich betrachtet. Wie die Ergebnisse zur Planungszeit erweist sich der
Effekt der Aufgabengeläufigkeit auf die Anzahl unterschiedlicher Speicher als hoch konsistent. Die
differenzierte Wirkung der Umgebungsvariation auf die Speicherzahl in Studie 1, die wiederum nur bei
geläufigen und ungeläufigen, nicht aber bei sehr geläufigen Aufgaben eintrat, rundet dieses Bild ab.
Die Hypothesen zur Planungszeit bestätigten, daß je nach Geläufigkeit der Aufgabe
unterschiedliche Prozesse bei der Speicherwahl ablaufen. Die je nach Aufgabengeläufigkeit
unterschiedlichen Speicherzahlen unterstützen diese Sicht und geben einen ersten Hinweis auf die Art
dieser Prozesse. Besonders wichtige Aufschlüsse über die Prozesse der Speicherwahl geben die
metakognitiven Parameter. Diese Einschätzungen des eigenen Gedächtnisses bzw. externer Speicher
bezüglich des Aufwandes und des Erfolges einer bestimmten Speicherung sollte bei der Evaluation und
Konstruktion eine zentrale Rolle spielen, da sie die Speicherwahl steuern. Bei der Lösung der Aufgabe
über die Anwendung eines Scriptes dagegen sollten sie bedeutungslos bleiben. Speicherwahlen sollten
sich um so besser aus metakognitiven Parametern vorhersagen lassen, je geringer die Wahrscheinlichkeit
einer Scriptlösung, je ungeläufiger also die Aufgabe (H5).
Studie 3 und Studie 4 bestätigten diese Hypothese aus unterschiedlichen Perspektiven und mit
unterschiedlichen Versuchsmaterialien. Bei Studie 3 war der Zusammenhang indirekt operationalisiert.
Bei Terminen als Repräsentanten sehr geläufiger Aufgaben erwiesen sich leichte und schwierigere
Versionen als sensitiv für die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit einer Speicherung im
Gedächtnis. Anders als bei den ungeläufigeren Aufgaben - den kurzen Texten und der beschriebenen
Information - wirkte sich das aber nicht entsprechend auf die Frage aus, ob das Gedächtnis als Speicher
gewählt würde oder nicht. Die Probanden sagten damit, daß sie zwar wissen, daß der eine Termin
erfolgreicher als der andere gemerkt werden kann, daß dieser Unterschied für sie aber keinen Einfluß
auf die Frage hat, ob sie den Termin nun mit dem Gedächtnis oder mit einem externen Speicher
repräsentieren. Dieses verblüffende Ergebnis wurde in Studie 4 systematischer bestätigt. Tatsächlich
stehen Speicherwahlen bei sehr geläufigen Aufgaben nicht im Zusammenhang mit der Einschätzung
dieser Aufgaben hinsichtlich metakognitiver Parameter. Je ungeläufiger aber die Aufgaben, um so eher
lassen sich die gewählten Speicher aus metakognitiven Parametern vorhersagen. War dieses Ergebnis in
Studie 3 noch konfundiert mit dem Aufgabentyp, bestätigte es sich in Studie 4 für verschiedene
Aufgabentypen als tatsächlich nur von der Geläufigkeit der Aufgaben abhängig. Vor dem Hintergrund
der Ergebnisse in Studie 4 wird auch die Alternativerklärung der Ergebnisse von Studie 3 hinfällig. Es
103
Synopsis der Ergebnisse
wäre denkbar gewesen, daß die Probanden in Studie 3 die Termine in der schwierigeren Version nur
deswegen nicht häufiger extern speichern, weil sie ihnen weniger wichtig erschienen als die leichter zu
merkenden Termine. Studie 4 konnte aber zeigen, daß der Speicher für Termine generell ohne
Berücksichtigung der metakognitven Parameter gewählt wird.
Einen weiteren indirekten Nachweis dafür gibt die differentielle Variable der Ängstlichkeit in
Studie 3. Hoch und niedrig Ängstliche unterschieden sich dabei deutlich sowohl in der Einschätzung
ihres Gedächtnisses als auch in der Häufigkeit, mit der das Gedächtnis als Speicher gewählt wurde.
Strukturell änderte das aber nichts: bei beiden Gruppen führten unterschiedliche Einschätzungen der
Termine nicht zu unterschiedlichen Speicherwahlen. Unterschiedliche Voraussetzungen der Probanden
scheinen also zu vorhersagbaren Unterschieden im Verhalten der Probanden zu führen, ohne aber die
Struktur der Entscheidung zu verändern.
Die Basishypothesen sind damit durch die vorliegenden Studien alle mehrfach verifiziert. Die
Wahl eines Speichers erfolgt je nach Geläufigkeit der Aufgabe vermittels unterschiedlicher Prozesse.
Diese lassen sich nachweisen über unterschiedliche Planungszeiten, unterschiedliche Wahlen und
unterschiedlicher Vorhersagbarkeit dieser Wahlen aus metakognitiven Parametern.
3.1.2 Die differenzierenden Hypothesen
Die differenzierenden Hypothesen bauen auf den Basishypothesen auf und prüfen detailliertere
Zusammenhänge innerhalb der drei Prozesse Anwendung, Evaluation und Konstruktion. Sie betreffen
detailliertere Annahmen zur Planungszeit und die Effekte der Valenz der Aufgaben auf alle übrigen
Variablen. Dabei werden automatisch auch immer wieder die Annahmen der Basishypothesen überprüft.
Wird ein Speicher evaluiert oder konstruiert, so werden nach dem Modell mögliche Speicher in
der Reihenfolge der Speicherliste geprüft bzw. wird erst nach erfolgloser Prüfung aller Speicher auf der
Speicherliste ein neuer Speicher konstruiert. Die Speicher auf der Speicherliste sind in der Reihenfolge
der Häufigkeit ihres bisherigen Einsatzes sortiert. Speicher, die häufiger benutzt werden, sollten so eher
geprüft werden als solche, die seltener eingesetzt werden. Diese Annahmen zur Speicherliste werden
mit den folgenden beiden Hypothesen überprüft. Betrachtet man die Planungszeiten für Aufgaben
gleicher Geläufigkeit, so sollten die Planungszeiten um so länger sein, je seltener der zur Lösung der
Aufgabe gewählte Speicher insgesamt eingesetzt wurde (H3). Wird ein Speicher über die Anwendung
eines Repräsentationsscriptes gewählt, sollte dieser Effekt dagegen nicht eintreten. Hier kommt die
Speicherliste nicht zum Einsatz, da jedes Script unmittelbar mit einem bestimmten Speicher verknüpft
104
Synopsis der Ergebnisse
ist. Je geläufiger eine Aufgabe, um so geringer sollte damit der in Hypothese 3 spezifizierte
Planungszeitunterschied sein (H4).
Hypothese 3 wurde sowohl in Studie 2 als auch in Studie 4 hochsignifikant bestätigt. Teilt man
alle Speicher in drei Gruppen nach der Häufigkeit, mit der die Speicher genannt wurden, so ist die
Planungszeit um so länger, je seltener dieser Speicher während des Experimentes eingesetzt worden
war. Die Differenzierung hinsichtlich der Geläufigkeit der Aufgaben (H4) dagegen konnte nicht so
eindeutig bestätigt werden. Zwar bewegten sich die Mittelwerte bei beiden Studien in die erwartete
Richtung; die Zeitdifferenzen zwischen den verschiedenen Häufigkeitsgruppen waren also bei sehr
geläufigen Aufgaben am geringsten (Studie 4) bzw. verschwanden völlig (Studie 2). Die Signifikanz der
Interaktion allerdings fehlte bei beiden Studien. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß das Prinzip der
Auswertung zu hohen Ausfällen bei der Probandenzahl führen mußte. Ein Proband konnte nur dann in
die Auswertung eingehen, wenn er mindestens einen Speicher jeder der drei Gruppen bei jeder der drei
Geläufigkeitsstufen genannt hatte. Bei über der Hälfte der Probanden aber war mindestens eine der neun
Zellen nicht gefüllt. Das nimmt nicht die Notwendigkeit, Hypothese 4 in Folgeuntersuchungen erneut zu
prüfen; erklärt aber für die vorliegenden Untersuchungen die fehlende Signifikanz.
Die in Studie 2 und Studie 4 berechneten Planungszeiten über die drei am häufigsten genannten
Speicher eignet sich zur Überprüfung von Hypothese 3 und 4 nicht. Anders als bei dem Vergleich über
die Speichergruppe, wo sehr häufig genannte Speicher mit sehr selten genannten verglichen wurden,
konnten beim Vergleich einzelner Speicher nur sehr häufig genannte Speicher untereinander verglichen
werden. Selten genannte Speicher werden eben so selten genannt, daß sie nicht systematisch über die
drei Geläufigkeitsstufen hinweg auftauchen. Die zu erwartenden Planungszeitunterschiede zwischen den
sehr geläufigen Speichern sind aber gering. Hinzu kommt der noch größere Ausfall an Probanden als bei
der Analyse über die Speichergruppen. So scheint es praktisch ausgeschlossen, den ohnehin geringen
Planungszeitunterschied nachweisen zu können. Trotzdem bewegen sich auch hier die Mittelwerte bei
beiden Studien in die erwartete Richtung: Der häufigst genannte Speicher - das Gedächtnis - wird in
beiden Studien 2s schneller gewählt als der dritthäufigste Speicher - der Zettel am auffälligen Ort.
Wenn Aufgaben eine höherer Valenz haben als andere, so werden nach dem Modell die
Prüfparameter EEW und AAS erhöht: Die Speicherung muß erfolgreicher und darf aufwendiger sein.
Das hat Auswirkungen auf drei meßbare Größen: die Planungszeit, die Speicherzahl und die Bewertung
der gewählten Speicher (H7, H9 und H11). Da die Valenz der Aufgabe bei der Lösung über
Anwendung von Repräsentationsscripten aber keine Rolle spielen, müssen die Effekte der Valenz
jeweils in einem zweiten Schritt bezüglich der Aufgabengeläufigkeit differenziert werden (H8, H10 und
H12).
105
Synopsis der Ergebnisse
Da die Prüfung der Speicheralternativen durch die schärferen Prüfparameter bei erhöhter Valenz
aufwendiger wird, sollte die Planungszeit mit der Valenz einer Aufgabe steigen (H7). In Studie 4 wurde
das überprüft, indem sämtliche Aufgaben zusätzlich in einer hypothetischen Wettkampfbedingung
präsentiert wurden. Bei realer Aufgabenstellung war die Planungszeit wie angenommen für Aufgaben
mit erhöhter Valenz generell höher als für solche mit normaler Valenz. Auch die Differenzierung dieser
Hypothese durch die Geläufigkeit der Aufgaben wurde prinzipiell bestätigt. Da nur Evaluation und vor
allem Konstruktion durch die Valenz einer Aufgabe beeinflußt werden, nicht aber die Anwendung,
sollten Aufgaben um so weniger bei erhöhter Valenz mit erhöhter Planungszeit bearbeitet werden, je
geläufiger die Aufgabe (H8). In Studie 4 war der Effekt der Aufgabenvalenz auf die Planungszeit bei
den ungeläufigen Aufgaben signifikant größer als bei den geläufigen und sehr geläufigen Aufgaben.
Zwei Ergebnisse schränken aber die Bestätigung von H8 ein. Einerseits sollten bei virtueller
Aufgabenstellung alle Aufgaben ungeläufig sein; folglich hätte Valenzerhöhung hier zu einer generellen
Steigerung der Planungszeit führen müssen und nicht - wie tatsächlich geschehen - zu einer generellen
Verkürzung der Planungszeit. Dieser Effekt läßt sich durch Überlegungen, die die besondere
Aufgabenstellung berücksichtigen - eine Wahl zwischen nur zwei Speichern, von denen der eine völlig
künstlich ist - erklären (vgl. Diskussion zu Studie 4); trotzdem kann die virtuelle Aufgabenstellung H7
und H8 zumindest nicht stützen. Andererseits war bei realer Aufgabenstellung die
Planungszeitsteigerung durch Valenzerhöhung für sehr geläufige Aufgaben genauso groß wie für
geläufige; auch hier wäre ein Unterschied erwartet worden. Die fehlende Differenz zwischen sehr
geläufiger und geläufiger Aufgabenstellung bleibt aber ein Manko für H8; dazu später mehr.
Dieses Bild wird noch deutlicher bei den Hypothesen zur Speicherzahl. Bei erhöhter
Aufgabenvalenz sollten nicht nur längere Planungszeiten, sondern auch differenziertere Lösungen zu
beobachten sein. Aufgaben eines bestimmten Typs oder einer bestimmten Gruppe müßten also bei
erhöhter Valenz mit mehr unterschiedlichen Speichern gelöst werden (H9). Diese Hypothese wurde in
Studie 4 hochsignifikant bestätigt. Werden alle Aufgaben in den Kontext eines Wettkampfes gestellt,
setzen die Probanden mehr unterschiedliche Speicher zur Repräsentation ein. Allerdings sollte auch
dieses Ergebnis um so deutlicher hervortreten, je ungeläufiger die Aufgabe (H10). Für Lösungen über
Repräsentationsscripte ändert sich die Speicherzahl nämlich nicht. Dieser Effekt trat nicht ein. Bei
Studie 4 steigen die Speicherzahlen bei erhöhter Valenz für Aufgaben jeder Geläufigkeitsstufe gleich
stark an.
Schließlich sollten die gewählten Speicher anders bewertet werden, wenn die Speicherwahl unter
erhöhter Valenz stattfand. Die Bewertung müßte die verschärften Prüfgrößen widerspiegeln, die
Speicher also als erfolgreicher und aufwendiger beurteilt werden (H11). Auch dieser Effekt ist bei einer
106
Synopsis der Ergebnisse
Scriptanwendung nicht möglich, da sich die Speicherwahl durch Valenzerhöhung nicht verändert. Je
geläufiger also die Aufgaben, um so weniger sollte dieser Zusammenhang gelten (H12). Der
Validierung beider Hypothesen stand ein unerwartetes Ergebnis in der Aufgabenbeurteilung entgegen:
die Probanden machten in Studie 4 nur selten einen Widerspruch aus Aufwand und Erfolg. Der
erfolgreichere Speicher war also i.d.R. auch der weniger aufwendige und umgekehrt. Unter dieser
Bedingung ist eine Speicherwahl nicht mehr optimierbar; entsprechend fand sich keinerlei Effekt der
Valenz auf die Einschätzung der gewählten Speicher. Anders, wenn man nur die Teilgruppe von
Speicherwahlen betrachtet, wo ein Konflikt zwischen Aufwand und Erfolg empfunden wurde. Die
Ergebnisse bestätigen für die Einschätzung des Aufwandes der Speicherung beide Hypothesen - die
Speicher werden bei erhöhter Valenz als aufwendiger eingeschätzt, und zwar um so mehr, je
ungeläufiger die Aufgabe. Bei der Erfolgswahrscheinlichkeit wird zumindest in der realen Bedingung
die Erfolgswahrscheinlichkeit der Speicherung bei erhöhter Valenz deutlich besser eingeschätzt. Bei
virtueller Aufgabenstellung fehlt dieser Effekt - was ein Artefakt der virtuellen Aufgabenstellung sein
könnte, da nur zwei Speicheralternativen zur Verfügung standen, die in ihrer Erfolgswahrscheinlichkeit
generell nicht sehr verschieden empfunden wurden. Eine Differenzierung dieses Effektes nach der
Aufgabengeläufigkeit (H12) war bei der Erfolgswahrscheinlichkeit aber nicht vorhanden. Generell sind
diese Ergebnisse aber bloße Beschreibungen von Mittelwerten; für inferenzstatistische Absicherungen
war der Datenausfall zu groß. Beide Hypothesen sind im statistischen Sinne also unbestätigt und
bedürfen einer erneuten Überprüfung.
Zusammenfassend ist das Bild bei den differenzierenden Hypothesen nicht so eindeutig wie bei
den Basishypothesen. Bestätigt wurde alle Hypothesen, die einen generellen Einfluß beschreiben:
Höhere Planungszeiten bei höherer Aufgabenvalenz und seltener eingesetzten Speichern; höhere
Speicherzahlen und entsprechend modifizierte Bewertung der gewählten Speicher bei erhöhter
Aufgabenvalenz. Problematisch ist aber die Differenzierung dieser Hypothesen über die
Aufgabengeläufigkeit, insbesondere die Hypothesen zur differenzierenden Wirkung der
Aufgabengeläufigkeit auf den Einfluß einer Valenzerhöhung (H8, H10, H12). Sie wurden nur teilweise
bestätigt; die Ergebnisse zur Speicherzahl stehen sogar in direktem Widerspruch zu Hypothese 10.
Dabei muß allerdings berücksichtigt werden, daß diese Hypothesen nur bei einer der vier Studien
getestet wurden. Weitere Überprüfungen sind hier also erforderlich.
3.2 Von den Hypothesen zum Modell
Der Versuch, das SWIEGS-Modell über von ihm abgeleitete Hypothesen empirisch zu belegen,
stößt zwangsläufig an ein methodologisches Problem: Die Bestätigung der Hypothesen wird als
107
Von den Hypothesen zum Modell
Bestätigung des Modells gewertet. Die dabei verwandte Schlußfigur ist aussagenlogisch aber
unzulässig.
Wenn das Modell gilt, gilt auch Hypothese
Hypothese gilt
Deswegen gilt Modell
dem entspricht
aussagenlogisch:
A
B
ÈB
⇒A
Tatsächlich sagt aber die Bestätigung der Hypothese (B) nichts über die Gültigkeit des Modells
(A) aus; die Hypothese könnte auch aus beliebigen anderen Gründen, über die keine Aussage getroffen
worden ist, gelten. Gültig wäre nur die Negation: wenn die Hypothese (B) falsch ist, kann auch das
Modell (A) nicht stimmen (modus ponens). Aussagenlogisch kann das Modell durch abgeleitete
Hypothesen folglich nicht verifiziert, sondern nur falsifiziert werden.
Dieses Problem ist kein spezielles des vorliegenden Modells, sondern für psychologische
Forschung nach der kognitiven Wende generell charakterisierend (z.B. Anderson, 1990). Es läßt sich
aussagenlogisch nicht lösen. Deswegen versucht man, die Schlußfolgerung von Hypothese (B) auf
Modell (A) durch die Spezifität der Hypothesen für das zu prüfende Modell zu belegen. Grundproblem
bei der obigen Schlußfigur ist ja, daß alternative Erklärungen für die Hypothese möglich sind. Das heißt,
daß die Hypothese (B) auch aus einem anderen Modell (A’) abgeleitet werden könnte. Eine
Entscheidung darüber, welches Modell für die Gültigkeit der Hypothese (B) verantwortlich ist, läßt sich
durch die Bestätigung der Hypothese (B) aber nicht ableiten. Dieses Problem kann minimiert werden,
wenn die Hypothese (B) sehr spezifisch für das Modell (A) ist; sich also ein Alternativmodell (A’) nur
schwer finden läßt. Ist die abgeleitete Hypothese also schwierig aus anderen Modellen abzuleiten, so
bestätigt die Hypothese das Modell eher, als wenn auch andere Modelle diese Hypothese erklären
können. Das wird unterstützt, indem man nicht nur eine, sondern verschiedenste Hypothesen vom
Modell ableitet:
Wenn das Modell gilt, gilt auch Hypothese1
Wenn das Modell gilt, gilt auch Hypothese2
Wenn das Modell gilt, gilt auch Hypothese3
dem entspricht
aussagenlogisch:
È
È
È
A B1
A B2
A B3
B1 ^ B2 ^ B3
Hypothese1 und Hypothese2 und Hypothese3 gilt
Deswegen gilt Modell
:
⇒A
Dieser Ansatz kann das Grundproblem natürlich nicht lösen. Ein Modell kann durch von ihm
abgeleitete Hypothesen nicht bewiesen werden. Es ist aber möglich, auf den beiden geschilderten
Wegen die Wahrscheinlichkeit seiner Gültigkeit einfach dadurch zu erhöhen, daß Alternativerklärungen
108
Von den Hypothesen zum Modell
entweder schwierig oder zumindest noch komplexer sein müßten als das getestete Modell. Für die
Prüfung des SWIEGS-Modells muß also plausibel gemacht werden, daß die belegten Hypothesen
spezifisch für das Modell sind und sich nicht durch ein einfacheres Modell erklären lassen.
Grundpfeiler des SWIEGS-Modells ist die Annahme dreier unterschiedlicher Prozesse zur
Speicherwahl: Anwendung, Evaluation und Konstruktion. Welcher der drei Prozesse gewählt wird,
hängt von der Häufigkeit ab, mit der ein bestimmter Aufgabentyp in der Vergangenheit bearbeitet
worden ist. Dieser zentrale Aspekt des Modells ist mit drei unterschiedlichen Parametern getestet
worden: der Planungszeit, der Speicherzahl und der Vorhersagbarkeit der Speicherwahl aus
metakognitiven Parametern. Alle Hypothesen hierzu wurden mehrfach bestätigt. Besonders wichtig ist
dieser Unterschied in Bezug auf die Rolle der metakognitiven Parameter. Diese spielen eben nicht
immer einen Rolle bei der Speicherwahl, wie es in früheren Studien explizit oder implizit angenommen
worden war. Tatsächlich stellt ihr Einsatz eher eine Ausnahme dar. Sie werden nur dann zur
Speicherwahl herangezogen, wenn die Aufgaben ungeläufiger sind - und gerade das ist beim alltäglichen
Umgang mit Repräsentationsaufgaben nicht der Fall.
Kritisch könnte man einwenden, daß drei Prozesse vermutet worden sind und alle Aufgaben dann
auch in drei Geläufigkeitsstufen präsentiert wurden, die Dreiteilung also im Versuchsmaterial selbst
schon enthalten war. Zwei Kritiken könnten daran anschließen. Erstens könnten die tatsächlichen
Zusammenhänge kontinuierlich und nicht diskret in drei Stufen geteilt sein. Zweitens könnte, wenn man
schon verschiedene Stufen annimmt, auch jede andere Zahl als drei richtig sein.
Gegen die erste Kritik ist einzuwenden, daß die Dreiteilung des Speicherwahlprozesses eine
idealtypische ist. Die Hypothesen sind im Sinne eines kontinuierlichen und nicht eines diskreten Effektes
formuliert und die zentrale Größe zur Entscheidung für einen der drei Prozesse ist die Geläufigkeit ebenfalls ein kontinuierliches Merkmal. Unschärfen zwischen den einzelnen Stufen sind damit nicht
ausgeschlossen. Bei einer genaueren Betrachtung zeigt sich, daß das SWIEGS-Modell selbst die drei
Prozesse nicht so scharf trennt, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Da nach dem Modell bei der
Konstruktion auch neue Speicherformen oder Speicherbedingungen mit metakognitiven Parametern
getestet werden, beinhaltet eine Konstruktion immer auch eine Evaluation. Deutlich abgehoben sind
diese beiden Prozesse zunächst nur von der Anwendung eines Repräsentationsscriptes. Trotzdem ist
selbst diese Trennung nicht zwingend, da das SWIEGS-Modell keine Aussage über den Prozeß der
Bildung von Repräsentationsscripten macht. Die Überlegungen dazu gehen aber durchaus von einem
kontinuierlichen Prozeß aus (vgl. 1.3.2.1). Es wäre denkbar, daß eine Person erst damit beginnt,
bestimmte Aufgaben zu einem Aufgabentyp zusammenzufassen oder aber bei einem Aufgabentyp erste
Präferenzen für bestimmte Speicher zu bilden. Sind Repräsentationsscripte noch nicht voll ausgebildet,
109
Von den Hypothesen zum Modell
so wird auch der Übergang zwischen Evaluation und Scriptanwendung ein fließender. Daß die
Unterschiede zwischen den Prozessen kontinuierlich und nicht diskret sind, ist also kein Einwand gegen
das Modell. Trotzdem ist es sowohl theoretisch als auch empirisch möglich, diese kontinuierlichen
Merkmale in drei Stufen signifikant voneinander zu trennen.
Die Kritik an einer Dreiteilung des Prozesses und Versuchsmaterials statt einer beliebigen anderen
Aufteilung muß vor dem Hintergrund der theoretischen Konzeptionen vor dem SWIEGS-Modell
betrachtet werden. Das wesentlich Neue am SWIEGS-Modell ist die Behauptung, daß der Prozeß der
Speicherwahl nichts einheitliches, sondern etwas je nach Aufgabencharakteristik verschiedenes ist.
Andere Modelle, die mit vier oder mehr Prozessen aufwarten, existieren nicht. Es mußte also nicht
belegt werden, daß es tatsächlich nur drei unterschiedliche Prozesse sind. Nachzuweisen war vielmehr,
daß es möglich ist, den Prozeß der Speicherwahl in drei unterschiedliche Teilprozesse zu zerlegen und
daß die Unterschiedlichkeit dieser drei Prozesse anhand verschiedener Parameter inferenzstatistisch
belegt werden kann. Was tatsächlich offen bleibt, ist die Möglichkeit, mehr als drei unterschiedliche
Teilprozesse anzunehmen. Das Modell würde dadurch komplexer - für die Notwendigkeit einer solchen
Erweiterung fehlt aber jeder Beleg. Alle bisherigen Veröffentlichungen wie auch die vorliegenden
Studien lassen sich mit einem dreistufigen Modell erklären. Auch theoretisch fehlt nach Ansicht des
Autors jeder Ankerpunkt für die Annahme weiterer Prozesse. Eindeutig nachgewiesen werden konnte
dagegen aber, daß die Dreiteilung des Prozesses sinnvoll ist und eine Zweiteilung nicht ausreichen
würde. Wenn es möglich ist, Repräsentationsaufgaben so zu konstruieren, daß sie bei mehreren
Parametern Ausprägungen in drei verschiedenen Stufen erzeugen und sich diese Srufen signifikant
voneinander unterscheiden, kann dies nur durch ein dreistufiges Modell erklärt werden.
Die prinzipielle Dreiteilung der Speicherwahl durch das SWIEGS-Modell ist durch die Empirie
folglich gut bestätigt. Das Modell macht aber auch differenziertere Aussagen über jeden der drei
Prozesse.
Die Speicherwahl über Scripte soll durch eine einfache Klassifikation einer Repräsentations
aufgabe ohne Berücksichtigung weiterer Parameter erfolgen. Dafür gibt es aussagekräftige Belege - die
geringer Planungszeit, die geringe Zahl unterschiedlicher Speicher und der geringe Zusammenhang mit
metakognitiven Parametern. Allerdings gibt es auch ein kritisches Ergebnis: die signifikanten Effekte
durch die Valenzerhöhung auch bei sehr geläufigen Aufgaben in Studie 4. Wenn die Anwendung eines
Repräsentationsscriptes ohne Berücksichtigung metakognitiver Parameter erfolgt, dürfte auch
Valenzerhöhung keinen Einfluß auf die Speicherwahl haben. Wie schon in Studie 4 diskutiert, liegt die
Vermutung nahe, daß diese Effekte eine Spezifität der Operationalisierung der Valenzerhöhung über die
Wettkampfsituation war. Aus der Perspektive des Konstruktes ‘Repräsentationsscript’ gesehen, spielt
110
Von den Hypothesen zum Modell
dieses Ergebnis aber nur eine untergeordnete Rolle. Das SWIEGS-Modell macht keine Aussagen
darüber, welche Kriterien die definierenden genauen Merkmale eines spezifischen
Repräsentationsscriptes sind; generell umfassen sie aber auch die Valenz der Aufgabe. Wie im
theoretischen Teil von Studie 4 diskutiert, ist plausibel, daß beispielsweise extreme Aufgabenvalenzen
eine Aufgabe zu einem anderen Typ machen kann. Ein lebenswichtiger Termin oder ein Termin, der für
die betreffende Person so unwichtig ist, daß sie ihn nicht wahrnehmen wird, fallen beide aus dem
Terminscript heraus. Die Effekte der erhöhten Valenz in Studie 4 auch auf die sehr geläufigen Aufgaben
lassen sich folglich aus einer fehlenden Übereinstimmung der jeweiligen Aufgabenvalenz mit der, die die
Aufgaben haben müßten, um als für das Script passende Aufgabentypen klassifiziert zu werden,
erklären. Der Planung von Studie 4 lag die implizite Annahme zu Grunde, daß die Wettkampfsituation
die Passung der Aufgaben für die jeweiligen Scripte nicht berührt. Dieser Annahme widersprechen die
Ergebnisse. So stellen diese Ergebnisse nicht das SWIEGS-Modell in Frage, weisen aber auf einen
Mangel in der Operationalisierung hin. In zukünftigen Arbeiten müßten die Repräsentationsscripte
selbst bezüglich ihrer definierenden Merkmale genauer untersucht werden. Da Repräsentationsscripte
interindividuell verschieden sein können, müßten die definierenden Merkmale eines bestimmten Scriptes
für jeden einzelnen Probanden eindeutig bestimmt werden, insbesondere auch der Grad der Valenz, der
die Aufgabe als für das Repräsentationsscript passend bestimmt. Dann könnte für jede Aufgabe und jede
Aufgabenvalenz tatsächlich geprüft werden, ob sich der Proband in der Speicherwahl gemäß seines
Scriptes verhält oder nicht.
Evaluation und Konstruktion sind nach dem SWIEGS-Modell wesentlich komplexere Prozesse als
die Anwendung eines Repräsentationsscriptes. Die zentrale Annahme, daß beide Prozesse von
metakognitiven Parametern gesteuert werden, ist durch die Vorhersagbarkeit der Speicherwahl aus
diesen Parametern gut belegt. Das Modell macht zu beiden Prozessen aber auch differenziertere
Aussagen. Die erste betrifft die metakognitiven Parameter selbst: Nicht nur, wie in früheren Arbeiten
angenommen, die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit (vgl. 1.1.2 und Abb. 1), sondern auch die
Einschätzung des Aufwandes der Speicherung bestimmt die Speicherwahl. Im theoretischen Teil der
Arbeit wurde diskutiert, inwieweit Aufwand und Erfolg nicht zumindest bei der Einschätzung des
Gedächtnisses als Speicher parallele Größen sind. Die Ergebnisse zur Häufigkeitsverteilung der
Urteilskombinationen (vgl. Abb. 19) zeigten aber ganz generell, daß beide Größen in weit über 50% der
Speicherwahlen parallel eingeschätzt werden. In diesen Fällen würde tatsächlich einer der beiden
Parameter zur Speicherwahl ausreichen; der zweite Parameter liefert keine zusätzliche Information. Es
bleiben aber 24% der Speicherwahlen, bei denen beide Parameter herangezogen werden müssen: immer
dann, wenn in Bezug auf einen von ihnen kein Unterschied zwischen den Speicheralternativen besteht.
111
Von den Hypothesen zum Modell
Diese Prozentangaben können nicht verallgemeinert werden; wurden sie doch nur bei einer Studie und
damit einem Aufgabenset erhoben. Trotzdem bleibt die Kernaussage bestehen: Für einen Großteil der
Entscheidungen reicht ein Parameter aus, es gibt aber auch Entscheidungen, für die beide erforderlich
sind.
Die zweite Aussage betrifft die Rolle der Valenz im Zusammenspiel mit den Parametern. Der
generelle Zusammenhang ist gut belegt: höhere Valenz führt zu längeren Planungszeiten und
differenzierteren Speicherwahlen. Nach dem SWIEGS-Modell geschieht das dadurch, daß die
Prüfparameter für die Evaluation der Speicher heraufgesetzt werden. Diese Annahme konnte tendenziell
durch die Einschätzungen der gewählten Speicher bei zwar-aber Urteilen bestätigt werden.
Problematisch dabei ist die fehlende inferenzstatistische Absicherung durch den großen
Probandenverlust bei der Auswertung.
Die dritte Aussage betrifft die Speicherliste, auf der die dem Probanden geläufigen Speicher nach
der Häufigkeit ihres Einsatzes stehen, und die auch in dieser Reihenfolge bei der Speicherwahl geprüft
werden sollen. Die Hypothesen hierzu wurden klar belegt. Es dauert um so länger, sich für einen
Speicher zu entscheiden, je seltener man ihn insgesamt wählt. Das Konstrukt der Speicherliste sollte
diese zeitliche Präferierung häufig eingesetzter Speicher faßbar machen; es bedeutet nicht, daß die
Probanden tatsächlich seriell jeden einzelnen Speicher prüfen. Die Speicherliste würde das Verhalten
auch dann beschreiben können, wenn die Suche nach einem passenden Speicher tatsächlich parallel in
einem neuronalen Netz erfolgte. Häufig eingesetzte Speicher hätten stärkere Verbindungen zu
anderen Knoten als selten gewählte Speicher und würden deswegen auch schneller gewählt werden (vgl.
McClelland, Rummelhart & the PDP Research Group, 1986; Rummelhart, McClelland & the PDP
Research Group, 1986)
Eine letzte Aussage betrifft den Prozeß der Konstruktion. Sie sollte entweder in der Konstruktion
eines neuen Speichers, oder, wo das nicht gelingt, in der Konstruktion neuer Speicherbedingungen, also
veränderter Prüfparameter, bestehen. Das SWIEGS-Modell macht keine Aussage darüber, wann die
Konstruktion eines neuen Speichers gelingt und wann nicht. Studie 1 legte die Vermutung nahe, daß das
alltägliche Lebensumfeld für die Konstruktion neuer Speicherformen förderlicher ist als die
Laborumwelt. Im Labor zeigte sich, daß die gewählten Speicher dort, wo das Modell die Konstruktion
vorhersagen würde - bei ungeläufigen Aufgaben - die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit
tatsächlich geringer und die des Aufwandes höher war als bei geläufigen Aufgaben, wo das Modell die
Evaluation vorhersagt (vgl. Abb. 15 und Abb. 20). Dieser Vergleich über zwei Studien hinweg hat
allerdings nur illustrierenden Charakter. Um die vom Modell vorhergesagte Entscheidung zwischen
Konstruktion eines Speichers und Konstruktion neuer Speicherbedingungen trennscharf nachzuweisen,
112
Die Frage der ökologischen Validität
müßten die Speicher für ungeläufige Aufgaben bei einer Speicherkonstruktion ähnlich bewertet werden
wie geläufige Aufgaben oder zumindest deutlich besser, als wenn bei den ungeläufigen Aufgaben die
Speicherbedingungen neu konstruiert werden. Ein Ansatz zur Überprüfung wäre eine Studie mit dem
Faktor Labor vs. Feld, in der die Einschätzung der Speicherwahlen erhoben wird und der Vergleich der
Einschätzung über die Umgebungen - und damit über unterschiedliche Konstruktionen - möglich wird.
Zusammenfassend haben sich nicht nur globalere Hypothesen, sondern auch eine ganze Reihe von
Detailhypothesen empirisch bewährt. Einige Lücken, wo das Modell weitergehende Aussagen macht als
sie in den vier Studien getestet worden sind, wurden genauer spezifiziert. Wenn es auch möglich ist,
einzelne Hypothesen - wie die der steigenden Planungszeit - für sich gesehen einfacher zu erklären, ist
das für die Gesamtheit der Hypothesen nur schwer denkbar. Unbeschadet weiterer Prüfungen hat sich
das Modell durch die empirisch bestätigten Hypothesen folglich gut bewährt.
3.3 Die Frage der ökologischen Validität
Das SWIEGS-Modell beansprucht, Speicherwahlen im Alltag zu beschreiben. Untersucht wurde
aber nur die Beschreibung von Speicherwahlen in hypothetischen Situationen, nicht das Verhalten
selbst. Drei Einwände gegen diesen Ansatz können vorgebracht werden. Erstens wird teilweise generell
in Frage gestellt, daß Probanden zu validen Aussagen über Gedächtnistätigkeiten in der Lage sind (z.B.
Nisbett & Wilson, 1977; Erricson & Simon, 1980; Morris, 1984). Zweitens verlangen alle vier Studien
über diese Aussagen hinaus vom Probanden, sich in hypothetische Alltagssituationen hineinzuversetzen.
Ob das tatsächlich gelingt oder ob die Probanden nicht etwas ganz anderes tun, bleibt ungeklärt. Auch
wenn diese beiden Fragen geklärt sind, bleibt drittens offen, inwieweit der Schluß vom beschriebenen
Verhalten auf das manifeste Verhalten im Alltag zulässig ist.
Der Einwand der Unfähigkeit von Probanden zu Aussagen über Gedächtnistätigkeit wird durch
vorliegende Arbeit selbst noch einmal bestätigt. Gerade daß Menschen dazu allgemein nur mäßig in der
Lage zu sein scheinen, war eine Überlegung, die zum Konstrukt der Repräsentationsscripte führte (vgl.
1.3.2.1). In Studie 4 berichteten die meisten Probanden in der Bedingung mit erhöhter Valenz, daß die
Wettkampfsituation keinen Einfluß auf ihre Entscheidungen hatte - obwohl die Empirie zeigte, daß fast
alle Parameter dadurch signifikant verändert worden waren. In postexperimentellen Gesprächen zeigte
sich kein Proband bewußt über die zentralen Zusammenhänge der Art der Speicherwahl mit der
Aufgabengeläufigkeit. Gerade deswegen aber muß getrennt werden zwischen Studien, die
Modellaussagen über Gedächtnistätigkeit dadurch belegen wolle, daß sie Aussagen der Probanden über
diese Gedächtnistätigkeiten nutzen und solchen, die diesen Zusammenhang selbst prüfen (vgl. die
Auseinandersetzung mit dieser Kritik im Zusammenhang mit Metakognitions
forschung in Nelson und
113
Die Frage der ökologischen Validität
Narens, 1990). Die vorliegenden Studien belegen aber Modellaussagen nicht auf dem Weg, daß
Probanden selbst ihre Gedächtnistätigkeit beschreiben. Die Probanden beschreiben immer nur
Verhalten, nicht ihre subjektive Theorie, mit der sie sich dieses Verhalten erklären. Nur im
Zusammenhang mit den metakognitiven Parametern werden direkte Fragen zum Gedächtnis gestellt.
Auch hier aber wird der Zusammenhang zwischen diesen Aussagen und dem Verhalten - der
Speicherwahl in den Experimenten - nicht vorausgesetzt, sondern ist selbst Thema der Untersuchung.
Diese Kritik ist also durchaus berechtigt, stellt aber die vorliegenden Studien nicht in Frage.
Der zweite Einwand betrifft die Fähigkeit der Probanden, sich in eine Alltagssituation
hineinzudenken. In postexperimentellen Interviews tauchte dieses Problem nicht auf. Die Probanden
berichteten - verständlicherweise - über Belustigung oder Überraschung bei den ungeläufigen Aufgaben
und stellten in Frage, ob sie solche Aufgaben im Alltag jemals zu lösen hätten. Schwierigkeiten mit der
Vorstellung der Bearbeitung im Alltag nannte aber aber kein Proband. Es gibt aber auch einen
quantifizierbaren Beleg dafür, daß sich die Probanden sehr wohl in die Alltagssituation hineinversetzen.
Kommen die experimentellen Effekt tatsächlich dadurch zustande, daß die Probanden sich zur
Bearbeitung der Aufgabe in eine Alltagssituation hineinversetzen, sollte das in der alltäglichen
Umgebung einfacher sein als in der Laborumgebung und zu ausgeprägteren Effekten führen. Tatsächlich
reagierten in Studie 1 alle Parameter hochsensibel auf die Umgebung. Dabei änderte sich nicht die
Richtung der Effekte sondern ihre Ausprägung. Im direkten Kontakt mit der Alltagsumgebung wirken
sich alle Aufgaben stärker in die bei der Konstruktion der Aufgaben und Formulierung der Hypothesen
beabsichtigte Richtung aus. Effekte, die im alltäglichen Umfeld auftauchen, finden sich auch im Labor
wieder - allerdings in abgeschwächter Form. Wenn also auch der direkte Nachweis nicht möglich ist, so
gibt es doch starke Belege dafür, daß die Probanden sich zur Bearbeitung der Aufgaben sehr wohl
gedanklich in eine Alltagssituation versetzen konnten.
Der dritte Einwand bleibt aber trotzdem richtig. Wünschenswert wäre, Probanden in ihrem Alltag
und mit tatsächlich durchzuführenden Repräsentationsaufgaben zu testen. Je nach Operationalisierung
würde man aber auch dann auf Probleme stoßen. Gibt man den Probanden Repräsentationsaufgaben
und beobachtet, was sie damit tun, dürfte die Lösung über Repräsentationsscripte deutlich erschwert
sein. Repräsentationsaufgaben im Alltag zeichnen sich dadurch aus, daß sie in den Lebenskontext des
Individuums eingebunden sind. Vom Versuchsleiter gegebene Aufgaben haben dagegen immer die
Künstlichkeit eines Experimentes - den Aufgaben würde wahrscheinlich die für die Scriptanwendung
erforderliche Geläufigkeit fehlen. Eine Alternative wäre die reine Verhaltensbeobachtung, evtl. über ein
Tagebuch operationalisiert, in das die Probanden bearbeitete Repräsentationsaufgaben und ihre
Speicherung eintragen. Auch dieses Vorgehen wäre allerdings nicht unproblematisch. Zum einen ist ein
114
Folgerungen und Ausblick
Tagebuch selbst ein externer Speicher. Die Probanden wären folglich zur ständigen Nutzung eines
bestimmten externen Speichers gezwungen - was zwangsläufig die Speicherwahl beeinflussen muß.
Aber selbst, wenn dieses Problem gelöst wäre - etwa durch eine Beobachtung per Kamera, die später
von den Probanden erläutert wird oder dadurch, daß das Tagebuch in Form eines Tonbandes geführt
würde, daß nicht zurückgespult werden kann - bleibt die Schwierigkeit, daß ungeläufige Aufgaben eben
dadurch ungeläufig sind, daß sie im Alltag kaum vorkommen. Hypothesen zur Konstruktion mit solchen
Daten zu prüfen, dürfte kaum gelingen. Zwischenlösungen in einer simulierten alltäglichen Umwelt
wären eher denkbar. Beispielsweise könnte den Probanden ein Büro eingerichtet werden, in dem sie
über mehrere Sitzungen hinweg Repräsentationsaufgaben bearbeiten müssen. Hier ließe sich dann nicht
nur das SWIEGS-Modell testen, sondern auch weitere Elemente wie die Entstehung von
Repräsentationsscripten und der Abruf gespeicherter Information. Allerdings wäre auch dieser Ansatz
mit dem Manko einer gewissen Künstlichkeit behaftet.
Alle diese Ansätze haben eines gemein: ihre Realisierung ist sehr aufwendig. Ziel der vorliegenden
Arbeit war es, zunächst einmal überhaupt zu belegen, daß sich nicht-triviale Aussagen über die
Speicherwahl machen und empirisch überprüfen lassen. Die Operationalisierung dieses Ziels über das
Beschreiben von Verhalten war dabei der ökonomisch sinnvollste Ansatz. Er kann zwar die Prüfung
tatsächlichen Verhaltens letztendlich nicht ersetzen, aber eine aussagekräftige Begründung dafür geben,
den hohen Aufwand eines entsprechenden Ansatzes in einer zukünftigen Untersuchung zu realisieren.
3.4 Folgerungen und Ausblick
Mit dem SWIEGS-Modell liegt ein umfassendes theoretisches Konzept vor, um die Situation der
Speicherwahl für beliebige Aufgaben und Situationen zu beschreiben. Die empirische Validierung des
Modells erlaubt nun Folgerungen für die Forschung zu externen Speichern und darüber hinaus.
Die implizite Theorie der Speicherwahl kann nach den vorliegenden Studien als eindeutig
widerlegt gelten. Es führt in die Irre, wenn man, wie Intons-Peterson und Newsome (1992) es tun,
Schritte beim Umgang mit externen Speichern bestimmt, ohne ein vollständiges Modell für den
jeweiligen Prozeß zu haben. Sie trennen zwei Schritte: die Erkenntnis der Notwendigkeit, einen
externen Speicher einzusetzen und die Wahl eines externen Speichers. Vor dem Hintergrund des
SWIEGS-Modells ist das schlicht falsch. Den Anwender interessiert zunächst keineswegs, ob er einen
externen Speicher braucht, sondern, ob er ein passendes Script für die Repräsentationsaufgabe hat.
Wenn überhaupt tauchen die von den Autoren an den Beginn des Speicherwahlprozesses gesetzten
Schritte im Laufe der Evaluation auf: wenn nämlich kein Repräsentationsscript für die Aufgabe
vorhanden ist, eine Evaluation durchgeführt wird und dabei der erste getestete Speicher, i.d.R. das
115
Folgerungen und Ausblick
Gedächtnis, sich als zu aufwendig oder zu wenig erfolgreich erweist. Auch dann gibt es allerdings keine
Trennung zwischen dem Gedächtnis auf der einen und des externen Speichern auf der anderen Seite.
Alle stehen auf der Speicherliste und werden sukzessive geprüft, ohne daß ein Sprung vom Gedächtnis
zu externen Speichern erfolgt.
Will man Speicherwahlen verstehen, ist es erforderlich, sich von der alten Vorstellung: gutes
Gedächtnis = wenig externe Speicher, schlechtes Gedächtnis = viel externe Speicher zu verabschieden.
In klinischen Zusammenhängen ist es sicherlich sinnvoll, beispielsweise Alzheimer-Patienten in diese
Richtung zu trainieren (z.B. Zarith, 1980); ohne direkte Intervention dürfte der Zusammenhang aber
gänzlich anders aussehen. Wenn im Alltag wenig Repräsentationsaufgaben zu bearbeiten sind, gibt es
wenig Repräsentationsscripte und wenig Speicher auf der Speicherliste. Daraus folgt, daß die
Speicherwahl generell aufwendig ist und keine differenzierte Struktur für differenzierte Speicherwahlen
besteht. Die Ergebnisse für alle prospective-remembering-tasks sollten schlecht sein, bei der
Einschätzung des Gedächtnisses sollten viele Fehler berichtet werden und der Einsatz von externen
Speichern sollte selten sein. Umgekehrt, wenn häufig Repräsentationsaufgaben zu lösen sind.
Differenzierte Strukturen zur Repräsentation sind aufgebaut worden - es gibt wenig Gedächtnisfehler zu
berichten und bei prospective-remembering-tasks zu messen; dabei ist die Einsatzhäufigkeit externer
Speicher hoch. Die Kritik an der Studie von Dobbs und Rule (1987) war zur Entwicklung des Modells
zentral. Ein Ergebnis, das die Autoren überraschte, ist nun vor dem Hintergrund des SWIEGS-Modells
plausibel. Die Altersgruppe, die die propective-remembering-tasks am besten bewältigt hatte, war
tatsächlich diejenige, die den häufigsten Einsatz externer Speicher berichtet hatte. Ganz entsprechend
die Ergebnisse von Lovelace und Twohig (1990): Für die meisten Gedächtnisfehler gaben die
Probanden an, daß sie mit dem Alter zugenommen hätten. Gleichtzeitig berichteten sie von einer
Abnahme der Häufigkeiten, mit der sie externe Speicher einsetzen.
Im Rahmen der Ängstlichkeitsforschung erlaubt das Modell Vorhersagen zur Verhaltensweise der
Speicherwahl im Vergleich von Hoch- und Niedrigängstlichen. Studie 3 hat gezeigt, daß Ängstlichkeit
nicht den Prozeß der Speicherwahl verändert. Was sich ändert, sind die Variablen des Modells. Eine
Reihe differenzierter Hypothesen zur Wirkung der Ängstlichkeit auf die Speicherwahl lassen sich
ableiten, wenn man dieses Ergebnis auf das gesamte SWIEGS-Modell generalisiert. Ängstliche sollten
beispielsweise die Erfolgswahrscheinlichkeit ihres Gedächtnisses geringer einschätzen, mehr Scripte mit
externen Speichern haben und insgesamt weniger Scripte einsetzen. Dadurch sollte ihre Speicherwahl in
höherem Maße aus den metakognitiven Parametern vorhersagbar und die Zahl eingesetzter Speicher
höher sein. In einer ersten Studie zu diesem Thema konnten diese Annahmen bestätigt werden (Stöber
& Esser, in prep.). Hier wären weitere Schritte erforderlich, um nachzuprüfen, ob Hochängstliche
116
Folgerungen und Ausblick
Aufgaben erfolgreicher repräsentieren als Niedrigängstliche (im Sinne der Hochängstlichen als
Sicherheitsexperten, Schönpflug, 1989a) und ob im Gegenzug Niedrigängstliche in der Übernahme der
Parameter der Hochängstlichen bei der Speicherwahl trainiert werden und dadurch erfolgreicher bei der
Aufgabenrepräsentation sein können.
Eine wichtige Anregung liefern die vorliegenden Ergebnisse auch zum Thema Metakognition. Ein
Forschungsansatz versucht dort, die Steuerung von Lernverhalten aus metakognitiven Parametern
vorherzusagen (vgl. Nelson & Narens, 1990, für einen Überblick). Eine Ergebnis dabei ist, daß
Probanden sich nur unzureichend gemäß dieser Parameter verhalten (Le Ny et al., 1972; Nelson &
Leonesio, 1988; Mazzoni et al., 1990; Nelson, 1993). Die Parallelität zur Frage des Umgangs mit
externen Speichern ist augenfällig: auch hier wurde erfolglos versucht, Speicherwahlen aus
metakognitiven Parametern vorherzusagen (Dobbs & Rule, 1987). Auch die Problematik der geringen
Validität der metakognitiven Parameter betrifft beide Forschungsansätze. Es wäre eine plausible
Hypothese, anzunehmen, daß ähnlich wie bei der Speicherwahl auch bei der Steuerung des Lernens
Scripte statt aufwendiger Evaluationen der Lernleistung das Lernverhalten steuern. Auf der Metaebene
wäre damit ein statisches Modell der Objektebene repräsentiert, daß bei Bedarf eingesetzt würde, ohne
daß tatsächlich eine Beobachtung der Objektebene stattgefunden hätte (vgl.1.2.3). Hier wären
entsprechende Forschungen dringend erforderlich. Sollte sich diese Vermutung bestätigen, müßten
Modelle zur Lernsteuerung (z.B. Nelson & Narens, 1990) neu konzipiert werden.
Zukünftige Forschungen zum Thema der Repräsentation von Informationen im Alltag sollten zum
einen die Annahmen des SWIEGS-Modells weiter validieren. Ein wichtiger Aspekt wäre dabei der
Schritt vom beschriebenen zum tatsächlichen Verhalten (vgl. 3.1.). Ein weiterer, Aufgabengeläufigkeit
und damit Repräsentationsscripte als verursacht durch unterschiedliche Lebenszusammenhänge der
Probanden nachzuweisen. Aufgabengeläufigkeit könnte dann einfach dadurch variiert werden, daß ein
und dieselbe Aufgabe beispielsweise für Zahnarzthelferinnen sehr geläufig und damit scriptgesteuert, für
Studierende aber nur geläufig und dadurch über eine Evaluation gelöst wird. Erste Pilotstudien zu
dieser Frage belegen diese Zusammenhänge.
Wichtiger aber ist der Schritt über die Situation der Speicherwahl hinaus hin zu Modellen für die
Bewirtschaftung der Speicher (vgl. Muthig & Schönpflug, 1981) und vor allem zum Abruf aus den
jeweiligen Speichern. Erst dann kann die Rolle der Speicherwahl für eine möglichst effektive
Speicherung richtig beurteilt werden. Dabei sollte der Weg nicht weiter in Mikromodelle führen, die
letztlich keine Aussagen über Alltagssituationen machen können. Die vorliegende Arbeit sollte auch
zeigen, daß Modelle zum Umgang mit Repräsentationsaufgaben komplex sein und trotzdem präzise,
empirisch prüfbare Aussagen machen können. Denn erst wenn der gesamte Prozeß der Repräsentation
117
Folgerungen und Ausblick
von Informationen im Erweiterten Gedächtnissystem auf diesem Niveau theoretisch aufgearbeitet
worden ist, können wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für den optimalen Umgang mit
Informationen im Alltag gegeben werden. In einer Welt, die mit einer explosionartigen Entwicklung der
Informationsmenge durch neue Medien und Übermittlungstechniken zu kämpfen hat, steht die
Psychologie hier in der Pflicht.
118
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130
Anhang
5 Anhang
5.1 Versuchsmaterialien
Die Items der Studien 1, 2 und 4 sind in Gruppen zu drei Aufgaben zusammengefaßt, wobei die
erste jeweils die sehr geläufige, die zweite die geläufige und die dritte die ungeläufige repräsentiert.
Zudem sind die Items von Studie 2 und 4 nach fünf Themengruppen sortiert.
5.1.1 Repräsentationsaufgaben der Studie 1
1. Du mußt morgen ein Buch in die Bibliothek zurück bringen, wie merkst du dir das?
2. Du mußt in acht Wochen ein Buch von der Bibliothek abholen, wie merkst du dir das?
3. Du mußt 1996 ein Buch vorbestellen, wie merkst du dir das?
1. Einen gehörten Vortrag mußt du morgen inhaltlich wiedergeben, wie merkst du dir das?
2. Einen gehörten Vortrag mußt du in einer Woche inhaltlich wiedergeben, wie merkst du dir das?
3. Einen gehörten Vortrag mußt du morgen inhaltlich wiedergeben, wie merkst du dir das?
1. Du bist zu einem Geburtstag in zehn Tagen eingeladen, wie merkst du dir das?
2. Du bist zu einer Hochzeit genau heute in 13 Monaten eingeladen, wie merkst du dir das?
3. Du bist zum Abiturtreffen genau heute in 10 Jahren eingeladen, wie merkst du dir das?
1. Wie merkst du dir den täglichen Weg zur Uni?
2. Wie merkst du dir den Weg zu einer Freundin, die du alle zwei Monate besuchst?
3. Wie merkst du dir den Weg zu Deiner Tante, die umgezogen ist und die du alle drei Jahre besuchst?
1. Du mußt täglich eine Tablette nehmen, wie merkst du dir das?
2. Du mußt um 8.00 Uhr, 12.30 Uhr und 19.00 Uhr eine Tablette nehmen, wie merkst du dir das?
3. Du mußt alle zwei Stunden Tag und Nacht eine Tablette nehmen, wie merkst du dir das?
1. Du hast einen Arzttermin morgen, um 10.00 Uhr, wie merkst du dir das?
2. Du hast am ersten Montag des kommenden Jahres um 10.20 Uhr einen Arzttermin, wie merkst du dir
das?
131
Anhang
3. Du hast am 15. 01. 97 einen Termin zur Krebsvorsorge, wie merkst du dir das?1
1. Wie merkst du dir das Wort „remontepente“, so daß du es einem Bekannten in sechs Jahren sagen
kannst?
2. Wie merkst du dir das Wort „Kumys“, so daß du es einem Bekannten im Herbst sagen kannst?
3. Wie merkst du dir das Wort „Ambiguitätstoleranz“, so daß du es einem Bekannten morgen sagen
kannst?
1. Du mußt morgen um sechs Uhr aufstehen, wie merkst du dir das?
2. Du mußt in genau einer Woche um sechs Uhr dreißig aufstehen, wie merkst du dir das?
3. Genau heute in einem Jahr mußt du um sieben Uhr fünfzehn aufstehen, wie merkst du dir das?
1. Du bist morgen im Audimax verabredet, wie merkst du dir das?
2. Du bist am zweiten Tag des neuen Semesters im AStA - Büro verabredet, wie merkst du dir das?
3. Du bist 10 Tage vor Abgabe Deiner Diplomarbeit in Raum JK 27/221d verabredet, wie merkst du dir
das?
1. Du mußt morgen Margarine mit in die Uni bringen, wie merkst du dir das?
2. Du mußt am letzten Semestertag Margarine mit in die Uni bringen, wie merkst du dir das?
3. Du mußt am Tag vor der letzten Prüfung Dein Studienbuch mit in die Uni bringen, wie merkst du dir
das?
1. Du mußt morgen Milch einkaufen, wie merkst du dir das?
2. Du mußt in 23 Tagen Milch, Eier, Brot, Käse und Tomaten einkaufen, wie merkst du dir das?
3. Du mußt bis in 157 Tagen Mayonnaise, Salz, Aspirin, Zuccini und Oregano einkaufen, wie merkst du
dir das?
1. Du mußt täglich Deine Schuhe putzen, wie merkst du dir das?
2. Du mußt pro Woche einmal das Ofenrohr von innen putzen, wie merkst du dir das?
3. Du mußt einmal in zwei Jahren Deinen Schornstein reinigen lassen, wie merkst du dir das?
1
Die Untersuchung wurde im Frühjahr 1995 durchgeführt.
132
Anhang
1. Im Radio wird ein Konzerttermin durchgegeben, wie merkst du dir das?
2. Im Radio werden drei Telefonnummern durchgegeben, die du am kommenden Dienstag anrufen
sollst, wie merkst du dir das?
3. Im Radio werden zehn verschieden Konzerttermine über die nächsten zehn Jahre durchgegeben, wie
merkst du dir sie alle?
1. Du mußt morgen einen Brief zur Post bringen, wie merkst du dir das?
2. Du mußt am 25. 11. 93 einen Brief an Deinen Vermieter abschicken, wie merkst du dir das?
3. Du mußt am 11. 01. 97 eine Geburtstagskarte abschicken, wie merkst du dir das?
1. Du mußt jeden Freitag einen Freund anrufen, wie merkst Du Dir das?
2. Du mußt jeden Monatsersten einen alten Lehrer anrufen, wie merkst du dir das?
3. Du mußt in viereinhalb Jahren eine Großtante zum Hochzeitstag anrufen, wie merkst du dir das?
1. Du mußt einem Freund pünktlich zum Geburtstag gratulieren, wie merkst du dir das?
2. Du mußt an jedem Monatsersten Deine Miete bar auf das Konto des Vermieters einzahlen, wie
merkst du dir das?
3. Du mußt den Eltern eines Freundes in zwei Jahren zur Silberhochzeit gratulieren, wie merkst du dir
das?
1. Du mußt alle zwei Tage die Blumen auf dem Balkon gießen, wie merkst du dir das?
2. Du mußt in einer Woche Deiner Mutter einen frischgebackenen Kuchen schicken, wie merkst du dir
das?
3. Du mußt einer Großtante von dir zu ihrem Geburtstag in zehn Jahren ein Photo von dir schicken, wie
merkst du dir das?
5.1.2 Repräsentationsaufgabe der Studien 2 & 4
Aufgabentyp: Termine
1.
Ein Termin beim Friseur am kommenden Donnerstag um 1100
2.
Genau am 28.10.1995 eine alte Freundin anrufen
3.
Deinem Lieblingsprofessor in 9 Jahren zu seinem 60. Geburtstag gratulieren
4.
Du bist heute in 10 Tagen zu einem Geburtstag eingeladen
133
Anhang
5.
Du bist genau heute in 23 Monaten zu einer Hochzeit eingeladen
6.
Gestern in 10 Jahren soll das Treffen Deiner Abiturklasse stattfinden
7.
Vorlesung jeweils Montag von 14.00-18.00
8.
Bei trockenem Untergrund jeweils Mittwoch um 9.00 am Eingang zum botanischen Garten sein
9.
Für eine Untersuchung im Herbst 1996 genau drei Monate vorher keine milchhaltigen
Lebensmittel mehr verzehren
10.
Ein Konzerttermin in der übernächsten Woche, den Du in einem Veranstaltungsanzeiger gefunden
hast
11.
Ein Konzerttermin in der übernächsten Woche, den Du in der Tageszeitung gefunden hast
12.
Ein Konzerttermin in der übernächsten Woche, der im Radio durchgegeben werden soll
Aufgabentyp: wiederkehrende Aufgaben
1.
Täglich Blumen gießen
2.
Alle halbe Jahre die Zündkerzen Deines Autos überprüfen lassen
3.
Alle zwei Jahre im August Deine Hausapotheke überprüfen und erneuern lassen
4.
Alle zwei Stunden eine Tablette einnehmen
5.
Im Winter das Ofenrohr 14-tägig von innen reinigen
6.
An jedem dritten Tag mit Temperaturen unter 0°C Deiner Hauskatze eine Medizin geben
7.
Jeden zweiten Tag Deine Erbtante anrufen
8.
Am ersten Samstag jeden Jahres einen alten Lehrer anrufen
9.
Alle 20 Monate das indische Konsulat wegen der Verlängerung Deines Indienvisums anrufen
10.
Jeden Freitag einen Freund anrufen
11.
Alle drei Wochen Donnerstags bei Deiner alten Vermieterin nach dem Rechten schauen
12.
Jedes Jahr genau in der letzten Januarwoche ein homöopathisches Präparat gegen Heuschnupfen
einnehmen
Aufgabentyp: zu erledigen
1.
Morgen ein ausgeliehenes Buch in die Bibliothek zurückbringen
134
Anhang
2.
Anfang 1996 ein bis dahin erscheinendes Buch vorbestellen
3.
Direkt am 17.5.1996 ein dann erscheinendes Buch kaufen, das dich interessiert, aber
zensurgefährdet ist.
4.
Morgen einen Brief zur Post bringen
5.
In fünf Wochen eine Glückwunschkarte zum Geburtstag abschicken
6.
Am 26.3.1998 einen Brief an Deinen Vermieter abschicken
7.
Morgen deine Mitschrift zur Entwicklungspsychologie mit zur Uni bringen
8.
Am letzten Semestertag Margarine mit in die Uni bringen
9.
Genau 9 Monate nach Abschluß des Diploms Sonderfreikarten für Theateraufführungen
beantragen
10.
Morgen eine Überweisung zur Bank bringen
11.
Das nächste Mal, wenn Du in das Ferienhaus an der Ostsee fährst, eine Kaffeemaschine
mitnehmen
12.
Vorgestern in sieben Jahren um 19.00 eine Eiche pflanzen
Aufgabentyp: einkaufen
1.
Morgen frische Oliven einkaufen
2.
In genau 23 Tagen frische Enteneier kaufen
3.
In genau 157 Tagen frische Ananas einkaufen
4.
Jeden Tag frische Milch einkaufen
5.
Kapern immer auf Frische überprüfen und evtl. neue kaufen
6.
Alle drei Monate einen neuen Wasserfilter kaufen, da der alte dann nicht mehr wirkt
7.
Morgen Kaffe einkaufen
8.
Es gibt in Deinem Supermarkt bei einem Aktionstag heute in 14 Tagen extrem billigen Kaffee
9.
In 18 Monaten neue Energiesparglühbirnen kaufen, da dann die Brandgefahr der alten steigt
10.
Samstags immer frische Brötchen fürs Wochenende kaufen
11.
Wegen einer Allergie darfst Du keine Produkte mit E 129 oder E 107 einkaufen
135
Anhang
12.
Alle neun Monate neue Sicherungen kaufen, um die alten auszutauschen
Aufgabentyp: Informationsspeicher
1.
Die Adresse eines Bekannten
2.
Jeden Abend abwechselnd 870157 bzw. 8057890 anrufen, um die Adresse Deiner Arbeit des
nächsten Tages zu erfahren
3.
Die wechselnde Adresse einer beim Wanderzirkus arbeitenden Freundin und die Dauer des
jeweiligen Aufenthalts
4.
Geheimnummer einer Karte für den Geldautomaten
5.
Schließfach eines Bahnhofes, in dem du wichtige Dokumente für unbestimmte Zeit versteckt hast
6.
Komplexer, 24-stelliger Geheimcode für den Haustresor deines Vaters
7.
Die Telefonnummer eines Bekannten
8.
Die Nummern der Haftpflichtversicherungen zweier Bekannter
9.
Sämtliche Körpermaße dreier Bekannter
10.
Den Inhalt einer Statistikvorlesung bis zum Vordiplom
11.
Den Inhalt eines Dir unbekannten Theaterstücks bis in einem Monat
12.
Den Lernstoff eines Selbsterfahrungskurses bis in einem Monat
5.1.3 Repräsentationsaufgaben der Studie 3
Termine in zwei Tagen
1. Du hast in zwei Tagen, 11:00 einen Termin beim Zahnarzt.
2. Du hast einen Squash-Platz für in zwei Tagen, 17:00, reserviert.
3. Du mußt in 2 Tagen Deinen Hausarzt anrufen, um Deine Blutergebnisse zu erfahren.
4. Du mußt in zwei Tagen ein vorbestelltes Buch abholen.
Termine in zwei Wochen
1. Du hast in zwei Wochen, 11:00 einen Termin beim Zahnarzt.
2. Du hast einen Squash-Platz für in zwei Wochen, 17:00, reserviert.
136
Anhang
3. Du mußt in 2 Wochen Deinen Hausarzt anrufen, um Deine Blutergebnisse zu erfahren.
4. Du mußt in zwei Wochen ein vorbestelltes Buch abholen.
Kurze Texte in zwei Tagen
1. Die „Psychologie des Seins“ von Maslow gilt als einer der wichtigsten Beiträge der „Humanistischen
Psychologie“, die sich als dritte Kraft zwischen Verhaltenstheorie und Psychoanalyse versteht. Du
sollst den gelernten Text in zwei Tagen frei erinnern.
2. Heute glaubt man, seine Pflicht erschöpfe sich darin, seine alten Eltern zu ernähren, aber man ernährt
ja auch seine Hunde und Pferde. Wenn man der Ehrfurcht ermangelt, worin besteht dann noch der
Unterschied ? (aus Konfuzius) Du sollst den gelernten Text in zwei Tagen frei erinnern.
3. Bei einer Versteigerung von Musikhandschriften ging Chopins erster Walzer für 500 000 Franc an
eine Delegation der polnischen Regierung, die das Manuskript für das Chopin-Museum erwarb. Du
sollst den gelernten Text in zwei Tagen frei erinnern.
4. Die Freiheit existiert, und der Wille existiert, aber eine Willensfreiheit existiert nicht, denn ein Wille,
der sich auf seine Freiheit richtet, stößt ins Leere. (Thomas Mann) Du sollst den gelernten Text in
zwei Tagen frei erinnern.
Kurze Texte in zwei Wochen
1. Die „Psychologie des Seins“ von Maslow gilt als einer der wichtigsten Beiträge der „Humanistischen
Psychologie“, die sich als dritte Kraft zwischen Verhaltenstheorie und Psychoanalyse versteht. Du
sollst den gelernten Text in zwei Wochen frei erinnern.
2. Heute glaubt man, seine Pflicht erschöpfe sich darin, seine alten Eltern zu ernähren, aber man ernährt
ja auch seine Hunde und Pferde. Wenn man der Ehrfurcht ermangelt, worin besteht dann noch der
Unterschied ? (aus Konfuzius) Du sollst den gelernten Text in zwei Wochen frei erinnern.
3. Bei einer Versteigerung von Musikhandschriften ging Chopins erster Walzer für 500 000 Franc an
eine Delegation der polnischen Regierung, die das Manuskript für das Chopin-Museum erwarb. Du
sollst den gelernten Text in zwei Wochen frei erinnern.
4. Die Freiheit existiert, und der Wille existiert, aber eine Willensfreiheit existiert nicht, denn ein Wille,
der sich auf seine Freiheit richtet, stößt ins Leere. (Thomas Mann) Du sollst den gelernten Text in
zwei Tagen frei erinnern.
Beschriebene Information in zwei Tagen
137
Anhang
1. Stelle Dir vor, wir würden Dir einen Artikel über die Situation kinderreicher Familien in Frankreich,
Deutschland und den USA geben, und Du solltest Dir diese Informationen aneignen. Du sollst das
Gelernte in zwei Tagen frei erinnern.
2. Stelle Dir vor, wir würden Dir eine Abhandlung über die Verkehrssituation in Tokio, Paris und New
York geben, und Du solltest Dir diese Informationen aneignen. Du sollst das Gelernte in zwei Tagen
frei erinnern.
3. Stelle Dir vor, wir würden Dir ein Pflanzenbuch geben, und Du solltest Dir Informationen über
Tillanzien, Gummibaum und Zwergrose aneignen. Du sollst das Gelernte in zwei Tagen frei erinnern.
4. Stelle Dir vor, wir würden Dir einen Auszug über die Abtreibungsregeln in Deutschland, Frankreich
und Polen geben, und Du solltest Dir diese Information aneignen. Du sollst das Gelernte in zwei
Tagen frei erinnern.
Beschriebene Information in zwei Wochen
1. Stelle Dir vor, wir würden Dir einen Artikel über die Situation kinderreicher Familien in Frankreich,
Deutschland und den USA geben, und Du solltest Dir diese Informationen aneignen. Du sollst das
Gelernte in zwei Wochen frei erinnern.
2. Stelle Dir vor, wir würden Dir eine Abhandlung über die Verkehrssituation in Tokio, Paris und New
York geben, und Du solltest Dir diese Informationen aneignen. Du sollst das Gelernte in zwei
Wochen frei erinnern.
3. Stelle Dir vor, wir würden Dir ein Pflanzenbuch geben, und Du solltest Dir Informationen über
Tillanzien, Gummibaum und Zwergrose aneignen. Du sollst das Gelernte in zwei Wochen frei
erinnern.
4. Stelle Dir vor, wir würden Dir einen Auszug über die Abtreibungsregeln in Deutschland, Frankreich
und Polen geben, und Du solltest Dir diese Information aneignen. Du sollst das Gelernte in zwei
Wochen frei erinnern.
138
Anhang
5.2 Auswertungsschema der zwar-aber Urteilskombination in Studie 4
Bei den zwar-aber Urteilskombinationen stehen Aufwand und Erfolg für zwei Speicheralternativen im Widerspruch zueinander: ein Speicher wird mit einer höhere Erfolgswahrscheinlichkeit
eingeschätzt, der andere mit einem geringeren Aufwand. Vier Entscheidungskombinationen denkbar.
Jeder dieser Entscheidungskombinationen entspricht, wenn sie rational gewählt wurde, eine
Überlegung, in der Aufwand und Erfolgswahrscheinlichkeit der beiden Speicheralternativen zueinander
in Beziehung gesetzt werden. Entweder ist der erhöhte Aufwand für die größere
Erfolgswahrscheinlichkeit des einen Speichers zu groß, oder der erhöhte Aufwand erscheint durch die
gesteigerte Erfolgswahrscheinlichkeit als gerechtfertigt. Beide Urteile könne einmal für die Wahl des
internen Speichers oder für die Wahl des jeweiligen externen Speichers gefällt werden (siehe Tab. 10).
Kombinationen von zwar-aber Urteilen und Speicherwahl
Speicherung :
Speicherung intern (1)
Speicherung extern (0)
Kombination
A_in<A_ex ^ E_in<E_ex (0)
"Der Aufwande ist für den
Erfolg zu hoch"
"Der Erfolge lohnt den
Aufwand"
N=58
A_in>A_ex ^ E_in>E_ex (1)
"Der Erfolgi lohnt den
Aufwand"
N=95
"Der Aufwandi ist für den
Erfolg zu hoch"
N=15
N=14
Tab. 10 Urteilskombinationen, Speicherwahlen und die Überlegung, die der jeweiligen Wahl bei der jeweiligen Urteils kombination im
Falle einer rationalen Entscheidung zu Grunde liegt. Die Häufigkeiten sind die Verteilungen dieser Kombinationen bei
Studie 3 (e für extern, i für intern).
Grundgedanke der Auswertung ist nun, die Zellen innerhalb einer VP auf Konsistenz zu
überprüfen. Dazu wird die Differenz von interner und externer Speicherung jeweils für Aufwand und
Erfolg berechnet. Gesucht wird nun der kritische Punkt, an dem die VP die Erfolgssteigerung für die
Aufwandssteigerung als zu gering empfindet. Entscheidungen gelten als rational, wenn zwischen den
vier Zellen Übereinstimmung besteht; als irrational, wenn bei gleicher Entscheidungsgrundlage anders
entschieden wird.
Im Detail: Die Aufwandsdifferenz beträgt maximal 6 (7-1). Um Aufwandsdifferenzen vergleichen
zu können ist es erforderlich, für den Aufwand Intervallskalenniveau anzunehmen (es gibt keinen
absoluten Nullpunkt und Multiplikationen sind nicht erlaubt, aber Differnzbeträge sind gleich; z. B. ist
139
Anhang
der Unterschied zwischen dem eingeschätzten Aufwand von 2 und 4 ebensogroß wie der zwischen 5
und 7).
Zu jeder Aufwandssteigerung gibt es eine Verbesserung in der Erfolgswahrscheinlichkeit. Gesucht
wird nun der kritische Punkt in der Verbesserung der Erfolgswahrscheinlichkeit, von dem an der
erhöhte Aufwand in Kauf genommen wird bzw. bis zu dem er nicht in Kauf genommen wird. Dabei
gelten folgende Regeln:
• Alle durch Regeln beschreibbaren Entscheidungen gelten als rational.
• Alle Regelverletzungen gelten als nicht rational.
• Begrenzungen nach oben (bis-zu-x) bei einer bestimmten Aufwandsdifferenz gelten automatisch für
alle geringeren Aufwandsdifferenzen. Bsp.:Wenn Aufwandssteigerung von 6 für 30% mehr
Erfolgswahrscheinlichkeit in Kauf genommen wird, so muß auch bei eine Aufwandsdifferenz von
5,4,3,2,1 für 30% Erfolgssteigerung in Kauf genommen werden.
• Begrenzungen nach unten (ab -x-nicht-mehr) bei einer bestimmten Aufwandsdifferenz gelten
automatisch für alle höheren Aufwandsdifferenzen. Bsp.: Wenn Aufwandssteigerung von 1 für 20%
mehr Erfolgswahrscheinlichkeit nicht in Kauf genommen wird, so kann auch die Aufwandsdifferenz
von 2,3,4,5,6 für 20% Erfolgssteigerung nicht in Kauf genommen werden.
• Die Regeln sind für jede Vpn idiosynkratisch.
• Eine Regel gilt als gesetzt, wenn ihr zwei oder mehr Einheiten folgen. Bei 'Widerspruchspaaren', d.h.
zwei Paare vertreten einander ausschließende Regeln, gelten alle vier Urteile als nicht rational.
• Bei konfligierenden Regeln setzt sich eine Regel durch, wenn für sie doppelt soviele Einheiten
spechen wie für die rivalisierende Regel; gilt das für keine der beiden Regeln, so sind alle
entsprechenden Urteile als nicht rational.
Diese Regeln erlauben eine Urteilerübereinstimmung von über 90%
140
Anhang
5.3 Lebenslauf
10. 08. 1965
Geburt in Grevenbroich/Nordrhein-Westfalen als erstes Kind von Berthold
Esser, Exportkaufmann und Ursula Esser, geb. Birkhoff, Zahnarzthelferin
13. 10. 1967
Geburt meines Bruders Hans Dieter
14. 11. 1970
Geburt meiner Schwester Rosemarie
1971-1976
Besuch der Grundschule in Waldsee/Rheinland-Pfalz
1976-1985
Besuch des ‘Gymnasium am Kaiserdom’ in Speyer/ Rheinland-Pfalz
Juni 1985
Abschluß des Abiturs, Gesamtnote 1,7
September 1985März 1987
Zivildienst in der ISB (Individuelle Schwerstbehinderten Betreuung)
April 1987März 1992
Studium der Psychologie an der Freien Universität Berlin
12. 05. 1989
Eheschließung mit Elke Schunk
20. 04. 1990
Geburt unserer ersten Tochter Merit Rahel
März 1992
Abschluß des Psychologiestudium als Diplompsychologe; Gesamtnote ‘sehr
gut’
01. 04. 1992
Anstellung als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU Berlin bei Prof. Dr. W.
Schönpflug
10. 04. 1992
Geburt unseres zweiten Kindes Nuth Ismene
07. 04. 1994
Geburt unseres dritten Kindes Sohela Auré
21. 04. 1994
Zulassung zum Promotionsverfahren
01. 06. 1994 31. 08. 1995
Erziehungsurlaub für unsere dritte Tochter, Sohela Auré
141
Anhang
5.4 Erklärung
Hiermit erkläre ich, vorliegende Arbeit selbständig verfaßt zu haben.
Insbesondere erkläre ich,
keine Hilfsmittel außer der im Text angegebenen verwandt zu haben.
Diese Arbeit ist in keinem früheren Promotionsverfahren abgelehnt oder angenommen worden
Berlin, den 19. 05. 1998
Dipl.-Psych. K.B. Esser
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