rehabilitation chronisch psychisch kranker kinder und jugendlicher

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CAMPUS INNENSTADT
KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE
REHABILITATION CHRONISCH PSYCHISCH KRANKER KINDER
UND JUGENDLICHER
AUS SICHT DER KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE
Gerd Schulte-Körne
NOTWENDIGKEIT DER KJP-REHABILITATION
 Verlauf kinder- und jugendpsychiatrischer
Störungen
 Schizophrenie: ca. 50% der Kinder und Jugendlich leiden
auch als Erwachsene an den Folgen der Schizophrenie
(Eggers und Bunk 1997).
 Depression: Wiedererkrankungsrisiko bei fast 50%
innerhalb von 5 Jahren.
 Essstörungen: Heilungsrate unter 50%, bei 20% der
Patienten mit einer AN besteht ein chronischer Verlauf.
 Zwangserkrankungen: Chronischer Verlauf bei bis zu 3050% der Patienten.
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HÄUFIGKEIT PSYCHISCHER STÖRUNGEN IN
DER EU (WITTCHEN ET AL. 2011)
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HÄUFIGKEIT PSYCHISCHER
STÖRUNGEN IN DER EU (GUSTAVSSON ET
AL. 2011)
Gesamtkosten der Erkrankungen des Gehirns: Kosten 2004: €477 Billionen
2010: €798 Billionen
37% direkte Gesundheitskosten, 23% direct nicht-medizinische Kosten, 40% sind indirekte Kosten
verursacht durch die Einschränkungen der Patienten (z.B. am Arbeitsmarkt).
Kosten einzelner Erkrankungen: Suchterkrankungen: €65.7; Angststörungen: €74.4; Kinder- und
Jugendpsychiatrische Erkrankungen: €21.3; Essstörungen: €0.8; Geistige Behinderung: €43.3;
Depression: €113.4; Persönlichkeitsstörungen: €27.3; Psychosen: €93.9
Kosten 2004: €477 Billionen
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NEUROBIOLOGISCHES MODELL DER SCHIZOPHRENIE
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KONZEPTION DER REHABILITATION KINDER UND
JUGENDLICHER MIT EINER SCHIZOPHRENIE
Globale Ziele
Eingliederung in das berufliche und
gesellschaftliche Leben
Zielbereiche
Seelische
Gesundheit
Ausbildung und
Beruf
Selbstständiges
Leben
Soziale
Beziehungen
Persönliche
Entwicklung
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INHALTLICHE ZIELE UND STRUKTUR DER
REHABILITATION
Seelische
Gesundheit
Ziele:
Keine akuten Symptome
Verhinderung von Rückfallen
Stärkung der Fähigkeit zur
Bewältigung von Problemen und
Stress
Förderung von Aufmerksamkeit
und neurokognitiver Funktionen
Methoden:
Psychoedukation
Psychopharmakotherapie
Psychotherapie
Training kognitiver
Funktionen
Verhinderung von Über- und
Unterforderung
Ausbildung
und Beruf
Ziele:
Schulabschluss
Berufsausbildung
Arbeitsfähigkeit
•Erfüllen der formalen Anforderungen
•Fähigkeit zur Kooperation und Einordnung
in eine Arbeitsgruppe
Methoden:
Auswahl der angemessenen
Beschulungsform
Gewährung von Nachteilsausgleich
Förderung und Stärkung exekutiver
Funktionen
Arbeitsbelastungstraining
Wiedereingliederungsprogramm in den
Beruf
Berufsvorbereitende Kurse, Praktika
Kooperation mit Jugend-, Arbeitsamt
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INHALTLICHE ZIELE UND STRUKTUR DER
REHABILITATION
Selbstständiges
Leben
Ziele:
Achten auf angemessene
Ernährung und Körperpflege
•Fähigkeit zur Führung eines
eigenen Haushalts
•Adäquater Umgang mit Behörden,
Vermietern, …
Benutzung öffentlicher
Einrichtungen und Verkehrsmittel
Soziale
Beziehungen
Ziele:
•Entwicklung und Förderung von
soziale Kompetenz
•Fähigkeit zur sozialen und
emotionalen Kommunikation
Methoden:
Methoden:
•Ernährungsberatung, Training
von Körperpflege.
•Training von Haushaltsführung
und von Umgang mit Geld
•Anhalten zur selbstständigen
Vereinbarung und Einhaltung von
Terminen
•Training der Benutzung von
öffentlichen Verkehrsmitteln
•Training sozialer Fertigkeiten
•Förderung von Kontakt und
sozialer Interaktion
•Förderung von gemeinsamen
Aktivitäten und
Gruppeninteraktion
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INHALTLICHE ZIELE UND STRUKTUR DER
REHABILITATION
Persönliche
Entwicklung
Ziele:
Ausbildung von persönlichen Interessen
und Einstellungen
Gestaltung einer Privatsphäre
Sinnvolle Freizeitgestaltung
Methoden:
Psychotherapie
Beschäftigungstherapie
Unterstützung bei der Neuorientierung
Gespräche über persönliche Einstellungen
und Zielsetzungen
Beteiligung bei der Wohnraumgestaltung
Nutzung von Sport- und
Freizeitmöglichkeiten
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VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE STATIONÄRE
REHABILITATION IM BEREICH DER KJP
 Prüfung der Leistungsvoraussetzungen und der
Notwendigkeit einzelner Leistungen gemäß
dem SGB;
 Hier insbesondere die Unterscheidung zwischen Kindern, Jugendlichen, jungen
Erwachsene und Erwachsenen notwendig.
 Zu prüfen sind u. a. die Voraussetzungen für § 35a, 40 SGB V Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation; nach § 53 und 54 SGB XII Leistungen der
Eingliederungshilfe.
 Multiaxiale Diagnostik entsprechend dem MAS
zur Darstellung der psychiatrischen Störung, der körperlichen
Erkrankung, der kognitiven Leistungsfähigkeiten, des
Entwicklungsniveaus in schulrelevanten Leistungsbereichen, der
psychosozialen Umstände und des Funktionsniveaus.
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GESETZLICHE LEISTUNGEN ZUR MEDIZINISCHEN REHABILITATION GEMÄß § 26 SGB IX

1. Behandlung durch Ärzte, Zahnärzte und Angehörige anderer
Heilberufe

2. Früherkennung und Frühförderung behinderter und von
Behinderung bedrohter Kinder,


3. Arznei und Verbandmittel,

5. Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische
Behandlung,


6. Hilfsmittel,
4. Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach und
Beschäftigungstherapie,
7. Belastungserprobung und Arbeitstherapie.
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GESETZLICHE LEISTUNGEN ZUR MEDIZINISCHEN REHABILITATION GEMÄß § 26 SGB IX

1. Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und
Behinderungsverarbeitung,


2. Aktivierung von Selbsthilfepotentialen,

4. Vermittlung von Kontakten zu örtlichen Selbsthilfe und
Beratungsmöglichkeiten,

5. Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen
Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer
Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen,


6. Training lebenspraktischer Fähigkeiten,
3. mit Zustimmung der Leistungsberechtigten Information und Beratung von
Partnern und Angehörigen sowie von Vorgesetzten und Kollegen,
7. Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme von Leistungen der
medizinischen Rehabilitation.
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PSYCHOTHERAPEUTISCHEN BEHANDLUNG IM RAHMEN DER
REHABILITATION JUGENDLICHER MIT EINER SCHIZOPHRENIE
Unterstützende
Psychotherapie
• Rahmenbedingungen- klare Strukturen hinsichtlich
Termin, Person und Ort.
• Vermeidung von sozialer, kognitiver und emotionaler
Überforderung.
Inhalte
• Autonomieentwicklung des Jugendlichen stärken,
• Konflikte der Eltern-Kind-Interaktion bearbeiten,
• Entwicklung eines realistischen Selbst-Konzeptes
fördern,
• Entwicklung eines realistischen Krankheitskonzeptes,
verbunden mit einem Aktivierungsplan.
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METHODEN DER PSYCHOTHERAPEUTISCHEN BEHANDLUNG IM
RAHMEN DER REHABILITATION JUGENDLICHER MIT EINER
SCHIZOPHRENIE
Methoden in der
Psychotherapie
Erarbeitung konkreter
Handlungsanleitung und
Evaluation der Umsetzung
Verstärkung des Erlernten
durch positive Verstärker
(token)
Nachhaltigkeit des Erlernten
durch wiederholtes Üben
Stärkung der sozialen
Kompetenz im Rahmen einer
Gruppentherapie:
Neurokognitive Therapie
Training kognitiver
Differenzierung
(Merkfähigkeit,
Abstraktionsfähigkeit)
Training der sozialer
Wahrnehmung
(Reizerkennung,
Reizinterpretation,
Wahrnehmung und
Einschätzung sozialer
Situation.
Kommunikationstraining
(aktives Zuhören, Artikulation
von Gefühlen)
Soziales Verhaltenstraining
(Selbstsicherheits-Training)
Problemlösetraining
(Identifikation und
Bewältigung individueller
Stressoren)
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FAMILIENBASIERTE THERAPIE IM RAHMEN DER REHABILITATION
JUGENDLICHER MIT EINER SCHIZOPHRENIE
Familienarbeit
Psychoedukation
Aufklärung über das
Krankheitsbild, Verlauf,
Ursachen und
Behandlungsmöglichkeiten
Entlastung von
Schuldgefühlen bei den
Eltern,
Kommunikationstraining
Problemlösefertigkeiten
Förderung des
aufmerksamen Zuhörens,
Entwicklung einer
gemeinschaftlichen
Problemformulierung auf
der Basis individueller
Sichtweisen
Förderung des genauen,
konkreten Beschreibens
Diskussion der der
Lösungsalternativen
Anerkennendes Sprechen
und Ausdrücken von
Wünschen, Eindrücken und
Kritik.
Konkretisieren der
Lösungsmöglichkeiten und
Evaluation
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LANGZEIT-PHARMAKOTHERAPIE
Zur Langzeittherapie
klare Empfehlung für
atypische Neuroleptika:
deutlich geringere NW
Amisulpirid, Aripripazol,
Olanzapin (Akathesie),
Clozapin (stärkste
antipsychotische
Wirkung), Quetiapin,
Risperidon (EPS) und
Ziprasidon.
Meist steht in der
Langzeitbehandlung die
Negativ-Symptomatik
(Antriebsarmut, sozialer
Rückzug, kognitive
Störung) im
Vordergrund.
Olanzapin oder
Quetiapin,
angstlösende
Komponente bei
Ziprasidon.
NW der atypischen
Neuroleptika.
Gewichtszunahme,
besonders bei Olanzapin
und Clozapin durch
appetitsteigernde
Wirkung
Diätberatung,
körperliche Aktivität.
Regelmäßige
Blutbildkontrollen, EKG,
ggf. EEG;
Drugmonitoring
dringend empfohlen.
Fortführung der
Therapie nach
vollständiger Remission
mindestens ein Jahr,
wenn bereits ein rezidiv
dann für 5 Jahre!
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ZIELVARIABLEN DER REHABILITATION BEI
JUGENDLICHEN MIT EINER SCHIZOPHRENIE
Stresstoleranz
Erkennen von Vulnerabilitätsfaktoren
Stärkung der Kommunikation
Stärkung der Selbstwahrnehmung
Autonomieentwicklung
Alltagsbewältigung
Symptomreduktion
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BESONDERE ASPEKTE DER PSYCHOTHERAPIE IN
DER REHABILITATION (SCHIZOPHRENIE)
Persistenz von
Positivsymptomatik (z.
B. Stimmen hören und
Gedankeneingebung)
z.B. bei akustischer
Halluzination durch
Ablenkung mit Musik oder
beanspruchender Tätigkeit
Realitätsprüfungen,
beruhigende
Selbstkommentare,
Abhängig von dem
Schweregrad auch
Hinterfragen der
Überzeugungen
Persistenz von
Negativsymptomatik
Durch negative Gedanken
geringer Antrieb, wenig
Motivation, negative
Selbsterwartung oft
verbunden mit Verleugnung
der Schwere der eigenen
Erkrankung. Daher gestufter
und kontrollierter
Aktivitätsaufbau, realistische
und konkrete Schul- bzw.
Berufsplanung.
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ZUSAMMENFASSUNG
Für viele kinder- und jugendpsychiatrische Störungen besteht ein
Rehabilitationsbedarf.
Die gesetzlichen Möglichkeiten zur Form und Inhalten der
Rehabilitation sind vielfältig.
Vor Beginn der Rehabilitation ist eine ausführliche kinder- und
jugendpsychiatrische Diagnostik nach dem MAS notwendig.
Bisher liegen kaum Studien zur Wirksamkeit der Methoden der
Rehabilitation vor.
Oft ist bei chronisch verlaufenden, kinder- und jugendpsychiatrischen
Erkrankungen ein multiprofessionelles Team und eine multimodale
Behandlung notwendig.
Daher ist es dringend notwendig, kinder- und jugendpsychiatrisches
Fachwissen direkt am Ort der Rehabilitation vorzuhalten.
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VIELEN DANK FÜR IHRE
AUFMERKSAMKEIT
Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne
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Psychosomatik und Psychotherapie
Telefon: 089 / 5160-5901
E-Mail: [email protected]
Internet: www.kjp.klinikum.uni-muenchen.de
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