1 - Thomas A. Bauer

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1. Zusammenfassung des Textes
Gedankenkontrolle – verursacht durch selektive (regierungsnahe) Berichterstattung
der Medien und die vorherrschende Schein-Demokratie in den USA – in der die
herrschenden Eliten die Bevölkerung glauben machen, dass sie politische Rechte
haben, die Trennung zwischen Herrschenden und Beherrschten trotzdem erhalten
bleibt – ist hier Anlass die Arbeit der Medien genauer zu beobachten und v.a. ihre
Art der Auslegung von politisch brisanten Themen anhand von Beispielen unter
die Lupe zu nehmen.
Chomsky stellt fest, dass der Demokratiebegriff in den USA faschistische Formen
angenommen hat. Denn Demokratie ist „...ein System, das substantielle
demokratische Formen zugunsten reduzierter Konsumtion und übermäßiger
Ausbeutung zurückstutzt, während der Staat im Verbund mit einheimischen und
ausländischen Konzernen die Wirtschaft kontrolliert.“1 Das bedeutet folglich, dass
Verletzungen von Menschenrechten und Beteiligungen an Massakern geduldet
werden, wenn es nötig ist.2
Um diese Regierungsform erfolgreich führen zu können bedarf es bestimmter
Instrumente, also z.B. bestimmter Interpretationen von Feindbildern. Feinde
Amerikas sind in diesem Falle zumeist Kommunisten. Besonders gerne greifen die
USA andere Länder an (vornehmlich Lateinamerika), wenn sie ihre wirtschaftliche
und politische Vorherrschaft gefährdet sehen.3
Wenn die Demokratie nicht von kommunistischen Feinden bedroht wird, dann von
Terroristen. Die Gefahr des internationalen Terrorismus – konkret die Sowjetunion
– wurde von Ronald Reagan und George Shultz heraufbeschworen, um die
Unterstützung der amerikanischen Bevölkerung für die Gewaltpolitik der
Regierung zu gewinnen. Chomsky nennt drei Arten wie mit dem Thema
Terrorismus umgegangen werden kann: Erstens, die Tatsachen leugnen und die
Feinde anprangern; zweitens, das Thema aus ideologischen Gründen verwerfen
1
Chomsky (2003), S. 148f.
Vgl. Chomsky (2003), S. 149
3
Vgl. Chomsky (2003), S. 150f.
2
-1-
und eine Diskussion gar nicht erst aufkommen lassen; und drittens, das Problem
untersuchen, verurteilen und die Konsequenzen abwarten.
Die erste und einfachste Variante herrscht in der öffentlichen Diskussion, den
Medien und der Literatur vor – ganz im Sinne der Propaganda.4
Ein weiterer oft gebrauchter Begriff, der die amerikanischen Medien zu
verschiedensten Interpretationen anregt, ist Vergeltung und geht Hand in Hand mit
anderen Termini wie „verhindern“ oder „vermindern von Gewalt“. Die beste
Erklärung liefert folgendes Beispiel: Die israelische Armee überfällt
palästinensische Dörfer in besetzten Gebieten und im Gaza-Streifen, um ihnen die
Illusion einer Selbstbefreiung zu nehmen. Die israelischen und amerikanischen
Medien interpretieren die Selbstbefreiungsbemühungen der Palästinenser als
gewalttätige Akte, die durch die Angriffe der israelischen Armee verhindert
werden müssen, die aber in diesem Fall Gewalt verhindern sollen.5
D.h. im Klartext: „Geeignete Interpretationen vermitteln uns also den Eindruck,
daß die Vereinigten Staaten und ihre Vasallen Demokratie, Sozialreformen und
Selbstbestimmung gegen Kommunisten, Terroristen und gewalttätige Elemente
aller Art verteidigen. Die Medien haben die Aufgabe, die „Demokraten“ zu
lobpreisen und den offiziellen Feind – die Sandinisten, die PLO oder wer sonst
noch im Weg steht – zu dämonisieren.“6
Um abschließend die demokratischen Bestrebungen durchzusetzen und das
Verlangen nach Demokratie und Frieden zu stillen, werden Friedensmissionen
geplant, die es den USA erlauben in die Strukturen anderer Staaten einzugreifen.7
Am Schluss des Kapitels zweifelt Chomsky die amerikanische Pressefreiheit an,
die von den politischen und wirtschaftlichen Mächten beeinflusst wird.
Um die vorhandenen Machtstrukturen zu entkräften und die Pressefreiheit zu
garantieren, plädiert Chomsky für eine demokratische Kommunikationspolitik.
Dieses Ziel, so meint er, sei nur über „die weitere Demokratisierung der
Gesellschaft zu erreichen.“8
4
Vgl. Chomsky (2003), S. 152ff.
Vgl. Chomsky (2003), S. 158
6
Chomsky (2003), S. 159
7
Vgl. Chomsky (2003), S. 159
8
Chomsky (2003), S. 170
5
-2-
-Das Propaganda-Modell
Dem ganzen Buch und dem hier behandelten Kapitel dient das von Chomsky
entworfene Propaganda-Modell als Basis seiner Überlegungen und Forschungen.
Das Propaganda-Modell stützt die Annahme, dass die Medien die Interessen der
mächtigen Eliten schützen, ihnen aber dennoch nicht zwangsläufig kritiklos
gegenüber stehen. Es gehört zudem z.B. zu den Aufgaben der Medien eine
möglichst realitätsnahe Berichterstattung zu machen.9
Methodisch wurde das Modell durch den Vergleich von Beispielpaaren aus der
amerikanischen Innen- und Außenpolitik untersucht (z.B. Verbrechen,
verdienstvolle Handlungen). Das Kernstück der Untersuchungen bildete die
Analyse zur Regierungskritik der Medien. 10
Den Beweis für die Richtigkeit des Modells liefert Chomsky, indem er kurz seine
mit Edward Herman durchgeführte Studie „Political Economy of Human Rights“
vorstellt:
Der erste Ausgangspunkt: Das Modell macht Voraussagen dreierlei Ordnungen.
Die Erste betrifft die „Funktionsweise der Medien“, die Zweite die „Diskussion
und Bewertung des Medienverhaltens“ und die Dritte die „Reaktionen auf
Untersuchungen zum Medienverhalten“.11
Der zweite Ausgangspunkt betrifft die Studie, in der Kategorisierungen von
Greueltaten vorgenommen wurden: „konstruktive, wohlmeinende und schändliche
Blutbäder“. Konstruktive Blutbäder dienen der amerikanischen Macht,
wohlmeinende Blutbäder sind für diese Macht uninteressant und schändliche
Blutbäder sind die Tat offizieller Feinde, die der Aufhetzung der Öffentlichkeit
dienen. 12
Zusammengefügt ergeben die beiden Kategorisierungen folgendes Ergebnis: „Die
Berichterstattung über konstruktive, wohlmeinende und schändliche Blutbäder
entsprach den Erwartungen. Ferner wurde – das betrifft die zweite Ebene –
deutlich, daß die Untersuchung über die Berichterstattung keinen Platz im
Mainstream hatte. Und auch die Voraussagen dritter Ordnung erwiesen sich als
9
Vgl. Chomsky (2003), S. 199 f.
Vgl. Chomsky (2003), S. 192
11
Vgl. Chomsky (2003), S. 202
12
Vgl. Chomsky (2003), S. 202
10
-3-
zutreffend: Unsere Diskussion konstruktiver Blutbäder wurde ignoriert, die
Erörterung wohlmeinender Blutbäder (unter Hervorhebung US-amerikanischer
Unschuld) hin und wieder erwähnt, und die Offenlegung des Umgangs mit
schändlichen Blutbädern allgemein verurteilt.“13
Die Voraussagen auf das Propaganda-Modell wurden auf allen drei Ebenen
bestätigt.
2. Auswertung und Besprechung
-Zusammenhang zur Medienpädagogik
Chomskys Arbeit über die Kontrolle der Medien unterstütz und untermauert die
medienpädagogischen Zielperspektiven im Wirkungsparadigma, die in der
Vorlesung „Medienpädagogik“ behandelt wurden.
Die Zielperspektiven enthalten die sechs Ansätze: „Schutz vor Schmutz“,
„Kritische Distanz“, „Do it yourself“, Medienmündigkeit, „Medienkultur“ und
„Kommunikative Kompetenz“.
Diese Ansätze haben gemeinsam, dass sie von der Wirkung der Medien auf die
Menschen ausgehen. Aus medienpädagogischer Sicht ist es wichtig, dass die
Rezipienten einen bewussten und reflektierten Mediengebrauch und eine kritischanalytische Nutzung der Medieninhalte erlernen. Da nämlich die Medien zum
alltäglichen Gebrauchsgegenstand geworden sind, der Mediendiskurs den
Alltagsdiskurs überlagert und die Realität verzerrt und die Medien
erwiesenermaßen einen direkten Einfluss auf die Psyche der Rezipienten haben, ist
es eine Notwendigkeit die Medienkompetenz, bereits im jungen Alter, zu fördern .
Auch Chomskys Arbeit demonstriert, wie groß die Gefahr der Manipulation und
Gedankenkontrolle durch die Medien ist.
Die Gefahr der Meinungsbeeinflussung besteht auch bei Wahlkämpfen. 90% der
wahlberechtigten Amerikaner wurden zum US-Wahlkampf 2004 über das
Fernsehen informiert. Laut Chomsky und Edward Hermann leidet die objektive
13
Chomsky (2003), S. 203
-4-
Berichterstattung im Fernsehen, weil die Informationen fünf Filter durchlaufen
müssen, um am Schluss als formatierte Infotainment-Nachricht
herauszukommen.14
-Relevanz für die Medienpädagogik
„...die Bürger demokratischer Gesellschaften sollten Kurse für geistige
Selbstverteidigung besuchen, um sich gegen Manipulation und Kontrolle wehren
zu können...“15
Dieses Zitat drückt sehr stark aus wie wichtig eine fundierte Medienkompetenz in
der heutigen Gesellschaft geworden ist.16
Medienkompetenz ist das zentrale Thema der Medienpädagogik, das von Dieter
Baacke als zurechtfinden in der Medienwelt beschrieben wird.17
Medienkompetenz ist eine Handlungskompetenz, die vier Dimensionen
unterscheidet: Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und
Mediengestaltung.18 D.h., wenn die Menschen diese Fähigkeiten besitzen, sollten
sie verantwortlich und kritisch – zum Schutz ihrer Individualität und ihrer eigenen
Meinung – mit den Medien umgehen können und, um auf Chomsky zurück zu
kommen, die Medieninhalte differenziert aufnehmen und interpretieren können,
ohne dem Mediendiktat ausgesetzt zu sein.
-Kritik
Der Autor klärt nicht von Anfang an auf, was das Ziel seiner Abhandlungen über
die amerikanische Regierung ist und verwirrt mit Unmengen von Fakten und
politischen Details, die sehr viel Vorwissen voraussetzen.
Es ist auch zu bemängeln, das sie Forschungsmethode des Propaganda-Modells
und die Idee an sich nicht vorab deutlich erklärt werden. Stattdessen werden viele
argumentative Beispiele gebracht, die schwer zu hinterfragen sind, weil man die
Hintergründe und die Bedingungen nicht kennt von denen ausgegangen wird.
14
DerStandard (2004)
Chomsky (2003), Cover
16
Vgl. Bauer: Zukunft der Kommunikationswissenschaft, S. 1
17
Vgl. Baacke, Medienkompetenz als zentrales Operationsfeld von Projekten
18
Vgl. Baacke
15
-5-
Chomskys Aufbearbeitung der politischen und medialen Verhältnisse der USA ist
ein Art „worst case“-Szenario der Unmündigkeit einer Gesellschaft. Es zeigt wie
dringlich die Ansätze der Medienpädagogik zur Erreichung von Medienkompetenz
in die Wirklichkeit umgesetzt werden müssen und wie unentbehrlich eine
demokratische Medienpolitik für die Sicherung einer demokratischen freien
Gesellschaft geworden ist.
-6-
3. Literaturverzeichnis
Baacke, Dieter: Medienkompetenz als zentrales Operationsfeld von Projekten. In:
Baacke u.a. (Hrsg.): Handbuch Medien: Medienkompetenz, URL:
http://www.medienpaedagogik-online.de/mk/00484/index.html, Stand:
19.November 2004
Bauer, Thomas A.: Zukunft der Kommunikationswissenschaft,
Kommunikationswissenschaft der Zukunft, Eine Anregung zur Transformation,
URL:http://www.thomasbauer.at, Stand: 19.November 2004
Chomsky, Noam (2003): Media Control, Wie die Medien uns manipulieren,
Hamburg 2003
DerStandard (2004): Medien im US-Wahlkampf, URL: http://derstandard.at/, Etat,
Medien, Stand: 19.November 2004, (Printausgabe, Album, 21./22.8.2004)
4. Quellenverzeichnis
Bauer, Thomas A.: Die Kompetenz ethischen und ästhetischen Handelns,
Medienethik aus medienpädagogischer Perspektive,
URL:http://www.thomasbauer.at, Stand: 19.November 2004
Larsen, Deen (2002): Amerikanischer Fundamentalismus: Eine Einführung, In:
Historische Sozialkunde, Fundamentalismus, 3/2002
Vorlesungsmitschrift Medienpädagogik, Prof. Thomas A. Bauer, WS2004/2005
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