Ingenieurmathematik

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I, 1–240 (2013)
c 2013
Ingenieurmathematik
Dr. Jürgen Bolik
Georg-Simon-Ohm-Hochschule
Nürnberg
y (t )
y0
0
T0
2T 0
3T 0
t
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
2
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
4
Komplexe Zahlen
1.1 Aufbau des Zahlensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Die Gaußsche Zahlenebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Die Exponentialfunktion und Trigonometrische Funktionen . . .
1.4 Die Moivresche Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5 Die Wurzelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6 Der Fundamentalsatz der Algebra . . . . . . . . . . . . . . . .
1.7 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.7.1 Komplexe Darstellung harmonischer Schwingungen . .
1.7.2 Addition harmonischer Schwingungen gleicher Frequenz
1.7.3 Wechselstromwiderstände . . . . . . . . . . . . . . . .
1.8 Übungaufgaben: Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . .
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4
9
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22
24
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29
31
35
43
Differentialrechnung von Funktionen einer
reellen Veränderlichen
2.1 Folgen und Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Konvergenz von Folgen . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Eine numerische Anwendung . . . . . . . . .
2.1.3 Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Differentialrechnung von Funktionen einer Variablen .
2.2.1 Der Differentialquotient . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Ableitungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Approximation durch affin-lineare Funktionen
2.3 Funktionenfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Taylor-Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6 Übungsaufgaben: Folgen und Reihen . . . . . . . . . .
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86
94
Differentialrechnung im Rn
3.1 Partielle Ableitungen . . . . . . . . . . . . .
3.2 Approximation durch affin-lineare Funktionen
3.3 Lineare Regression . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Lokale Extrema im Rn . . . . . . . . . . . .
3.5 Lokale Extrema im R2 . . . . . . . . . . . .
3.6 Übungsaufgaben: Differentialrechnung im R2
3.7 Übungsaufgaben: zur Wiederholung . . . . .
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130
134
134
136
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Integralrechnung
4.1 Das Riemannsche Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Integration und Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.1 Der Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung
4.2.2 Integrationsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.8
5
6
Uneigentliche Integrale . . . . . .
Kurven im Rn und deren Länge . .
Volumen von Rotationskörpern . .
Integralrechnung im Rn . . . . . .
4.6.1 Integration im R2 . . . . .
4.6.2 Integration im R3 . . . . .
Fourier- und Laplace-Integrale . .
Übungsaufgaben: Integralrechnung
3
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Lineare Algebra
5.1 Lineare Gleichungssysteme und der Gauß-Algorithmus . . . . . .
5.1.1 Einführung des Gauß-Algorithmus . . . . . . . . . . . . .
5.1.2 Grundlagen des Gauß-Algorithmus . . . . . . . . . . . .
5.1.3 Unlösbare und unterbestimmte lineare Gleichungssysteme
5.1.4 Allgemeine lineare Gleichungssysteme . . . . . . . . . .
5.2 Matrizenrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Determinanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Inversion von Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5 Eigenwertprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.6 Übungsaufgaben: Lineare Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Gewöhnliche Differentialgleichungen
6.1 Beispiele gewöhnlicher Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Gewöhnliche Differentialgleichungen 1. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.1 Lineare Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.2 Differentialgleichungen mit getrennten Variablen . . . . . . . . . . . .
y
6.2.3 Die Differentialgleichung y 0 = f ( ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
x
6.3 Gewöhnliche Differentialgleichungen n-ter Ordnung . . . . . . . . . . . . . .
6.3.1 Gewöhnliche homogene lineare Differentialgleichungen mit konstanten
Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3.2 Gewöhnliche inhomogene lineare Differentialgleichungen mit
konstanten Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.4 Übungsaufgaben: Gewöhnliche Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . .
6.5 Übungsaufgaben: zur Wiederholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1
4
Komplexe Zahlen
1.1
Aufbau des Zahlensystems
Die Menge N der natürlichen und die Menge Z der ganzen Zahlen
Die Zahlen 1, 2, 3, ... werden als natürliche Zahlen bezeichnet.
Wir schreiben für die Menge der natürlichen Zahlen N, wobei
N = {1, 2, 3, 4, 5, 6, ....} .
Um auch die Zahl 0 zu berücksichtigen, schreiben wir
N0 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, ....} .
Häufig wird auch folgende Notation verwendet:
N = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, ....}
und
N∗ = {1, 2, 3, 4, 5, 6, ....} .
Die Menge der ganzen Zahlen ist
Z = {0, ±1, ±2, ±3, ....} .
Anmerkung: Verbunden mit den ganzen Zahlen ist auch ein wichtiges Beweisprinzip, das der
vollständigen Induktion:
Dabei wird eine Aussage A(n) für alle ganzen Zahlen n ≥ n0 ∈ Z bewiesen, indem gezeigt
wird, dass
• A(n0 ) wahr ist (Induktionsanfang)
• und, falls A(n0 ) wahr ist, auch A(n) für alle n ≥ n0 wahr ist (Induktionsschritt).
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5
Beispiel: Mit Hilfe der vollständigen Induktion lässt sich beweisen, dass
n
X
k=
k=1
n(n + 1)
für alle n ∈ N
2
gilt.
(i) Induktionsanfang
n
X
k=
k=1
1·2
=1
2
(ii) Induktionsschritt
Es gelte
n
X
k=
k=1
n(n + 1)
2
(Induktionsvoraussetzung). Gezeigt werden soll, dass dann auch
n+1
X
k=
k=1
(n + 1)(n + 2)
2
gilt.
Beweis:
n+1
X
k=1
k=
n
X
k=1
k +(n+1) =
n(n + 1)
n(n + 1) 2(n + 1)
n+1
+(n+1) =
+
=
·(n+2)
2
2
2
2
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6
Der Körper Q der rationalen und der Körper R der reellen Zahlen
Wir bezeichen Zahlen, die sich als Quotienten
darstellen lassen, als rationale Zahlen.
p
q
zweier Zahlen p ∈ Z und q ∈ Z, wobei q 6= 0,
Wir schreiben für die Menge der rationalen Zahlen Q, wobei
p
Q = { | p, q ∈ Z, q 6= 0} .
q
Eine rationale Zahl besitzt entweder
• eine endliche oder
• eine reinperiodische oder
• eine gemischtperiodische Dezimalbruchentwicklung.
Die Menge der √
reellen Zahlen R ist umfassender als Q und enthält auch irrationale Zahlen, wie
beispielsweise 2.
Wir sprechen von einem Körper K, wenn auf der Menge K die Verknüpfungen Addition und
Multiplikationen definiert und folgende Axiome und das Distributivgesetz erfüllt sind:
Axiome der Addition
• Assoziativgesetz
(x + y) + z = x + (y + z) für alle x, y, z ∈ K .
• Kommutativgesetz
x + y = y + x für alle x, y ∈ K .
• Existenz der Null
Es gibt eine Zahl 0 ∈ K mit x + 0 = x für alle x ∈ K .
• Existenz des Negativen
Zu jedem x ∈ K existiert ein − x ∈ K mit x + (−x) = 0 .
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Axiome der Multiplikation
• Assoziativgesetz
(x · y) · z = x · (y · z) für alle x, y, z ∈ K .
• Kommutativgesetz
x · y = y · x für alle x, y ∈ K .
• Existenz der Eins
Es gibt eine Zahl 1 ∈ K, 1 6= 0, so dass x · 1 = x für alle x ∈ K .
• Existenz des Inversen
Zu jedem von 0 verschiedenen x ∈ K existiert ein x−1 ∈ K mit x · x−1 = 1 .
Distributivgesetz
x · (y + z) = x · y + x · z für alle x, y, z ∈ K .
Beispielsweise sind Q und R Körper.
Anordnungsaxiome in R
• Für jedes x ∈ R gilt entweder x > 0 oder x = 0 oder x < 0.
• Aus x > 0 und y > 0 folgt x + y > 0.
• Aus x > 0 und y > 0 folgt xy > 0.
Anmerkung: x ≥ y bedeutet x > y oder x = y.
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8
Der Körper C der komplexen Zahlen
Die Menge R × R der geordneten Paare reeller Zahlen bildet auch dann einen Körper, wenn wir
die Addition mittels
(x1 , y1 ) + (x2 , y2 ) := (x1 + x2 , y1 + y2 )
und die Multiplikation mittels
(x1 , y1 ) · (x2 , y2 ) := (x1 x2 − y1 y2 , x1 y2 + y1 x2 )
definieren. Auch diese Multiplikation ist assoziativ und kommutativ.
Der Körper (R2 , +, ·) wird als der Körper C der komplexen Zahlen bezeichnet.
Nach unserer Multiplikationsregel erhalten wir
(x, y) · (1, 0) = (x, y) .
Daher ist (1, 0) das neutrale Element der Multiplikation.
Das multiplikative inverse Element von z = (x, y) 6= (0, 0) erhalten wir aus der Gleichung
(x, y) · (u, v) = (1, 0) .
Die eindeutige Lösung dieser Gleichung ist
x
y
−1
z = (u, v) =
,−
.
x2 + y 2 x2 + y 2
Wir können reelle Zahlen x dabei als (x, 0) schreiben. Setzen wir zusätzlich
i := (0, 1) ,
so zeigt sich, dass
(x, y) = (x, 0) + (0, y) = (x, 0) + (0, 1)(y, 0) = x + iy für x, y ∈ R .
Außerdem erhalten wir
i2 = (0, 1)(0, 1) = (−1, 0) = −1 .
Anmerkung: In der Mathematik ist die Bezeichnung i für die imaginäre Einheit üblich, während
in der Technik oft j verwendet wird.
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1.2
9
Die Gaußsche Zahlenebene
Für den Körper der komplexen Zahlen können wir
C = {x + iy | x, y ∈ R}
schreiben. Veranschaulichen lassen sich die komplexen Zahlen in der Gaußschen Zahlenebene
(komplexen Zahlenebene):
imaginäre Achse
z=x+iy
y
x
reelle Achse
Abbildung 1.1 Darstellung einer komplexen Zahl
Die Addition zweier komplexer Zahlen entspricht der Vektoraddition
in R2 :
imaginäre Achse
z 1+z 2
z2
z1
reelle Achse
Abbildung 1.2 Addition zweier komplexer Zahlen
Ist z = x + iy mit x, y ∈ R, so sind Real- und Imaginärteil der komplexen Zahl z definiert
durch
Re(z) := x, Im(z) := y .
Zwei komplexe Zahlen z1 und z2 sind genau dann gleich, wenn
Re(z1 ) = Re(z2 ) und Im(z1 ) = Im(z2 ) .
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10
Beispiele zur Lösung quadratischer Gleichungen
• Die beiden Lösungen der quadratischen Gleichung x2 = −b2 lauten
x1,2 = ±ib .
• Die Gleichung x2 − 2x + 5 = 0 ist äquivalent zu (x − 1)2 = −22 . Daher erhalten wir als
Lösung
x1,2 = 1 ± 2i .
Die konjugiert komplexe Zahl
Die euklidische Norm k~xk ∈ R+ := {x ∈ R | x ≥ 0} eines Vektors
x
~x =
∈ R2
y
ist durch
p
x2 + y 2 definiert.
Mit Hilfe der konjugiert komplexen Zahl
z := x − iy .
lässt sich der Wert x2 + y 2 auch als Produkt von z und z schreiben, da
zz = (x + iy)(x − iy) = x2 + y 2 .
In der Gaußschen Zahlenebene wird die Konjugation einer komplexen Zahl durch Spiegelung
an der reellen Achse dargestellt:
imaginäre Achse
z=x+iy
y
x
reelle Achse
̄z=x−iy
Abbildung 1.3 Die konjugiert komplexe Zahl
Ist Im(z) = 0, so gilt z = z.
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11
Rechenregeln für die Konjugation
Seien z, z1 , z2 ∈ C. Dann gilt
• z = z,
• z1 + z2 = z1 + z2 ,
• z1 z2 = z1 z2 .
Der Betrag einer komplexen Zahl
Unter dem Betrag einer Zahl z ∈ C versteht man die Größe
p
√
|z| := zz = x2 + y 2 .
Der Betrag einer komplexen Zahl ist daher mit dem euklidischen Abstand des Punktes z vom
Nullpunkt in der Gaußschen Zahlenebene identisch.
Für alle z ∈ C gilt |z| = |z|.
Der Betrag einer komplexen Zahl
• Sei z ∈ C. Es gilt stets |z| ≥ 0 und |z| = 0 genau dann, wenn z = 0.
• Dreiecksungleichung: |z1 + z2 | ≤ |z1 | + |z2 | für alle z1 , z2 ∈ C.
• |z1 z2 | = |z1 ||z2 | für alle z1 , z2 ∈ C.
Anmerkung: Es lässt sich auch zeigen, dass
|z1 − z2 | ≥ | |z1 | − |z2 | | für alle z1 , z2 ∈ C
gilt.
Mit Hilfe des Betrages, können wir auch den euklidischen Abstand dist(z1 , z2 ) zweier Punkte
z1 , z2 ∈ C der komplexen Zahlenebene definieren:
dist(z1 , z2 ) = |z2 − z1 | .
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12
Sei z0 ∈ C ein fester Punkt in der komplexen Zahlenebene und r ∈ R∗+ := {x ∈ R | x > 0}.
• Die Punktmenge
{z ∈ C | |z − z0 | < r}
ist die Kreisscheibe (ohne Rand) mit Radius r um den Punkt z0 .
• Die Punktmenge
{z ∈ C | |z − z0 | = r}
ist die Kreislinie mit Radius r um den Punkt z0 .
imaginäre Achse
r
. z0
y
x
reelle Achse
Abbildung 1.4 Eine Kreislinie in der
komplexen Ebene
Die Polarkoordinaten (r, ϕ) ∈ R∗+ × R sind gegeben durch die kartesischen Koordinaten
(x, y) ∈ R2 \{0} mittels
(x, y) = (r cos ϕ, r sin ϕ) .
Dabei gilt
r=
p
x2 + y 2 .
Die Größe ϕ gibt den Winkel zwischen der positiven x-Achse und dem Strahl von 0 durch (x, y)
an.
Betrachten wir statt der Ebene R2 die komplexe Ebene, so erhalten wir
z = |z|(cos ϕ + i sin ϕ) ,
wobei auch der Ursprung z = 0 zugelassen ist.
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13
Anmerkung zu Winkelmaßen
Für Winkel in Bogenmaß gilt:
ϕ :=
b
r
Ist b = 2πr, so gilt ϕ = 2π.
Somit gilt 360◦ = 2π rad und 1 rad =
180◦
.
π
Für z 6= 0 ist der Winkel ϕ durch die Angabe der kartesischen Koordinaten eindeutig bestimmt.
Dieser Winkel wird als Argument von z bezeichnet. Wir schreiben
ϕ = arg z .
Um den Winkel ϕ eindeutig zu bestimmen, wird üblicherweise vorausgesetzt, dass
0 ≤ ϕ < 2π oder − π < ϕ ≤ π .
Darstellung der Multiplikation in der komplexen Zahlenebene
Sei z, w ∈ C∗ := {z ∈ C | z 6= 0} und arg z = ϕ, arg w = ψ.
Dann erhalten wir, mit Hilfe der Additionstheoreme (Abschnitt 1.3) der trigonometrischen
Funktionen,
wz = |w| · |z|(cos ψ + i sin ψ)(cos ϕ + i sin ϕ)
= |w| · |z|(cos(ψ + ϕ) + i sin(ψ + ϕ)) .
Bei der Multiplikation zweier komplexer Zahlen werden
• die Beträge multipliziert und
• die Argumente addiert.
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14
Ist w ∈ C∗ fest, so ist die Abbildung
f : C → C, z 7→ wz
eine Drehstreckung und, im Falle von |w| = 1, eine Drehung.
imaginäre Achse
.w
w⋅z
.
i
.z
φ+ψ
ψ φ
.
1
reelle Achse
Abbildung 1.5 Multiplikation in C
Das hinsichtlich der Multiplikation inverse Element von z 6= 0 ist
z −1 =
x2
1
1
1
(x − iy) = 2 z =
(cos ϕ − i sin ϕ) .
2
+y
|z|
|z|
Daher gilt für die Division von w ∈ C∗ durch z ∈ C∗
w
|w|
=
(cos ψ + i sin ψ)(cos ϕ − i sin ϕ)
z
|z|
=
|w|
(cos(ψ − ϕ) + i sin(ψ − ϕ)) .
|z|
Anmerkung: Dabei verwenden wir Symmetrieeigenschaften und Additionstheoreme (Abschnitt
1.3) der trigonometrischen Funktionen sin und cos, die in folgendem Abschnitt vorgestellt werden.
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1.3
15
Die Exponentialfunktion und Trigonometrische Funktionen
Die Exponentialfunktion in R, und analog in C, wird mit Hilfe einer (absolut konvergenten)
Reihe, der Exponentialreihe
exp : R → R , x 7→ exp(x) =
∞
X
xn
n=0
n!
definiert.
Damit lässt sich zeigen, dass
exp(x + y) = exp(x) exp(y) für x, y ∈ R
und mit Hilfe dieser Funktionalgleichung wiederum, dass
exp(x) > 0 für x ∈ R ,
exp(−x) = (exp(x))−1 für x ∈ R
und
exp(n) = en für n ∈ Z .
Die Exponentialfunktion in C ist gegeben durch
exp : C → C , z 7→ exp(z) =
∞
X
zn
n=0
n!
.
Die Exponentialfunktion exp ist in C stetig.
Ferner gilt
• die Funktionalgleichung
exp(z1 + z2 ) = exp(z1 ) exp(z2 ) für alle z1 , z2 ∈ C ,
• die Eigenschaft exp(z) 6= 0 für alle z ∈ C
• und exp(z) = exp(z) für alle z ∈ C.
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16
Die Definition der Exponentialfunktion zur Basis a lässt sich, wenn wir uns auf reelle Werte von
a beschränken, sehr einfach verallgemeinern. Ist der Definitionsbereich der Funktion R, so ist
ax folgendermaßen erklärt:.
Definition: Sei a ∈ R∗+ . Dann ist die Exponentialfunktion zur Basis a definiert durch
ax : R → R , x 7→ ax := exp(x ln a) .
Entsprechend ist die Funktion az für a ∈ R∗+ auf dem Definitionsbereich C erklärt:
Definition: Sei a ∈ R∗+ . Dann ist die Exponentialfunktion zur Basis a definiert durch
az : C → C , z 7→ az := exp(z ln a) .
Anmerkung: Auf die Verallgemeinerung von az für a ∈ C∗ wird hier verzichtet.
Für alle x ∈ R gilt
|eix | = 1 ,
da
|eix |2 = eix eix = eix eix = eix e−ix = e0 = 1 .
Wir können daher eix als Punkt des Einheitskreises in der komplexen Ebene darstellen:
imaginäre Achse
. z=e ix
reelle Achse
Abbildung 1.6 Die Zahl eix als Punkt am Einheitskreis
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17
Mit Hilfe der Definition
cos x := Re(eix ) und sin x := Im(eix )
folgt unmittelbar die Eulersche Formel
eix = cos x + i sin x .
Die Variable x lässt sich sich als (orientierte) Bogenlänge verstehen.
Betrachten wir neben eix auch e−ix , so können wir auch folgende Gleichungen herleiten:
1
1
cos x = (eix + e−ix ) und sin x = (eix − e−ix ) .
2
2i
imaginäre Achse
. z 1 =e
ix
sin x
cos x
reelle Achse
. z 2 =e−ix
Abbildung 1.7 Die Winkelfunktionen cos und sin
Nach der Definition der trigonometrischen Funktion cos und sin und der Definition der Exponentialfunktion zeigt sich, dass
cos(−x) = cos x , sin(−x) = −sin(x)
und
cos2 x + sin2 x = 1 .
Mit Hilfe der Eulerschen Formel und der Funktionalgleichung der Exponentialfunktion erhalten
wir eine einfache Herleitung folgender Additionstheoreme :
cos(x + y) = cos x cos y − sin x sin y für alle x ∈ R ,
sin(x + y) = sin x cos y + cos x sin y für alle x ∈ R .
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Begründung: Gemäß der Funktionalgleichung der Exponentialfunktion gilt
ei(x+y) = eix eiy ,
und umgeformt, mittels der Eulerschen Formel,
cos(x + y) + i sin(x + y) = (cos x + i sin x)(cos y + i sin y)
= (cos x cos y − sin x sin y) + i(sin x cos y + cos x sin y) .
18
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1.4
19
Die Moivresche Formel
Jede Zahl z ∈ C∗ lässt sich eindeutig schreiben als
z = |z|eiϕ = |z|(cos ϕ + i sin ϕ) mit ϕ ∈ [0, 2π) .
Selbstverständlich können wir auch andere halboffene reelle Intervalle der Länge 2π wählen.
Schreiben wir zwei komplexe Zahlen w und z folgendermaßen in Polarkoordinaten:
w = |w|eiψ und z = |z|eiϕ ,
so lässt sich deren Produkt sehr einfach ausdrücken als
wz = |w||z|ei(ψ+ϕ) .
Demnach und nach der Funktionalgleichung gilt
(eiϕ )n = einϕ für alle n ∈ Z .
So erhalten wir die Moivresche Formel
(cos ϕ + i sin ϕ)n = cos(nϕ) + i sin(nϕ) für alle n ∈ Z .
Damit lässt sich z n folgendermaßen schreiben:
z n = |z|n einϕ = |z|n (cos(nϕ) + i sin(nϕ)) .
Die Formel von Abraham de Moivre gestattet eine einfache Herleitung der Darstellung von
cos(nϕ) und sin(nϕ), mit n ≥ 1, als Polynom in cos ϕ und sin ϕ, indem Real- und Imaginärteil
getrennt betrachtet werden.
Beispielsweise erhalten wir
cos(3ϕ) = cos3 ϕ − 3 cos ϕ sin2 ϕ
und
sin(3ϕ) = 3 cos2 ϕ sin ϕ − sin3 ϕ .
Der Term
(cos ϕ + i sin ϕ)n mit n ∈ N
lässt sich auch allgemein mit Hilfe des Binomischen Lehrsatzes umformen.
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Der Binomische Lehrsatz und Binomialkoeffizienten
Für n ∈ N definieren wir n! (n Fakultät) folgendermaßen:
n! :=
n
Y
i = 1 · 2 · ... · (n − 1) · n .
i=1
Zusätzlich sei
0! := 1 .
Für n, k ∈ N0 , wobei n ≥ k, ist der Binomialkoeffizient nk
(gesprochen n über k) folgendermaßen definiert:
n
n!
n · (n − 1) · ... · (n − k + 1)
:=
=
.
k
k!(n − k)!
1 · 2 · ... · k
Ist n < k, so setzen wir nk := 0.
Beispiel: Die Anzahl 6-elementiger Teilmengen einer Menge von 49 Elementen beträgt
49 · 48 · 47 · 46 · 45 · 44
49
= 13 983 816 .
=
1·2·3·4·5·6
6
Binomischer Lehrsatz: Sei x, y ∈ R und n ∈ N0 . Dann gilt
n
(x + y) =
n X
n
k=0
k
xn−k y k .
Demnach gilt beispielsweise
(x + y)0 = 1 ,
(x + y)1 = x + y ,
(x + y)2 = x2 + 2xy + y 2 ,
(x + y)3 = x3 + 3x2 y + 3xy 2 + y 3
und
(x + y)4 = x4 + 4x3 y + 6x2 y 2 + 4xy 3 + y 4 .
20
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21
Die jeweiligen Koeffizienten lassen sich in dem sog. Pascalschen Dreieck anordnen:
1
1
1
1
1
1
3
4
5
1
2
1
3
6
10
1
4
10
.
1
5
1
.
.
.
.
.
Wie aus der Gleichung
n
n−1
n−1
=
+
k
k−1
k
hervorgeht, ist jede Zahl im Inneren des Dreiecks die Summe der beiden unmittelbar über ihr
stehenden Zahlen.
Nach dem Binomischen Lehrsatz erhalten wir
n
X
n
k n
(cos ϕ + i sin ϕ) =
i
cosn−k ϕ · sink ϕ für alle n ∈ N .
k
k=0
Mit der Formel von Moivre folgt, durch Vergleich der Realteile:
n
n
cos(nϕ) = cos ϕ −
cosn−2 ϕ · sin2 ϕ
2
n
n
n−4
4
+
cos
ϕ · sin ϕ −
cosn−6 ϕ · sin6 ϕ + ... .
4
6
Entsprechend folgt, durch Vergleich der Imaginärteile:
n
n−1
sin(nϕ) = n cos
ϕ · sin ϕ −
cosn−3 ϕ · sin3 ϕ
3
n
n
+
cosn−5 ϕ · sin5 ϕ −
cosn−7 ϕ · sin7 ϕ + ... .
5
7
Beispiel
Nach dieser Regel erhalten wir wieder
cos(3ϕ) = cos3 ϕ − 3 cos ϕ sin2 ϕ
und
sin(3ϕ) = 3 cos2 ϕ sin ϕ − sin3 ϕ .
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1.5
22
Die Wurzelfunktion
n-te Einheitswurzeln: Sei n ∈ N mit n ≥ 2. Dann hat die Gleichung
zn = 1
genau n Lösungen in C. Diese sind
ζnk = ei
2kπ
n
mit k = 0, 1, ..., n − 1 .
imaginäre Achse
2π
ζ 1 =e 5
ζ 2 =e
4π
i
5
i
.
.
.1
ζ 3 =e
6π
i
5
reelle Achse
.
.
8π
ζ 4 =e 5
i
Abbildung 1.8 Die fünften Eineitswurzeln
Sei z ∈ C, a ∈ C∗ und n ∈ N mit n ≥ 2. Unter diesen Voraussetzungen suchen wir Lösungen
der Gleichung
zn = a .
Ist a = 1 und
ζn = exp(i
2π
),
n
so sind die n-ten Wurzeln von a die Zahlen
1, ζn , ..., ζnn−1 .
Ist a = |a|eiϕ , so lassen sich die n-ten Wurzeln von z folgendermaßen schreiben:
p
i
n
|a| exp( (ϕ + 2kπ)) mit k ∈ Z .
n
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23
Sei z ∈ C, p, q ∈ R und die Diskriminante D = ( p2 )2 − q < 0. Dann sind die Lösungen der
quadratische Gleichung
z 2 + pz + q = 0
gegeben durch
p p
z1,2 = − ± |D|i .
2
Das quadratische Polynom
p(z) = z 2 + pz + q
hat daher keine Nullstellen in R, jedoch zwei Nullstellen in C. In C lässt sich das Polynom p(z)
als Produkt von Linearfaktoren darstellen:
p(z) = (z − z1 ) · (z − z2 ) .
Anmerkung: Ist p = 0, so können wir die Nullstellen des Polynoms unmittelbar, mit obiger
Formel für die Wurzelberechnung, angeben.
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1.6
24
Der Fundamentalsatz der Algebra
Die Gleichung
z n − a = 0 , mit z ∈ C, a ∈ C∗ ,
lässt sich auch als Aufgabe, die Nullstellen des Polynoms
p(z) = z n − a
zu finden, verstehen.
Um quadratische Polynome in Linearfaktoren zu zerlegen, gibt es einfache Verfahren. Nun stellt
sich die Frage, ob sich Polynome auch allgemein in Linearfaktoren zerlegen lassen, wenn der
Zahlenkörper R oder aber C vorausgesetzt wird.
Allgemein sind Polynome in C folgendermaßen definiert:
Definition: Sei am ∈ C, m = 0, 1, ..., n, und an 6= 0. Dann ist
p : C → C, z 7→ p(z) = a0 + a1 z + ... + an−1 z n−1 + an z n
ein Polynom vom Grade n.
Wir schreiben
• p(z) ∈ C[z], wenn die Koeffizienten des Polynoms p
komplexe Zahlen und
• p(z) ∈ R[z], wenn die Koeffizienten des Polynoms p
reelle Zahlen sind.
Ein Polynom p(z) ∈ C[z] heißt komplexes Polynom und ein Polynom p(z) ∈ R[z] reelles
Polynom.
Sei pm (z) ∈ C[z] ein Polynom des Grades m ∈ N und z, z1 ∈ C mit z 6= z1 . Dann ist der Rest
der Division von pn (z) durch (z − z1 ) gleich pn (z1 ), d.h.:
pn (z) = (z − z1 )pn−1 (z) + pn (z1 ) .
Ist pn (z) ohne Rest durch (z − z1 )k , jedoch nicht durch (z − z1 )k+1 teilbar, so ist z1 eine k-fache
Nullstelle des Polynoms pn (z).
Fundamentalsatz der Algebra: Jedes nicht-konstante komplexe Polynom hat mindestens eine
Nullstelle in C.
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25
Faktorisierungssatz: Das Polynom
p : C → C, z 7→ p(z) = a0 + a1 z + ... + an−1 z n−1 + an z n ,
mit am ∈ C, m = 0, 1, ..., n und an 6= 0 ,
lässt sich eindeutig (bis auf die Reihenfolge der Faktoren) als Produkt
p(z) = an (z − z1 )m1 · (z − z2 )m2 · ... · (z − zr )mr
schreiben. Dabei sind z1 , ..., zr ∈ C paarweise verschiedene Nullstellen, deren jeweilige Vielfachheit m1 , m2 , ..., mr ∈ N und m1 + m2 + ... + mr = n.
Das Polynom p(z) ∈ C[z] zerfällt also vollständig in Linearfaktoren.
Für Polynome p(z) ∈ R[z] gilt
p(z) = p(z).
Daher ist mit jeder Nullstelle zi auch zi eine Nullstelle.
Ferner ist
(z − zi )(z − zi )
ein reelles quadratisches Polynom.
Daraus folgt, dass sich jedes Polynom p(z) ∈ R[z] vom Grade n ≥ 1, eindeutig als Produkt
reeller Linearfaktoren und reeller quadratischer Polynome darstellen lässt.
Das Horner-Schema
Ein Polynom der Form
p(z) =
n
X
ak z n−k = a0 z n + a1 z n−1 + ... + an
k=0
lässt sich auch folgendermaßen schreiben
p(z) = ((...((a0 z + a1 )z + a2 )z + ...)z + an−1 )z + an .
Mittels
y0 := a0
und
yi := yi−1 z + ai für i = 1, ..., n
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26
steht uns ein iteratives Verfahren, mit yn = p(z), zur Berechnung von Polynomwerten zu
Verfügung, das weniger Rechenschritte benötigt als die Berechnung nach der ursprünglichen
Polynomdarstellung.
Legen wir folgende Schreibweise des Polynoms zugrunde
p(z) = an z n + an−1 z n−1 + ... + a1 z 1 + a0 ,
so setzen wir
cn := an
und
ci−1 := ai−1 + bi−1 für i = n, n − 1, ..., 1 ,
wobei
bi−1 := ci · z für i = n, n − 1, ..., 1 .
Weiterhin gilt
c0 = p(z) .
Dieses iterative Verfahren zur Bestimmung von p(z) für einen festen Wert z = z0 lässt sich
auch in Form einer Tabelle darstellen:
an
0 = bn
cn = an
an−1
bn−1
cn−1
an−2
bn−2
cn−2
...
a0
...
b0
... c0 = p(z0 )
Ein Polynom pn (z) lässt sich folgendermaßen schreiben:
pn (z) = (z − z0 )pn−1 (z) + pn (z0 ) .
Die Werte pn (z0 ) und die Koeffizienten des Polynoms pn−1 stehen in der dritten Zeile des
Horner-Schemas zur Berechnung von p(z0 ).
Beispiel: Berechnung von p(−2) für
p(x) = x4 − 2x3 − 67x2 + 8x + 252 .
Horner-Schema
1
0
1
−2 −67 8
−2
8
118
−4 −59 126
252
−252
0 = p(−2)
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27
Außerdem erhalten wir
p(x) = x4 − 2x3 − 67x2 + 8x + 252 = (x + 2) · (x3 − 4x2 − 59x + 126) .
Erweitertes Horner-Schema
Sei x, x0 ∈ R mit x 6= x0 . Der Grenzwert des Differenzenquotienten
pn (x) − pn (x0 )
= pn−1 (x)
x − x0
für x → x0 existiert. Daher ist pn im Punkt x0 differenzierbar und es gilt
p0n (x0 ) := lim
x→x0
pn (x) − pn (x0 )
= pn−1 (x0 ) .
x − x0
Berechnung von p(−2) und p0 (−2) für
p(x) = x4 − 2x3 − 67x2 + 8x + 252 .
Wir erhalten
p(x) − p(−2)
= x3 − 4x2 − 59x + 126 .
x+2
Erweitertes Horner-Schema
1
0
1
0
1
−2 −67
−2
8
−4 −59
−2 12
−6 −47
8
252
118 −252
126
0
94
220
Daher gilt
p(−2) = 0 und p0 (−2) = 220 .
Polynomdivision mit Hilfe des Horner-Schemas
Sind die Nullstellen bekannt, so lassen sich die Koeffizenten der auftretenden Polynome dem
Horner-Schema entnehmen.
Beispiel: Das Polynom
p(x) = x4 − 2x3 − 67x2 + 8x + 252
hat Nullstellen in
x1 = −2, x2 = 9, x3 = −7 und x4 = 2 .
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28
Wir erhalten
x1 = −2
x2 = 9
x3 = −7
x4 = 2
1
0
1
0
1
0
1
0
1
−2 −67
8
252
−2
8
118 −252
−4 −59 126
0
9
45 −126
5 −14
0
−7 14
−2
0
2
0
Demnach gilt
p(x) = x4 − 2x3 − 67x2 + 8x + 252 = (x + 2) · (x3 − 4x2 − 59x − 126)
= (x + 2) · (x − 9) · (x2 + 5x − 14)
= (x + 2) · (x − 9) · (x + 7) · (x − 2) .
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1.7
1.7.1
Anwendungen
Komplexe Darstellung harmonischer Schwingungen
Harmonische Schwingungen genügen der Differentialgleichung
x00 (t) + ω 2 x(t) = 0 .
Die allgemeine Lösung unserer Bewegungsgleichung hat folgende Form:
x(t) = c1 · sin(ωt) + c2 · cos(ωt) .
Andere Darstellungen der allgemeinen Lösung lauten
x(t) = A · sin(ωt + α0 )
und
x(t) = A · cos(ωt + ϕ0 ) .
In der Ortsfunktion x(t) = A · cos(ωt + ϕ0 ) bezeichnet
• A die Amplitude, d.h. die maximale Auslenkung aus der Ruhelage, und
• ϕ0 den Nullphasenwinkel.
Die Ortsfunktion lässt sich als Realteil von
z(t) = Aei(ωt+ϕ0 ) =: z0 eiωt
darstellen. Die Amplitude
z0 = Aeiϕ0
ist hierbei komplex.
29
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30
Es ist auch eine praktische Darstellung von cos und sin mit Hilfe des Einheitskreises möglich:
g ( x )=cos( x)
f ( x )=sin ( x)
r=1
f ( x )=sin ( x)
x
g ( x )=cos( x)
x
Abbildung 1.9 Die Funktionen sin und cos und der Einheitskreis
Entsprechend können wir eiωt+ϕ0 als Punkt des Einheitskreises in der komplexen Ebene
darstellen:
Im(z)
. z (t )=ei( ω t +φ )
1
0
sin (ω t 1+φ0 )
cos(ω t 1 +φ 0 )
Re(z)
Abbildung 1.10 Die Funktion ei(ωt+ϕ0 ) und der Einheitskreis
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1.7.2
31
Addition harmonischer Schwingungen gleicher Frequenz
Gegeben seien zwei harmonische Schwingungen gleicher Richtung und gleicher Frequenz:
y1 (t) = A1 sin(ωt + α1 )
und
y2 (t) = A2 sin(ωt + α2 ) .
Die Resultierende beider Schwingungen ist gegeben durch
y(t) = y1 (t) + y2 (t) = (A1 cos α1 + A2 cos α2 ) sin(ωt) + (A1 sin α1 + A2 sin α2 ) cos(ωt) .
Wir suchen zwei Konstanten A und α, so dass
A1 cos α1 + A2 cos α2 = A cos α und A1 sin α1 + A2 sin α2 = A sin α .
Diese sind gegeben durch
q
A = A21 + A22 + 2A1 A2 cos(α2 − α1 )
und
tan α =
A1 sin α1 + A2 sin α2
.
A1 cos α1 + A2 cos α2
Damit können wir y(t) auch folgendermaßen schreiben:
y(t) = A cos α sin(ωt) + A sin α cos(ωt) = A sin(ωt + α) .
Andererseits lassen sich die beiden Gleichungen zur Bestimmung von A und α auch zu einer
Gleichung in C zusammenfassen:
A1 (cos α1 + i sin α1 ) + A2 (cos α2 + i sin α2 ) = A(cos α + i sin α)
Mit Hilfe der Eulerschen Formel
eiα = cos α + i sin α
erhalten wir
A1 eiα1 + A2 eiα2 = Aeiα =: z0 .
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32
Setzen wir
z0,1 = A1 eiα1 und z0,2 = A2 eiα2 ,
so nimmt die vorangegangene Gleichung die einfache Form
z0,1 + z0,2 = z0
an.
Die Addition zweier komplexer Zahlen lässt sich auch in einem Zeigerdiagramm veranschaulichen:
Im(z)
z 1+z 2
y 1+ y 2
z2
x2
z1
y1
y2
x1 + x 2
x1
Re(z)
Abbildung 1.11 Zeigerdiagramm und Addition komplexer Zahlen
Die Addition sinusförmiger Schwingungen verschiedener Amplitude und Phase, aber gleicher
Frequenz lässt sich mit Hilfe von Zeigerdarstellungen sehr einfach durchführen:
h (t )= f (t )+g (t )
f (t )= A1 sin (ω t +φ0 )
ωt
g (t )= A2 cos(ω t +φ0)
Abbildung 1.12 Addition sinusförmiger Schwingungen, Teil I
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33
Wie das folgende Diagramm zeigt, ist die Amplitude der resultierenden Schwingung nicht notwendigerweise größer als die der einzelnen Schwingungen.
g (t )= A2 sin (ωt +α 2 )
h (t )= f (t )+g (t )
f (φ)= A1 sin (ω t +α1 )
ωt
Abbildung 1.13 Addition sinusförmiger Schwingungen, Teil II
Die Funktion
z(t) = Aei(ωt+α) = z0 eiωt
genügt der Differentialgleichung
z 00 (t) + ω 2 z(t) = 0 .
Sowohl deren Real- als auch deren Imaginärteil repräsentieren harmonische Schwingungen.
Beispielsweise gilt
y(t) = Im(z(t)) = Im(z0 eiωt ) = A · Im(eiα eiωt ) = A · Im(ei(ωt+α) )
= A(sin(α) cos(ωt) + cos(α) sin(ωt))
= A sin(ωt + α) .
Beispiel: Die Funktion
y(t) = sin(ωt) + cos(ωt)
lässt sich mit Hilfe des Additionstheorems
sin(α + β) = sin α cos β + cos α sin β
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34
umformen zu
y(t) = A sin(ωt + ϕ0 ) ,
wobei ϕ0 =
π
4
und A =
√
2 sind.
Andererseits können wir A und ϕ0 auch mittels z(t) ∈ C bestimmen. Hierzu betrachten wir die
Funktionen
π
z1 (t) = eiωt , z2 (t) = ei 2 · eiωt
und deren Summe
z(t) = z1 (t) + z2 (t) = z0 eiωt .
Die komplexe Amplitude z0 lässt sich folgendermaßen darstellen:
√
π
π
z0 = 1 + ei 2 = 1 + i = 2 · ei 4 .
Hieraus folgt
A=
√
2, ϕ =
π
4
und
y(t) = sin(ωt) + cos(ωt) =
√
π
2 · sin(ωt + ) .
4
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1.7.3
Wechselstromwiderstände
Gehen wir davon aus, dass eine Spannung
U (t) = U0 sin(ωt)
an einem Ohmschen Widerstand anliegt, so beträgt die Stromstärke
I(t) =
U (t)
U0
=
sin(ωt)
R
R
und die Leistung
U02
P (t) = U (t)I(t) =
sin2 (ωt) .
R
Der zeitliche Mittelwert P der Leistung beträgt
1
P =
T
ZT
P (t) dt =
1 U02
.
2 R
0
Würde diese Leistung mittels Gleichspannung erreicht, so müsste eine Spannung
U0
Uef f = √
2
anliegen.
35
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36
Wird der elektrische Widerstand nur durch einen Ohmschen Verbraucher verursacht, so sind
Stromstärke I und die Leistung P reell.
In diesem Falle ist P eine reine Wirkleistung.
I
U
I=
P
R
U
R
U
Abbildung 1.14 Stromstärke I, Spannung U und Leistung P
für einen Ohmschen Widerstand
t
Abbildung 1.15 zeitlicher Verlauf der Stromstärke I(t),
Spannung U (t) und Leistung P (t) für einen Ohmschen
Widerstand
Ersetzen wir den Ohmschen Widerstand durch eine Spule, so stellt sich der Strom durch die
Spule so ein, dass
dI(t)
= U (t)
dt
gilt. Da wir I(t) als Zeiger in der komplexen Ebene auffassen, schreiben wir
L
I(t) = I0 ei(ωt+ϕ0 ) mit I0 ∈ R .
Für die Ableitung von I(t) gilt daher
dI(t)
= iωI(t) .
dt
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37
Wir erhalten
I(t) =
U (t)
.
iωL
Bei einer Spule ist P eine reine induktive Blindleistung.
I
U
U
L
P
I=
U
iωL
Abbildung 1.16 Stromstärke I, Spannung U und Leistung P
für eine Spule
t
Abbildung 1.17 zeitlicher Verlauf der Stromstärke I(t),
Spannung U (t) und Leistung P (t) für eine Spule
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38
Für einen Kondensator gilt
Q(t)
C
U (t) =
und somit
I(t) =
dU (t)
dQ(t)
=C
= iωCU (t) .
dt
dt
Bei einem Kondensator ist P eine reine kapazitive Blindleistung.
I =i ω CU
P
I
U
C
U
Abbildung 1.18 Stromstärke I, Spannung U und Leistung P
für einen Kondensator
t
Abbildung 1.19 zeitlicher Verlauf der Stromstärke I(t), Spannung U (t)
und Leistung P (t) für einen Kondensator
Mit Z ∈ C bezeichnen wir den elektrischen Widerstand, gegeben durch
Z :=
U
I
und mit Y ∈ C den Leitwert, gegeben durch den Kehrwert von Z.
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39
Zusammengefasst gilt
• für den Ohmschen Widerstand
Z = R,
• für die Spule
Z = iωL
• und für den Kondensator
Z=
1
.
iωC
Durch Linearkombination dieser Widerstandswerte entstehen allgemeinere komplexe Widerstandswerte. Als komplexe Zahlen lassen sie sich folgendermaßen darstellen:
Z = Re(Z) + i Im(Z) .
Die Zahl Z ∈ C wird auch als Impedanz bezeichnet.
Der Anteil Re(Z) gibt die Komponente der Spannung an, die mit dem Strom phasengleich ist.
Dieser heißt Wirkwiderstand.
Der Anteil Im(Z) heißt Blindwiderstand.
Bezeichnen Ief f und Uef f die Effektivwerte der Stromstärke bzw. Spannung und ϕ die Phasenverschiebung zwischen Stromstärke und Spannung, so beträgt die (zeitlich gemittelte) Wirkleistung
Pw = Uef f Ief f cos ϕ
und die (zeitlich gemittelte) Blindleistung
Pb = Uef f Ief f sin ϕ .
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40
Sind ein Ohmscher Widerstand und eine Spule in Reihe geschaltet, so addieren sich deren Widerstände. Die Amplitude der Gesamtspannung beträgt
p
U0 = I0 R2 + (ωL)2 .
Der Strom weist gegenüber der Spannung eine Phasenverschiebung ϕ mit
tan ϕ = −
ωL
R
auf.
U L=i ω L I
I
U
U
R
L
I
U R=R I
Abbildung 1.20 Zeigerdiagramm für eine Reihenschaltung von
Ohmschen Widerstand und Spule
Sind ein Ohmscher Widerstand und ein Kondensator parallel geschaltet, so addieren sich deren
Leitwerte. Die Amplitude des Gesamtstroms beträgt
r
1
I0 = U0
+ (ωC)2 .
R2
Der Strom weist gegenüber der Spannung eine Phasenverschiebung ϕ mit
tan ϕ = ωCR
auf.
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41
I
IC
I
U
C
IR
R
U
Abbildung 1.21 Zeigerdiagramm für eine Parallelschaltung
von Ohmschen Widerstand und Kondensator
Um den Einfluss eines Schaltelements auf die Schaltung zu untersuchen, bietet sich die graphische Methode der Ortskurven an.
Hat eine Schaltung den komplexen Widerstand
Z = Z0 eiδ ,
so erhalten wir deren Leitwert
Y = Y0 e−iδ
durch Inversion von |Z| und anschließende Spiegelung an der reellen Achse.
0A0
0T
Da die Dreiecke 0T A0 und 0AT ähnlich sind, gilt
=
.
0T
0A
1
.
Mit 0T = 1, folgt hieraus, dass 0A0 =
0A
imaginäre Achse
T
A
A'
0
A' '
reelle Achse
Abbildung 1.22 Inversion einer komplexen Zahl
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42
Geraden und Kreislinien sind genau jene Punktmengen, die sich durch eine Gleichung der Form
αz z̄ + cz + c̄z̄ + δ = 0 ,
mit α, δ ∈ R, c ∈ C und cc̄ > αδ, beschreiben lassen.
1
Setzen wir hier w = , so erhalten wir, nach Multiplikation mit ww̄,
z
δww̄ + cw̄ + c̄w + α = 0 .
Hier betrachten wir einige Ortskurven zu einfachen Reihen- und Parallelschaltungen:
R
L
R
L
Z
Y
Z
Y
Abbildung 1.23 Ortskurven für die Serien- und Parallelschaltung eines Ohmschen Widerstandes und einer Spule
R
C
R
C
Z
Y
Y
Z
Abbildung 1.24 Ortskurven für die Serien- und Parallelschaltung eines Ohmschen Widerstandes und eines Kondensators
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1.8
43
Übungaufgaben: Komplexe Zahlen
Aufgabe 1
Bestimmen Sie Real- und Imaginärteil der folgenden komplexen Zahlen:
√
√
a) z = (3 + 2i) + (5 − 7i), b) z = (3 − i)(5 − 7i), c) z = ( 3 + i)(−3 + 3 i),
√
√
d) z = ( 2 − 2i)2 ,
e) z = −4,
f) z = 7 + 2i,
g) z = (3 + 2i)(5 − 7i),
j) z =
h) z =
5 − 10i
,
3 + 4i
i) z =
−2 − 5i
,
8 − 6i
1
.
3 + 4i
Aufgabe 2
Stellen Sie folgende komplexe Zahlen z in der Form x + iy, mit x, y ∈ R, dar und skizzieren
sie diese jeweils:
a)
1
,
5 − 4i
b)
1−i
,
1+i
c)
1
.
(1 − i)2
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44
Aufgabe 3
Berechnen Sie die Polarkoordinaten der folgenden komplexen Zahlen und stellen Sie diese
komplexen Zahlen in der Gaußschen Zahlenebene dar:
a) 4 − i,
d) 3i,
b) −3 − 2i, c) −5 + 4i,
√
√
e) − 3,
f) −1 − 8 i,
g) −3 + 4i,
h) i(3 + i),
1
,
3 + 4i
1−i
m)
,
1+i
j)
k)
1
,
1+i
3−i
,
−i
1+i
l)
,
1−i
i)
n) (1 + i)4 .
Aufgabe 4
Stellen Sie die komplexen Zahlen z mit folgenden Eigenschaften in der Form z = x + iy, mit
x, y ∈ R, dar:
a) |z| = 2, arg(z) = π,
√
π
b) |z| = 2, arg(z) = ,
4
c) |z| = 4, arg(z) =
2π
.
3
Aufgabe 5
Skizzieren Sie folgende Punktmengen:
a) {z ∈ C | 0 < Re(z) < 2},
b) {z ∈ C | Im(z) = Re(z)},
c) {z ∈ C | |z| < 2},
d) {z ∈ C | arg(z) = π3 },
e) {z ∈ C | π3 < arg(z) < π},
f) {z ∈ C | π3 < arg(z) < π, |z| = 1},
g) {z ∈ C\{0} |
z
= 1},
z̄
h) {z ∈ C | z · z̄ ≥ 4}.
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45
Aufgabe 6
Berechnen Sie folgende Potenzen:
a) i2007 ,
1
d) ( √
(1 − i))25 ,
5
2
1√
1 √ 1000
2+
2 i) ,
2
2
1 √ 1000
1√
2−
2 i) ,
e) (
2
2
b) (
c) (−1 +
f) (−1 −
√
√
3 i)12 ,
3 i)12 .
Aufgabe 7
Bestimmen Sie alle Lösungen von
√
z 4 = 8 2(1 + i)
in C und skizzieren Sie diese in der Gaußschen Zahlenebene.
Aufgabe 8
Bestimmen Sie Realteil und Imaginärteil der folgenden komplexen Zahlen z und skizzieren Sie
z in der Gaußschen Zahlenebene:
√
√
√
b) 4 1 + i,
c) 5 −32,
a) i,
q
p
√
√
√
4
d)
3 + 27 i,
e) 5 16(1 + 3 i),
f) 8 1,
q
p
√
√
4
−3 + 27 i, h) 5 16(−1 − 3 i).
g)
Aufgabe 9
Bestimmen Sie das Polynom fünften Grades mit reellen Koeffizienten,
p(z) = a5 z 5 + a4 z 4 + a3 z 3 + a2 z 2 + a1 z + a0 ,
welches eine doppelte Nullstellen bei z = −2, einfache Nullstellen bei z = 2 und z = 3 + 2i
besitzt und der Bedingung p(3) = 3 genügt.
Aufgabe 10
Berechnen Sie die Werte des Polynoms
q(x) = −x3 + 5x2 + 8x − 12
an den Stellen x = −1 und x = 1 mit Hilfe des Horner-Schemas und schreiben Sie das Polynom
als Produkt von Linearfaktoren.
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46
Aufgabe 11
Stellen Sie die Summe folgender harmonischer Schwingungen ui (t) in der Form
u(t) = A sin(ωt + ϕ)
dar.
a) Gegeben sei
u1 (t) = sin(πt) , u2 = 2 sin(πt +
5π
).
6
b) Gegeben sei
u1 (t) = sin t , u2 (t) = − cos t .
Aufgabe 12
Gegeben sind die Schwingungen
u1 (t) = 3 cos(2t) , u2 (t) =
√
√
π
11
3 sin(2t + ) , u3 (t) = 3 sin(2t + π) .
6
6
Berechnen Sie die Überlagerung u(t) = u1 (t) + u2 (t) + u3 (t) mit Hilfe komplexer Rechnung
und geben Sie Ihr Ergebnis in der folgenden Form an:
u(t) = A sin(ωt + ϕ) ,
wobei A > 0, ω und ϕ explizit anzugeben sind.
Aufgabe 13
Sei
f : C\{0} → C, z 7→ z −1 .
Bestimmen Sie die Bilder f (M ) der folgenden Punktmengen:
a) M = {z = (1 + i)t t ∈ R},
b) M = {z = i − (1 + i)t t ∈ R},
c) M = {z ∈ C | |z − (1 + 2i)| = 1}.
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Aufgabe 14
Sei
f : C\{0} → C, z 7→ z −1
und L sei eine Kreislinie in C mit Mittelpunkt c ∈ C und Radius R > 0. Zeigen Sie:
a) Ist c = 0, so ist f (L)
die Kreislinie um 0 mit Radius R−1 .
b) Ist c 6= 0 und R 6= |c|, so ist f (L)
die Kreislinie um
|c|2
c̄
R
.
mit Radius
2
2
−R
||c| − R2 |
c) Ist c 6= 0 und R = |c|, so ist f (L\{0}) eine Gerade durch (2c)−1 .
Aufgabe 15
Bestimmen Sie folgende Punktmengen und skizzieren Sie diese:
a) {z ∈ C | |z − i| = |z + i|},
b) {z ∈ C | 2|z + i|}.
47
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2
48
Differentialrechnung von Funktionen einer
reellen Veränderlichen
2.1
Folgen und Reihen
Unter einer Folge reeller Zahlen versteht man eine Abbildung
n 7→ an ,
wobei n ∈ N0 = {0, 1, 2, 3, ...} oder n ∈ N = {1, 2, 3, ...} und an ∈ R.
Die Zahlenfolge ist daher eine Abbildung von N0 → R.
Man schreibt dafür (an )n∈N0 oder (a0 , a1 , a2 , ...).
1
1
Beispiel: Die Abbildung n 7→ √ definiert eine Folge ( √ )n∈N .
n
n
Beispiele
(1) an = (−1)n , n ∈ N0 : (1, −1, 1, −1, 1, −1, ...)
(2) arithmetische Folge: an = a1 + (n − 1) · d, n ∈ N, d ∈ R
(3) geometrische Folge: an = a1 q n−1 , n ∈ N, q ∈ R\{0, 1}
(4) an =
n
,
n+1
n ∈ N0 : (0, 12 , 23 , 34 , 45 , ...)
(5) Sei a0 = 1, a1 = 1 und an = an−1 + an−2 für n ≥ 2.
Diese Folge (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, ...) heißt Folge der ”Fibonacci-Zahlen”.
2.1.1
Konvergenz von Folgen
Definition: Sei (an )n∈N0 eine Folge reeller Zahlen. Die Folge heißt konvergent gegen a ∈ R,
falls
zu jedem > 0 ein N = N () ∈ N0 existiert, so dass
|an − a| < für alle n ≥ N .
Schreibweise: lim an = a
n→∞
Die reelle Zahl a heißt Grenzwert oder Limes der Zahlenfolge (an )n∈N0 .
Satz (Eindeutigkeit des Limes): Die Folge (an )n∈N0 besitzt höchstens einen Grenzwert.
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49
Beweis: Angenommen (an )n∈N0 konvergiere gegen a und ã, wobei a 6= ã. Wir setzen
:=
|a − ã|
.
2
Da lim an = a gilt, existiert ein N ∈ N, so dass
n→∞
|an − a| < für alle n ≥ N .
Da lim an = ã gilt, existiert ein Ñ ∈ N, so dass
n→∞
|an − ã| < für alle n ≥ Ñ .
Für n > max(N, Ñ ) erhalten wir nun
|a − ã| = |(a − an ) + (an − ã)| ≤ |an − a| + |an − ã| < 2 = |a − ã| .
Da das ein Widerspruch ist, muss die Annahme falsch sein.
Beispiele für konvergente Folgen
Die Folge ( n12 )n∈N konvergiert:
1,2
an
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0
1
2
3
4
5
6
7
n
Abbildung 2.1 Die Folge (n−2 )n∈N
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50
1
Die Folge ((−1)n )n∈N konvergiert:
n
0,6
an
0,4
0,2
0
-0,2
-0,4
-0,6
-0,8
-1
-1,2
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
n
11
Abbildung 2.2 Die Folge ((−1)n n−1 )n∈N
1
Die Folge ( √ )n∈N konvergiert:
n
an
2
1,8
1,6
1,4
1,2
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0
1
2
3
4
5
6
7
n
8
√
Abbildung 2.3 Die Folge (( n)−1 )n∈N
Beispiele zum Grenzwert
(1) Sei an = n1 , n ∈ N. Die Folge lautet also
1 1 1
(an )n∈N = (1, , , , ...) .
2 3 4
Es gilt
1
= 0,
n→∞ n
lim
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da zu > 0 ein N () ∈ N existiert, so dass
|an − a| = |
1
1
− 0| = < für alle n ≥ N () .
n
n
Hierzu muss lediglich N () >
1
gewählt werden.
(2) Sei an = 1 − n1 , n ∈ N. Die Folge
1 2 3
(an )n∈N = (0, , , , ...) .
2 3 4
konvergiert gegen 1, da
|an − a| = |1 −
1
1
− 1| =
n
n
und wir wie in (1) argumentieren können.
(3) Sei an = 1 +
(−1)n
,
n
n ∈ N. Die Folge
3 2 3
(an )n∈N = (0, , , , ...) .
2 3 4
konvergiert gegen 1, da
|an − a| = |1 +
(−1)n
1
− 1| =
n
n
und wir wieder wie in (1) verfahren können.
(4) Sei an =
√1 ,
n
n ∈ N. Die Folge
1 1 1
(an )n∈N = (1, √ , √ , √ , ...) .
2 3 4
konvergiert gegen 0, da zu > 0 ein N () ∈ N existiert, so dass
1
1
|an − a| = | √ − 0| = √ < für alle n ≥ N () .
n
n
Hierzu muss lediglich N () >
1
gewählt werden.
2
51
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52
Wenn die reelle Zahlenfolge gegen keine reelle Zahl konvergiert, dann wird sie divergent genannt.
Beispiele für divergente Folgen
Die Folge (n)n∈N divergiert, wie die nächste Abbildung zeigt:
8
an
7
6
5
4
3
2
1
1
2
3
4
5
6
7
n
8
Abbildung 2.4 Die Folge (n)n∈N
Die Folge (n2 )n∈N divergiert:
120
an
100
80
60
40
20
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
n
Abbildung 2.5 Die Folge (n2 )n∈N
Definition: Eine Folge (an )n∈N0 reeller Zahlen heißt bestimmt divergent gegen +∞ (bzw. −∞),
wenn es zu jedem K ∈ R ein N ∈ N0 gibt, so dass
an > K (bzw. an < K) für alle n ≥ N .
Schreibweise: lim an = ∞
n→∞
Statt bestimmt divergent sagt man auch uneigentlich konvergent.
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53
Die Folge ((−1)n )n∈N divergiert:
1,5
an
1
0,5
0
-0,5
-1
-1,5
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
n
14
Abbildung 2.6 Die Folge ((−1)n )n∈N
Eine Zahl a heißt Häufungspunkt einer Folge (an )n∈N0 , wenn es eine Teilfolge von (an ) gibt,
die gegen a konvergiert.
Beispielsweise besitzt die Folge ((−1)n )n∈N0 die Häufungspunkte
+1 und -1.
Definition: Sei (an )n∈N0 eine Folge und
n1 < n2 < n3 < ....
eine aufsteigende Folge natürlicher Zahlen. Dann heißt die Folge
(ank )k∈N0 = (an1 , an2 , an3 , ....)
Teilfolge der Folge (an )n∈N0 .
Summe, Differenz, Produkt und Quotient konvergenter Folgen
Seien (an )n∈N0 und (bn )n∈N0 konvergente Folgen mit
lim an =: a und lim bn =: b ,
n→∞
n→∞
so konvergiert auch die Folge (cn )n∈N0 mit
cn := an · bn
und es gilt
lim cn = lim an · lim bn = a · b .
n→∞
n→∞
n→∞
Entsprechende Regeln gelten für die Addition und Subtraktion.
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54
Seien (an )n∈N0 und (bn )n∈N0 konvergente Folgen mit
lim an =: a und lim bn =: b 6= 0 ,
n→∞
n→∞
so existiert ein N ∈ N0 , so dass
bn 6= 0 für alle n ≥ N .
Sei
cn :=
an
für alle n ≥ N .
bn
Dann konvergiert die Folge (cn )n≥N und
lim an
lim cn =
n→∞
n→∞
lim bn
=
n→∞
a
.
b
Beispiele
• Für die Folge (an )n∈N mit
4 + n7 − n32
4n2 + 7n − 3
=
an =
7n2 + 2
7 + n22
verwenden wir
1
= 0 für alle k ∈ N .
n→∞ nk
lim
Da (an )n∈N Summe, Differenz und Quotient (mit Nenner 6= 0) konvergenter Folgen ist,
konvergiert (an )n∈N .
Der Grenzwert ist
lim an =
n→∞
4
.
7
• Gegeben sei eine Folge (an )n≥2 mit
n
Y
(1 −
k=2
1
) für n ≥ 2 .
k2
Es gilt
a2 =
3
4
und für n ≥ 3:
an = an−1 (1 −
1
(n + 1)(n − 1)
) = an−1
.
2
n
n2
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55
Demnach gilt
an
n−1
2
32
1
n
= an−1
= ... = a2 =
=
für alle n ≥ 3 .
n+1
n
3
43
2
Somit erhalten wir
an =
1n+1
1
1
= (1 + ) für alle n ≥ 3 .
2 n
2
n
Die Folge (an )n≥2 ist demnach konvergent und es gilt
lim an =
n→∞
1
.
2
Beschränkte Folgen
Bekanntlich ist jede konvergente Folge beschränkt, d.h. es existiert eine obere und untere Schranke. Zwar gilt die Umkehrung der Aussage nicht, doch finden wir folgende Aussagen:
• Jede beschränkte monotone Folge (an )n∈N0 reeller Zahlen konvergiert.
– Ist (an )n∈N0 monoton wachsend und nach oben beschränkt, so konvergiert die Folge.
– Ist (an )n∈N0 monoton fallend und nach unten beschränkt, so konvergiert die Folge.
• Satz von Bolzano-Weierstraß: Jede beschränkte Folge (an )n∈N0 reeller Zahlen besitzt eine
konvergente Teilfolge.
Beispiel zur Konvergenz einer monotonen beschränkten Folge
Die Folge
((1 +
9 64
1 n
) )n∈N = (2, , , ...)
n
4 27
ist monoton wachsend und nach oben beschränkt. Demnach konvergiert die Folge. Ihr Grenzwert ist die Eulersche Zahl e = 2, 71828... .
Der Begriff der Cauchy-Folge
Eine Folge (an )n∈N0 heißt Cauchy-Folge, falls
zu jedem > 0 ein N = N () ∈ N0 existiert, so dass
|an − am | < für alle n, m ≥ N .
Folglich ist jede konvergente Folge auch eine Cauchy-Folge.
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56
Umgekehrt konvergiert, nach dem Vollständigkeitsaxiom, in R jede Cauchy-Folge.
Beispiel zur Konvergenz einer Cauchy-Folge
Für eine Folge (an )n∈N gelte für n > 2
|an+1 − an | ≤ q|an − an−1 | mit 0 < q < 1 .
Es lässt sich zeigen, dass
|an+1 − an | ≤ q n−1 |a2 − a1 | ,
und mit Hilfe der Dreiecksungleichung, dass
|an+r − an | ≤ |an+r − an+r−1 | + .... + |an+2 − an+1 | + |an+1 − an | , mit r ∈ N .
Daher gilt
|an+r − an | ≤ (q n+r−2 + ... + q n + q n−1 ) |a2 − a1 |
und somit
|an+r − an | ≤
q n−1
|a2 − a1 | .
1−q
Nun kann zu jedem > 0 ein N ∈ N so gewählt werden, dass
q n−1
|a2 − a1 | < für alle n ≥ N .
1−q
Demnach ist (an )n∈N eine Cauchy-Folge in R und damit eine konvergente Folge.
2.1.2
Eine numerische Anwendung
Um die Quadratwurzel positiver reeller Zahlen numerisch zu berechnen, stellen wir hier ein
Verfahren vor, dass besonders schnell gegen die Lösung der Gleichung
a2 = b
konvergiert. Dabei seien b und a positive reelle Zahlen. Mittels
an+1 =
b
1
(an + ) mit n ∈ N
2
an
ist eine Folge (an )n∈N rekursiv definiert.
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Es lässt sich zeigen, dass die Folge (an )n∈N gegen die Quadratwurzel von b konvergiert und
√
b
≤ b ≤ an für alle n ≥ 2
an
gilt.
Beweis
Es gilt an > 0 für alle n ∈ N. Ferner erhalten wir für alle n ≥ 2:
a2n − b =
b 2
1
b 2
1
(an−1 +
) − b = (an−1 −
) ≥ 0.
4
an−1
4
an−1
Daher gilt
an − an+1 = an −
1
b
1
(a2 − b) ≥ 0 .
(an + ) =
2
an
2an n
−1
Aus a−2
folgt für cn :=
n ≤ b
b
an
die Ungleichung
c2n ≤ b für alle n ≥ 2 .
Weiterhin erhalten wir
cn ≤ cn+1 für alle n ≥ 2 .
Zusätzlich gilt
cn ≤ an für alle n ≥ 2 ,
da andernfalls c2n > a2n wäre.
Bisher wissen wir, dass (an )n≥2 eine monoton fallende und beschränkte Folge mit
c 2 ≤ an ≤ a2
ist. Demnach konvergiert die Folge, und für den Grenzwert der Folge gilt
a ≥ c2 ≥ 0 .
Außerdem erhalten wir
1
b
1
b
(an + ) = (a + )
n→∞ 2
an
2
a
a = lim an+1 = lim
n→∞
und daher
a2 = b .
57
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58
Beispiel
Der Wert von
√
3 zum Startwert a1 = 1
n
an
1
2
3
4
5
1, 0
2, 0
1, 75
1, 732 142 857
1, 732 050 810
b
an
3, 0
1, 5
1, 714 285 714
1, 731 958 763
1, 732 050 805
Es gilt außerdem
√
b
≤ b ≤ an für alle n ≥ 2 .
an
√
Zum Vergleich: 3 ≈ 1, 732 050 808.
Wie sich gezeigt hat, gilt
√
b
≤ b ≤ an für alle n ≥ 2
an
für die Folge (an )n∈N mit
an+1 =
1
b
(an + ) mit n ∈ N
2
an
Überdies konvergieren die beiden Folgen
(
b
)n∈N und (an )n∈N .
an
3,5
b
an
3
2,5
2
1,5
an
1
0,5
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
4,5
5
n
5,5
Abbildung 2.7 Zur Konvergenz von ( abn )n∈N und (an )n∈N
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2.1.3
59
Reihen
Sei (an )n∈N0 eine Folge reeller Zahlen. Die Folge der Partialsummen
sn :=
n
X
ak , mit n ∈ N0 ,
k=0
heißt (unendliche) Reihe und wird mit
∞
P
ak bezeichnet.
k=0
Konvergiert die Folge (sn )n∈N0 , so wird ihr Grenzwert ebenfalls mit
∞
P
ak bezeichnet.
k=0
Beispiele für Summenformeln
(1) Für alle Zahlen n ∈ N gilt die Summenformel
n
X
k=1
k=
n(n + 1)
2
(2) Für eine arithmetische Folge (an )n∈N erhalten wir die Summenformel
n
X
k=1
ak =
n
(a1 + an )
2
(3) Für die geometrische Folge (an )n∈N erhalten wir die Summenformel
n
X
k=1
ak = a1 ·
1 − qn
1−q
Diese Beispiele geben Summenformeln für
n
P
an wieder. Dabei sind (an )n∈N arithmetische
k=1
bzw. geometrischen Folgen. Die Folge der Partialsummen
sn :=
n
X
ak , 1 ≤ n ≤ N ,
k=1
mit festem N ∈ N0 , lässt sich auch als endliche Reihe bezeichnen.
(1) Ist (an )n∈N eine arithmetische Folge, so heißt (sn )1≤n≤N
(endliche) arithmetische Reihe.
(2) Ist (an )n∈N eine geometrische Folge, so heißt (sn )1≤n≤N
(endliche) geometrische Reihe.
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60
Heben wir die Beschränkung auf, dass, bei arithmetischer und geometrischer Reihe, n ein fester endlicher Wert ist, so können wir auch unendliche arithmetische und geometrische Reihen
untersuchen.
Während die arithmetische Reihe für n → ∞ divergiert, gibt es bei der geometrischen Reihe
auch konvergente Folgen von Partialsummen, d.h. eine konvergente unendliche geometrische
Reihe.
Sei |q| < 1. Dann gilt
∞
X
ak = a1
k=1
1
1−q
Um die Konvergenz von Reihen allgemeiner behandeln zu können, befassen wir und im nächsten
Abschnitt mit einigen Konvergenzkriterien.
Konvergenzkriterien für Reihen
Allgemeines Cauchysches Konvergenzkriterium
Sei (an )n∈N0 eine Folge reeller Zahlen. Dann konvergiert die Reihe
∞
X
an
n=0
genau dann, wenn sie einen Cauchy-Folge ist, d.h., wenn gilt:
Zu jedem > 0 existiert ein N ∈ N0 , so dass
n
X
ak < für alle n ≥ m ≥ N .
k=m
Eine notwendige, aber nicht hinreichende, Bedingung für die Konvergenz einer Reihe
∞
X
an
n=0
ist, dass
lim an = 0 .
n→∞
Beweis: Da eine konvergente Folge auch Cauchy-Folgen ist, existiert ein N ∈ N0 , so dass
n
X
ak < für alle n ≥ m ≥ N .
k=m
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61
Hieraus folgt insbesondere, dass
|an | < für alle n ≥ N .
Besteht eine Reihe
∞
P
an nur aus nicht-negativen Reihengliedern an , so ist die Reihe genau
n=0
dann konvergent, wenn sie beschränkt ist.
Dieses Ergebnis lässt sich leicht zeigen, da die Folge der Partialsummen monoton wachsend ist.
∞
P
Eine Reihe
an heißt absolut konvergent, wenn
n=0
∞
X
|an |
n=0
konvergiert.
Konvergiert eine Reihe absolut, so konvergiert sie auch im gewöhnlichen Sinne.
Umgekehrt ist eine konvergente Reihe jedoch nicht notwendigerweise absolut konvergent, wie
sich beispielsweise bei der alternierenden harmonischen Reihe zeigt.
Anders als für endliche Summen ist es nicht selbstverständlich, dass eine konvergente Reihe
nach Umordnung noch konvergent ist und der Grenzwert durch die Umordnung nicht verändert
wird. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Reihe absolut konvergiert.
Definition: Sei
∞
X
an eine Reihe. Ist τ : N → N eine bijektive Abbildung, so heißt die Reihe
n=0
∞
X
aτ (n)
n=0
eine Umordnung der gegebenen Reihe.
Ist
∞
X
an eine absolut konvergente Reihe mit dem Grenzwert g, so konvergiert jede Umordnung
n=0
der Reihe ebenfalls gegen g.
Auch für den folgenden Satz genügt die bloße Konvergenz der Reihen nicht. Vielmehr wird
absolute Konvergenz gefordert.
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62
Das Cauchy-Produkt von Reihen
Seien
∞
X
an und
n=0
∞
X
bn absolut konvergente Reihen. Wir setzen
n=0
cn :=
n
X
an−k bk für n ∈ N .
k=0
Dann ist die Reihe
∞
X
cn absolut konvergent und es gilt
n=0
∞
X
cn =
n=0
∞
X
!
an
n=0
∞
X
!
bn
.
n=0
Quotientenkriterium
(A) Sei
∞
P
an eine Reihe mit an 6= 0 für alle n ≥ N .
n=0
• Existiert eine Zahl θ ∈ R mit 0 < θ < 1, so dass
an+1 an ≤ θ , für alle n ≥ N ,
gilt, dann konvergiert die Reihe
Daher konvergiert auch
∞
P
∞
P
n=0
an .
n=0
• Gilt hingegen
an+1 an ≥ 1 , für alle n ≥ N ,
so divergiert die Reihe.
an absolut. Das bedeutet, dass
∞
P
n=0
|an | konvergiert.
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(B) Es sei
∞
P
63
an eine Reihe mit an > 0. Ferner existiere der Grenzwert
n=0
an+1
.
n→∞ an
q := lim
• Ist q < 1, so konvergiert die Reihe
∞
P
an .
n=0
• Ist q > 1, so divergiert die Reihe
∞
P
an .
n=0
• Für q = 1 ist eine entsprechende Aussage nicht möglich.
Anmerkung: Die Aussage zur Divergenz lässt sich einfach zeigen, da die Folgeglieder einer
konvergenten Reihe gegen Null konvergieren.
Beispiele
• Die Reihe
∞
X
n
2n
n=1
konvergiert, da
n+1 n
2n+1 an+1 = lim (n + 1) · 2
=
lim
q = lim n→∞
an n→∞ 2nn n→∞ n · 2n+1
n+1
1
= < 1.
n→∞ n · 2
2
• Die harmonische Reihe
∞
X
1
= lim
n=1
n
divergiert, wie wir noch zeigen werden. Zwar gilt
an+1
n
=
< 1 , für alle n ≥ 1 ,
an
n+1
aber es gibt kein θ < 1 mit
an+1 an ≤ θ , für alle n ≥ N .
Das Quotientenkriterium ist für Reihen der Form
∞
X
1
, mitk ∈ N ,
nk
n=1
nicht anwendbar.
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64
Majorantenkriterium
Sei
∞
X
cn eine konvergente Reihe mit
n=0
cn ≥ 0 , für alle n ∈ N0
und (an )n∈N eine Folge mit
|an | ≤ cn für alle n ∈ N0 .
Dann konvergiert die Reihe
Beweis: Da die Reihe
∞
X
∞
P
|an | und daher
n=0
∞
P
an .
n=0
cn konvergiert, ist diese Folge der Partialsummen auch eine Cauchy-
n=0
Folge.
Daher existiert zu jedem > 0 ein N ∈ N0 , so dass
n
X ck < für alle n ≥ m ≥ N .
k=m
Demnach gilt
n
X
|ak | ≤
k=m
n
X
ck < für alle n ≥ m ≥ N .
k=m
Mit dem allgemeinen Cauchyschen Konvergenzkriterium ist die Behauptung bewiesen.
Anmerkungen
• Die Reihe
∞
P
cn heißt Majorante von
n=0
• Bildet stattdessen
∞
P
an .
n=0
∞
P
cn eine divergente Reihe mit
n=0
cn ≥ 0 für alle n ∈ N0 und an ≥ cn für alle n ∈ N0 ,
∞
P
dann divergiert die Reihe
an .
n=0
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65
Beispiele
• Zwar konvergieren die Reihenglieder der harmonischen Reihe
∞
X
1
n
n=1
gegen Null, jedoch divergiert die harmonische Reihe.
Anmerkung: Das Quotientenkriterium kann hier nicht angewendet werden.
Beweis: Um die Folge der Partialsummen
m
X
1
)m∈N
(
n
n=1
nach unten abzuschätzen, betrachten wir die Partialsummen
!
k+1
p+1
2X
k
2X
1
1 X
1
s2k+1 =
=1+ +
n
2 p=1 n=2p +1 n
n=1
=1+
1
+
2
1 1
+
3 4
+
1 1 1 1
+ + +
5 6 7 8

+ ... + 
k+1
2X
n=2k +1

1
n
Die Summe jeder dieser Terme in Klammern ist größer oder gleich 12 . Somit folgt
s2k+1 ≥ 1 +
k
.
2
Das bedeutet aber, dass die Folge der Partialsummen unbeschränkt ist.
• Die Reihe
∞
X
1
√
n
n=1
divergiert, da
1
1
√ ≥ , für alle n ≥ 1 ,
n
n
gilt und die harmonische Reihe divergiert.
∞ 1
P
, mit k ∈ N : k ≥ 2, konvergiert.
k
n=1 n
m
P
m
1
Begründung:
=
und Anwendung des Majorantenkriteriums.
m+1
n=1 n(n + 1)
• Die Reihe
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66
• Die Reihe
∞
X
1
nn
n=1
konvergiert, da
m
m n
X
X
1
1
, für alle m ≥ 2 ,
≤1+
n
n
2
n=1
n=2
gilt, die geometrische Reihe mit |q| < 1 konvergiert und daher eine Majorante existiert.
Grenzwertkriterium
Seien an > 0 und bn > 0, für n ∈ N0 . Existiert der Grenzwert
lim
n→∞
an
= q,
bn
wobei 0 < q < ∞, so sind die Reihen
∞
X
an und
∞
X
bn
n=0
n=0
entweder beide konvergent oder beide divergent.
Beispiele
• Die Reihe
∞
X
n=1
lim
an
n→∞ 1
n
n
divergiert, da
n2 + 2
n
n2 +2
1
n→∞
n
= lim
n2
1
=
lim
=1
n→∞ n2 + 2
n→∞ 1 + 22
n
= lim
gilt und die harmonische Reihe divergiert.
• Die Reihe
∞
X
n=1
an
lim
n→∞ 12
n
n
konvergiert, da, mit | cos n| ≤ 1,
+ cos n
n3
=
n
n3 +cos n
lim
1
n→∞
n2
gilt und die Reihe
n3
1
= lim 3
= lim
=1
n→∞ n + cos n
n→∞ 1 + cos3n
n
∞
X
1
konvergiert.
2
n
n=1
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67
Wurzelkriterium
(A) Sei
∞
P
an eine Reihe mit an ≥ 0.
n=0
• Existiert eine Zahl θ ∈ R mit 0 < θ < 1 und ein N ∈ N0 , so dass
√
n
an ≤ θ < 1 für alle n ≥ N
gilt, dann konvergiert die Reihe
∞
P
an .
n=0
• Gilt hingegen
√
n
an ≥ 1 für alle n ≥ N ,
so divergiert die Reihe
∞
P
an .
n=0
Anmerkungen
• Die Aussage zur Divergenz lässt sich einfach zeigen, da die Folgeglieder einer konvergenten Reihe gegen Null konvergieren.
• Sind die Folgeglieder der Reihe nicht alle positiv, so lässt sich stattdessen die Konvergenz
∞
P
von
|an | behandeln.
n=0
(B) Sei
∞
P
an eine Reihe mit an ≥ 0. Hat die Folge
n=0
√
( n an )n∈N0
einen Grenzwert g, so ist die Reihe
∞
P
n=0
• für g < 1 konvergent
• für g > 1 divergent.
an
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Anmerkungen
• Für g = 1 ist eine entsprechende Schlußfolgerung nicht möglich.
• Beispielsweise gilt
√
lim n n = 1 ,
n→∞
lim
n→∞
√
n
a = 1 , für a > 0 .
Beispiel
Die Reihe
∞
X
(5n)n+1
n2n
n=1
konvergiert, da
g = lim
√
n
r
an = lim
n
n→∞
n→∞
√
(5n)n+1
5n √
n
n
=
lim
(
·
5
·
n)
2n
2
n→∞
n
n
√
√
5
n
· lim 5 · lim n n = 0 · 1 · 1 = 0 < 1 .
n→∞
n→∞ n n→∞
= lim
Leibnizsches Konvergenzkriterium für alternierende Reihen
Sei (an )n∈N0 eine monoton fallende Folge mit an ≥ 0 und lim an = 0.
∞
P
Dann konvergiert die Reihe
(−1)n an .
n=0
Beweis: Für die Partialsumme
sk :=
k
X
an
n=0
gilt
s2k+2 − s2k = −a2k+1 + a2k+2 ≤ 0
und daher
s0 ≥ s2 ≥ s4 ≥ ... ≥ s2k ≥ s2k+2 ≥ ... .
Entsprechend gilt
s2k+3 − s2k+1 = a2k+2 − a2k+3 ≥ 0
68
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69
und daher
s1 ≤ s3 ≤ s5 ≤ ... ≤ s2k+1 ≤ s2k+3 ≤ ... .
Überdies gilt
s2k+1 − s2k = −a2k+1 ≤ 0
und somit
s2k+1 ≤ s2k für alle k ∈ N0 .
Die Folge (s2k )k∈N0 ist monoton fallend und, wegen
s2k ≥ s1 für alle k ∈ N0 ,
nach unten beschränkt.
Daher konvergiert die Folge und der Grenzwert
S := lim s2k
k→∞
existiert.
Die Folge (s2k+1 )k∈N0 ist monoton wachsend und, wegen
s2k+1 ≤ s0 für alle k ∈ N0 ,
nach oben beschränkt. Daher konvergiert die Folge und der Grenzwert
S̃ := lim s2k+1
k→∞
existiert.
Die beiden Grenzwerte S und S̃ sind identisch, da
S − S̃ = lim (s2k − s2k+1 ) = lim a2k+1 = 0 .
k→∞
k→∞
Demnach gibt es für alle > 0 Zahlen N1 , N2 ∈ N0 , so dass
|s2k − S| < für alle k ≥ N1
und
|s2k+1 − S| < für alle k ≥ N2 .
Setzen wir N := max(2N1 , 2N2 + 1), so gilt
|sn − S| < für alle n ≥ N .
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70
Beispiele
• Die harmonische Reihe
• Die Reihe
∞ 1
P
divergiert.
n=1 n
∞ 1
P
, mit k ∈ N : k ≥ 2, konvergiert.
k
n=1 n
∞
P
• Die alternierende harmonische Reihe
(−1)n
n=1
1
konvergiert.
n
Begründung: nach Leibniz-Kriterium.
• Die unendliche geometrische Reihe
∞
P
xn , für |x| < 1, konvergiert.
n=0
1 − xm+1
für x ∈ R : x 6= 1
Begründung: Es gilt
xn =
1−x
n=0
∞
P
1
für |x| < 1 .
und daher
xn =
1−x
n=0
m
P
∞ 1
P
|x|n , mit |x| < 1 konvergiert.
n=1 n
n+1
|x| ≤ θ < 1.
Begründung: Quotientenkriterium, da
n
• Die Reihe
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2.2
2.2.1
71
Differentialrechnung von Funktionen einer Variablen
Der Differentialquotient
Definition: Sei D ⊂ R und
f : D −→ R
eine Funktion. Es existiere eine Folge (ξn ) ⊂ D\{x} mit lim ξn = x.
n→∞
f heißt in einem Punkt x ∈ D differenzierbar, falls der Grenzwert
f 0 (x) :=
lim
ξ→x
ξ∈D\{x}
f (ξ) − f (x)
ξ−x
in R existiert. Dieser Grenzwert f 0 (x) heißt Differentialquotient oder Ableitung von f im
Punkte x.
Anmerkung: Der Definition liegt der Begriff des Grenzwertes bei Funktionen zu Grunde. Der
Grenzwert von
g(ξ) :=
f (ξ) − f (x)
ξ−x
existiert nicht, wenn die Folge g(ξn ) divergiert, d. h., wenn ihr Wert von der Wahl der Folge
(ξn )n ∈ N abhängt oder bestimmt divergiert.
Der Differenzenquotient
f (ξ) − f (x)
ξ−x
ist die Steigung der Sekante durch die Punkte (x, f (x)) und (ξ, f (ξ)) des Graphen der
Funktion f .
Existiert der Grenzwert des Differenzenquotienten für ξ → x, so geht bei diesem Grenzübergang die Sekante in die Tangente an den Graphen von f im Punkt (x, f (x)) über.
Statt f 0 (x) ist auch die Schreibweise
df (x)
üblich.
dx
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72
f ( ξ)
f ( ξ)− f ( x )
f (x)
x
ξ−x
ξ
Abbildung 2.8 Die Steigung der Sekante
Beispiele zur Berechnung der Ableitung
• Sei f : R → R, f (x) = x2 . Dann gilt
f (x + h) − f (x)
(x + h)2 − x2
= lim
h→0
h→0
h
h
f 0 (x) = lim
2xh + h2
= lim (2x + h) = 2x .
h→0
h→0
h
= lim
• Sei R∗ := R\{0} und f : R∗ → R, f (x) =
1
. Dann gilt
x
1
1
1
f (x + h) − f (x)
= lim (
− )
h→0 h x + h
h→0
h
x
f 0 (x) = lim
x − (x + h)
−1
1
= lim
=− 2.
h→0 h(x + h)x
h→0 (x + h)x
x
= lim
• Sei f : R → R, f (x) = exp x. Dann gilt
exp(x + h) − exp(x)
exp(h) − 1
= exp(x) lim
.
h→0
h→0
h
h
f 0 (x) = lim
Da
ex − 1
= 1,
x→0
x
x6=0
lim
erhalten wir
f 0 (x) = exp(x) .
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73
• Sei f : R → R, f (x) = sin x. Dann gilt
2 cos(x + h2 ) sin h2
sin(x + h) − sin(x)
f (x) = lim
= lim
h→0
h→0
h
h
!
sin h
h
= lim cos(x + ) · lim h 2 .
h→0
h→0
2
2
0
Da die Funktion cos stetig ist, erhalten wir
h
lim cos(x + ) = cos x .
h→0
2
Weiterhin gilt
sin x
= 1.
x→0
x
x6=0
lim
Das ergibt schließlich
f 0 (x) = cos x .
Die Betragsfunktion
abs : R → R , x 7→ |x|
ist stetig, jedoch nicht differenzierbar.
y
f ( x )=∣x∣
x
Abbildung 2.9 Die Betragsfunktion
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74
Beweis: Die Folge (hn )n∈N mit
hn := (−1)n
1
mit n ∈ N
n
konvergiert gegen Null. Für
qn :=
abs(0 + hn ) − abs(0)
hn
gilt
qn =
1
n
−0
n
1 = (−1) .
n
(−1) n
Da lim qn nicht existiert, ist die Funktion abs im Nullpunkt nicht differenzierbar.
n→∞
Wie bei der rechtsseitigen und linksseitigen Stetigkeit, lassen sich auch entsprechende Differentialquotienten einführen.
Definition: Sei D ⊂ R und
f : D −→ R
eine Funktion. Dann heißt f im Punkt x von rechts differenzierbar, falls der Grenzwert
f+0 (x) := lim
ξ&x
f (ξ) − f (x)
ξ−x
existiert. Die Funktion f heißt im Punkt x von links differenzierbar, falls der Grenzwert
f−0 (x) := lim
ξ%x
f (ξ) − f (x)
ξ−x
existiert.
Beispiel: Die Funktion abs ist im Nullpunkt zwar nicht differenzierbar, jedoch sowohl von
rechts als auch von links differenzierbar, wobei
abs0+ (0) = +1 und abs0− (0) = −1 .
Während aus der Stetigkeit einer Funktion nicht deren Differenzierbarkeit folgt, impliziert jedoch umgekehrt die Differenzierbarkeit einer Funktion deren Stetigkeit.
Satz: Ist die Funktion f : D −→ R in x ∈ D differenzierbar, so ist sie in x auch stetig.
Eine Funktion f : D −→ R heißt in x ∈ D stetig differenzierbar, wenn sie in x differenzierbar
und der Differentialquotient f 0 in x stetig ist.
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2.2.2
Ableitungsregeln
Produktregel
Seien f, g : D −→ R in x ∈ D differenzierbare Funktionen. Dann ist auch die Funktion
f · g : D −→ R
in x ∈ D differenzierbar, und es gilt
(f · g)0 (x) = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x) .
Quotientenregel
Ist g(ξ) 6= 0 für alle ξ ∈ D, so ist auch die Funktion
f
: D −→ R
g
in x ∈ D differenzierbar und es gilt
f 0 (x)g(x) − f (x)g 0 (x)
f
.
( )0 (x) =
g
g(x)2
Beispiel
Für die Funktion
tan : R\{
π
+ kπ|k ∈ Z} → R , x 7→ tan x
2
erhalten wir
tan0 (x) =
cos2 x + sin2 x
1
sin0 (x) cos(x) − sin(x) cos0 (x)
=
=
.
2
2
cos x
cos x
cos2 x
75
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76
Ableitung der Umkehrfunktion
Sei D ⊂ R ein abgeschlossenes Intervall. Ferner sei
f :D→R
eine stetige und streng monotone Funktion und
ϕ = f −1 : D∗ → R , mit D∗ = f (D) ,
deren Umkehrfunktion.
Ist f im Punkt x ∈ D differenzierbar mit f 0 (x) 6= 0, so ist ϕ im Punkt y := f (x) differenzierbar
und es gilt
ϕ0 (y) =
1
f 0 (x)
=
1
f 0 (ϕ(y))
.
Beispiel
Die Funktion ln : R∗+ → R ist die Umkehrfunktion von exp : R → R. Daher gilt
ln0 (x) =
1
exp0 (ln x)
=
1
1
= .
exp(ln x)
x
Kettenregel
Seien f : D −→ R und g : E −→ R Funktionen mit f (D) ⊂ E. Die Funktion f sei im Punkt
x ∈ D und g im Punkt f (x) ∈ E differenzierbar. Dann ist die zusammengesetzte Funktion
g ◦ f : D −→ R
im Punkt x ∈ D differenzierbar, und es gilt
(g ◦ f )0 (x) = g 0 (f (x))f 0 (x) .
Beispiel
Sei a ∈ R und
f : R∗+ → R, x 7→ xa .
Mit xa = exp(a ln x) und der Anwendung der Kettenregel erhalten wir
dxa
d
a
= exp0 (a ln x) (a ln x) = exp(a ln x) = a xa−1 .
dx
dx
x
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77
Ableitungen höherer Ordnung
Sei f : D → R in D ∩ (x − , x + ) und f 0 : D → R in x ∈ D differenzierbar. Demnach
existiert der Grenzwert (f 0 )0 (x). Die Ableitung (f 0 )0 (x) wird als zweite Ableitung von f in x
bezeichnet. Gebräuchlich ist die Schreibweise
2
d2 f (x)
d
d df (x)
00
0 0
=
=
f (x) .
f (x) := (f ) (x) =
2
dx
dx
dx
dx
Allgemein lassen sich so k-te Ableitungen einführen.
Definition: Eine Funktion f : D → R heißt k-mal differenzierbar im Punkt x ∈ D, falls ein
> 0 existiert, so dass f in D ∩ (x − , x + ) (k − 1)-mal differenzierbar und die (k − 1)-te
Ableitung von f in x differenzierbar ist. Gebräuchlich ist die Schreibweise
f
(k)
(x) := (f
d
) (x) =
dx
(k−1) 0
dk−1 f (x)
dk−1 x
Ableitungen einiger Funktionen
Die Ableitung der konstanten Funktion
f : R → R , x 7→ f (x) = c
ist
f 0 (x) = 0 .
Die Ableitung der Potenzfunktion
f : R∗+ → R , x 7→ f (x) = xa , mit a ∈ R ,
ist
f 0 (x) = a xa−1 .
Trigonometrische Funktionen
Die Ableitung der sin-Funktion
f : R → R , x 7→ f (x) = sin x
ist
f 0 (x) = cos x .
dk f (x)
=
=
dxk
d
dx
k
f (x) .
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Die Ableitung der cos-Funktion
f : R → R , x 7→ f (x) = cos x
ist
f 0 (x) = − sin x .
Die Ableitung der tan-Funktion
f : R\{
π
+ kπ|k ∈ Z} → R , x 7→ f (x) = tan x
2
ist
f 0 (x) =
1
.
cos2 x
Die Ableitung der cot-Funktion
f : R\{kπ|k ∈ Z} → R , x 7→ f (x) = cot x
ist
f 0 (x) = −
1
.
sin2 x
Exponentialfunktionen
Die Ableitung der exp-Funktion
f : R → R , x 7→ f (x) = ex
ist
f 0 (x) = ex .
Sei a ∈ R∗+ . Die Ableitung der Exponentialfunktion zur Basis a
f : R → R , x 7→ f (x) = ax
ist
f 0 (x) = ax · (ln a) .
78
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2.2.3
79
Approximation durch affin-lineare Funktionen
Die Differenzierbarkeit einer Funktionen kann auch durch die Approximierbarkeit mittels affinlineare Funktionen ausgedrückt werden.
Sei D ⊂ R und a ∈ D ein Punkt, der Grenzwert mindestens einer Punktfolge (xn )n∈N ⊂ D\{a}
ist. Eine Funktion f : D → R ist genau dann im Punkt a differenzierbar, wenn eine Konstante
c ∈ R existiert, so dass
f (x) = f (a) + c(x − a) + ϕ(x) für x ∈ D ,
wobei ϕ eine Funktion ϕ : D → R mit der Eigenschaft
ϕ(x)
=0
x−a
x∈D\{a}
lim
x→a
ist. In diesem Fall gilt c = f 0 (x). Der Graph unserer affin-linearen Funktion
L(x) = f (a) + c(x − a)
ist die Tangente an den Graphen von f im Punkt (a, f (a)).
Beispiel
Approximation der Funktion
f : R → R , x 7→ f (x) = sin x
in Umgebung des Punktes a = 0.
Wir erhalten
x
0,1
0,2
sin x 0,09983 0,19867
0,3
0,4
0,29552 0,38942
Approximation einiger Funktionen in der Umgebung von a = 0
Es gilt
(1 + x)α ≈ 1 + α x , mit α ∈ R,
ex ≈ 1 + x,
sin x ≈ x,
ln(1 + x) ≈ x.
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2.3
80
Funktionenfolgen
Gegeben seien eine Menge K und Funktionen fn : K → C, mit n ∈ N0 .
K kann beispielsweise R oder C oder ein Intervall in R sein.
Dann können wir (fn (x))n∈N0 punktweise als Zahlenfolgen auffassen.
Die Folge (fn (x))n∈N0 heißt Funktionenfolge.
Punktweise und gleichmäßige Konvergenz von Funktionenfolgen
Die Folge (fn (x))n∈N0 konvergiert punktweise gegen einen Funktion f : K → C, falls für alle
x ∈ K und für alle > 0 ein N = N (x, ) exsitiert, so dass
|fn (x) − f (x)| < für alle n ≥ N .
Bei gleichmäßiger Konvergenz einer Funktionenfolge muss die für die punktweise Konvergenz
geforderte Eigenschaft hinsichtlich N = N () gelten, d.h. N darf nicht von x abhängen.
Die Folge (fn (x))n∈N0 konvergiert gleichmäßig gegen einen Funktion f : K → C, falls für alle
> 0 ein N = N () exsitiert, so dass
|fn (x) − f (x)| < für alle x ∈ K und alle n ≥ N .
Konvergiert eine Funktionenfolge gleichmäßig, so konvergiert sie auch punktweise.
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81
Beispiel zur punktweisen Konvergenz von Funktionenfolgen
Sei n ∈ N0 und
fn : [0, 1] → R , x 7→ fn (x) = xn .
Obwohl die Funktionen fn stetig sind, ist
f (x) = lim fn (x)
n→∞
unstetig, wobei
0 für
f (x) =
1 für
0≤x<1
x = 1.
y
x2
x
4
x
12
x
100
lim n → ∞ f n ( x)
x
Abbildung 2.10 Punktweise Konvergenz von Funktionenfolgen
Allerdings bietet die gleichmäßige Konvergenz ein Kriterium, das die Stetigkeit des Limes f (x)
gewährleistet.
Sei fn : K → C, n ∈ N0 und (fn )n∈N0 eine Folge stetiger Funktionen, die gleichmäßig gegen
die Funktion f : K → C konvergiere. Dann ist auch f stetig.
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2.4
82
Potenzreihen
Sei (cn )n∈N0 eine Folge komplexer Zahlen, z0 ∈ C und fn : C → C. Besitzen die Folgeglieder
fn der Funktionenfolge (fn (z))n die Form
fn (z) = cn (z − z0 )n für n ∈ N0 ,
so bezeichnen wir die zugehörige Reihe
∞
X
fn (z)
n=0
als Potenzreihe.
Definition: Ist
∞
X
cn (z − z0 )n
n=0
eine Potenzreihe, so heißt
r := sup{|z − z0 | |
∞
X
cn (z − z0 )n konvergiert }
n=0
Konvergenzradius der Potenzreihe.
Anmerkung: Es gilt r ∈ R+ ∪ {∞}.
Beispiel
Sei n ∈ N0 und
fn : (−1, 1) → R , x 7→ xn .
Dann konvergiert die geometrische Reihe
∞
X
n=0
∞
X
n=0
fn (x) =
∞
X
n=0
xn =
1
.
1−x
fn (x) und
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83
Sei ρ ∈ R und
B(z0 , ρ) := {z ∈ C | |z − z0 | ≤ ρ} .
Falls die Potenzreihe
∞
X
cn (z − z0 )n
n=0
für ein z1 ∈ C mit z1 6= z0 konvergiert, so konvergieren diese Potenzreihe und die Potenzreihe
∞
X
ncn (z − z0 )n−1
n=1
absolut und gleichmäßig auf B(z0 , ρ) mit 0 < ρ < |z1 − z0 |.
Entweder konvergiert die Potenzreihe absolut auf ganz C oder es gibt eine reelle Zahl
r ∈ [0, ∞), so dass die Potenzreihe
• auf {z ∈ C | |z − z0 | < r} absolut konvergiert und
• auf {z ∈ C | |z − z0 | > r} divergiert.
Anmerkung: Entsprechende Aussagen gelten für Potenzreihen in R.
Berechnung des Konvergenzradius
Gegeben sei eine Reihe
∞
X
an xn , mit x ∈ R .
n=0
Existiert
lim
n→∞
p
n
|an | = g ,
so gilt für den Konvergenzradius
1
r= .
g
Existiert
an+1 = q,
lim n→∞ an so gilt für den Konvergenzradius
1
r= .
q
Anmerkung: Die Aussagen lassen sich mit Hilfe des Wurzel- bzw. Quotientenkriteriums
beweisen.
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84
Beispiele
• Die Exponential-Reihe
∞
X
xn
n=0
n!
ist für jedes x ∈ R absolut konvergent, da mit fn (x) :=
xn
, für alle n ≥ 2|x|:
n!
fn+1 (x) |x|
1
fn (x) = n + 1 ≤ 2 .
Nach dem Quotientenkriterium ist demnach die Behauptung bewiesen.
Für den Konvergenzradius erhalten wir daher r = ∞.
Anmerkung: Es gilt
fn+1 (x) = 0.
lim
n→∞ fn (x) Wir können den Konvergenzradius aber auch, wie oben, mittels der Folgen (an )n∈N0 bestimmen:
So erhalten wir, mit an :=
1
,
n!
an+1 = lim 1 = 0 ,
lim n→∞
an n→∞ n + 1
woraus r = ∞ folgt.
• Für den Konvergenzradius der Reihe
∞
X
nxn
n=0
erhalten wir r = 1, da für fn (x) := nxn
p
√
lim n |fn (x)| = lim ( n n |x|) = |x|
n→∞
n→∞
ist.
Das Ergebnis für den Konvergenzradius lässt sich aber auch mittels
(an )n∈N0 mit an := n
zeigen.
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85
Im folgenden Satz formulieren wir, dass sich konvergente reelle Potenzreihen gliedweise differenzieren lassen.
Sei an , x, x0 ∈ R und
f (x) =
∞
X
an (x − x0 )n
n=0
eine Potenzreihe mit dem Konvergenzradius r > 0.
Dann gilt für alle x ∈ (x0 − r, x0 + r)
0
f (x) =
∞
X
n=1
nan (x − x0 )n−1 .
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2.5
86
Taylor-Reihen
Wie wir gesehen haben, kann der Funktionswert einer differenzierbaren Funktion f in der Umgebung einer Stelle a durch
f (a) + (x − a)f 0 (a)
näherungsweise bestimmt werden.
Da die Berücksichtigung höherer Ableitungen zu einer verbesserten Approximation von ganzrationalen Funktionen führen kann, stellt sich allgemein die Frage, wann sich Funktionen, zumindest lokal, durch Polynome approximieren lassen.
Eine ganzrationale Funktion
f (x) =
n
X
ak x k ,
k=0
lässt sich auch folgendermaßen schreiben
f (x) =
n
X
f (k) (0)
k!
k=0
xk .
Ersetzen wir hierbei den Punkt 0 durch den Punkt a, so erhalten wir entsprechend
f (x) =
n
X
f (k) (a)
k!
k=0
(x − a)k .
Taylorsche Formel: Sei I ⊂ R ein Intervall und a, x ∈ I. Ferner sei f : I → R eine (n + 1)-mal
stetig differenzierbare Funktion. Dann gilt
f (x) = f (a) +
=
n
X
f (k) (a)
k=0
k!
f 0 (a)
f 00 (a)
f (n) (a)
(x − a) +
(x − a)2 + ... +
(x − a)n + Rn+1 (x)
1!
2!
n!
(x − a)k + Rn+1 (x) ,
wobei
1
Rn+1 (x) =
n!
Zx
a
(x − t)n f (n+1) (t) dt .
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87
Die Lagrangesche Form dieses Restgliedes Rn+1 (x) lautet:
Es existiert ein ξ ∈ [a, x] bzw. ξ ∈ [x, a], so dass
Rn+1 (x) =
f (n+1) (ξ)
(x − a)n+1 .
(n + 1)!
Mit Hilfe der Taylor-Entwicklung lässt sich folgender Satz beweisen:
Sei I ⊂ R ein Intervall und x ∈ I. Ferner sei f : I → R eine n-mal stetig differenzierbare
Funktion. Dann gilt
f (x) =
n
X
f (k) (a)
k!
k=0
(x − a)k + η(x)(x − a)n ,
wobei η : I → R eine Funktion mit der Eigenschaft
lim η(x) = 0
x→a
ist.
Definition
• Sei f : I → R eine n-mal differenzierbare Funktion und a ∈ I.
Dann heißt
n
X
f (k) (a)
k=0
k!
(x − a)k
Taylor-Polynom n-ter Ordnung von f mit Entwicklungspunkt a.
• Sei f : I → R eine beliebig oft differenzierbare Funktion und a ∈ I. Dann heißt
∞
X
f (k) (a)
k=0
k!
(x − a)k
Taylor-Reihe von f mit Entwicklungspunkt a.
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88
Anmerkungen
• Der Konvergenzradius einer Taylor-Reihe ist nicht notwendigerweise positiv.
• Auch wenn die Taylor-Reihe von f konvergiert, konvergiert sie nicht notwendigerweise
gegen f .
• Für x ∈ I konvergiert die Taylor-Reihe von f (x) genau dann gegen f (x), wenn Rn+1 (x)
gegen 0 konvergiert.
• Das Restglied Rn+1 lässt sich auch folgendermaßen darstellen:
– Schlömilchsche Form von Rn+1 : Sei p ∈ N mit 1 ≤ p ≤ n + 1.
Es existiert ein ξ ∈ [a, x] bzw. ξ ∈ [x, a], so dass
f n+1 (ξ)
(x − ξ)n+1−p (x − a)p .
Rn+1 (x) =
p · n!
– Cauchysche Form von Rn+1 (entspricht der vorangegangenen Darstellung im Falle
p = 1):
Es existiert ein ξ ∈ [a, x] bzw. ξ ∈ [x, a], so dass
Rn+1 (x) =
f n+1 (ξ)
(x − ξ)n (x − a) .
n!
Beispiele
(1) Wir entwickeln die Funktion
f : (−1, 1) → R , f (x) =
√
1 + x,
für den Entwicklungspunkt a = 0, in erster Ordnung.
Es gilt
1
1
f (0) = 1 , f (0) = √
= .
2 1 + x x=0 2
0
Demnach erhalten wir
√
x
f (x) = 1 + x = 1 + + η(x)x mit lim η(x) = 0
x→0
2
(2) Die Exponentialreihe
Die Exponentialfunktion
exp : R → R
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89
ist definiert als Exponentialreihe, so dass
exp(x) :=
∞
X
xn
n!
n=0
.
Demnach ist die Exponentialreihe die Taylor-Reihe von exp mit Entwicklungspunkt a = 0.
Abschätzung des Restglieds
Es gilt
exp(x) =
N
X
xn
n=0
n!
+ RN +1 (x) ,
wobei
|RN +1 (x)| ≤ 2
N
|x|N +1
für |x| ≤ 1 + .
(N + 1)!
2
Beweis
Das Restglied
RN +1 (x) =
∞
X
xn
n!
n=N +1
lässt sich folgendermaßen abschätzen:
n
∞
X
x =
|RN +1 (x)| ≤
n! n=N +1
|x|N +1
|x|2
|x|
1+
+
+ ...
(N + 1)!
N + 2 (N + 2)(N + 3)
!
|x|k
... +
+ ...
(N + 2) · .... · (N + k + 1))
=
|x|N +1
≤
(N + 1)!
|x|
1+
+
N +2
|x|
N +2
2
+ ... +
|x|
N +2
k
!
+ ...
.
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Da wir o.B.d.A. |x| ≤ 1 +
N
2
|x|N +1
|RN +1 (x)| ≤
(N + 1)!
90
setzen können, gilt
1 1
1
1 + + + ... + k + ... .
2 4
2
Die geometrische Reihe
∞ n
X
1
n=0
2
konvergiert gegen 2. Daher erhalten wir
|RN +1 (x)| ≤ 2
|x|N +1
.
(N + 1)!
Zur Konvergenz der Taylor-Reihe für exp(x)
ex
y
T 15 ( x)
T 10 ( x)
T 5 ( x)
T 3 ( x)
x
T 1 ( x)
Abbildung 2.11 Approximation von exp durch Taylor-Polynome Tn
der Ordnung n = 1, 3, 5, 10, 15
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91
y
ex
T 10 ( x)
T 2 ( x)
T 4 ( x)
x
Abbildung 2.12 Approximation von exp durch Taylor-Polynome Tn
der Ordnung n = 2, 4, 10
(3) Die Taylor-Reihen von Sinus und Cosinus
Die Funktionen sin und cos sind gegeben durch
∞
X
x2k+1
(−1)k
sin x =
(2k + 1)!
k=0
und
cos x =
∞
X
k=0
(−1)k
x2k
.
(2k)!
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92
Zur Konvergenz der Taylor-Reihe für sin(x)
y
T 7(x)
T 3 ( x)
T 1 ( x)
T 5 ( x)
T 11 ( x)
sin x
T 31 ( x )
x
Abbildung 2.13 Approximation von sin durch einige
Taylor-Polynome Tn
(4) Die Logarithmusreihe
Sei −1 < x ≤ +1. Dann gilt
ln(1 + x) =
∞
X
(−1)n−1
n=1
xn
.
n
(5) Die Arcus-Tangens-Reihe
Sei |x| ≤ 1. Dann gilt
∞
X
x2n+1
arctan x =
(−1)n
.
2n + 1
n=0
(6) Die Binomische Reihe
Sei α ∈ R und |x| < 1. Dann gilt
α
(1 + x) =
∞ X
α
n=0
n
xn ,
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wobei
Y
n
α
α−k+1
=
.
n
k
k=1
93
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2.6
94
Übungsaufgaben: Folgen und Reihen
Aufgabe 1
Untersuchen Sie die Folgen (xn )n∈N auf Konvergenz und bestimmen Sie gegebenenfalls den
jeweiligen Grenzwert:
5n2 + 3n − 4
,
n3 + 1
1
c) xn = n((1 + )2 − 1) ,
n
a) xn =
e) xn =
(−1)n+1 n2
,
(−1)n+1 + n2
1 + (−1)n
,
2
n3 + 3
n5 + 3n2
d) xn =
− 3
,
n+1
n + n2 + 1
n
Y
1
f) xn =
(1 − 2 ) , mit n ≥ 2.
k
k=2
b) xn =
Aufgabe 2
Bestimmen Sie mit Hilfe der Grenzwertregeln die folgenden Grenzwerte
3
5 + 3n − 5n2
4n + 2 3
)( +
) , b) lim (
),
n→∞
n→∞ 5n − 1 2
n+1
2n2 − 2
r
1
1
e) lim (1 + )2n .
d) lim n( 1 + − 1) ,
n→∞
n→∞
n
3n
a) lim (
√
c) lim n( n2 + 1 − n) ,
n→∞
Hinweis zu e): Es gilt
lim (1 +
n→∞
1 n
) = e.
n
Aufgabe 3
Sei q ∈ R mit |q| < 1. Ferner sei r ∈ R. Bestimmen Sie den Grenzwert der Folge
(nr q n )n∈N .
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Aufgabe 4
Sei a > 0. Berechnen Sie folgende Grenzwerte
√
√
b) lim n a .
a) lim n n ,
n→∞
n→∞
Aufgabe 5
Zeigen Sie, dass die Folge (xn )n∈N mit
xn =
1
1
1
+
+ ... +
n n+1
2n
1
gegen einen Grenzwert im Intervall [ , 1] konvergiert.
2
Aufgabe 6
Geben Sie Beispiele für Nullfolgen (an )n∈N und (bn )n∈N an, so dass
an
= c,
wobei c ∈ R,
n→∞ bn
an
b) ( )n∈N beschränkt, aber nicht konvergent ist.
bn
a) lim
Aufgabe 7
Sei d > 1. Bestimmen Sie den Grenzwert der rekursiv definierten Folge
1
a0 = 0 , an+1 = (an + 1) für n ≥ 0 .
d
Aufgaben 8
Es sei (an )n≥0 die Folge der Fibonacci-Zahlen. Es gilt daher
a0 = 1 , a1 = 1 und an = an−1 + an−2 für n ≥ 2 .
Zeigen Sie durch vollständige Induktion, dass
an ≥ n für alle n ≥ 0 .
95
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96
Aufgabe 9
Berechnen Sie folgende Summen
∞
X
1
a)
(− )n−1 ,
8
n=1
∞
X
2
b)
4(− )n−1 ,
5
n=1
∞
X
3
c)
( )n−1 .
10
n=1
Aufgabe 10
Sei a > 0, b > 1 und k ∈ N. Stellen Sie fest, ob die folgenden Reihen
∞
X
xn
n=1
konvergieren, falls
a) xn = (−1)n
n
,
2n + 1
1
,
n · 2n
nk
g) xn = n ,
b
1
j) xn = n
,
10 + 1
d) xn =
m) xn = (−1)n+1
e)
h)
k)
1
,
n2
n+4
10n−1
,
,
c)
x
=
n
n3
(n − 1)!
2n − 1
1
xn =
,
f)
x
=
,
n
2n
2n−1
√
√
n
n
xn = (−1)
, i) xn = (−1)n (1 − n a) ,
n+1
2n
1
xn = (−1)n+1 ,
l) xn = (−1)n−1
,
n
2n − 1
n(2 + sin n)
xn = √
.
n4 + 1
b) xn =
n)
Aufgabe 11
Welche der folgenden Aussagen ist richtig, welche falsch?
a) Wenn (an )n∈N eine monoton fallende Nullfolge ist, dann ist die Reihe
∞
X
an konvergent.
n=1
b) Wenn (an )n∈N keine Nullfolge ist, dann ist die Reihe
∞
X
an divergent.
n=1
n
P
c) Wenn die Folge der Partialsummen (
ak )n∈N beschränkt ist, dann ist sie auch
k=1
konvergent.
d) Wenn die Folge der Partialsummen (
n
P
ak )n∈N unbeschränkt ist, dann ist sie auch
k=1
divergent.
∞
X
an+1
e) Wenn lim |
| = 1 ist, dann ist die Reihe
an konvergent.
n→∞ an
n=1
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f) Wenn die Reihe
∞
X
97
∞
X
an absolut konvergiert, dann konvergiert auch
(−1)n an absolut.
n=1
n=1
Aufgabe 12
Bestimmen Sie den Konvergenzbereich und Konvergenzradius der Potenzreihen
n
a) fn (x) = nx ,
xn
,
2n
e) fn (x) = (−1)n−1 x2(n−1) .
c) fn (x) =
nx
b) fn (x) = (−1)
d) fn (x) =
fn (x) mit
n=1
n
n
∞
X
,
n
xn ,
n+1
Untersuchen Sie hierzu auch das Konvergenzverhalten in den Randpunkten des Konvergenzbereichs.
Aufgabe 13
Bestimmen Sie die Taylor-Reihe für
a) die Funktion
x
f : R → R, x 7→ exp( ) ,
2
mit Entwicklungspunkt x0 = 2,
b)
f : R → R, x 7→ x3 − 6x + 3 ,
mit Entwicklungspunkt x0 = 2,
c) die Funktion
f : R → R, x 7→ cosh x ,
mit Entwicklungspunkt x0 = 0,
d) die Funktion
f : R → R, x 7→ ln x ,
mit Entwicklungspunkt x0 = 2.
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98
Aufgabe 14
Bestimmen Sie das Taylor-Polynom neunter Ordnung für
f : R → R, x 7→ √
1
,
1 − x3
zum Entwicklungspunkt x0 = 0 und vergleichen Sie den damit erhaltenen Näherungswert für
f (x = 0, 2) mit dem exakten Wert.
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3
99
Differentialrechnung im Rn
Funktionen mehrere Variablen treten in der Physik und Chemie sehr häufig auf. Beispielsweise
lassen sich
• die Zustandsgleichung idealer Gase
pV = nRT
• und das Ohmsche Gesetz
R=
U
I
als Funktionen mehrerer Variablen, wie p(n, V, T ) oder U (R, I), betrachten.
Dabei wird der Definitionsbereich oft stärker als mathematisch notwendig eingeschränkt, da
durch Naturgesetze zusätzliche Restriktionen gegeben sein können. So lässt sich für den Druck
p = p(V, T ) eines idealen Gases als Definitionsbereich beispielsweise
Dp = {(V, T ) ∈ R2 | T ≥ 0, V > 0}
wählen, wenn wir n als konstant voraussetzen.
Der Definitionsbereich Dp lässt sich dann folgendermaßen veranschaulichen
T
Dp
V
Abbildung 3.1 Dp für ein ideales Gas bei n = const.
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100
Der Definitionsbereich einer Funktion mit n reellen Variablen ist eine Punktmenge im Rn . Bei
zwei Variablen kann das in einfachen Fällen beispielsweise ein Rechteck
{(x, y) ∈ R2 | a ≤ x ≤ b, c ≤ y ≤ d}
sein
y
d
Df
c
a
b
x
Abbildung 3.2 Rechteck als Punktmenge des R2
oder eine Kreisfläche
{(x, y) ∈ R2 | (x − x0 )2 + (y − y0 )2 ≤ r2 } .
y
( x , y)
y0
Df
x0
x
Abbildung 3.3 Kreisfläche als Punktmenge des R2
Ebenen
Geometrisch lassen sich Gleichungen wie
x + y + z = b mit (x, y, z) ∈ R3 ,
zu festem b ∈ R, als Ebenen im R3 beschreiben.
Eine Teilmenge A ⊂ R3 ist genau dann eine Ebene, wenn es zu b ∈ R Zahlen a1 , a2 , a3 ∈ R
mit (a1 , a2 , a3 ) 6= (0, 0, 0) gibt, so dass
A = {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R3 | a1 x1 + a2 x2 + a3 x3 = b}
gilt.
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101
Da nicht alle Koeffizienten der Ebenengleichung verschwinden, existiert auch eine Darstellung
der Form
z = z(x, y) .
Jedoch müssen Funktionen f (x, y) nicht linear von den Variablen x und y abhängen. Allgemeiner betrachten wir Abbildungen f von Teilmengen D ⊂ Rn nach R, d.h.
f : D → R , (x1 , ..., xn ) 7→ f (x1 , ..., xn ) .
Der Graph von f ist die Menge
Γf := {(x, y) ∈ D × R | y = f (x)} .
Demnach ist Γf ⊂ Rn+1 .
Die folgende Abbildung zeigt den Graphen der Funktion
f : D → R , (x, y) 7→ z = f (x, y) = x2 + y 2
für D = [−10, 10] × [−10, 10].
Abbildung 3.4 Graph von f (x, y) = x2 + y 2 (Rotationsparaboloid)
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102
Die folgende Abbildung zeigt den Graphen der Funktion
f : D → R , (x, y) 7→ z = f (x, y) = x3 − y 3
für D = [−3, 3] × [−3, 3].
Abbildung 3.5 Graph von f (x, y) = x3 − y 3
Eine Funktion f : U → R mit U ⊂ Rn , n ≥ 2, lässt sich auch durch die Schar Nf (c), c ∈ R,
ihrer Niveaumengen
Nf (c) := {x ∈ U | f (x) = c} ⊂ Rn
beschreiben.
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103
Im Fall n = 2 werden die Niveaumengen auch Höhenlinien genannt.
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
- 0.2
- 0.4
- 0.6
- 0.8
- 1.0
- 1.0
- 0.8
- 0.6
- 0.4
- 0.2
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
Abbildung 3.6 Höhenlinien von f (x, y) = x2 + y 2
3
2
1
0
-1
-2
-3
-3
-2
-1
0
1
2
3
Abbildung 3.7 Höhenlinien von f (x, y) = x3 − y 3
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3.1
104
Partielle Ableitungen
Definition: Sei U ⊂ Rn eine offene Menge und
f :U →R
eine Funktion. Ferner sei ei ∈ Rn der i-te Einheitsvektor
ei = (0, ...., 1, ...., 0) ,
wobei nur an der i-ten Stelle eine 1, sonst aber nur 0-Einträge auftreten. Die Funktion f heißt im
Punkt x ∈ U partiell differenzierbar bezüglich der i-ten Koordinatenrichtung, falls der Limes
∂f (x)
f (x + hei ) − f (x)
:= lim
h→0
∂xi
h
existiert, wobei h ∈ R∗ mit x + hei ∈ U ist.
∂f (x)
schreiben wir auch ∂xi f (x).
∂xi
Nehmen wir an, dass für x = (x1 , ...., xn ) ∈ U nur eine Koordinate variabel ist, die anderen
n − 1 Koordinaten aber fest, so erhalten wir Funktionen
Statt
ξ 7→ fi (ξ) := f (x1 , ...., xi−1 , ξ, xi+1 , ..., xn ) .
Die partielle Ableitung der i-ten Koordinatenrichtung lässt sich dann als gewöhnliche Ableitung
von fi (ξ) formulieren. Demnach gilt
∂f (x)
= fi0 (xi )
∂xi
und wir können unsere Ergebnisse und Definitionen der Differentialrechnung einer reellen Variablen nutzen.
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105
Beispiele
• Für die partielle Ableitung von
f (x, y) = x + 2xy
nach x erhalten wir
∂f (x, y)
= 1 + 2y
∂x
und für die partielle Ableitung nach y
∂f (x, y)
= 2x .
∂y
• Für die partielle Ableitung von
1
f (x, y) = x2 + exy
2
nach x erhalten wir
∂f (x, y)
= x + y exy
∂x
und für die partielle Ableitung nach y
∂f (x, y)
= x exy .
∂y
Höhere Ableitungen
Sei U ⊂ Rn offen und
f :U →R
eine partiell differenzierbare Funktion. Sind alle partiellen Ableitungen
∂f
: U → R, 1 ≤ i ≤ n,
∂xi
partiell differenzierbar, so heißt f zweimal partiell differenzierbar. Entsprechend wird der Begriff k-mal partiell differenzierbar erklärt.
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106
Eine übliche Schreibweise für die Ableitungen zweiter Ordnung von f ist
∂ 2f
∂xj ∂xi
und, falls i = j,
∂ 2f
.
∂x2i
Beispiel
Für die Funktion
f (x, y) = cos x · sin y
erhalten wir für die Ableitungen erster Ordnung
∂f (x, y)
∂f (x, y)
= − sin x · sin y ,
= cos x · cos y
∂x
∂y
und für die Ableitungen zweiter Ordung
∂ 2 f (x, y)
∂ 2 f (x, y)
=
−
cos
x
·
sin
y
,
= − sin x · cos y
∂x2
∂y∂x
und
∂ 2 f (x, y)
∂ 2 f (x, y)
= − sin x · cos y ,
= − cos x · sin y .
∂x∂y
∂y 2
Eine Funktion f : U → R heißt k-mal stetig partiell differenzierbar, wenn sie k-mal partiell
differenzierbar ist und alle partiellen Ableitungen der Ordnung ≤ k stetig sind.
Satz: Sei U ⊂ Rn offen und f : U → R zweimal stetig partiell differenzierbar. Dann gilt für
alle a ∈ U
∂ 2f
∂ 2f
(a) =
(a) für 1 ≤ i, j ≤ n .
∂xi ∂xj
∂xj ∂xi
Anmerkung: Die Eigenschaft
∂ 2f
∂ 2f
=
∂x∂y
∂y∂x
können wir auch für das vorangegangene Beispiel nutzen.
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3.2
107
Approximation durch affin-lineare Funktionen
Sei U ⊂ Rn offen und f : U → Rm eine Abbildung, die im Punkt x0 ∈ U differenzierbar sei.
Dann lässt sich f durch affin-lineare Funktionen
f (x) = f (x0 ) + A · (x − x0 )
approximieren, wobei für die Matrix A = (aij ) mit 1 ≤ i ≤ m und 1 ≤ j ≤ n gilt
aij =
∂fi
(x0 ) .
∂xj
Diese Matrix wird als das Differential oder die Jacobi- oder Funktional-Matrix von f im Punkte
x0 bezeichnet
Anmerkung: Die Variable x und der Punkt x0 sind Elemente des Rn .
Ist m = 1 und n = 2, so ist A der Vektor
(
∂f ∂f
,
)(x0 ) ,
∂x1 ∂x2
wobei x0 = (x0,1 , x0,2 ). Selbstverständlich können wir hier für x1 auch x und für x2 auch y
schreiben. Für m = 1 und n = 2 erhalten wir für unsere Näherung
f (x, y) = f (x0 , y0 ) +
∂f (x0 , y0 )
∂f (x0 , y0 )
(x − x0 ) +
(y − y0 ) .
∂x
∂y
Im Falle n = 1 haben wir die Funktion durch die Geradengleichung der Tangente approximiert.
Hier gehen wir entsprechend vor. Statt der Geradengleichung erhalten wir eine Ebenengleichung.
Wir nennen eine Teilmenge A ⊂ Rn Ebene, wenn es v, w1 , w2 ∈ Rn gibt, wobei w1 und w2
linear unabhängig sind und
A = {u ∈ Rn | u = v + λ1 w1 + λ2 w2 mit λ1 , λ2 ∈ R}
gilt. Kürzer schreiben wir hierfür
A = v + Rw1 + Rw2 .
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108
Tangentialebene
Sei U ⊂ R2 und f : U → R eine in (x0 , y0 ) stetig partiell differenzierbare Funktion.
Wir betrachten die Tangentialebene an den Graphen von f im Punkte P mit den Koordinaten
(x0 , y0 , f (x0 , y0 )).
Die beiden linear unabhängigen Vektoren
(1, 0, ∂x f (x0 , y0 )) und (0, 1, ∂y f (x0 , y0 ))
sind Elemente dieser Tangentialebene.
Daher erhalten wir als Parameterdarstellung dieser Ebene
(x, y, z) = (x0 , y0 , f (x0 , y0 )) + λ(1, 0, ∂x f (x0 , y0 )) + µ(0, 1, ∂y f (x0 , y0 )) ,
wobei λ, µ ∈ R.
Ist A ⊂ Rn eine Ebene, so wird ein s ∈ Rn als orthogonal zu A, oder als Normalenvektor von
A, bezeichnet, wenn für alle v1 , v2 ∈ A gilt
hs, v1 − v2 i = 0 .
Ist A = v + Rw1 + Rw2 , so ist s orthogonal zu A genau dann, wenn
s ⊥ w1 und s ⊥ w2 ist.
Der Vektor
~n := w
~1 × w
~ 2 = (−∂x f (x0 , y0 ), −∂y f (x0 , y0 ), 1)
ist orthogonal zu unserer Tangentialebene.
Da
h~n, ((x, y, z) − (x0 , y0 , f (x0 , y0 )))i = 0
gilt, erhalten wir
nx (x − x0 ) + ny (y − y0 ) + nz (z − z0 ) = 0 ,
wobei z0 := f (x0 , y0 ), und als weitere Darstellung der Tangentialebene in (x0 , y0 , f (x0 , y0 ))
z − f (x0 , y0 ) =
∂f (x0 , y0 )
∂f (x0 , y0 )
(x − x0 ) +
(y − y0 ) .
∂x
∂y
Anmerkung: Letztere Darstellung ergibt sich auch unmittelbar aus obiger Parameterdarstellung.
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109
Beispiel
Mit Hilfe unserer Approximation sollen Funktionswerte von
√
z = f (x, y) = x · y 2
in der Umgebung des Punktes P (1, 2) berechnet werden.
Es gilt f (1, 2) = 4 und
√
y2
z − 4 = ( √ )(1,2) 4x + ( x · 2y)(1,2) 4y = 2 4x + 4 4y ,
2 x
mit 4x := x − x0 und 4y := y − y0 .
Für 4x = −0, 05 und 4y = 0, 06 erhalten wir nach dieser Approximation
f (0, 95 , 2, 06) = 4 − 2 · 0, 05 + 4 · 0, 06 = 4, 140 .
Setzen wir x = 0, 95 und y = 2, 06 stattdessen direkt in f (x, y) ein, so erhalten wir
f (0, 95 , 2, 06) = 4, 136.
Fehlerrechnung
Um zu bestimmen, wie sich Fehler von Messungen in einer Meßgröße niederschlagen, betrachten wir die jeweilige funktionale Abhängigkeit und bestimmen neben dem resultierenden
Mittelwert auch die resultierende Abweichung der Meßgröße im Rahmen einer linearen Approximation.
Dabei nehmen wir an, dass die Messgröße
f : U → R, x 7→ f (x) ,
mit U ⊂ Rn , von x = (x1 , ..., xn ) abhängt. Werte der Variablen xi werden durch eine Messung
bestimmt. Dabei treten Messfehler auf, so dass wir statt xi die Große xi ± 4xi betrachten.
Die Mittelwerte der Größen xi legen einen Wert für die Messgröße f (x) fest. Wie sich dabei
die Fehler 4xi , im Falle 4xi xi , fortplanzen, zeigen wir im folgenden Abschnitt.
Für f : U → R mit U ⊂ Rn können wir, bei kleinen Fehlern 4xi , die Näherung
n
X
∂f
(x0 )4xi
4z =
∂x
i
i=1
verwenden.
Als maximalen absoluten Fehler |4z| definieren wir dann
n X
∂f
|4xi | .
|4z|m :=
(x
)
0
∂xi
i=1
Damit steht uns ein einfaches Fehlerfortpflanzungsgesetz zur Verfügung.
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110
Beispiele
• Nach der Zustandsgleichung für ideale Gase,
pV = nRT ,
lässt sich beispielsweise der Druck p des idealen Gases als Funktion p = p(n, V, T )
schreiben.
Nach unserer Näherung erhalten wir für 4p
4p =
∂p
∂p
∂p
4V +
4T +
4n .
∂V
∂T
∂n
Mit
∂p
nRT
∂p
nR
∂p
RT
=− 2 ,
=
und
=
∂V
V
∂T
V
∂n
V
und p0 = p(n0 , V0 , T0 ) ergibt sich für den maximalen relativen Fehler
|4p|m
=
p0
n0 RT0
V0
−1 n0 RT0
n0 R
RT0
|4V | +
|4T | +
|4n| .
V02
V0
V0
Demnach gilt
|4V | |4T | |4n|
|4p|m
=
+
+
.
p0
V0
T0
n0
Für
|4V |
|4T |
|4n|
=
=
= 2%
V0
T0
n0
erhalten wir somit
|4p|m
= 6% .
p0
• Für den Ohmschen Widerstand gilt
R=
U
.
I
Hier erfolgt die Messung des Widerstandes R anhand einer Messung der Spannung U
und der Stromstärke I.
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111
Um den maximalen relativen Fehler von R = R(U, I) abzuschätzen, nutzen wir die Beziehung
|4R|m 4U 4I =
+
.
R0
U0 I0 Somit erhalten wir für I = (10 ± 0, 3) A und U = (220 ± 2) V
R0 =
U0
|4R|m
= 22, 0 Ω und
≈ 4% .
I0
R0
Beispiele für Fehlerabschätzungen
Funktionen z = f (x, y)
Maximaler absoluter bzw. relativer Fehler
z = x + y, z = x − y
|4z|m = |4x| + |4y|
x
z = c xy, z = c
y
|4z|m 4x 4y +
=
|z0 |
x0 y 0 z = c xα y β mit α, β ∈ R∗
|4z|m 4x 4y + β
= α
|z0 |
x0 y 0 Dabei setzen wir z0 := f (x0 , y0 ).
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3.3
112
Lineare Regression
Lassen sich die Daten der Ausprägungen zweier Merkmale X und Y näherungsweise in Form
eines linearen Zusammenhangs darstellen, so verhilft die lineare Regressionsrechnung zu einer
genaueren Analyse der funktionalen Abhängigkeit beider Merkmalsausprägungen. Dabei liegen
die Daten in Form von Wertepaaren (x1 , y1 ), ...., (xn , yn ), mit xi , yi ∈ R, vor.
Es wird davon ausgegangen, dass
yi = α + βxi + ci für i = 1, ..., n
gilt. Hier sind α, β, ci ∈ R, wobei die Größen ci zufällige Fehler darstellen.
Die Methode der kleinsten Quadrate
Die Parameter α und β sollen so bestimmt werden, dass durch die Regressionsgerade
ŷ = a + bx
eine möglichst gute Schätzung ŷ für die Ausprägung y des Merkmals Y bietet.
Ein geeignetes Maß für die Güte dieser Schätzung stellt die Summe der Abweichungsquadrate
2
S =
n
X
(yi − ŷi )2
i=1
dar, wobei
ŷi := a + bxi
sei. Nun sollen die Schätzgrößen a und b für α und β so bestimmt werden, dass S 2 minimal
wird.
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113
y
6
( xi , yi)
5
̂y =a +b x
4
3
( x i , ŷ i )
2
1
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
x
Abbildung 3.8 Methode der kleinsten Quadrate
Die Parameter a und b ergeben sich dann als Lösungen des Normalengleichungssystems
n
X
∂S 2
= −2
(yi − a − bxi ) = 0
∂a
i=1
und
n
X
∂S 2
= −2
xi (yi − a − bxi ) = 0 .
∂b
i=1
Nach der ersten der beiden Gleichungen ist der Schätzwert für α
a = ȳ − bx̄ ,
wobei
n
n
1X
1X
x̄ =
xi und ȳ =
yi
n i=1
n i=1
die Mittelwerte der Größen xi bzw. yi sind.
Die zweite Gleichung impliziert
n
n
1X 2
1X
xi yi − ȳx̄ + bx̄2 − b
x = 0.
n i=1
n i=1 i
Nach dieser Gleichung und mit Hilfe der Identitäten
n
X
i=1
(xi − x̄)(yi − ȳ) =
n
X
i=1
xi yi − nx̄ȳ
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114
und
n
X
(xi − x̄)2 =
i=1
n
X
x2i − x̄2 n
i=1
erhalten wir schließlich
n
P
b=
(xi − x̄)(yi − ȳ)
i=1
n
P
,
(xi − x̄)2
i=1
den Schätzwert für β.
Beispiel
Gesucht ist die Regressionsgerade für folgende Daten (xi , yi ):
(−4, −3), (−2, 1), (−1, 0), (0, 1), (4, 5) .
Die Schätzwerte a und b lassen sich mittels
5
X
xi = −4 − 2 − 1 + 0 + 4 = −3 ,
i=1
5
X
5
X
yi = −3 + 1 + 0 + 1 + 5 = 4 ,
i=1
x2i = 42 + 22 + 1 + 0 + 42 = 37
i=1
und
5
X
xi yi = (−4) · (−3) + (−2) · 1 + (−1) · 0 + 0 · 1 + 4 · 5 = 30
i=1
bestimmen. Demnach gilt
30 · 5 + 12 + b(9 − 5 · 37) = 0
und
5a = 4 + 3b .
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115
Die Parameter der Regressionsgerade
y = a + bx
sind daher
a ≈ 1, 35 , b ≈ 0, 92 .
y
6
5
4
3
2
1
0
-5
-4
-3
-2
-1
-1
0
1
2
3
4
5
x
-2
-3
-4
Abbildung 3.9 Datenpunkte und die zugehörige Regressionsgerade
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3.4
116
Lokale Extrema im Rn
Sei f : U → R und U ⊂ Rn eine offene Menge. Ein Punkt x ∈ U heißt lokales Extremum, oder
genauer lokales Maximum oder lokales Minimum von f , falls es eine Umgebung V ⊂ U gibt,
so dass,
• im Falle eines lokalen Maximums,
f (x) ≥ f (y) für alle y ∈ V ,
• und im Falle eines lokalen Minimums,
f (x) ≤ f (y) für alle y ∈ V ,
gilt.
Sofern zusätzlich f (x) = f (y) nur für x = y gilt, so wird das jeweilige lokale Extremum als
isoliert bezeichnet.
Definition: Sei A = (aij ) eine reelle Matrix mit 1 ≤ i, j ≤ n und aij = aji . Dann heißt A
• positiv definit, falls
hξ, Aξi > 0 für alle ξ ∈ Rn \{0} ,
• positiv semidefinit, falls
hξ, Aξi ≥ 0 für alle ξ ∈ Rn ,
• negativ definit, bzw. negativ semidefinit, falls die Matrix −A positiv definit, bzw. positiv
semidefinit ist,
• und indefinit, falls es Vektoren ξ, η ∈ Rn gibt, so dass
hξ, Aξi > 0 und hη, Aηi < 0
gilt.
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117
Definition: Sei f : U → Rm und U ⊂ Rn eine offene Menge. Ferner sei f eine stetig partiell
differenzierbare Funktion. Unter dem Differential, der Jacobi- oder Funktional-Matrix von f
im Punkte x ∈ U wird der Term
(Df )(x) := Jf (x) :=
∂fi
(x)
∂xl
1≤i≤m
1≤l≤n
verstanden.
Anmerkung: Für m = 1 ist das ist ein Element aus Rn (Vektor). Der Ausdruck
∂f
∂f
∂f
grad f (x) :=
(x)
=
(x), ...,
(x)
∂xl
∂x
∂x
1
n
1≤l≤n
heißt Gradient.
Der Vektor grad f (x) gibt die Richtung des stärksten Anstiegs von f an und steht senkrecht auf
den Höhenlinien.
Für Funktionen f : U → R mit U ⊂ R2 lässt sich der Gradient sehr einfach veranschaulichen:
y
grad f ( x , y )
P ( x , y)
f ( x , y)=c 2
f ( x , y)=c 1
x
Abbildung 3.10 Gradient grad f (x, y)
Definition: Sei f : U → R und U ⊂ Rn eine offene Menge. Ferner sei f eine zweimal stetig
partiell differenzierbare Funktion. Als Hesse-Matrix von f im Punkte x ∈ U wird der folgende
Term bezeichnet:
2
∂ f
(Hf )(x) :=
(x)
.
∂xl ∂xm
1≤l≤n
1≤m≤n
Anmerkung: Die Hesse-Matrix ist ein Element aus Rn × Rn .
Satz: Sei f : U → R und U ⊂ Rn eine offene Menge. Ferner sei f eine zweimal stetig partiell
differenzierbare Funktion und x ∈ U ein Punkt mit
grad f (x) = 0 .
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118
• Ist die Matrix (Hf )(x) positiv definit, so hat f in x ein isoliertes lokales Minimum.
• Ist (Hf )(x) negativ definit, so hat f in x ein isoliertes lokales Maximum.
• Ist die Matrix (Hf )(x) indefinit, so hat f in x kein lokales Extremum.
Anmerkung: Einen Punkt, in dem der Gradient verschwindet, bezeichnen wir als kritischen
Punkt.
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3.5
Lokale Extrema im R2
Der Vektor grad f (x) besteht hier aus zwei Komponenten. Statt grad f (x) = 0 können wir
∂f (x1 , x2 )
∂f (x1 , x2 )
= 0 und
=0
∂x1
∂x2
schreiben.
Für die Formulierung der Hesse-Matrix Hf (x) sind einige Abkürzungen sinnvoll:
a11 :=
∂ 2f
∂ 2f
(x)
,
a
:=
(x) ,
12
∂x21
∂x1 ∂x2
a21 :=
∂ 2f
∂ 2f
(x) , a22 :=
(x) .
∂x2 ∂x1
∂x22
Mit dieser Schreibweise erhalten wir
a11 a12
Hf (x) =
.
a21 a22
Wenn f eine zweimal stetig partiell differenzierbare Funktion ist, gilt außerdem
a21 = a12 .
Ferner ist Hf (x) in x ∈ U
• positiv definit, wenn det(Hf (x)) > 0 und a11 > 0
• negativ definit, wenn det(Hf (x)) > 0 und a11 < 0
• indefinit, wenn det(Hf (x)) < 0 ist.
Im folgenden Abschnitt schreiben wir der Einfachheit halber D statt det(Hf (x)).
Anmerkung
Ist die Hessesche Matrix in einer Nullstelle des Gradienten von f lediglich semidefinit, wie beispielsweise im Falle von f (x, y) = x2 + y 4 oder f (x, y) = x2 + y 3 , so
lassen sich unsere Kriterien nicht anwenden.
Für beide Funktionen gilt
grad f (0, 0) = (0, 0)
119
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
120
und
Hf (0, 0) =
20
00
.
Daher ist die Hessesche Matrix im Nullpunkt positiv semidefinit. Während jedoch
die Funktion f (x, y) = x2 +y 4 im Nullpunkt ein isoliertes lokales Minimum besitzt,
hat f (x, y) = x2 + y 3 dort kein lokales Extremum.
Für f : R2 → R mit
(x, y) 7→ z = f (x, y) = x2 − y 2
verschwindet der Gradient lediglich bei (x, y) = (0, 0).
In dem kritischen Punkt (0, 0) ist D < 0. Daher besitzt f im Punkt (0, 0) kein lokales Extremum.
Der Graph von f ist eine sog. Sattelfläche.
Abbildung 3.11 Graph von f (x, y) = x2 − y 2
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Beispiele
• Sei f : R2 → R mit
(x, y) 7→ z = f (x, y) = x2 − 2x + 1 + y 2 = (x − 1)2 + y 2 .
Für die partiellen Ableitungen erster und zweiter Ordnung erhalten wir
∂x f (x, y) = 2x − 2 , ∂y f (x, y) = 2y
und
∂x2 f (x, y) = 2, ∂y ∂x f (x, y) = 0, ∂y2 f (x, y) = 2 .
Die Bedingung
∂x f (x, y) = ∂y f (x, y) = 0
für einen kritischen Punkt impliziert, dass
2x − 2 = 0 und 2y = 0 .
Daher ist P (1, 0) der einzige kritische Punkt. Da außerdem für P
D > 0 und a11 = ∂x2 f (x, y) = 2 > 0
gilt, besitzt f in P ein lokales Minimum.
Abbildung 3.12 Graph von f (x, y) = (x − 1)2 + y 2
• Sei f : R2 → R mit
f (x, y) = x3 − 3xy + y 3 .
Für die partiellen Ableitungen erster und zweiter Ordnung erhalten wir
∂x f (x, y) = 3x2 − 3y , ∂y f (x, y) = −3x + 3y 2
121
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122
und
∂x2 f (x, y) = 6x, ∂y ∂x f (x, y) = −3, ∂y2 f (x, y) = 6y .
Die Bedingung
∂x f (x, y) = ∂y f (x, y) = 0
für einen kritischen Punkt impliziert, dass
y = x2 und x = y 2 .
Betrachten wir x = x4 , so erhalten wir, wegen x(1 − x3 ) = 0, die Nullstellen x = 0 und
x = 1 und damit die kritischen Punkte P (0, 0) und Q(1, 1).
Da im Punkt P
D = −9 < 0
gilt, hat die Funktion f in P kein lokales Extremum.
Im Punkt Q gilt
D = 27 > 0 und a11 = ∂x2 f (x, y) = 6 > 0 ,
so dass dort ein lokales Minimum vorliegt.
Abbildung 3.13 Graph von f (x, y) = x3 − 3xy + y 3
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3.6
123
Übungsaufgaben: Differentialrechnung im R2
Aufgabe 1
Bestimmen Sie den maximalen Definitionsbereich D ⊂ R2 der Funktionen
f : D → R , (x, y) 7→ f (x, y)
mit
√
p
a) f (x, y) = y − 2x ,
p
d) f (x, y) = x2 + y 2 − 1 ,
p
b) f (x, y) = (x2 − 1)(9 − y 2 ) ,
p
e) f (x, y) = 2x − 2y .
c) f (x, y) =
x+y
,
x−y
und skizzieren Sie jeweils die Punktmenge D.
Aufgabe 2
Beschreiben Sie die Höhenlinien folgender Funktionen
f : R → R , (x, y) 7→ f (x, y)
jeweils als Kurven, die sich als Kegelschnitte definieren lassen. Es sei
a) f (x, y) = x2 + y 2 + 1 ,
b) f (x, y) = x2 − y 2 ,
c) f (x, y) = xy ,
d) f (x, y) = x2 − 2x + 1 + 2y 2 .
Aufgabe 3
Berechnen Sie die partiellen Ableitungen erster Ordnung folgender Funktionen
f : D → R , (x, y) 7→ f (x, y)
mit
a) f (x, y) = x2 + xy − y 2 + 2x ,
d) f (x, y) =
x2 + y 2
,
x+y
b) f (x, y) = (3x − 4y)4 ,
e) f (x, y) = exp(xy) .
c) f (x, y) = arctan
x
,
y
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124
Aufgabe 4
Bestimmen Sie die Parameter- und Koordinatendarstellung der Tangentialebene folgender
Funktionen
f : R → R , (x, y) 7→ f (x, y)
im Punkt P (x, y, f (x, y)). Es sei
a) f (x, y) = x2 + xy − y 2 + 2x , P (1, 1, f (1, 1)),
b) f (x, y) = (x2 + y 2 ) exp(−x) , P (0, 1, f (0, 1)),
c) f (x, y) = sin(x + y) , P (π, −π, f (π, −π))
d) f (x, y) = sin x · cos y , P (π, 0, f (π, 0)).
Aufgabe 5
Die Vermessung eines Dreiecks ergab für die Grundseite c und die beiden anliegenden Winkel
folgende Werte
c = (10 ± 0, 1) m , α =
π
π
± 0, 005 und β = ± 0, 002 .
4
4
Berechnen Sie den maximalen absoluten und relativen Fehler für die Dreiecksfläche A mittels
A=
c2 sin α sin β
.
2 sin(α + β)
Aufgabe 6
Bestimmen Sie die Regressionsgerade für folgende Daten (ti , si ):
1
3 6
3 7 23
( , 1), ( , ), (2, ), ( ,
).
2
2 5
2 2 10
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Aufgabe 7
Bestimmen Sie alle lokalen Extrema der Funktionen
f : D → R , (x, y) 7→ f (x, y)
mit
a) f (x, y) = 2(x + 1)2 + (y + 1)2 ,
b) f (x, y) = 3xy 2 + 4x3 − 3y 2 − 12x2 + 1 ,
c) f (x, y) = (x2 + y 2 ) exp(−x) ,
d) f (x, y) = 2x3 − 3xy + 3y 3 + 1 ,
e) f (x, y) =
1
1 1
xy + − .
27
x y
Aufgabe 8
Gesucht wird das Maximum der Funktion
f = f (x, y) =
(x +
a)2
x
+ (y + b)2
wobei a, b reelle Konstanten sind.
125
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3.7
126
Übungsaufgaben: zur Wiederholung
Aufgabe 1
Berechnen Sie die folgenden Potenzen:
a) (1 − i)5 ,
c) (1 +
√
b) (1 + i)8 ,
3 i)4 ,
1
d) ( √
(1 + i))25 .
5
2
Aufgabe 2
Bestimmen Sie alle Lösungen der folgenden Gleichungen in C und skizzieren Sie diese in der
Gaußsche Zahlenebene:
√
a) z 4 = −1 ,
b) z 3 = −1 − 3 i ,
c) z 4 + 2z 2 = −4 ,
d) z 5 = 32i .
Aufgabe 3
Skizzieren Sie die Menge
{z ∈ C | − 1 ≤ Imz ≤ 1 , |z| = 3 und π ≤ arg z ≤ 2π}
in der Gaußschen Zahlenebene.
Aufgabe 4
Bestimmen Sie folgende Punktmenge und skizzieren Sie diese:
{z ∈ C |
|z − 3|
= 2} .
|z + 3|
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127
Aufgabe 5
Gegeben sei
u1 (t) = 2 sin t , u2 (t) = sin(t +
2π
4π
) , u3 (t) = sin(t +
).
3
3
a) Stellen Sie die komplexen Amplituden der Summen
u1 (t) + u2 (t) und u1 (t) + u2 (t) + u3 (t)
im Zeigerdiagramm dar.
b) Stellen Sie diese Summen in der Form
A sin(t + ϕ) ,
mit A ∈ R, dar.
Aufgabe 6
Sei
f : C\{0} → C, z 7→ z −1 .
Bestimmen Sie die Bilder f (M ) der folgenden Punktmengen:
a) M = {z = (1 − i)t t ∈ R},
b) M = {z = i + (1 + i)t t ∈ R},
c) M = {z ∈ C | |z + 1 + 2i| = 1}.
Aufgabe 7
Stellen Sie fest, ob die folgenden Reihen
∞
X
xn konvergieren, falls
n=1
1
a) xn = √ ,
n
d) xn = (−1)n−1
b) xn =
1
,
n2
n+1
,
n3
e) xn = (−1)n−1
c) xn =
1
.
3n − 1
n2 + 1
,
n3 + 1
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128
Aufgabe 8
Bestimmen Sie den Konvergenzbereich und Konvergenzradius der Potenzreihe
∞
X
(−1)n+1
n=1
xn
.
n2
Untersuchen Sie hierzu auch das Konvergenzverhalten in den Randpunkten des Konvergenzbereichs.
Aufgabe 9
Bestimmen Sie die Taylor-Reihe für die Funktion
f : R → R, x 7→ cos(2x) ,
mit Entwicklungspunkt x0 =
π
.
2
Aufgabe 10
Das Taylor-Polynom dritter Ordnung einer Funktion f zum Entwicklungspunkt x0 = −1 sei
T3 (x) = 3 + 4(x + 1) − (x + 1)3 .
Bestimmen Sie
f (−1), f 0 (−1), f 00 (−1) und f 000 (−1) .
Aufgabe 11
Geben Sie die Tangentialebene der Funktion
f : R → R , (x, y) 7→ exp(x2 y)
1
1
im Punkt P (2, , f (2, )) in der Parameter- und der Koordinatendarstellung an.
2
2
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129
Aufgabe 12
Eine Ebene E ⊂ R2 ist durch die Gleichung
z(x, y) = x + 2y −
5
2
gegeben.
a) Wie müssen die Parameter α, β, γ ∈ R von
f (x, y) = αx2 + βy 2 + γ
gewählt werden, damit E die Tangentialebene des Graphen von f im Punkte P (1, 3, f (1, 3))
ist?
b) Bestimmen Sie die Höhenlinien und skizzieren Sie diese für f , mit den Parametern α, β, γ
9
aus Aufgabenteil a), zum Niveau .
2
Aufgabe 13
Die Vermessung eines Dreiecks ergab für die Seiten x und y die Werte
x = (150 ± 0, 2) m , y = (200 ± 0, 2) m
und für den eingeschlossenen Winkel
α = 60◦ ± 1◦ .
Berechnen Sie den maximalen absoluten und relativen Fehler für die Dreiecksfläche A mittels
1
A = xy sin α .
2
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4
4.1
130
Integralrechnung
Das Riemannsche Integral
Das Riemannsche Integral geeigneter Funktionen und Intervalle wird im Rahmen eines Grenzwertprozesses für Treppenfunktionen eingeführt.
Treppenfunktionen
Sei a, b ∈ R mit a < b. Eine Funktion
ϕ : [a, b] → R
heißt Treppenfunktion, falls es eine Unterteilung
a = x0 < x1 < ... < xn−1 < xn = b
des Intervalls [a, b] und Konstanten ck ∈ R gibt, so dass
ϕ(x) = ck für alle x ∈ (xk−1 , xk ) mit 1 ≤ k ≤ n .
Die Funktionswerte ϕ(tk ) sind beliebig.
y
a
x1
x2
x3 x4
x5
b
x
Abbildung 4.1 Treppenfunktion und Unterteilung des Intervalls
Das Integral für Treppenfunktionen
Sei ϕ eine Treppenfunktion, die hinsichtlich der Unterteilung
a = x0 < x1 < ... < xn = b
so definiert ist, dass
ϕ(x ,x ) = ck für k = 1, ..., n .
k−1
k
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131
Dann wird
Zb
n
X
ϕ(x) dx :=
ck (xk − xk−1 )
k=1
a
definiert. Die Menge aller Treppenfunktionen ϕ : [a, b] → R bezeichnen wir mit T [a, b].
Definition: Sei f : [a, b] → R eine beschränkte Funktion. Dann wird das Oberintegral als
 b

Zb ∗
Z

f (x) dx := inf
ϕ(x) dx | ϕ ∈ T [a, b], ϕ ≥ f


a
a
und das Unterintegral als
Zb
f (x) dx := sup
a
 b
Z

∗
ϕ(x) dx | ϕ ∈ T [a, b], ϕ ≤ f



a
bezeichnet. Dabei heißt eine reelle Zahl
• Supremum sup, falls sie die kleinste obere und
• Infimum inf, falls sie die größte untere Schranke ist.
f
y
φ≥ f
φ≤ f
x
Abbildung 4.2 Treppenfunktionen und Integration
Definition: Eine beschränkte Funktion f : [a, b] → R heißt Riemann-integrierbar, wenn
Zb
Zb
∗
f (x) dx
f (x) dx =
a
a
∗
gilt. Dann wird
Zb
Zb
f (x) dx :=
a
gesetzt.
∗
f (x) dx
a
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132
Beispiele
• Treppenfunktionen ϕ ∈ T [a, b] sind Riemann-integrierbar.
• Die Funktion f : [0, 1] → R mit
1 für x ∈ Q
f (x) =
0 für x ∈ R\Q
ist nicht Riemann-integrierbar, da
Z1
Z1
∗
f (x) dx = 1 und
0
f (x) dx = 0 .
0
∗
Im folgenden Abschnitt schreiben wir statt Riemann-integrierbar lediglich integrierbar.
Satz: Jede stetige Funktion f : [a, b] → R ist integrierbar.
Das lässt sich mit Hilfe der Approximierbarkeit stetiger Funktionen und der Ober- und Unterintegrale durch Treppenfunktionen ϕ, ψ ∈ T [a, b], mit ϕ ≤ f ≤ ψ, und die jeweiligen Oberund Untersummen zeigen.
Mit dieser Eigenschaft lässt sich auch der folgende Satz beweisen.
Satz: Jede monotone Funktion f : [a, b] → R ist integrierbar.
Linearität und Monotonie des Integrals
Satz: Seien f, g : [a, b] → R integrierbar und λ ∈ R. Dann sind auch die Funktionen f + g und
λf integrierbar und es gilt:
Zb
Zb
(f + g)(x) dx =
(i)
f (x) dx +
a
a
Zb
g(x) dx,
a
Zb
(λf )(x) dx = λ
(ii)
Zb
a
(iii) Ist f ≤ g, so gilt
f (x) dx,
a
Rb
a
f (x) dx ≤
Rb
a
g(x) dx.
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133
Intervallgrenzen
Satz: Sei a < b < c und f : [a, c] → R. Die Funktion f genau dann integrierbar, wenn f |[a,b]
und f |[b,c] integrierbar sind. Dann gilt
Zc
Zb
f (x) dx =
a
Zc
f (x) dx +
a
f (x) dx .
b
Definition
• Für identische obere und untere Intervallgrenze a wird
Za
f (x) dx := 0
a
gesetzt.
Zb
• Die Integration
f (x)dx kann für b < a mittels
a
Zb
Za
f (x)dx := −
a
behandelt werden.
f (x) dx
b
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4.2
134
Integration und Differentiation
Betrachten wir statt des Integrals
Zb
f (t) dt
a
einer integrierbaren Funktion f : [a, b] → R, das entsprechende Integral mit einer variablen
Integrationsgrenze x ∈ (a, b], so erhalten wir die Funktion
Zx
F (x) :=
f (t) dt .
a
4.2.1
Der Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung
Eine differenzierbare Funktion
F :I→R
heißt Stammfunktion einer Funktion
f : I → R,
falls f die Ableitung der Funktion F , d.h.
F0 = f
ist.
Beispiel
Die Funktion
F (x) =
1
xn+1 , n ∈ N ,
n+1
ist Stammfunktion von f (x) = xn .
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135
Sei F : I → R Stammfunktion von f : I → R Eine weitere Funktion G : I → R ist genau
dann Stamfunktion von f , wenn
F (x) − G(x) = c für x ∈ I ,
mit einer Konstanten c ∈ R, gilt.
Beweis
(i) Sei F − G = c mit einer Konstanten c ∈ R. Dann gilt G0 = (F − c)0 = F 0 = f .
(ii) Sei G Stammfunktion von f . Demnach gilt G0 = f = F 0 und daher (F − G)0 = 0. Nach
dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung ist F − G = c mit einer Konstanten c ∈ R.
Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung
Sei f : I → R eine stetig Funktion und F eine Stammfunktion von f . Dann gilt
Zb
f (x) dx = F (b) − F (a) mit a, b ∈ I .
a
Beweis
Definieren wir
Zx
f (t) dt mit x ∈ I ,
F0 (x) :=
a
so ist F0 : I → R eine Stammfunktion von f mit
Zb
F0 (a) = 0 und F0 (b) =
f (t) dt .
a
Eine beliebige Stammfunktion F von f kann sich von F0 nur durch eine additive Konstante
c ∈ R unterscheiden. Daher gilt
Zb
F (b) − F (a) = F0 (b) − F0 (a) = F0 (b) =
f (t) dt .
a
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136
Beispiel
Eine einfache Integration ist bereits erforderlich, soll die entlang eines Weges verrichtete Arbeit
berechnet werden, wenn die Kraft in Wegrichtung nicht konstant ist.
Das ist beispielsweise in der Elektrostatik der Fall, wenn wir die Arbeit W berechnen, die bei
beliebigen Verschiebungen einer Ladung q im Coulomb-Feld F einer Ladung Q verrichtet wird.
Soll sich deren Ort vom Abstand r1 auf den Abstand r2 vergrößern, so erhalten wir
Zr2
W12 = −
qQ
F (r) dr = −
4π0
1
qQ 1
1
qQ 1 r2
· =
( − ).
dr =
2
r
4π0 r r1
4π0 r2 r1
r1
r1
4.2.2
Zr2
Integrationsmethoden
Substitutionsregel
Sei f : I → R eine stetige Funktion und
ϕ : [a, b] → R
eine stetig differenzierbare Funktion mit ϕ([a, b]) ⊂ I. Dann gilt
Zb
Zϕ(b)
f (ϕ(t))ϕ0 (t) dt =
f (x) dx .
a
ϕ(a)
Beweis
Sei F : I → R eine Stammfunktion von f . Dann gilt nach der Kettenregel
(F ◦ ϕ)0 (t) = F 0 (ϕ(t))ϕ0 (t) = f (ϕ(t))ϕ0 (t) .
Nach dem Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechung erhalten wir daher
Zb
Zϕ(b)
b
f (ϕ(t))ϕ (t) dt = (F ◦ ϕ(t)) = F (ϕ(b)) − F (ϕ(a)) =
f (x) dx .
0
a
a
Beispiele zur Substitutionsregel
• Wir erhalten
Z
1
2
1
dt = ln |2 + 3t| + C , wobei t 6= − ,
2 + 3t
3
3
mit Hilfe der Substitution ϕ(t) := 2 + 3t,
ϕ(a)
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137
• und
Z
2
2
2
t et dt = et + C
mittels ϕ(t) := t2 .
Einige Substitutionen
Z
• Für Integrale der Form
Z
f (ax + b) dx, mit a 6= 0, erhalten wir
1
f (ax + b) dx =
a
Z
• Für Integrale der Form
Z
f (u) du .
f (x) · f 0 (x) dx erhalten wir
Z
1
f (x) · f 0 (x) dx = (f (x))2 + C .
2
Z
1
1
Beispiel: sin x · cos x dx = sin2 x + C1 = − cos2 x + C2
2
2
Z 0
f (x)
• Für Integrale der Form
dx erhalten wir
f (x)
Z 0
f (x)
dx = ln |f (x)| + C .
f (x)
Z
Beispiel: tan x dx = − ln | cos x| + C, wobei − π2 < x < π2 .
• Ist f eine rationale Funktion, so werden Integrale der Form
Z
√
f (x, 1 − x2 ) dx oft mittels x =: cos u
umgeformt. Dabei erhalten wir
Z
Z
√
2
f (x, 1 − x ) dx = f (cos u, | sin u|) sin u du .
• Ist f eine rationale Funktion, so werden Integrale der Form
Z
√
f (x, x2 − 1) dx oft mittels x =: cosh u
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138
umgeformt. Dabei erhalten wir
Z
Z
√
2
f (x, x − 1) dx = f (cosh u, | sinh u|) sinh u du .
Hier wurde die Winkelfunktion cos des vorangegangenen Beispiels durch eine hyperbolische Funktion, nämlich den Cosinus hyperbolicus cosh, ersetzt.
Analog zu den Beziehungen für Sinus sin
sin x =
1 ix
(e − e−ix )
2i
und Cosinus cos
1
cos x = (eix + e−ix )
2
werden die Funktionen Sinus hyperbolicus sinh : R → R durch
1
sinh x := (ex − e−x )
2
und Cosinus hyperbolicus cosh : R → R durch
1
cosh x := (ex + e−x )
2
definiert.
y
cosh x
sinh x
x
Abbildung 4.3 Die Hyperbelfunktionen cosh und sinh
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Für alle x, y ∈ R gilt
cosh(x + y) = cosh x cosh y + sinh x sinh y ,
sinh(x + y) = sinh x cosh y + cosh x sinh y
und
cosh2 x − sinh2 x = 1 .
Die Funktion tanh : R → R ist durch
tanh x :=
sinh x
cosh x
definiert.
Die Umkehrfunktionen von sinh, cosh und tanh heißen arsinh, arcosh bzw. artanh.
139
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140
Partielle Integration
Seien f, g : [a, b] → R zwei stetig differenzierbare Funktionen. Dann gilt
Zb
b Z b
f (x)g 0 (x) dx = f (x)g(x) − g(x)f 0 (x) dx .
a
a
a
Beweis
Nach der Produktregel erhalten wir für die Ableitung von F := f g
(f · g)0 (x) = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x)
und mit dem Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung
Zb
Zb
0
f (x)g(x) dx +
b
b
f (x)g 0 (x) dx = F (x) = f (x)g(x) .
a
a
a
a
Beispiele zur partiellen Integration
Z
• Für x eax dx gilt
Z
1
1
x e dx = eax · x −
a
a
ax
Z
1 ax
e (ax − 1) + C ,
a2
eax dx =
Z
• für
ln x dx, mit x > 0, gilt
Z
Z
ln x dx = x · ln x −
Z
• und für
Z
x·
1
dx = x · ln x − x + C
x
x
x arctan( ) dx gilt
a
x
1
x
x arctan( ) dx = x2 arctan( ) −
a
2
a
Z
a 2
1
dx ,
x · 2
2
a + x2
was sich mittels
x2
x 2 + a2 − a2
a2
=
=
1
−
a2 + x 2
a2 + x 2
a2 + x2
umformen lässt zu
Z
x
1
x
a
x arctan( ) dx = (x2 + a2 ) arctan( ) − x + C .
a
2
a
2
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141
Partialbruchzerlegung
Seien m, n ∈ N,
p(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + ... + an xn
und
q(x) = b0 + b1 x + b2 x2 + ... + bn xm
Polynome mit reellen Koeffizienten. Ferner sei D := {x ∈ R | q(x) 6= 0}. Dann heißt die
Funktion
r : D → R, x 7→ r(x) =
p(x)
q(x)
rationale Funktion.
Lässt sich r nur mit Nennerpolynomen des Grades m > 0 darstellen, so werden die Funktionen
r auch als gebrochenrationale Funktionen bezeichnet.
Polynomdivision: Seien p und q Polynome und r eine rationale Funktion. Dann gibt es ein
Polynom p0 und ein Polynom pr , dessen Grad kleiner als der Grad von q ist, so dass
r(x) =
pr (x)
p(x)
= p0 (x) +
.
q(x)
q(x)
pr (x)
wird auch als echt gebrochen bezeichnet.
q(x)
Das sind rationale Funktionen, deren Zählerpolynom einen kleineren Grad hat als deren Nennerpolynom.
Die rationale Funktion
pr (x)
echt gebrochen und bm = 1.
q(x)
Nach dem Faktorisierungssatz (siehe Kapitel 1.6) lässt sich das Polynom q(x) als Produkt von
Faktoren der Form (x − a)k und (x2 + px + q)l , mit p2 − 4q < 0, darstellen.
Sei
• Zu jedem Faktor der Form (x − a)k gehören die Brüche
A1
A2
Ak
+
+
...
+
.
(x − a) (x − a)2
(x − a)k
• Zu jedem Faktor der Form (x2 + px + q)l gehören die Brüche
B1 x + C1
B2 x + C2
Bl x + Cl
+ 2
+ ... + 2
.
2
2
(x + px + q) (x + px + q)
(x + px + q)l
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142
Beispiele
Z
• Um
1
dx zu berechnen, können wir folgende Partialbruchzerlegung verwenden:
1 − x2
B
A
1
+
.
=
1 − x2
1−x 1+x
Mittels Koeffizientenvergleich folgt
A=B=
1
.
2
Demnach gilt
Z
Z
Z
1
1
1
1
1
dx
−
dx
=
(ln |x + 1| − ln |x − 1|) + C
dx
=
1 − x2
2
x+1
x−1
2
1 x + 1 = ln +C.
2
x − 1
Z
1
• Um
dx zu berechnen, können wir folgende Partialbruchzerlegung verwenden:
3
x − x2
x3
1
A B
C
1
= 2
= + 2+
.
2
−x
x (x − 1)
x x
x−1
Mittels Koeffizientenvergleich folgt
A = −1, B = −1, C = 1 .
Demnach gilt
Z
Z
Z
Z
1
1
1
1
dx = −
dx −
dx +
dx
3
2
2
x −x
x
x
x−1
x − 1 1
1
+ +C.
= − ln |x| + + ln |x − 1| + C = ln x
x x
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143
Beispiele zur Flächenberechnung
• Gesucht ist die Fläche, die der Funktionsgraph von
f : [a, b] → R , x 7→ f (x) = c , mit c ∈ R∗+ ,
mit der Abszisse und den Geraden x = a und x = b einschließt.
y
f ( x )=c
c
b
a
x
Abbildung 4.4 Flächeninhalt eines Rechtecks
Wir erhalten
Zb
c dx = c · (b − a) .
a
• Gesucht ist die Fläche, die der Funktionsgraph von
f : [0, a] → R , x 7→ f (x) = m x , mit m ∈ R∗+ ,
mit der Abszisse und der Geraden x = a einschließt.
y
f ( x )=m x
0
a
x
Abbildung 4.5 Flächeninhalt eines Dreiecks
Wir erhalten
a
Za
x2 h a2
1
m x dx = m = ·
= ah ,
2 0
a 2
2
0
mit h := f (a).
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144
• Der Flächeninhalt eines Kreises {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 = r2 } lässt sich mit Hilfe des
Integrals
Zb √
r2 − x2 dx , mit − r < a < b < r ,
a
und dieses mittels
Zb √
1 − x2 dx , mit − 1 < a < b < 1 ,
a
bestimmen.
Hier berechnen wir die Fläche eines Halbkreises mit Hilfe des Funktionsgraphen von
√
f : (−1, 1) → R , x 7→ y = f (x) = 1 − x2 .
y
f ( x )= √ 1− x 2
x
Abbildung 4.6 Flächeninhalt eines Halbkreises
Nach der Substitution x = sin t und den Definitionen u := arcsin a und v := arcsin b
folgt
Zb √
Zv p
Zv
1 − x2 dx =
1 − sin2 t · cos t dt = cos2 t dt .
a
u
u
Da
1
cos2 t = (cos(2t) + 1)
2
gilt, können wir
Zb √
a
1
1 − x2 dx =
2
Zv
u
v 1 v
1
(cos(2t) + 1) dt = sin(2t) + t
4
2 u
u
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schreiben.
Mit
p
sin(2t) = 2 sin t · cos t = 2 sin t · 1 − sin2 t
erhalten wir
Zb √
1−
x2
b
1 √
2
dx = (x 1 − x + arcsin x) .
2
a
a
Da der Term stetig von den Integrationsgrenzen abhängt, folgt hieraus, dass
Z1 √
1 − x2 dx =
π
2
−1
der Flächeninhalt eines Halbkreises mit Radius 1 ist.
145
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4.3
146
Uneigentliche Integrale
Hier betrachten wir die Fälle, dass
• das Intervall uneigentlich ist,
• der Integrationsbereich eine Singularität der zu integrierenden Funktion enthält.
Definition: Sei f : [a, ∞) → R eine Funktion, die über jedem Intervall [a, b], mit a < b < ∞,
Riemann-integrierbar ist. Falls der Grenzwert
Zb
lim
f (x) dx
b→∞
a
existiert, heißt das Integral
R∞
f (x) dx konvergent und es wird
a
Z∞
Zb
f (x) dx := lim
f (x) dx
b→∞
a
a
gesetzt.
Anmerkung: Entsprechend wird verfahren, wenn statt des uneigentlichen Intervalls [a, ∞) die
uneigentlichen Intervalle (−∞, b] oder (−∞, ∞) auftreten.
Beispiel
Das Integral
Z∞
1
dx , mit s ∈ R und s > 1 ,
xs
1
konvergiert, da
Zb
1
1
1
1 b
dx =
· s−1 =
s
x
1−s x
s−1
1
1
und daher
Z∞
1
1
1
dx =
.
s
x
s−1
1
1 − s−1
b
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147
Definition: Sei f : (a, b] → R eine Funktion, die über jedem Teilintervall [a + , b] ⊂ (a, b]
Riemann-integrierbar ist. Falls der Grenzwert
Zb
lim
&0
a+
f (x) dx
existiert, heißt das Integral
Rb
f (x) dx konvergent und es wird
a
Zb
Zb
f (x) dx := lim
&0
a+
a
f (x) dx
gesetzt.
Beispiel
Das Integral
Z1
1
dx , mit s ∈ R und s < 1 ,
xs
0
konvergiert, da
Z1
1
1
1 1
1
dx
=
·
(1 − 1−s )
=
s
s−1
x
1−s x
1−s
und daher
Z1
0
1
1
dx
=
.
xs
1−s
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148
Integral-Vergleichskriterium für Reihen
Satz: Ist f : [1, ∞) → R+ eine monoton fallende Funktion, so konvergiert die Reihe
∞
X
Z∞
f (n) genau dann, wenn
n=1
f (x) dx
1
existiert.
Beispiel
Die Reihe
∞
X
1
, mit s ∈ R ,
s
n
n=1
konvergiert für s > 1 und divergiert für s ≤ 1, wie sich leicht mit Hilfe von
Z∞
1
dx
xs
1
zeigen lässt.
Anmerkung: Die Funktion
∞
X
1
ζ(z) :=
, mit z ∈ C und Re(z) > 1 ,
nz
n=1
heißt Riemannsche Zetafunktion.
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
4.4
149
Kurven im Rn und deren Länge
Definition: Eine Kurve im Rn ist eine stetige Abbildung
f : I → Rn ,
wobei I ⊂ R ein eigentliches oder uneigentliches Intervall ist.
Beispiel
Sei r, c ∈ R mit r > 0 und c 6= 0. Die Kurve
f : R → R3 , t 7→ (r cos t, r sin t, ct)
ist eine Schraubenlinie.
Z
X
Y
Abbildung 4.7 Schraubenlinie
Länge einer Kurve
Ist x = (x1 , ..., xn ) ∈ Rn . Dann nennen wir
q
kxk = x21 + ... + x2n
die euklidische Norm von x.
Sei f : [a, b] → Rn eine Kurve. Das Intervall [a, b] wird folgendermaßen unterteilt:
a = t0 < t1 < ... < tk = b .
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150
Verbinden wir die Punkte f (ti−1 ) mit f (ti ) für i = 1, ..., k durch Geradenstücke, so erhalten
wir einen Polygonzug.
f (b)
f (t k −1 )
f (t 2)
f (a )
f (t 1 )
Abbildung 4.8 Polygonzug
Die Länge des Polygonzugs ist gleich
k
X
kf (ti ) − f (ti−1 )k .
i=1
Für eine stetig differenzierbare Kurve f : [a, b] → Rn existiert eine Folge beliebig feiner Unterteilungen, so dass die zugehörige Länge des Polygonzugs gegen die Länge L der Kurve
konvergiert. Für die Länge gilt
Zb
L=
kf 0 (t)k dt .
a
Ist I ⊂ R ein Intervall und ϕ : I → R eine stetige Funktion. Dann kann der Graph dieser
Funktion,
Γϕ = {(x, y) ∈ I × R | y = ϕ(x)} ,
als Kurve f im R2 aufgefasst werden mit
f : I → R2 , t 7→ (t, ϕ(t)) .
In diesem Fall erhalten wir für die euklidische Norm
p
kf 0 (t)k = 1 + (ϕ0 (t))2 ,
da sich die Länge des Polygonzug dann zu
s
k
X
(ϕ(ti ) − ϕ(ti−1 ))2 + (ti − ti−1 )2
i=1
umformulieren lässt.
Anmerkung: Statt t können wir hier selbstverständlich auch x schreiben.
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151
Beispiel
Um die Länge eines Kreises mit Radius r zu bestimmen, betrachten wir den Funktionsgraphen
von
√
ϕ : (−r, r) → R , x 7→ r2 − x2 .
Es gilt
x
ϕ0 (x) = − √
.
r 2 − x2
Demnach beträgt die Länge des Halbkreises
Zr
L=r
−r
1
√
dx = r
2
r − x2
Z1
√
−1
Anmerkung: Wenn der Integrand statt
hier arcsin durch arsinh ersetzen.
1
1
dx = r arcsin x = rπ
2
−1
1−x
√
1 − x2 den Term
√
1 + x2 enthielte, dann müssten wir
Wir können einen Kreisbogen auch mit Hilfe von Polarkoordinaten ausdrücken.
Seien r, ϕ ∈ R∗+ und r fest. Durch
f : [0, ϕ] → R2 , t 7→ f (t) = r · (cos t, sin t)
wird ein Kreisbogen beschrieben. Es gilt
f 0 (t) = r · (− sin t, cos t)
und daher
kf 0 (t)k = r
p
sin2 t + cos2 t = r .
Somit erhalten wir für die Bogenlänge
Zϕ
0
Zϕ
kf (t)k dt = r
L=
0
dt = rϕ .
0
Der Umfang eines Kreises ist 2πr.
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4.5
152
Volumen von Rotationskörpern
Sei f : [a, b] → R+ stetig. Dann bezeichnen wir die Menge
K := {(x, y, z) ∈ [a, b] × R2 | y 2 + z 2 ≤ f (x)2 }
als Rotationskörper.
x
z
y
Abbildung 4.9 Rotationskörper (kugelförmig)
x
z
y
Abbildung 4.10 Rotationskörper (torusförmig)
Das Volumen eines Rotationskörpers lässt sich mit Hilfe der Formel
Zb
V =π
a
berechnen.
f (x)2 dx
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153
Diese Formel ist das Ergebnis einer Approximation des Volumens mittels Kreiszsylindern mit
den Volumina
Vk = πf (xk )2 4x .
y
f  x
f  xk 
a
xk
b
x
Δx
Abbildung 4.11 Volumen eines Rotationskörpers
Beispiele
3
• Hinsichtlich f : [0, ] → R+ , x 7→ x2 soll das Volumen des Rotationskörpers
2
3
K := {(x, y, z) ∈ [0, ] × R2 | y 2 + z 2 ≤ f (x)2 }
2
bestimmt werden.
y
f ( x )=x
2
x
Abbildung 4.12 Der Graph von f (x) = x2
Für das Volumen des Rotationskörpers erhalten wir
3
Z2
V =π
0
x5 32
π
f (x) dx = π = ·
5 0
5
2
5
3
.
2
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154
• Um das Volumen eine Kugel mit Radius r zu bestimmen, betrachten wir wieder den
Funktionsgraphen von
√
ϕ : (−r, r) → R , x 7→ r2 − x2 .
y
f ( x )= √ 1− x 2
x
Abbildung 4.13 Halbkreis
Für das Volumen der Kugel erhalten wir
Zr
V =π
−r
(r2 − x2 ) dx = π (r2 x −
4π 3
1 3 r
x ) =
r .
3
3
−r
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155
Integralrechnung im Rn
4.6
Mehrfache Integrale auf achsenparallelen Quadern Q ⊂ Rn lassen sich als Verallgemeinerung
der Integrale für f : [a, b] → R definieren.
Sei
Q = I1 × I2 × ... × In ,
wobei Ik := [ak , bk ] ⊂ R, und
f : Q → R , x 7→ f (x)
eine stetige Funktion.
Anmerkung: Statt x ∈ Rn können wir auch (x1 , ..., xn ) mit xi ∈ R schreiben.
Ist (x2 , ..., xn ) ∈ I2 × ... × In fest, so kann die Funktion f hinsichtlich x1 über das Intervall I1
integriert werden. Setzen wir
Zb1
F1 (x2 , ...., xn ) :=
f (x1 , x2 , ..., xn ) dx1 ,
a1
so ist
F1 : I2 × ... × In → R
stetig, wie sich zeigen lässt. Ist nun (x3 , ..., xn ) ∈ I3 × ... × In fest, so kann die Funktion F1
hinsichtlich x2 über das Intervall I2 integriert werden. Setzen wir


Zb2
Zb2 Zb1
F2 (x3 , ...., xn ) := F1 (x2 , ..., xn ) dx2 =  f (x1 , x2 , ..., xn ) dx1  dx2 ,
a2
a2
a1
so ist
F2 : I3 × ... × In → R
stetig. Nach n-maliger Wiederholung dieses Verfahrens ergibt sich
b b


Z
Zbn
Z2 Z1
f (x1 , ..., xn ) dx1 ....dxn = ...   f (x1 , x2 , ...., xn ) dx1  dx2  ...dxn .
Q
an
a2
a1
Z
Z
f (x1 , ..., xn ) dx1 ....dxn schreiben wir auch kürzer
Statt
Q
Q
f (x)dn x.
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156
Linearität und Monotonie des Integrals
Seien f, g : Q → R integrierbar und λ ∈ R. Dann sind auch die Funktionen f + g und λf
integrierbar und es gilt:
Z
Z
n
(f (x) + g(x))d x =
(i)
Q
Z
(ii)
Z
n
f (x) d x +
Q
λ · f (x)dn x = λ ·
Z
g(x) dn x,
Q
f (x)dn x,
Q
Q
Z
n
Z
f (x)d x ≤
(iii) Ist f ≤ g, so gilt
Q
g(x) dn x .
Q
Integration über Teilmengen
Definition: Sei M ⊂ Rn eine Teilmenge. Eine Funktion
f : M → R ∪ {±∞}
heißt integrierbar über M , falls die Funktion
f˜ : Rn → R ∪ {±∞} , f˜(x) =
f (x)
0
für
für
x∈M
x ∈ Rn \M
über Rn integrierbar ist. Dabei werden uneigentliche Integrale analog zu dem Vorgehen im R1
definiert.
Ist f über M integrierbar, so wird
Z
Z
f (x) dx := f˜(x) dx .
M
Rn
gesetzt.
Integrierbare Mengen
Definitionen: Sei M ⊂ Rn . Die charakteristische Funktion von M ist definiert durch
1 für x ∈ M
χM (x) =
0 für x ∈ Rn \M .
Eine Teilmenge M ⊂ Rn heißt integrierbar, falls χM integrierbar ist.
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157
Sind M1 , M2 ⊂ Rn zwei integrierbare Teilmengen mit M1 ∩ M2 = ∅, so gilt
Z
Z
Z
n
n
f (x) d x = f (x) d x + f (x) dn x .
M1 ∪M2
M2
M1
Anmerkung: Diese Eigenschaft ist beispielsweise auch gültig, wenn M1 ∩ M2 = A mit
A ⊂ Rn−1 .
Definition: Eine Teilmenge M ⊂ Rn heißt integrierbar, falls ihre charakteristische Funktion χM
integrierbar ist. In diesem Fall ist das Volumen von M definiert als
Z
Z
n
d x := χM (x) dn x .
V ol(M ) :=
Rn
M
4.6.1
Integration im R2
Integration über rechteckige Bereiche
Der Integrationsbereich ist hierbei ein Rechteck
M := {(x, y) ∈ R2 | x0 ≤ x ≤ x1 , y0 ≤ y ≤ y1 } .
y
y1
M
y0
x0
x1
x
Abbildung 4.14 Rechteck als Integrationsbereich
Ist f : M → R integrierbar, so gilt




ZZ
Zx1 Zy1
Zy1 Zx1
f (x, y) dx dy =  f (x, y) dy  dx =  f (x, y) dx dy .
M
x0
y0
y0
x0
Demnach kann die Integrationsreihenfolge vertauscht werden.
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158
Integration über allgemeinere Bereiche im R2
Der Integrationsbereich M ⊂ R2 kann auch allgemeiner gewählt werden, wie folgendes Beispiel zeigt:
Abbildung 4.15 Ein Integrationsbereich
Ist der Integrationsbereich die Menge
M := {(x, y) ∈ R2 | x0 ≤ x ≤ x1 , y0 (x) ≤ y ≤ y1 (x)}
= {(x, y) ∈ R2 | x0 (y) ≤ x ≤ x1 (y), y0 ≤ y ≤ y1 } ,
so erhalten wir für eine integrierbare Funktion f : M → R




xZ1 (y)
Z
Zx1 yZ1 (x)
Zy1




f (x, y) dx dy = 
f (x, y) dy  dx = 
f (x, y) dx dy
M
x0
y0 (x)
y0
x0 (y)
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159
Beispiele
• Sei f : M → R, (x, y) 7→ f (x, y) = x sin(πy) und
M := {(x, y) ∈ R2 | 0 ≤ x ≤ 2, 0 ≤ y ≤ 1}.
Dann gilt
Z2
ZZ
x sin(πy) dx dy =
 1

Z
 x sin(πy) dy  dx .
0
0
M
Außerdem erhalten wir
Z1
1 2x
x
x sin(πy) dy = − cos(πy) =
π
π
0
0
und
Z2
2x
x2 2
4
dx = = .
π
π 0 π
0
Kehren wir die Integrationsreihenfolge um, so ergibt sich


Z
Z1 Z2
x sin(πy) dx dy =  x sin(πy) dx dy .
0
M
0
Ferner gilt
Z2
x2 2
x sin(πy) dx = sin(πy) = 2 sin(πy)
2 0
0
und
Z1
0
1
2
4
2 sin(πy) dy = − cos(πy) = .
π
π
0
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160
• Sei f : M → R, (x, y) 7→ f (x, y) = xy 2 und M das von den Geraden x = 0, y = 0 und
y = − 12 x + 1 berandete Gebiet im ersten Quadranten.
Es gilt
ZZ
xy 2 dx dy =
Z2

− 12 x+1
Z


0
M


xy 2 dy  dx .
0
Außerdem erhalten wir
− 21 x+1
y 3 − 12 x+1 x
1 3 3 2 3
=
xy dy = x − x + x − x+1
3 0
3
8
4
2
Z
2
0
und
Z2 1
1 4
1 3
1 2 2
1
1 4 1 3 1 2 1
5
x +
x −
x +
x =
.
− x + x − x + x dx = −
24
4
2
3
24 · 5
4·4
2·3
3·2
15
0
0
Bei umgekehrter Integrationsreihenfolge berechnen wir


ZZ
Z1 2−2y
Z
xy 2 dx dy = 
xy 2 dx dy .
0
M
0
Es gilt
2−2y
Z
x2 2−2y
= 2y 2 1 − 2y + y 2
xy dx = y
2 0
2
2
0
und
Z1
2
3
y − 2y + y
2
0
4
dy = 2
1 3 1 4 1 5 1
1
y − y + y =
.
3
2
5
15
0
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161
Transformation auf Polarkoordinaten
Wir erhalten die (ebenen) Polarkoordinaten (r, ϕ) ∈ R∗+ ×R durch die kartesischen Koordinaten
(x, y) ∈ R2 \{0} mittels
(x, y) = (r cos ϕ, r sin ϕ) .
Ist M in folgender Form
M := {(r, ϕ) ∈ R∗+ × [0, 2π) | r1 (ϕ) ≤ r ≤ r2 (ϕ), ϕ1 ≤ ϕ ≤ ϕ2 }
gegeben, so können wir die Integration über kartesische Koordinaten vermeiden, indem wir
folgende Identität


ZZ
Zϕ2 rZ2 (ϕ)


f (r, ϕ) r dr dϕ
f (x, y) dx dy = 
ϕ1
M
r1 (ϕ)
nutzen.
Beispiel
Sei M ein Viertelkreis mit Radius r = 2 und
f : M → R , (x, y) 7→ f (x, y) = xy .
Dann erhalten wir
π
Z2
ZZ
xy dx dy =
Z2

0
M


r2 sin ϕ cos ϕ r dr dϕ .
0
Ferner gilt
Z2
Z2
2
r sin ϕ cos ϕ r dr = sin ϕ cos ϕ
0
r4 2
r dr = sin ϕ cos ϕ 4 0
3
0
= 4 sin ϕ cos ϕ = 2 sin(2ϕ)
und
π
Z2
2
π
2
sin(2ϕ) dϕ = − cos(2ϕ) = 2 .
0
0
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162
Integration im R3
4.6.2
Transformation auf Zylinderkoordinaten
Ist das Problem axialsymmetrisch, so kann es vorteilhaft sein, Zylinderkoordinaten zu benutzen.
Dabei werden in jeder Ebene senkrecht zur z-Achse (ebene) Polarkoordinaten, r und ϕ verwendet.
Als dritte Koordinate wird zusätzlich die kartesische Koordinate z übernommen.
Ist M in folgender Form
M := {(r, ϕ, z) ∈ R∗+ × [0, 2π) × R |
r1 (z) ≤ r ≤ r2 (z), ϕ1 ≤ ϕ ≤ ϕ2 , z1 ≤ z ≤ z2 }
gegeben, so können wir für die Integration die Identität
 
 
ZZZ
Zz2 Zϕ2 rZ2 (z)
 
 
f (x, y, z) dx dy dz =  
f (r, ϕ, z) r dr dϕ dz
z1
M
ϕ1
r1 (z)
nutzen.
Beispiel
Zur Berechnung des Volumens eines Kegels betrachten wir
M := {(r, ϕ, z) ∈ R∗+ × [0, 2π) × R |
0 ≤ r ≤ r2 (z), 0 ≤ ϕ ≤ 2π, 0 ≤ z ≤ H} .
H
r(z)
z
z
y
x
Abbildung 4.16 Kegel
Dabei gilt
r(z)
H −z
=
, 0≤z ≤H.
R
H
R
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163
Das Volumen des Kegels lässt sich nun mit Hilfe des Integrals
ZZZ
r dr dϕ dz
V =
M
berechnen.
Es gilt
Zr(z)
r2 HR (H−z) 1 R 2
r dr = = ( ) (H − z)2 .
2 0
2 H
0
Wir erhalten demnach
1 R
V = 2π ( )2
2 H
ZH
R
(H − z) dz = −π( )2
H
2
0
und schließlich
V = π(
R 2 z̃ 3 H
1
) · = πR2 H .
H
3 0
3
Z0
H
z̃ 2 dz̃ .
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4.7
164
Fourier- und Laplace-Integrale
Das Fourier-Integral
Ist f : R → C integrierbar, so ist auch die Funktion
x 7→ f (x)e−ixξ für jedes ξ ∈ R
integrierbar und das Integral
1
F (ξ) := √
2π
Z∞
f (x)e−ixξ dx
−∞
existiert.
Die Funktion F = Ff : R → C heißt Fourier-Transformierte von f .
Die Fourier-Transformation ist eine lineare Abbildung, d.h.
F(λf + µg) = λFf + µFg für λ, µ ∈ C .
Das Laplace-Integral
Sei f : R+ → C und das Integral
Z∞
f (t)e−st dt
0
existiere.
Unter dem Konvergenzbereich Kf ⊂ C verstehen wir hier, die Menge aller Werte s, für die
dieses Integral konvergiert.
Durch
Z∞
F : Kf → C, s 7→ F (s) :=
e−st f (t) dt
0
ist die Laplace-Transformierte F = Lf erklärt.
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165
In der Elektrotechnik ist die Schreibweise
f (t) ◦−−• F (s) und F (s) •−−◦f (t)
gebräuchlich.
Die Laplace-Transformation ist eine lineare Abbildung, d.h.
L(λf + µg) = λLf + µLg für λ, µ ∈ R .
Die inverse Laplace-Transformation wird mit L−1 bezeichnet.
Beispiele
• Für f (t) = 1 und s > 0 gilt
Z∞
ZT
1 −st T
−st
−st
L(1) (s) = e · 1 dt = lim
e dt = lim (− e )
T →∞
T →∞
s
0
0
0
1 e−sT
1
= lim ( −
)= .
T →∞ s
s
s
• Für f (t) = eγt , mit γ ∈ R, und s > γ gilt
1
L(eγt ) (s) =
.
s−γ
• Für die Heaviside-Funktion H, gegeben durch
0 für t < 0
H(t) :=
1 für t ≥ 0 ,
und s > 0 gilt
Z∞
e−γs
L(H(t − γ)) (s) = e−st dt =
für festes γ ≥ 0 .
s
γ
Ähnlichkeitssatz: Ist f ◦−−• F und γ > 0, so gilt
1
s
L(f (γt)) (s) = F
,
γ
γ
s L−1 (F ( )) (t) = γf (γt) .
γ
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Dämpfungssatz: Ist f ◦−−• F , so gilt
L(eγt f (t)) (s) = F (s − γ) ,
L−1 (F (s − γ)) (t) = eγt f (t) .
Verschiebungssatz: Ist f ◦−−• F und γ > 0, so gilt
L(f (t − γ)H(t − γ)) (s) = e−γs F (s) ,
−1
L (e
−γs
F (s)) (t) = f (t − γ)H(t − γ) .
Faltung von Funktionen
Sind f, g : R → C integrierbare Funktionen, so ist die Funktion
(x, y) 7→ f (x)g(y − x)
über R2 integrierbar. Dann erklären wir die Faltung f ∗ g der Funktionen f und g durch
Z
(f ∗ g)(y) := f (x)g(y − x) dx .
R
oder, im Zusammenhang mit der Laplace-Transformation, durch
Zt
(f ∗ g)(t) :=
f (τ )g(t − τ ) dτ .
0
Seien f, g : R → C integrierbare Funktionen, so gilt
• für die Fourier-Transformation F
√
F(f ∗ g) = 2π F(f )F(g) ,
• für die Laplace-Transformation L
L(f ∗ g) = F G ,
wobei f ◦−−• F und g ◦−−• G.
166
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4.8
Übungsaufgaben: Integralrechnung
Aufgabe 1
Berechnen Sie folgende Integrale mittels partieller Integration:
Z
Z
Z
√
x ln x dx , c)
sin x cos x dx ,
a)
x cos x dx , b)
Z
Z
2
d)
sin x dx , e)
(ln x)2 dx .
Aufgabe 2
Berechnen Sie folgende Integrale mittels Substitution:
√
Z
Z
Z
6x
sin( x)
2
3
√
√
a)
x sin(x ) dx , b)
dx , c)
dx ,
x
3x2 + 2
Z
Z
e2x
cos(ln x)
dx , e)
dx .
d)
x
ex + 1
Aufgabe 3
Berechnen Sie folgende Integrale mittels Partialbruchzerlegung:
Z
Z
x+2
x+1
a)
dx , b)
dx ,
2
2
x − 2x
x − 2x + 1
Z
Z
x3
2x3 − 3x2 + x − 1
c)
dx
,
d)
dx .
x2 − 1
x4 + x 2
167
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168
Aufgabe 4
Berechnen Sie folgende Integrale:
Z
Z
Z
√
2
a)
2x + 3 dx ,
b) (3x + 4) dx ,
c) cos(3x + 1) dx ,
Z
Z
Z
2
3
2
2x−4
d) x sin(2x) dx , e) (x + x − 1)e
dx , f) esin x cos x dx ,
Z
x
g)
√
2
Z
1 − x2 dx ,
h)
Z0
arctan x
dx ,
1 + x2
i)
(e2x − 1) dx ,
−1
Z2
j)
(x − 1)3
dx ,
x
Z∞
k)
Z
1
dx ,
1 + x2
l)
xn dx, mit n < −1 ,
0
1
√
Z
m)
Z∞
p)
Z0
Z
3x − 3 dx ,
sin(4x + 1) dx ,
n)
o)
(e3x − 1) dx ,
−1
e−x sin x dx .
0
Aufgabe 5
Gegeben ist der Punkt P (x, y) auf dem Einheitskreis
x2 + y 2 = 1 .
y
1
P
sin t
−1
0
cos t
1
x
−1
Bezeichnet t den Winkel in Bogenmaß gegen die positive x-Achse, so gilt
x = cos t , y = sin t , 0 ≤ t < 2π .
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169
Zeigen Sie, dass sie schraffierte Sektorfläche
t
beträgt.
2
Aufgabe 6
Gegeben ist der Punkt P (x, y) auf der Hyperbel
x2 − y 2 = 1 .
y
P
cosh t
sinh t
x
Zeigen Sie: Setzt man
x = cosh t , y = sinh t , 0 ≤ t < ∞ ,
t
so beträgt die schraffierte Sektorfläche ebenfalls .
2
Aufgabe 7
Durch die Graphen der folgenden Funktionen werden Kurven beschrieben. Berechnen Sie die
jeweilige Kurvenlänge.
a) [0, 1] → R , x 7→ y(x) = x2
√ √
b) [ 3, 8] → R , x 7→ y(x) = ln x
3
c) [0, 4] → R , x 7→ y(x) = x 2 .
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170
Aufgabe 8
Berechnen Sie die Fläche, welche jeweils von den folgenden Kurven eingeschlossen wird. Fertigen Sie zunächst eine Skizze an:
a) k1 : y = x2 − 4 , k2 : y = −x2 + 4
b) k1 : y = −x3 + x , k2 : y = x4 − 1
√
c) k1 : y = x + 1 , k2 : y = cos x , k3 : y = 0 (im II. Quadranten).
Aufgabe 9
a) Der Graph der Funktion
f (x) = sin x , 0 ≤ x ≤ π
rotiere um die x-Achse. Berechnen Sie das Volumen des Rotationskörpers.
b) Der Graph der Funktion
f (x) = cos x , 0 ≤ x ≤
π
2
rotiere um die x-Achse. Berechnen Sie das Volumen des Rotationskörpers.
c) Die Graphen der Funktionen
f (x) = 2x2 und g(x) = 2x
schließen ein endliches Flächenstück ein, welches um die x-Ache rotiert. Berechnen Sie
das Rotationsvolumen.
d) Die Graphen der Funktionen
f (x) = x2 und g(x) = 2 − x
und x = 1 und x = 2 beranden ein endliches Flächenstück, das um die x-Achse rotiert.
Berechnen Sie das Volumen des Rotationskörpers.
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171
Aufgabe 10
Nach Schließen des Schalters zur Zeit t = 0 fließe, für t ≥ 0, der Ladestrom
t
I(t) = I0 · e− RC .
R
U
C
a) Berechnen Sie den zeitlichen Verlauf der Kondensatorladung Q(t), wenn
Q(t = 0) = 0 gelte.
b) Welcher Energieverlust tritt am Ohmschen Widerstand auf?
Aufgabe 11
Eine Masse m1 wird gemäß
F (r) = G
m1 m2
r2
angezogen. Dabei ist m2 = 5, 98 · 1024 kg die Erdmasse und G = 6, 670 · 10−11
Gravitationskonstante.
N m2
kg 2
die
a) Berechnen Sie die mechanische Arbeit W , die benötigt wird um m = 1 kg von der Erdoberfläche r0 = 6370 km aus dem Schwerefeld der Erde zu bringen.
b) Wie hoch ist die Fluchtgeschwindigkeit?
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Aufgabe 12
Stellen Sie mit Hilfe des Integralkriteriums fest, ob die folgenden Reihen konvergieren:
a)
∞
X
ln k
k=2
b)
∞
X
k2
√
k=1
c)
∞
X
1
1 + ek
k · e−k
2
.
k=1
Aufgabe 13
Bestimmen Sie die Laplace-Transformierte folgender Funktionen:
a) Sei
1 für 0 < t < 1
0 sonst .
t für
0 für
f (t) :=
b) Sei
f (t) :=
t>0
t < 0.
Aufgabe 14
Berechnen Sie die folgenden Doppelintegrale:
a)
ZZ
ex+y dA
B
über das Rechteck B = {(x, y) ∈ R2 | 0 ≤ x ≤ 1, 0 ≤ y ≤ 2},
b)
ZZ
xy dA
B
über das Dreieck B = {(x, y) ∈ R2 | 0 ≤ x ≤ 1, 0 ≤ y ≤ x}.
172
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173
c) In der Ebene ist durch die Eigenschaften
x ≤ 1, y ≤ 1, x + y ≥ 1
ein Bereich
Z Z B gegeben. Skizzieren Sie den Bereich B und berechnen Sie dessen FlächendA.
inhalt
B
Aufgabe 15
Die Schwerpunktskoordinaten einer Fläche sind gegeben durch
ZZ
ZZ
1
1
xS =
x dA , ys =
y dA .
A
A
B
B
Bestimmen Sie die Schwerpunktskoordinaten für
a) das Quadrat
B = {(x, y) ∈ R2 | 0 ≤ x ≤ 2, 0 ≤ y ≤ 2}
b) die Fläche B, die von den Geraden y = x + 2 und der Parabel y = −x2 + 4 begrenzt
wird. Skizzieren Sie zunächst das Gebiet B.
c) die Kardioide
r(ϕ) = 1 + cos ϕ , 0 ≤ ϕ < 2π .
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5
174
Lineare Algebra
In diesem Abschnitt befassen wir uns vorwiegend mit der Lösung linearer Gleichungssysteme.
5.1
Lineare Gleichungssysteme und der Gauß-Algorithmus
Der Gauß-Algorithmus bietet ein Verfahren zur Umwandlung eines linearen Gleichungssystems
Ax = b
in eine Form
A 0 x = b0 ,
wobei die unterhalb der Hauptdiagonalen der Matrix A0 stehenden Elemente gleich Null sind.
Beispiel für ein lineares Gleichungssystem
Um die Stromstärke in den Verzweigungspunkten eines Netzwerks zu bestimmen, betrachten
wir Kirchhoffs Knoten- und Maschenregel.
I3
R3
I1
I2
R1
R2
I5
R5
U1
I4
R4
U2
R6
I6
Abbildung 5.1 Die Kirchhoffschen Regeln
Mit Hilfe des Maschenregel erhalten wir
U1 − U2 = I1 R1 − I2 R2 ,
U2 = I2 R2 + I3 R3 + I5 R5 + I6 R6 ,
0 = −I5 R5 + I4 R4
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175
und mittels der Knotenregel
−I1 − I2 + I3 = 0 ,
I4 + I5 − I3 = 0 ,
−I5 − I4 + I6 = 0 .
Nehmen wir an, dass Ui , i = 1, 2, und Ri , i = 1, 2, ..., 6, gegeben sind, so bilden diese Gleichungen insgesamt ein lineares Gleichungssystem für die Variablen Ii ,i = 1, 2, ..., 6.
Um derartige Gleichungssysteme zu lösen, behandeln wir im nächsten Abschnitt den GaußAlgorithmus.
5.1.1
Einführung des Gauß-Algorithmus
Bei linearen Gleichungssystemen sind mehrere lineare Gleichungen gegeben, die gleichzeitig
erfüllt sein sollen.
Beispiel zur Anwendung des Gauß-Algorithmus
2x − 2y = 0
(I)
2x + 2y − 2 = −4z (II)
−y − x − z = −1 (III)
Die zweite Gleichung sollte umgeformt werden zu
2x + 2y + 4z = 2 .
Wenn wir nun die dritte Gleichung mit 2 multiplizieren, so folgt
2x − 2y
=0
(I)
2x + 2y + 4z = 2
(II)
−2x − 2y − 2z = −2 (III) .
Mit (II)-(I) und (III)+(I) erhalten wir
2x − 2y = 0
(I)
4y + 4z = 2
(II)
−4y − 2z = −2 (III) .
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176
In Matrix-Schreibweise formulieren wir das folgendermaßen:

  

2 −2 0
x
0
0 4 4 y  =  2  .
0 −4 −2
z
−2
Mit (II)+(III) ergibt sich eine Dreiecksform der Matrix:

   
2 −2 0
x
0
0 4 4y  = 2 .
0 0 2
z
0
Aus Gleichung (III) erhalten wir
z = 0.
Damit folgt aus Gleichung (II)
4y + 4 · 0 = 2
und somit
y=
1
.
2
Schließlich erhalten wir nach Gleichung (I)
2x − 2 ·
1
=0
2
und damit
x=
1
.
2
Die Lösung des Gleichungssystems lautet also x = 21 , y = 12 und z = 0.
Man hätte auch versuchen können, das Gleichungssystem von einer Dreiecksform in Diagonalform umzuwandeln.
Wir formen folgendes Gleichungssystem weiter um:

   
2 −2 0
x
0
0 4 4y  = 2 .
0 0 2
z
0
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177
Beispielsweise lässt sich Gleichung (II) durch 2 teilen und dann Gleichung (III) davon abziehen.
Das ergibt

   
2 −2 0
x
0
0 2 0y  = 1 .
0 0 2
z
0
Wenn wir nun Gleichung (II) zu Gleichung (I) addieren, erhalten wir

   
200
x
1
0 2 0y  = 1 .
002
z
0
Dann teilen wir alle Gleichungen durch 2. Das ergibt

   1 
2
100
x

0 1 0y  = 
 12  .
001
z
0
5.1.2
Grundlagen des Gauß-Algorithmus
Folgende Äquivalenzumformungen sind im Gauß-Algorithmus erlaubt:
• Vertauschen zweier Zeilen,
• Multiplikation einer Zeile mit λ ∈ K : λ 6= 0,
• Addition oder Subtraktion eines beliebigen Vielfachen einer Zeile zu einer anderen Zeile.
Diese Umformungen heißen elementare Zeilenumformungen.
Mit K bezeichnen wir hier die Körper R und C.
Der Gauß-Algorithmus dient dazu, die Koeffizientenmatrix so umzuwandeln, dass sie die Form
einer oberen Dreiecksmatrix besitzt.
Der Gauß-Jordan-Algorithmus ist eine Variante des Gauß-Algorithmus. Durch dessen Anwendung soll die Koeffizientenmatrix die Form einer Diagonalmatrix annehmen.
Beispiel zur Umwandlung in eine Diagonalmatrix
Gesucht ist die Lösung des Gleichungssystems

   
8 4 2 1
x1
5
 −1 1 −1 1   x2   2 

   
 4 2 1 1   x3  =  3  .
7 3 1 0
x4
7
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Geschrieben als erweiterte Koeffizientenmatrix lautet es


8 4 2 1 5
 1 −1 1 −1 −2 


4 2 1 1 3  .
7 3 1 0 7
Nach Vertauschung der ersten beiden Zeilen ergibt sich


1 −1 1 −1 −2
8 4 2 1 5 


4 2 1 1 3  .
7 3 1 0 7
Die erste Zeile nutzen wir nun zu folgender Umformung der Zeilen 2 bis 4:


1 −1 1 −1 −2
 0 12 −6 9 21 


 0 6 −3 5 11  .
0 10 −6 7 21
Ersetzen wir Zeile 2 durch ein Sechstel dieser Zeile, so erhalten wir


1 −1 1 −1 −2


 0 2 −1 32 72 


 0 6 −3 5 11  .


0 10 −6 7 21
Mit Hilfe der zweiten Zeile ergibt sich


1 −1 1 −1 −2


 0 2 −1 23 72 


0 0 0 1 1  .

2
2 
1 7
0 0 −1 − 2 2
und somit

1

0

0

0
−1 1 −1 −2
1 − 12
0
1
0
0
3
4
1
2

7
4


.
− 72 

1 1
Demnach lautet die Lösung
x1 = 2, x2 = −1, x3 = −4, x4 = 1 .
178
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5.1.3
179
Unlösbare und unterbestimmte lineare Gleichungssysteme
Unlösbare lineare Gleichungssysteme
Wir betrachten das lineare Gleichungssystem
2x + y = 3
(I)
4x + 2y = 12 (II) .
Diese Gleichungen lassen sich folgendermaßen umformen:
y = −2x + 3
1
y = (−4x + 12) = −2x + 6 .
2
y
y=−2x+3
y=−2x+6
x
Abbildung 5.2 Parallele Geraden
Wenn wir (II) durch (II)-2(I) ersetzen, so erhalten wir
2x + y = 3
0 = 6.
Unterbestimmte lineare Gleichungssysteme
Sei beispielsweise für zwei Variablen nur eine Gleichung gegeben:
x − y = 3.
Alle Punkte, die auf der Geraden liegen, bilden die Lösungsmenge dieser Gleichung. Es gibt
also unendlich viele Lösungen.
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180
Es kann aber auch unendlich viele Lösungen geben, wenn man genauso viele Gleichungen wie
Variablen hat, wie das folgende Beispiel zeigt:
x−y =3
(I)
−3x + 3y = −9 (II) .
Die zweite Gleichung ist ein Vielfaches der ersten. Beide Gleichungen beschreiben die gleiche
Gerade.
Ersetzen wir (II) durch (II)+3(I), so erhalten wir
x−y =3
0 = 0.
Die Lösungsmenge ist
L = {(x, y) ∈ R2 | x = 3 + y mit y ∈ R} .
Lineare Gleichungssysteme mit weniger nicht-trivialen Gleichungen als Variablen heißen
unterbestimmte Gleichungssysteme.
Beispiel
Gesucht ist die Lösungsmenge des Gleichungssystems
2x + 4y + 6z = 8
5x + 6y + 7z = 8
9x + 10y + 11z = 12 .
In Matrixschreibweise heißt das

   
8
2 4 6
x
5 6 7 y  =  8  .
12
9 10 11
z
Wir verwenden nun den Gauß-Algorithmus.
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Mit 12 (I), (II)- 52 (I) und (III)- 92 (I) erhalten wir

  

1 2 3
x
4
 0 −4 −8   y  =  −12  .
0 −8 −16
z
−24
Nun betrachten wir - 14 (II) und - 18 (III). Damit ist

   
123
x
4
0 1 2y  = 3 .
012
z
3
Mit (III)-(II) folgt

   
123
x
4
0 1 2y  = 3 .
000
z
0
Betrachten wir nun Gleichung (II) und (I). So erhalten wir:
y = 3 − 2z
und
x + 2 · (3 − 2z) + 3z = 4 .
Daher ist die Lösungsmenge
L = {(x, y, z) ∈ R3 | x = −2 + z und y = 3 − 2z mit z ∈ R} .
181
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182
Gleichungssysteme mit reellen Parametern
Es sei folgendes Gleichungssystem gegeben:

   
11 2
x
1
 4 2 12   y  =  10  .
14 a
z
b
Mit (II)-4(I) und (III)-(I) erhalten wir

  

1 1
2
x
1
 0 −2
4 y  =  6  .
0 3 (a − 2)
z
b−1
Nun ersetzen wir (II) durch - 21 (II):

  

11
2
x
1
 0 1 −2   y  =  −3  .
0 3 (a − 2)
z
b−1
Ersetzen wir (III) durch (III)-3(II), so folgt

  

11
2
x
1
 0 1 −2   y  =  −3  .
0 0 (a + 4)
z
b+8
Was lässt sich nun zur Lösbarkeit des Gleichungssystems sagen?
(1) Für a 6= −4 gibt es eine eindeutige Lösung.
(2) Für a = −4 und b = −8 ist das Gleichungssystem (einfach) unterbestimmt. Es gibt
unendlich viele Lösungen.
(3) Für a = −4 und b 6= −8 ist das Gleichungssystem unlösbar.
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183
Für Fall (1) gilt
z=
b+8
a+4
y = −3 + 2z = −3 + 2
b+8
a+4
x = 1 − y − 2z = 1 + 3 − 2z − 2z = 4 − 4z = 4 − 4
b+8
.
a+4
Für Fall (2) gilt

  

11 2
x
1
 0 1 −2   y  =  −3 
00 0
z
0
und daher
y = −3 + 2z
und
x = 4 − 4z .
Die Lösungsmenge ist daher
L = {(x, y, z) ∈ R3 | x = 4 − 4z und y = −3 + 2z mit z ∈ R} .
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5.1.4
184
Allgemeine lineare Gleichungssysteme
Ein lineares Gleichungssystem läßt sich folgendermaßen darstellen:
Ax = b ,
wobei die Koeffizientenmatrix A durch


a11 a12 a13
...
a1n
 a21 a22 a23
...
a2n 


 .

.
.
.
.

A=
 .
.
.
.
. 


 .
.
.
.
. 
am1 am2 am3 ... amn
gegeben ist und aij ∈ K sei.
Wir schreiben für die Menge solcher Matrizen M (m × n, K).
Der Vektor x ist definiert durch
 
x1
 x2 
 
 . 

x=
 . 
 
 . 
xn
und der Vektor b durch
 
b1
 b2 
 
 . 

b=
 . .
 
 . 
bm
Sind alle bi = 0, so heißt das Gleichungssystem homogen, ansonsten inhomogen.
Die Elemente aii heißen Hauptdiagonalelemente.
Anmerkung: Ein homogenes Gleichungssystem ist immer lösbar, nämlich durch die Nulllösung.
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185
Lösungskriterien
Die erweiterte Koeffizientenmatrix (A|b) ist definiert durch

a11 a12 a13
 a21 a22 a23

 .
.
.
(A|b) = 
 .
.
.

 .
.
.
am1 am2 am3
...
...
.
.
.
...
a1n
a2n
.
.
.
amn

b1
b2 

. 
.
. 

. 
bm
Rang einer Matrix
Der Rang rg A einer Matrix A ∈ M (m × n, K) ist gleich
• der Maximalzahl linear unabhängiger Spalten und
• der Maximalzahl linear unabhängiger Zeilen.
Neben den oben genannten elementaren Zeilenumformungen, existieren analog erklärte elementare Spaltenumformungen. Zusammenfassend werden diese als elementare Umformungen
bezeichnet.
Der Rang einer Matrix wird durch elementare Umformungen nicht verändert.
Beispiel zur Bestimmung des Ranges einer Matrix
Um den Rang einer Matrix zu bestimmen, dürfen wir elementare Zeilen- und Spaltenumformungen verwenden. Es gilt






1 −2 −3 0
1 −2 −3 0
1 −2 −3 0
rg  2 3 8 7  = rg  0 7 14 7  = rg  0 1 2 1 
−1 1 1 −1
0 −1 −2 −1
0 −1 −2 −1




1 −2 −3 0
1010
= rg  0 1 2 1  = rg  0 1 0 1  = 2 .
0 0 0 0
0000
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186
Lösungskriterien
Sei A ∈ M (m × n, K) und
Ax = b .
Demnach ist n ∈ N die Anzahl der Variablen xi .
Ist
• rg A = rg (A|b) = n,
dann ist das lineare Gleichungssystem eindeutig lösbar,
• rg A = rg (A|b) < n,
dann ist das lineare Gleichungssystem lösbar und unterbestimmt,
• rg A 6= rg (A|b),
dann ist das lineare Gleichungssystem unlösbar.
Beispiel
Gegeben sei


 
 
111
2
0
A :=  1 1 1  und b1 :=  2  , b2 :=  3  .
111
2
0
Gesucht sind die jeweiligen Lösungsmengen von
Ax = b1 und Ax = b2 .
Während im ersten Fall alle x1 , x2 , x3 ∈ R : x1 + x2 + x3 = 2 das Gleichungssystem lösen,
existiert im zweiten Fall keine Lösung.
Um die obigen Lösungskriterien anzwenden, bestimmen wir nun rg A und rg (A|b1 ) sowie
rg (A|b2 ). Es gilt




111
111
rg A = rg  1 1 1  = rg  0 0 0  = 1 .
111
000
Für den jeweiligen Rang der beiden erweiterten Koeffizientenmatrizen erhalten wir




1112
1112
rg (A|b1 ) = rg  1 1 1 2  = rg  0 0 0 0  = 1
1112
0000
und



1110
111
rg (A|b2 ) = rg  1 1 1 3  = rg  0 0 0
1110
000

0
3 = 2.
0
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5.2
187
Matrizenrechnung
Wir betrachten Matrizen mit Koeffizienten aij ∈ K, wobei unter K der Körper R oder C verstanden wird.
Statt

a11 a12 a13
 a21 a22 a23

 .
.
.
A=
 .
.
.

 .
.
.
am1 am2 am3
...
...
.
.
.
...

a1n
a2n 

. 

. 

. 
amn
können wir auch
A = (aij ) i=1,...,m
j=1,...,n
oder
A = (aij ) ∈ M (m × n, K)
schreiben.
Addition und Multiplikation von Matrizen
Die Addition und Skalarmultiplikation einer Matrix werden elementweise durchgeführt.
Definition: Seien (aij ), (bij ) ∈ M (m × n, K) und λ ∈ K. Dann wird
(aij ) + (bij ) := (aij + bij ) ∈ M (m × n, K)
und
λ(aij ) := (λaij ) ∈ M (m × n, K)
gesetzt.
Definition: Seien A = (aik ) ∈ M (r × m, K) und B = (bkj ) ∈ M (m × n, K). Dann wird das
Produkt C := AB ∈ M (r × n, K) mit
C = (cij ) i=1,...,r ,
j=1,...,n
durch
cij :=
m
X
k=1
definiert.
aik bkj
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188
Der Koeffizient cij wird demnach bestimmt, indem
• die Einträge der i-ten Zeile von A mit den Einträgen der j-ten Spalte von B für die jeweils
festen Werte von k multipliziert
• und diese dann für k = 1 bis k = m summiert werden.
So gilt beispielsweise für c12
m
X
c12 =
a1k bk2 = a11 b12 + a12 b22 + a13 b32 + ... + a1m bm2 .
k=1
Beispiel zur Matrizenmultiplikation
12
34
87
1·8+2·6
·
=
65
3·8+4·6
1·7+2·5
3·7+4·5
=
20 17
48 41
Anmerkung: Um das Produkt AB zu bilden, muss, wie oben vorausgesetzt, die Anzahl der
Spalten von A mit der Anzahl der Zeilen von B übereinstimmen. Auch wenn, AB definiert ist,
muss daher BA nicht notwendigerweise existieren.
Die Matrizenmultiplikation
• ist assoziativ, d.h. es gilt
(AB)C = A(BC) ,
• ist, hinsichtlich der Addition, distributiv, d.h.
A(B + C) = AB + AC und (A + B)C = AC + BC .
Die Matrizenmultiplikation
• ist nicht kommutativ, d.h. es existieren Matrizen A, B, so dass
AB 6= BA ,
• nicht nullteilerfrei, d.h. es existieren Matrizen A 6= 0, B 6= 0, so dass
AB = 0 .
Beispiel
Für
A :=
01
01
, B :=
11
00
gilt
AB = 0 und BA 6= AB .
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
189
Beispiele zur Matrizenmultiplikation
• Die relative Anzahl der Kunden dreier Unternehmen A, B und C wird über zwei Jahre
beobachtet, wobei auch die ”Wanderungsbewegung” der Kunden zwischen den Unternehmen untersucht wird.
Jeder Kunde lässt sich in dem Zeitraum eindeutig einem der drei Unternehmen zuordnen.
Zu Beginn des ersten Jahres werden
– 55% der Kunden als Kunden des Unternehmens A,
– 35% als Kunden des Unternehmens B und
– 10% als Kunden des Unternehmens C
bezeichnet.
Bei zusätzlich gegebenem Wechselverhalten, ist nach der relativen Anzahl der Kunden
der drei Unternehmen zum Ende des zweiten Jahres gefragt.
Am Ende des ersten Jahr zeigt sich folgendes Wechselverhalten:
von
A
B
C
nach
A
B
C
0,8 0,1 0,3
0,1 0,7 0,2
0,1 0,2 0,5
und am Ende des zweiten Jahres:
von
A
B
C
nach
A
B
C
0,6 0,2 0,1
0,1 0,6 0,1
0,3 0,2 0,8
Der jeweilige Anteil am Ende des ersten Jahres lässt sich beispielsweise mittels

 

0, 8 0, 1 0, 3
0, 55
 0, 1 0, 7 0, 2  ·  0, 35 
0, 1 0, 2 0, 5
0, 10
berechnen.
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
190
So ergibt sich beispielsweise für Unternehmen A zum Ende des ersten Jahres ein Anteil
von
0, 8 · 0, 55 + 0, 1 · 0, 35 + 0, 3 · 0, 10 = 0, 505 .
Zum Ende des zweiten Jahres betragen die Anteile

 
 
 

0, 6 0, 2 0, 1
0, 8 0, 1 0, 3
0, 55
0, 3845
 0, 1 0, 6 0, 1  ·  0, 1 0, 7 0, 2  ·  0, 35  =  0, 2600  .
0, 3 0, 2 0, 8
0, 1 0, 2 0, 5
0, 10
0, 3555
Dabei ist das Produkt assoziativ, so dass das Produkt der beiden Matrizen angewandt auf
den ”Anteilsvektor” zum gleichen Ergebnis führt, wie die jahresweise Berechnung der
Anteile.
• Verkettung von Vierpolen
I (1)
1
I (1)
2
(1)
U1
A
(1)
(1)
U2
U (2)
1
Abbildung 5.3 Verkettung zweier Vierpole
Wir erhalten
(i)
U2
(i)
I2
!
= A(i)
(i)
U2
(i)
I2
!
, mit i = 1, 2
und den Verkettungsmatrizen
!
(i)
(i)
A
A
11
12
A(i) =
.
(i)
(i)
A21 A22
(2)
(1)
(2)
(1)
Da hier U1 = U2 und I1 = I2 gilt, folgt
!
!
(2)
(1)
U2
U1
=A
,
(2)
(1)
I2
I1
wobei A := A(2) A(1) .
I (2)
2
(2)
I1
A
(2)
U (2)
2
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5.3
Determinanten
Eine Matrix A ∈ M (n × n, K), lässt sich schreiben als


a11 a12 a13
... a1n
 a21 a22 a23
... a2n 


 . . .

.
.
.
A=
 . . .

.
.


 . . .
.
. 
an1 an2 an3 ... ann
Bezeichnen wir die einzelnen Zeilen durch die Vektoren
ai := (ai1 , ai2 , ai3 , ..., ain ) ,
so können wir A folgendermaßen umformulieren:
 
a1
 a2 
 
 . 

A=
 . .
 
 . 
an
Die Abbildung
det : M (n × n, K) → K
heißt Determinante, falls sie folgende Eigenschaften besitzt:
• Die Abbildung det ist linear in jeder Zeile, d.h. für A ∈ M (n × n, K)
– und ai = a0i + a00i , mit i = 1, ..., n, gilt
 
 
 
.
.
.
 . 
 . 
 . 
 
 
 
 . 
 . 
 . 
 
 0
 00 





det  ai  = det  ai  + det 
 ai 
 . 
 . 
 . 
 
 
 
 . 
 . 
 . 
.
.
.
– und ai = λa0i , mit λ ∈ K, gilt
 
 
.
.
 . 
 . 
 
 
 . 
 . 
 
 0



det  ai  = λ · det 
 ai  .
 . 
 . 
 
 
 . 
 . 
.
.
191
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
192
• Die Abbildung det ist alternierend, d.h. wird A durch Vertauschen zweier Zeilen in A0
verwandelt, so gilt
det A0 = − det A .
• Ist E ∈ M (n × n, K) die Einheitsmatrix


1 0 0 ... 0
 0 1 0 ... 0 


. . . . .

E=
. . . . .,


. . . . .
0 0 0 ... 1
so gilt
det E = 1 .
Statt

a11
 a21

 .
det 
 .

 .
an1
a12
a22
.
.
.
an2
schreiben wir auch
a11 a12
...
a21 a22
...
. .
.
. .
.
. .
.
an1 an2 ...
...
...
.
.
.
...

a1n
a2n 

. 

. 

. 
ann
a1n a2n . .
. . ann Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
193
Sei A ∈ M (n × n, K) → K.
• Für n = 1 und A = (a) gilt
det(a) = a .
• Für n = 2 gilt
a11 a12 a21 a22 = a11 a22 − a12 a21 .
• Für n = 3 gilt
a11 a12 a13 a21 a22 a23 a31 a32 a33 = a11 a22 a33 − a11 a23 a32 − a12 a21 a33 + a12 a23 a31 + a13 a21 a32 − a13 a22 a31 .
Regel von Sarrus
Sei A ∈ M (3 × 3, K) → K. Nach der Regel von Sarrus erhalten wir die oben genannte Formel
mittels der Anordnung
a11
a12
a22
a31
h
a23
a32
h
a33
a12
a21
h
a11
h
a21
a13
a22
a31
a32
und der Konvention, die Produkte längs der drei Diagonalen von links oben nach rechts unten
mit positivem Vorzeichen und die Produkte von links unten nach rechts oben mit negativem
Vorzeichen zu versehen.
Beispiel
1 3 2
4 2 1 = 1 · 2 · 2 + 3 · 1 · 3 + 2 · 4 · 1 − (3 · 2 · 2 + 1 · 1 · 1 + 2 · 4 · 3) = −16 .
3 1 2
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194
Laplacescher Entwicklungssatz
Entwicklung der Determinante nach der i-ten Zeile: Ist n ≥ 2 und A ∈ M (n × n, K), so gilt
det A =
n
X
(−1)i+j aij det Aij für alle i = 1, ..., n .
j=1
Dabei bezeichnet Aij die Matrix, die aus A entsteht, wenn die i-te Zeile und die j-te Spalte
weggelassen werden.
Entwicklung der Determinante nach der j-ten Spalte: Ist n ≥ 2 und A ∈ M (n × n, K), so gilt
n
X
det A =
(−1)i+j aij det Aij für alle j = 1, ..., n .
i=1
Beispiel
Mit dem Laplaceschen Entwicklungssatz lässt sich

 0 1 2
012
det  3 2 1  = 3 2 1 1 1 0
110
folgendermaßen berechnen:
0 1 2
2 1
3 2 1 = 0 · − 1 · 3
1 0
1
1 1 0
3
1 +
2
·
1
0
= 0 · (−1) − 1 · (−1) + 2 · 1 = 3 .
2 1
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195
Sei


a1
 a2 
 
 . 

A=
 .  ∈ M (n × n; K) .
 
 . 
an
Die Determinante
det : M (n × n, K) → K
hat folgende Eigenschaften:
• Für jedes λ ∈ K gilt
det(λ · A) = λn · det A .
• Gibt es eine Zeile i mit ai = (0, ..., 0), so gilt
det A = 0 .
• Entsteht A0 durch Vertauschung zweier Zeilen aus A, so gilt
det A0 = − det A .
• Ist λ ∈ K und entsteht A0 durch Addition von λaj = (λaj1 , ..., λajn ) zu ai mit i 6= j, so
gilt
det A0 = det A .
• Es gilt
det A = 0
genau dann, wenn die Zeilenvektoren a1 , ..., an linear abhängig sind.
• Ist A eine obere Dreiecksmatrix, d.h.


a11 a12 ... a1n
 0 a22 ... a2n 


 . .
.
. 

,
A=

.
.
.
.


 . .
.
. 
0 0
... ann
so gilt
det A = a11 · ... · ann .
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196
Ist A ∈ M (n × n, K), so ist das das lineare Gleichungssystem
Ax = b
genau dann eindeutig lösbar, wenn
det A 6= 0 .
Cramersche Regel
Sei A ∈ M (n × n, K) mit det A 6= 0, b ∈ Kn und x ∈ Kn die eindeutig bestimmte Lösung des
linearen Gleichungssystems
A · x = b.
Unter a1 , ..., an verstehen wir die Spaltenvektoren von A. Dann gilt
xi =
det(a1 , ..., ai−1 , b, ai+1 , ..., an )
.
det A
Beispiel
Gesucht ist die Lösung des linearen Gleichungssystems
Ax = b
mit


 
110
1
A =  0 1 1  und b =  1  .
321
0
Wir erhalten
det A = 2
und, nach der Cramerschen Regel,
1 1 0
1 1 0
1
1
x1 = 1 1 1 = −1 , x2 = 0 1 1 = 2
2
2
0 2 1
3 0 1
und
1 1 1
1
x3 = 0 1 1 = −1 .
2
3 2 0
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5.4
Inversion von Matrizen
Sind A, B, E ∈ M (n × n, K), wobei


1
 .
0


,
.
E=


0
. 
1
so ist B genau dann die zu A inverse Matrix A−1 , wenn
AB = BA = E
gilt.
Gilt für A, B, C ∈ M (n × n, K)
AB = C ,
so gilt auch
A0 B = C 0 ,
wenn (A, C) durch elementare Zeilenumformungen in (A0 , C 0 ) umgewandelt wird.
Wird dabei (A, E) in (E, C 0 ) verwandelt, so ist C 0 = A−1 .
Beispiel
Für A ∈ M (4 × 4, R), mit


1 0 1 1
1 1 2 1

A=
 0 −1 0 1 
1 0 0 2
betrachten wir
1 0 1
1 1 2
0 −1 0
1 0 0
1
1
1
2
1
0
0
0
0
1
0
0
0
0
1
0
0
0
0
1
und formen (A, E) folgendermaßen um:
197
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198
• 1. Schritt
1 0 1
0 1 1
0 −1 0
0 0 −1
1 0 0
1
0 −1 1 0
1
0 0 1
1 −1 0 0
0
0
0
1
• 2. Schritt
1
0
0
0
0 1
1 1
0 1
0 −1
1 0 0
1
0 −1 1 0
1 −1 1 1
1 −1 0 0
0
0
0
1
• 3. Schritt
1
0
0
0
0
1
0
0
0 0
2 −1 −1 0
0 −1
0 0 −1 0
1 1 −1 1 1 0
0 2 −2 1 1 1
• 4. Schritt
1 0 0 0
2 −1 −1
0 1 0 0
−1
0 0 1 0
0
1
2
1
2
1
2
0 0 0 1 −1
− 12
1
2
1
2
0
1
2
− 12
1
2
Demnach ist die Matrix A invertierbar und es gilt


2 −1 −1 0


 −1 21 − 12 12 


A−1 = 
1
1
1 .
 0 2 2 −2 


−1 21 12 12
Für A ∈ M (n × n, K) mit n ≤ 3 kann auch folgendes Verfahren zur Matrizeninversion noch
relativ bequem genutzt werden.
Ist A ∈ M (n × n, K) und det A 6= 0, so gilt
A−1 = (det A)−1 (bij ) mit bij = (−1)i+j det Aji .
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Beispiele
• Für n = 3 gilt


det A11 − det A21 det A31
(bij ) =  − det A12 det A22 − det A32  .
det A13 − det A23 det A33
• Für n = 2 gilt
a22 −a12
(bij ) =
.
−a21 a11
199
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
5.5
200
Eigenwertprobleme
Ein Element λ ∈ K heißt Eigenwert einer Matrix A ∈ M (n × n, K), wenn es ein x ∈ Kn ,
x 6= 0, mit
Ax = λx
gibt. Dann heißt x Eigenvektor von A zum Eigenwert λ.
Beispiel
Gegeben sei die Matrix
01
A=
.
10
Dann ist
1
x1 =
1
ein Eigenvektor zum Eigenwert λ1 = 1 und
1
x2 =
−1
ein Eigenvektor zum Eigenwert λ2 = −1.
Das charakteristische Polynom
Das lineare Gleichungssystem
A − λE = 0
hat genau dann nichttriviale lösungen, wenn
rg (A − λE) < n
ist. Das ist wiederum genau dann der Fall, wenn
det(A − λE) = 0
ist.
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201
Für das charakteristische Polynom
pA (λ) := det(A − λE)
gilt
pA (λ) = a0 + a1 λ + ... + an λn ,
mit λ ∈ K, ai ∈ K und an 6= 0.
Beispiel
Das charakteristische Polynom der Matrix
12
A=
01
lautet
pA (λ) = det
1−λ 2
0 1−λ
= (1 − λ)2 .
Demnach sind die Eigenwerte
λ1,2 = 1 .
Die zugehörigen Eigenvektoren x sind Lösungen von
12
· x = 1 · x.
01
Somit erhalten wir
1
x=µ
mit µ ∈ R\{0} .
0
Anmerkung: Es muss keine reellen Eigenwerte geben, wie beispielsweise die Bestimmung des
charakteristischen Polynoms von
0 −1
A=
1 0
zeigt. Hier erhalten wir
p(λ) = det(A − λE) = det
−λ −1
1 −λ
= λ2 + 1 > 0 .
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
202
Beispiel
Das charakteristische Polynom der Matrix


0 1 −1
A= 1 0 1 
−1 1 0
lautet


−λ 1 −1
p(λ) = det(A − λE) = det  1 −λ 1  .
−1 1 −λ
Der Wert der Determinante wird nicht verändert, wenn wir zu einem Zeilenvektor das Vielfache
eines anderen Zeilenvektors addieren. Daher gilt






−λ 1 −1
−λ + 1 1 − λ 0
−λ + 1 1 − λ
0
−λ 1  = det  0
−λ + 1 1 − λ 
det  1 −λ 1  = det  1
−1 1 −λ
−1
1 −λ
−1
1
−λ
= (−λ + 1) ((−λ + 1)(−λ) − (1 − λ)) − (1 − λ)2
= −(1 − λ)2 · (λ + 2) .
Die Eigenwerte sind demnach
λ1,2 = 1 , λ3 = −2
und die zugehörigen Eigenvektoren
 
 
1
0



x1,2 = µ 1 + ν 1  mit µ, ν ∈ R : x1,2 6= 0
0
1
und


1
x3 = µ  −1  mit µ ∈ R\{0} .
1
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5.6
203
Übungsaufgaben: Lineare Algebra
Aufgabe 1
Lösen Sie folgende lineare Gleichungssysteme mit Hilfe des Gauß-Algorithmus:
a)
x1 −2x2 +x3 = −1
x2 −x3 = 0
3x1 +x2
= 5
b)
2x1 +5x2 +3x3 = 17
x1 −2x2 −x3 = −1
3x1
+2x3 = 8
c)
x1
2x1
x1
x1
+2x2
+x2
+2x2
+x2
+x3
+x3
+2x3
+x3
+x4 =
+2x4 =
+x4 =
+x4 =
0
0
0
0
d)
x1
+x3 −x4
2x1 +x2 +x3 +x4
x1 +2x2 +3x3 +8x4
3x1 −3x2 +x3 −18x4
+4x5 =
−x5 =
+x5 =
+9x5 =
2
5
1
8
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Aufgabe 2
Bestimmen Sie das Polynom, dessen Graph folgende Punkte enthält:
a) P0 (0, 0), P1 (1, 6), P2 (2, 0) mit y = ax2 + bx + c ,
b) P0 (−1, 2), P1 (0, 1), P2 (1, −2), P3 (2, 5) mit y = ax3 + bx2 + cx + d .
Aufgabe 3
Gegeben sind die Matrizen
0 −1 0
A=
1 0 1


cos ϕ 0 sin ϕ
1 0 
B= 0
− sin ϕ 0 cos ϕ
 
1

C = 2
1
D = 1 −1 1
a) Welche der Matrizen-Produkte
AA, AB, AD, BD, DB, DD
sind definiert? Berechnen Sie diese.
b) Welche weiteren Produkte dieser Matrizen existieren?
c) Bestimmen Sie den Rang der Matrizen A, B, C und D.
Aufgabe 4
Berechnen Sie folgende Determinanten:
a)

5
0
det 
0
5
3
4
2
2
10
2
0
10

3
4

3
2
204
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
205
b)

0
0
−1
0
10
2
10
10

1
x
1
0

0
0

1
x
5
0
det 
5
5

3
4

5
2
c)
x
1
det 
0
0
0
1
x
1
d)


1 a b+c
det  1 b c + a 
1 c a+b
Aufgabe 5
Sei α ∈ R. Bestimmen Sie die Lösungen der folgenden Gleichungssysteme mit Hilfe des GaußVerfahrens:
a)
0 4
5
   
6
x
 


 4 − 45 −1   y  =  α5 
z
25
1 4 5
4

b)
x1
x1
x1
3x1
+x2
−x2
+x2
+x2
+x3
−x3
−x3
+x3
+x4
−x4
−x4
−x4
= α
= α−4
= α+1
= 0
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206
Aufgabe 6
Die folgenden Matrizen sind regulär, d.h. invertierbar. Berechnen Sie die zugehörige inverse
Matrix mittels elementarer Zeilenumformungen.
a)


31 4
A = 1 2 0 
0 1 −2
b)


4 5 −1
B = 2 0 1 
31 0
c)


342
C = 1 5 3
010
d)


3 −3 6
D = 2 0 3
1 1 2
e) Lösen Sie die Matrixgleichung



66
3 −3 6
2 0 3 · X = 0 2
00
1 1 2

6
3
6
Aufgabe 7
Bestimmen Sie für folgende Matrizen die reellen Eigenwerte und die zugehörigen
Eigenvektoren:
a)


111
A = 1 1 1
111
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207
b)


010
A = 1 0 1
010
c)

0
1
A=
0
1
1
0
1
0
0
1
0
1

1
0

1
0
Aufgabe 8
Berechnen Sie I1 , I2 , I3 und I, mit Hilfe von Maschen- und Knotenregel, für folgende Schaltung
R
I3
R3
I2
R2
I1
R1
I
I
U
Dabei sei U = 10 V , R = 60 Ω, R1 = R3 = 100 Ω und R2 = 200 Ω .
Aufgabe 9
Bestimmen Sie die Eigenwerte und die zugehörigen Eigenvektoren der Matrix


−1 2 2
A= 2 2 2 .
−3 −6 −6
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Aufgabe 10
Bestimmen Sie die Eigenwerte und die zugehörigen Eigenvektoren der Matrix

0
 2
B=
 −1
−1
2
0
−1
−1
1
1
3
−1

1
1 
.
−1 
3
208
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6
Gewöhnliche Differentialgleichungen
Gleichungen zwischen einer gesuchten Funktion und einigen ihrer Ableitungen heißen
Differentialgleichungen.
6.1
Beispiele gewöhnlicher Differentialgleichungen
• Der Harmonische Oszillator mit Reibungsterm und äußerer Kraft
Dx(t) + kx0 (t) + mx00 (t) = Fa (t)
• Der RLC-Serienschwingkreis mit äußerer Spannung
1
Q(t) + RQ0 (t) + LQ00 (t) = Ua (t)
C
• Diffusionsgleichung
c0 (t) = k(ca − c(t))
• Das mathematische Pendel
d2 ϕ(t) g
+ sin ϕ(t) = 0
dt2
l
• Die logistische Differentialgleichung
P 0 (t) = γP (t) − τ P 2 (t)
• Kinetik bimolekularer chemischer Reaktionen (A + B → C)
c0 (t) = k(ca − c(t))(cb − c(t)) .
209
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6.2
210
Gewöhnliche Differentialgleichungen 1. Ordnung
Definition: Sei G ⊂ R2 und
f : G → R, (x, y) 7→ f (x, y)
eine stetige Funktion. Dann wird
y 0 = f (x, y)
als eine Differentialgleichung erster Ordnung bezeichnet.
6.2.1
Lineare Differentialgleichungen
Sei I ⊂ R und seien a, b : I → R stetige Funktionen. Dann heißt
y 0 = a(x)y + b(x)
lineare Differentialgleichung erster Ordnung.
Ist b = 0, so wird diese Differentialgleichung als homogen, ansonsten als inhomogen bezeichnet.
Sei I ⊂ R, x0 ∈ I und c ∈ R. Dann gibt es genau eine Lösung ϕ : I → R der Differentialgleichung
y 0 = a(x)y ,
die der Bedingung
ϕ(x0 ) = c
genügt. Für diese Lösung gilt
Zx
ϕ(x) = c exp( a(t) dt) .
x0
Beispiel
Sei k ∈ R. Für die Lösung ϕ : R → R der Differentialgleichung
y 0 = ky
mit der Anfangsbedingung
ϕ(x0 ) = c
gilt
ϕ(x) = cek(x−x0 ) .
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211
Anmerkung: Beispielsweise kann die Konzentration y(t) eines Stoffes A, die, infolge einer chemischen Reaktion A → B, abnimmt und der Differentialgleichung
y 0 (t) = −κy(t)
und der Anfangsbedingung
y(t0 ) = y0
genügt, auf diese Art bestimmt werden.
Die Methode der Variation der Konstanten
Die Methode der Variation der Konstanten lässt sich zwar auch auf gewöhnliche lineare Differentialgleichungen n-ter Ordnung anwenden, jedoch beschränken wir uns hier auf Differentialgleichungen erster Ordnung.
Sei I ⊂ R ein Intervall und seien a, b : I → R stetige Funktionen.
Dann gibt es zu beliebigem x0 ∈ I und c ∈ R genau eine Lösung
ψ:I→R
der Differentialgleichung
y 0 = a(x)y + b(x)
mit der Anfangsbedingung ψ(x0 ) = c.
Ist ϕ : I → R eine Lösung der homogenen Differentialgleichung
ϕ0 (x) = a(x)ϕ(x)
mit ϕ(x0 ) 6= 0, so lässt sich eine beliebige Lösung ψ : I → R der inhomogenen Gleichung
schreiben als
ψ(x) = ϕ(x)u(x)
mit einer stetig differenzierbaren Funktion u : I → R.
Für die Ableitung ψ 0 erhalten wir
ψ 0 = ϕ0 u + ϕu0 = a ϕu + ϕu0 .
Da ψ eine Lösung der inhomogenen Gleichung ist, gilt außerdem
ψ 0 = a ψ + b = a ϕu + b .
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Daraus folgt, dass
ϕu0 = b
und somit
Zx
u(x) − u(x0 ) =
ϕ(t)−1 b(t) dt
x0
ist.
Diese Lösung unseres Anfangswertproblems lautet daher
Zx
ψ(x) = ϕ(x)(c +
ϕ(t)−1 b(t) dt) ,
x0
wobei
Zx
ϕ(x) = exp(
a(t) dt) .
x0
Beispiel
Gegeben sei das Anfangswertproblem
y 0 = 2xy + x3 mit y(0) = −1 .
Die gesuchte Lösung der homogenen Gleichung
y 0 = 2xy
lautet

Zx
ϕ(x) = exp 

2
2t dt = ex .
0
Daher gilt für die Lösung ψ der inhomogenen Gleichung, unter der
Anfangsbedingung ψ(0) = −1,


Zx
2
2
ψ(x) = ex −1 + t3 e−t dt .
0
Nach Substitution und partieller Integration erhalten wir schließlich
1 1 2
1 2 1
x2
−x2
ψ(x) = e
−1 + − (x + 1)e
= − ex − (x2 + 1) .
2 2
2
2
212
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6.2.2
213
Differentialgleichungen mit getrennten Variablen
Seien I, J ⊂ R offene (eigentliche oder uneigentliche) Intervalle und f : I → R und g : J → R
zwei stetige Funktionen, wobei g(y) 6= 0 für alle y ∈ J gelte.
Dann ist das Anfangswertproblem
y 0 = f (x)g(y) in I × J mit y(x0 ) = y0
in einer hinreichend kleinen Umgebung von x0 eindeutig lösbar.
Die Lösung erhalten wir, indem wir die Gleichung
Zy
dt
=
g(t)
y0
Zx
f (t) dt
x0
nach y auflösen.
Beispiel
Das Anfangswertproblem
y 0 y + x = 0 , y(1) = 1
lässt sich mit Hilfe der Integration
Z
Z
y dy = − x dx + C
lösen. So ergibt sich
y2
x2
=C−
.
2
2
Die Anfangsbedingung y(1) = 1 impliziert, dass C = 1 ist.
Schließlich erhalten wir
√
y(x) = 2 − x2 .
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6.2.3
214
y
Die Differentialgleichung y 0 = f ( )
x
Sei I ⊂ R und sei f : I → R eine stetige Funktion. Die Differentialgleichung
y
y 0 = f ( ) , mit x ∈ R∗ , y ∈ R ,
x
lässt sich, mittels der Substitution z :=
z0 =
y
, in die Differentialgleichung
x
1
(f (z) − z)
x
umwandeln. Diese Differentialgleichung gehört zu dem bereits behandelten Typ von Differentialgleichungen mit getrennten Variablen.
Beispiel
Die Differentialgleichung
y0 = 1 +
y y 2
+
, x 6= 0 ,
x
x
geht, mittels z :=
z0 =
y
, über in
x
1
(1 + z 2 ) .
x
Demnach erhalten wir
Z
Z
1
1
dz =
dx + C
2
1+z
x
und schließlich y = y(x) nach Umformung von
arctan z = ln |x| + C .
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6.3
215
Gewöhnliche Differentialgleichungen n-ter Ordnung
Definition: Sei G ⊂ R × Rn und
f : G → R, (x, y) 7→ f (x, y)
eine stetige Funktion.
Dann wird
y (n) = f (x, y, y 0 , ..., y (n−1) )
als eine Differentialgleichung n-ter Ordnung bezeichnet.
Sei I ⊂ R und seien b, ak : I → R, mit 0 ≤ k ≤ n − 1, stetige Funktionen. Dann heißt
y (n) + an−1 (x)y (n−1) + ... + a1 (x)y 0 + a0 (x)y = b(x)
lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung.
Ist b = 0, so wird diese Differentialgleichung als homogen, ansonsten als inhomogen bezeichnet.
Wir nennen
• LH den Vektorraum aller Lösungen der homogenen und
• LI die Menge aller Lösungen der zugehörigen inhomogenen Differentialgleichung.
Dann gilt für ein beliebiges ψ0 ∈ LI
LI = ψ0 + LH .
Demnach setzt sich die allgemeine Lösung y einer inhomogenen linearen Differentialgleichung
• aus der allgemeinen Lösung yh der zugehörigen homogenen Gleichung und
• einer partikulären (speziellen) Lösung yp der inhomogenen Gleichung zusammen.
Dabei gilt
y = yp + yh .
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6.3.1
216
Gewöhnliche homogene lineare Differentialgleichungen mit konstanten
Koeffizienten
Sei
D :=
d
und P (D) = a0 + a1 D + .... + an Dn .
dx
Dann lässt sich eine homogene lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten folgendermaßen schreiben:
P (D)y = 0 .
Es gilt
P (D)eλx = P (λ)eλx für alle λ ∈ C ,
wobei P (λ) ein Polynom ist. Es wird als das charakteristisches Polynom der Differentialgleichung bezeichnet.
Nullstellen von P (λ)
a) Das charakteristische Polynom P (λ) habe n paarweise verschiedene Nullstellen
λ1 , ..., λn ∈ C.
Dann bilden die Funktionen ϕl : R → C
ϕl (x) := eλl x , l = 1, ..., n
ein Fundamentalsystem von Lösungen (= Basis des Lösungsvektorraumes) der Differentialgleichung P (D)y = 0.
b) Das charakteristische Polynom P (λ) habe r paarweise verschiedene Nullstellen λl ∈ C,
1 ≤ l ≤ r, mit den Vielfachheiten kl .
Dann bilden die Funktionen ϕlm : R → C
ϕlm (x) := xm eλl x , 1 ≤ l ≤ r, 0 ≤ m ≤ kl − 1
ein Fundamentalsystem von Lösungen der Differentialgleichung P (D)y = 0.
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Die allgemeine Lösung ϕ der Differentialgleichung ist die Linearkombination
n
X
ci ϕi , mit ci ∈ C ,
i=1
des Lösungsfundamentalsystems {ϕi }.
Beispiele
• Das charakteristische Polynom der Differentialgleichung
y 00 + 4y 0 + 3y = 0
lautet
P (λ) = λ2 + 4λ + 3 .
Die Nullstellen von P (λ) sind
λ1 = −1 , λ2 = −3 .
Als allgemeine Lösung ϕ erhalten wir demnach
ϕ(x) = c1 e−x + c2 e−3x .
• Das charakteristische Polynom der Differentialgleichung
y 000 − y 00 − 2y 0 = 0
lautet
P (λ) = λ3 − λ2 − 2λ .
Die Nullstellen von P (λ) sind
λ1 = 0 , λ2 = −1 , λ3 = 2 .
Als allgemeine Lösung ϕ erhalten wir demnach
ϕ(x) = c1 + c2 e−x + c3 e2x .
• Das charakteristische Polynom der Differentialgleichung
y 000 − 2y 00 + y 0 = 0
lautet
P (λ) = λ3 − 2λ2 + λ = λ(λ − 1)2 .
Die Nullstellen von P (λ) sind
λ1 = 0 , λ2 = 1 (doppelt) .
Als allgemeine Lösung ϕ erhalten wir demnach
ϕ(x) = c1 + c2 ex + c3 xex .
217
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218
Anwendungen
Der Einschaltvorgang bei einer Reihenschaltung von Ohmschen Widerstand und Spule
Wird der Schalter geschlossen, so genügt die Stromstärke I in dem abgebildeten Schaltkreis der
Differentialgleichung
U0 − LI 0 (t) = RI .
R
L
Abbildung 6.1 Einschaltvorgang
Die Lösung dieser Differentialgleichung lautet
I=
t
U0
L
(1 − e− τ ) , wobei τ := .
R
R
I (t )
I=
I=
U0
R
U0
t
L
I=
L
R
t
U0
−
⋅(1−e τ )
R
t
Abbildung 6.2 Die Stromstärke I(t) nach dem Einschalten
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219
Freie gedämpfte mechanische Schwingungen
Die Auslenkung x(t) genüge der Differentialgleichung
Dx(t) + kx0 (t) + mx00 (t) = 0 ,
wobei
· Trägheitskraft: mx00 (t)
· Reibungskraft: −kx0 (t)
· Rückstellkraft: −Dx(t).
Der RLC-Serienschwingkreis ohne äußere Spannungsquelle
Hier genügt die Ladung Q(t) der Differentialgleichung
1
Q(t) + RQ0 (t) + LQ00 (t) = 0 ,
C
wobei
· Kapazität: C
· Ohmscher Widerstand: R
· Induktivität: L .
Lösung einer homogenen linearen Differentialgleichung zweiter Ordnung mit konstanten
Koeffizienten
Wir betrachten nun die allgemeine Lösung der Gleichung
y 00 (t) + 2µ y 0 (t) + ω02 y(t) = 0 ,
wobei ω0 ∈ R und µ ∈ R∗+ , und Lösungen unter bestimmten Anfangsbedingungen.
Schwingungen unter der Bedingung 0 < µ < ω0
Mit dem Ansatz y(t) = eλt und den Ableitungen y 0 (t) = λeλt und y 00 (t) = λ2 eλt erhalten wir
λ2 + 2µλ + ω02 = 0 .
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220
Die Nullstellen dieser Gleichung sind die komplexen Zahlen
q
λ1,2 = −µ ± µ2 − ω02 = −µ ± iω ,
wobei ω :=
p
ω02 − µ2 .
Die allgemeine Lösung unserer Differentialgleichung
y(t) = c1 eλ1 t + c2 eλ2 t = c1 e(−µ+iω)t + c2 e(−µ−iω)t
lässt sich umformen zu
y(t) = e−µt (c1 eiωt + c2 e−iωt ) .
Mit Hilfe der Eulerschen Formel
e±iωt = cos(ωt) ± i sin(ωt)
erhalten wir
y(t) = e−µt (d1 cos(ωt) + d2 sin(ωt)) .
f (t )
−μt
e cos(ω t)
e−μt
t
−e−μ t
Abbildung 6.3 Gedämpfte Schwingung
Mit den Anfangsbedingungen
y(t = 0) = y0
und
y 0 (t = 0) = 0
folgt
y0 = y(t = 0) = e−µ·0 (d1 cos(ω · 0) + d2 sin(ω · 0))
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221
und
0 = y 0 (t = 0) = −µe−µ·0 (d1 cos(ω · 0) + d2 sin(ωt · 0)
+ e−µ·0 (−d1 ω sin(ω · 0) + d2 ω cos(ω · 0)) .
Die erste dieser beiden Gleichungen impliziert
d1 = y 0
und die zweite
µ
d2 = · y 0 .
ω
Insgesamt erhalten wir damit
y(t) = y0 e−µt (cos(ωt) +
µ
sin(ωt)) .
ω
Der aperiodische Grenzfall (für µ = ω0 )
Die Nullstellen von
λ2 + 2µλ + ω02 = 0
sind
λ1,2 = −µ .
Die allgemeine Lösung ist
y(t) = e−µt (c1 + c2 t) .
Unter der Anfangsbedingung y(t = 0) = y0 und y 0 (t = 0) = 0 erhalten wir die eindeutig
bestimmte Lösung
y(t) = y0 e−µt (1 + µt) ,
wobei µ = ω0 .
Der aperiodische Fall (Kriechfall) (für µ > ω0 )
Die Nullstellen von
λ2 + 2µλ + ω02 = 0
sind
λ1,2
q
= −µ ± µ2 − ω02 < 0 .
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222
Die allgemeine Lösung ist
y(t) = c1 e−µ1 t + c2 e−µ2 t wobei µi := −λi > 0 .
Unter der Anfangsbedingung y(t = 0) = y0 und y 0 (t = 0) = 0 erhalten wir die eindeutig
bestimmte Lösung:
y(t) =
y0
(µ2 e−µ1 t − µ1 e−µ2 t ) .
µ2 − µ1
Lösungen yµ (t) des Anfangswertproblems
Im vorangegangenen Abschnitt bestimmten wir die Lösungen y(t) = yµ (t) der Differentialgleichung
y 00 (t) + 2µ y 0 (t) + ω02 y(t) = 0
unter den Anfangsbedingungen
y(t = 0) = y0
und
y 0 (t = 0) = 0 .
Die folgende Abbildung zeigt den Einfluss der Dämpfung
auf diese Lösungen y(t) = yµ (t):
y (t )
y0
μ
ω 0 =2,5
2,0
1,5
1,3
μ
ω 0 =1
0
μ
ω 0 =0,9
0,8
0,7
2π
T 0 := ω
2T 0
0
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
Abbildung 6.4 Der Einfluss der Dämpfung µ
3T 0
t
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6.3.2
223
Gewöhnliche inhomogene lineare Differentialgleichungen mit
konstanten Koeffizienten
Zu den Methoden, eine partikuläre Lösung einer
inhomogenen gewöhnlichen Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten
zu finden, gehören
• die Variation der Konstanten und
• die Laplace-Transformation.
Es gibt auch eine Reihe von Ansatzfunktionen, die sich nutzen lassen.
Ansatzfunktionen für eine partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichung
Es sei
P (D) = Dn + an−1 Dn−1 + ... + a1 D + a0
mit Konstanten ak ∈ R. Ferner sei I ⊂ R und
b:I→R
sei eine stetige Funktion.
Dann lassen sich mittels folgender Ansatzfunktionen partikuläre Lösung der Differentialgleichung
P (D)y = b
bestimmen.
Seien bi , Ai ∈ R und α, β ∈ R.
• Ist b ein Polynom mit
b(x) = b0 + b1 x + ... + bm xm
und P (λ = 0) 6= 0, so ist
yp (x) = A0 + A1 x + ... + Am xm
ein Lösungsansatz.
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224
• Ist
b(x) = (b0 + b1 x + ... + bm xm )eαx
und P (λ = α) 6= 0, so ist
yp (x) = (A0 + A1 x + ...Am xm )eαx
ein Lösungsansatz.
• Ist g(x) = cos(βx) oder sin(βx),
b(x) = (b0 + b1 x + ... + bm xm )g(x)
und P (λ = iβ) 6= 0, so ist
yp (x) = (A0 + A1 x + ...Am xm ) cos(βx) + (B0 + B1 x + ...Bm xm ) sin(βx)
ein Lösungsansatz.
Beispiel
Um die Lösung der inhomogenen Differentialgleichung
y 000 − y = 1 + x3
zu lösen, bestimmen wir die allgemeine Lösung yh der homogenen Gleichung
y 000 − y = 0
und die partikuläre Lösung yp der inhomogenen Gleichung mit dem oben beschriebenen Ansatz
yp (x) = A0 + A1 x + A2 x2 + A3 x3 .
Für die Lösung yh der homogenen Gleichung bestimmen wir die Nullstellen des charakteristischen Polynoms
P (λ) = λ3 − 1 = (λ − 1)(λ2 + λ + 1) .
Da für die Nullstellen
λ1 = 1 , λ2,3
√
1
3
=− ±i
2
2
gilt, folgt
√
− x2
yh (x) = c1 ex + e
!
√
3
3
c2 cos(
x) + c3 sin(
x) .
2
2
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225
Setzen wir yp in die inhomogene Differentialgleichung ein, so erhalten wir
3 · 2 · A3 − (A0 + A1 x + A2 x2 + A3 x3 ) = 1 + x3
und demnach
A3 = −1 , A2 = 0 , A1 = 0 , A0 = −7 .
Daher gilt
yp (x) = −7 − x3 .
Die allgemeine Lösung y der inhomogenen Gleichung lautet daher
√
y(x) = −7 − x3 + c1 ex + e
− x2
!
√
3
3
c2 cos(
x) + c3 sin(
x) .
2
2
Anwendungen
Erzwungene gedämpfte mechanische Schwingungen
Hier betrachten wir ein System, das sinusförmig schwingen kann, beispielsweise ein quasielastisches Pendel, dessen Schwingungen durch die Stokes-Reibung gedämpft werden.
Die Auslenkung x(t) genüge der Differentialgleichung
Dx(t) + kx0 (t) + mx00 (t) = Fa (t) .
Es wirke eine periodische äußere Kraft Fa (t), wobei
Fa (t) = F0 cos(ωt) .
Die Kraft Fa (t) ist daher harmonisch veränderlich mit der konstanten Kreisfrequenz ω und der
konstanten Anregungsamplitude F0 .
Zusätzlich gehen wir hier davon aus, dass
r
D
k
<
0<
2m
m
gilt.
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226
Der RLC-Serienschwingkreis mit äußerer Spannung
Hier genügt die Ladung Q(t) der Differentialgleichung
1
Q(t) + RQ0 (t) + LQ00 (t) = Ua (t) .
C
L
C
R
U
Abbildung 6.5 RLC-Serienschwingkreis
Es liege eine äußere Spannung Ua (t) an, wobei
Ua (t) = U0 cos(ωt) .
Die Kreisfrequenz ω und Amplitude U0 sind konstant.
Analog zu unserem mechanischen Modell beschränken wir uns hier auf die periodischen Lösungen Q(t) der Differentialgleichung.
Wir betrachten nun die Gleichung
y 00 (t) + 2µ y 0 (t) + ω02 y(t) = ya (t) ,
wobei ya (t) = ya,0 cos(ωt) mit den Konstanten ya,0 , ω ∈ R∗+ .
Zusätzlich gelte 0 < µ < ω0 .
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227
Für die beiden beschriebenen Beispiele,
• eine quasi-elastische mechanische Schwingung und
• die Ladungsoszillation eines Serienschwingkreises,
setzen wir
r
· ω0 :=
D
bzw. ω0 :=
m
r
1
LC
R
k
bzw. µ :=
2m
2L
p
· ωµ := ω02 − µ2
· µ :=
In unserem Fall ist die inhomogene Gleichung
y 00 (t) + 2µ y 0 (t) + ω02 y(t) = ya (t)
und die zugehörige homogene Gleichung
y 00 (t) + 2µ y 0 (t) + ω02 y(t) = 0 .
Um eine partikuläre Lösung unserer inhomogenen Gleichung zu finden, können wir die Differentialgleichung zu einer Differentialgleichung für komplexe Funktionen verallgemeinern und
den Realteil dieser Lösung bestimmen.
Wir betrachten die Differentialgleichung
z 00 (t) + 2µ z 0 (t) + ω02 z(t) = y0,a eiωt ,
wobei µ, ω0 und y0,a wie bisher definiert sind.
Mit dem Ansatz
z(t) = z0 eiωt
erhalten wir
z0 =
ω02
y0,a
− ω 2 + 2iµω
und damit eine partikuläre Lösung yp (t).
Die komplexe Amplitude z0 lässt sich auch als
z0 = Aeiϕ , mit A ∈ R,
schreiben.
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228
Der Ansatz
z(t) = Aei(ωt+ϕ) ,
impliziert
A(−ω 2 + 2iµω + ω02 ) = y0,a e−iϕ .
Daraus folgt für die Amplitude der erzwungenen Schwingung
A= p
y0,a
(ω02
− ω 2 )2 + 4µ2 ω 2
.
Mit der Amplitude A und der Phasenverschiebung ϕ ist auch die reelle partikuläre Lösung
unserer ursprünglichen Gleichung
y(t) = A cos(ωt + ϕ)
bestimmt.
Nun betrachten wir die Amplitude A als Funktion von ω und berechnen deren Maximum.
Dabei erweist sich die folgende Definition als nützlich:
q
ωR := ω02 − 2µ2
Die Funktion
f (ω) := (ω02 − ω 2 )2 + 4µ2 ω 2
ist
· für µ ≥
ω0
√
:
2
streng monoton und unbeschränkt wachsend,
ω0
: streng monoton fallend in (0, ωR ) und streng monoton und unbeschränkt
· für µ < √
2
wachsend in (ωR , ∞).
Betrachten wir nun für den zweiten Fall die Amplitude
A= p
y0,a
(ω02
− ω 2 )2 + 4µ2 ω 2
,
so zeigt sich, dass deren Maximalwert bei ω = ωR angenommen wird
und
y0,a
y0,a
Amax = A(ωR ) = p 2
=
2µωµ
2µ ω0 − µ2
beträgt.
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229
Die Frequenz ωR heisst daher Resonanzfrequenz.
Amplitude A(ω) und Phasenverschiebung ϕ(ω) der partikulären Lösung
y(t) = A cos(ωt + ϕ)
zeigen einen von der der relativen Dämpfung
µ
abhängigen Verlauf.
ω0
Die Amplitude A(ω) ist in folgender Abbildung für verschiedene Werte der relativen Dämpfung
dargestellt:
2
ω0
A
x0, a
10
4
10
3
10
2
μ
−4
ω 0 =10
10−2
0,1
0,2
10
0,4
0,6
1
→1
0
0,5
1,0
ω
ω0
Abbildung 6.6 Amplitude einer erzwungenen Schwingung
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230
Folgende Abbildung zeigt die Phasenverschiebung
ϕ(ω) = tan−1 (−2µ
ω02
ω
)
− ω2
für verschiedene Werte der relativen Dämpfung:
μ
−4
ω 0 =10
10−2
0,1
0,2
0,4
0,6
1
2
ω
ω0
φ
−π
2
→1
−π
Abbildung 6.7 Phasenverschiebung einer erzwungenen Schwingung
Ist µ = 0, so erhalten wir die Gleichung für den harmonischen Oszillator mit der
Inhomogenität ya (t)
y 00 (t) + ω02 y(t) = ya (t) ,
wobei
ya (t) = ya,0 cos(ωt) .
Ist ω 6= ω0 , so ist
y0,a
cos(ωt)
− ω2
ω02
eine partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichung.
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231
Ist ω = ω0 , so ist
y0,a
t sin(ωt)
2ω0
eine partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichung.
Dieser Fall wird als Resonanz bezeichnet, da die Anregungsfrequenz gleich der Eigenfrequenz
ist. Die Amplitude wächst hierbei unbeschränkt.
Die Methode der Laplace-Transformation
In Kapitel 5 wurde die Laplace-Transformierte F einer geeigneten Funktion f durch
Z∞
F = Lf : Kf → R, s 7→ F (s) :=
e−st f (t) dt
0
erklärt.
Differentiationssatz: Es gilt
k
X
L(f (k) )(t) (s) = sk L(f (t)) (s) −
sk−l f l−1 (0) .
l=1
Das Anfangswertproblem für lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten
Hierbei suchen wir beispielsweise eine Lösung ϕ : I → R der Differentialgleichung
y 00 + a1 y 0 + a0 y = b(t) ,
mit einer stetigen Funktion b : I → R, die den Anfangsbedingungen
y(0) = c1 und y 0 (0) = c2
genügt.
Ist ϕ eine Lösung der Differentialgleichung, so gilt
Lϕ00 + a1 Lϕ0 + a0 Lϕ = Lb .
Mit der Definition
Y := Lϕ und B := Lb ,
den Anfangswerten und dem Differentiationssatz erhalten wir die algebraische Gleichung
s2 Y − sc1 − c2 + a1 (sY − c1 ) + a0 Y = B
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232
und daher
Y (s) =
(s + a1 )c1 + c2 + B(s)
.
s 2 + a1 s + a0
Beispiel
Um das Anfangswertproblem
y 00 + 4y 0 = cos(2t) , y(0) = 0, y 0 (0) = 1
zu lösen, wenden wir die Laplace-Transformation an uns setzen die Anfangswerte ein. Damit
erhalten wir
2
(s Y − 1) + 4sY = L(cos(2t)) (s)0 : B(s) .
Mittels
B(s) =
s2
s
+4
folgt
Y (s) =
(s + 4) · 0 + 1 + B
1
1
=
+
.
s2 + 4s
(s + 4)(s2 + 4) s(s + 4)
Die Partialbruchzerlegung
a1
a2 + a3 s
1
=
+ 2
2
(s + 4)(s + 4)
s+4
s +4
impliziert
a1 =
1
1
1
, a2 = − , a3 = −
20
5
20
und daher
Y (s) =
1
1
1
s
1
1
1
·
−
· 2
+ · 2
+
.
20 s + 4 20 s + 4 5 s + 4 s(s + 4)
Die inverse Transformation L−1 ergibt schließlich
y(t) =
1 −4t
1
1 1
1
e −
cos(2t) + · sin(2t) + (1 − e−4t )
20
20
5 2
4
=−
1
1
1 1
cos(2t) +
sin(2t) + − e−4t .
20
10
4 5
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233
Anmerkung
Eine Lösung des Anfangswertproblems
y 00 (t) + 2µy 0 (t) + ω02 y(t) = b(t) , mit y(0) = c1 , y 0 (0) = c2 ,
im Falle 0 ≤ µ < ω0 , lässt sich auch mittels
y(t) = e−µt (c1 cos(ωµ t) +
µc1 + c2
B(s)
sin(ωµ t)) + L−1 ( 2
),
ωµ
s + 2µs + ω02
wobei
q
ωµ := ω02 − µ2 ,
berechnen. Zusätzlich lässt sich die Beziehung
B(s)
1
L−1 ( 2
)=
2
s + 2µs + ω0
ωµ
verwenden.
Zt
0
b(τ )e−µ(t−τ ) sin(ωµ (t − τ )) dτ
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6.4
Übungsaufgaben: Gewöhnliche Differentialgleichungen
Aufgabe 1
Lösen Sie folgende Anfangswertprobleme durch Trennung der Variablen:
π
a) y 0 + cos x · y = 0 , y( ) = 2π
2
1
b) x(x + 1) y 0 = y , y(1) =
2
c) y 2 y 0 + x2 = 1 , y(2) = 1.
Aufgabe 2
Lösen Sie folgende Anfangswertprobleme durch Variation der Konstanten:
a) xy 0 − y = x2 · cos x , y(π) = 2π
b) y 0 + tan x · y = 5 sin(2x) , y(3π) = 2
c) xy 0 + y = ln x , y(1) = 1
d) y 0 + tan x · y = sin x · cos x , y(0) = 1.
Aufgabe 3
Bestimmen Sie die allgemeine Lösung der folgenden Differentialgleichungen 2. Ordnung:
a) y 00 + y = 0
b) y 00 + 2y 0 + y = 0
c) y 00 + y 0 − 2y = 0
d) y 00 − 2y 0 + 2y = 2
e) y 00 + 2y 0 − 3y = 3x2 − 4x
f) y 00 + 2y 0 + y = −2 sin(2x).
234
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235
Aufgabe 4
Lösen Sie die Anfangswertprobleme:
a) y 00 − 2y 0 + 2y = 2 , y(0) = 2, y 0 (0) = 1
b) y 00 + 2y 0 + y = −2 sin(2x) , y(0) = 1, y 0 (0) = 1
c) y 00 + y = 2 sin x , y(0) = 1, y 0 (0) = 1
(Resonanzfall !).
Aufgabe 5
Lösen Sie die Anfangswertprobleme aus der vorangegangenen Aufgabe mittels Laplace-Transformation:
a) y 00 − 2y 0 + 2y = 2 , y(0) = 2, y 0 (0) = 1
b) y 00 + 2y 0 + y = −2 sin(2x) , y(0) = 1, y 0 (0) = 1
c) y 00 + y = 2 sin x , y(0) = 1, y 0 (0) = 1
(Resonanzfall !).
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6.5
236
Übungsaufgaben: zur Wiederholung
Aufgabe 1
Berechnen Sie mit Hilfe der Partialbruchzerlegung das Integral
Z 3
x + x2 + x
dx .
x2 − 1
Aufgabe 2
Berechnen Sie die Länge der Neilschen Parabel
3
y = x2
zwischen x = 0 und x = 4.
Aufgabe 3
Die Graphen der Funktionen
y(x) = sin x und y(x) =
2
x
π
beranden für
0≤x≤
π
2
ein endliches Flächenstück, welches um die x-Achse rotiert. Berechnen Sie das Volumen V des
Rotationskörpers.
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Aufgabe 4
Wir betrachten das von einer reellen Zahl α abhängige lineare Gleichungssystem
x1
x1
x1
3x1
+x2
−x2
+x2
+x2
+x3
−x3
−x3
+x3
+x4
−x4
−x4
+α2 x4
= −1
= −3α
= 0
= α2
Bestimmen Sie alle Zahlen α ∈ R, für die dieses lineare Gleichungssystem
a) keine Lösung besitzt,
b) unendlich viele Lösungen besitzt und geben Sie alle Lösungen an.
Aufgabe 5
Berechnen Sie die inverse Matrix von


4 5 −1
A = 2 0 1 
31 0
Aufgabe 6
Bestimmen Sie die reellen Eigenwerte und die zugehörigen Eigenvektoren der Matrix


1 1 0
A =  −1 1 −1  .
0 1 1
Aufgabe 7
Bestimmen Sie die lokalen Extrema der Funktion
R2 → R , (x, y) 7→ f (x, y) = −2x3 + 3xy − 3y 3 + 10 .
237
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Aufgabe 8
In der Ebene ist durch die Eigenschaften
x ≤ 1, y ≤ 1, x + y ≥ 1
ein Bereich B gegeben. Skizzieren Sie den Bereich B und berechnen Sie
ZZ
x dA.
B
Aufgabe 9
Lösen Sie folgendes Anfangswertproblem durch Trennung der Variablen:
y 2 y 0 − x2 = 1 , y(2) = 1 .
Aufgabe 10
Lösen Sie folgendes Anfangswertproblem:
y 00 + y = 2 sin x , y(0) = 0, y 0 (0) = 0 .
238
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Symbolverzeichnis
N = {1, 2, 3, ....} Menge der natürlichen Zahlen
N0 = {0, 1, 2, 3, ....}
Z = {0, ±1, ±2, ....} Menge der ganzen Zahlen
p
Q = { | p, q ∈ Z, q 6= 0} Körper der rationalen Zahlen
q
R Körper der reellen Zahlen
R+ := {x ∈ R | x ≥ 0}
R∗ := {x ∈ R | x 6= 0}
R∗+ := {x ∈ R | x > 0}
C Körper der komplexen Zahlen
239
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240
Quellen und
Literatur
[1] I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew, Taschenbuch der Mathematik, B. G. Teubner, Nauka
[2] A. Budó, Theoretische Mechanik, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften
[3] P. Dörsam, Oberstufenmathematik leicht gemacht,
Band 2: Lineare Algebra, Analytische Geometrie, PD-Verlag
[4] G. Fischer, Lineare Algebra, Vieweg
[5] W. Fischer, I. Lieb, Funktionentheorie, Vieweg
[6] O. Forster, Analysis 1, 2, 3, Vieweg
[7] C. Gerthsen, H. O. Kneser, H. Vogel, Physik, Springer-Verlag
[8] J. Hartung, Statistik, Oldenbourg
[9] H. Heuser, Gewöhnliche Differentialgleichungen, B. G. Teubner
[10] J. Hugel, Elektrotechnik, Grundlagen und Anwendungen, B. G. Teubner
[11] K. Jänich, Lineare Algebra, Springer-Verlag
[12] F. Reinhardt, H. Soeder, dtv-Atlas zur Mathematik, Deutscher Taschenbuch Verlag
[13] R. Remmert, Funktionentheorie 1, Springer-Verlag
[14] K. Simonyi, Theoretische Elektrotechnik, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften
[15] W. Walter, Gewöhnliche Differentialgleichungen, Springer-Verlag
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