BRAIN MODELLING II Teil 1

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Geräuschlokalisation bei der Schleiereule
Die Schleiereule ist in der Lage im Dunkeln sehr genau die Position von Geräuschen
wahrzunehmen. Lange Zeit war nicht genau geklärt, wie sie die Position von Beutetieren auf
1-2° genau detektieren konnten.
Ein Geräusch gelangt zu beiden Ohren zu unterschiedlichen Zeiten. Das Gehirn der
Schleiereule vergleicht die Zeiten und setzt die ermittelten Unterschiede zu einem
einheitlichen räumlichen Höreindruck um. Mit dem Laufzeitunterschied kann die Schleiereule
in der x-y-Ebene bestimmen, wie weit das Geräusch von rechts (beziehungsweise von links)
kommt. Da die beiden Ohrmuscheln unterschiedlich orientiert sind, können auch Geräusche
von oben beziehungsweise von unten erkannt werden. So ist das linke Ohr empfindlicher für
Geräusche von unten bzw. das recht Ohr von oben. Es werden die unterschiedlichen
Laufzeiten und Intensitäten gemessen (siehe Abb.1.1). Die Laufzeiten sind für die
Orientierung in der x-y Ebene und die Intensitäten
für die Orientierung in der x-z Ebene verantwortlich.
Man konnte dies sehr genau zeigen. Man setzte die
Schleiereule in einen schalltoten Raum, verband ihr
die Augen und über zwei Ohrenstöpseln wurden den
Ohren Geräusche zugespielt. Man konnte die beiden
Laufzeiten variieren und die Intensität. Bei
geeigneter Wahl der Parameter bewegte die
Schleiereule den Kopf in die Richtung des
z
vermuteten Geräusches. Dies wurde ebenso
vermessen. Mit diesem Aufbau war es möglich, sehr
exakt zu bestimmen, welche Gehirnareale für die
y
Geräuschlokalisation verantwortlich sind. So konnte
man in der Hörregion im Mittelhirn das wesentliche
x
Areal
identifizieren.
Dieses
Areal
hat
rechts 40°
20°
unterschiedliche
Bereiche,
wobei
jedes
für
einen
10°
bestimmten Winkelbereich verantwortlich ist. Wenn
0°
10°
ein Geräusch von 20° rechts kommt, dann werden
links
die Neuronen in diesem Areal sehr stark feuern,
Hörregion im linken Mittelhirn
während es in den übrigen Bereichen nur zu
Abbildung 1.1: Der Hör-Raum und die
spontanen Entladungen kommt. Ortsspezifische
dazugehörigen Rindenareale
Neuronen der Hörregion des Mittelhirns decken
jeweils einen bestimmten Bereich des Hörraums ab.
Die Entfernungsbestimmung von Geräuschen ist weiterhin nicht geklärt !
Die Neuronen auf der Hörrinde erhalten ihren Input über je einen Relaiskern von den beiden
Ohren. Im Gehirn werden die unterschiedlichen Laufzeiten durch Verzögerungsstrecken
kompensiert. Alle Signale vom Ohr gelangen über diese Verzögerungsstrecken zu den
"ortsabhängigen" Rindenarealen. Wenn nun die beiden Signale (vom rechten und vom linken
Ohr) über die Verzögerungsstrecken in das Rindenareal gelangt, dann gibt es genau zwei
Strecken, die die unterschiedlichen Zeiten kompensiert, das heißt in einer Neuronengruppe
kommen die Signale zeitgleich an, während die Signale die über andere Verzögerungstrecken
in die anderen Areale gelangen zu unterschiedlichen Zeiten (vom rechten und vom linken Ohr)
eintreffen (siehe Abbildung 1.2). Die Gruppen von Nervenzellen feuern nur dann, wenn die
von den beiden Seiten stammenden Signale gleichzeitig bei ihr über verschiedene
Verzögerungsstrecken eintreffen. Die Neuronen arbeiten als Koinzidenzdetektor (Vergleiche
Synchronisation). Verlagert sich die Schallquelle von der Mitte zur Seite, wird jene Gruppe
aktiv, dessen Verzögerungsstrecken die unterschiedlichen Laufzeiten gerade kompensieren.
Die Verzögerungsstrecken sind durch unterschiedlich lange Axone zwischen dem jeweiligen
Relaiskern und der Hörrinde realisiert.
Geräusch
a
b
a
b
rechtes
Ohr
linkes
Ohr
d
d
Relaisstation
c
Verzögerungsstrecke (Axone)
c
Gruppe von Neuronen, die
Koinzidenzdetektoren arbeiten
als
Abbildung 1.2: Ein Geräusch wird von den beiden Ohren detektiert. Wenn sich das Geräusch rechts befindet, dann
ist der Weg zum rechten Ohr kürzer, als zum Linken. Durch die Verzögerungsstrecken wird dieser
Weglängenunterschied ausgeglichen. Für die Laufzeiten in der Luft a und b und für die Laufzeiten in den Neuronen
(über die Axone) c und d gilt: a + c = b + d. Nur die Gruppe, für die diese Bedingung gilt, wird aktiviert.
Eine Schallwelle einer einzigen Frequenz veranlaßt bestimmte dafür empfindliche Neuronen
zu feuern. Dabei werden Impulse mit einem bestimmten Phasenwinkel erzeugt. Die Neuronen
in der Hörrinde des Eulengehirns reagieren am stärksten, wenn Impulse mit demselben
Phasenwinkel, also gleichzeitig bei ihnen eintreffen. Auf leicht asynchron eintreffende Impulse
können Sie ebenfalls, wenn auch schwächer reagieren.
Verzögerungsstrecke
Neuron des
rechten Ohrs
t
Neuron des
linken Ohrs
Maximale Koinzidenz: Die Neuronen
von beiden Ohren feuern gleichzeitig.
Ortsspezifische Gruppe
feuert stark
Neuron des
rechten Ohrs
t
Neuron des
linken Ohrs
Keine Koinzidenz: Die Neuronen von
beiden Ohren feuern NICHT gleichzeitig.
Ortsspezifische Gruppe
feuert schwach
Verzögerungsstrecke
Abbildung 1.3: Nur wenn die Verzögerungsstrecken richtig gewählt wurden, dann erst kann es zu einer Koinzidenz
kommen. Ein Neuron feuert dann, wenn gleichzeitig ausreichend Signale (EPSP´s) zum Axonhügel gelangen (siehe
Bedingung für Synchronisation).
Mit diesen Fakten kann man nun sehr genau ausrechnen, wie genau Schleiereulen den
Entstehungsort von Geräuschen bestimmen können. Bei näherem Hinsehen ergibt sich dabei
ein Problem. Die Geschwindigkeit der Reizweiterleitung entlang eine Neurons kann als
konstant angesehen werden. Wesentlich ist auch die Größe und Länge der jeweiligen EPSP´s
die durchschnittlich 200  20 µs lang sind. Die aktiven Neuronen in den Ohren feuern rund
alle 200  40 s. Das bedeutet, daß sich ein relativ großer Fehler entsteht.
Trotzdem können Schleiereulen den Entstehungsort von Geräuschen auf 1-2° genau
bestimmen. Das bedeutet, es müssen unterschiedliche Laufzeiten (zwischen dem rechten und
dem linken Ohr) von rund 5 s erkannt werden. Mit dem Wissen über den neuralen Aufbau
läßt sich dies nur schwer klären.
Man fand 3 wesentliche Schlüsselprozesse die dieses Paradoxon klären können. Diese
Prozesse wurden am Computer modelliert und später mit den tatsächlichen Gegebenheiten
verglichen.
[1] Herstellung der Genauigkeit durch Auswahl der Synapsen während der Entwicklung.
Die Computersimulation zeigte, daß von 600 Synapsen rund 100 überlebten. Nur die
Synapsen, die die Information exakt weitergegeben haben, überlebten. Die Genauigkeit der
Laufzeitmessung stieg dabei stark an. (Vergleiche Entwicklung des Nervensystems)
Aktivierung eines exzitatorischen Neurons
[2] "Subthreshold Oscillations": Hemmenden Neuronen verursachen eine
Schwelle
Art Trägerwelle, die eine wesentlich
höhere
Frequenz
besitzt.
Die
inhibitorischen Neuronen feuern rund
ein
Drittel
öfters,
als
die
excitatorischen. Das Hintergrundrauschen kann nicht einfach ein -75
t
Aktionspotential auslösen - erst nach- [mV]
Die hemmenden Neuronen
dem sich die Aktivierung öfters der
feuern gleichzeitig.
Schwelle angenähert hat. Wenn nun die
Aktivierung im Ruhezustand (aufgrund
Abbildung 1.4: Die Oszillationen unterhalb der
des Hintergrundrauschens) nahe der
Schwelle, erzeugt durch inhibitorische Neuronen
Schwelle ist, dann reichen sehr wenige
EPSP´s aus, um das Neuron zum Feuern zu bringen. Aufgrund dieser Trägerwelle können
die exzitatorischen Neuronen besser aufeinander abgestimmt werden. Dieser Prozeß
unterstützt das phase-locking, beziehungsweise die Synchronisation von Neuronen im
Gehirn.
[3] Die Genauigkeit der Laufzeitmessung ist auch von der Zahl
der aktiv beteiligten Neuronen
abhängig. Je mehr Neuronen
beteiligt sind, umso wahrscheinlicher ist es, daß ein paar
aufgrund des Hintergrundrauschens leichter aktivierbar
sind. Das Argument der
"subthreshold-oscillations" ist
von der Neuronenzahl abhängig.
Genauigkeit
10
1
101
102
Anzahl der Neuronen
103
Abbildung 1.5: Durch die Computersimulation könnte die
Anzahl der Neuronen im Koinzidenzgebiet bestimmt werden.
Das Geruchssystem
Gerüchen - außer, daß sie angenehm oder widerlich sind - wird eher wenig Bedeutung
zugeordnet. Allerdings ist für viele Säugetiere der Geruchssinn der wesentlichste sensorische
Input, der auch der sozialen Kommunikation dient. So wird der Geruchssinn benötigt, um
verdorbene Nahrung, um Feinde oder auch um Sexualpartner zu identifizieren.
Ein Mensch kann rund 10 000 verschiedene Valeurs (Gerüche) wahrnehmen. Tiere können
wahrscheinlich auch nicht mehr Gerüche unterscheiden, aber für viele Tiere reicht eine
geringere Konzentration des Duftstoffes für die Erkennung aus, da es mehr Rezeptoren, aber
nicht mehr Rezeptortypen gibt. Das heißt manche Tiere können Gerüche mit einer geringeren
Konzentration identifizieren.
Die Geruchsstoffe gelangen über die Nasenhöhle zur Riechschleimhaut. Beim Menschen ist
die Riechschleimhaut eine rund 5cm2 große gelbliche Fläche. Die Riechschleimhaut ist von der
Nasenschleimhaut umgeben, die die
Atemluft erwärmt und befeuchtet. In
der Riechschleimhaut befinden sich
Millionen von Sinneszellen. Diese
Sinneszellen geben ihre Information
über Axone, die durch das Siebbein
ziehen, an die Glomeruli weiter. Die
Glomeruli
sind
knäuelartige
Strukturen, über die die gesamte
Geruchsinformation weiterverarbeitet wird. Da die Riechzellen direkt
mit der Außenwelt in Kontakt
stehen, können sie auch leicht
beschädigt werden - sie sterben ab.
Sie
werden
durch
neurale
Stammzellen ersetzt. ACHTUNG:
Bei momentanem Stand des Wissens
- März 2002 sind die Riechzellen die
einzigen Zellen des Nervensystems, Abbildung 2.1: Anatomischer Aufbau des Riechsystems und
die vollständig durch neurale die Verbindungen zu wesentlichen verarbeitenden Teilen des
Stammzellen ersetzt werden können. übrigen Gehirns.
Die Glomeruli stellen die erste
Verarbeitungsstation in der Geruchswahrnehmung dar. Von dort gelangen über drei
verschiedene Riechstränge die Informationen in andere Gehirnteile, beziehungsweise in das
Riechhirn.
Die Riechzellen besitzen einen Rezeptor, deren Aminosäurekette räumlich so gefaltet ist, daß
sie die Zellmembran sieben mal durchquert. Damit stellt sich die Frage, wieviele Gene für die
Sinneszellen notwendig sind. Gibt es für jeden Geruch eine spezielle Aminosäuresequenz,
dann würden rund 10 000 Gene benötigt, oder sind es bedeutend weniger Aminosäurenketten
und Gerüche entstehen aus einer Überlagerung der jeweiligen Aktivierungen. Die Analyse an
Säugetieren ergab, daß rund 1000 Gene für die Geruchsrezeptoren verantwortlich sind. Da der
Mensch rund 100 000 Gene besitzt, werden für die Geruchsinformation rund 1% des
Genpotentials verwendet. Im Vergleich, das Farbsehen benötigt nur 3 verschiedene
Rezeptoren. Die Gerüche entstehen nun dadurch, daß einzelne Geruchsrezeptoren aktiviert
werden und sich die Wahrnehmung aus der Aktivierung der einzelnen Rezeptoren
zusammensetzt. Jedes Geruchsmolekül hat verschiedene Seiten, mit denen es an die
Rezeptoren andocken kann. Es gäbe damit rund 21000 Gerüche, die wahrgenommen werden
könnten. Aus praktischen Gründen können nicht alle Kombinationen auftreten,
beziehungsweise gibt es diese Gerüche nicht in der Natur.
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5
Brain Modelling
Jeder dieser Rezeptoren schickt sein Axon zu einem (bzw. zwei) speziellen Glomerulus. Somit
registriert jeder Glomerulus eine spezifische Komponente des Geruchs. Es existieren rund
2000 Glomeruli - für jede Geruchskomponente gibt es zwei Glomeruli. Wenn einer ausfällt,
gibt es noch einen "Reserve"-Glomerulus. Die Glomeruli liegen immer an derselben Stelle,
allerding sind die Riechzellen selbst über die ganze Riechschleimhaut zufällig verteilt. Die
Position der Glomeruli scheint genetisch determiniert zu sein.
Glomeruli
Mitralzellen
zur Riechrinde
Siebbein
Sinneszellen
Geruch
Abbildung 2.2: Aufbau der Riechschleimhaut und des Bulbus olfaktorius. Jede Sinneszelle innervert - in
Abhängigkeit desTyps - einspezifisches Glomeruli. Über die Mitralzellen wird dann die Infarmation an andere
Bereiche weitergeleitet.
Wenn nun Geruchsmoleküle auf die Riechzellen treffen, wird ein elektrisches Signal über die
jeweiligen Axone zu den spezifischen Glomeruli weitergeleitet. Bei komplexen Gerüchen
entsteht somit ein geometrisches Muster. Für jeden Geruch gibt es ein spezifisches
geometrisches Muster an aktiven Glomeruli. Dieses Muster kann über elektrische Ableitungen
gemessen werden. Die Glomeruli selbst werden von Mitralzellen innerviert, die die
Information an die Riechrinde weiterleiten. Der Komplex der Glomeruli und der Mitralzellen
wird als Riechkolben (Bulbus olfaktorius) bezeichnet. Über die periglomulären Zellen, die
zwischen den Glomeruli liegen, kommt es zu synaptischen Hemmungen. Das heißt, wenn in
einem Glomerulus die Synapsen besonders aktiv sind, dann hemmt diese Zelle die Synapsen in
den benachbarten Glomeruli. Der Kontrast des räumlichen Musters wird verstärkt. Zusätzlich
werden die Mitralzellen durch Körnerzellen inhibiert. Dadurch kann es zu keiner
längerandauernden Synchronisation kommen und die Trennschärfe wird ebenso wie durch die
periglomulären Zellen erhöht. Die Axone der Mitralzellen bilden drei Stränge. Der mediale
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Das Riechsystem
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Riechstrang gleicht die Information mit dem gegenüberliegendem Reichkolben ab. Der
intermediale Riechstrang innerviert den Stirnlappen und den Thalamus. Über die Amygdala
zieht der laterale Riechstrang zum Riechkortex. Alleine aus diesen Verbindungen zeigt sich die
Wichtigkeit der Geruchsinformation für das Gehirn. In der Amygdala werden Informationen
emotionell bewertet, während in den Stirnlappen Entscheidungen getroffen werden.
Der Riechkolben kann durch unterschiedliche Einflüße sensibilisiert werden: Hunger, Durst,
Sex, Bedrohung und so weiter. Die Geruchswahrnehmung erlangt in diesen Situationen eine
erhöhte Bedeutung. Die Sensibilisierung kommt dadurch zustande, daß eine Synchronisation
erleichtert wird - die hemmenden Zellen zwischen den Glomeruli und den Mitralzellen haben
eine geringere Aktivität beziehungsweise die Mitralzellen bekommen einen zusätzlichen Input
von anderen Gehirnregionen.
Man kann EEG-Messungen in der Riechrinde durchführen. Meist wird dabei die Aktivität von
vielen Neuronen - einigen Hundert - gleichzeitig gemessen. Auf der Riechrinde können
mehrere Elektroden befestigt werden und damit ist es möglich den Aktivierungszustand über
den gesamten "Riechraum" - der Oberfläche der Riechrinde - gleichzeitig zu messen. Durch
diese EEG-Kurven konnte gezeigt werden, daß auch in diesem sensorischen Areal
Synchronisation der entscheidende Faktor ist. Atmet ein Tier einen vertrauten Geruch ein, so
beobachtet man eine Salve: Die gemessenen EEG-Wellen werden für wenige Schwingungsperioden plötzlich regelmäßig(er) und geordnet(er). Bei unterschiedlichen Duftstoffen variiert
das Muster der räumlichen Korrelation und Synchronisation der einzelnen Neuronen. Dadurch
läßt sich ein Duftstoff eindeutig zuordnen.
Abbildung 2.3: Links sind die Ableitungen einzelner Elektroden gezeigt. Man erkennt sehr schön, daß in einzelnen
Bereichen die Amplituden erhöht sind, und daß alle Neuronen praktisch Synchron sind. Durch diese
Einzelableitungen können sogenannte "Höhenbilder" konstruiert werden. Auf ihnen erkennt man die Bereiche, die
gleichzeitig aktiv sind, leichter (rechts).
In einer zweidimensionalen Karte der elektrischen Aktivitäten des Riechkolbens kann man
aber auch die Veränderung bei unterschiedlichen Gerüchen gut erkennen. So ergeben sich für
unterschiedliche Gerüche unterschiedliche Muster. Wird nun ein neuer Geruch hinzugelernt,
so verändert sich auch das Bild bei den bekannten Gerüchen.
Sägemehl
Banane
Sägemehl
Abbildung 2.4: Ein Versuchstier schnupperte an Sägemehl und das linke Muster wurde gemessen. Wenn das Tier
mit einem neuen Geruch zum Beispiel dem Bananengeruch in Kontakt kam (mittlere Abbildung), so veränderte sich
bei einem späteren Experiment die Synchronisation der Neuronen in der Riechrinde für Sägemehl. Ein neuer
Geruch wurde gelernt (rechte Abbildung).
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7
Brain Modelling
Diese biologischen Fakten, kombiniert mit den elektrischen Ableitungen wurden in einer
Vielzahl von Modellen untersucht. Zwei Modelle sollten besonders erwähnt werden. Zum
einen das Modell von Rall und Shepherd. Die einzelnen Neuronen wurden als Compartment
beschrieben. Dadurch konnten sie sehr genau den Potentialverlauf der Mitralzellen und
Körnerzellen im Riechkolben beschreiben. Das andere Modell stammt von W.J.Freeman.
Dieses Modell ist sehr bekannt und man kann an diesem Modell sehr viel über das Modellieren
lernen.
Die Zellen wurden durch einzelne Funktionen beschrieben, diese Zellen wurden zu Sets
zusammengefaßt, die dann wiederum zu Netzwerken zusammengefaßt wurden. Betrachten wir
zuerst die beiden Funktionen, die die Neuronen beschreiben.
1) Pulse-to wave Transformation: Ein Aktionspotential wird in ein wellenförmiges Signal
umgewandelt (dieses Signal entspricht den PSP´s).
2) Wave-to pulse Transformation: Die wellenförmige Signale werden in Aktionspotential
umgewandelt.
Im Prinzip beschreiben die beiden Funktionen die Hodgkin-Huxley-Gleichung. Die Neuronen
können nun verschiedene Zustände besitzen:
 stabiler Ruhezustand (zwischen Ruhemembranpotential und dem Schwellpotential)
a) Ruhegleichgewicht (das Potential kehrt zum Ruhemembranpotential zurück, ohne daß
das PSP einen Einfluß auf das Feuerverhalten hat).
b) Stabiles Null-Gleichgewicht (die einlangenden Signale sind so groß, daß das Potential
über dem Ruhemembranpotenial gleich bleibt).
 stabiler Zustand der Pulserzeugung (die Schwellwertspannung wurde überschritten)
c) Stabiles Nicht-Null-Gleichgewicht (die mittlere Feuerrate über einen längeren
Zeitraum ist konstant, aber die einzelnen Aktionspotentiale sind unvorhersehbar).
d) Stabiler Grenzzyklusbereich (Feuersalven sind von Ruhepausen unterbrochen).
Diese unterschiedlichen Neuronen werden nun zu einzelnen Sets zusammengefaßt. Man
unterscheidet:
K0-Set: Alle Neuronen arbeiten gleich. Entweder wirken alle erregend K0e oder inhibitorisch
K0i. Alle Zelle erhalten denselben Input und sie sind nicht untereinander verbunden.
KI-Set: Alle Neuronen haben die selbe Wirkung (erregend KIe oder hemmend KIi), sie
erhalten den selben Input, aber sie sind untereinander dicht verknüpft.
KII-Set: Die Neuronen sind erregend oder hemmend und können erregend oder hemmend
wechselwirken. Die Neuronen sind untereinander verknüpft und sie erhalten
unterschiedlichen Input.
Die Sets stellen ein System von gewöhnlichen gekoppelten nichtlinearen Differentialgleichungen 2. Ordnung mit sehr vielen Parametern und Variablen dar.
Und damit sind wir bei der Problematik dieses Modells. Es ist ein sogenanntes Zahnradmodell.
Wenn man alle Zahnräder richtig einstellt - also alle Parameter richtig wählt - dann kommen
die richtigen Zahlenwerte heraus. Das wäre für ein normales Modell durchaus sinnvoll. Wenn
aber die Anzahl der Parameter einen bestimmten Bereich überschreitet, dann kann man mit ein
paar Gleichungen so ziemlich alles beschreiben - wenn die Gleichungen hinreichend komplex
sind. Ein gutes Modell zeichnet sich dadurch aus, daß es mit wenigen Parametern eine gute
Beschreibung der Wirklichkeit liefert. Die Parameter sollten plausibel sein und die
Zusammenhänge zwischen den einzelnen Parameter sollten durchschaubar und logisch sein.
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Das Riechsystem
8
Leider gibt es immer wieder Modelle, die die Hodgkin-Huxley-Gleichung als Grundlage
verwenden. Aber zur Erinnerung: diese Gleichung beschreibt die elektrischen Potentiale
entlang eines Axons, wenn die Schwelle überschritten wird. Diese Gleichung beschreibt sonst
NICHTS. Natürlich ist es einfach Hodgkin-Huxley-Gleichungen herzunehmen, sie zu koppeln,
und nach Lösungen zu suchen. Aber über die Axone kommt es zu KEINER Synchronisation.
Natürlich ist es wichtig, daß Signale vom Axonhügel zu den einzelnen Synapsen weitergeleitet
werden, aber im Prinzip ist es egal wie das Signal aussieht - vorausgesetzt das EPSP
beziehungsweise das IPSP verändert seine Amplitude oder zeitlichen Verlauf nicht. Vielmehr
ist das entstehen eines Aktionspotentials am Axonshügel viel wichtiger. Dort wird nach dem
"Alles-oder-Nichts"-Prinzip enschieden, ob ein Signal zu den Synapsen geschickt wird. Für die
Synchronisation ist die Verarbeitung zwischen dem Ruhemembranpotential und der
Schwellwertspannung (nichtlineare Funktion) und der Summe der EPSP´s und IPSP´s wichtig.
Die Aktionspotentiale selbst sind in Folge natürlich auch synchron - aber als Resultat und nicht
als Ursache.
Bei komplizierten Differentialgleichungen gibt es noch ein anderes Problem. Es enstehen
automatisch Chaos-Effekte. In den 80ern und Anfang der 90er war es modern alles nach
Chaoseffekten zu untersuchen. Und natürlich hat man im EEG der Großhirnrinde, als auch in
der Riechrinde Hinweise für Chaos entdeckt. Leider mußte man später erkenne, daß diese
Ergebnisse voreilig waren. Durch die sensiblen Verstärkerschaltungen kam es zu
Rückkopplungen, die die Meßergebnisse verfälschten. Nachdem man diese Schwachstellen
beseitigt hatte, blieb von den Hinweisen für Chaos nicht mehr viel übrig.
Bei der Untersuchung einzelner Neuronen konnte man aber dennoch chaotische Effekte
beobachten. Wenn Einzelobjekte eines Systems ein chaotisches Verhalten zeigen, so kann man
nicht auf ein chaotisches Verhalten des gesamten Systems schließen. Durch
Synchronisationseffekte wird das Chaos gezähmt.
Da die Frage nach Chaos im Gehirn immer noch eine wichtige Rolle spielt sollte dieses Gebiet
näher erläutert werden, denn Chaos ist nicht der Ordnungszustand eines Schreibtisches,
sondern etwas viel komplexeres.
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Exkurs: Was ist Chaos ?
“Unvorhersagbare "zufällige" Phänomene können entstehen wenn in einem System kleine
Änderungen in der Gegenwart große Änderungen in der Zukunft hervorrufen”
Henri Poincaré
Betrachten wir ein ideales Fadenpendel. Wenn wir es loslassen, dann schwingt es hin und her.
Es wird nicht abgebremst, da es als ideales Pendel keinen Luftwiderstand besitzt. Durch die
Schwerkraft wird die Kugel beschleunigt, wenn wir loslassen, und wenn die Kugel den
untersten Punkt erreicht hat, dann hat sie die höchste
Geschwindigkeit, die wieder verringert wird, bis die Kugel den
gegenüberliegenden Scheitelpunkt erreicht hat.
Wir können den Ausschlag (die Amplitude) gegen die Zeit
auftragen. Dies ergibt eine Sinusschwingung, wie sie vielen
bekannt ist. Für manche Effekte ist es aber sinnvoller
Zustandsgrößen gegeneinander aufzutragen. Die Zeit selbst ist
keine Zustandsgröße. Zustandsgrößen beschreiben ein System
vollständig und sie hängen von der Zeit ab. Mehrere Abbildung 2.5: Ein ideales
Zustandsgrößen spannen einen Zustandsraum auf. Der Fadenpendel.
Zustandsraum ist eine mehrdimensionale Darstellung (meist
zwei oder dreidimensional) des Zusammenhangs von Zustandsgrößen. Zum Beispiel wird der
Zustandsraum eines Fadenpendels durch den Ort x und die Geschwindigkeit v aufgespannt.
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9
Brain Modelling
Ort
Amplitude
Geschwindigkeit
Zeit
hohe Geschwindigkeit
Abbildung 2.6: Links ist die Amplitude gegen die Zeit aufgetragen, während in der rechten Darstellung der Ort
gegen die Geschwindigkeit aufgetragen wird. Der Ort und die Geschwindigkeit stellen die Zustandsgrößen dar. Man
erkennt leicht die Bereiche, in denen das Pendel sich rasch beziehungsweise sich langsam bewegt.
Betrachten wir ein reales Fadenpendel. Durch den Luftwiderstand wird das Pendel gebremst
und nach einiger Zeit wird es zum Stillstand kommen. Es ist ein gedämpfte Oszillation
gegeben. Der Endzustand ist immer derselbe - egal von wo aus wir das Pendel loslassen. Es
wird immer an der selben Stelle stehenbleiben. Dieser Punkt ist ein Fixpunkt. Nach endlicher
Zeit wird er erreicht. Beim Pendel mit Reibung ist der Weg im Zustandsraum eine Spirale
(siehe Abbildung 2.7). Durch die Reibung verliert das System Energie und die
Geschwindigkeit nimmt ab bis das Pendel stehen bleibt (v = 0). Der Weg wird als Trajektorie
(gestrichelte Linie, Abbildung 2.77) bezeichnet, während der Endzustand als Attraktor oder
auch als Fixpunkt bezeichnet wird. Ein Fixpunkt ist die einfachste Form eines Attraktors.
Ort
Amplitude
Trajektorie
Zeit
Geschwindigkeit
Fixpunkt - Attraktor
Abbildung 2.7: Ein reales Fadenpendel (links), das ein Beispiel für eine gedämpfte Schwingung darstellt (mitte),
während man im Zustandsdiagramm den Fixpunkt leicht erkennt.
Im Zustandsraum kann man leicht erkennen ob das System sich auf einen Fixpunkt zubewegt
oder nicht. Wenn ein Fixpunkt gegeben ist, dann ist ein System in der Regel nicht chaotisch,
denn egal unter welchen Bedingungen wir starten, das Endresultat ist das selbe.
Bei einer Pendeluhr wird extern Energie zugeführt, um die
Reibungsenergie auszugleichen. Das System wird im
Endzustand periodisch verschiedene Zustände annehmen. Das
Pendel wiederholt die Bewegung immer wieder gleichmäßig.
Der Attraktor (Endzustand des Systems) ist ein Grenzorbit Das
System nimmt einen stabilen Zustand ein, allerdings verändert
sich der Zustand mit der Zeit auf eine berechenbare Weise. Der
Attraktor wird nach endlicher Zeit durchlaufen und er verändert
sich im Laufe der Zeit nicht. Das heißt das System ist stabil,
wenngleich sich einzelne Parameter kontinuierlich verändern.
Jetzt strebt das System nicht auf einen Punkt (Fixpunkt) hin,
sondern es strebt auf eine Grenzorbit zu. Wenn dieser erreicht
ist, dann bleibt das System auf diesem Attraktor.
Abbildung 2.8: Das Zustandsdiagramm einer Pendeluhr. Der Attraktor ist dick
eingezeichnet.
ACHTUNG: Ein Attraktor selbst ist noch nicht chaotisch. Nur der "seltsame" Attraktor zeigt
chaotische Effekte.
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Das Riechsystem
10
Die Naturwissenschaften versuchen einen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung
herzustellen. Die Natur soll berechenbar werden (Naturgesetze). Naturphänomene deren
Ursache-Wirkungs-Beziehung unbekannt sind bezeichnet man als stochastisch oder zufällig.
Diese Effekte (Wetter) lassen nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage zu (Wettervorhersage).
Man vermutete lange Zeit, daß man aufgrund ausreichend genauer und zahlreicher Meßwerte
das Wetter berechnen kann. Es existiert zumindest eine prinzipielle exakte Vorhersagbarkeit.
Es zeigte sich aber, daß sogar einfache deterministische Systeme stochastisches Verhalten
zeigen können. Auch wenn wir mehr Information über das System sammeln, verschwindet das
Zufallsverhalten nicht. Man bezeichnet ein solches scheinbares Zufallsverhalten als
deterministisches Chaos. Dieses scheinbare Zufallsverhalten hängt primär von kleinsten
Störgrößen ab.
Manche physikalische Systeme reagieren sehr empfindlich auf externe Störungen. Zum
Beispiel ein Bleistift, der perfekt ausbalanziert ist und mit seiner Spitze auf der Tischplatte
steht, ist empfindlich für kleinste Störungen der Tischplatte. Der Bleistift wird bei der
kleinsten Störung umfallen und wir wissen nicht in welche Richtung er sich bewegen wird.
Danach nimmt er eine stabile Lage ein und das Systemverhalten ist eindeutig bestimmt. Bei
chaotischen Systemen ist die Unbestimmtheit zu jedem Zeitpunkt gegeben, das heißt, winzig
kleine Abweichungen der Meßgröße wachsen sehr schnell. Das Systemverhalten reagiert auf
die Abweichungen mit einem exponentiellen Anwachsen des Fehlers. Jeder noch so kleine
Fehler erreicht rasch makroskopische Dimensionen. Aufgrund der Meßungenauigkeit ist es
leider nicht möglich, diese winzigen Anfangsbedingungen "exakt" zu bestimmen.
Ein interessantes Beispiel dafür ist die logistische Gleichung: xn+1 = r . xn . (xn-1). Man wählt
für xn einen Wert zwischen Null und Eins. Danach rechnet man den rechten Teil aus und erhält
damit xn+1. Dieser Wert wird aufgetragen und er dient als neues x n. Wenn der
Kontrollparameter r kleiner als 2 ist, dann streben die xn gegen einen Fixpunkt. Für die
verschiedenen Werte von r erhält man unterschiedliche Fixpunkte. Wird r weiter erhöht, dann
gibt es eine Bifurkation und die xn streben auf 2 Fixpunkte hin, die dann abwechselnd erreicht
werden. Wenn der Kontrollparameter r den Wert 4 besitzt, dann führen kleinste Änderungen
des Startwertes dazu, daß die einzelnen Iterationen in sehr kurzer Zeit stark voneinander
abweichen - die Gleichung reagiert chaotisch (siehe Abbildung 2.9).
1.0
1.0
0.5
0.5
0
0
Startwert x0=0.40000
Startwert x 0=0.40001
Abbildung 2.9: Die Iterationen nach der logistischen Gleichung mit leicht unterschiedlichen Werten. Nach einigen
Iterationen kann man makroskopische Unterschiede erkennen.
Die logistische Gleichung ist ein rückgekoppeltes System. Das bedeutet, daß der alte
Ausgangswert den neue Eingangswert darstellt.
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11
Brain Modelling
Edward N. Lorenz entdeckte 1963 eine eigene Klasse von Attraktoren: den chaotischen oder
auch (wie er ihn nannte) seltsamen Attraktor. Ein chaotischer Attraktor ist ein kompaktes
Gebilde eines rückgekoppelten Systems, indem sich kleinste Unterschiede in den
Anfangsbedingungen aufschaukeln.
A'
A'
A
A
B'
B
B
B'
Abbildung 2.10: Wenn man von zwei unterschiedlichen Startpositionen A und B beginnt, endet man nach einem
kurzen Stück in A' und B'. Bei rückgekoppelten Systemen stellt die Strecke A' und B' den neuen Anfangswert dar.
Wenn die Entfernung zwischen A und B den größten maximalen Unterschied der Anfangsbedingungen dargestellt
hatten, dann muß der Endbereich A' und B' gefaltet werden, damit die Endwerte in die Anfangswerte "passen".
Kleine
Abweichungen
verursachen
ein
Auseinanderstreben der Bahnkurven (siehe Abb.
2.10). Damit die Bahnkurven aber begrenzt bleiben,
müssen sie wieder auf sich selbst zurückgeführt
werden. Mathematisch entspricht dies einer Faltung.
Man bekommt dann einen chaotischen Attraktor
(siehe Abbildung 2.11). Startet man mit zwei
benachbarten Punkten auf einem solchen Attraktor,
dann wird der Abstand zwischen diesen beiden
Punkten immer größer bis es unmöglich ist
Vorhersagen zu machen. Der Endzustand der beiden
Punkte könnte irgendwo auf dem chaotischen
Attraktor liegen. Bei einem vorhersagbaren - nicht
chaotischen - Attraktor bleiben die beiden Punkte
benachbart.
Abbildung 2.11: Der Rössler-Attraktor
Ein chaotischer Attraktor beschreibt NICHT zufällige Ereignisse (Roulett). Reagiert ein
System zufällig, dann gibt es keine mathematische Formel, die diesen Weg im Zustandsraum
beschreibt. Bei echt zufälligen Prozessen wird der gesamte Zustandsraum ausgefüllt.
Bei chaotischen Phänomen handelt es sich um hochkomplexes Verhalten, das zufällig
erscheint, tatsächlich jedoch eine versteckte Ordnung aufweist. Es existiert eine Sensibilität
bezüglich der Anfangsbedingungen (Nicht periodisches oder quasiperiodisches Verhalten,
KEIN weißes Rauschen).
______________________________________________________________EXKURS ENDE
Wenn man die Meßdaten der EEG-Kurven mit (x = Un und y = Un+1), wobei Un und Un+1 die
Spannungen mit einem kleinen Zeitunterschied sind, graphisch darstellt, dann kann man
einiges über die Meßdaten (qualitativ) aussagen. Wenn das ganze Gebiet gleichmäßig mit
Meßwerten versehen ist, dann sind die Meßkurven das Resultat des Zufalls. Anhand der
Regelmäßigkeit der Darstellung können Aussagen über das EEG gemacht werden. Zum
Beispiel würde eine Sinusschwingung der Meßkurve im Phasenporträt einen Kreis ergeben.
___________________________________________________________________________________
Das Riechsystem
12
Abbildung 2.12: Links ist der Attraktor eines bekannten Geruchsmusters und rechts der Attraktor eines
unbekannten Geruches dargestellt.
Bei der Analyse der EEG-Daten im Zustandsraum der Riechrinde ergaben sich scheinbar
chaotische Attraktoren. Wenn kein Geruch wahrgenommen wird (Abb 2.12, rechts) dann
feuern die einzelnen Neuronen scheinbar zufällig, während sich bei einer Geruchswahrnehmung ein chaotischer Attraktor bildet (Abb. 2.12, links). Allerdings muß man mit der
Interpretation der Meßdaten vorsichtig sein. Ein solches Muster erhält man auch, wenn ein sich
regelmäßig wiederholendes Muster (synchron feuernde Neuronen) mit ein paar zufällig
feuernden Neuronen überlagert wird. Der verrauschte Grenzzyklus würde wie ein chaotischer
Attraktor aussehen.
Die Synchronisation scheint eher Chaos-Effekte zu verhindern. Wenn die stabilen
geometrischen Muster von synchron feuernden Neuronen stark von den Anfangsbedingungen
abhängen, wäre ein INPUT-OUTPUT Korrelation nicht mehr gegeben. Wenn wir ein rotes
Dreieck unter ungünstigen Bedingungen sehen (das Bild ist verrauscht), dann müßten
Chaoseffekte dazuführen, daß ein anderes Bild wahrgenommen wird. Tatsächlich sind wir aber
in der Lage auch ein "vernebeltes" rotes Dreieck als ein solches zu erkennen. Die
Mustervervollständigung ist ein Beispiel für anti-chaotische Effekte. Allerdings ist es möglich,
daß wenn zwei sich widersprechende Inputs in ein neurales Assemble gelangen, muß das
Netzwerk eine Entscheidung treffen. Diese Entscheidung dürfte vermutlich von der
Vorgeschichte des Netzwerkes abhängen. Hier kann sehr wohl Chaos auftreten - aber wie oft
trifft dies in der Realität zu (siehe Gestaltspsychologie).
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13
Brain Modelling
3.0 Aufbau des Gehirns
Das menschliche Gehirn kann funktionell, anatomisch und zytologisch in verschiedene
Gebiete unterteilt werden.
Wesentliche Gebiete:





das verlängerte Rückenmark (Myelencephalon)
das Hinterhirn auch Rautenhirn (Metencephalon oder Rhombencephalon)
das Mittelhirn (Mesencephalon)
das Zwischenhirn (Diencephalon)
das Endhirn (Telencephalon)
Abbildung 3.1: Das Gehirn läßt sich in verschieden Bereiche unterscheiden. In der Darstellung links sind auch die
4 Gehirnventrikel im Querschnitt gut erkennbar.
Das Myelencephalon oder auch das verlängerte Rückenmark hat die Aufgabe Signale vom
Gehirn zum Körper und umgekehrt weiterzuleiten.
Das Metencephalon (Hinterhirn) kann man wieder in zwei Bereiche unterscheiden. Ein
Bereich ist die Pons (Brücke). Der andere Bereich ist das Kleinhirn (Cerebellum). Das
Kleinhirn besitzt eine stark gefaltete Rinde. Die Aufgabe des Kleinhirn besteht in der
Kontrolle des sensomotorischen Systems. Wenn das Kleinhirn ausfällt, dann ist die präzise
Bewegungskoordination und die motorische Anpassung eingeschränkt.
Das Mesencephalon (Mittelhirn) läßt sich wieder in mehrere funktionelle Einheiten
unterscheiden. Zum einen gibt es das Tectum, das zwei paarige Ausbeulungen besitzt. Das
hintere Paar - Colliculus inferior dienen der Hörverarbeitung, das vordere Paar - Colliculus
superior - unterstützt die Sehverarbeitung. Durch diese beiden Kerne wird die Seh- und
Hörinformation unabhängig von anderen Arealen verwaltet. Im Tectum werden keine
komplexen Muster verarbeitet, es wird nur eine grobe Abschätzung über die Umwelt getroffen.
Damit kann rasch auf mögliche Umweltbedrohungen reagiert werden - manchmal werden dann
aber auch harmlose Umweltreize als gefährlich eingestuft, da das System nur mit sehr
einfachen Mustern umgehen kann.
Der zweite große Bereich des Mittelhirns ist das Tegmentum. Teile der Formatio Reticularis
ziehen durch das Tegmentum, das auch noch über mehrere Kerne verfügt: Die Substantia
grisea centralis, die Substantia nigra und der Nucleus ruber. Die Substantia grisea centralis
scheint eine wesentliche Rolle bei der Übermittlung schmerzreduzierender Wirkungen von
Opiaten zu spielen. Für die Steuerung von motorischen teilrhythmischen Bewegngen ist die
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Aufbau des Gehirn
14
Substantia nigra zuständig. Auch der Nucleus ruber hat Einfluß auf das sensomotorische
System.
Das Diencephalon (Zwischenhirn) umfaßt zwei Strukturen, zum einen den Thalamus, zum
anderen Hypothalamus. Der Thalamus umfaßt verschiedene Kerne. Viele dieser Kerne dienen
als Schaltstelle für sensorischen Input. Die vorverarbeiteten Signale werden dann in die
Großhirnrinde weitergeleitet. Der Thalamus besitzt aber auch noch einige unspezifische Kerne,
die der Modulation der Synchronisation in der Großhirnrinde dienen. Über diese Kerne werden
auch verschiedene Rindenareale miteinander verschaltet.
Der Hypothalamus enthält eine Vielzahl von Kernen, die der Steuerung motivationaler
Zustände dienen. Über diese Kerne kann die Hypophyse zur Hormonfreisetzung angeregt
werden. Über die Hypophyse kann der Hormonspiegel im Blut geregelt werden, umgekehrt
kann aber auch der Hormonspiegel die Hypophyse und die damit verbundenen
Gehirnstrukturen beeinflußen. Die Funktion der Mamillarkörper - zwei Kerne des
Hypothalamus - ist bisher heute leider noch nicht geklärt.
Als besonders wesentlich ist die Formatio Reticularis zu erwähnen. Dieser Bereich faßt
ungefähr 100 Kerne vom verlängerten Rückenmark bis zum Mittelhirn zusammen. Die
Formatio Reticularis wird auch manchmal als aufsteigendes reticuläres Aktivierungssystem
bezeichnet (ARAS). Diese Kerne scheinen für die Steuerung der Aufmerksamkeit, des
Schlafes und Herz- Kreislaufreflexe zuständig zu sein. Die genaue Funktion vieler Kerne ist
bis heute noch nicht geklärt - wenn allerdings einzelne Kerne beschädigt werden, dann kann
dies zu beträchtlichen Schädigungen (Autismus) führen.
Abbildung 3.2: Eine dreidimensionale Darstellung verschiedener Bereiche des Gehirns.
Das Telencephalon oder auch Endhirn stellt den größten Bereich des Gehirns dar. Die
Großhirnrinde oder auch der Neocortex dient der Speicherung und Verarbeitung aller
einlangenden Informationen (siehe Kapitel Großhirnrinde). Die unterschiedlichen Bereiche der
Großhirnrinde sind duch Faserverbindungen miteinander verbunden. Diese Verbindungen
stellen den größten Teil des Volumens des menschlichen Gehirns dar. Ein Teil der
Großhirnrinde ist der Hippocampus, der sich allerdings wesentlich von der übrigen Rinde
unterscheidet. Die Hippocampusformation ist anders aufgebaut, als die Großhirnrinde, und sie
dient ausschließlich der Gedächtniskonsolidierung.
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15
Brain Modelling
In vielen Lehrbüchern wird die Hippocampusformation als Teil des limbischen Systems
angesehen. Zum limbischen System wir die Amygdala, der Gyrus cinguli, der Fornix, das
Septum und die Mamillarkörper
angesehen.
Diese
Kerne
und
Rindenareale
sind
sehr
stark
miteinander verbunden. Deshalb
spricht man auch von einem System.
Allerdings hat der hippocampus eine
andere Aufgabe als manche übrigen
Kerne. So dient der Hippocampus der
Gedächtnisspeicherung, während die
Amygdala (Mandelkernkomplex) der
Verarbeitung von Emotionen dient.
Von manchen Kernen ist die
Wirkungsweise noch nicht bekannt,
beziehungsweise höchst umstritten
(Mamillarkern). Ob die Bezeichnung
Abbildung 3.3: Die Kerne, Gebiete der Großhirnrinde und
limbisches System noch aufrecht
Faserzüge des limbischen Systems.
erhalten werden kann, wird sich
zeigen.
Abbildung 3.4: Dreidimensionale Darstellung verschiedener Strukturen des Gehirns. Links erkennt man die
verschiedenen Bereiche des limbischen Systems, rechts sind die Basalganglien gezeichnet.
Zum Telencephalon gehören auch die Basalganglien. Diese Kerne spielen eine entscheidende
Rolle bei der Entstehung von Willkürbewegungen. Sie setzen sich aus dem Nucleus caudatus
(Schweifkern) und dem Putamen zusammen und werden gemeinsam als Steifenkörper
(Striatum, Corpus striatum) bezeichnet. Auch der Globus pallidus wird zu den Basalganglien
gerechnet.
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Aufbau des Gehirn
16
Cortex cerebri
Telencephalon
limbisches System
Basalganglien
Thalamus
Diencephalon
Hypothalamus
Tectum
Mesencephalon
Neocortex
Hippocampus
Amygdala
Hippocampus
Fornix
Gyrus cinguli
Septum
Mamilarkörper
Nucleus caudatus
Putamen
Globus pallidus
spezifische Kerne - Sensorik
unspezifische Kerne
Mamillarkörper
Hypophyse
Nucleus ventromedialis
Nucleus paraventricularis
Nucleus supraopticus
Colliculi superior
Colliculi inferior
Tegmentum
Metencephalon
Myelencephalon
Formatio reticularis
Pons
Cerebellum
Formatio reticularis
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17
Brain Modelling
Der Hypothalamus - als Gruppe von Kernen
Steuerungs- und Regelung
Steuern ist ein Vorgang bei dem eine oder mehrere Größen als Eingangsgrößen in einem
System andere Größen als Ausgangsgrößen beinflussen. Die Beinflussung ist von den
Gesetzmäßigkeiten des Systems abhängig.
Betrachten wir einen Gleichspannungsmotor. Über den Strom steuern wir die Drehzahl, das
heißt wenig Strom geringe Drehzahl, großer Strom hohe Drehzahl. Bei diesem Beispiel ist der
Strm die Eingangsgröße, die Drehzahl ist die Ausgangsgröße. Durch eine Veränderung der
Eingangsgröße (Strom) kann die Ausgangsgröße (Drehzahl) verändert werden. Im Idealfall
würde bei einem konstanten Strom die Umdrehungszahl konstant bleiben.
Kommt es aber zu einer Änderung des Lastverhaltens, mehr Gewicht muß gezogen werden,
dann ändert sich die Umdrehungszahl. Alle Größen die eine Veränderung der Ausgangsgrößen
nach sich ziehen werden als Störgrößen bezeichnet. Dies können externe Faktoren wie eine
Laständerung oder auch interne Faktoren wie eine Änderung der Impedanz (Innenwiderstand)
sein. Kennzeichnend für eine Steuerung ist der offene Wirkungsablauf, Störgrößen werden
nicht berücksichtigt.
Das Regeln ist ein Vorgang, bei dem die zu regelnde Größe die ganze Zeit erfaßt wird, mit
einer Führungsgröße verglichen wird und entsprechend an die Führungsgröße angeglichen
wird. Der Wert der Führungsgröße ist der Sollwert, der aktuell gemessen Wert ist die
Istgröße, die zu regelnde Größe ist die Regelgröße.
Für unser Beispiel bedeutet dies, daß ein Meßmechanismus (Drehzahlmeßgerät) angebracht
werden muß. Über dieses Meßgerät kann die Spannung nach Bedarf geregelt werden. Wenn
die Führungsgröße konstant ist, wird von einem Festwertregler gesprochen. Wenn sich die
Führungsgröße ändert, aufgrund von äußeren oder inneren Beeinflussungen, spricht man von
einem Folge- oder Zeitplanregler.
Kennzeichnend für eine Regelung ist der Sollwert-Istwert-Vergleich, der laufend in einem
geschlossenem Wirkungskreislauf durchgeführt wird.
Gewünschte Drehzahl w
e=w-xRegeldifferenz
Stellgrösse y
x
Abbildung 4.1: Die Rückkopplung bei einer Regelung.
In der oberen Graphik 4.1 sehen wir ein Blockschaltbild eines Regelkreislaufes. Wesentlich ist
die Invertierung des Istwerts (x  -x). Damit kann eine Differenz e=w-x gebildet werden. Die
Regeldifferenz wird nun für das Stellglied in geeigneter Weise umgewandelt, die Stellgröße,
und wirkt solange auf den Effektor (Heizung, Motor usw.) bis der Istwert gleich dem Sollwert
ist. Das entspricht einer Gegenkopplung (negative Rückkopplung) und die Differenz
zwischen Soll- und Istwert wird geringer. Würde die Rückkopplung mit einem positiven
Vorzeichen durchgeführt werden, ergäbe dies eine Mitkopplung (positive Rückkopplung) und
die Störgrößen würden noch weiter verstärkt werden.
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Steuerung und Regelung
18
Regulierung der Körpertemperatur
Alle Tiere haben eine ideale Betriebstemperatur. Diese Temperatur ist nach oben durch die
Denaturierung der Eiweissstoffe, was zu einer Zerstörung der Zellen führt, begrenzt. Nach
unten ist die Grenze durch die Bildung von Eiskristallen in Zellen gekennzeichnet. Doch viele
biochemische Prozesse besitzen eine optimale Temperatur zwischen diesen Extrema.
Kaltblüter können keinen direkten Einfluß auf ihre Körpertemperatur nehmen. Ihre
Körpertemperatur hängt sehr stark von der Umgebung ab. Zur Temperaturregelung können
diese Tiere nur das Mikroklima wechseln.
Warmblüter können über den Stoffwechsel ihre eigene Temperatur regeln. Sie sind damit
unabhängig von der Umwelt. Bereits 1880 konnte gezeigt werden, daß eine Region des
Zwischenhirns, der Hypothalamus für die Temperaturregelung verantwortlich ist.
Kommt es bei Warmblütern zu einer Erwärmung des Blutes im Hypothalamus so ist
schwitzen, hecheln und keuchen das Resultat. Kommt es umgekehrt zu einer Abkühlung des
Blutes und damit des Hypothalamus, so muß der Organismus auf wärmeerzeugendes
Verhalten umstellen.
Es kommt zum Zittern, Verengungen der Hautadern und zu einer Anregung der
Stoffwechselprozesse um mehr Wärme zu produzieren. Interessanterweise beginnen Menschen
schon zu zittern wenn sie in eine kältere Umgebung kommen bevor die
Hypothalamustemperatur gesunken ist. Also müssen externe Sensoren, auf der Haut, den
Hypothalamus mit Informationen versorgen.
Bei körperlicher Arbeit kommt es zu einer Schweißproduktion um den Körper vor
Überhitzung zu bewahren. Die Schweißproduktion setzt schon ein bevor die Hypothalamusoder Körpertemperatur steigt. Bei Hunden fanden sich spezielle Rezeptoren in den Muskeln
und Gelenken, die in Kontakt mit dem Hypothalamus stehen.
Wärmerezeptoren
auf der Haut
B
Wärmeabgabe
A
Wärmeerzeugung
Rezeptoren in
Muskeln & Gelenke
Kälterezeptoren
auf der Haut
Erregung
Hemmung
Rückenmark
Hypothalamus
Hirnstamm
Abbildung 4.2: Regelsystem für die Körpertemperatur.
Im Hypothalamus befinden sich zwei Gruppen von Neuronen, die empfindlich auf
Temperaturabweichungen reagieren. Eine Gruppe reagiert auf die Abweichung in Richtung
Kälte, eine andere in Richtung Wärme. Die Abweichung der Temperatur führt zu einer
proportionalen Änderung der Feuerfrequenz der beteiligten Strukturen. Diese
Neuronengruppen werden von den Wärme- und Kälterezeptoren auf der Haut innerviert.
Zusätzlich können die Rezeptoren in Muskeln und Gelenken die wärmeempfindlichen
Neuronen erregen, während die kälteempfindlichen Neuronen gehemmt werden. Die einzelnen
Gruppen im Hypothalamus können sich gegenseitig hemmen.
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19
Brain Modelling
Regulation des Körpergewichts
Die Hauptaufgabe des Essens liegt in der Versorgung des Körpers mit Energie und Baustoffen.
Der Energieverbrauch im Körper ist kontinuierlich, während die Nahrungsmittelzufuhr
punktuell stattfindet. Deshalb wird ein Teil der Nahrung gespeichert. Die größte
Speicherkapazität besitzt Fett, das ungefähr 85% der Energiereserven darstellt. Glucogen mit
0.5% und Proteine mit 14.5% haben nur eine untergeordnete Rolle in der Nahrungsmittelspeicherung.
Man unterscheidet 3 verschiedene Phasen der Verdauung: cephalische Phase
resorptive Phase
Fastenphase
Die cephalische Phase dient dazu, den Körper auf die bevorstehende Nahrung vorzubereiten.
Durch das Sehen und Riechen der Speisen wird unteranderem der Speichelfluß angeregt. In
der resorptiven Phase wird der aktuelle Energiebedarf gedeckt und Reserven für "schlechte"
Zeiten angelegt. Während der Fastenphase greift der Körper auf die gespeicherten
Energieformen zurück. Diese Steuerung geschieht durch die beiden Hormone Insulin und
Glucagon. Während der ersten beiden Phasen wird vor allem das Insulin ausgeschieden,
während in der Fastenphase vermehrt das Glucagon ausgeschüttet wird. Eine hohe
Glucagonkonzentration im Körper führt zur Freisetzung von freien Fettsäuren aus dem
Fettgewebe. Das Insulin hingegen sorgt für eine Verwertung von Glucose, die Glucose wird in
Glycogen und Fett umgewandelt, Aminosäuren werden in Proteine umgewandelt, Das
Glycogen wird in der Leber und der Muskulatur, das Fett im Fettgewebe und Proteine in der
Muskulatur gespeichert.
Das Hormon Insulin regelt sehr viele Prozesse bei der Nahrungsverwertung. Im Regelfall
schwankt die Grundlinie des Blutzuckerspiegels um rund 2%. Allerdings sinkt der
Blutzuckerspiegel rund 10 Minuten vor einer erwarteten Mahlzeit um ungefähr 8%. Wenn dem
Körper keine Nahrung zugeführt wird, dann kehrt der Blutzuckerspiegel wieder auf sein
ursprüngliches Niveau zurück. Das heißt der Körper reagiert auf Gewohnheiten.
Leider sind die Regelkreisläufe im Inneren des Körpers unbekannt, manche Wissenschaftler
diskutieren sogar, ob es überhaupt diese Regelkreisläufe gibt. Es gibt aber triftige Gründe, die
für ein oder mehrere Regelsysteme des
Körpergewichts sprechen. Man beobachtete
das Körpergewicht einer Population von
Ratten im Labor. Am 30. Tag wurde die
Gruppe gedrittelt. Ein Teil der Gruppe
wurde zwangsernährt, ein Teil der Gruppe
bekam bedeutend weniger Nahrung und die
dritte Gruppe diente als Kontrollgruppe
(siehe Abb. 4.3). Nach 15 Tagen konnten
die Tiere aller Gruppen wieder selbstständig
über ihre Nahrung verfügen. Es zeigte sich,
daß die Gruppe mit der Fastenkur nun
vermehrt Nahrung aufgenommen hat,
während die zwangsernährte Gruppe mit
Übergewicht nun weniger Nahrung zu sich
nahm. Nach ungefähr 25 Tagen hatten alle
Abbildung 4.3: Die Regulation des KörpergeTiere wieder das selbe Gewicht. Dieses
wichts, trotz einer vorherigen Zwangsfütterung,
Experiment läßt auf einen Regelkreislauf
bzw. Fastenkur.
schließen.
Wenn im Hypothalamus der ventromediale Kern zerstört wird, dann leiden die Tiere an
Hyperphagie, das heißt die Tiere überfressen sich kontinuierlich. Es gibt Personen mit einem
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Steuerung und Regelung
20
gewaltigem Übergewicht, meist seit Geburt. Diese Personen leiden in der Regel an einem
gutartigen Tumor in der Nähe des ventromedialen Kern des Hypothalamus. Sie haben immer
Hunger und auch ein ausgiebiges Essen kann ihren Hunger nicht stillen. Wenn umgekehrt der
laterale Hypothalamuskern zerstört wird, dann verweigern die Tiere die Nahrung. Eine
elektrische Stimulation der beiden Kerne führt zu dem gegenteiligen Effekt.
Man überprüfte ob diese beiden Kerne möglicherweise ein Sollwert des Hungergefühls,
beziehungsweise der Nahrungsmittelzufuhr verankert ist. Aus diesem Grund ließ man einige
Tiere einer größeren Gruppe hungern. Als
sie ausreichend Gewicht verloren hatten,
wurde an ihnen eine Läsion am ventralen
Hypothalamus
durchgeführt.
Diese
Schädigung wurde ebenfalls an einer nicht
hungernden
Gruppe
von
Ratten
durchgeführt.
Unmittelbar
nach
der
Schädigung nahm diese Gruppe rapide an
Gewicht ab. Nach einiger Zeit, stellten beide
Gruppen - hungernd und nicht hungernd mit der Schädigung des lateralen
Hypothalamus bei freier Nahrungsmittelwahl ein neues Körpergewicht ein. Dieses
Gewicht lag unter dem Gewicht der
Kontrollgruppe, an denen keine Läsion
durchgeführt wurde. Dieses Experiment läßt
Abbildung 4.4: Die Verschiebung des Sollwerts
auf einen Sollwert schließen. Dennoch sind
für Gewicht nach einer Läsion des lateralen
auch noch andere Mechanismen an der
Hypothalamus.
Regulation des Körpergewichtes beteiligt.
Auch das hormonale Gleichgewicht ist für die Nahrungsmittelverwertung von wesentlicher
Bedeutung. Bei der Nahrungsmittelzufuhr kommt es zu einer vermehrten Abgabe von Insulin.
Allerding kann auch Insulin alleine ein massives Hungergefühl auslösen. Dieses Hungergefühl
kann übermächtig werden. Im Laufe des Tages kann es zu einem leichten Hungergefühl
kommen. Dies scheint mit einem leicht erhöhten Insulinspiegel zusammenzuhängen. Jetzt gibt
es zwei Arten von Menschen, bei denen es zu einem unterschiedlichen Verhalten kommt. Die
eine Gruppe ißt einen Kornspitz oder einen Apfel. Diese Nahrung reicht aus, um das Insulin
abzubauen. Das Hungergefühl ist gestillt. Bei der anderen Gruppe kommt es zu einem anderen
Verhalten. Sie essen genauso eine Kleinigkeit, und nach ein paar Minuten kommt es zu einem
übermächtigen Hungergefühl. Die kleine Nahrungsmittelmenge hat dafür gesorgt, daß
zusätzlich Insulin freigesetzt wird, damit noch mehr Nahrung besser verdaut werden kann. Es
zeigte sich, daß auch die absolute Menge an Insulinfreisetzung zu einem Übergewicht führen
kann. Einer Versuchsgruppe wurde zusätzlich Insulin gespritzt. Beide Gruppen, mit und ohne
dem Insulin, veränderten ihr Körpergewicht, obwohl alle Tiere die gleiche Nahrungsmenge
bekamen. Der erhöhte Insulinspiegel führte zu einer besseren Fettumwandlung, das zu einer
Gewichtszunahme führt.
Allerdings können auch andere chemische Stimulantien einen starken Einfluß auf die
Ernährung haben. Wenn der Nucleus paraventricularis mit Noradrenalin stimuliert wird,
beginnen die Versuchstiere vermehrt Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, während fettreiche
oder proteinreiche Nahrungsmittel nicht beachtet wurden. Umgekehrt nehmen Tiere vermehrt
Fett zu sich, wenn die Stimulation durch Galanin erfolgt. Opiate im allgemeinen führen zu
einem Proteinhunger. Der stärkste Appetitanreger, der im Moment bekannt ist, ist das
Neuropeptid Y. Die Versuchstiere reagieren vorallem auf kohlehydratreiche Kost.
Es gibt auch Appetitzügler, wie zum Beispiel Amphetamine oder auch der Neurotransmitter
Dopamin. Leider gibt es bei Amphetaminen sehr starke Nebenwirkungen und damit scheiden
diese Substanzen zur Gewichtsreduktion aus. Da das Dopamin in der Biochemie des Gehirns
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21
Brain Modelling
ein großer Stellenwert besitzt, würden andere Funktionen stark beeinträchtigt sein. Eine andere
Substanz, das Cholecystokinin, entsteht im Zwölffingerdarm und verlangsamt die Entleerung
des Magens. Dadurch sind die Rezeptoren, die den "Füllstand" angeben länger aktiv - das
Völlegefühl herrscht länger vor. Da diese Substanz auch vom Gehirn ausgeschüttet wird,
vermutet man, daß sie bei der Regulation der Nahrungsmittelzufuhr eine (wichtige) Rolle
spielt.
Durch die Experimente mit den chemischen Stimulantien kann man vermuten, daß es mehrere
unabhängige Regel- oder Steuermechanismen gibt.
Das Problem wird zusätzlich durch andere Experimente verkompliziert. Wenn der Trigeminus,
verantwortlich für die Gesichtsmuskulatur, durchtrennt wird, ergibt sich ein interessantes
Phänomen. Bei attraktiver Nahrung begannen die Tiere mehr zu fressen, während bei Nahrung,
der Bitterstoffe beigemengt waren, die Tiere weniger Nahrung zu sich nahmen.
Wenn man von einem Regelmodell ausgeht muß man aber auch andere Faktoren
berücksichtigen, die gegen dasselbe sprechen.
In früherer Zeit konnten die Menschen sich nicht aussuchen, wann es Nahrung gibt. Die
Nahrung wurde verzehrt und wenn ausreichend Nahrung vorhanden war, wurde der Überschuß
in Fettreserven gespeichert. Es war nicht planbar, wann es den nächsten Nahrungsmittelschub
gibt.
Es zeigte sich, daß auch bei langanhaltenden Fastenphasen der Blutzuckerspiegel konstant
gehalten wird. Also wird über den Blutzuckerspiegel die Nahrunsmittelzufuhr nur indirekt
gesteuert.
Aber auch soziale Faktoren haben einen wesentlichen Einfluß, die berücksichtigt werden
müssen.
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Steuerung und Regelung
22
Die Großhirnrinde
Die Großhirnrinde, anatomisch Cortex cerebri genannt, gehört zur grauen Substanz, in der die
Zellkörper der Hirnneuronen liegen und in der Signale verarbeitet werden. Die menschliche
Großhirnrinde ist bei rund 1000 Quadratzentimeter Fläche nur etwa 2 Millimeter dick.
Die weiße Substanz liegt unterhalb der Großhirnrinde und sie enthält außer den überall im
Nervensystem eingestreuten Hilfs- und Stützzellen bloß Verbindungen. Es werden nur Signale
übermittelt, entweder von einem Areal zu einem anderen Areal beziehungsweise zu einzelnen
Muskeln.
Die Großhirnrinde besteht zu 85% aus Pyramidenzellen. Diese wirken in der Regel erregend
(Achtung: eigentlich sind es die Rezeptoren, die entscheiden ob ein Neurotransmitter erregend
oder hemmend wirkt). Der typische Neurotransmitter ist Glutamat oder Aspartat; der Rest
besteht aus Sternzellen, deren Axone sehr kurz sind. Wenn die Synapsen der Sternzellen
Dornen tragen, dann wirken sie exzitatorisch sonst inhibitorisch. Dornlose Sternzellen
verwenden meist GABA als Neurotransmitter. Die absolute Zahl der dornlosen Sternzellen ist
gering, da aber die Synapsen direkt an den Zellkörper der Pyramidenneuronen eine
Verbindung herstellen, ist ihre Wirkung größer und der Einfluß der Sternzellen dürfte ungefähr
gleich groß sein wie die der Pyramidenzellen.
In den meisten Fällen ist die Großhirnrinde deutlich geschichtet. Im Querschnitt sieht man
dann ein gestreiftes Muster, das die Anordnung von Nervenzellen und Fasern widerspiegelt.
Durch verschiedene Färbetechniken
lassen sich die unterschiedlichen
zelluläre und funktionellen Eigenschaften
erkennen:
Golgi-Färbung: Mehrere Neuronen werden vollständig eingefärbt (links).
Nissl-Färbung; Nur die Zellkörper treten
hervor (mitte). Der Unterschied zwischen
den
Pyramidenzellen
und
den
Körnerzellen ist leicht erkennbar.
Weigert-Färbung; Die Fortsätze wie
Axone oder Dendriten werden gefärbt
(rechts). Eine säulenartige Struktur tritt
zutage.
Durch die verschiedenen Färbetechniken,
kann sowohl die Schichtstruktur als auch
die tangentiale Faserstruktur leicht
erkennbar gemacht werden.
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23
Brain Modelling
Der Cortex cerebri untergliedert sich von außen nach innen in folgende sechs Schichten:
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
molekulare Schicht: sie besteht aus verstreut liegenden, kleinen horizontal orientierten
Zellen und tangentialen Assoziationsfasern; Über diese Assoziationsfasern kann ein
Kontakt zu benachbarten Hirnarealen hergestellt werden.
äußere Körnerschicht: sie ist aus dicht gelagerten Körnerzellen aufgebaut, deren Axone in
der gleichen Schicht enden;
äußere Pyramidenschicht: pyramidenförmig gebaute Zellen bilden den Hauptanteil in
dieser Schicht. Die absteigenden Axone, die die Pyramiden-projektionsbahnen bilden
werden bereits innerhalb dieser Schicht mit einer Markscheide umgeben.
innere Körnerschicht: sie ist ähnlich wie die Schicht II beschaffen, jedoch im Bereich der
Sehrinde besonders stark ausgeprägt.
innere Pyramidenschicht: zum einen aus großen Pyramidenzellen sowie zum anderen aus
horizontal ausgerichteten Neuronen aufgebaut.
Spindelzellenschicht: sie ist aus vielgestaltigen Zellen zusammengesetzt, wobei die
größeren vornehmlich außen und die kleineren innen liegen. Die zugehörigen Neuriten
ziehen in das innen gelegene Marklager sowie auch in umgekehrter Richtung in die
äußeren Rindenschichten.
Die verschiedenen Zellschichten lassen sich funktionell in drei Gruppen unterteilen:
1) Die zwei untersten Schichten V und VI senden ihre Axone in andere Hirnregionen.
2) Die Schicht IV empfängt Axone aus anderen Regionen.
3) Die Schichten I bis III erhalten hauptsächlich Eingänge aus der Schicht IV.
Es gibt also Schichten mit vorwiegend kleinen oder vielen großen Zellen, Schichten mit Fasern
vorwiegend parallel oder senkrecht zur Fläche. Zumeist gibt es auch eine abgrenzbare Schicht,
in der die Signale den Cortex über aufsteigende - afferente - Fasern erreichen, und eine
andere, von der die meisten absteigenden - efferenten - Fasern ausgehen und die Signale in
andere Hirnteile weiterleiten. Dies kann durch verschiedene Färbetechniken verdeutlicht
werden:
Die Großhirnrinde ist aber nicht isotrop, das heißt die Anzahl der Neuronen, die Art der
Verschaltung und dergleichen kann stark variieren (Durchschnittliche Axonlänge, Zellanzahl
usw.). Primäre sensorische Areale haben eine ausgeprägte Schicht IV, motorische Areale
besitzen eine stark vergrößerte Schicht V und VI. Diese Unterschiede und Verteilungen
werden in cytoarchitektonischen Karten angegeben. Die gebräuchlichste Darstellung ist die
Kartierung nach Brodmann (Gaphik unten).
Manchmal findet sich zwischen der Struktur und der Funktion ein eindeutiges Korrelat
(Sehzentrum-Brodmann-Areal 18). Durch neuere Verfahren kann man heute die Großhirnrinde
in bis zu 200 Areale unterteilen.
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Aufbau des Gehirns
24
Laterale (rechts) und mediale (links) Darstellung der Brodmann-Areale. Manche Felder lassen
sich leicht voneinander abgrenzen, sie sind durch eine dicke Linie gekennzeichnet. Felder die
sich cytologisch schwerer voneinander abgrenzen lassen sind durch dünn gezeichnete Linien
markiert. Areale, die allmählich ineinander übergehen sind durch gestrichelte Linien
ausgewiesen.
Projektionsbahnen
Die Großhirnrinde ist ausgiebig mit sich selbst verkabelt, denn die Substanz darunter, das
sogenannte Hemisphärenmark (weiße Substanz), besteht größtenteils aus Fasern, die an einer
Stelle des Cortex entspringen und an einer anderen - nahen oder entfernten - Stelle wieder
eintreten. Ob zwei Stellen miteinander verknüpft sind, hängt in erster Linie nicht von ihrem
Abstand ab. Alle Faserzüge sind von großem Interesse. Die Zerstörung einer Bahn kann zu
ebenso schweren Verhaltensdefiziten führen, wie die Zerstörung der jeweiligen Areale oder
einzelner Kerne.
Afferente und efferente Bahnen:
Die Großhirnrinde erhält ihre elektrischen Signale von rund einer Million Eingangsfasern. Die
meisten sensorischen Systeme projezieren auf den Thalamus. Von dieser Umschaltzentrale
erhalten die meisten primären sensorischen Areale ihre Eingangsfasern.
Assoziationsbahnen:
Über diese Bahnen werden Areale in der gleichen Hemisphäre verknüpft. Zum Beispiel wird
ein motorisches Areal mit einem sensorischen Areal verbunden. Es werden Reize
unterschiedlicher Modalität verknüpft.
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25
Brain Modelling
Kommissurenbahnen:
Es wird eine Verknüpfung von homotropen Regionen hergestellt. In der rechten und linken
Großhirnrindenhälfte gibt es jeweils ein Areal, das für die motorische Koordination der
jeweiligen gegenüberliegenden Köperhälfte verantwortlich ist. Es ist bei manchen
Bewegungen notwendig die beiden unterschiedlichen Bewegungsabläufe, gesteuert durch das
gegenüberliegende Großhirnrindenareal, zu koordinieren. Dies geschieht durch die
Kommissurenbahn. Über den Balken (Corpus callosum), bestehend aus 200 Millionen Fasern,
werden verschiedenste Informationen zwischen den Rindenhälften abgeglichen. Im Gegensatz
dazu ist die Commissura anterior nur für den Abgleich von Informationen des limbischen
Systems betreffend verantwortlich.
Assoziationsfelder
Das menschliche Gehirn ist anatomisch in vier Lappen unterteilt: Frontal-, Parietal-, Occipital, Temporallappen:
Frontallappen
Parietallappen
Temporallappen
Occipitallappen
Funktionell ist aber eine andere
Unterteilung sinnvoller. Es existieren
verschiedene
primäre
sensorische Cortexareale. Das
visuelle, das somatosensorische
oder auch das auditorische Cortexareal erhält über den Thalamus die
Reize vom jeweiligen Sinnesorgan. Zu jedem sensorischen
Cortexareal gibt es ein übergeordnetes (sekundäres) sensorisches
Areal. In diesem Areal werden aus
den einzelnen Reizen und Reizkombinationen komplexere Eigenschaften "erkannt".
Diese übergeordneten sensorischen Areale liefern die Reize wiederum an drei verschiedene
Areale:
Der präfrontale Assoziationscortex: Er ist für die Planung und Durchführung von
komplexen motorischen Handlungen verantwortlich. Es werden die Funktionen des
prämotorischen und des präfrontalen Cortex miteinander verknüpft. Der prämotorische Cortex
wählt eine komplexe Bewegung aus einer Vielzahl von Möglichkeiten aus. Der motorische
Cortex ist dann für die Ausführung verantwortlich. Der präfrontale Cortex stellt das
Arbeitsgedächtnis dar. Dort existiert ein temporales Gedächtnis über die wahrgenommene
Umgebung. Der präfrontale Cortex wählt eine Verhaltensweise aus einer größeren Anzahl von
Möglichkeiten aus.
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Aufbau des Gehirns
26
der parital-temporal-occipitale Assoziationscortex: Im occipitalen Cortexareal befinden
sich das primäre und die sekundären visuellen Verarbeitungseinheiten (vgl. Sehsystem, Teil I).
Der Parietallappen läßt sich in zwei unabhängige funktionelle Einheiten unterteilen: 1) Es
existiert ein Rindenfeld für die somatische Empfindung. 2) Die andere funktionelle Einheit ist
primär mit der Integration von somatischen und visuellen Reizen beschäftigt. Der temporale
Bereich hat folgende Aufgaben: die Verarbeitung auditorischer Informationen, das visuelle
Erkennen von Objekten und die Langzeitspeicherung sensorischer Daten.
Der limbische Assoziationscortex: Die Speicherung von Informationen über unsere Umwelt
in das Langzeitgedächtnis, die Motivation und Entscheidungsfindung als auch die emotionelle
Bewertung von Handlungen und Situation werden in diesem Bereich des Gehirns bearbeitet.
Über den präfrontalen Assoziatonscortex als auch durch die übergeordneten (sekundären)
sensorischen Cortices wird der prämotorische Cortex gesteuert. Durch eine direkte Verbindung
wird auf den motorischen Cortex eingewirkt und eine Bewegung kommt zustande.
primärer
motorischer
Cortex
präfrontaler
Assoziationscortex
übergeordneter
motorischer
Cortex
parietal-temporal-occipitaler
Assoziationscortex
primärer
sensorischer
Cortex
sekundärer
sensorischer
Cortex
limbischer
Assoziationscortex
Informationsverarbeitung in der Großhirnrinde
A
B
In manchen Rindenarealen liegt eine Säulenarchitektur vor (Sehzentrum). Eine Säule besteht
aus einer Gruppe von Neuronen (funktionelle Einheit), die alle miteinander über erregende
Synapsen verbunden sind. Diese Neuronen können sich synchronisieren. Die unmittelbaren
Nachbarn werden miterregt und gleichzeitig werden über inhibitorische Körnerzellen weiter
entfernte Zellverbände (Säulen) gehemmt. Es kommt damit zu einer lateralen Hemmung. Nur
manche Säulen können sich durchsetzen. Die Information wird kontrastiert.
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Brain Modelling
Die Neuronen in einer Säule haben aber auch erregende Verbindungen zu anderen Säulen.
Über diese Verbindungen können sich verschiedene Säulen untereinander synchronisieren.
Unterschiedliche "Eigenschaften" können miteinander physikalisch verbunden werden. Über
Assoziationsbahnen können Säulen verschiedener Modalitäten untereinander synchronisieren.
Betrachten wir zwei Großhirnrinden-areale A und B.
Die jeweiligen Areale er-halten von den zugeordne-ten Kernen Aktivierungen. So werden die
Neuronen in der Schicht IV aktiviert. Die Verarbeitungsneuronen in den Schichten I bis III
verarbeiten die Information und möglicherweise kommt es zu einer Synchronisation (Gebiet
A). Über tangen-tiale (hier nicht einge-zeichnet) oder über inner-corticale Assoziations-fasern
wird die Schicht IV eines oder mehrerer Areale mit elektrischen Pulsen aktiviert (Gebiet B).
Im zweiten Areal kann es dann zu einer Interferenz mit der Information aus dem Kern und
dem anderen Rindenareal kommen. Die Information wird nicht weitergeleitet oder es kommt
zu einer weiteren Synchronisation. Das Gebiet kann nun die in den Schichten I bis III
verarbeitete Information wieder zurückschicken beziehungsweise damit andere Areale
innervieren. Es kann folgendes passieren:
[1] Die Information geht verloren. Die EPSP's können in den nachgeschaltenen Neuronen kein
Aktionspotential auslösen. Die Verknüpfung der Information ist irrelevant.
[2] Es kommt zur Synchronisation in unterschiedlichen Rindenarealen. Verschiedene
Informationen werden zu einer zusammengefasst - ABSTRAKTION.
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Aufbau des Gehirns
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