Gruppenarbeit - PH

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Gruppenarbeit
Warum
behandeln
unterschiedlich?
Lehrer/innen
Schüler/innen
Lehrer/innenerwartungen und –verhalten
Im Folgenden wird ein Beispiel beschrieben, in dem eine
Lehrerin bei vier typischen Unterrichtssituationen über einen
längeren Zeitraum hinweg beobachtet und ihre
Verhaltensweisen notiert wurden.

"Janette ist eine sehr leistungsschwache Schülerin mit guter
Beziehung zur Professorin, aber wenig Kontakt zu ihren
Mitschüler/innen. Im Unterricht wirkt sie oft vollkommen
abwesend. Insgesamt ist sie sehr ruhig.
Machen Sie Ihre
persönliche
Analyse der
Verhaltensmerkmale der
Lehrerin!
Kevin ist leistungsmäßig besser als Janette.. Der Professorin
gegenüber verhält er sich eher abweisend. Zu den Mitschülern
hat er in den Pausen regen Kontakt, während des Unterrichts
spielt er fortwährend mit verschiedenen Gegenständen und
scheint sich um Unterricht und Mitschüler/innen kaum zu
kümmern. Auffallend ist seine körperliche Unruhe: Er rutscht auf
dem Stuhl hin und her, zupft an seinen Haaren, putzt sich die
Fingernägel und beschäftigt sich ständig mit unterrichtsfremden
Dingen." (Wahl 1984, S.102 f.)
Warum
behandeln
Lehrer/innen
Schüler/innen
unterschiedlich?
Situation 1:
Schüler nennt ein falsches Ergebnis.
Janette und Kevin melden sich relativ selten zu Wort und werden
auch selten aufgerufen. Wenn ein mündlicher Beitrag, den sie
leisten, nicht richtig oder unvollständig ist, reagiert die Lehrerin
auf beide Schüler unterschiedlich.
Die Lehrerinnenreaktion in der Analyse:
Janette
- sie gibt sie Zeit zum
Nachdenken
- sie weist sie noch einmal
auf den Zusammenhang
hin, in dem die Frage
steht
- sie gibt sie Lösungshilfen
- Stimme, Mimik und Gestik
wirken aufmunternd
Warum
Situation 2:
Kevin
- übergeht sie die Antwort
und ruft einen anderen
Schüler auf
- fordert sie ihn auf besser
aufzupassen
- Stimme, Mimik und
Gestik drücken Ungeduld
aus
- Lehrerin formuliert die
Frage um
behandeln
Lehrer/innen
Schüler/innen
unterschiedlich?
Schüler sind bei Einzelarbeit passiv.
Die Phasen der Einzelarbeit werden von Janette und Kevin zum
"Träumen" oder "Spielen mit Dingen" benutzt. Passiv sitzen sie
die zur Verfügung gestellte Zeit ab. In dieser Situation versucht
die Lehrerin, Janette zu helfen, indem sie zu ihr hingeht, ihr die
Aufgaben erklärt und die Schritte bis zur Lösung mit
ihr durchgeht. Kevins passives Verhalten übergeht sie.
Situation 3:
Schüler/innen sind bei Gruppenarbeit passiv.
Die Mitschüler/innen beklagen sich, dass Janette und Kevin
keine Beiträge liefern. Wenn Beschwerden über Janette
geäußert werden, bleibt die Professorin längere Zeit bei der
entsprechenden Gruppe stehen und greift helfend in den
Lösungsprozess ein. Auf Klagen über Kevin richtet sie meist nur
eine kurze Ermahnung an ihn.
Warum
behandeln
Lehrer/innen
Schüler/innen
unterschiedlich? Situation 4:
Schüler/in behindert durch Unaufmerksamkeit den Fortgang
des Unterrichts.
Beim Vergleich von Buchhaltungsergebnissen oder beim Lesen
von Wirtschaftsreports sind Janette und Kevin häufig so
unaufmerksam, dass der Unterrichtsablauf kurz unterbrochen
werden muss, sobald einer der beiden aufgerufen wird. Die
Lehrerin hilft Janette in ruhigem Ton, die richtige Aufgabe zu
finden, während sie Kevin meist ungeduldig auffordert, besser
aufzupassen. (vgl. Wahl 1984, S.1 03f.)
Die beobachteten Verhaltensweisen sind sehr ausgeprägt und
konstant.
Warum
behandeln
Lehrer/innen
Schüler/innen
unterschiedlich?
Wie lassen sich nun solche Unterschiede erklären?
Gefragt werden muss, welche inneren Prozesse bei der Lehrerin
ablaufen, wenn sie auf vergleichbares Schüler/innenverhalten
auffallend unterschiedlich reagiert. Bei der Befragung der
Lehrerin ergab sich folgendes Bild:
Wenn Janette ein falsches Ergebnis nennt, glaubt die
Lehrerin, dass die richtige Lösung noch kommt, wenn
nur genügend Zeit gelassen und eine gewisse
Hilfestellung gegeben wird.
Bei der Einzelarbeit nimmt die Lehrerin an, dass
Janette die Aufgaben nur mit zusätzlicher
Unterstützung bewältigen kann.
Ähnlich verhält es sich bei der Gruppenarbeit.
Behindert Janette den Unterrichtsfortgang durch
Nennen einer falschen Aufgabe oder durch
Weiterlesen in der falschen Zeile, schließt die
Lehrerin daraus, dass Janette in ihrer
Aufmerksamkeit überfordert ist, durch kleine Hinweise
aber leicht wieder in das Unterrichtsgeschehen
einbezogen werden kann.
Die Lehrerin geht von zwei Annahmen aus:
1. Wenn Janette die gestellten Aufgaben nicht lösen kann,
hält die Lehrerin sie für leistungswillig, aber überfordert.
2. Die Lehrerin sieht günstige Erfolgsaussichten, wenn sie
Janette besondere Unterstützung gewährt, um eine
Aufgabe zu bewältigen.
Diese Überlegungen motivieren die Lehrerin dazu, Janette stets
freundlich zu behandeln und ihr bereitwillig zu helfen.
Erwartungen und Handlungen der Lehrerin stimmen überein und
sind gut nachzuvollziehen.
Wie sieht es nun bei Kevin aus?
1. Wenn Kevin ein falsches Ergebnis nennt, ist die Lehrerin
der Meinung, dass Kevin sich nicht bemüht, die richtige
Warum
Lösung zu finden.
behandeln
2. Verhält er sich bei der Einzel- oder Gruppenarbeit passiv,
Lehrer/innen
glaubt sie, dass es zwecklos sei, ihn zur Mitarbeit
Schüler/innen
aufzufordern. Nur wenn die Mitschüler/innen sich über
unterschiedlich?
Kevin beklagen, ermahnt sie ihn kurz, um die anderen zu
beruhigen. Behindert Kevin den Unterrichtsfortgang, weil
er nicht aufgepasst hat, führt sie dies auf Faulheit und
Interesselosigkeit zurück, was sie ärgerlich stimmt, so
dass sie ungeduldig reagiert.
Insgesamt ist die Lehrerin Kevin gegenüber ganz anders
eingestellt als Janette gegenüber.
Ihrer Meinung nach verweigert Kevin die Arbeit, wofür sie ihn
Warum selbst verantwortlich macht. Es erscheint ihr weder notwendig
behandeln noch Erfolg versprechend, ihm zusätzliche Hilfe zu geben.
Lehrer/innen
Sie ärgert sich über ihn, sieht aber keine Möglichkeit für
Schüler/innen wirksame pädagogische Maßnahmen.
unterschiedlich?
Deshalb ignoriert sie sein Verhalten so weit wie möglich und
beschränkt sich auf kurze Aufforderungen und Ermahnungen.
Die Handlungsweise der Lehrerin erscheint auch hier begründet
und einleuchtend (vgl. Wahl 1984, S.104f.).
Was führt die Lehrerin zu ihren Annahmen?

Wie hätten Sie
wahrscheinlich
reagiert?
Schreiben Sie
bitte Ihre
Reaktionen
Frühere Erfahrungen mit beiden Schüler/innen haben
wahrscheinlich gezeigt, dass Janette sich bereitwillig helfen
lässt, während Rainer sich eher abweisend verhält.
- Bei Janette hat sich eine positive Lehrer/in-Schüler/inInteraktion entwickelt, bei Kevin eine negative.
Dieses Beispiel zeigt, wie sehr das Verhalten dieser Professorin
im Unterricht von ihren spezifischen Einstellungen und
Erwartungen bestimmten Schüler/innen gegenüber abhängig
ist.
nieder.
Warum
behandeln
Lehrer/innen
Schüler/innen
unterschiedlich?
Eine solche Abhängigkeit konnte auch empirisch von
Brophy und Good nachgewiesen werden.
In jeder Klasse waren zwei Beobachter tätig, die die
Interaktionen zwischen dem Lehrer und ausgewählten
Schülern protokollieren mussten.
Für die Unterrichtsbeobachtung wurden je sechs Schüler
mit hohen und niedrigen Rangplätzen ausgesucht, wobei
sich in jeder Gruppe gleich viele Mädchen wie Buben
befanden.
Insgesamt wurden 48 Schüler beobachtet. In vielen
Bereichen ließen sich keine wesentlichen
Verhaltensunterschiede leistungsstarken und
leistungsschwachen Schülern gegenüber feststellen.
Deutliche Unterschiede zeigten sich aber in folgenden
Warum Punkten:
behandeln
1. Leistungsstarke Schüler/innen wurden bei richtigen
Antworten prozentual häufiger gelobt als
Lehrer/innen
leistungsschwache.
Schüler/innen
2.
Leistungsschwache Schüler/innen wurden bei falschen
unterschiedlich?
Antworten
prozentual
häufiger
getadelt
als
leistungsstarke.
Gab ein leistungsstarke/r Schüler/in eine falsche Antwort, so
3. wurde bei ihm/ihr prozentual häufiger die Frage
wiederholt, die Frage umformuliert oder ein zusätzlicher
Hinweis gegeben.
4. Leistungsschwache Schüler/innen erhielten prozentual
seltener einen Hinweis darauf, ob ihre Antwort richtig oder
falsch war, als leistungsstarke." (Wahl 1984, S.1 06).
Die Ergebnisse dieser und auch anderer Studien verdeutlichen,
dass Lehrer/innen sich eher "unpädagogisch" verhalten. Anstatt
den leistungsschwachen Schüler/innen zusätzliche
Unterstützung zu geben, sie zu ermutigen und zu bestätigen, tun
sie genau das Gegenteil. Dagegen werden leistungsstarke
Schüler/innen unterstützt und gelobt.
Diese Verhaltensunterschiede treten deshalb auf, weil es im
Unterricht vor allem auf das Vorankommen in der
Vermittlung des Lerngegenstandes geht.
Warum
behandeln
Lehrer/innen
Die Lehrer/innen- Schüler/innen-Interaktion hat besonders beim
Schüler/innen
Unterrichtsgespräch eine problematische Doppelfunktion.
unterschiedlich?
- Sie ist einmal persönliche Interaktion zwischen zwei
Partnern und
- zum anderen Instrument der Wissensvermittlung, das nach
seiner Effektivität beurteilt wird.
- Beide Ziele widersprechen sich oft.
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