Was erwartet der Lebensmitteleinzelhandel

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Dir. Dr. Andreas Steidl
REWE Group Austria
Qualitätsmanagement Ja!Natürlich
Statement beim Schweineproduktionstag der Wintertagung 2007
des Ökosozialen Forums Österreich,
Höhere Landwirtschaftliche Bundeslehranstalt St. Florian
St. Florian, 14. 02. 2007
WAS ERWARTET DER LEBENSMITTELEINZELHANDEL
VON DEN LIEFERANTEN?
Zunächst einmal gilt es zu präzisieren, von welchen Lieferanten gesprochen wird. Ist hier der
Schlacht- und Zerlegebetrieb gemeint oder geht es dabei um den bäuerlichen Produzenten?
Der Lebensmitteleinzelhandel leitet seine Anforderungen an die Vorstufe davon ab, welche
Ansprüche seine Kunden und Kundinnen an sein Angebot stellen. Da es sich aber dabei um
keinen Einheitskonsumenten handelt, ist von zielgruppenspezifischen Anforderungen auszugehen.
Welche Grundanforderungen gelten allerdings generell:
Hygienisch einwandfreies Produkt – sicheres Lebensmittel: Für den Konsumenten ist das
Resultat entscheidend; die Ursachen für mangelnde Hygiene sind allerdings vielfältig. Sie
gehen von stressbedingten "fehlerhaften" post mortem-Prozessen, über mangelnde Schlachtund Verarbeitungshygiene bis zu unterbrochenen und unzureichenden Kühlketten. Auch wenn
es hier zahlreiche gesetzliche Vorschriften gibt, besteht hier in vielen Fällen Handlungsbedarf.
Gegenüber der Vergangenheit hat sich hier schon vieles verändert, es besteht aber auf jeder
Vermarktungsstufe weiteres Verbesserungspotential.
Nicht nur eine EU- Verordnung (178) regelt die Nachvollziehbarkeit bzw. die Rückverfolgbarkeit des Fleisches (und auch der Futtermittel). Für die Verbraucher ist es im Sinne der
Glaubwürdigkeit des Verkaufsversprechens entscheidend, dass eine Überprüfung dieser
"Werbeaussagen" möglich ist. In diesen Zusammenhang stellen die Rindfleischkennzeichnungs-Verordnung und die generelle Rückverfolgbarkeitsverpflichtung die Basis dar.
Striktest abgelehnt werden Tierquälereien und sonstige gravierende Missstände in der Tierhaltung und im Tierschutz. Auch wenn hier die Vorstellungen der Konsumenten weit auseinander gehen, führen in den Medien aufgezeigte "Negativbeispiele" zu blanken Entsetzen und
Konsumverweigerung. Bilder von Tieren, die bei mangelnder Betäubung geschlachtet werden
oder von groben Missständen bei Bauernhöfen sind nach wie vor geeignet, die Konsumenten
zu schocken.
Sehr beschränkter Einsatz von Tierarzneimitteln; viele Konsumenten reagieren auf
Meldungen bzgl. Arzneimitteleinsatz in der tierischen Produktion und eventuell damit in
Zusammenhang stehenden Resistenzen in der Humanmedizin äußerst ablehnend. Nachdem
auch Tiere krank werden können und dann zu behandeln sind, kommt einerseits der
Gesunderhaltung des Tierbestandes durch geeignete Maßnahmen (gesunde Jungtiere,
ordentliche Tierhaltung und Stallklima sowie hohe Futterqualität und optimale Futterrationen)
grundlegende Bedeutung zu. Andererseits sind die korrekte Anwendung und die Einhaltung
von Wartefristen eine zwingende Voraussetzung, um der Sensibilität der Verbraucher in
dieser Fragestellung gerecht zu werden.
Bezüglich kundenspezifischer Anforderungen und Konsumenteneinschätzungen werden
einige Ergebnisse einer soeben in Auftrag gegeben Studie der REWE Austria gebracht (siehe
Vortragspräsentation).
Ein Ansatz, den unterschiedlichen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, stellt die Produktbzw. Qualitätsdifferenzierung dar. Diese kann auf verschiedene Dimensionen abzielen. Als
Beispiel könnte hier die Verbesserung des intramuskulären Fettanteiles und die Einbeziehung
der Jodzahl zur Verbesserung des Genusswertes angeführt werden. Es könnte aber auch bei
den Beeinflussungsfaktoren selbst angesetzt werden, wie Vorgaben bei der Genetik, die Vernetzung bzw. Integration zwischen Zucht und Mast oder die Konkretisierung der Fütterungsvorgaben (Komponenten, ... ). Ob solche Projekte zustande kommen hängt davon ab, dass
sich landwirtschaftliche Produzenten, Schlacht- und Zerlegebetriebe und Lebensmittelhandelsorganisationen auf konkrete Programme einigen. Entscheidend ist allerdings, dass
eventuell verbundene Mehrkosten von den Konsumenten akzeptiert werden.
Abschließend kann festgehalten werden, dass sich der österreichische Lebensmitteleinzelhandel mit seinen Lieferanten – also Schlachtbetriebe und Bauern – bemüht hat, ein
kundenkonformes Angebot zu entwickeln. Neben der Festlegung auf die heimische Herkunft
wurden große Anstrengungen bezüglich „Frische“ unternommen und gleichzeitig ein breites
Sortiment flächendeckend aufrechterhalten. Potentiale gibt es aber bezüglich der Verbesserung der Fleischqualität (Zartheit, Saftigkeit). Eine Differenzierungsnotwendigkeit besteht bei
besonders tierfreundlichen Haltungssystemen, welche von breiten Konsumentengruppen eingefordert werden, aber das Angebot noch zu gering ist. Generell besteht aber auch die Notwendigkeit der Sensibilisierung aller an der Produktion und Vermarktung beteiligten Einzelpersonen in Fragen der Hygiene und des Tierschutzes. Leider zeigt hier die Praxis – Landwirte, Viehtransport, Schlachtbetrieb bis in den Fleischverkäufer in den Geschäften – noch
zahlreiche Fälle mangelnden Problembewusstseins auf.
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