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Erler, Heimatverein
(www.heimatverein-gaussig.de
Vorwort
Das Einführungskapitel, welches der
langjährige Bürgermeister von Gaußig, Richard
Jatzke, der Geschichte seines Heimatdorfes voranstellte. (Wahrscheinlich ist dieser Text aber aus der
Chronik von Martin Müller).
Die Niederschrift dieser Chronik fange ich 1962,
also im 18. Jahr nach Beendigung des 2. Weltkrieges an. Die Vorarbeiten dazu liegen teilweise schon
Jahrzehnte zurück. Ich hatte zunächst nicht den
Plan, eine Chronik zu schreiben. Dafür glaubte ich
nicht genügend Unterlagen in den Händen zu haben.
Lange Zeit ruhten auch die Arbeiten, weil ich mit
anderen Sachen beschäftigt war. Die Frage nach
einer Chronik trat aber immer wieder an mich heran. Ich konnte darauf nur antworten, daß es eine
solche noch nicht gibt. Wohl geistern unter unserer
Bevölkerung Gerüchte herum, daß es eine solche
gäbe. Manche sagen auch, der Graf habe Geld ausgesetzt, um in den Besitz einer solchen Chronik zu
kommen. Aber niemals ist eine solche Niederschrift
aufgetaucht. So konnte bisher der Wunsch, die Geschicke von Gaußig und seiner Bewohner nachzulesen, nicht erfüllt werden.
Auf den folgenden Seiten sind in loser Reihenfolge eine
Auswahl von Ereignissen, Fakten, Personen u.v.a.m. aus
der Gaußiger Geschichte aufgeschrieben. Diese wurden
alle der Gaußiger Ortschronik (s. Kommentare und Ergänzungen) entnommen. Die Auswahl umfaßt einen
langen geschichtlichen Zeitraum. Es ist bestimmt für
jeden etwas Lesenswertes dabei, je nachdem, ob er sich
für Geschichte, Botanik, die Schule, das Schloß, die Kirche, Sagen um den Ort, Handwerk, Gaststätten, Landwirtschaft oder anderes interessiert. Wir haben eine Auswahl von Artikeln getroffen und diese im Original übernommen ohne eine Wertung vorzunehmen. Viel Spaß
beim Lesen.
H.-P. Pahler (Bürgermeister) und S. Heimert, Redaktion
Martin Müller
geboren am
29.08.1899 in Ebersbach,
gestorben am 02.04.1970 in
Gaußig.
War der eigentliche Chronist von Gaußig und seiner
Umgebung. Von Beruf war
er Volksschullehrer und
wirkte von 1926 bis 1945 an
der Schule in Gaußig. Nach
dem Kriege arbeitete er als
Tischler und war später im
Büro des Volksgutes tätig. Von da an begann er mit
den Niederschriften für die Gaußiger Chronik. Ich
selbst bin bei ihm bis 1931 zur Schule gegangen und
habe nach dem Kriege eng mit ihm für die Diehmener Ortschronik zusammengearbeitet. In Diehmen
selbst hat er in den 60er Jahren mehrere Vorträge
über die Geschichte des Ortes gehalten. Ihm ist es
zu danken, daß Vieles aus der Vergangenheit und
Geschichte von Gaußig erhalten geblieben ist und
interessierten Bürgern zugänglich wurde.
Eine Arbeit über Gaußig, die auf reichem Quellenmaterial fußte, verfaßte Walter v. Boetticher. Der
Titel lautet: Zur Geschichte des Kirchdorfes Gaußig
und seiner Parochie. Sie erschien im 76. Band des
Neuen Lausitzischen Magazins.
Dabei ist es fraglich, ob diese Arbeit in der Bevölkerung bekannt wurde. Für uns Menschen der
Gegenwart haftet ihr der Nachteil an, daß sie zum
großen Teil Besitzgeschichte ist. Wer die Geschichtsschreibung der letzten Jahrzehnte einigermaßen kennt, den wird es nicht verwundern, daß in
Zeitungen eine Reihe Aufsätze erschienen sind, die
einige Ereignisse aus Gaußigs Geschichte behandelten, oder sich
Diehmen, im Mai 1991, Helmut Marschner
1
Fortsetzung von Seite 1
Wie alt ist Gaußig?
mit den Kunstschätzen befaßten, die einstmals im
Gaußiger Schloß vorhanden waren. Nur die Arbeiten von Gurlitt - Bau und Kunstdenkmale des Königreiches Sachsen - seien herausgehoben. Auch in
den Landesarchiven lagern sicher noch viele ungehobene Schätze. Aber das verlangt Zeit - viel Zeit!
Ein Dichter hat den Satz geprägt:
Das Alter eines Ortes pflegt man nach demjenigen
Jahre zu bestimmen, in dem es zum erstenmal in einer Urkunde erwähnt wurde. Der Name Gaußig,
damals Guse oder Gusk genannt, taucht erstmals in
der sogenannten Grenzurkunde der Lausitz auf.
Diese Urkunde stammt aus dem Jahre 1241. Diese
Urkunde ist lateinisch geschrieben und befindet sich
im Landeshauptarchiv in Dresden. Die Übersetzung
ins Deutsche lautet:
Vom Burgward Seitschen durch den Steig von Seitschen die Godowiza, von dannen bis auf den Berg
Cossern, von demselben auf den Hügel neben dem
Wege, da man nach Budissin gehet, Zockau von
demselben Wege bis an den Weg zu Günthersdorf,
von dannen bis an den Fluß Gusk und in den größeren Fluß oder Bach Gusk.
Alles verschlingt die Zeit - alles endet in
Vergessenheit!
Die Wahrheit dieses Ausspruches verspürt der geschichtliche Forscher auf Schritt und Tritt. Dem
könnte entgegengehalten werden, daß jede Zeit ihre
Spuren hinterläßt. Sie alle zu finden und zusammenzustellen, ist mir noch nicht gelungen. So gehen
diese Zeilen mit dem Bewußtsein hinaus, daß ihnen
viele Mängel anhaften. Vielleicht findet sich ein
Forscher, der sie zu beseitigen versteht. Er möge
aber beizeiten damit anfangen, sonst nimmt ihm der
Tod die Feder aus der Hand, ehe er sein Werk vollendet. Einer allein kann eine Chronik nicht schaffen,
dazu gehört die Mitarbeit von Generationen. Mögen
sich immer Menschen bereitfinden, die aus Liebe
zur Heimat, nicht um des schnöden Mammons willen, Stein um Stein zusammentragen, bis das Werk
entstanden ist, daß uns heute nur vorschwebt und
das dann mit Recht den Titel CHRONIK tragen
kann.
Wie
hieß
"GAUßIG" früher?
Richard Jatzke (sicher M. Müller)
Richard Jatzke war 34 Jahre Bürgermeister in
Gaußig und hat in diesen bewegten Zeiten von 1911
bis 1945 die Geschicke der Gemeinde geleitet. Dank
des Entgegenkommens von Frau Christoph war es
mir möglich, Einblick in die Niederschriften zu
nehmen. Leider hat Richard Jatzke keine geschlossene Chronik, sondern lediglich lose Berichte hinterlassen.
Helmut Marschner
Im Organ des Deutschen Gemeindetages für
ländliche Selbstverwaltung vom 1. März 1942,
„Die Landgemeinde“, wurde bekanntgegeben:
Anläßlich seines 30jährigen Dienstjubiläums
wurde dem Bürgermeister Richard Jatzke in
Gaußig, Kreis Bautzen, eine Ehrenurkunde des
Deutschen Gemeindetages verliehen.
Personen
in
Prozent
Gaußig
Göda
Dretschen
81
Diehmen
24
Drausch
-kowitz
35
72
300
5,5
23,4
15,5
6,5
9,2
1245
Gusk - Geezich
1272
1282
1304
1311
1318
1383
1485
1492
1513
1542
Gusake
Guze
Ghuzie
Gucick
Gozig
Gausk
Gawszk
Gussig
Gausig
Gaußig
Besitzer der Lausitz
1002.1031
1031 -1076
1076 • 1253
1253 • 1319
1319 • 1469
1469 -1490
1490 -1635
ab 1635 zu
Personen mit sorbischen Sprachkenntnissen 1956
2
Polen
Mark Meißen
Böhmen
Markgrafentum Brandenburg
(als Pfand)
Böhmen
Ungarn
Böhmen
Sachsen
1963 Der kalte Winter
Die Besitzer von Gaußig
1245 -1466
die von Gusk, gehören zum autochthonen (alteingesessenen) Adel der Oberlausitz
1466 -1554
die von Haugwitz (1537 Schloßbrand, 1548
Neubau des Schlosses)
1554 -1561
die von Gersdorf
1561 -1576
die von Seidlitz
1576 -1599
die von Schlieben
1599 -1669
die von Haugwitz (1608 bis 1611 Kirche geschlossen)
1669 -1676
die von Grünrod
1676 -1696
die von Kiesewetter
1696 -1747
die von Neitschütz (um 1700 Neubau des Schlosses)
1747 -1750
Graf Brühl (Anlage des Parkes durch Knöffel)
1750 -1766
die Grafen Kayserling
1766 -1945
die Freiherren von Riaucour - Schall -Riaucour
Frost und Schnee setzten vor dem
Weihnachtsfest '62 ein. Mitte Januar '63 am 21. sinkt das
Thermometer auf 22 bis 24 Grad unter Null. Die Eisenbahnzüge fahren mit erheblicher Verspätung. Einige
Züge bleiben in der Hohle hinter Kubschütz im Schnee
stecken und müssen freigeschaufelt werden. Am 15.
Januar herrscht starker Sturm und Schneetreiben. Viele
Straßen sind unpassierbar, einige Dörfer vorübergehend
vom Verkehr abgeschnitten. Alle Schneeräumgeräte sind
rund um die Uhr im Einsatz. Eine starke Planierraupe,
die den Schnee über die Straßengräben schiebt, stellt
man nach dem Abtauen fest, daß sie vielerlei Schäden
anrichtete, indem viele Pfähle und Begrenzungssteine
abgebrochen wurden. Großer Schaden entstand auch
durch Wildfraß an den Bäumen, teilweise bis zu 80 %.
Stromeinsparungen machten sich notwendig. Die Straßenbeleuchtung wird nicht mehr eingeschaltet. Die Geschäfte, außer die von Lebensmitteln, öffnen erst um
10.00 Uhr. Wasserleitungen sind bis in den April hinein
eingefroren.
Es wurde Vorsorge getroffen für das zu erwartende
Tauwetter. Aber es bewahrheitete sich wieder der
Spruch: "Großer Schnee und kleines Wasser - kleiner
Schnee und großes Wasser". Die Menschen wurden grillig durch die lang anhaltende Kälte und den vielen
Schnee. Es gab Kohlenmangel und viele Stromabschaltungen. Der Mai bringt eine ungewöhnlich große
Blüte der Obstbäume. Beim Tauwetter, welches am
16.05.1963 einsetzte, floß das Wasser vom Kirchteiche
schlecht ab und staute sich im Hofe des Gasthofes. Verstopfung der Straßenunterführung. Angeblich hatten
Panzer die Decksteine eingedrückt. Der Gottesdienst
wurde wegen der Kälte im Konfirmandensaal abgehalten. Die Schule hatte teilweise geschlossen.
Gaußig im Kartenbild!
Die ersten Landkarten wurden schon vor einigen
Jahrhunderten gedruckt. Als älteste Karte sei die
Schenk‘sche Karte erwähnt. Sie fußt auf der Landesaufnahme von Zürner und gibt uns ein Bild aus
dem Anfang des 18. Jahrhunderts. Der Minister
Hennicke erwarb die Unterlagen, von dem sie in die
Hände von Peter Schenk gelangten. Gedruckt wurde
diese Karte in Amsterdam. Diese Schenk'sche Karte
weicht insofern von unseren heutigen Karten ab, als
sie versucht, mit Hilfe von Symbolen das Wichtigste über jeden Ort auszusagen. Fünferlei weiß diese
Karte über Gaußig zu berichten. Gaußig war ein Ort
mit Rittergut, es hatte einen Gasthof, einen
Schmied, hier befand sich eine Herrenschäferei und
hatte eine Hauptkirche.
Der 1. Mai
Am Vorabend des l. Mai wurde der Maibaum auf dem
Schulhofe aufgestellt. Anschließend führte der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr den Fackelzug
der Jugend an. Anschließend fand das große Hexenbrennen statt.
Am l. Mai früh das Wecken durch den Spielmannszug.
Um 9 Uhr Stellen zur Maidemonstration auf dem
Schulhofe, anschließend Umzug durch den Ort mit
Ansprache auf dem Dorfplatz. Anschließend Volksbelustigung mit Kegelbahn und so weiter. Nachmittags
ein Fußballspiel "Acker gegen Tinte". Am Abend großer Tanz im Gasthof.
Gaußiger Lage im Gradnetz!
Der Kirchturm von Gaußig liegt auf der 100.000er
Karte:
12 mm westlich 14° 20‘ östlicher Länge
9‘=165mm
126 mm südlich 51° 15‘ nördlicher Breite
10‘=115mm
oder
14 Grad 18‘ 21‘‘ östlicher Länge
51 Grad 7‘ 22‘‘ nördlicher Breite
3
Lehns- und
Gaußig
Rittersitz
Das Gaußiger Schloß und
seine Geschichte
Bereits in der Mitte des 13. Jahrhunderts ist die
Familie de Gusk für Gaußig nachweisbar. Dieses Geschlecht verschwindet in der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts von Gaußig. Heute
ist nicht mehr nachweisbar, wo der Herrensitz
damals gestanden hat.
Die Anfänge des Gaußiger Schlosses liegen im
Dunkel der Geschichte. Der Sage nach soll es sich
südlich des jetzigen Standortes im Walde befunden
haben« Es soll ein Wasserschloß gewesen sein, also
mitten im Sumpf und von Wasser umflossen. Später, die Zeit ist nicht bekannt, wurde ein Holz und
Lehmbau errichtet, schon mit einem Obergeschoß.
Aber erst in der Reformationszeit kamen dann feste
Steinbauten auf. Im Jahre 1538 brannte das alte
Schloß ab. Den spärlichen Nachrichten zufolge soll
es Brandstiftung gewesen seine Man sperrte auch
einen Bischofswerdaer Einwohner für längere Zeit
ein, mußte ihn dann wegen Mangel an Beweisen
wieder freilassen. Zehn Jahre später, also 1548, wird
das neue Schloß errichtet. Auch von diesem Schloß
liegen keine Angaben vor, man nimmt aber an, daß
es ein Steinbau war. Man erzählt zwar, daß sich die
Überreste dieses Baues, also Keller, Gewölbe und
Gänge, sich nicht weit vom jetzigen Schlosse befänden. Es bestand bis zur Wende vom 17. zum 18.
Jahrhundert, also bis 1680 herum.
Das jetzige Schloß, also das Vierte, wurde von einer
tatkräftigen Dame errichtet. Es war die Witwe des
Rudolph von Neitschütz, geborene von Haugwitz,
sie verstarb im Jahre 1713. In dem Album der Rittergüter und Schlösser von Heiße und Pönicke heißt
es: Das Schloß Gaußig, ein Gebäude im schönen
und großartigem neueren Style, wurde erst zum
Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut. Und ist die
Sage, das die Erbauerin, Frau Ursula, Margaretha,
geborene von Haugwitz, verwitwete Generalin von
Neitschütz, auf dem Baugerüst fleißig gesponnen
habe, um die Bauleute unter eigener Aufsicht zum
Fleiß aufzumuntern. Wie aber hat es ausgesehen? In
einer Urkunde aus dem Jahre 1744 heißt es: Der
Rittersitz besteht aus einem von Grund aus von
Steinen aufgeführten und mit Ziegeln eingedeckten
Wohngebäude von drei Etagen, worinnen nicht nur
die im unteren Stockwerk befindenden geraume
Küche, Keller, Gewölbe und Stuben durchgängig
ausgewölbt, sondern auch in der Mittleren ein
schönes Gewölbe vorhanden und übrigens 16 Stuben und verschiedene Kammern vorhanden sind.
Dieses Neitschütz Schloß wurde um 1809 umgestaltet. Wieder von einer Dame, Henriette Gräfin Schall
Riaucour. Der Baumeister ist nicht
Das jetzige Schloß ist von Ursula Margaretha
von Neitschütz, geborene von Haugwitz, Mutter
der bekannten Magdalena Sybille, Gräfin von
Rochlitz, erbaut worden. Ihr Mann, Rudolph
von Neitschütz, Oberst der Leibgarde zu Roß
im Türkenkrieg, war am 29. August 1686 mit
Gaußig belehnt worden. Am 18. Oktober 1766
ist Gaußig durch Peter Freiherr von Riaucour
vom Grafen Heinrich Christian von Kayserling
gekauft worden. Sein Sohn, der sächsische Minister Graf Andreas von Riaucour erbte Gaußig
nach dem Tode seines Vaters 1768 und starb
selbst ohne männliche Erben am 28. Oktober
1794. Seine älteste Tochter Henriette vermählte
sich am 28. Juni 1777 mit Graf Karl Theodor
von Schall, wurde nach dem Tode ihres Vaters
mit Gaußig belehnt und starb am 18. Juni 1831.
Karl Theodor mußte für sich und seine Rechtsnachfolger Namen und Wappen der Riaucour
annehmen. Der letzte Besitzer ist seit 1928
Adam Ferdinand Graf Schall-Riaucour. Er erbaute den Ostflügel des Schlosses, welcher zur
Unterbringung der Fideikommisbibliothek
dient. Seine Mutter, eine geborene Reichsgräfin
von Fürstenberg, hatte während der Vormundschaft im Jahre 1894 an den Westflügel des
Schlosses eine romanische Kapelle erbauen
lassen.
Bei der nach 1945 durchgeführten Bodenreform
wurde der Gaußiger Graf als größter Grundbesitzer im Kreise Bautzen entschädigungslos
enteignet.
In der Gutsherrschaft Gaußig waren die Richter,
Müller, Schmiede, Bäcker, Krämer und Bader,
Schutzuntertanen und besaßen dadurch besondere Rechte und Privilegien.
4
bekannt. Es wurde damals nicht nur das Äußere des
Schlosses umgestaltet, sondern auch das Innere»
Nach den Vorstellungen des italienischen Architekten Andrea Palladiano. Kennzeichnend ist die runde
Vorhalle, die durch ein Kreisauge im ersten Stock
erhellt wird. Die acht ionischen Säulen in dieser
Halle sind nicht aus Marmor, sondern aus Holz. Der
Spiegelsaal und der Speisesaal sind im Stile des
damals vorherrschenden Empires gehalten. Diesen
Stil zeigen auch noch zum Teil heute erhaltene
Möbel. Um 1880 erfolgte wieder eine größere Veränderung des Schlosses. Das hohe Ziegeldach wurde
Gemälden waren alte Holländer des 16. und 17.
Jahrhunderts stark vertreten. Es seien genannt das
Bildnis einer alten Frau von Rembrandt, Anbetung
der heiligen drei Könige von Peter Brueghel, der
Schmerzensmann von Jean de Mabuse, ein Bildnis
von Holbein d.J. und Werke von Anton Graff. Das
meiste ist verschwunden, ohne daß man weiß wohin. Der vorhandene Rest ist noch gut, erreicht aber
bei weitem nicht den früheren Wert. Neben den
Gemälden befand sind im Schloß auch eine beachtliche Porzellansammlung. Es gab viele frühe Meißener Stücke. Ferner zwei chinesische Madonnen,
aus
durch ein Mansardendach mit Schieferbedeckung
ersetzt. Im Jahre 1893 wurde an dem Schloß eine
Kapelle erbaut. In ihr befindet sich ein spätgotischer Flügelaltar aus dem Jahre 1480. Die letzte
Umgestaltung erfuhr das Schloß durch einen Anbau
an der östlichen Schmalseite im Jahre 1907. Man
heißt ihn den Bibliotheksbau. In ihm befindet sich
eine wertvolle Bibliothek, soweit nicht Teile von
ihr durch die Ereignisse 1945 verlorengingen.
Das Schloß zeichnet sich durch eine glückliche
Vereinigung verschiedener Stile aus. Im Schloß
selbst befanden sich auch verschiedene Kunstsammlungen, besonders Gemälde und Porzellane.
Die wertvollsten Stücke befinden sich allerdings
nicht mehr in Gaußig. Unter den
dem 17. Jahrhundert. Sie stammen von dem Jesuitenpater Adam Schall von Bell, der am Kaiserlichen
Hofe zu Peking zu hohem Ansehen gelangt war. Sie
befinden sich jetzt in Dresden. Im Porzellanzimmer
selbst gibt es eine große Anzahl Porzellangeschirr.
Als Quellen seien genannt: W. v. Boetticher, Parochie Gaußig; Gurlitt - Kunstdenkmäler und Heimatforscher Theodor Schütze.
Nach dem Kriegsende 1945 wurde das Schloß zunächst von sowjetischen Truppen bewohnt. Nach
ihrem Abzug gelangte es in die Hände der CDU,
und seit 1946 ist es Erholungsheim der Technischen
Universität Dresden.
5
Auszug aus den "Bautzener Nachrichten" vom 4. Juni 1934, Nr. 127
Die Grafen von Riaucour
Kunstschätze im Schloß Gaußig
Am 18. Oktober 1766 erwirbt Peter von Riaucour
die Herrschaft Gaußig, sowie die Güter von Diehmen, Golenz, Medewitz, Katschwitz, Drauschkowitz, Birkenrode, Putzkau und Tröbigau für 100.000
Thl. Nach seinem Tode im Jahre 1768 erbte sein
Sohn, der Sächsische Minister, Graf Andreas von
Riaucour die Güter seines Vaters. Bis zum Jahre
1766 werden von ihm weitere 14 Güter in der Oberlausitz für rund 225.500 Thaler aufgekauft. Die Grafen von Riaucour werden somit zum größten
Grundbesitzer in der Lausitz. Da Graf Andreas
selbst kinderlos blieb, verpachtete er ausgangs des
Jahrhunderts ein Teil seiner Güter.
Als der Graf Riaucour die Neuverpachtung seiner
Güter Gaußig, Günthersdorf, Golenz und Diehmen
an die Meistbietenden in den Budissiner Wöchentlichen Nachrichten anzeigte, baten die Untertanen
von der Pachtversteigerung nicht ausgeschlossen zu
werden. Nachdem sie entsprechende Sicherheiten
gegeben hatten, fand zwischen 2 Pächtern und den
bäuerlichen Untertanen dieser Güter die öffentliche
Versteigerung statt. Es begann ein Feilschen, wobei
die Pachtsumme von 1.950 Thalern jährlich auf
2.160 Thaler getrieben wurde. Die Untertanen, die
eine solche Summe zu bieten nicht im Stande waren,
äußerten daraufhin, daß der neue Pächter, welchem
die Pacht für das Plus überlassen werden dürfte,
solches durch Druck und Erpressung wieder zu erlangen versuchen würde.
Das Kunstverständnis und die Sammelfreudigkeit früherer Adelsgeschlechter haben auch auf verschiedenen
Lausitzer Adelssitzen private Kunstsammlungen entstehen lassen, die als kostbare Vermächtnisse liebevoll
gehütet werden und sachverständiger Pflege unterliegen. Zu ihnen gehört die Sammlung der gräflichen
Familie von Schall-Riaucour auf Schloß Gaußig, die in
Augenschein zu nehmen am Sonnabend die Gesellschaft der Freunde des Stadtmuseums Bautzen, dank
freundlichen Entgegenkommens des Schloßherren nach
längerer Pause wieder einmal Gelegenheit hatte. Für die
Teilnehmer der genußreichen Wochenendfahrt war es
eine besonders dankbar empfundene Freude, daß der
Besitzer der Herrschaft Gaußig selbst seinen Gästen vor
der Besichtigung der Kunstschätze einen Überblick
über die Geschichte des Schlosses und der Herkunft der
Sammlungsgegenstände gab. Sie erfuhren dabei als das
Wichtigste, daß bereits 1241 Herrmann von Gusk als
Besitzer von Gaußig genannt wurde und daß 1680 das
jetzige Schloß erbaut, in den 1870er Jahren aber leider
modern verändert wurde. Die Sammlungen gehen zurück auf Erwerbungen des Ministers Graf Riaucour, der
im 18. Jahrhundert Kursächsischer Gesandter in Mannheim war, und auf Erwerbungen eines Grafen Schall,
der als Missionar nach China gegangen war und von
dort, wo er eine hohe Stellung am Kaiserlichen Hofe
innehatte, wertvolles altchinesisches Porzellan in die
Heimat gebracht hatte. Dieser Sammlung des Porzellans
galt unter der Führung von Graf Schall und Museumsdirektor Dr. Biehl zunächst das Interesse der Besucher.
Dr. Biehl gab hierzu die notwendigen kulturhistorischen
Erläuterungen, wobei er besonders auf die kostbaren
Stücke aus China (17. Jahrhundert) aufmerksam machte. Besonders auf die figürlichen Arbeiten, vorzugsweise buddhistische Gottheiten und Dämonen darstellend,
wie sie von ähnlichem Seltenheitswert nur in den größeren Sammlungen der Weltstädte zu finden sind. Aber
auch frühe Porzellane der Meißner Manufaktur, unter
anderem Böttcher Steinzeug und Stücke mit besonders
wertvollen Mustern anderer Herkunft, befinden sich im
Schloß Gaußig. Ebenso alte Gläser und Fayencen, die
nicht minder Bewunderung weckten. Bereits im Speisesaal des Schlosses, wo die hervorragenden Teile des
Porzellans zusammen gestellt worden waren, konnte
man Teile der Bildersammlung betrachten. Unter der
großen Anzahl Gemälde später holländischer Meister
fand namentlich eine, dem Pieter Breughel zugeschriebene Winterlandschaft das Interesse. In doppelter Hinsicht wandte sich dieses in einem anderen Raum einem
Gemälde von der Hand Anton Graffs zu, das den Begründer der Sammlung, den Minister Riaucour, eine
politisch einflußreiche Persönlichkeit, darstellt, und
zugleich eines der besten Werke Graffs ist. Als unschätzbare Kostbarkeit aber enthält die Sammlung auch
ein als echt anerkanntes Gemälde von Rembrandt, ein
frühes, etwa auf 1630 zu
Bauer und Gutsherr in der Oberlausitz, 1957
von Willi Boelcke S.155
Peter von Riaucour erwirbt Gaußig im
Jahre 1767
1767
erwirbt Peter von Riaucour Gaußig, Klein Gaußig,
Golenz, Diehmen, Medewitz, Drauschkowitz,
Brösang, Katschwitz, Birkenrode, Putzkau und
Tröbigau für 100.000 Thaler
1770
kauft Andreas von Riaucour Crostau, Rodewitz,
Nieder- und Ober Eulowitz und Bederwitz für
60.500 Thaler
1773
wird Ober- und Niedermalschwitz und Kronförstchen erworben für 74.000 Thaler
1775
wird Brösa erworben für 27.000 Thaler
1776
erwirbt man Guttau mit Fleißig Neudörfel und
Vorwerk Wartha für 64.000 Thaler
1769
Erwerb von Gleina, der Preis ist unbekannt
Zwischen 1767 und 1776 werden Güter im
Werte von 325.500 Thaler aufgekauft.
6
datierendes Werk, das lange in Vergessenheit geraten
war. Es stellt eine lesende alte Frau, wahrscheinlich die
Mutter des Künstlers, dar.
Ostade, Mabuse, Lucas Cranach d.Ä. sind Namen einiger
weiteren hervorragenden Künstler, die durch Originale
vertreten sind. Die weitere Führung galt dann der reichhaltigen und interessanten Geweihsammlung des Hausherrn und dem von ihm errichteten Bibliotheksflügels.
Zwei wertvolle alte Handschriften, einzige Überreste
eines 1813 von Kosaken vernichteten reichen Bestandes.
Die Bibliothek französischer Literatur des 18. Jahrhunderts in kostbaren Ausgaben und die Kupferstichsammlung waren hier die hervorstechendsten Teile dessen, was
die Räume als kostbaren Besitz beherbergen.
So hatte die Besichtigung einen Blick tun lassen auf
Schätze, die kennenzulernen gerade den Freunden des
Oberlausitzer Provinzialmuseums hohen Genuß bereiten
mußte. Nach einem Besuch der Schloßkapelle mit ihrem
gotischen Schnitzaltar, einem Werk der Kamenzer
Schnitzerschule um 1470 und nach einem Rundgang
durch den herrlichen Schloßpark, in dem die Rhododendrongruppen ihre letzte Blütenschönheit dem Auge darboten, schied man von dem herrlichen Besitze, voll der
wertvollen Eindrücke und mit Dank für die liebenswürdige Bereitwilligkeit des Schloßherren, die Professor Dr.
Heß als Vorsitzender der besuchenden Gesellschaft dankend rühmte.
Gartenbauinspektor Martin Pötschke aus
Bautzen stellte 1962 folgenden Gehölzbestand
im Schloßpark fest:
Rhododendron
Robinie
Bergahorn
Sibirische Lärche
Großblättrige Magnolie Platane
Blutbuche
Götterbaum
Stieleiche
Hainbuche
Tulpenbaum
Schwarzerle
Spitzahorn
Scheinzypresse
Rotbuche
Akazie
Lärche
Sawara-Scheinzypresse
Pontische Eiche
Birke
Gemeine Fichte
Coloradotanne
Hemlochstanne
Frasers Balsamtanne
GrafBrühl
Gemeine Kiefer
Canadische Pappel
Geboren am 13. August 1680 in Gangloffsömmern
in Thüringen, gestorben am 28. Oktober 1763 in
Dresden
Er kaufte Gaußig im Jahre 1747 für 52.000 -"Thaler
nebst 200 Dukaten Schlüsselgeld.
Die Titel:
Premier und Geheimer Cabinetts- und Konferenzminister, wirklicher Geheimer Rath, General
von der Infanterie, Kämmerer, Kammerpräsident,
Ober Steuer- und Generalaczisdirektor, Domherr des
Hohen Stiftes Meißen und Probst des Stiftes Budissin, Kommandant der Sächsischen Leibgarde in
Polen, auch Oberst über ein Regiment zu Fuß, Freiherr zu Forst und Porten, Herr auf Nischwitz, Grafwitz, Borken, Bahnisdorf, Lindenau, Tettau, Ober
und Nieder Lichtenau, Ganghoffsömmem, Seifersdorf und Weidlitz.
Lebensbaumzypresse
Schwarzpappel
Sumpfzypresse
Gemeine Esche
Roteiche
Feldrüster
Douglasie
Sommerlinde
Weißbuche
Zuckerahorn
Nordmannstanne
Feldahorn
Roßkastanie
Lebensbaum
Pflaumenblättriger Apfel
Kaukasischer Rhod.
Traubenkirsche
Weißerle
Weißdorn
Flieder
Späte Traubenkirsche
Eberesche
Trauersilberweide
Schießbeere
Stechfichte
Rosinenstrauch
Winterlinde
Walnußbaum
(N.L.M. 76. Band)
GrafBrühl war von 1747 bis 1750 Besitzer der Herrschaft Gaußig. In diesen Jahren ließ er den Schloßpark durch den Gartenbauarchitekten Knöffel anlegen.
Weymouthskiefer
7
anspruchen. Auch hatte die Herrschaft die Verpflichtung, dem Schänkenbesitzer von Groß Gaußig,
jährlich sechs Fuder Nadelstreu zu verabfolgen.
Während dieser dafür der Herrschaft jährlich zehn
Fuder Stalldünger liefern mußte. Durch den Receß
am 9. August 1850 wurden diese Servituten abgelöst.
Besitz des Grafen Schall-Riaucour
an Feld, Wiesen und Weiden,
Teiche und Wälder
Ackerland und Wald
Wiese
W. v. Boetticher
Gaußig
202,66 ha
287ha
Günthersdorf
29.22ha
25ha
Golenz
14,94ha
14ha
Cossern
13.98 ha
24ha
Oberputzkau
587,38 ha
962ha
Medewitz
109.43 ha
189ha
Malschwitz
26.00 ha
291ha
Wartha
134.00 ha
179ha
Großseitschen
27,44ha
28 ha
Drauschkowitz
50,00ha
157ha
Preititz
-,-ha
5ha
Guttauer Forst, Kreis Rothenburg
-,-ha
100ha
Dretschen
8.95 ha
9ha
Brösa
7.00ha
206ha
Tröbigau
100,00ha
166ha
Crostau
251.00ha
201ha
Guttau
47.00ha
329ha
Gleina
31.00ha
212ha
Naundorf
32.00ha
34ha
Diehmen
128,00ha
210ha
Eulowitz
-.-ha
56ha
Rodewitz/Spree
—,— ha
25ha
Suppo
-.-ha
9ha
Buchwalde
-,-ha
3ha
GESAMTSBESITZ
3 7 31 HEKTAR
Gesindelohn und Verpflegung auf dem Rittergut Gaußig um 1766
Der im 17. Jahrhundert festgelegte Gesindelohn,
entsprach keineswegs mehr dem Niveau der gestiegenen Preise des 18. Jahrhunderts. Mitunter kam es
vor, daß um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Herrschaften die Gesindelöhne von sich aus minimal
erhöhten. Die Erbuntertanenkinder der Herrschaft
Gaußig. welche der Herrschaft 3 Jahre dienen mußten, erhielten laut Urbar von 1766 nachstehenden
Zwangslohn jährlich:
11 Thaler
Ein Großknecht
10 Thaler
ein Mittelknecht
8 Thaler
ein Ochsenjunge
5 Thaler
eine Großmagd
4 Thaler
eine Mittelmagd
Allen wurde zusätzlich ein Viertel Lein ausgesät,
wofür sie aber den Samen liefern mußten. Von diesem Lohn konnte sich das Gesinde kaum die nötige
Kleidung beschaffen. Daher war es nicht selten, daß
man sie bei Untreue ertappte, zumal die Kost kaum
zur Sättigung reichte. Die Kost auf dem Gaußiger
Hofe setzte sich das ganze Jahr hindurch folgendermaßen zusammen:
Früh ein Mehlbrei mit abgesahnter Milch, Mittags
aus Graupen mit Milch und Sauerkohl, Abends wieder Mehlbrei mit etwas Quark und Mittelkorn. Butter gab es nur Sonntags. Zur Kirchweih durfte dem
Gesinde etwas Fleisch, Kuchen und Bier zur Ergötzlichkeit verabreicht werden.
Alte feudale Rechte
Der Gaußiger Rittergutsherrschaft stand das Recht
zu, auf den Grundstücken der bäuerlichen Wirte zu
Groß und Klein Gaußig und dem Anteil Brösang das
Vieh zu hüten, also das Hutungsrecht. Und zwar für
Rinder und Schafe. Dafür durften die Untertanen der
genannten Dörfer ihr Rindvieh auf Ritterguts Grund
und Boden zu hüten und zu halten. Sie hatten die
Berechtigung, ihre Kühe durch den herrschaftlichen
Stammbullen belegen zu lassen. Einigen Gärtnern
und Häuslern stand es auch frei in den Rittergutswaldungen Streu zu holen und zu Reparaturen ihrer
Gebäude, ausgenommen bei Brandschaden, Bauholz
von der Herrschaft zu be-
Bauer und Gutsherr in der Oberlausitz,
1957 W.Boelcke S.115
8
Nebenbetriebe
Gaußig
des
Rittergutes
Vom Salzschenken zu Gaußig!
Die Verteilung und der Verkauf von Salz war in früheren Zeiten eine gewichtige Angelegenheit. Eine der ersten Arbeiten des neugebildeten Gemeinderates 1840
galt der Versorgung der Gemeinde mit Salz. Die Niederschriften im Gemeindebuch lautet In Gegenwart des
unterzeichneten Protocollanten. des Gemeindeältesten
Stiebitz, des Schlossers Benofsky, des Töpfers Fischer,
Bauerngutsbesitzer Kluge und Gartennahrungsbesitzer
Bayer, wurde heute folgendes verhandelt und beschlossen:
1. Wegen der Versorgung der Komun Gaußig mit dem
benötigten Kochsalz in Zukunft es so gehalten werden
solle, daß das nötige Quantum Salz in Gemeinschaft
und zur Verteilung erholt, die Armen aber dadurch
versorgt werden, daß ein halber Scheffer Salz im Vorrat
bleibt, welcher einstweilen aus der Armenkasse bezahlt
wird. (Weil die ärmere Bevölkerung das ganze Quantum nicht bezahlen konnte.)
2. Das dasselbe aus der Niederlabe in Bautzen erholt
werden solle.
3. Daß dem zeitherigen Salzschenken Christian Zenker, sowohl die Verteilung des Salzes, als auch der
Salzschank vor der Hand auf Ungewisse Zeit überlassen
bleibe, wobei sowohl der Gemeinde als auch dem pp
Zenker gegen vierteljährige Kündigung freistehen solle
die Verhältnis auszuheben.
4. Dem Salzverteiler wird für Fuhrlohn, Säcke und jede
sonstige Bemühung etwa, nicht mehr als 8 Groschen
pro Scheffel Provision bewilligt. Und hat derselbe die
Metze Salz 8 Pfund Kramergewicht, das Mäs'chen mit 2
Pfund auszuwiegen.
5. Der nächste Eintrag aus dem Jahre 1841 bemerkt, daß
dem Christian Zenker eine Schnellwaage mit einer
blechernen Mulde aus Gemeindemitteln angeschafft
und zum Gebrauch übergeben worden ist. Genannte
Waage ist Eigentum der Gemeinde und Inventarium des
jeweiligen Salzschenken oder Salzverteilers.
Die Molkerei
Letzer Molker, Paul Wölfle, bis 1920.
Neben Butter wurde auch Käse
hergestellt.
Die Brauerei:
Jährlicher Bierausstoß 992 Hektoliter Bier.
Letzter Brauer Max Nitsche, bis 1940.
Zur Brauerei gehörte auch eine Gastwirtschaft. Im
Gaußiger Kirchenbuch wird 1779
erstmalig ein Brauer und Mälzer
Riedel aufgeführt. Ältere Bürger
erzählen, daß das Gaußiger Bier in
der Pflaumenzeit nicht gut geschmeckt habe. Das Gaußiger Urbarium erwähnt,
daß die Gaußiger ihr Bier von der Brauerei in Gaußig beziehen mußten. Auch Diemen war dazu verpflichtet. Die Felder der Brauerei befanden sich
rund 2 Kilometer entfernt an der südöstlichen
Parkecke, an der Flurgrenze von Diehmen«
Die Brennerei:
Die jährliche Leistung betrug 30.000 Hektoliter.
Verarbeitet wurden je nach Stärkegehalt 3 bis 5
Tausend Zentner Kartoffeln. Die Brennerei wurde
1950 abgerissen. Letzter Brennmeister war Richard
Proske.
Die Gärtnerei:
gez. Rothe, Gemeinde Vorstand
Erzeugt wurden Gemüse
und Blumen.
Letzter Gärtner, bis 1945,
Gärtnermeister Hirse.
Gaußig im Volksmund
Die Schäferei:
Von Gaußig erzählt man in Bautzen folgenden Spruch:
Aus Gaußig kommt
kein guter Wind und selten auch
Auf Brösanger Flur gelegen. Die Schafhaltung
wurde aber nur bis ca. 1900 betrieben.
ein gutes Kind.
Mit dem Wind ist der allgemeine Süd-West-Wind gemeint, der oftmals Niederschläge zur Folge hat
9
Gaußiger Ärzte im 20. Jahrhundert
Das Arztwesen
Gaußig und Göda sind zwei alte Arztdörfer in der
Lausitz. Aber noch ist es nicht gelungen festzustellen, seit wann ein Arzt in Gaußig ansässig ist. Aber
man weiß, daß es früher einen Bader und auch einen Chirurgus im Orte gab. Dieses waren aber keine Männer mit Hochschulbildung. Der erste, dessen
Namen uns bekannt ist hieß Christian Michael Alberty.
Im Urbarium von Gaußig aus dem Jahre 1769, in
welchem die Einwohner mit ihren Pflichten und
Rechten verzeichnet sind, erscheint auch Alberty
als Bader und Chirurgus. Darin wird er als erblicher
Hausbesitzer bezeichnet, der jährlich 3 Thaler und
12 Groschen Erbzins zu zahlen hat. Von sonstigen
Diensten, Steuern, Einquartierungen und Abgaben
sei er frei. Er wird aber als Mensch anerkannt, der
mehr weiß und leistet als andere Mitmenschen.
Gewohnt hat er wahrscheinlich im Ziegendorfe,
denn es wird erwähnt, daß er aus dem hinter seinem
Hause vorbeigehenden Fließe (Rieglitz), nur Wasser schöpfen darf. (Die Forellen darin waren wahrscheinlich nur der Herrschaft vorbehalten). Gestorben ist er am 28. Mai 1772, nachdem er ein Alter
von 70 Jahren und 1 Monat erreicht hat.
Dr. Peschek
praktizierte bis in die 30er Jahre.
War führend im Jungdeutschen
Orden tätig.
Dr. Nellen
war bis Ende des Krieges als
sehr geachteter Arzt tätig. Starb an einer Lungenentzündung, da er trotz hohem Fieber
noch Krankenbesuche machte. Starb mit 34
Lebensjahren.
Dr. Weltzin
Übernahm während des Zusammenbruchs
1945 die unbesetzte Arztstelle als junger entlassener Militärarzt. Hat sich sehr um die völlig
mittellosen Heimatvertriebenen bemüht.
Dr. Bahr
Seit 1952 im Amt. War ein hervorragender
Landarzt, der zu jeder Tages- und Nachtzeit
im Einsatz war. In den ersten Jahren, als an
eine Motorisierung nicht zu denken war, besuchte er zu Fuß die Schwerkranken in seinem Arbeitsbereich. Alle seine Patienten kannte er namentlich (er schrieb auch mal jemand
für einige Tage krank, damit er die Spiele um
die Fußball Weltmeisterschaft im Fernsehen
verfolgen konnte).
Med. prakt. Rothe, 1848
Es vergehen wieder Jahrzehnte, bis wir wieder von
einem Arzt erfahren. Da er als Medicus prakt. bezeichnet wird, scheint er studiert zu haben. Sein
Name steht in dem Protokoll, das der Gemeindevorsteher Steudtner über die Ereignisse des Jahres
1848 verfaßte. Es werden darin die Männer von
Gaußig aufgeführt, die dem Vorstand der Comunalgarde angehören. Rothe muß ein schreibgewandter Mann gewesen sein, denn er verspricht, das Gesuch zur Gründung an die Köngliche Amtshauptmannschaft in Budissin schriftlich anzuzeigen.
Dr. Schulz
Seit einigen Jahren haben wir nun einen jungen tüchtigen Arzt im Ort, der seit der Wende
nun freiberuflich tätig ist.
Königlicher Besuch in Gaußig
Der letzte König der Sachsen, Friedrich August III. kam
alljährlich zur Rehbockjagd nach Gaußig. Er kam auch
noch von Sybillenort bei Breslau, wo er seit seiner Absetzung 1918 wohnte, nach Gaußig. Als er das letzte
Mal im Schloß war, gab es wie üblich, am Abend ein
Jagdessen. Alles wartete, bis Majestät die Konversation
eröffnen würde. Friedrich August begann:
Doktor Otto
Nach einem reichlichen halben Jahrhundert begegnen wir in Gaußig wieder einem Arzt. Er wohnte in
dem Grundstück der heutigen Fleischerei. Er war
es, der die erste Straßenlaterne vor der Kirche aufstellen ließ. Der damalige Landarzt fuhr noch mit
Pferd und Kutsche zu seinen Patienten über Land.
"Frau Gräfin, heute war es kalt draußen. An die Füße
habe ich aber nicht gefroren - ich habe nämlich
Schweeßbeene!"
Diese Anekdote ist nicht erfunden, sie wurde am nächsten Tage von Teilnehmern des Essens erzählt.
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to oder Motorrad leisten konnten, z.B. der Arzt
Dr. Peschek.
Erst nach dem zweiten Weltkriege begann in
den 50er Jahren die allgemeine Motorisierung.
Vor allem die der Zweiradfahrzeuge. Es begann mit dem Fahrradhilfsmotor, dem Moped
und dem Motorrad. In den 60er Jahren wurde
dann auch das Auto aktuell. 1962 gab es in
Gaußig 26 PKW, 5 LKW. 116 Kräder, 102 Mopeds und 5 Zugmaschinen. Insgesamt 261
Fahrzeuge mit Volksgut. Die beiden früheren
Tankstellen im Ort. bei Karl Schneider und
Walter Pietsch, sind nach 1945 nicht wieder
eröffnet worden. Zur Unterstützung der Polizei
und vor allem der Kraftfahrer selbst, gibt es ein
Verkehrssicherheitsaktiv. Dieses Aktiv führt
von Zeit zu Zeit Verkehrsschulungen durch,
kümmert sich um die Aufstellung von Verkehrszeichen und führt jährlich die Überprüfung der Kraftfahrzeuge durch.
Die Elektrizität in Gaußig
Unser ganzes Leben ist eng mit
der Elektrizität verbunden. Wie
hilflos und verbittert waren die
Menschen, als nach dem
2.Weltkrieg, in den ersten nachfolgenden Jahren, die erzeugten
Strommengen nicht ausreichten
und des öfteren Stromabschaltungen vorgenommen werden
mußten. Viele Kraftwerke waren zerstört und mußten erst
wieder aufgebaut werden. Als
Werner von Siemens im Jahre
1866 die Dynamomaschine
erfand, konnte er nicht ahnen,
was für einen Nutzen die Elektrizität der Menschheit brachte.
In Gaußig selbst vergingen noch mehr als 40 Jahre,
bevor die Elektrizität im Orte Einzug hielt. Erst im
Jahre 1908 erhielt Gaußig Anschluß an das Stromnetz. Lieferant des Stromes war das Elt-Werk in
Bautzen.
Und wiederum dauerte es nochmals 50 Jahre, bis
auch das letzte Haus im Ort den Stromanschluß erhielt. Es war das Haus Pakosnick Nr. 14 im Jahre
1962.
Vorerst wurde der Strom nur zur Beleuchtung der
Räume im Hause genutzt. Später wurde auch der
Kraftstrom zum Betreiben der Maschinen genutzt.
Eine Straßenbeleuchtung wurde erst nach dem ersten Weltkriege installiert. Zuvor gab es nur eine
Petroleumlaterne vor der Kirche. 1957 wurde die
Straßenbeleuchtung erneuert und nun brennen des
nachts in Gaußig 24, in Golenz und Günthersdorf
je 5 und in Zockau 3 Straßenlaternen. Von Jahr zu
Jahr wächst der Stromverbrauch und immer mehr
elektrische Geräte werden in Gebrauch genommen.
Seit 1955 hat auch die Kirche eine elektrische Beheizung. Auch das lästige Bälgetreten für die Orgel
übernimmt ein Elektromotor. Für das Läuten der
Glocken ist seit 1960 ebenfalls eine elektrische
Anlage vorhanden.
Schon vor dem Kriege bestand eine Buslinie
nach Bautzen. Nach dem Kriege wurde diese
Linie bis Bischofswerda erweitert. Außer dieser
Linie verkehren noch viele Arbeiterbusse für
die Schichtarbeiter nach Bautzen, Kirschau
und Wilthen.
Täglich fahren auch die Schulbusse für die
Kinder der Zentralschule Gaußig.(1963)
Die Wasserversorgung (1963)
Trotz vieler Fortschritte gibt es in Gaußig noch
keine zentrale Wasserversorgung. Allerdings gibt
es mehrere Leitungen. Eine davon versorgt das
Schloß. Ihr Hochbehälter liegt am Hange des
Fuchsberges. Das Volksgut bezieht sein Wasser
aus dem sogenannten Brückerch, in der Flur
Naundorf. Eine dritte Leitung, die nur die Brauerei
versorgte, ist inzwischen verfallen. Ihre Quelle lag
auf Diehmener Flur, sie hatte Rohre aus Holz,
welche die jeweiligen Brauer selbst bohrten. Viele
Haushalte haben eine eigene Wasserversorgung
aus einem Brunnen. 1959 gab es in Gaußig 26, in
Günthersdorf 8, in Golenz 5 und in Zockau ebenfalls 5 dieser Anlagen.
Motorisierung
Als vor dem ersten Weltkrieg die Motorisierung ihren Anfang nahm, war der erste Besitzer eines Automobils im Ort der Graf Schall.
Natürlich fuhr er nicht selbst, sondern hielt
sich einen Fahrer (es war sein langjähriger
Kammerdiener König).
Nach dem ersten Weltkrieg gab es nur einen
kleinen Kreis Bessergestellte, die sich ein Au
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Der Theaterring (1963)
Eine Einrichtung der Nachkriegszeit ist auch der Theaterring. In
den 30er Jahren wurde zwar schon
einmal Ähnliches versucht, doch
war es nur von kurzer Dauer. Jetzt
fährt der Theaterbus die Teilnehmer zu den Vorstellungen nach
Bautzen. Durch die Programmhefte ist jeder vorher informiert.
Spieltag ist jeweils der erste Dienstag im Monat.
Die Teilnehmerzahl schwankt um die 60 Personen
herum. Geboten werden Schauspiele, Opern, Operetten und Konzerte.
Ein Gaußiger gründet den Steinbruch am
großen Jungfernstein
1840 wurden auf dem großen Jungfernstein
(Naundorfer Flur), von Ackermann aus Gaußig
und Heide aus Tröbigau, am Tröbigauer Berge,
ständige Bruchstätten errichtet und damit der
Grund zu dem heutigen blühenden Steinbruchgewerbe am Klosterberg gelegt.
(Unsere Heimat - Beilage zum Sächsischen Erzähler vom 6.7.1936)|
Den Anstoß zum Steine brechen gab der Eisenbahnbau Dresden - Görlitz. Die große Demitzer
Eisenbahnbrücke ist nur aus Granitsteinen erbaut.
Im Bericht über die Gaußiger Communalgarde
vom Jahre 1848 taucht Frau Steinmetzmeister Akkermann unter den Namen auf, welche die Fahne
der Communalgarde stickten. Ackermann besaß
eine Wirtschaft, das jetzige Forstamt in Gaußig.
Die granitenen Säulen am Eingang, geben heute
noch Zeugnis von Steinmetzmeister Ackermann.
Es wird berichtet, daß Ende der 20er Jahre dieses
Jahrhunderts der Graf Schall-Riaucour Gelände am
Jungfernstein zur Eröffnung eines neuen Bruches
abgetreten habe, und die Arbeiter ihm zum Dank
das granitene Eingangstor an der Nordseite des
Schloßparkes, gegenüber der Schule, errichtet
hätten.
Volksgut-Chor
In den 1950er Jahren gab es auch
einen großen gemischten
Chor,
welcher von dem
Bürger G.Miedl mit
Namen geleitet wurde. Der Chor gab auch öffentliche Konzerte, die immer stark besucht waren und
großen Anklang fanden. Nach dem Wegzug des
Dirigenten ist dann leider auch der Chor aufgelöst
worden. (Bem.2011: Gerd Miedl lebt noch heute in
Günthersdorf – Wegzug? Nachtrag: † 2012)
Einige Ereignisse der jüngeren Vergangenheit, die es wert sind, der Vergessenheit entrissen zu werden
Freundeskreis der Musik
Ein kleiner Kreis Interessierter an klassischer Musik hat sich in den 70er Jahren
zusammengefunden. Mehrmals im Jahr
finden Konzerte im Spiegelsaal des Schlosses unter Mitwirkung namhafter Künstler
statt. (Leitung über 25 Jahre: Hans Rausendorf, später Dr. Weißig, Zahnarzt.)
Karl (wahrscheinlich Erich) Müller
Schrankenwärter am Bahnübergang nach Medewitz, rettete 1958 einem kleinen Jungen das
Leben, indem er ihn wenige Meter vor dem
durchfahrenden Zuge von den Schienen holte.
Wilhelm Jahns
Angestellter der Reichsbahn auf dem Bahnhof
in Seitschen .1961 verhinderte er durch seine
schnelle Handlungsweise ein großes Zugunglück. Damals, das zweite Gleis war noch demontiert, mußten des öfteren Züge an Bahnhöfen auf das Rangiergleis geleitet werden, um
den Gegenzug vorbeizulassen.
An diesem bewußten Tage bemerkte W. Jahns
im letzten Moment, daß der Fahrdienstleiter die
Weiche für den aus Dresden kommenden Güterzug noch nicht gestellt hatte. Für den aus
Bautzen kommenden Schnellzug war aber
Imker in Gaußig (1963)
Die Imker sind in einer eigenen Sparte zusammengeschlossen. Dazu gehören die Orte Gaußig, Naundorf, Cossern, Zockau, Golenz, Katschwitz, Weißnaußlitz, Dretschen und Drauschkowitz. Die Mitglieder dieser Sparte betreuen etwa 500 Bienenvölker. Als bisher günstigstes Jahr wird 1963 bezeichnet. Infolge der chemischen Unkrautbekämpfung
wird darüber geklagt, daß die Honigerträge früher
größer waren und nun nicht mehr erreicht werden.
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freie Durchfahrt gegeben. Jahns betätigte geistesgegenwärtig aus eigenem Entschluß die
Bahnhofsweiche und leitete den Güterzug auf
den Prellbock. Der Lokführer leitete noch eine
Schnellbremsung ein. Trotzdem wurde der Prellbock weggerammt. Für den Schnellzug konnte
die Durchfahrt noch im letzten Moment gesperrt
werden. Seine Weiterfahrt mußte er dann zurück
nach Bautzen und über Wilthen fortsetzen
Stiebitz. Zwei Höfe lagen hinter der Mühle und ein
Hof im jetzigen Hänselschen Garten. Die Mühle
selbst wurde vom Grafen Kayserling erbaut. Bis
1945 befand sich am Südgiebel das Kayserlingsche
Wappen. Törichterweise wurde es damals als Zeichen des Feudalismus entfernt. Ein Mühlenbesitzer
hatte diese Wassermühle an die Gutsherrschaft verkauft.
Die letzten Besitzer hießen Heber, Haaser und Wilhelm Kästner. Vom Letzteren kaufte die Herrschaft
die Mühle für 10.000 Taler zurück. Vor allem war
der Herrschaft an den Feldern gelegen, die mitten in
den Rittergutsfluren lagen, dadurch verhinderte man
auch, daß sich der Wasserkraft wegen Industrie
ansiedelte. Der zur Mühle gehörende Mühlteich
besteht heute noch. Er befindet sich in Günthersdorf.
Auch in den umliegenden Dörfern wurden bei Gelegenheit Fluren und vor allem Wälder aufgekauft,
sodaß eine zusammenhängende Waldfläche um
Gaußig herum entstand.
Vor allem nach Schadenfeuern trat die Herrschaft
sofort mit günstigen Angeboten auf den Plan, indem
sie den Besitzer erst sein Bauholz schlagen ließ und
dann mit einem günstigen Preise aufwartete.
Freilich muß man auch anerkennen, daß durch eine
geregelte Forstwirtschaft die Wälder in unserer
Gegend in sehr gutem und gepflegtem Zustand waren.
In Diehmen z.B. hatte die Gaußiger Herrschaft im
Laufe der Jahrzehnte sämtliche Bauernwälder aufgekauft. Lediglich der Bauer Haufe behielt seinen
Besitz und lag mit seinen Waldflächen mitten im
gräflichen Forstbesitz.
Kurt Löhnert
Er kam 1948 aus russischer Kriegsgefangenschaft. Es war Herbst und er kam des Nachts auf
dem Bahnhof in Seitschen an. Wohlgemut strebte er den bekannten Weg seinem Heimatdorfe zu.
Es war ihm aber nicht bekannt, daß der Brückenbogen hinter dem Bahnhof nach Zockau gesprengt war.
Der Durchgang war nur durch einige Pfähle gesperrt worden und genau durch eine solche Lücke trat K.Löhnert in dieser mondlosen Nacht
auf die Brücke. Im letzten Moment gewahrte er
vor sich gähnende Finsternis. Einen Schritt weiter und er hätte sich 6 Meter in die Tiefe gestürzt.
Die verhinderte Entwicklung von
Gaußig
Gaußig konnte sich nie richtig entwickeln. Alle Besitzer des Schlosses bzw. des Gutsbezirkes waren
weitblickend, daß die Gutsarbeiter und Untertanen
nicht abwanderten. So wurde z.B. verhindert, daß
die Eisenbahnstrecke Dresden-Görlitz 1840 wie
zuerst vorgesehen, seitlich von Cossern, Günthersdorf, Gaußig, Katschwitz, Neudrauschkowitz geführt wurde.
Bei dieser geplanten Streckenführung wäre ein großer Teil des Grundbesitzes der Herrschaft geteilt
worden. Ferner wäre es durchaus möglich gewesen,
daß sich irgendwelche Industrie in der Nähe der
Bahn angesiedelt hätte und der Arbeitermangel in
der Landwirtschaft könnte sich vergrößern. Auf die
Einwohnerschaft wurde keine Rücksicht genommen. Autos und Fahrräder gab es noch nicht. Dafür
konnten sich die Herrschaften in ihren Kutschen zur
Bahn fahren lassen. Auf dem Bahnhof in Seitschen
gab es dafür extra ein Wartezimmer erster Klasse
mit Polstermöbeln. In Gaußig selbst wurden passende Grundstücke aufgekauft. So kaufte man die
Ackermannsche Wirtschaft, wo jetzt das Forstamt
und das Hofearbeiterhaus steht. Ebenso die
Neumannsche Schmiede mit dem Grundstück, wo
jetzt das Rentamt steht mit dem dahinterliegenden
Gärtnereiland. Ebenso wurde auch in Klein Gaußig
viel Land von der Herrschaft aufgekauft. Die Catasternummem 8,9 und 10 waren früher größere Güter.
Ihre letzten Besitzer waren Löhnert, Noack und
Anmerkung von H.Marschner: Dieser Abschnitt stammt bestimmt aus der Feder von
R.Jatzke. Er hatte als Bürgermeister viel mit der
Herrschaft zu tun und besaß großen Einblick in
alle Akten. Zwischen der Grafschaft und den
umliegenden Orts-Obrigkeiten herrschte immer
ein gutes und gerechtes Verhältnis. Von beiden
Seiten wurden stets die beiderseitigen Pflichten
und Rechte beachtet. Die umliegenden Bürgermeister hatten ja des öfteren mit den gräflichen
Beamten, dem Forstmeister, dem Oberinspektor
und dem Rentmeister zu tun. Hatten sich beide
Seiten aber mitunter festgefahren, dann wurde
das Problem letztendlich vom Grafen selbst gelöst, indem ein Kompromiß gefunden wurde,
der beide Seiten zufriedenstellte.
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Die Gaußiger Kirche
Kirchliche Gebühren nach dem Gesetz vom l.
Januar 1877
Die alte Kirche, seit etwa 1400 genannt, wird 1873
abgerissen, hatte drei Altäre, zunächst der heiligen
Dreieinigkeit und der hl. Barbara, die zu Anfang
des 15. Jahrhunderts gestiftet wurden. Dann den
1489 gestifteten des hl. Martin. An Stelle des hölzernen Dachreiters wurde 1792 ein steinerner Turm
erbaut Seine, von einem Sturme 1794 herabgeworfene Haube, erhielt er erst 1802 wieder. Die
Kirche wird als länglich schmaler Bau mit Schindelbedeckung
geschildet.
Biblische
Bilder
schmückten die Decke, Leichensteine, Epitaphien,
Totenschilder und Fahnen das bunte Innere. Alles
wurde 1828, auch Kanzel, Altar und Taufstein,
übertüncht durch Ausweißen. Die neue Kirche
wurde an Stelle der bis auf den Turm abgebrochenen alten Kirche von 1873 -1874 nach Plänen
von August Schramm aus Zittau erbaut.
Infolge des Gesetzes erhält der Pfarrer für alle und jede Mühewaltung
ein jährliches Fixum von 2.800 Mark in monatlichen Raten von den
Kirchenkasse ausgezahlt.
Der Kirchenschullehrer dagegen 730 Mark jährliches Fixum, ebenfalls in monatlichen Raten aus der Kirchenkasse.
Es hat mithin niemand mehr mehr ab 1.1.1877 eine Gebühr für kirchliche Handlungen an den Herren Geistlichen zu zahlen. Die Gebühren
fließen von nun an in die Kirchenkasse und es sind die Gebühren bis
auf weiteres vom Kirchenvorstand festgesetzt worden:
Taufen
Gurlitt, S.58/59 Bau und Kunstdenkmäler des Königsreiches Sachsen.
eine Haustaufe mit Rede
20.00 Mark
eine Haustaufe ohne Rede
10.00 Mark
gewöhnliche Taufe in der Kirche, ohne Rede
umsonst
Trauungen
Die Kirchenturmkugel als Zielscheibe
eine Trauung I. Grades
30,00 Mark
Im Jahre 1930 wurde festgestellt, daß die Kugel auf
dem Kirchturm einige Löcher aufwies. Die Täter
blieben zunächst unbekannt. Der Kirchenvorstand
setzte eine Belohnung von
50 Mark aus und gab diesen Beschluß in der Tageszeitung bekannt. Im Dorf
selbst hatte niemand diesen
Vorgang beobachtet. Aber
ein Eisenhändler aus Eibau,
hatte beobachtet, daß zwei
Söhne des Grafen mit dem
Tesching darauf geschossen hatten. Als er die Notiz
in der Zeitung gelesen hatte, meldete er es bei der
hiesigen Polizei. Es soll gräfliche Hiebe gesetzt
haben. Die Reparatur kostete 700 Mark.
eine Trauung II. Grades
20.00 Mark
eine Trauung III. Grades
10.00 Mark
gewöhnliche Trauung
umsonst
Comunion
Privatcomunion einer Familie in der Kirche
10.00 Mark
Eine Krankencomunion
1.00 Mark
Für den Konfirmantenunterricht eines Kindes
l.00 Mark
Für ein Zeugnis jeder Art
1.00 Mark
Für jeden Fall und darüber
0.50 Mark
Ein Sühneversuch mit Erfolg
umsonst
Ein Sühneversuch ohne Erfolg
15,00 Mark
Außer vorgemerkten Sätzen ist noch zu zahlen
extra für Gedächtnis läuten
2.00 Mark
für die Grabstelle
0,38 Mark
für Leichentuch, das Neue
0.50 Mark
für das alte Leichentuch
0.12 Mark
August Steudner
Gem. Vorstand
Gaußigs Krieger-Ehrenmal
Das Kriegerdenkmal für die gefallenen Helden des Weltkrieges 1914 bis1918 wurde auf dem ehemaligen
Friedhof neben der Kirche im Jahre 1921 errichtet. Vertreten sind die Orte Gaußig, Günthersdorf, Golenz,
Diehmen, Medewitz, Cossern, Zockau und Drauschkowitz. Auf den vier Kupfertafeln sind 88 Namen verewigt, 21 alleine von Gaußig.
Für die Gefallenen des 2.Weltkrieges wurde ein Ehrenbuch mit den Daten ihres Todes angelegt. Es liegt in
der Vorhalle der Kirche aus. Jeweils ist die Seite aufgeschlagen, in welcher Woche die jeweiligen Soldaten
gefallen sind.
14
Die Gaußiger Pfarrer
Der Gaußiger Friedhof
Katholische Pfarrer
Ein Stück Geschichte der Heimat vermittelt uns auch ein
Gang über den Friedhof. Der Tod kommt nicht immer als
Erlöser. Alt und jung finden hier ihre letzte Ruhestätte.
Wer hätte nicht mit jener Mutter getrauert, die ihr Kind
zum ersten Schultag schickt und welches auf dem Heimwege durch einen Lastwagen den Tod fand. Sein erster
Schultag war auch der letzte. Durch Mörderhand, erschossen, ein junges blühendes Mädchen aus Naundorf.
Der Spruch auf dem Grabstein zeugt vom Schmerz der
Eltern. Ebenfalls durch Mörderhand, die Täter wurden
nicht gefaßt, starben am Bahnhof Seitschen 1947 zwei
Polizeier. An die Kämpfe gegen Ausgang des Krieges,
die auch Gaußig nicht verschonten, erinnern zwei verrostete Stahlhelme auf zwei Kriegsgräbern. Einstmals ruhten
hier auch einige Engländer, diese Gräber wurden dann
aber exhumiert und auf einem Sammelfriedhof beigesetzt. Wer als Fremder den Gaußiger Friedhof durchwandert, dem fällt auf, daß bei den Verstorbenen der Nachkriegszeit oft ein schlesischer oder sudetendeutscher
Name als Geburtsort angegeben ist. In den letzten Kriegsjahren und nach dem Kriege wurden viele Menschen aus
ihrer angestammten Heimat vertrieben, und die hier ihre
letzte Ruhestätte fanden.
Gleich am Ende des ersten Querweges findet man ein
Grab, das über die Zeit hinaus erhalten geblieben ist.
Michael ROSTOCK steht auf der Tafel. Er starb als Lehrer im Jahre 1893. Sein Name hat unter den Fachleuten
der Botaniker einen guten Klang noch heute. Mehr als 40
Jahre lebte er bescheiden als Dorfschullehrer in Dretschen.
Unermüdlich durchstreifte
er die Natur der näheren
Heimat, besonders im
Gebiet des Pichoberges
und erforschte die Pflanzenwelt.
Er
korrespondierte mit Universitäten und Gelehrten, seine
Verbindungen reichten bis
nach Wien und Amsterdam. Er war gebürtiger
Sorbe, sein Verdienst
bestand auch darin, daß er die wissenschaftliche sorbische Sprache schuf.
Pfarrer Albertus um 1376
Pfarrer Nicolaus de Drebisco nach 1376
Pfarrer Hermanus 1408
Pfarrer Johannes Lessintrunk um 1422
Pfarrer Pameratius Ende des 15. Jahrhunderts, er
errichtete den Altar des heiligen Martinus
Pfarrer Lucas Kechnicht um 1531, er war gleichzeitig Altarist am Altar Maria Magdalene in Göda
Pfarrer Johannes Grunav - er verkaufte die Gaußiger Hundesude an den Rat der Stadt Löbau für
100 Thaler
Pfarrer Jakob Baro um 1550
Pfarrer Lucas Jentzsch zur Zeit der Gaußiger
Kirchenvisitation 1559, von Visitatoren und Feinden viel geschmäht.
Pfarrer Andreas Jentzsch (Bruder) gestorben
1583 Pfarrer Georgius Fabricillus bis 1596
Pfarrer Andreas Lehmann Parochus von Gaußig
bis 1611
Pfarrer Martin Mättig 1610 -19, letzter katholischer Geistlicher
Evangelisch-Lutherische Pfarrer
J. Christian Praetorius -1647 bis 1661
Georg Just-l 661 bis 1665
Carl Zacher-1666
Carl Sigmund Bliesenig -1666 bis 1682
M. Abraham Frenzel -1684 bis 1686, hervorragender Oberlausitzer Historiker und Sprachenforscher)
Johan Ast-1686 bis 1690
Johannes Richter -1690 bis 1706
Matthäus Rheinisch -1706 bis 1743
Andreas Noack -1744 bis 1780
Gottlob Ehrenfried Noack -1780 bis 1810, Sohn
des Vorigen
Peter Krahl -1811 bis 1816
Johann Domaschke -1817 bis 1841
Georg Ernst Mros -1842 bis 1870
Carl August Jaeckel -1871 bis 1884
Andreas Miethe -1884 bis 1890
Johan Georg Handrick -1890 bis 1926
Harald Niedner -1927 bis 1945, Missionar in Brasilien
Waltsgott-1945bisl951
Pahler-1951 bis 1971
Bauer-1971 bis 1979
Frey -1979 -
Der Friedhof im Schloßpark
Im Park befindet sich ein kleiner Friedhof für die
Grafschaft Gaußig. Angelegt wurde er im vorigen
Jahrhundert. Daß er nicht voll belegt ist, liegt auch
daran, daß viele Mitglieder der gräflichen Familie in
aller Welt den Tod gefunden haben. So ist von der
letzten Familie Schall-Riaucour nicht ein einziges
Mitglied (doch, Josef 1944) auf dieser Ruhestätte
beigesetzt.
15
Alte Sagen um das Schloß Gaußig
SAGEN
Die versunkene goldene Kutsche auf dem Wege nach Golenz: Sie soll in alten Zeiten
auf der Fahrt von Gaußig nach
Budissin im Nebel vom Wege
abgekommen sein und im
Sumpf versunken sein.
Weiter erzählte man früher, daß es einen unterirdischen Gang vom Schloß nach außerhalb gegeben
habe.
Die Sage vom Raubschloß
(Die wilden Rosen vom Gickelsberg)
Ein Ritter des Raubschlosses hatte zwei bildschöne
Töchter, welche mit den Landleuten in liebreicher Weise
verkehrten.
Ihr Hauptvergnügen bestand darin, daß sie allsonntäglich
im benachbarten Naundorf erschienen, um daselbst im
Gasthaus mit den jungen Burschen nach Herzenslust zu
tanzen.
Die Burgfräuleins trugen einfache Kleidung. Von ihrem
flachsblonden Haar, das stets mit wilden Rosen durchflochten war, wallte ein weißer duftiger Schleier hernieder. Um den Hals hatten sie immer eine mehrgliedrige
Kette von Hagebutten gewunden.
Bei vorgerückter Zeit begaben sie sich auf den Heimweg.
Sie ließen sich dabei gern von den schönsten und gewandtesten Tänzern begleiten und reichten denselben
zum Abschied am Burgpförtchen je ein Hainröschen, das
sie aus ihrem Haar herausnestelten, zum Lohne.
Aus der Schar der Bauernburschen erkoren sich die beiden wilden Rosen vom Gickelsberg, oder, wie sie das
Volk allgemein nur nannte, die "Fröl‘ns", auch ihre Bräutigame.
Doch vor der Vermählung brach ein Krieg über das Land
herein. Das Schloß des alten Ritters wurde zerstört und
er, samt seinen Töchtern, wurde enthauptet.
Nun umschweben ihre Schatten Sonntagabend, wenn
drunten von Naundorf leise die Klänge der Musik herauftönen, die Trümmer der Burg, und blicken sehnsüchtig
hinunter ins Tal. Schon mancher, der nachts nach Neukirch wanderte, will sie gesehen haben, wenn sie unter
schmerzlicher Gebärde mit ihren schönen weißen Fingern
nach dem Halse zeigten, wo an Stelle der Hagebuttenkette der Blutstriemen des Henkerschwertes sichtbar war.
(In dieser Sage spiegelt sich das ganze Sehnen der einst
so in Mißachtung lebenden unterdrückten Landbevölkerung nach einem Ausgleich der unüberbrückbaren Rangunterschiede wieder).
Die weiße Frau im Park
In der Mitternachtsstunde soll im Park eine weißgekleidete Frau herumgeistern. Sie wartet darauf erlöst
zu werden.
Ein Bauer aus Diehmen, (mein Großvater – von
Helmut Marschner -), behauptete mir gegenüber,
diese Frau gesehen zu haben. Im Jahre 1916 hatte er
eine Fuhre Bienenvölker nach der Heide zur Bienentracht gefahren. Auf der Heimfahrt kam er
nachts in der "Geisterstunde" am Park vorbei, wobei
hinter dem Schwanenteich etwas weißes auf ihn
zugeschwebt gekommen sei. Das Pferd sei daraufhin durchgegangen und er hatte große Mühe es wieder zu beruhigen.
H. Marschner
Eine lustige Begebenheit
Vor dem zweiten Weltkriege saß einmal eine Runde
fröhlicher Zecher im Gasthof Gaußig beieinander.
Unter ihnen auch ein Einwohner aus Golenz. Natürlich kamen auch Gespenstergeschichten zur Sprache, auch die von der weißen Parkfrau.
Einige Spaßvögel besprachen sich heimlich, den
Golenzer Tischgenossen auf seinem Heimwege zu
schrecken.
Einer von Ihnen lauerte ihm, mit einem Bettlaken
umhüllt, auf seinem Heimwege auf. Als der Golenzer dann im Park heimwärts strebte, kam das "Gespenst" auf ihn zu und sagte mehrmals "ich bin das
Parkgespenst" worauf dann die Antwort erfolgte:
"und ich bin der Hager Johann aus Golenz", worauf
man umkehrte und die Schlagfertigkeit nochmals
ausgiebig befeuchtete.
Erkenntnisse und Vermutungen des Chronisten Helmut Marschner:
Auf dem Hohen Hahn, südlich von Naundorf, befinden sich verwachsene Mauerreste. Ich nehme an, daß es eine Wehranlage
aus der polnischen Herrschaftszeit von 1002 bis 1031 war. Bestärkt werde ich darin, daß 1964 zwei Forscher von der Universität Krakau in Diehmen nach dem Fuchsberg fragten. Leider habe
ich erst später davon erfahren.
16
Jüngeren Datums ist sicherlich die folgende
Sage
Jahrmarkt in Gaußig
Wenn Gaußig auch zu den kleinen Orten zählt, so
hat es doch jährlich einen Jahrmarkt,- ja in früheren
Jahren sogar deren zwei. Graf Kayserling hatte
1750 Gaußig erworben, 1755 noch Crostau dazu.
Auf sein Bitten genehmigte der König, daß er gegen
Entrichtung von 2 Reichsthalern an die Landeshauptmannschaftliche Kasse in Bautzen, jährlich
zwei Jahrmärkte in Crostau abhalten durfte. Sein
Sohn bat 1766 um die Verlegung dieser Vieh- und
Jahrmärkte nach Gaußig. Da er aber im gleichen
Jahre Gaußig an Peter, Freiherr von Riaucour verkaufte, wurde sein Gesuch zunächst nicht erledigt.
Der Sohn, Andreas Graf Riaucour, erneuerte 1775
das Gesuch um Abhaltung zweier Märkte in Gaußig.
1776 wurde dieses Gesuch genehmigt. Dafür mußten noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts jährlich 2 Thaler, l Neugroschen und 7
Einst kehrte ein Musikant, der in Gaußig zum Tanz
aufgespielt hatte, mit einigen Thalern in der Tasche
nachts nach Neukirch zurück.
Als er auf dem üblichen Fußwege über die Bergwiese hinausgestiegen war und nun mutterseelenallein das Waldesdunkel betreten mußte, in welchem nicht weit entfernt das zerstörte Raubschloß
liegt, zog er vorsichtshalber den Nickfänger, oder
wie man in der Oberlausitz sagt, den "Einbögerich"
aus der Tasche. Mit gemessenen Schritten ging er
vorwärts. Da auf einmal ließ ihn der Schreck erstarrt
stehen bleiben, denn auf dem schmalen Waldwege,
unweit der Kreuzung, kam ihm eine weißverschleierte weibliche Gestalt entgegengewandelt, gefolgt
von einem großen Jagdhund. Deutlich erkannte er
beim Licht des letzten Mondviertels, welches matt
durch das Gezweig schimmerte, daß das Wesen
nach der Tracht der Gewänder, ein Burgfräulein
vom Gickelsberg war. Näher und näher schwebte es
heran. Jetzt sah er die Heckenröschen in dem hellblonden Haar, dann auch den roten Ring um den
weißen Hals. Dann nur noch ein Schritt - und er
fühlte sich am Arm angestoßen, worauf die Erscheinung plötzlich verschwunden war.
Pfennige an das Rentamt in Bautzen entrichtet werden.
Die Platz- oder Standgebühren gingen an die gräfliche Kasse.
Ein Jahrmarkt, das Datum konnte noch nicht ermittelt werden, ist vor der Jahrhundertwende weggefallen. Es handelt sich um den Viehmarkt, der jährlich
im Herbste stattfand.
In dem Kalender "Die Oberlausitzer Heimat" vom
Jahre 1921 steht im Markt- und Messeverzeichnis:
Gaußig, 2. Juli KuK-Krammarkt (Was war 1921 noch
Jahrmarktsrecht in Gaußig
Im August 1884 richtet die Gemeinde an die Königliche Amtshauptmannschaft in Bautzen, den aufgehobenen Herbstmarkt in Gaußig, für die Gemeinde
zu erwerben. Dieses Gesuch wird abschlägig beantwortet. Auch das Anerbieten der Rittergutsherrschaft, den Frühjahrsmarkt der Gemeinde zu überlassen, wird abgelehnt. Erst einige Jahre später wird
das Marktrecht auf die Gemeinde übertragen.
Bei der Prüfung der Gemeinderechnung wird 1894
unter Punkt III vermerkt:
Die Jahrmarktsrechnung weißt eine Einnahme von
160 Mark und 42 Pfennige und eine Ausgabe von
86 Mark und 82 Pfennige auf. Das bedeutet einen
Überschuß von 73 Mark und 60 Pfennigen.
Dieses Geld wird bei der Sparkasse in Bautzen auf
das Buch Nr. 116014 zinsbar eingezahlt. Das Vermögen der Jahrmarktskasse besteht zum Jahresabschluß 1894 in 208,37 Mark.
König- und Kaiserlich?)
Bis zum Jahre 1925 fanden die Märkte auf dem Platz
um die Kirche herum statt. Dann verlegte man den
Markt auf den inzwischen planierten Platz beim
Spritzenhaus. In der Nacht vom 24. zum 25.April
1925 brannte der Budenschuppen mit insgesamt über
100 Jahrmarktsbuden ab. Überhaupt waren die Märkte vor dem 2.Weltkriege recht umfangreich. Es gab
an die 80 Verkaufsbuden und an die 30 Stände. Die
Luftschaukel und Karusselle wurden stets auf der
Wiese zwischen der Gastwirtschaft zum "Sächsischen Artillerie Trompeter" (heute Haus Kallauch)
und der Töpferei aufgebaut.
Im Gemeindebuch vom 19. Januar 1883 steht ein
17
Eintrag, der sich mit dem Jahrmarkt befaßt:
Wegen dem Anerbieten des Herrn Grafen, den hier
seit Jahren stattgefundenen Jahrmarkt der Gemeinde zu überlassen ward Kenntnis genommen, aber
noch kein Beschluß gefaßt.
Als das Marktrecht noch der Herrschaft gehörte,
wurde der Markt auf dem Gutshofe abgehalten.
Jahrmarkt in Gaußig nach
dem 2.Weltkrieg
Gegen Ende der 50er Jahre versuchte man die alte
Jahrmarktstradition wieder aufleben zu lassen.
Doch infolge der allgemeinen Warenknappheit kam
kein rechtes Marktleben mehr auf. 1960 wurde das
Schul- und Heimatfest mit dem Markt verbunden.
1962 gab es infolge der Lebensmittelknappheit keine Würstchenbuden, auch keine Pfefferkuchen. Ab
dem Jahre 1963 fanden dann keine Märkte mehr
statt.
1961 waren an Schaustellern und Firanten anwesend:
Kettenflieger
Hans Zartel, Wilthen
Karussell
Günther Zartel, Ebersbach
Schiffsschaukel
Gustav Schubert, Bautzen
Ringwurfspiel
Erich Linke, Zittau
Schießhalle
Gretel Zartel, Ebersbach
Eishalle
Oskar Jung, Kirschau
Verlosung
Hans Zartel, Wilthen
Bierzelt
HO Bautzen
Pfefferkuchen
Scheiding. Pulsnitz
Spielwaren
Ledrich, Dresden
Kurzwaren
Maletzko, Gaußig
Kurzwaren
Freuchel, Wilthen
Textilien
Rochinschsky, Bischofswerda
Textilien
Wendler, Neukirch
Puppenspiel
Roharck, Freital
Aus der Geschichte unserer Heimat
Vor der Zeitenwende war unsere Heimat durch germanische Stämme besiedelt. Im Zuge der Völkerwanderung
setzten sich diese Stämme westlich ab. Ihnen folgten slawische Völkerschaften nach, welche ab dem 5. Jahrhundert die Gebiete bis zur Saale besiedelten.
Im Zuge der Christianisierung drangen dann die Franken
ab dem 8 Jahrhundert wieder nach dem Osten vor. Bis
zum Jahre 933 waren die Franken schon bis zur Elbe vorgedrungen. Dies ist auch das Entstehungsjahr der Burg
Meißen.
958 begann der Bau der festen Orte Budissin.
Um das Jahr 1000 dringen aber die Polen wieder bis zur
Elster vor.
Von 1018 bis 1032 kommt unsere Heimat unter polnische
Herrschaft Und am 2. und 3 .Februar findet die Hochzeit
der Tochter des Markgrafen Eckehardt, Odda, mit Boleslav von Polen, in der Schanze von Seitschen statt.
1032 endet die Polenherrschaft und unsere Heimat kommt
wieder zum Markgrafentum Meißen. In dieser Zeit beginnt auch die Besiedlung unserer Heimat mit deutschen
Menschen aus den westlichen Gauen. Im Jahre 1076 wird
die erste christliche Kapelle in Göda errichtet. Göda war
damals Pfarrort für 72 Dörfer im Umkreis.
In dieser Zeit entstanden auch die altbekannten Fußwege
oder Steige. All diese Fußwege haben sich bis nach dem
2.Weltkrieg erhalten. Erst mit der beginnenden Motorisierung und der großflächigen Landwirtschaft sind sie allmählich verschwunden und in Vergessenheit geraten.
Von 1420 bis 1436 hatte unsere Heimat sehr unter den
Raubzügen zu leiden.
1517 beginnt auch die Reformation in unserer Heimat Fuß
zu fassen. 1618 Beginn des 30jährigen Krieges. In diesen
Jahren tritt auch die Pest mehrere Male verheerend auf.
Auch unter den Kriegen Friedrichs des Großen und Napoleons hatte unsere Heimat zu leiden.
Bemerkenswertes aus dem vorigen Jahrhundert
1837 verklagte der Einwohner Ackermann die Gemeinde, weil sie ihm zur Verbreiterung des Dorfweges ein Stück Land genommen hatte.
1867 am 26 Juli tobte über Gaußig und Golenz ein
schweres Hagelwetter..
1870 wurde der Gaußiger Jahr- und Viehmarkt verboten, weil in Preußen die Rinderpest ausgebrochen
war. 1875 traten in Gaußig die Blattern auf.
1898 bei der Übergabe der Amtsgeschäfte des bis-
18
herigen Gemeindevorstandes August Steudner am
29.Dezember an den Klempnermeister K. Pietsch,
wird auch das Sparkassenbuch Nr. 116014 mit
331,71 Mark mitaufgeführt.
Ergebnisse verschiedener Volkszählungen
JAHR
Gaußig
Golenz
Günthersdorf
Zockau
1834
424
146
92
109
1843
464
157
87
102
1852
484
160
110
133
1861
456
168
106
151
1871
499
182
112
136
Erinnerungswertes aus Gaußig!
1880
511
210
128
128
Auf dem Schwanenteich wurden bis 1913 Schwäne
gehalten. Auch nach dem 2. Weltkrieg gab es noch
einige Jahre lang Schwäne auf dem Teiche. Diese
standen unter Obhut des Parkwächters Peter Janoschka. Er war früher bei der gräflichen Forstverwaltung als Forstaufseher angestellt. Im Jahre 1963
erlegte Janoschka mit der Luftbüchse 10 Bisamratten. Zu bemerken ist, daß er einarmig war. Nach
dem Kriege erbaute er sich das schmucke Holzhaus
am Kirchenteich.
Der Kirchenteich diente in früheren Jahren allgemein als Badeteich. Nach 1945 (wohl nach 1955)
wurde vom Volksgut auf ihm eine Entenmast betrieben, wodurch der Badebetrieb eingestellt werden mußte. Der Versuch, eine moderne Bade- und
Schwimmeinrichtung zu errichten, blieb in den
Anfängen stecken.
Bis in die 60er Jahre war auf den Gaußiger Gewässern noch der Eisvogel heimisch.
1890
549
187
129
149
1900
558
160
124
158
1910
606
139
138
185
1919
601
178
186
196
1925
669
1933
981
1939
944
Der Klempnermeister Karl Pietsch war auch der erste amtlich eingestellte Fleischbeschauer im Gaußiger Gebiet. Nachdem 1888 in Cunewalde 30 Personen an trichinenbefallenem Schweinefleisch gestorben waren, wurde im Königreich Sachsen die
amtliche Fleischbeschau eingeführt.
Die Bürgermeister der Gemeinde
Rothe, Johann Christian - Medicus
ab l. Juli 1839
Benofsky - Schlossermeister
Haaser - Mühlenbesitzer
Steudner, August - Seilermeister
1858 -1900
Pietsch, Karl - Klempnermeister
1900-1911
Gaußig als Großgemeinde
Jatzke, Richard - Nahrungsbesitzer
1911-1945
Im Jahre 1935 wurde Günthersdorf eingemeindet.
Letzter Bürgermeister Alwin Bayer.
Die Eingemeindung von Golenz erfolgte im Jahre
1936. Letzter Bürgermeister war Paul Lange.
1950 wurde Zockau mit Gaußig vereint. Letzter
Bürgermeister war August Gruschow.
Hofmann, Johannes - Schlosser
1945 -1946
Sieber, Ewald - Arbeiter
1946
Urban, Otto - Schlosser
1946 -1947
Kotte, Paul - Landwirt
1947 -1955
Lindner – Genosse (SED)
1955
Flurnamen der Gaußiger Teiche
Grosche - Genosse
Mutscher - Genosse
Bauernteich
Dahrener Teich
Kirchenteich
Pferdeteich
Schafteich
Brösanger Teich
Golenzer Teich
Medewitzer Teich
Reifens Teich
Silberteich
Döring, Helga
bis 1988
Frau Wobst,
1989
Weltsch, Adam
bis Frühj. 1990
Pahler, Hans-Peter (Sohn des ehem. abFrühj.1990
Pfarrers)
19
Schule zu Gaußig
Seit 1959 ist die Volksschule Gaußig zur Zentralschule erweitert worden und durch den Anbau eines Gebäudeflügels 1971 vergrößert
worden. Die zweiklassigen Dorfschulen in
Naundorf und Dretschen wurden angeschlossen. Die Kinder werden durch Schulbusse hinund zurückgefahren.
Folgende Orte gehören zum Schulbezirk:
Gaußig, Diehmen, Dretschen, Arnsdorf, Naundorf, Cossern, Zockau, Günthersdorf, Golenz,
Katschwitz, Drauschkowitz, Brösang und
Bahnhof Seitschen.
Stand des Schulwesens zu Beginn des
Schuljahres 1963/64
Wochenstunden:
schaffung: Sprossen-Schwebebalken. Olympiabarren, Turnbänke, Matten und Spannreck
Theater und Kinobesuch: Organisierter Besuch bei erzieherisch wichtigen Kunstwerken
Außerschulischer Sport: Tischtennis, Fußball, Schach, Leichtathletik Bibliothek: Schule
353 Bände, Leserzahl 225
Schulfilme, Rundfunk: 1 Schmalfilmgerät, 1
Diaskop, 1 Episkop, 1 Tonbandgerät, 1 Rundfunkgerät. 1 Verstärker mit Mikrofon
Biologie und Gartenarbeit: Klassen 5 bis 10
je 3 Wochenstunden; Unterricht wird von Fachlehrern gehalten; Praktische Übungen und Versuche; Schulgarten etwa 1.000 m2;Betreuung von
Klasse 1 bis 6; Erfolge: 1962 für etwa 1.265 Mark
Gemüse verkauft
Handarbeiten: Unterricht wird mit je 1 Wochenstunde in den Klassen 3 und 4 erteilt, am
Unterricht nehmen auch die Jungen teil
Kochunterricht: wird nicht erteilt
Klasse
Stunden
Klasse
Stunden
l
19
6
33
2
23
7
33
3
27
8
34
4
30
9
35
Schulräume
5
32
10
36
Klassenräume 11
Turnraum
1
Experimentierraum 1
Werkraum
1
Hortraum
1
Polytechnischer Unterricht für die
Klassen 7 und 10
Metallverarbeitung: Stahlfensterwerk Bautzen
Elektrotechnik: RFT Bautzen und in Gaußig
Maschinenkunde: MTS Obergurig und Volksgut Gaußig
Landwirtschaft: Volksgut und LPG Patenschaftsverträge mit: VEG Gaußig, Verträge
einzelner Klassen mit Forst, Tierzuchtbrigaden
und Konsum
Werken: Werkraum im ehemaligen Schießstand Gaußig. Die Klassen 1 bis 3 je 1 Stunde
wöchentlich, die Klassen 4 bis 6 je 2 Stunden
wöchentlich
Techniken: Modellieren mit Plastilin, falten
und schneiden von Papier, Flechten, Naturholzarbeiten, Drahtbiegearbeiten, Fahrradpflege und Reparaturen
Wanderungen: Jährlich 4 Wanderungen, Unterrichtsgänge nach Planung mit Fachlehrer
Musikpflege: Obligatorisch je Klasse 1 Stunde
Musik. 5 Kinder besuchen Volksmusikschulen,
desweiteren bestehen 2 Akkordeongruppen
und 1 Chor
Sport und Turnen: Obligatorisch wöchentlich
2 bis 3 Stunden; Vielseitige Geräte, Neuan-
496m²
68m2
68m2
30m2
34m2
Schulspeisung
Seit 1951 durchschnittliche Teilnehmerzahl 270,
Unkosten pro Tag 0,50 M, Zuschuß durch den
Staat je Kind 0,15 M nur für Lebensmittel. Gesamthaushalt für die Schulspeisung 1963:
Einnahmen 27.600 Mark Ausgaben
54.7740
Mark (einschl. Löhne)
Mithilfe der Eltern
Elternbeirat seit 1951. Elternaktive in allen Klassen; Leistungen bei der Verschönerung der Schule; 1960 wurden 7 Klassenzimmer renoviert; 1961
Aufbau des Experimentierraumes; Unterrichtsbesuch in den letzten 3 Monatstagen
Krankenstand
1962 / 63 relativ viele Gelbsuchtfälle, insgesamt
57 ansonsten keine nennenswerten Erkrankungen, auch keine größeren Unfälle
Schulsparen
Gespart wird hauptsächlich in den unteren
Klassen
Schulfeiern
werden entweder in Form von Schülerappellen oder im Saal der Parkgaststätte durchge-
20
1864 In Zukunft werden die bisher unentgeldli-chen
Straßenbauten nach geleisteten Arbeitsstunden bezahlt.
1865 Straßenbau nach dem Bahnhof Seitschen beendet.
1884 30. Mai: Die von Herrn Rentier August Zenker gesetzte Straßenlaterne (wahrscheinlich vor dem
Gasthof), welche derselbe der Gemeinde unter der
Bedingung schenken will, wenn von derselben die
Bedienung und Beleuchtungskosten getragen werden, lehnt man dieses Anerbieten ab, weil dadurch
eine Last und bedeutende Ausgaben der Gemeindekasse erwachsen würden.
führt. Im Wesentlichen sind sie identisch
mit den Staatsfeiertagen der DDR
Feriengestaltung
2 bis 3 Wochen Ferienspiele; Unkosten pro
Kind und Tag 1,35 M, Gruppenwanderungen ein Zuschuß von 12 M pro Kind
Berufslenkung
Ständige Aufgabe der Klassenleiter; Ein
Lehrer ist für die Verbindung zum Amt der
Arbeit eingestellt; Aufklärungsvorträge für
Schüler und Eltern
Zahnpflege
Jährliche Untersuchung durch die Jugendzahnklinik Bautzen; Eine Zahnpflegekartei wird geführt
Weiteres über Gaußig
Leider hat Gaußig keinen Anschluß an das Gasnetz.
Man behilft sich aber mit dem Propangas, welches
in Flaschen bezogen wird.
Den ersten Telefonanschluß erhielt Gaußig im Jahre
1909 im Schloß. 1960 gibt es im Ortsbereich 27
Anschlüsse.
Der erste Besitzer eines Rundfunkgerätes war der
Bäckermeister Teich im Jahre 1925.
Das erste Fernsehgerät betrieb Anfang der '50er
Jahre der taubstumme Sattler Wersch auf dem
Volksgut.
Krankenbehandlung
Betreuung durch den Schularzt Dr. Bahr;
Alle Schüler werden alle 2 Jahre dem
Schularzt vorgestellt
Impfungen
Polioschluckimpfung für alle Schüler und
Lehrer; TBC Schutzimpfung, Pockenschutzimpfung
Im Jahre 1960 wurde im Dorf ein Waschstützpunkt eingerichtet, in der ehemaligen Stellmacherei
Biesold. Dort sind außer zwei Waschkesseln, 4
elektrische Waschmaschinen und 2 Wäscheschleudern aufgestellt, außerdem auch eine Mangel. Eine
Maschinenstunde wird mit 4,80 M berechnet.
Seit Mai 1962 besteht eine Buslinie von Bischofswerda nach Bautzen. Eine Fahrt nach Bautzen
oder Bischofswerda kostet je 90 Pfennige. Außerdem fahren noch mehrere Schichtbusse die Werktätigen zu den Betrieben nach Bautzen, Kirschau,
Wilthen und Bischofswerda.
Seit der Einrichtung der Zentralschule Gaußig
im Jahre 1959 sind auch mehrere Schulbusse im
Einsatz
Mitgeteilt von Herrn Direktor Spychalla
Nachrichten aus dem Gaußiger Gemeindebuch
1840 17. März: Da mehrfache Klagen über nachlässige Reinigung der Schornsteine durch Essenkehrermeister Neumann aus Budissin eingelaufen
sind, beschließt der Gemeinderat, genanntem pp
Neumann den Kontrakt aufzusagen und dafür den
Essenkehrer Hentschel aus Bischofswerda von an
mit dem Reinigen der Schornsteine zu beauftragen.
gez. A. Rothe, Gem. Vorstand
1849 wird der Schlossermeister und Hausbesitzer
Johann Traugott Benofsky zum Gemeindevorstand
gewählt. Er verstarb im Jahre 1854. Sein Nachfolger wird der Seilermeister August Steudner.
1856 Bau der Straße nach Naundorf
1861 Antrag auf Verlegung des Weges hinter dem
Stallgebäude des Gasthofes durch Christian Zenker. Vom Gemeinderat zunächst abgelehnt. Nach
Anordnung der hohen Behörde aber dann genehmigt und durchgeführt.
21
Ackerbau in Gaußig
im 18 Jahrhundert
Acht Bauern pachten die Güter Medewitz und Zockau von 1789-1801
Die Hauptgetreidearten waren in der Lausitz Roggen, Gerste und Hafer. Weizen wurde nur auf den
besseren Böden und in kleinem Umfang angebaut.
Ebenso Erbsen und Heidekorn. Die Aussaat des
Rittergutes Gaußig im Jahre 1655 betrug an Roggen 71 Scheffel, Hafer 72
Scheffel, Gerste 26 Scheffel,
Weizen 1/2 Scheffel. Heidekorn 4 Scheffel und Erbsen l
Scheffel,
In den Jahren von 1750 bis
1770 fand der Kartoffelanbau
in der Lausitz Eingang. Besonders nach den Mißernten
1770 und 1771 und der darauffolgenden
Hungersnot,
wurde die Kartoffel verstärkt
angebaut.
Aus dem Urbarium ist zu entDie Länge des Arbeitstages
In der Erntezeit müssen die
Bauern, Panser und Auflader,
solange noch eine Garbe auf
dem Felde ist, arbeiten, wenn
auch 7 Uhr des Abends vorbei ist.
Eine ganz neue Art von Gutsverpachtungen war auf
den Rittergütern des Grafen Riaucour eingeführt
worden. 1788 baten die Medewitzer Untertanen den
Grafen, ihnen das Rittergut samt Zockau zu verpachten. Der Graf, in der Hoffnung, den Wohlstand
seiner Untertanen zu heben, gab seine Einwilligung
zur Verpachtung, mit der Bedingung, daß nicht mit
der Gemeinde, sondern nur mit den acht Untertanen
beider Orte als einzige Hauptpächter, der Vertrag
abgeschlossen werde. Den Hauptpächtern stünde es
aber frei, Land weiter an die Einwohner zu verpachten. In dem Pachtvertrag heißt es, daß der Graf Riaucour Acker, Wiesen, Gebäude, Gärten, Untertanen deren Dienste, Zinsen, Fischerei, Mühle,
Branntwein brennen, Schafe und Viehnutzungen
alles in Bausch und Bogen, ein Jahr lang von 1789
bis 1790 und bei Erfüllung der Pachtbedingungen
bis 1801 acht Medewitzer und Zockauer Untertanen
für 800 Thaler pachtweise überläßt. Die Pächter
bürgen mit ihrem Vermögen. Bei Weiterverpachtung dürfen die Grenzen nicht verrückt werden. Für
die Naturaldienste soll ein Dienstgeld gegeben werden. Diese Umwandlung der Naturaldienste hat auf
den Erbuntertänigkeitszustand nicht den geringsten
Einfluß.
(Landesarchiv Nr. 2642 und 2645)
(Zitiert bei Boelcke)
Aussaat und Ernte im 18 Jahrhundert
Die mit vier multiplizierte Aussaatmenge galt im l8.Jahrhundert noch als hoher Ertrag. In einem Entwurf
über Revenuen des Rittergutes Gaußig vom Jahre 1749, die angeben sollten, wie hoch sich die Nutzungen des
Rittergutes durchschnittlich belaufen könnten, wurde der Weizenertrag nach dem 4.Kom, der Roggenertrag
nach dem 3.Kom berechnet. Die Gerste sollte einen 4 1/2-fachen Ertrag abwerfen. Wie stark diese Angaben
abwichen, beweist das Aussaat-,Ernte- und Druschbuch der Rittergüter Gaußig, Diehmen, Drauschkowitz
und Medewitz vom Jahre 1766.
Willi Boelcke, Bauer und Gutsherr in der Oberlausitz, 1957
Gaußig:
Aussaat
Ausdrusch
Scheffel
Viertel
Metzen
Frucht
Scheffel
Viertel
Metzen
Prod.
17
„
2
Weizen
57
1
1
3,3 fach
143
-
-
Roggen
376
2
3,5
2.6 fach
35
3
-
Gerste
137
2
3
3.8 fach
144
-
-
Hafer
258
1
-
2.3 fach
3
2
-
Erbsen
6
2
1
1.8 fach
5
-
-
Wicken
6
1
1
1,2 fach
12
3
-
Heidekorn
22
3
3
1.8 fach
-
2
2,5
So. Rüben
2
-
-
3 fach
22
Nach der angeordneten Bildung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften im
Jahre 1960 gaben sie sich folgende Namen:
Dretschen
Typ I
Granit
Anisdorf
Typl
AmPichotal
Göda
Typin
Durchbruch
Göda
Typl
Leichte Arbeit
Birkau
Typl
Aufbau
Semmichau
Typl
Grüne Aue
Gnaschwitz
Typl
Am Hasenberg
Günthersdorf
Typl
Einigkeit
Zockau
Typl
Erdenglück
Drauschkowitz
Typl
Vier Linden
Neu Drauschkowitz
Typl
Waldfrieden
Doberschau
Typl
Fortschritt
Diehmen
Typl
—-—
Soland
Typl
Bergfrieden
Wehrsdorf
Typl
Bergland
Wüthen
Typl
Sonnenblick
Salzenforst
Typ in
Sabo (sorbisch)
Preske
Typl
Wiesengrund
Techritz
Typl
Frohe Zukunft
Sora
Typl
Frohe Ausicht
Am 31 August 1955 erfolgte ein großer Hagelschlag. Schäden an den Kulturen des Volksgutes:
Weizen 20%, Sommerweizen 25%, Roggen 10%.
Wintergerste 15%, Hafer 15%, Speiseerbsen 12%.
Samenträger 20%. Wicken 15%.
Entenmast sowie Hühner- und Putenaufzucht bis
1960
20.000 Entenküken als Bestand. 7.690 Enten wurden verkauft.
Im Hühnerhof, auf dem Gelände des Seitschener
Hayes werden jährlich 15 bis 16.000 Junghühner
und Masthähnchen aufgezogen. Auf dem Gelände
des Trolerschen Bienenhauses werden jährlich bis
zu 150 Puten aufgezogen.
Im Sommer 1964 wurde in Seitschen an der Bahnanlage mit dem Bau einer Trockenanlage begonnen. Sie soll unter der Regie des Volksgutes stehen.
Ende Februar 1965 setzte ein kräftiger Nachwinter mit großen Schneefällen und Verwehungen ein.
Am l3. November des Jahres erfolgte ein großer
Kälteeinbruch. Futter- und Zuckerrüben waren z.T.
noch nicht geerntet.
Die Schrebergärten
Eine Einrichtung der Nachkriegszeit sind die Schrebergärten. In den ersten Jahren nach 1945, als es noch große
Schwierigkeiten in der Versorgung mit Lebensmitteln
gab, bestand ein dringendes Bedürfnis nach Gartenland.
Von der Bodenreform wurde dazu das Gelände am Wege nach Golenz zur Verfügung gestellt, welches vorher
teilweise als Sportplatz gedient hatte. Als Flurstück trägt
es den Namen "Weinberg". Das Gelände reicht für
Kleingärten in einer Größe von
Eine LPG im Wendischen nannte sich "Gott schütze
uns!"
Die Bauern aus Diehmen bildeten im Kreis Bautzen als letzte Gemeinde eine Genossenschaft und
konnten sich auf keinen Namen einigen.
Das Volksgut Gaußig
Betriebsleiter des Volkseigenen Gutes:
1945-53 Riedel. 1953 Brückner, 1953-1954 Ballmann. 1954-59 Köhler, 1959- Schaschek
150 bis 200 qm. Um Ordnung in diese Anlage zu bringen, gründete man eine Schrebergarten-Vereinigung.
Die Leitung hat sich redliche Mühe gegeben, ihre Mitglieder über alle Fragen des Gartenbaues zu beraten.
Außerdem versuchte man, und darin hat man sich jederzeit große Mühe gegeben, das gesellige Leben zu pflegen. Es gibt gemeinsame Autofahrten, Weihnachtsfeiern, Faschingsvergnügen und Fachvorträge. Die Gartenanlage selbst ist mit einer Ligusterhecke umgeben. 1962
wurden Tore an den Eingängen angebracht und jeder
Gartenfreund hat nun einen eigenen Schlüssel. Als Leitspruch könnte man schreiben:
Wie fruchtbar ist der kleinste Kreis - wenn man ihn
wohl zu pflegen weiß!
Viehbestand am 31-Dezember 1949:
3
Zuchtbullen
18.279.50 M
25
Milchkühe
14.400.00 M
l
Eber
14
Zuchtsauen
21.000.00 M
4
Zuchtböcke
5.000,00 M
108
Mutterschafe
5.400.00 M
1
Wachhund
GESAMTSUMME
850.00 M
20.00 M
46.049,50 M
23
Der 30-jährige Krieg
Solche Vorfälle erregten natürlich die Bevölkerung. Es
wirkte sich auch auf die Sterbefälle aus. Bis August
blieb die Zahl durchschnittlich 10 Sterbefälle. Im September war es schon die doppelte Anzahl und stieg im
November auf 25 Todesfälle. Man redet vom Franzosenfieber.
Der 30jährige Krieg, der von 1618 bis 1648 andauerte, brachte auch unserer Heimat große Verluste
an Menschen und Sachwerten. Die großen Heerführer waren der Generalissimus Wallenstein und
der Schwedenkönig Gustav Adolf. Beide Mächtegruppe verführen nach dem Grundsatz, daß ihre
Heere aus dem jeweiligen Lande verpflegt und versorgt werden mußten. Unsere Heimat war unter
anderem auch etliche Jahre von den Schweden besetzt Große Verluste erlitt auch die Bevölkerung
durch Hungersnöte und Seuchenausbrüche. Auch
trat in diesen Kriegsjahren die Pest in unserer Heimat mehrmals auf.
Der Krieg schlug sich auch bei den
Eheschließungen nieder. 1812 gab
es 42 Eheschließungen, 1813 waren es nur noch 17.
Alte Leute von Irgersdorf erzählen, daß die damaligen Bewohner
die kämpfenden Truppen während
der Schlacht um Bautzen im Mai
1813, von der Teufelskanzel aus
beobachtet haben. In der Nähe von
Gaußig wollen sie gesehen haben,
wie Kosaken einige Pulverwagen
der Franzosen in die Luft gesprengt haben.
Die Schweden in Gaußig:
Meinen armen Untertanen zu Gaußig und Kleingaußig haben sie
» 25 Stück schönes Vieh genommen. Das Stück
rechne ich aufs allergenaueste pro 10 Thaler
=250 Thaler.
» 40 Schock Getreide mit ihnen verfüttert und zunichte gemacht, das Schock pro 4 Thaler, tut =
160 Thaler.
» An Hausrat, Kleidern und was dergleichen mehr,
so sie ihnen verbet und weggenommen haben,
wird gerechnet auf 80 Thaler.
» Summe was die Untertanen an Schaden erlitten
=490 Thaler
(Joh. Flechtner, Heimatbuch von Wilthen
1922. S.165)
Eintrag im Gemeindebuch, bezüglich
Communalgarde vom 30. April 1857
Fahne der Communalgard
In der Versammlung des Gemeinderates am heutigen
Tage, ward der Beschluß gefaßt, daß die in Blatt 41 des
Gemeindebuches, die von den Frauen und Jungfrauen
gefertigte Fahne, welche dieselbe der damals bestehenden Communalgarde geschenkt hatten, zu dem Feste der
bevorstehenden Glockenweihe, nach einigen Veränderungen, derselben, der Kirche geschenkt werden soll.
Caspar von Haugwitz (getauft 22.11.1615.
gestorben 17.07.1664)
Karl August Steudner, Gemeinde Vorstand
Die Napoleonische Zeit 1813
Weiteres zur Communalgarde
Die Kämpfe im Frühjahr 1813 in der Oberlausitz
und besonders während der Schlacht bei Bautzen im
Mai, wirkten sich auch in Gaußig aus. Als Napoleon
vor der Schlacht seine Truppen aufstellte, lagerten
auch französische Soldaten im Schloßpark. Für ihre
Lagerfeuer suchten sie auch Papier. Sie fanden es in
der umfangreichen Bücherei des Schlosses. Dies
bemerkte ein französischer Leutnant, der dann diesen Bücherraub seinen Leuten untersagte. Er schrieb
in ein Buch eine Entschuldigung für das Tun seiner
Landsleute.
Im Gaußiger Kirchenbuch steht folgender Eintrag:
Am 10. September 1813 vormittags 10 Uhr wurde
Johann Förster aus Klein Gaußig von Marodeuren
der Kaiserlichen Französischen Armee erschossen.
Alter 34 Jahre.
1. Von dem gegenwärtigen Chef der hießigen Communalgarde, Herrn Schmalz aus Birkau, wurde auf dessen
Rechnung sämtlichen Gardisten Mützen und Blenden
von schwarzem Glanzleder, unten mit einem schmalen
rot-goldenen Bunde und deutscher Kokarde, außerdem
eine schmale rotgoldene Litze angeschafft.
2. Nicht minder wurden vom Herrn Graf SchallRiaucour 30 Thaler verehrt und namentlich dafür ohne
andere unumgängliche Ausgaben zu gedenken. Werden
für die C-Garde 19 Stück Lanzen angeschafft, welche
der Commun als Eigentum angehören.
3. Von Herrn Rittergutspächter Hund als Adjutant, ein
prima Signalklappenhorn, zu welchem noch ein zweites
Hom aus der Kasse angeschafft wurde.
4. Sowie die zwei Schalonnärfahnen, vom Kommandant Karl Lehmann, von August Zenker und dem Feldwebel Heinrich Hähnel für ihre Rechnung angeschafft
und der Commun als Eigentum übergeben worden.
24
verschont geblieben, ebenso vor Bombenterror und
Brand. Der frühere Wohlstand der Gemeinde und deren
Einwohner ist aber durch den unsinnigen Krieg aufgezehrt worden.
Neben der alteingesessenen Bevölkerung von 910 Seelen,
hat die Gemeinde bisher 284 Neubürger aufgenommen.
1945
Von Mitte Januar des Jahres kamen ununterbrochen
Flüchtlinge von Ostpreußen, Westpreußen, Schlesien
und Wolynien durch Gaußig. Ein großer Teil davon
wurde für einige Tage im Ort beherbergt, bis sie sich
wieder etwas erholt hatten.
Es gab keinen Raum im Ort der nicht belegt wurde.
Auch die Säle im Gasthof und bei Hesse, sowie die
Schulzimmer wurden belegt.
Durch die großen Strapazen gab es viele Kranke unter
den Flüchtlingen, auch einige Sterbefälle. Nach dem
endgültigen Zusammenbruch kam noch einmal ein großer Flüchtlingsstrom durch Gaußig. Er dauerte wochenlang. Es waren Flüchtlinge aus Pommern, Brandenburg
und Sachsen.
Neben den Flüchtlingen kamen viele Zivilpersonen aus
Polen und Rußland, die in ihre Heimat zurückströmten.
Die Polen benahmen sich den Flüchtlingen gegenüber
unmenschlich und nahmen ihnen das wenige gerettete
Hab und Gut noch ab. Auch die Pferde und Wagen wurden einfach weggenommen. Verzweifelt standen dann
viele Deutsche völlig mittellos auf der Straße. Vereinzelte KZ-Häftlinge und deutsche Soldaten in Zivil zogen
durch den Ort
Große Herden von Rindern, Kühen und Schafen wurden
abgetrieben. Nachts wurden die Herden auf die Weiden
getrieben und die Bauern mußten Heu und Stroh liefern.
Hin und wieder brach auch die Maul- und Klauenseuche
aus und die Herden mußten einige Wochen Quarantäne
durchmachen. In Gaußig selbst sind von den durchziehenden Herden 10 Rinder verendet. Ein großer Teil des
Viehs mußte zum Schlachthof Bautzen zur Notschlachtung getrieben werden.
Der Zusammenbruch der Naziherrschaft brachte auch die
politische Meinungsfreiheit. Als erste politische Partei
trat die SPD in Gaußig auf. Sie wurde von Herrn Hans
Hofmann aus Günthersdorf geführt. Nach der Vereinigung mit der KPD übernahm dann Herr Sieber die
Leitung.
Ende 1946 ging dann die Leitung an Herrn Schindler
über. Später gründete sich dann auch die CDU. Am
25.6.1945 wurde Herr Hans Hofmann zum Bürgermeister ernannt Ein Jahr später löste ihn Herr Sieber ab.
Während seiner Amtszeit wurde eine größere Unterschlagung durch den Kassenverwalter Sambale festgestellt. Er wurde fristlos entlassen und der Staatsanwaltschaft übergeben. Herr Sieber mußte daraufhin sein Amt
als Bürgermeister zur Verfügung stellen. Unter schwierigen Umständen übernahm dann Herr Otto Urban das
Amt, hat es aber im März 1947 wieder niedergelegt.
Daraufhin übernahm dann Herr Paul Kotte das Amt des
Bürgermeisters. Bei der Bodenreform wurde das Rittergut Gaußig in Staatsbesitz überführt, ebenfalls ein großer
Teil der Wälder.
Die Landwirte von Gaußig, Golenz und Günthersdorf
erhielten nur Waldparzellen zugeteilt, obwohl ihr
Grundbesitz zumeist unter 5 ha lag. Gaußig ist zwar von
großen Verheerungen des Krieges
Gaußig. den 18.März 1947
gez. Richard Jatzke
Die Flucht der Gaußiger Einwohner 1945
Nach der teilweisen Einnahme von Bautzen im April 45 durch sowjetische Truppen und ein Vorstoß
des Feindes bis Putzkau, erfolgte die erste Flucht
der Einwohner nach dem Fuchsberge, Der Feind
wurde aber wieder zurückgedrängt und Bautzen
wieder freigekämpft.
Einzelne Wehrmachts- und Hitlerjugendverbände
hatten sich im Gelände der Ortenburg über eine
Woche behaupten können.
Anfang Mai ging die Wehrmacht unter der Leitung
des Generals Schörner nach dem Sudetengau zurück. Die Bevölkerung aus den Dörfern schloß sich
an.
Die zweite Flucht der Gaußiger Einwohner führte
über Steinigtwolmsdorf bis nach Böhmisch-Leipa.
Bombengeschädigte in Gaußig
Infolge der schweren Bombenangriffe auf das Rheinland
und das Ruhrgebiet, wurden Teile der dortigen Zi-| vilbevölkerung evakuiert.
Gaußig und Nachbargemeinden nahmen Volksgenossen
aus dem Gau Köln-Aachen auf. Ein Teil von ihnen kehrte später in ihre Heimatorte zurück, da ihnen die hiesigen
Lebensmittelzuteilungen zu gering waren. Auch an die
hiesige übliche einfache Kost gewöhnten sich die Rheinländer schwer. Es fiel auf, daß die Evakuierten auf Theater und Kino mehr Wert legten als die Einheimischen.
Die Rheinländer haben zum Glück eine leichtere Lebensart und ertragen die schweren Schicksalsschläge
leichter als die Sachsen. Neben den Rheinländern sind
auch Berliner und Hamburger hier untergebracht.
Eine Mädchenklasse aus dem 8.Schuljahr mit Lehrerin
aus Berlin wurde in Gaußig, Naundorf und Katschwitz
untergebracht.
Bei schweren Luftangriffen auf Berlin und Leipzig ist
von den umliegenden Bergen aus der Lichtschein am
Himmel zu sehen.
Zur Ergreifung von ausgebrochenen Kriegsgefangenen sind Streifendienste von der Feuerwehr und der
Landwacht eingesetzt worden.
Angeblich von Feindseite aus soll im Rundfunk die
Warnung durchgegeben worden sein, daß Dresden von
Kindern und alten Leuten geräumt werden sollte.
25
11. Die Schützengilde wurde
1928 gegründet. Baute sich 1931
einen Schießstand und weihte
auch in diesem Jahr seine Vereinsfahne. Das Schützenfest fand
jährlich im Mai statt.
Das Vereinsleben in Gaußig
Wie überall in größeren Orten, gab es auch bei uns
die verschiedensten Vereine. Ihre Gründungen lagen
zumeist in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, und später.
Es gab Vereine mit von einer Behörde genehmigter
Satzung oder Statuten. Die Gründe eines Zusammenschlusses lagen teils in wirtschaftlicher,
teils in ideeller Natur. Natürlich waren auch viele
Mitglieder aus den umliegenden Dörfern dabei.
1.Der Unterstützungsverein stellte sich die Aufgabe der wirtschaftlichen Unterstützung seiner Mitglieder bei besonderen Anlässen, z.B. Konfirmation
der Kinder, Beihilfe bei Sterbefällen.
2. Der christliche Frauenverein pflegte christliche
Gesinnung, unterstützte arme Einwohner zu Weihnachten oder in besonderen Notfällen.
3. Der christliche Missionsverein hatte sich zum
Ziel gesetzt, die Kirche in ihren Missionsbestrebungen zu unterstützen.
4. der Militärverein, im dritten Reich zum Kyffhäuserbund zusammengefaßt, pflegte die militärischen Traditionen. Pflegte das Schießen. Beim Tode
eines Kameraden wurde eine Ehrensalve über das
Grab geschossen. Natürlich nahm der Verein nur
Kriegsteilnehmer oder gediente Männer auf. Besaß
auch eine Vereinsfahne.
5. Den Imkerverein gab es vor und nach 1945.
6. Der Pfeifenclub
tagte wöchentlich in
Günthersdorf.
7. Der Männergesangsverein Gaußig ist oft in der
Öffentlichkeit aufgetreten. Chorleiter war meist der
jeweilige Kantor. Vorübergehend gab es auch einmal einen Militär-Gesangverein.
8. Das Kasino junger Landwirte sorgte für die
Weiterbildung der Bauernsöhne und Töchter.
9. Der Jungdeutsche Orden hatte in Gaußig nur
kurze Zeit Bestand. Er hatte eine extrem nationale
Einstellung.
10.
Der
Turnverein
wechselte
von Blütezeiten
zu
Stagnationen. Aus
diesem
Grunde ist
Gaußig auch
ohne Turnhalle geblieben.
12. Der Radfahrverein bestand
bis zum Jahre 1923.
13. Der Stahlhelm war uniformiert und pflegte die
Traditionen aus dem ersten Weltkrieg.
14. Die Feuerwehr existierte anfangs als Orts Pflicht- Feuerwehr, wurde aber später in eine Freiwillige Feuerwehr umgewandelt.
15. Von 1933 bis 45 bestand in
Gaußig ein SA-Sturm und auch
eine NS-Frauenschaft. Natürlich
gab es auch Einheiten der HitlerJugend, des Bundes Deutscher
Mädchen, die Jungmädels und das Jungvolk, Pimpfe genannt.
16. Nach 1945 wurde die Sparte der Kleintierzüchter und Siedler gegründet.
Die Vereine hatten jeder ein
bestimmtes
Vereinslokal,
wo auch der Vereinsschrank
und die etwaige Vereinsfahne aufbewahrt wurden.
Die Schwesterstation
Seit dem Jahre 1955 besteht im Ort eine Gemeindeschwesterstation. Sie ist im ehemaligen Rentamt
untergebracht, mit täglicher Öffnungszeit. Eine
Zusammenstellung der geleisteten Arbeit im Jahre
1959:
573 Hausbesuche, 767 Bestrahlungen, 768 Verbände angelegt, 511 Personen wurden massiert, 1030
Besucher suchten die Station auf. Die Gemeindeschwester war beteiligt an:
36 Mütterberatungen, 10 Schutzimpfungen, 3
Schuluntersuchungen, 6 Geschwulstuntersuchungen, 1 Volksröntgenaktion.
Ortswehr 1918
Am 11. August 1918 wurde eine Ortswehr gegründet.
An freiwilligen Mitgliedern gehörten ihr an:
Aus Gaußig 29, aus Golenz 4, aus Zockau 20. aus Medewitz 11, aus Naundorf 21 und aus Cossern 8 Mann.
Ortsführer war Graf Schall-Riaucour, Stellvertreter
Karl Fischer
26
Gaußiger Gaststätten
Gesuch des Gastwirtes Zenker
um Abhaltung eines Scheibenschießens im Jahre 1844
Die älteste Gaststätte ist der Gasthof, jetzt Parkgaststätte unter Konsumverwaltung. Früher mit
Ausspannung und Fremdenzimmer. Saal für 400
Personen und Speisegaststätte.
Hochwohlgeborener Gnädiger Herr Forstmeister!
In Willens um mehrseitigen an mich ergangenen
Wünschen zu begegnen, nächsten Sonntag und
Montag über acht Tage als den 28. und 29. Juli dJ.
ein Scheibenschießen aus gezogenen Gewehr zu
veranstalten. Wage ich Euer Hochwohlgeboren das
ganz untertänigste Gesuche Mir dazu gnädigste
Erlaubnis und eine Karte ertheilen zu wollen. Erlaube mir aber zugleich die unterthänigste Bemerkung zu machen. Euer Hochwohlgeborenen wollen
mir die Karte durch Überbringer diese gnädigst
zustellen. Indem ich selbige heute noch nach Bautzen zur ferneren Unterschrift befördern muß.
Eine so große Gewogenheit würde lebenslänglich
mit inniger Dankbarkeit verehren.
Gaststätte Hesse, jetzt Kusch. Besitzt einen kleinen
Saal (wurde abgerissen). Unter dem Vorgänger
Kasper mit Schießstand und Lokal der Schützengilde.
Bis 1961 gab es die Gaststätte Karl Schneider. Der
Besitzer wurde als ehemaliges NSDAP-Mitglied
enteignet.
Die Errichtung des Ausschanks in der ehemaligen
gräflichen Brauerei ist nicht bekannt. Im Betrieb
blieb sie bis 1940.
Der Böttger Albin Stiebitz erhielt die Konzession
1900 und die Gastwirtschaft nannte sich "Zum
Sächsischen Artillerie Trompeter", mit Kegelbahn.
1950 wurde der Betrieb eingestellt.
Bis 1906 bestand in Klein Gaußig eine Schenke,
Cat.Nr.67.
Golenz hatte zwei Gastwirtschaften. Die noch Bestehende wird von Krusche, einem Sudetendeutschen unterhalten.
Die Gastwirtschaft Fischer bestand bis 1945.
Außerdem besteht noch eine Gastwirtschaft in Günthersdorf. Früher Zschimmer.
Ew. Hochwohlgeborener ganz
unterthäniger Diener August
Zenker Gastgeber
Gaußig, den 16. Juli 1844
Die Antwort auf dieses Gesuch lautet:
Dem Gastwirt August Zenker zu Gaußig wird damit
seitens der Ritterguts- und Gerichtsherrschaft die
Erlaubnis ertheilt, Sonntag den 28MMonats ein
Scheibenschießen aus gezogenen Gewehr abhalten
zu dürfen.
Konsumgeschäfte in Gaußig 1963
->
Eine Selbstbedienungsverkaufsstelle für Lebensmittel
->
Eine Schuhverkaufsstelle
->
Zwei Textilläden
->
Kommissions-Verkaufsstelle für
Lebensmittel und Industriewaren
->
Während der Sommermonate eine Eisdiele
->
Eine Fleisch- und Wurstwaren-Verkaufsstelle
->
Eine Lebensmittel-Verkaufsstelle
in Golenz
27
Naturdenkmäler in Gaußig!
Zahlreiche starke Eichen zeichnen den Ort
aus, so die Eichen am Mühlteiche, deren
stärkste 5,3 Meter im Umfang mißt. Von
drei Eichen an der Rieglitz beträgt der Umfang 4,2 Meter. Ein besonders prächtiger
Baum steht auf der Wiese östlich des Parkes, unweit des Weges nach Golenz, der
Umfang beträgt 5,1 Meter, Höhe und Kronendurchmesser um 25 Meter. Gleichen
Umfang besitzt eine Eiche am Wege nach
Golenz an dessen Flurgrenze mit 6,3 Meter,
Handwerker in Gaußig
Im Jahre 1963 gibt es in Gaußig folgende Handwerker:
Henker. Walter
Tischlerei, vom Vater übernommen
Förster, Alfred
Spezialist für Kühlanlagen
Pöthig. Martin
Schuhmacher, Nachfolger von
Müller
Erbe, Helmuth
Bäckerei, Nachfolger
Bjarsch-Teich
Frenzel, Georg
Bäckerei
Kassubeck
Frisör, Umsiedler aus Schlesien
Lange, Richard
Schmied
Kothera. Oskar
Tischlerei
Pietsch, Walter
Klempnerei und Elektriker
Garten, Horst
Elektriker, Nachfolger
Georg Pietsch
Hofmann, Hans
Werkstatt für Fahr- und Motorräder
Bergt, Walter
Schmied, Vorgänger
und Großvater
Fischer, Karl
Töpferei, an Sohn Werner
übergeben
Bernd, Fritz
Schuhmacher in Golenz
von
Bericht: Die Naturdenkmäler der Sächsischen Oberlausitz. Bautzen 1936 Seite 43/44 Max Militzer
Bruno
Zimmermann
Nach
langer
schwerer
Krankheit starb
am 16. Oktober
1969 der Revierförster und
Forstschutzbeauftragte Bruno Zimmermann, geboren am 24. November 1895 in Radmeritz, Kreis Görlitz. Er war
vor allem tätig auf dem Gebiete der
Entomologie, wobei er sich besonders
mit Schmetterlingen und Käfern befaßte. Von 1921 bis 1935 gehörte er der
Naturforschenden Gesellschaft in Görlitz an. 1935 erhielt er für seine Arbeiten auf dem entomologischen Gebiet
das Diplom. Er arbeitete mit
den Forstwissenschaftlichen Instituten Tharandt, Eberswalde
und Jena zusammen. Einen
guten Ruf erwarb er sich als
Präparator.
von
Vater
Eingegangene Handwerksbetriebe
Röntsch, Bruno
Schlosserei in Golenz, ohne Nachfolger
Lauke, Max
Sattlerei, einziger Sohn gefallen
Wolf, Friedrich
Sattlerei, Sohn gestorben
Stiebitz, Albin
Böttcher, zwei Söhne im l. Weltkrieg
gefallen
Biesold. Paul
Stellmacher, ohne Nachfolger
Hille. Oskar
Schneidermeister
Basler
Schniedermeister, Umsiedler, verstorben
Zimmermann, Max
Uhrmacher, verstorben
Knizak
Schneidermeister, verstorben
(Ich, Martin Müller, Ortschronist, fertigte für seine Präparate die
Beschriftung an)
Trockenheit in den Jahren 1661
und 1719
Nach der Wilke Chronik von Bautzen ist in diesen
Jahren in der Lausitz eine Hungersnot infolge von
Trockenheit und Mißwuchs. In diesen Jahren hatte
auch das Kirchspiel Gaußig einen Sterbeüberhang.
28
Das Hungerjahr 1772
Das Jahr 1772 war ein Hungerjahr schlimmster Art,
es übertraf noch das Vorjahr 1771. In den meisten
Orten liegt die Zahl der Sterbefälle weit über der der
Geburten.
1772m-______________________
Geburten
Sterbefälle
Neukirch
89
169
Bischofswerda
37
63
Sohland
47
87
Bautzen
264
458
nur Gaußig hatte
60
57
Sie verteilen sich auf folgende Jahrgänge:
Jahr
Sterbefälle
0-1
18
1-10
6
20-30
4
30-40
5
40-50
3
50-60
5
60-70
11
70-80
3
80-90
2
Warum gab es in Gaußig (Kirchspiel)
keinen Sterbeüberhang? Hat Graf Riaucour geholfen? Der dazu in der Lage
war?
Großer Schneefall setzte am 20. März 1770 ein. die
Schneedecke verblieb bis zum 16. Mai. Dies war die
Ursache für die Mißernte des Jahres 1770. Bis dahin
war der Kartoffelanbau in Deutschland fast unbekannt. Der Preußenkönig Friedrich II. erkannte den
Wert der Kartoffel für die Volksernährung und setzte den Anbau dieser Frucht in seinen Ländern durch.
Danksagung: Allen denjenigen, welche bei dem am 24.
Februar 1921 Abends auf dem hießigen Rittergute ausgebrochenem Brande, bereitwillig so tatkräftig Hilfe geleistet haben, sodaß ein größerer Brand verhütet wurde, besonders auch sämtlichen erschienenen Brandspritzen,
beziehungsweise den Mannschaften derselben, sowie
auch dem Herrn Gemeinde Vorstand Jatzke, Gaußig, für
die umsichtige Leitung der Löschungsarbeiten, sage ich
hiermit herzlichen Dank.
Schloß Gaußig. den 28. Feb. 21 Graf SchallRiaucour (Es handelt sich um den Brand in der
Brennerei)
29
Pflanzenarten die der Botaniker
Rostock für unsere Gegend festgestellt hat
Isis Dresden 1889
*Große Wasserlinse
*Dreizack
* Wilden Reis
* Weißes Schnabelried
* Spassige Binse
* zarte Binse
* Wilde Tulpe
* Doldiger Milchstern
* Zackenschote
* Mittlerer Sonnentau
* Geflügeltes Hartheu
* Rosenmalve
* Schönes Hartheu
* Ohrlöffel Leimkraut
* Nachtlichtnelke
* Knolliger Kerbel
* Moschsblümchen
* Wiesenknopf
* Nelkenwurz
* geschlitzte Brombeere
* Schlesische Brombeere
* zweifarbige Brombeere
* Stechginster
* Zottelwicke
* Moosbeere
* Hundszunge
* Wasserschlauch
* Waldgamander
* Echtes Labkraut
* Steinlabkraut
* Pestwurz
* Feinstrahl
* Samkraut
* Mohrkerze
* Hirschzunge
Günthersdorf
Günthersdorf
Torfsumpf
Gaußig
Günthersdorf
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Kleingaußig
Günthersdorf
Kleingaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Günthersdorf
Gaußig
Gaußig
Gaußig
GaußigGünthersdorf
Gaußig
Gaußig
Gaußig
Gaußig
in der Schule ein Notlazarett eingerichtet, da es auch
viele Kranke und Gebrechliche gab, welche von
dem Dr. Weltzien betreut wurden. Auch sorgte dieser erste Ausschuß dafür, daß wieder Brot gebacken
wurde und an die Bevölkerung abgegeben werden
konnte. Auch mußten viele Heimatlose und Flüchtlinge im Dorf untergebracht werden, dann kamen
des öfteren Militärkommandos ins Dorf, die Lebensmittel, Bekleidung, Motor und Fahrräder verlangten. Im Monat Juni wurde dann von Bautzen
aus angeordnet, daß wieder Bürgermeister in den
Dörfern amtieren sollten. In Gaußig wurde Hans
Hofmann für dieses Amt eingesetzt. Er hat bis zum
Frühjahr 1946 dieses schwere Amt bekleidet.
Man kann unmöglich heute noch all die Schwierigkeiten beschreiben, die nach dem totalen Zusammenbruch auftraten und irgendwie überwunden
werden mußten. Sei es die Ernährung einigermaßen
sicherzustellen, die Beschaffung von Baumaterial
zur Behebung der Schäden an Häusern, Brücken
und Straßen, oder im Winter die Versorgung mit
Heizmaterial.
Im sogenannten Seitschner Hay wurde während des
Krieges Munition gelagert und zu Kriegsende gesprengt. 1946 wurde dieses Waldstück abgeholzt,
um Flächen für die Landwirtschaft zu schaffen»
Auch die Familie Hofmann beteiligte sich an dieser
Holzaktion. Dabei ereignete sich später folgender
Unfall: Frau Hanni Hofmann steckte einmal ein
Holzscheit in den Ofen, in welchem noch ein kleines Geschoß oder ein Zünder steckte. Bei der erfolgenden Explosion wurde der Ofen total zerstört und
Frau Hofmann wurde durch die Küche geschleudert
Wie durch ein Wunder kam die hochschwangere
Frau Hofmann mit Prellungen und Hautabschürfungen davon. Bei diesen Arbeiten im Seitschener Hay
verunglückte der Einwohner Ritter aus Brösang
beim Stöcke roden am 7. April 1946 tödlich, als er
mit seinem Handwerkszeug unbeabsichtigt eine
Granate zur Explosion brachte.
Auskünfte von Hans Hofmann, Günthersdorf, vom 2. Februar 1989
Herr Hofmann erlebte das Kriegsende 45 zu Hause
Ende April, beim ersten Vorstoß der Roten Armee
auf Bautzen, wurde auch die Evakuierung der Einwohner von Gaußig. zumindest bis Putzkau, angeordnet. Der größte Teil der Bevölkerung versammelte sich in der Silberschlucht, südlich von Gaußig. Das Vieh wurde nicht mitgenommen. Aber
schon bald kehrte die Bevölkerung zurück. Beim
zweiten Vorstoß des Feindes, Anfang Mai, etwa den
7.5., kam Herr Hofmann mit dem Fahrrad von Seitschen und als er ins Dorf einfuhr, sah er einen russischen Panzerspähwagen vor der Schmiede Lange
stehen. Da er nicht mehr wenden konnte, wurde er
von dem russischen Offizier angehalten und in gebrochenem Deutsch nach deutschen Soldaten gefragt. Daraufhin fuhren die Russen nach Brösang
zurück. Der überwiegende Teil der Einwohner ging
erneut auf die Flucht, in Richtung Sudetenland,
kehrten aber am 8. Mai wieder zurück. Einige Tage
nach der Kapitulation kam eine größere sowjetische
Kraftwagenkolonne ins Dorf und fingen an die Kartoffeln des Rittergutes auf dem Mietenplatz bei der
Feldscheune aufzuladen. Die Erregung im Dorf war
große Man fürchtete, daß man auch die Pflanzkartoffeln abfahren würde. Hofmann begab sich in die
Nähe des Mietenplatzes und sah, daß die Verladung
im vollen Gange war. Zunächst begab er sich in die
Wohnung des Lehrers Schneider, welcher unmittelbar daneben wohnte, und ließ sich von Frau Schneider eine rote Armbinde nähen. Worauf er sich zum
aufsichtführenden Offizier begab und ihm klarzumachen versuchte, daß man unbedingt die Pflanzkartoffeln benötige. Der Offizier hatte durchaus
Verständnis dafür und fragte wieviel man denn
benötige. Da dies aber Hofmann aus dem Stegreif
heraus nicht beantworten konnte, begab er sich unverzüglich zum Gutsinspektor Berndt, welchen er in
der Gutsschreibstube zusammen mit dem Grafen
Schall antraf. Nachdem man sich über die benötigte
Menge geeinigt hatte, wurde Hofmann vom Grafen
gebeten, die Verhandlungen mit den Russen zu
führen. Wobei der Graf noch bemerkte: "Herr Hofmann, es ist uns bekannt, daß Sie schon immer die
demokratische Linie vertreten haben". Hofmann
erreichte dann, daß die Sowjets das benötigte Kartoffelpflanzgut zurückließen.
In den nächsten Wochen war Hofmann mit einigen
Antifaschisten, also den Aktivisten der ersten Stunde, sehr bemüht die größten Schwierigkeiten zu
überwinden. Man richtete in der Gastwirtschaft eine
Suppenküche ein, um die durchkommenden Flüchtlinge notdürftig zu verpflegen. Auch wurde
Aus den hinterlassenen Schriften des Chronisten Martin
Müller:
Gegen Ende des 2. Weltkrieges wurden im Seitschener
Hay große Mengen Munition gelagert. Diese Stapel wurden bei Kriegsende gesprengt. Der tödliche Unfall des
Einwohners Ritter ereignete sich am 7. April 1946.
IMPRESSUM:
Herausgeber: Gemeindeverwaltung Gaußig
Redaktion:
S. Schade und S. Heimert
Satz und Vervielfältigung: DATA style GmbH
Büro Gaußig
0-8601 Gaußig Nr. 24
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