Organische Chemie IV

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Prof. Dr. P. Rademacher
Organische Chemie IV
OCIV-SS2005Teil1
Organische Chemie IV: Reaktive Zwischenstufen (OCIV)
Sommersemester 2005
V2, Di 8-10, S05 R03 H20
(12.04.2005)
Inhaltsverzeichnis
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Reaktionsmechanismen und Reaktive Zwischenstufen
Radikale
Carbene, Nitrene
Arine
Carbokationen
Carbanionen
Zwitterionen, Ylide
Moleküle in elektronisch angeregten Zuständen
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Literatur
F.A. Carey, R.J. Sundberg
Organische Chemie. Ein weiterführendes Lehrbuch
VCH, Weinheim, 1995
(31 UVA2634)
R. A. Moss, M.S. Platz, M. Jones (Eds.)
Reactive Intermediate Chemistry
Wiley, Hoboken, New Jersey, 2004
(31 UVB2980)
M.B. Smith, J. March,
March's Advanced Organic Chemistry. Reactions, Mechanisms, and Structure
5th Edition, Wiley, New York, 2001
(31 UVA2105)
N.S. Isaacs
Physical Organic Chemistry
2nd Edition, Longman, Harlow, 1995
(31 UVA377)
R. Brückner
Reaktionsmechanismen. Organische Reaktionen, Stereochemie, moderne Synthesemethoden
Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 1996
(31 UVB2794)
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Weiterführende Literatur
C. Wentrup
Reaktive Zwischenstufen
Teil I: Radikale, Carbene, Nitrene, gespannte Ringe
Teil II: Carbokationen, Carbanionen, Zwitterionen
Thieme Verlag, Stuttgart, 1979
(31 UVB35)
N.S. Isaacs
Reaktionszwischenstufen der organischen Chemie
Verlag Chemie, Weinheim, 1980
(31 UVB93)
C. Wentrup
Reactive Molecules: The Neutral Reactive Intermediates in Organic Chemistry
Wiley, New York, 1984
(31 UVB292)
C.J. Moody, G.H. Whitham
Reaktive Zwischenstufen, (Basistext Chemie)
VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim, 1995
(31 UVA2626)
R.W. Hoffmann
Aufklärung von Reaktionsmechanismen
Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1976
(31 UPB1508 )
G.W. Klumpp, Reaktivität in der organischen Chemie I: Produkte, Geschwindigkeiten, II: Übergangszustände,
Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1977, 1978
(31 UPA1341)
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T.H. Lowry, K.S. Richardson
Mechanismen und Theorie in der Organischen Chemie
Verlag Chemie, Weinheim, 1980
Organische Chemie IV
(33 UVA204)
R. Breslow
Organische Reaktionsmechanismen
Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1982
P. Sykes
Reaktionsaufklärung, Methoden und Kriterien der Organischen Reaktionsmechanistik
8. Aufl., Verlag Chemie, Weinheim, 1982
(31 UVB1023)
W.T. Borden (Ed.)
Diradicals,
J. Wiley & Sons, New York, 1982
(31 URV31)
B. Giese
Radicals in Organic Synthesis, Formation of Carbon-Carbon Bonds
Pergamon Press, 1986
(31 UVB404)
T. Linker, M. Schmittel
Radikale und Radikalionen in der organischen Synthese
Wiley-VCH, Weinheim, 1998
(31 UVB2841)
J. Fossey, D. Lefort, J. Sorba
Free Radicals in Organic Chemistry
Wiley, Chichester, 1995
(31 URV1108)
Prof. Dr. P. Rademacher
W. Kirmse
Carbene Chemistry
2nd Edition, Academic Press, New York, 1971
Organische Chemie IV
(31 UVW1044)
T. Laue, A. Plagens
Namen- und Schlagwort-Reaktionen der Organischen Chemie in Teubner Studienbücher Chemie
2. Aufl., B.G. Teubner, Stuttgart, 1995.
(31 UVA2595)
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Reaktionsmechnismen und Reaktive Zwischenstufen
Reaktionsmechanismus
Im Idealfall vollständige Beschreibung sämtlicher an der Reaktion beteiligter Teilchen während der gesamten
Umsetzung. Direkte Beobachtung der reagierenden Teilchen erfordert eine zeitliche Auflösung von < 10-13 s.
Möglich mit Hilfe der Femtosekunden-Chemie.
A. H. Zewail
Nobelpreis Chemie 1999:
"for his studies of the transition states of chemical reactions using femtosecond spectroscopy"
A. Zewail, Angew. Chem. 2000, 112, 2688-2738 (Nobel-Aufsatz).
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Der Reaktionsmechanismus soll
• mit sämtlichen über die Reaktion bekannten Fakten im Einklang stehen
• Vorhersagen über den Einfluss der Reaktionsbedingungen (Polarität des Lösungsmittels, Druck, Temperatur,
Katalysatoren usw.) aber auch (struktureller) Veränderungen der Reaktionspartner, gestatten
• nicht unnötig kompliziert sein
• "vernünftig" (plausibel) sein, also mit der chemischen Erfahrung im Einklang stehen
• dem Prinzip kleinster Strukturänderungen Rechnung tragen
• in allen Reaktionsschritten energetisch möglich sein.
Komplexe Reaktionen
• lassen sich in Einzelschritte zerlegen
• jeder Einzelschritt ist mono- oder bimolekular
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Aktivierungsenergie
Beispiel: Claisen-Umlagerung des Allylvinylethers
Hypothese, zweistufiger Ablauf: 1. homolytische Spaltung der C−O-Bindung
2. Knüpfung der C−C-Bindung
Eine der C−O-Bindungs-Dissoziation entsprechende Energie, also ca. 340 kJ/mol, wäre erforderlich.
Tatsächlich beträgt die Aktivierungsenergie nur ∆G* = 137 kJ/mol
O
Allylvinylether
Edukt
E
150 °C
O
Übergangszustand
ÜZ
O
4-Pentenal
Produkt
P
Einstufiger, konzertierter Verlauf
Die Reaktion verläuft also auf einem energetisch weniger anspruchsvollen Weg, über energieärmere
Zwischenzustände
Übergangszustand (ÜZ) (aktivierter Komplex), wird aus dem Ausgangsstoff (Edukt) gebildet, entspricht dem Punkt
maximaler Energie im (zweidimensionalen) Energieprofil-Diagramm der Reaktion.
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Beispiel für den Verlauf der Potentiellen
Energie bei einer einfachen Reaktion:
H−H + D• → H−D + H•.
Energiediagramm einer einstufigen
Reaktion.
Der Übergangszustand entspricht einem
Sattelpunkt.
Die gestrichelte Kurve kennzeichnet die
Reaktionskoordinate.
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∆G
∆G*
∆G bestimmt die Lage des Gleichgewichts,
∆G* bestimmt die Reaktionsgeschwindigkeit
∆G
Auf analoge Weise lässt sich die Reaktionskoordinate für die Claisen-Umlagerung mit Hilfe des C---O-Abstandes
x und des C---C-Abstandes y definieren:
x
O
y
Reaktionskoordinate, z.B. f(x, y): Bei der Reaktion wird x größer, und y wird kleiner.
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Übergangszustände
entziehen sich in der Regel einer direkten Beobachtung, da sie einem Energiemaximum auf der Reaktionskoordinate
entsprechen, also äußerst kurzlebig sind.
Hammond-Postulat
Teilchen, die längs einer Reaktionskoordinate eng aufeinander folgen und damit vergleichbare Energieinhalte
besitzen, ähneln sich auch in ihrer Struktur.
Zwei Grenzfälle:
exergonische (exotherme) Reaktion:
ÜZ ≈ Edukt
"früher" ÜZ
endergonische (endotherme) Reaktion: ÜZ ≈ Produkt "später" ÜZ
ÜZ
ÜZ
RK
Exergonische Reaktion
RK
Endergonische Reaktion
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Bei einer zweistufigen Reaktion, E → Z → P, ist das Zwischenprodukt Z ein besseres Modell für die
Übergangszustände als Edukt E bzw. Produkt P:
E
Z
P
Wenn man die Struktur und die Energie jeder Zwischenstufe und jedes Übergangszustands kennt, kann man den
Mechanismus der Reaktion als geklärt betrachten.
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Beispiel für eine mehrstufige Reaktion: Hofmann-Abbau von Amiden
Isolierbare Zwischenstufen: R-CO-NHBr, RCO-NBr(-), R-NCO
metastabile Zwischenstufen: R-CO-N (?), R-NH-CO2H
Das Acylnitren, R-CO-N, ist wahrscheinlich keine echte Zwischenstufe.
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Reaktive Zwischenstufen
Zwischenstufe Z kann
• isolierbar (stabil, persistent) sein
• nicht isolierbar (metastabil, transient, instabil) sein
je nach Tiefe ihrer Energiemulde.
Molekülschwingung ≈l0-l3 s. Wenn Z innerhalb dieser Zeit zerfällt, ist es keine Zwischenstufe.
Nachweis instabiler (metastabiler) Zwischenstufen
a) Abfangreaktionen
Radikale R. mit Inhibitoren: Chinon, Hydrochinon, O2, I2, Disulfide
Bildung von Nichtradikalen bzw. von stabilen (reaktionsträgen) Radikalen
OR
OH
4 R. +
+ 2 H-R
OR
OH
Carbene R2C:
Addition an Doppelbindungen unter Bildung von Dreiringen (Cyclopropanen)
+
H2C:
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Arine
Abfangen mit einem Dien als Diels-Alder-Addukt, z. B. mit Furan
G. Wittig, Angew. Chem. 1957, 69, 245.
OH
+
H3O(+)
O
O
1-Naphthol
b) Nachweis von Zwischenstufen durch physikalische Methoden
Wichtige Methoden: UV/Vis, IR, Raman, NMR, ESR (Radikale)
Beispiele:
Nitronium-Ion, NO2(+), in der Nitriersäure oder als stabiles Salz wie NO2(+)BF4(-):
Raman-Spektrum, Linie bei 1400 cm-1.
Radikale
Auftreten von Signalen im ESR-Spektrum.
Bromonium-Ionen
Handelt es sich um ein symmetrisches (Bromonium-Ion) oder unsymmetrisches (α-Bromcarbenium-Ion)
Zwischenprodukt?
+
Br
Br
+
oder
C
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H-NMR von
Br
+
SbF5Br(-)
Nur ein Signal bei δ = 2.9 ppm. Dies spricht für die symmetrische Struktur.
Das unsymmetrische Carbenium-Ion sollte zwei verschiedene Signale mit gleicher Intensität zeigen.
Allerdings lässt sich ein schnelles Gleichgewicht nicht ausschließen.
Br
Br
+
C
+
C
Nachweis und Struktur "stabiler" Bromonium-Ionen: D. Lenoir, C. Chiappe, Chem. Eur. J. 2003, 9, 1037-1044.
Matrix-Isolationstechnik
Das (reaktive) Teilchen wird in einer Inertgas-Matrix (zumeist Ar) bei tiefer Temperatur erzeugt und
spektroskopisch untersucht.
Wirt-Gast-Komplexe
Das (reaktive) Teilchen wird als "Gast" in ein (inertes) größeres Molekül ("Wirt") eingeschlossen und kann auch bei
Normaltemperatur untersucht werden.
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