Knochenarchitektur bei Frauen

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MEDIZIN, WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG
Knochenarchitektur bei Frauen
mit unbehandelter Zöliakie deutlich verändert
zz Auswirkungen der
unbehandelten Zöliakie
zz Verbesserungen bei der Diagnose
von Beeinträchtigungen der
Knochenarchitektur
Schon lange ist bekannt, dass die Zöliakie Auswirkungen auf die Knochen im Sinne
von Osteopenie und Osteoporose haben kann. Eine Osteopenie beschreibt eine Verminderung der Knochendichte als Vorstufe zur Osteoporose. Nicht immer muss aus
einer Osteopenie eine Osteoporose folgen, sondern kann länger auf dem Niveau
verbleiben. Dabei besteht für die Betreffenden ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche, vor allem an den Extremitäten. Brüche der Speiche (Radius) werden in einigen
Studien besonders häufig beobachtet. Die glutenfreie Ernährung gilt als Möglichkeit zur gezielten Behandlung.
Der Knochen ist ein Gewebe, das lebenslang dem Umbau unterworfen ist. Dabei
findet sowohl Knochenaufbau als auch -abbau statt. Üblicherweise überwiegt im
Kindes- und Jugendalter der Knochenaufbau, mit ca. 20-25 Jahren hat der Knochen
die höchste Knochenmasse erreicht. Auch im Alter erfolgt immer gleichzeitig zum
Abbau auch ein Knochenaufbau, jedoch in deutlich geringerem Maße als im Jugendalter. Bewegung, Ernährung, Krankheiten, hormonelle Situation und familiäre
Veranlagung sind einige der Faktoren, die das Gesamtgeschehen beeinflussen. Der
Knochen besteht aus verschiedenen Anteilen, der äußeren Kortikalen, umhüllenden
Knochen, der die Form gibt und dem Inneren mit den kleinen Knochenbälkchen, dem
trabekulären Knochen. Bei der Osteoporose findet man eine deutlich verminderte
Knochenmasse und eine starke Reduktion der Knochenbälkchen. Zur Messung der
Knochendichte kommt heute meist die DEXA (Dual Energy X-Ray-Absorptiometrie)
zum Einsatz. Dabei handelt es sich allerdings um eine zwei-dimensionale Methode,
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DZG AKTUELL 03/2015
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bei der nicht die tatsächliche Struktur in allen drei Ebenen untersucht werden kann. Dies bedeutet eine gewisse Einschränkung
in der Aussage, zumal auch nicht zwischen den beiden oben beschriebenen unterschiedlichen Knochenanteilen unterschieden
werden kann. Daher wurde in der vorliegenden Studie eine neue
Methode eingebracht, mit der der Knochen in seiner dreidimensionalen Gesamtbeschaffenheit untersucht werden soll. Diese
HR-pQCT (high resolution peripheral quantitative computed tomography = hochauflösendes CT) vermag die Mikroarchitektur des
Knochens genauer darzustellen und somit eine genauere Aussage
zur Knochengesundheit zu treffen.
In der vorliegenden Studie wurden 31 Frauen mit unbehandelter
Zöliakie vor der Menopause und 22 Frauen zum Vergleich untersucht. Dabei wurden HR-pQCT- und DEXA-Untersuchungen an
verschiedenen Stellen des Skeletts innerhalb eines Monats nach
Diagnosestellung und Beginn der glutenfreien Ernährung sowie
Bluttests auf Calcium, Parathormon, Vitamin D und C-Telopeptid
durchgeführt. Das C-Telopeptid wird im Blut gemessen und gilt als
Marker für den Knochenabbau, wird also vermehrt nachgewiesen
bei verstärktem Rückgang. Keine der Frauen hatte bisher einen
Knochenbruch zuvor erlitten.
Es zeigte sich, dass im HR-pQCT nahezu alle gemessen Parameter
an der Speiche, vor allem aber die des trabekulären Knochens bei
den Zöliakie-Patientinnen signifikant schlechter waren als bei den
Vergleichspersonen. Auch am Schienbeinknochen konnten ähnliche Auffälligkeiten festgestellt werden. Zöliakiebetroffene, die
zum Zeitpunkt der Diagnosestellung Beschwerden hatten (symptomatische Zöliakie) zeigten stärkere Veränderungen als diejenigen, die keine Beschwerden hatten (subklinische Zöliakie).
In der DEXA-Untersuchung fand man ebenfalls bei den Zöliakiebetroffenen Frauen signifikant schlechtere Werte an der Wirbelsäule und dem Schenkelhals im Vergleich zur Kontrollgruppe, die
Werte lagen jedoch noch im Normbereich. Die Werte an der Speiche lagen im unteren Grenzbereich und zeigten damit stärkere
Auffälligkeiten als an den übrigen Messpunkten. Auch hier galt
dies vor allem für die symptomatischen Patientinnen, weniger für
diejenigen mit einer subklinischen Form.
Der Calciumwert im Blut lag im Durchschnitt im Normbereich,
aber bei 7 Betroffenen konnte ein Wert unterhalb der Norm gemessen werden. Ein Drittel der Patientinnen zeigte eine Erhöhung
des Parathormons. Dieses Hormon der Nebenschilddrüse wird bei
Vitamin D-Mangel vermehrt ausgeschüttet und bewirkt eine verstärkte Resorption von Calcium aus dem Knochen. So zeigte sich
auch bei den meisten Frauen mit Zöliakie ein erniedrigtes Vitamin
D, nur bei 10% lag es über der gewünschten Konzentration von
30 ng/ml. Ein Drittel der Betroffenen wies erhöhte Werte des CTelopeptids als Zeichen des vermehrten Knochenabbaus auf.
dar, das der Körper benötigt. Liegt eine negative Calciumbilanz
vor, wie es bei Zöliakie oftmals der Fall ist, in dem weniger Calcium aufgenommen als verbraucht wird, löst der Körper das benötigte Calcium aus dem trabekulären Knochen. Dies kann durch die
neuere Diagnostik mittels HR-pQCT besser dargestellt werden als
über die herkömmliche DEXA-Untersuchung. Im kortikalen Knochen findet weniger Stoffwechselaktivität statt, er dient mehr der
Stabilisierung. Dennoch können auch hier geringe Veränderungen
an der Dicke der Kortikalis schon in einer reduzierten Knochenstärke auswirken.
In dieser Studie wurde das erste Mal die HR-pQCT-Untersuchung
bei Zöliakiepatientinnen eingesetzt und zeigte signifikante Veränderungen in den meisten geprüften Parametern am Knochen. Es
zeigt sich aber auch im bisherigen Goldstandard, der DEXA eine
deutliche Verminderung der Knochendichtewerte vor allem in der
Speiche, aber auch im Schienbein. Die Veränderungen der Kortikalis waren nicht so stark ausgeprägt, dennoch muss man vermuten,
dass hier bereits geringere Veränderungen zu einer Beeinträchtigung der Knochenfestigkeit führen können. Dabei findet man bei
symptomatischen Patientinnen eine stärkere Auswirkung der Zöliakie am Knochen. Die unterschiedlichen Veränderungen im Bereich des Knocheninneren und -äußeren lassen darauf schließen,
dass die Zöliakie verschiedene Effekte auf den jeweiligen Bereich
ausübt. Auch die DEXA-Testung konnte die Veränderungen an der
Speiche gut darstellen, wo auch die häufigsten Knochenbrüche in
dieser Altersgruppe zu erwarten sind. Neben den bildgebenden
Methoden wiesen auch die Blutuntersuchungen entsprechende
Auffälligkeiten mit zum Teil erniedrigtem Calcium und Vitamin
D sowie erhöhten Parathormon- und C-Telopeptid-Werten auf.
Aber auch die entzündlichen Vorgänge des Autoimmunprozesses
sollten neben dem Vitamin-D und Calciummangel bei den Ursachen des vermehrten Knochenabbaus bedacht werden.
Hier wurden nur Teilaspekte des Knochengerüstes untersucht,
die Auswirkungen auf die Knochenbrüchigkeit haben können.
Weitere Studien werden klären müssen, welche Faktoren bei der
Zöliakie auf den Knochen einwirken und verändern.
Zanchetta MB et al, Significant bone microarchitecture
impairment in premenopausal women with active celiac disease, Bone 2015; 76: 149-157
zz Dr. med. Stephanie Baas,
Fachmedizinische Beraterin der DZG
Der trabekuläre Knochen ist insgesamt der Teil, der größeren Umbauprozessen unterworfen ist. Der Knochen dient nicht nur als
Stütze des Körpers, sondern stellt den Speicher für das Calcium
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