Logik und Beweise - Institut für Mathematik

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Fachschaft Mathematik
Institut für Mathematik
Humboldt-Universität zu Berlin
Warm-Up
WS 2016/17
Vorlesung
Beweise und Logisches Schließen
Der folgende Abschnitt dient nur zur Wiederholung des Stoffes der ersten Vorlesung und sollten
nur genannt bzw. Teilweise schon vor der Vorlesung angeschrieben werden.
Wiederholung
Aussagen sind sprachliche Gebilde, denen, abhängig von einem Kontext, in sinnvoller Art und
Weise Wahrheitswerte „wahr“ (w) beziehungsweise „falsch“ (f) zugeordnet werden können.
Verknüpfung von Aussagen Von der ersten Vorlesung sind die folgenden Operationen zwischen Aussagen bekannt
A
w
w
f
f
B
w
f
w
f
¬A
f
f
w
w
A∧B
w
f
f
f
A∨B
w
w
w
f
A =⇒ B
w
f
w
w
A ⇐⇒ B
w
f
f
w
Dort wurde auch die Definierbarkeit von „ ⇐⇒ “ Mithilfe von „∧“ und „ =⇒ “ gegeben:
(A ⇐⇒ B) ⇐⇒ ((A =⇒ B) ∧ (B =⇒ A))
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1 Folgerungen
1.1 Beziehungen zwischen den Konnektoren
Wir wollen weitere Beziehungen zwischen den Symbolen angeben. Beweisen lassen sich diese
alle mittels Wahrheitswertetabellen.
Seien A, B und C beliebige Aussagen
1. ¬(¬A) ⇐⇒ A (Doppelte Negation)
2. De Morgan’sche Regeln:
¬(A ∧ B) ⇐⇒ ¬A ∨ ¬B
¬(A ∨ B) ⇐⇒ ¬A ∧ ¬B
3. Kommutativität von ∧ und ∨
A ∧ B ⇐⇒ B ∧ A
A ∨ B ⇐⇒ B ∨ A
4. Distributivität von ∧ und ∨
(A ∧ (B ∨ C)) ⇐⇒ (A ∧ B) ∨ (A ∧ C)
(A ∨ (B ∧ C)) ⇐⇒ (A ∨ B) ∧ (A ∨ C)
5. das Gesetz der Kontraposition:
(A =⇒ B) ⇐⇒ (¬B =⇒ ¬A)
6. folgende Äquivalenz:
(A =⇒ B) ⇐⇒ (¬A ∨ B) ⇐⇒ (¬(A ∧ ¬B))
Daher die Negation von A =⇒ B ist mit Hilfe von 1. A ∧ ¬B.
7. Transitivität der Implikation
((A =⇒ B) ∧ (B =⇒ C)) =⇒ (A =⇒ C)
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1.2 Transferprinzip für Mengen
Da die Grundmengenoperationen direkt über die logischen Operatoren definiert sind, lassen
sich viele der logischen Beziehungen direkt auf Mengen übertragen.
Es gelten folgende Dualitäten1 :
Symbol in der Logik
falsch
wahr
¬A
A∧B
A∨B
A =⇒ B
A ⇐⇒ B
Symbol in der Mengenlehre
∅
T
AC
A∩B
A∪B
A⊆B
A=B
Beispiele So lässt sich der De Morgan für Mengen direkt übersetzen zu
(A ∩ B)C = AC ∪ B C
bzw. (A ∪ B)C = AC ∩ B C
Achtung, für Aussagen A und B ist sowohl A ∧ B als auch A ⇒ B wieder eine Aussage.
Für zwei Mengen A und B ist jedoch A ∩ B eine Menge aber A ⊆ B eine Aussage und keine
Menge.
2 Quantoren
Häufig kommt es vor, dass man beispielsweise Aussagen über alle Elemente einer Menge oder
die Existenz eines Elementes mit einer besonderen Eigenschaft machen möchte. Hierfür gibt es
die Symbole
Symbol – Beschreibung
∀
∃
∃!
1
Beispiel
– Für alle, Für jedes
– Es gibt ein, Es existiert ein
– Es gibt genau ein
∀n ∈ N : n < n + 1
∃x ∈ R : x(x − 21 ) = 0
∃!x ∈ Z : x(x − 12 ) = 0
Mit T sei die Trägermenge gemeint, bezüglich der das Komplement AC gebildet wird.
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Negation von Aussagen mit Quantoren
Die Symbole ∀ und ∃ sind komplementär: Negiert man eine Aussage mit Quantoren, so wird
jedes ∀ in ein ∃ umgewandelt und umgekehrt. Die inneren Aussagen werden ganz normal negiert,
die Aussagen des Quantors bleiben unberührt. Beispiel:
¬ (∀x ∈ R : ∃ε > 0 : |x| > ε) ⇐⇒ ∃x ∈ R : ∀ε > 0 : |x| ≤ ε
Für den ∃!-Quantor gibt es keine einfache Regel zur Negation.2
3 Beweise
In der Mathematik möchte man wissen, wann Aussagen wahr sind bzw. unter welchen Voraussetzungen. Eine Aussage ist bewiesen, wenn man eine Folge von logischen Schlüssen angegeben
hat, an deren Anfang eine wahre Aussage, und an deren Ende die zu beweisende Aussage
steht.Das Ende eines Beweises wird zur meist gesondert gekennzeichnet, häufig durch , oder die Floskel q.e.d.3 . Auch oft im Zusammenhang mit Beweisen benutzt:
• z.z. – „zu zeigen“ leitet einen Hinweis darauf ein, was noch zu beweisen ist.
• trivial – Wird meist benutzt, wo genaue Details des Beweises weggelassen werden, da
der Beweisende der Meinung ist, die so beschriebene Aussage folge ohne intellektuelle
Herausforderung.
• o.B.d.A., o.E. – „ohne Beschränkung der Allgemeinheit“ bzw. „ohne Einschränkung“ Oft
wird nur ein Teil des Beweises gezeigt, da der Rest analog oder trivial ist. Bei der Verwendung solltet ihr klar machen, wie die Analogie aussieht bzw. warum dies trivial ist.
Beweise sind rein logisch und müssen nicht empirisch durch „Expertengutachten“, „Experimente“
oder ähnliches gestützt werden. Wenn die Schlüsse richtig sind, also der Beweis richtig geführt
wurde, dann gilt die bewiesene Aussage unter den gegebenen Voraussetzungen immer.
Die Voraussetzungen sind im besten Fall ebenfalls bereits bewiesen Aussagen. Allerdings können
einige Aussagen nicht bewiesen werden, weil sie zu fundamental sind. Diese nennt man Axiome
und sie bilden das Grundgerüst der Mathematik.
Ein Beispiel wäre hier das bereits genannte:
2
3
Es gilt ∃!x : P (x) ⇐⇒ ∃x : (P (x) ∧ (∀y : P (y) =⇒ y = x)) und letzteres lässt sich dann negieren.
„Quad erat demonstrandum“ – „was zu zeigen war“
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• Extensionalitätsaxiom Zwei Mengen sind gleich, wenn Sie die selben Elemente haben.
z.B. sind {1, 5, 5} und {5, 1} als Mengen gleich.
3.1 Der direkte Beweis
Ausgangspunkt ist eine gegebene (wahre) Aussage A, aus dieser auf direktem Wege mit gültigen Schlüssen (zum Beispiel Äquivalenzumformungen) die zu beweisende Aussage B gefolgert
wird:
A =⇒ B.
Beispiel
Satz: Die Summe zweier gerader ganzer Zahlen ist gerade.
Beweis: Annahme: Seien x, y zwei ganze gerade Zahlen (direkte Annahme).
Dann gilt (wegen der als bekannt vorausgesetzten Defintion von „x ist gerade“):
x ist durch 2 teilbar und y ist durch 2 teilbar:
2 | x ∧ 2 | y.
Dann gibt es aber ganze Zahlen a, b ∈ Z mit
x=2·a
und
y =2·b
Daher folgt:
x + y = 2a + 2b = 2(a + b)
und somit existiert eine ganze Zahl c ∈ Z (nämlich c = a + b) mit x + y = 2c.
Es folgt: 2 | (x + y) und deshalb ist x + y gerade.
Diese Art zu beweisen ist meist die einfachste, weil sie der natürlichen Herangehensweise entspricht.
Hinweis Man kann den Beweis angreifen, indem man die Folgerungen bezweifelt oder bestreitet, dass aus den Folgerungen die Aussage folgt.
Man kann einen Beweis nicht angreifen, indem man die Voraussetzung angreift!
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3.2 Der Beweis durch Kontraposition
Beim Beweis durch Kontraposition macht den Umkehrschluss zum direkten Beweis A =⇒ B.
Dabei nimmt man an, ¬B wäre war und schließt dann logisch auf ¬A. Grundlage ist die logische
Äquivalenz von A =⇒ B und ¬B =⇒ ¬A.
Veranschaulichen kann man sich dies an folgenden Beispiel: „Wenn es geregnet hat, dann ist
die Straße nass.“ wird mittels Kontraposition zu „Wenn die Straße nicht nass ist, kann es nicht
geregnet haben.“
Beispiel Satz: Für alle a, b ∈ N gilt:
a+b
a−b
unkürzbar =⇒
a
b
unkürzbar.
Beweis: (per Kontraposition)
Annahme: Sei
a
b
kürzbar.
Dann besitzen a und b einen gemeinsamen Teiler m, sodass r, s ∈ N existieren mit
a=m·r
und
b=m·s
a − b = m(r − s)
und
a + b = m(r + s)
Dann ist aber
Also besitzen auch (a−b) und (a+b) den gemeinsamen Teiler m und der Bruch
a+b
a−b
ist kürzbar.
3.3 Indirekter Beweis
Beim indirekten Beweis geht man von der Verneinung der Behauptung B aus, nimmt also
an, dass B falsch sei, und versucht zusammen mit der Vorraussetzung A einen Widerspruch
abzuleiten. Man nennt einen solchen Beweis auch Widerspruchsbeweis4 . Mögliche Formen sind
dabei:
• ¬B ∧ A =⇒ ¬A
• ¬B ∧ A =⇒ B
• ¬B ∧ A =⇒ beliebig falsche Aussage
4
„Reductio ad absurdum“ ist der Fachterminus.
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Beispiel Satz: Seien A und B zwei Mengen mit der Eigenschaft A ∪ B ⊆ A ∩ B, dann sind
die Mengen bereits gleich d.h. es gilt A = B.
Beweis: (durch Widerspruch) Seien A und B zwei Mengen mit der Eigenschaft A∪B ⊆ A∩B.
Angenommen es wären A 6= B, dann gibt es mindestens ein x welches in der einen Menge
enthalten ist und in der anderen nicht. O.B.d.A. sei x ∈ A und x ∈
/ B, andernfalls tausche man
die Variablen A und B in der Argumentation. Dann ist wegen x ∈ A auch x ∈ A ∪ B und
wegen der Voraussetzung folgt dann x ∈ A ∩ B. Dann ist folglich x ∈ B was im Widerspruch
zur Annahme x ∈
/ B steht.
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