Euthyreote Struma mit und ohne Knoten

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MEDIZIN
Euthyreote Struma mit und ohne
Knoten – Diagnostik und Therapie
Dagmar Führer, Andreas Bockisch, Kurt Werner Schmid
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Eine Schilddrüsenvergrößerung und Schilddrüsenknoten sind häufige Befunde in der Allgemeinbevölkerung. Im Anschluss an die diagnostische Abklärung
stellt sich die Frage nach der geeigneten Behandlung.
Methode: Selektive Literaturrecherche und Auswertung
von Originalarbeiten und Review-Artikeln aus PubMed sowie der Empfehlungen von Fachgesellschaften wie der
Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin, Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft, European Thyroid Association und American
Thyroid Association. Zeitraum der Recherche 1990–2012.
Ergebnisse: Es liegen nur sehr wenige randomisierte Studien zur Diagnostik und Therapie vor. Neben „wait and
watch“ kommen bei der Knotenstruma eine medikamentöse Behandlung, initial mit Levothyroxin und Jodid, die
Radiojodtherapie oder eine chirurgische Therapie infrage.
Schlussfolgerungen: Viele Patienten mit Knoten bedürfen
keiner Therapie. Eine Behandlung ist bei Malignomverdacht, Beschwerden oder einer Schilddrüsenautonomie erforderlich. Bei Malignomverdacht muss operiert werden.
Ist das Primärziel eine Volumenverkleinerung, kommt bei
der euthyreoten Knotenstruma alternativ, neben der
Schilddrüsenchirurgie, auch eine Radiojodtherapie infrage.
Eine medikamentöse Behandlungsoption besteht bei kleinen Knoten/Strumen, eine iatrogene Hyperthyreose ist
hierbei unbedingt zu vermeiden. In Abhängigkeit von der
Therapie wird eine gezielte Nachsorge erforderlich.
►Zitierweise
Führer D, Bockisch A, Schmid KW: Euthyroid goiter
with and without nodules—diagnosis and treatment.
Dtsch Arztebl Int 2012; 109(29–30): 506–16.
DOI: 10.3238/arztebl.2012.0506
Klinik für Endokrinologie Universitätsklinikum Essen, Universität
Duisburg-Essen: Prof. Dr. Dr. med. Führer
Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Essen, Universität
Duisburg-Essen: Prof. Dr. med. Dr. rer. nat Bockisch
Institut für Pathologie und Neuropathologie Universitätsklinikum Essen,
Universität Duisburg-Essen: Prof. Dr. med. Schmid
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on einer Struma spricht man, sobald das Schilddrüsenvolumen oberhalb des geschlechts- und
altersspezifischen Normbereichs liegt. Bei Frauen bedeutet dies ein Schilddrüsenvolumen > 18 mL, bei
Männern > 25 mL. Eine Struma stellt lediglich ein
Symptom dar. Sie hat vielfältigste Ursachen und Morphologien (Tabelle 1) und kann mit einer euthyreoten,
hyperthyreoten oder hypothyreoten Stoffwechsellage
einhergehen. Dieser Übersichtsartikel behandelt die
Entitäten euthyreote Struma diffusa und Knotenstruma (Struma uni- oder multinodosa). Die Evidenzlage
zur Diagnostik und Behandlung der Struma (nodosa)
ist gering. Es werden deshalb die wesentlichen Empfehlungen nationaler und internationaler Schilddrüsenfachgesellschaften erläutert und diskutiert.
V
3
Punkte
cme
Teilnahme nur im
Internet möglich:
aerzteblatt.de/cme
Lernziele
Die Lernziele dieses Beitrags für den Leser sind:
● Die Bedeutung der ursächlichen Abklärung einer Struma nodosa und diffusa kennenzulernen.
● Den Stellenwert einzelner diagnostischer Verfahren für die Abklärung der Struma zu verinnerlichen.
● einen Überblick zur aktuelle Datenlage zu Behandlungsoptionen bei der Struma diffusa und
bei der Struma nodosa zu erhalten.
Epidemiologie und klinische Aspekte von
Struma diffusa und Struma nodosa
Schilddrüsenvergrößerung und Schilddrüsenknoten
sind häufige Befunde in der Allgemeinbevölkerung.
In der 2003 publizierten ersten Untersuchung der
„Study of Health in Pomerania“-(SHIP-)Kohorte
wurden bei 35,9 % der 3 941 Probanden mit bislang
nicht bekannter Schilddrüsen(SD)-Erkrankung eine
Struma und bei 20,2 % der Probanden SD-Knoten
nachgewiesen (1). In der Papillon-Studie, in der
96 278 Werkstätige ohne vorbekannte SD-Erkrankung untersucht wurden, lag die Knotenprävalenz
Definition
Von einer Struma spricht man, sobald das
Schilddrüsenvolumen bei Frauen > 18 mL und
bei Männern > 25 mL beträgt.
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bei 23,3 % und die Strumaprävalenz bei 9,7 % (2).
Struma- und Knotenprävalenz korrelieren eng mit
der Jodversorgung der Bevölkerung. In der aktuell
publizierten 5-Jahres-Verlaufsuntersuchung der
SHIP-Kohorte zeigte sich ein Rückgang von Struma
und Knotenprävalenz infolge einer verbesserten Jodversorgung (e1).
Pathogenetische Faktoren, die zur Entstehung der
Struma diffusa oder nodosa beitragen, sind in den
Grafiken 1 und 2 dargestellt (3, 5, e2).
Die meisten Strumen sind asymptomatisch (4).
Das Vermeiden von Halsketten, Rollkragenpullovern
oder eine Zunahme der Kragengröße können Hinweise auf eine Struma sein. Von einer sichtbaren
Schilddrüsenvergrößerung ist ab einem Volumen von
etwa 40 mL auszugehen (4). Eine mechanische Beeinträchtigung (Tracheal- und/oder Ösophaguskompression) lag in einem chirurgischen Kollektiv bei 30
bis 85 % der Patienten vor, auch bei scheinbar
asymptomatischen Patienten (4). Die Symptomatik
hängt maßgeblich von der Lokalisation der Struma
(Dysphagie oder Dyspnoe oft bei retrosternalem beziehungsweise retrotrachealem Wachstum) und der
Wachstumsdynamik der Struma ab (4).
Diagnostik der Struma diffusa
und Struma nodosa
Bei Verdacht auf eine Struma oder bei einer sichtbaren SD-Vergrößerung sind folgende Untersuchungen
im Rahmen der Basisdiagnostik indiziert (5–7):
● Anamneseerhebung und klinische Untersuchung im Hinblick auf die Struma-Ursache, eine
mögliche SD-Funktionsstörung und eine Kompressionssymptomatik
● Sonographie der Schilddrüse zum Nachweis der
SD-Vergrößerung und zur morphologischen
Abgrenzung einer Struma diffusa, Struma unioder multinodosa, von anderen Ursachen einer
Struma (Tabelle 1)
● Thyreoidea-stimulierendes Hormon(TSH)-Bestimmung zur Beurteilung der Schilddrüsenfunktion
Bei klinischem und/oder sonographischem Nachweis einer uni- oder multinodösen Knotenstruma
sind zusätzliche Fragestellungen zu klären:
● Liegt eine Schilddrüsenautonomie vor?
● Handelt es sich bei dem Knoten/den Knoten um
benigne Veränderungen oder ein Schilddrüsenmalignom?
Diagnostik
• Anamneseerhebung und klinische Untersuchung
in Hinblick auf die Struma-Ursache
• Sonographie der Schilddrüse
• TSH-Bestimmung zur Beurteilung der Schilddrüsenfunktion
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Zur Abklärung dieser Fragestellungen stehen neben der Anamneseerhebung und klinischen Untersuchung die Labordiagnostik, funktionelle (Szintigraphie) und bildgebende Verfahren (Sonographie, in
Sonderfällen Nativ-Computertomographie oder
Magnetresonanztomographie sowie die Feinnadelbiopsie [FNB]) zur Verfügung, deren Indikation und
Stellenwert bei der Struma nodosa nachfolgend kurz
dargestellt wird (5–7):
Anamnese und klinische Untersuchung bei
der Knotenstruma
Ziel ist die Erfassung von mechanischen Symptomen
wie Belastungsdyspnoe und/oder Dysphagie und die
Beurteilung, ob ein erhöhtes Malignomrisiko besteht. Nach folgenden Punkten sollte gefragt werden:
● Dauer und Progression der Schilddrüsenvergrößerung
● zurückliegender Bestrahlung der Kopf- und
Hals-Region (erhöhtes Risiko für ein Schilddrüsenmalignom)
● neu aufgetretener Heiserkeit
● familiärer Disposition als Hinweis für ein hereditäres SD-Malignom, beispielsweise im Rahmen
einer multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2.
Eine Symptomfreiheit schließt das Vorliegen eines
Schilddrüsenmalignoms nicht aus (6).
Die Palpation ermöglicht eine weitere Beurteilung
hinsichtlich der Ausdehnung der Struma und klinischen Malignitätszeichen (harter, nicht schluckverschieblicher SD-Prozess und vergrößerte Halslymphknoten) sowie anderer Erkrankungen, die als
Knotenstruma verkannt werden können wie beispielsweise Berührungsempfindlichkeit und Druckschmerz bei Thyreoiditis de Quervain (6).
Labordiagnostik bei der Knotenstruma
Neben der TSH-Bestimmung wird bei jedem Patienten mit euthyreoter Knotenstruma die Bestimmung
des Calcitonin empfohlen, um ein medulläres Schilddrüsenkarzinom (MTC) nicht zu übersehen (5, 7–8).
Bei reproduzierbar erhöhtem basalem Calcitoninspiegel (Grenzwerte variieren in Abhängigkeit vom
verwendeten Test) ist zur Abgrenzung anderer Ursachen einer Hypercalcitoninämie die Durchführung
eines Stimulationstests mit Pentagastrin oder Calcium entsprechend der Empfehlung der Sektion
Schilddrüse der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) indiziert (8, e3).
Anamnese bei der Knotenstruma
• Progression der Schilddrüsenvergrößerung?
• zurückliegende Bestrahlung der Kopf-Region?
• neu aufgetretene Heiserkeit?
• familiäre Disposition als Hinweis für ein hereditäres SD-Malignom?
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TABELLE 1
Ursachen einer Schilddrüsenvergrößerung (Struma)
Pathologie
SD-Funktion
Bemerkung
Struma diffusa
euthyreot
Struma nodosa
(uni- oder multinodosa)
euthyreot-hyperthyreot
kann in Jodmangelgebieten in Kombination mit Autoimmunthyreoiditis vorliegen
SD-Malignom
euthyreot
kann in einer Struma nodosa und/oder Autoimmunthyreoiditis
vorliegen
Autoimmunthyreoiditis
euthyreot, hypo- oder hyperthyreot
Destruktion der Thyreozyten bei Hashimoto-Thyreoiditis,
TRAK-vermittelte Thyreozytenstimulation beim M. Basedow
Thyreoiditis de Quervain
euthyreot, hypo- oder hyperthyreot
meist druckschmerzhaft, erhöhte Entzündungsparameter,
Fieber und Allgemeinzustand verschlechtert
Riedelstruma
euthyreot
Zyste
euthyreot
SD-Hormon-Synthesestörung
hypothyreot-euthyreot
TSH-getriggerte Struma multinodosa
SD-Hormonresistenz
euthyreot
Endorgan-abhängige Funktion
Akromegalie
euthyreot
IGF-1-abhängig
Medikamente
(Lithium, Thyreostatika)
euthyreot-hypothyreot
TSHom
hyperthyreot
TSH-abhängig
SD, Schilddrüse; TRAK, TSH-Rezeptor-Antikörper; TSHom,TSH-produzierendes Hypophysenadenom; TSH, Thyreoidea-stimulierendes Hormon,
IGF, insulin-like growth factor
Bedeutung der Sonographie in der
Differenzialdiagnostik der Knotenstruma
Der Stellenwert der SD-Sonographie liegt in der Selektion von „malignitätsverdächtigen“ Knoten, die eine weitere Abklärung mittels Feinnadelbiopsie (FNB)
und gegebenenfalls die histologische Abklärung erfordern (5, 6, 9). Sonographische Befunde wie ein solider
echoarmer Knoten, Mikrokalzifikationen, ein intranoduläres Vaskularisationsmuster und eine unscharfe
Randbegrenzung liegen mit einer erhöhten Prävalenz
in SD-Malignomen vor, jedoch ist die Spezifität jedes
einzelnen Ultraschallparameters für die Malignitäts-
prädiktion gering und darf deshalb nicht zu einer ultraschallbasierten „histologischen“ Diagnose verleiten
(Tabelle 2) (6, 9). Bei Nachweis mehrerer verdächtiger
Ultraschallbefunde in einem SD-Knoten wird in der
Literatur eine Sensitivität von 83–99 % und eine Spezifität von 56–85 % für das Vorliegen eines SD-Malignoms beschrieben (9). Neben der SD-Sonographie
und der farbkodierten Duplexsonographie kommt in
den letzten Jahren zunehmend die Elastographie in der
Differenzialdiagnostik einer Struma nodosa zum Einsatz (10). Schilddrüsenmalignome zeichnen sich typischerweise durch eine veränderte Gewebekonsistenz
aus, die sich durch eine verminderte Komprimierbarkeit in der Elastographie nachweisen lässt. (10, e4).
Eine besondere Herausforderung in der Differenzialdiagnostik stellt die Struma multinodosa dar, bei der
in Kombination von Ultraschall und Szintigraphiebefund die Identifikation von verdächtigen Knoten (Fokussierung auf nicht autonome und kalte Areale mit
sonographisch auffälligem Befund) erfolgen muss (6).
Sonographie in der Differenzialdiagnostik der
Knotenstruma
Der Stellenwert der SD-Sonographie liegt in der
Selektion von „malignitätsverdächtigen“ Knoten,
die eine weitere Abklärung mittels Feinnadelbiopsie und die histologische Abklärung erfordern.
Schilddrüsenmalignom
Bei Nachweis mehrerer verdächtiger Ultraschallbefunde in einem SD-Knoten wird in der Literatur
eine Sensitivität von 83–99 % und eine Spezifität
von 56–85 % für das Vorliegen eines SD-Malignoms beschrieben.
Die Bestimmung von Schilddrüsenautoantikörpern (Thyreoperoxidase-[TPO-]Antikörper und
TSH-Rezeptor-Antikörper [TRAK] wird nur bei sonographischen Verdacht auf eine Autoimmunthyreopathie oder Vorliegen einer SD-Fehlfunktion empfohlen (6, 7). Eine Thyreoglobulin-Bestimmung ist
bei der Struma nodosa nicht indiziert (6, 7).
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Bedeutung der Szintigraphie in der Differenzialdiagnostik
der Knotenstruma
Szintigraphisch lassen sich (fokale) Autonomien wesentlich früher erfassen als durch die TSH-Bestimmung (11). In Deutschland wird aufgrund der vorausgegangenen Jodmangelversorgung bei Knoten > 10 mm
einmalig eine Basisszintigraphie, unabhängig vom
TSH-Wert, durchgeführt, um eine SD-Autonomie
nicht zu übersehen (6, 11). Bei einer multinodösen
Schilddrüse wird, unabhängig von der Jodversorgung, eine Szintigraphie empfohlen, um funktionell
nicht autonome Knoten zu identifizieren, die hinsichtlich der Dignität beurteilt werden müssen (6).
Bei euthyreoter Stoffwechsellage und szintigraphischem Nachweis einer fokal gesteigerten Aufnahme
(sogenannter warmer Knoten) ist zur weiteren Differenzierung oft eine Suppressionsszintigraphie erforderlich, um Volumenartefakte (Verhältnis Knotengröße zum Schilddrüsenlappen) von einer tatsächlichen
SD-Autonomie abzugrenzen (5). Bei Nachweis einer
SD-Autonomie kann auf eine Dignitätsabklärung des
Knotens verzichtet werden, da autonome Adenome in
aller Regel benigne Tumoren sind (5, 6).
Bedeutung der Feinnadelbiopsie
in der Differenzialdiagnostik der Struma nodosa
Die Hauptaufgabe der Feinnadelbiopsie (FNB) ist die
Selektion von SD-Knoten, die einer histologischen
Abklärung bedürfen (5, 6, 12–14). Ziel ist es, klinisch
unauffällige, maligne Tumoren frühzeitig zu identifizieren und einer Therapie zuzuführen und die Zahl
unnötiger Operationen wegen eines „Karzinomverdachts“ (beispielsweise nur aufgrund des Befundes
eines kalten Knotens) zu verringern. Unter der Voraussetzung eines geübten Untersucherteams erlaubt die
FNB mit hoher Treffsicherheit die Diagnose eines papillären und medullären Karzinoms sowie eines
schlecht differenzierten und anaplastischen SD-Karzinoms in einer Struma nodosa (12–14). In der Regel gelingen auch die zytologische Diagnose simpler hyperplastischer Knoten sowie die Abklärung zystischer Läsionen. Die zytologische Diagnose einer „follikulären
Neoplasie“ bei einem nicht autonomen Knoten erfordert eine histologische Klärung (12–14). Nach aktuellen Empfehlungen besteht die Indikation zur FNB
nicht mehr bei jedem euthyreoten, kalten Schilddrüsenknoten, sondern nach Ausschluss einer SD-Autonomie nur noch bei Schilddrüsenknoten, die auf der Basis
von sonographischen Kriterien als malignitätsverdäch-
Differenzialdiagnose der Struma multinodosa
Eine besondere Herausforderung in der Differenzialdiagnostik stellt die Struma multinodosa dar, bei
der in Kombination von Ultraschall und Szintigraphiebefund die Identifikation von verdächtigen
Knoten erfolgen muss.
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GRAFIK 1
Jodmangel
Goitrogene
genetische Disposition
Alter
Selen-,
Zink-,
Eisenmangel (?)
H 2O 2
DNA-Schädigung
Proliferation
Schwangerschaft
Rauchen
Knotenstruma
Multifaktorielle Genese der Struma: Die wichtigste bekannte und vermeidbare Ursache
einer Schilddrüsenvergrößerung ist der Jodmangel. Es besteht eine direkte Proportionalität
zwischen Strumaprävalenz und Jodmangel beziehungsweise dem Ausgleich der Jodmangelsituation und Abnahme der Strumahäufigkeit. Neben konstitutionellen Faktoren, wie der etwa
5–10fach höheren Strumaprävalenz bei Frauen, werden Rauchen, natürlich vorkommende
Goitrogene, Selen- und Zinkmangel sowie emotionaler Stress als weitere Risikofaktoren für
die Strumaentstehung diskutiert.
tig gelten (beispielsweise solide, echoarme Knoten mit
unscharfer Randbegrenzung; [Tabelle 2, 3]), beziehungsweise bei Patienten mit erhöhtem Malignitätsrisiko (externe Radiatio, positive Familienanamnese)
(6). Die deutsche Empfehlung, auf eine Punktion bei
Knoten unter 1 cm zu verzichten, folgt pragmatischen
Gründen. Zum einen ist die Treffsicherheit gering und
zum anderen haben Knoten unter 1 cm in der Regel
keine klinische Bedeutung für den Patienten (5). Die
internationalen SD-Gesellschaften hingegen empfehlen eine Punktion auch bei einem 5 mm großen Knoten, wenn er sonographisch auffällig ist (6).
Besonderheiten in der Diagnostik der
retrosternalen Knotenstruma
Zur Abklärung einer retrosternalen Struma ist eine Untersuchung mit einem Jodisotop zu bevorzugen, weil
sich Jod im Gegensatz zu Technetium-99m-Pertechnetatat nicht nur vorübergehend im Thyreozyten anreichert, sondern auch gespeichert wird. Die dadurch
möglichen Spätaufnahmen sind weitgehend hintergrundfrei. In der Regel wird Jod-123 eingesetzt (11).
Neben der SD-Szintigraphie sind bei großen Strumen
Indikation der Feinnadelbiopsie
Die Indikation besteht bei euthyreoten, kalten
Schilddrüsenknoten nach Ausschluss einer SDAutonomie nur noch bei Schilddrüsenknoten, die
auf der Basis von sonographischen Kriterien als
malignitätsverdächtig gelten.
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MEDIZIN
GRAFIK 2
somatische Mutation
Proliferation
oxidativer Stress
Adaption
Mutagenese
Selektion
Jodmangel
Hypothetisches Modell für die Entstehung einer Knotenstruma: Knotenstrumen sind funktionell, morphologisch und molekulargenetisch sehr heterogen (4). Nach heutigem Verständnis kommt es bei
genetischer Prädisposition und einer Jodmangelsituation zu einem
„mutagenen Milieu“ (gesteigerte Proliferation und vermehrte Bildung
von freien Radikalen), in dem das Auftreten von somatischen Mutationen in den Thyreozyten begünstigt wird. Entscheidend für die Entstehung eines klonalen Schilddrüsentumors ist die ausbleibende Reparatur des Gendefekts und ein Selektionsvorteil durch die Mutation.
mit Verdacht auf einen retrosternalen Anteil die Magnetresonanztomographie (MRT) oder eine Nativ-Computertomographie (Cave: kontrastmittelinduzierte Hyperthyreosen bei nicht erkannten SD-Autonomien) von
Hals und Thorax geeignete Verfahren zur Beurteilung
der Strumaausdehnung. Über die Ganzkörperplethysmographie ist eine zuverlässige Beurteilung der Atemwegsobstruktion durch eine Struma möglich (4).
Therapie der euthyreoten Struma
mit und ohne Knoten
Zur Behandlung der euthyreoten Struma diffusa und
der Struma nodosa existieren kaum evidenzbasierte
Empfehlungen. Neben der Option „wait and watch“ bei
asymptomatischen Patienten kommen eine medikamentöse Behandlung, die Radiojodtherapie oder eine
chirurgische Therapie in Frage. Die Entscheidung für
das jeweilige Therapiekonzept erfolgt unter Berücksichtigung individueller Patientencharakteristika, unter
Abwägung von Nutzen und Risiken, der Verfügbarkeit
sowie Erfahrung mit den jeweiligen Therapieverfahren
und dem Patientenwunsch. Vergleichsstudien zu unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten sowie deren Effizienz und Nebenwirkungen liegen praktisch nicht vor.
Euthyreote Struma diffusa
Vergleichsstudien zu den unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten sowie deren Effizienz und Nebenwirkungen liegen praktisch nicht vor.
510
Euthyreote Struma diffusa
Da der Jodmangel die wichtigste Ursache der
euthyreoten Struma diffusa darstellt, ist die Korrektur des intrathyreoidalen Jodmangels primäres Behandlungsziel. Bei Kindern und Jugendlichen vor
der Pubertät ist die Gabe von Jodid (150–200 µg
Jodid/d) die Therapie der Wahl (15). Auch bei
Jugendlichen in der Pubertät und bei jungen Erwachsenen kann die Jodidmonotherapie erfolgreich sein,
allerdings ist die Evidenzlage hier eher spärlich.
Alternativ zur Monotherapie kommt bei Erwachsenen die Jodid- und Levothyroxin-Kombinationstherapie (Verhältnis 2 : 1; zum Beispiel 150 µg
Jodid/75 µg Levothyroxin) infrage, unter der eine
Volumenabnahme über einen Zeitraum von 12–18
Monaten erreicht wird (4). Wichtig ist, nach Therapieende auf eine ausreichende Jodzufuhr (Tabelle 4)
zu achten (15). Obsolet sind eine TSH-suppressive
Therapie ebenso wie die Monotherapie einer Struma
diffusa mit Levothyroxin, die zu einer weiteren intrathyreoidalen Jodverarmung und zum erneuten
Schilddrüsenwachstum führt, sobald die Medikation
abgesetzt wird (4).
Euthyreote Knotenstruma – behandeln oder nicht?
Unstrittig ist die Indikation bei Malignitätsverdacht
und bei mechanischen Beschwerden. Die Datenlage
zum Spontanverlauf der euthyreoten Struma per se
ist spärlich (4). Bei euthyreoter SD-Autonomie liegt
das Risiko für die Manifestation einer Hyperthyreose
in älteren Arbeiten bei etwa 4 % pro Jahr (e6). Eine
Gefährdung dieser Patienten entsteht bei Jodkontamination (Kontrastmittel oder Amiodaron), durch
die es zur Dekompensation der Autonomie kommen
kann (16). In dem von Sandrock beschriebenen
Kollektiv trat bei 31 % der Patienten mit euthyreoter
SD-Autonomie unter Jodexzess im Verlauf eine
Hyperthyreose auf (e6). Andere Untersucher berichten eine niedrigere Inzidenz beispielsweise nach
Herzkatheteruntersuchung (e7). Dennoch sollte eine
SD-Autonomie nicht nur bei (latenter wie manifester)
Hyperthyreose, sondern auch bei (noch) euthyreoter
Stoffwechsellage behandelt werden. Dies gilt in
Abhängigkeit vom Autonomievolumen, vor allem
für Patienten mit Komorbiditäten und erhöhter Wahrscheinlichkeit einer Kontrastmittel-Exposition (6, 7).
Die definitive Behandlung der SD-Autonomie erfolgt
entweder chirurgisch oder mittels Radiojodtherapie
(6, 7).
Behandlung der euthyreoten Knotenstruma
Obsolet sind eine TSH-suppressive Therapie ebenso wie die Monotherapie einer Struma diffusa mit
Levothyroxin, die zur intrathyreoidalen Jodverarmung und zum erneuten Schilddrüsenwachstum
führt, sobald die Medikation abgesetzt wird.
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MEDIZIN
Medikamentöse Therapie der Struma nodosa
Euthyreote Struma nodosa werden in Deutschland
seit vielen Jahren medikamentös behandelt. Die internationale Datenlage zur Effektivität dieser Therapie wird allerdings kontrovers bewertet (4, 6, 17, 18,
e8). In der kürzlich publizierten deutschen LISAStudie wurden in einem prospektiven Studiendesign
1 024 Patienten mit SD-Knoten/Struma nodosa über
ein Jahr mit einer TSH-adaptierten Levothyroxin
(LT4) oder LT4-Jodid-Kombinationstherapie im Vergleich zu Jodid oder Placebo behandelt (17). Nach
dreimonatigem Behandlungsintervall wurde die Levothyroxindosis zum Erreichen des TSH-Zielwertes
(0,2–0,8 mU/L) angepasst. Unter LT4-Jodid-Kombinationstherapie wurde eine Knotenvolumenreduktion von −21,6 % im Vergleich zu −5,2 % unter
Placebo beobachtet. Die Kombinationstherapie war
sowohl der Levothyroxinmonotherapie (Volumenreduktion: −12,6 %) als auch der Jodidmonotherapie
(Volumenreduktion: −9 %) überlegen. Das Schilddrüsenvolumen der Probanden veränderte sich unter
der LT4-Jodid-Kombinationstherapie im gleichen
Zeitraum um −10 % im Vergleich zu −1,9 % unter
Placebo. Damit wurde in einer großen placebokontrollierten Studie erstmals nachgewiesen, dass die
Kombinationstherapie aus Jodid und Levothyroxin
auch ohne TSH-Suppression zur Volumenreduktion
bei der Struma nodosa führt. Allerdings sind mehrere
praktische Fragen ungeklärt, vor allem, wie sich der
langfristige Verlauf der Schilddrüsenknoten nach
Therapieende darstellt, ob langfristig ein Wechsel
auf eine Jodidmonotherapie sinnvoll ist und in welchem Bereich langfristig eine TSH-Einstellung zur
dauerhaften Knotenvolumenreduktion erfolgen sollte (17).
Vorteile der medikamentösen Therapie: Geringe Kosten, keine stationären Aufenthalte, kein invasives Verfahren.
Nachteile der medikamentösen Therapie: Wirkmechanismus unklar, Datenlage zu Langzeiterfolg
unklar, iatrogene Hyperthyreose, sinkende Compliance bei Dauertherapie, nicht sinnvoll bei großen
Knotenstrumen.
Radiojodtherapie
Mit Hilfe der Radiojodtherapie kann eine effiziente
Volumenreduktion auch bei großen und sehr großen
Strumen (Volumina 100 bis 300 mL) um etwa
35–40 % nach einem Jahr, beziehungsweise von
Cave: Jodkontamination
Bei Patienten mit euthyreoter SD-Autonomie entsteht bei Jodkontamination (Kontrastmittel oder
Amiodaron) eine Gefährdung, durch die es zur Dekompensation der Autonomie kommen kann.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 109 | Heft 29–30 | 23. Juli 2012
TABELLE 2
Sonographische Malignitätskriterien
Positive
Negative
Prädiktion*1 Prädiktion*2
[%]
[%]
Kriterium
Echoarmut
74–94
11–68
Mikrokalzifikationen
42–94
24–71
unscharfe Begrenzung/
kein Halo-Effekt
39–98
9–60
intranoduläre Vaskularisation
86–97
24–42
75
67
anterior-posterior/transversaler
Durchmesser > 1
*1positive Prädiktion für das Vorliegen eines SD-Malignoms
*2Ausschluss eines SD-Karzinoms bei Fehlen des Kriteriums (9)
40–60 % nach zwei Jahren, einschließlich einer
Verbesserung der Atemwegsfunktion erreicht werden
(18–20). Sie ist damit einer medikamentösen SDVolumenreduktion eindeutig überlegen und stellt
eine Alternative zur chirurgischen Strumatherapie
dar, insbesondere bei Patienten mit Sprechberufen
(fehlendes Risiko einer Rekurrensparese) und bei
älteren Patienten mit hoher Komorbidität [18–20]).
Ein Rezidivwachstum nach einer Radiojodtherapie
wird allenfalls sehr verzögert beobachtet. Bei nicht
ausreichender Volumenreduktion ist die Wiederholung der Radiojodtherapie problemlos möglich.
Dabei ist zu beachten, dass sich, obwohl eine Volumenreduktion meist schon binnen drei Monaten auftritt, der Erfolg auch noch verzögert einstellen kann
(18–20).
Das Ausmaß der SD-Volumenreduktion korreliert
mit
● dem Patientenalter
● der Strumadauer (höhere Effektivität bei jüngeren Patienten mit weniger regressiven Veränderungen)
● der Strumagröße
● der Therapieaktivität
● der Homogenität der Jodspeicherung (20).
Langzeitnebenwirkungen einer Radiojodtherapie
bei Struma nodosa sind die substitutionsbedürftige Hypothyreose (22–58 % binnen 5–8 Jahren
nach Therapie) und in seltenen Fällen (< 5 %) die
Entwicklung einer Immunthyreopathie. Bei der Auf-
Radiojodtherapie
Die Radiojodtherapie ist der medikamentösen SDVolumenreduktion eindeutig überlegen und stellt
eine Alternative zur chirurgischen Strumatherapie
dar, insbesondere bei Patienten mit Sprechberufen und bei älteren Patienten.
511
MEDIZIN
TABELLE 3
Klassifikationsschema für die Schilddrüsenzytologie (12)
Befund
Kriterien
unzureichend
thyreozytenfreies/-armes Material aus soliden
oder teilliquiden Knoten (Ausnahme Kolloidknoten)
negativ
beinhaltet alle Veränderungen bei normaler
und hyperplastischer Schilddrüse einschließlich
groß-/mittelfollikulärer Adenome, inklusive
regressiver Veränderungen, Zysten und
Blutungs(pseudo)zysten sowie Kolloidknoten,
ferner bei Thyreoiditis; gegebenenfalls auch
mit Empfehlung zu klinischer/zytologischer Kontrolle
zweifelhaft/histologisch*,
abklärungsbedürftig*
beinhaltet Veränderungen zellreicher Adenome
beziehungsweise follikulärer Karzinome inklusive
der onkozytären Varianten; entspricht follikulärer/
onkozytärer Proliferation beziehungsweise Neoplasie; ferner partiell vorliegende Kriterien anderer
Malignome, zum Beispiel papilläres Karzinom
verdächtig auf
(nicht follikuläres) Malignom
beinhaltet Veränderungen, die starke Indizien für
ein Malignom darstellen, aber nicht alle jeweiligen
Kriterien erfüllen
positiv
beinhaltet Veränderungen, die die Kriterien für
papilläre, medulläre, undifferenzierte Schilddrüsenkarzinome oder andere bestimmte Malignome
erfüllen
*zwei Kategorien in der Bethesda-Klassifikation (14)
klärung von Patienten mit großen Knotenstrumen ist
zu berücksichtigen, dass mit zunehmendem Therapievolumen die erforderliche Radioaktivität und
in der Folge die stationäre Aufenthaltsdauer ansteigen (20).
Vorteile der Radiojodtherapie: keine Narkose
und OP erforderlich, nebenwirkungsarm, Wiederholung komplikationslos möglich, mit rekombinantem
TSH noch effektiver in der Volumenreduktion (19).
Nachteile der Radiojodtherapie: längerer stationärer Aufenthalt als bei der Schilddrüsenchirurgie,
Therapieerfolg erst verzögert nachweisbar, passagere Schwellung, selten schmerzhafte Strahlenthyreoditis und Hyperthyreose im Rahmen des Zellzerfalls,
Neumanifestation einer Autoimmunhyperthyreose,
regelmäßige Verlaufskontrollen hinsichtlich der Entwicklung einer Hypothyreose, individuell variable,
eingeschränkte Lebensqualität unter SD-Hormonsubstitution.
Aufklärung bei Radiojodtherapie
Bei der Aufklärung von Patienten mit großen Knotenstrumen ist zu berücksichtigen, dass mit zunehmendem Therapievolumen die erforderliche
Radioaktivität und in der Folge die stationäre Aufenthaltsdauer ansteigen.
512
Chirurgische Therapie
Die SD-Operation ist bei Malignomverdacht obligat
und ermöglicht bei einer benignen Knotenstruma die
rasche Linderung von mechanischen Beschwerden.
(6, 21). Weitere Indikationen sind eine retrosternale
oder mediastinale Strumaausdehnung und die unioder multifokale SD-Autonomie (letztere alternativ
zur Radiojodtherapie). Spätestens vor geplanter
Operation einer Knotenstruma sollte einmalig eine
Calcitoninbestimmung zur Detektion eines medullären SD-Karzinoms erfolgen (8, 21).
Für die Indikation und operative Therapie der
benignen Knotenstruma hat die Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK) im Jahr
2011 eine Praxisempfehlung herausgegeben (21).
Darin wird betont, dass die Indikationsstellung zur
Operation und das Ausmaß der SD-Resektion, beispielsweise die Durchführung einer Hemithyreoidektomie, einer subtotalen, nahezu kompletten („near
total“) oder totalen Thyreoidektomie unter Abwägung der vorliegenden morphologischen SD-Veränderungen (idealerweise keine in situ verbleibenden
Knoten, die zu einem Rezidiv führen können) und
dem Risiko für unerwünschte Komplikationen (Rekurrensparese, postoperativer Hypoparathyreoidismus) erfolgen muss (21). Die Häufigkeit einer postoperativen Rekurrensparese wird in der aktuellen Literatur mit etwa 2,9 % (transiente Rekurrensparese)
beziehungsweise 0,7 % (permanente Rekurrensparese) angegeben und hängt maßgeblich vom Operateur,
Ausmaß der Resektion und den Variablen Erst- oder
Rezidiveingriff und Vorliegen eines SD-Malignoms
ab (e9–14, 21). Eine weitere unerwünschte Komplikation der SD-Chirurgie ist der permanente postoperative Hypoparathyreoidismus, der mit einer erheblichen Morbidität (Tetanien, hyperkalzämische
Krise, Endorganschädigung durch Kalziumablagerung) einhergeht (21, 22). Nach Literaturlage liegt
die Inzidenz des postoperativen Hypoparathyreoidismus zwischen 0,5 bis 6,6 %, in einzelnen Serien
auch deutlich höher, während Zentren für endokrine
Chirurgie eine Inzidenz von 0,9 bis 1,6 % berichten
(21, 22). Auch aus diesem Grund ist neben einer
sorgfältigen Indikationsstellung die Durchführung
der Operation durch einen in der SD-Chirurgie erfahrenen (endokrinen) Chirurgen erforderlich (21).
Die CAEK empfiehlt in ihrer Stellungnahme die
Autotransplantation von Nebenschilddrüsengewebe
in die Halsmuskulatur, wenn bereits intraoperativ er-
Unerwünschte Komplikationen der SD-Chirurgie
• Permanenter postoperativer Hypoparathyreoidismus, der mit einer erheblichen Morbidität
einhergeht.
• Transiente oder permanente Recurrensparese
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sichtlich ist, dass die Nebenschilddrüsen mitentfernt
wurden (21).
Vorteile: schnelle Beseitigung von mechanischen
Beschwerden und einer SD-Autonomie, Sicherung
der Diagnose durch histologische Begutachtung.
Nachteile: operativer Eingriff und stationärer
Aufenthalt, Rekurrensparese, Hypoparathyreoidismus, kosmetisches Ergebnis fällt unterschiedlich
aus, individuell variable, eingeschränkte Lebensqualität unter SD-Hormonsubstitution.
Bewertung der verschiedenen Behandlungsoptionen
Eine Behandlung ist nur bei Malignomverdacht,
Beschwerden oder einer Schilddrüsenautonomie erforderlich. Asymptomatische benigne SD-Veränderungen bedürfen in der Regel keiner Therapie. Eine
medikamentöse Therapie mit Levothyroxin und
Jodid über ein Jahr kann (kleine) Knotenstrumen
verkleinern, auch ohne die Notwendigkeit zur
TSH-Suppression. Der Vorteil dieser Therapie ist
jedoch im Hinblick auf das Langzeitergebnis unklar (Vermeidung einer Strumaprogression mit
mechanischen Beschwerden, Malignitätsrisko). Eine
iatrogene latente wie manifeste Hyperthyreose mit
erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und
eine Osteoporose sind unbedingt zu vermeiden. Aus
diesem Grund wird eine medikamentöse Therapie
auch bei älteren Personen nicht empfohlen (6). Ist
eine Volumenverkleinerung das Primärziel, kommt
bei der symptomatischen euthyreoten Knotenstruma
alternativ, neben der Schilddrüsenchirurgie, auch
eine Radiojodtherapie infrage (20). Diese kann gegebenenfalls unter rekombinantem TSH (dafür
nicht zugelassen) durchgeführt werden, was die
Effizienz der Volumenreduktion steigert (19). Bei
Malignomverdacht muss operiert werden. Eine
SD-Autonomie sollte wegen der Langzeitkomplikationen (manifeste Hyperthyreose, jodinduzierte
Hyperthyreose) ablativ mittels Radiojod oder
SD-Chirurgie therapiert werden, auch, wenn (noch)
eine Euthyreose vorliegt (6).
Verlaufskontrollen und Nachsorge
nach Therapie
Sofern eine konservative Behandlung (Zuwarten,
medikamentöse Therapie) der benignen Struma diffusa und nodosa durchgeführt wird, sollten in
6-18-monatigem Abstand Verlaufskontrollen unter
folgender Fragestellung erfolgen (5–7):
Behandlungsoptionen
Eine iatrogene latente wie manifeste Hyperthyreose mit erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Osteoporose ist unbedingt zu vermeiden. Daher wird eine medikamentöse Therapie
auch bei älteren Personen nicht empfohlen.
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TABELLE 4
Täglicher Jodbedarf (WHO Empfehlung)
Alter
Jodbedarf/d
0 bis 5 Jahre
90 µg
6 bis 12 Jahre
120 µg
ab dem 12. Jahr
150 µg
Schwangerschaft
250 µg
Stillzeit
250 µg
●
Sind Veränderungen des SD-Volumens eingetreten?
● Hat sich die Größe und Morphologie vorhandener Knoten in der Struma nodosa verändert beziehungsweise sind neue Knoten aufgetreten?
● Ist eine Änderung der SD-Funktion eingetreten,
zum Beispiel eine Hyperthyreose nach Kontrastmittelexposition bei vorbestehender unerkannter SD-Autonomie oder eine Hypothyreose
bei Autoimmunthyreoiditis in einer Struma nodosa?
Neben der Anamneseerhebung und der klinischen
Untersuchung sind eine sonographische Verlaufskontrolle und eine TSH-Bestimmung in der Regel
ausreichend. Bei Befundänderungen ist eine gezielte
Diagnostik, analog der Erstevaluation bei Struma
diffusa und Struma multinodosa durchzuführen. Fällt
die Entscheidung zu einer medikamentösen Therapie, ist die SD-Funktion regelmäßig zu überwachen
(initial nach drei Monaten), weil epidemiologische
Untersuchungen zeigen, dass ein erheblicher Teil
von Patienten unter SD-Medikation TSH-Werte
außerhalb des Normalbereichs aufweist (e12, 24).
Nach Radiojodtherapie ist eine lebenslange Nachsorge hinsichtlich der Entstehung einer Hypothyreose erforderlich. Die Hypothyreoserate hängt ab von
der Art der Erkrankung und der applizierten Strahlendosis sowie der Funktionsreserve des gesunden
Schilddrüsengewebes vor Therapie. Bei der Therapie
einer unifokalen Autonomie werden Hypothyreosen
eher selten beobachtet, bei der Behandlung einer disseminierten Autonomie muss mit einer Hypothyreose bei 30 % der Patienten nach zehn Jahren gerechnet
werden (20).
Nachsorge
Nach Radiojodtherapie ist eine lebenslange Nachsorge hinsichtlich der Entstehung einer Hypothyreose erforderlich.
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Nach SD-Operation ist die Notwendigkeit zur SDHormonsubstitution zu überprüfen, die vom in situ verbliebenen Restgewebe abhängt. Nach „near total“ oder
totaler Thyreoidektomie sollte unmittelbar postoperativ mit einer körpergewichtsadaptierten Levothyroxinsubstitution (1,6–1,8 µg LT4/kg Körpergewicht) begonnen werden. Da der Jodmangel die wichtigste vermeidbare Ursache einer Struma darstellt, kann die
LT4-Substitution in Kombination mit Jodid erfolgen
(7). Nach Beginn der Levothyroxinsubstitution ist eine
erste TSH-Kontrolle in sechs Wochen ausreichend
(Ziel: TSH im euthyreoten Bereich). Unter Hormonsubstitution sind lebenslange Verlaufskontrollen (jährlich bei stabiler Dosis) erforderlich. Eine TSH-Suppression ist aufgrund des erhöhten Risikos für Vorhofflimmern und des ungünstigen Einflusses auf den Knochenstoffwechsel unbedingt zu vermeiden (24).
Im Falle des histologischen Befundes eines SDMalignoms ist der Patient einer gezielten weiteren
Therapie zuzuführen (25). Zur frühzeitigen Detektion
eines meist transienten Hypoparathyreoidismus erfolgt am 1. und 2. postoperativen Tag sowie bei
Symptomen die Bestimmung des Serumcalciums, gegebenenfalls in Kombination mit Parathormon (PTH)
(21, 22). Eine Prophylaxe von Tetanien ist durch frühzeitige Substitution mit 1,25-Dihydroxycholecalciferol (aktives Vitamin D3; Calcitriol) und Kalzium
möglich. Nach Stabilisierung der Kalziumwerte kann
die Therapie oft bereits nach ein bis zwei Wochen ausgeschlichen werden (22).
Persistiert der Hypoparathyreoidismus länger als
sechs Monate, ist die Diagnose eines permanenten Hypoparathyreoidismus zu stellen (22). Vorzugsweise
sollte die Substitution mit Calcitriol durchgeführt werden, das gegenüber anderen Vitamin-D-Derivaten den
Vorteil eines raschen Wirkungseintritts und (bei Überdosierung) Wirkungsaustritts (etwa 4–6 d) aufweist
(22, 23) und nicht mehr renal (unter Wirkung von PTH)
aktiviert werden muss. In der Regel ist eine Dosis von
2–3 × 0,25–1 µg Calcitriol/d ausreichend (22, 23). Zusätzlich wird Calcium oral (3 × 500–1000 mg/d; Calciumcarbonat beziehungsweise Calciumcitrat unter Protonenpumpeninhibitoren substituiert. Dabei sollten
nicht mehr als 3 × 500–1000 mg/d verordnet werden,
weil höhere Dosen zu Durchfällen führen. Unbeeinflusst von der Substitutionstherapie bleibt aber die fehlende (PTH-abhängige) renale Rückresorption von
Calcium, mit der Folge einer Hypercalciurie und Gefahr einer Nephrocalcinose (22). Die Substitution mit
Vitamin-D-Präparaten oder Vitamin-D-Analoga stellt
deshalb einen unbefriedigenden „Kompromiss“ dar. Es
fehlt ein physiologischer Parathormonersatz. Ziele der
Substitutionstherapie sind somit Symptomfreiheit bezüglich einer Hypocalciämie und die Vermeidung einer
klinisch relevanten Hypercalciurie durch Einstellung
des Serumcalciums in den unteren Referenzbereich
(Serumalbumin korrigiertes Calcium bei etwa
2,02–2,12 mmoL/L) beziehungsweise knapp unterhalb
des Referenzbereichs. Die Hypercalciurie kann durch
Komedikation mit Hydrochlorothiazid (25 mg/d) gesenkt werden, bei Hyperphosphatämie ist neben einer
Umstellung der Ernährung der Einsatz von Phosphatbindern zu erwägen (22). Patienten mit postoperativem
Hypoparathyreoidismus müssen lebenslang überwacht
werden. Initial erfolgen Kontrollen (Calcium und
Phosphat) wöchentlich, später vierteljährlich. Halbjährlich sollte eine Kontrolle des Kreatinins und der
Urincalciumausscheidung durchgeführt werden. Im
Abstand von ein bis zwei Jahren werden sonographische Verlaufskontrollen der Nieren (Nephrocalcinose)
und eine augenärztliche Untersuchung (Katarakt) empfohlen (22).
Interessenkonflikt
Prof. Führer erhält Honorare für Beratertätigkeiten von Astra-Zenica und Pfizer.
Für Fortbildungen und Kongresse erhielt sie Reisekostenerstattung und
Honorare von Merck, Sanofi-Aventis, Ipsen, Pfizer, Novartis Amgen, und
Astra-Zeneca. Für die Durchführung von klinischen Auftragsstudien erhielt sie
Honorare von Astra-Zeneca, Pfizer, Ipsen, Novartis, Bayer, Lilly, Novo Nordisk,
Merck und Sanofi-Aventis.
Prof. Bockisch erhielt Drittmittel für Studien zur Anwendung von Thyrosinkinasehemmern beim Schilddrüsenkarzinomen von Bayer, Exelixis und Eisai.
Prof. Schmid erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 17. 8. 2011, revidierte Fassung angenommen: 21. 6. 2012
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Verlaufskontrollen bei Hormonsubstitution
Unter Hormonsubstitution sind lebenslange Verlaufskontrollen erforderlich. Eine TSH-Suppression ist aufgrund des erhöhten Risikos für Vorhofflimmern und des ungünstigen Einflusses auf den
Knochenstoffwechsel unbedingt zu vermeiden.
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Weitere Informationen zu cme
Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie
für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert. Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.
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Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.
Wichtiger Hinweis
Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich: cme.aerzteblatt.de
Einsendeschluss ist der 3. 9. 2012.
Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können
nicht berücksichtigt werden.
Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft
37/2012 an dieser Stelle veröffentlicht.
Die cme-Einheit „Akutes Skrotum im Kindes- und
Jugendalter“ (Heft 25/2012) kann noch bis zum 3. 8. 2012
bearbeitet werden.
Für Heft 33–34/2012 ist das Thema „Klinische Therapie
des Diabetes mellitus Typ 2“ vorgesehen.
Lösungen zur cme-Einheit in Heft 25
Lorenzl S, et al.: Verwirrtheitszustände im Alter –
Diagnostik und Therapie.
Lösungen: 1d, 2c, 3c, 4b, 5c, 6a, 7d, 8d, 9a, 10e
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Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. Dr. med. Dagmar Führer
Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen
Hufelandstraße 55
45147 Essen
[email protected]
Zitierweise
Führer D, Bockisch A, Schmid KW: Euthyroid goiter with and without
nodules—diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(29–30):506–16.
DOI: 10.3238/arztebl.2012.0506
@
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
www.aerzteblatt.de/lit2912
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
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Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage
ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.
Frage Nr. 1
Frage Nr. 6
Bei wie viel Prozent der Probanden mit bislang nicht bekannter Schilddrüsenerkrankung wurde in der „Study of Health
in Pomerania“ ein Schilddrüsenknoten nachgewiesen?
a) 10,1 %
b) 20,2 %
c) 30,3 %
d) 40,4 %
e) 50,5 %
Ein Patient kommt mit einer druckschmerzhaften Schilddrüsenvergrößerung zur differenzialdiagnostischen Abklärung. Der Patient hat erhöhte Entzündungsparameter, leidet
unter Fieber und der Allgemeinzustand ist verschlechtert.
Welche Diagnose ist wahrscheinlich?
a) Struma diffusa
b) Struma nodosa
c) medikamenteninduziert durch Lithium
d) Riedelstruma
e) Thyreoditis de Quervain
Frage Nr. 2
Welcher Parameter sollte neben der TSH-Bestimmung in der Basisdiagnostik bei jedem Patienten mit euthyreoter Knotenstruma
bestimmt werden, um ein medulläres Schildrüsenkarzinom nicht
zu übersehen?
a) Calcitonin
b) Thyreoglobulin
c) Thyroperoxidase
d) Calcium
e) Magnesium
Die Bestimmung welcher Parameter oder Tests werden nur
im Falle einer Schilddrüsenfehlfunktion empfohlen?
a) Bestimmung der Kreatinkinase
b) Stimulation mit Pentagastrin oder Kalzium
c) Feinnadelpunktion
d) Thyroperoxidase-Antikörper und TSH-Rezeptor-Antikörper
e) Thyreoglobulin
Frage Nr. 3
Frage Nr. 8
Ab welcher Größe eines Schilddrüsenknotens wird in
Deutschland einmalig eine Basisszintigraphie, unabhängig vom
TSH-Wert, durchgeführt?
a) > 2 mm
b) > 4 mm
c) > 6 mm
d) > 8 mm
e) > 10 mm
Wie hoch wird die Sensitivität für das Vorliegen eines
SD-Malignoms bei Nachweis mehrerer verdächtiger Ultraschallbefunde angegeben?
a) 83–99 %
b) 72–88 %
c) 61–77 %
d) 50–66 %
e) 30–50 %
Frage Nr. 7
Frage Nr. 4
Frage Nr. 9
Welche Laborwerte sollen in Deutschland zur initialen Diagnostik
bei einem euthyreoten Knotenstruma bestimmt werden?
a) Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) und Calcitonin
b) Thyreoglobulin und FT4
c) FT3 und FT4
d) jodhaltiges Hormon FT4 und Calcitonin
e) Thyreoperoxidase-Antikörper (TPO-AK) und Thyreoglobulin
Mit welchem Verfahren lassen sich fokale Autonomien der
Knotenstruma am frühzeitigsten erfassen?
a) TSH-Bestimmung
b) Calcitonin-Bestimmung
c) Szintigraphie
d) Dopplerultraschall
e) Computertomographie
Frage Nr. 5
Frage Nr. 10
In welchem Fall ist für die Differenzialdiagnose zur Abklärung
bei Schilddrüsenknoten die Feinnadelbiopsie nach aktuellen und
deutschen Empfehlungen indiziert?
a) bei Knoten, die kleiner sind als 8 mm
b) bei Knoten, die auf der Basis von sonographischen Kriterien als
malignitätsverdächtig gelten
c) bei jedem euthyreoten kalten Schilddrüsenknoten
d) bei jedem Knoten, der vergrößert ist
e) bei wiederholter Sonographie, bei der der Knoten automatisch als
„unverdächtig“ betrachtet wurde
In welchem Abstand sollte in der Regel die Verlaufskontrolle bei konservativer Behandlung der benignen
Struma diffusa und nodosa erfolgen?
a) alle vier Wochen
b) alle 2–4 Monate
c) alle 4–5 Monate
d) alle 6–18 Monate
e) alle 24 bis 36 Monate
516
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 109 | Heft 29–30 | 23. Juli 2012
MEDIZIN
Euthyreote Struma mit und ohne
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Deutsches Ärzteblatt | Jg. 109 | Heft 29 | 23. Juli 2012
3
Punkte
cme
Teilnahme nur im
Internet möglich:
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12
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