Eine kleine Genmutation lässt Kinder sehr schnell

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Eine kleine Genmutation lässt Kinder sehr schnell altern (Kap. 12.4)
Kleiner Fehler, grosse Wirkung: Ein Beispiel ist die seltene Krankheit Progerie, von der weltweit
etwa 50 Fälle bekannt sind. An Progerie erkrankten Kindern fallen bereits mit zwei jahren die
Haare aus, mit sechs jahren leiden sie schon an Arterienverkalkung und Osteoporose. Der
Alterungsprozess dieser Kinder läuft wie im Zeitraffer ab. Sie werden nicht grösser als 1 m,
wiegen nicht mehr als 15 kg und sterben mit etwa 12-13 Jahren. Die Ursache für Progerie ist ein
genetischer Buchstabierfehler im menschlichen Genom, eine Genmutation. Ein T anstatt eines
C an Position Nr. 1‘824 des Lamin-Gens ist der Auslöser: Lamin ist ein Protein, das
normalerweise die Innenseite des Zellkerns stabilisiert. Es wird durch die Mutation in seiner
Struktur und Wirkung verändert.
Das folgende Strukturierungsschema soll Ihnen bei der Systematisierung von Genmutationen
helfen:
Aufgaben:
1.
Werten Sie obiges Schema in Bezug auf die Typen von Mutationen aus. Klären Sie,
welcher Strang vorliegt (DNA – RNA/codogen - nicht codogen). Markieren Sie dann die
Veränderungen in der DNA, ermitteln Sie die resultierenden Aminosäuresequenzen
mithilfe der Codesonne auf S. 162 im Lehrbuch. Benennen Sie anschliessend die Typen
der Genmutationen (rote Kästen.)
2.
Beurteilen Sie die Auswirkungen der einzelnen Mutationen. Benennen Sie den
Mutationstyp, der die Progerie verursacht.
3.
Progerie ist durch das Wissen um diese Mutation frühzeitig pränatal diagnostizierbar.
Stellen Sie Argumente für und gegen die Durchführung pränataler Diagnostik
zusammen.
Genommutationen machen Kulturpflanzen widerstandsfähiger (Kap. 12.6)
Schätzen Sie mal, wie viel Weizenmehl und Weizenschrot Sie pro Kopf und Jahr verbrauchen.
Es sind rund 60 kg. Deshalb ist Weizen eine der wichtigsten Kulturpflanzengruppen mit der
weltweit grössten Anbaufläche.
Die Wildformen des Weizens sind meist mehr oder weniger lang begrannt, die Kulturform ist
grannenlos. Nach morphologischen Merkmalen kann man den Weizen in drei Gruppen
ordnen, die verschiedenen Stufen der PoIyploidie entsprechen. Die diploide Einkorn-Reihe (AA,
BB, DD) ist charakterisiert durch flache Ähren, die reifen Körner sind fest von Spelzen
(trockenhäutigen Hüllblättern) umschlossen. Hierzu gehört das nur noch selten kultivierte
Wildeinkorn (AA). Beim tetraploiden Kulturemmer (AA BB) sind die Ährchen vielblütiger. Von
der hexaploiden Dinkel-Reihe (A B D, AA B D, A BB D, A B DD, AA BB D, AA B DD, A BB DD) sind
keine Wildformen bekannt. Es handelt sich generell um Zuchtprodukte. Hierzu gehören der
Dinkel und als wichtigste Art der Saatweizen (AA BB DD), bei dem sich die Körner lose in den
Spelzen befinden (Nacktweizen). Innerhalb des Saatweizens unterscheidet man mittlerweile
über 400 Varietäten.
Aufgaben:
1.
Der Saatweizen entstand im Laufe seiner Evolution durch mehrfache Verschmelzung von
Chromosomensätzen nahe verwandter Arten miteinander (Abb. 1). Beschreiben Sie die
Entstehung des Saatweizens.
2.
Verschmelzen Keimzellen verwandter Arten miteinander, so sind die entstandenen
Bastarde unfruchtbar, nach der Allopolyploidisierung aber fruchtbar. Erklären Sie dies
mit dem Ablauf der Meiose.
3.
Beschreiben Sie die Abb. 2 und erklären Sie den dargestellten Sachverhalt.
Lösungen:
zu 12.4
1.
2.
Deletion, Insertion und Inversion führen zu Änderungen in der Aminosäuresequenz
(Rastermutationen).
Dies hat zur Folge, dass die eigentlichen Proteine nicht gebildet werden können.
Am unproblematischsten sind die neutralen Mutationen. Sie haben keinerlei
Auswirkungen auf die Aminosäurezusammensetzung des resultierenden Peptids.
Fehlsinn-Mutationen führen zu einer falschen Aminosäure im Polypeptid. Es hängt hier
von der Aminosäure und ihrer Funktion für die Sekundär- oder Tertiärstruktur des
Proteins ab, welche Folge diese Mutation hat. Eine Nichtsinn-Mutation führt zu einem
Abbruch der Translation, sodass kein vollständiges Protein gebildet werden kann.
Die Progerie wird durch eine Fehlsinn-Mutation hervorgerufen.
3.
Für die Durchführung pränataler Diagnostik spricht, dass Krankheiten und deren
Auftrittswahrscheinlichkeit schon vorgeburtlich erkannt werden können. Bei einer
Unvereinbarkeit mit dem Leben (nur in wenigen Fällen eindeutig definiert) kann ein
vorzeitiger Schwangerschaftsabbruch vorgenommen werden, der die Eltern psychisch
entlastet. Bedeutender ist jedoch, dass die Eltern sich auf die Erkrankung ihres Kindes
vorbereiten können und nicht bei der Geburt überrascht werden. So kann der Säugling
direkt nach der Geburt optimal medizinisch versorgt werden. Manchmal kann auch
schon vor Ausbruch der Krankheit eine Therapie eingeleitet werden, die den Beginn
hinauszögert oder die Ausprägung abschwächt. All dies sind jedoch nur Vorteile, solange
es eine Therapie der Krankheit gibt.
Auf Krankheiten, für die es keine Therapie gibt, ist auch ein pränataler Test nur bedingt
sinnvoll. Die Eltern wissen zwar um die Erkrankung ihres Kindes, können jedoch nicht
helfen. Dies kann dann eher noch zu psychischen Problemen bei den Eltern führen. Auch
stellt die Diagnostik ein, wenn auch geringes, Risiko für das ungeborene Leben dar.
Generell abzulehnen ist pränatale Diagnostik als Selektionsmethode, um Kinder mit
besonderen Eigenschaften «auszuwählen». Dies gilt auch in Bezug auf Krankheiten, die
mit dem Leben des Kindes vereinbar sind.
zu 12.6
1.
Der Saatweizen ist hexaploid, enthält also sechs Chromosomensätze. Dabei sind die
diploiden Chromosomensätze von drei Arten vereinigt. Die Züchtung fand in mehreren
Schritten statt. Zunächst bastadisierten das Wildeinkorn (AA) und der wilde Spelzweizen
(BB) zum sterilen Hybriden Wildemmer (AB), anschliessend wurden die
Chromosomensätze von zwei verschiedenen Arten mittels Allopolyploidisierung zum
fruchtbaren Kulturemmer (AA BB) verdoppelt. Eine weitere Hybridisierung und
anschliessende Allopolyploidisierung mit Walch (DD) führten dann zur Bildung des
fruchtbaren Saatweizens (AA BB DD).
2.
Nur dann, wenn in der Meiose bei der Homologenpaarung alle Chromosomen einen
Partner finden, werden befruchtungsfähige Keimzellen gebildet. Bei der Kreuzung
unterschiedlicher Arten bilden die haploiden Chromosomensätze der Partner keine
(vollständige) Homologen-Paarung aus. Die ungepaarten Chromosomen werden zufällig
auf die Tochterzellen verteilt, wodurch unvollständige Chromosomensätze entstehen. Es
muss hier also zunächst eine Vervielfachung (Polyploidie) des Chromosomensatzes
stattfinden, damit sich wieder befruchtungsfähige Keimzellen bilden können.
3.
Die Abb. 2 stellt den Anteil polyploider Pflanzen in Europa in Abhängigkeit von der
geografischen Breite dar. Dabei stellt man fest, dass der Anteil polyploider Arten von
Süden nach Norden und vom Flachland ins Gebirge hin zunimmt.
Daraus ist zu schliessen, dass polyploide Arten anpassungs- und widerstandsfähiger an
Extremstandorten sind, sodass sie sich in kälteren Gebieten besser ausbreiten konnten
als die diploiden Pflanzen. In der nacheiszeitlichen Besiedelung hatten die Pflanzen
wahrscheinlich so auch einen Selektionsvorteil. Zudem besitzen Gebirgspflanzen häufig
grössere Blüten und Früchte im Verhältnis zur Grösse der Pflanze. Vergrösserte Früchte
werden bevorzugt wahrgenommen, verzehrt und verbreitet. Polyploidie kann also von
Vorteil sein.
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