Endotoxine bei Kühen

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Endotoxine bei Kühen
Ein unterschätztes Risiko?
Simone Schaumberger
Produktmanager, Mykotoxin-Risiko-Management
Nicole Reisinger
Projektleiterin, Endotoxine
Endotoxine
bei Kühen
2
Ein untersc
Science & Solutions
Simone Schaumberger Produktmanager, Mykotoxin-Risiko-Management
Nicole Reisinger Projektleiterin, Endotoxine
chätztes Risiko?
Endotoxine sind außergewöhnlich faszinierende Substanzen. Einerseits
bewirken sie eine positive Stimulation des Immunsystems, andererseits
können sie zum endotoxischen Schock und zum Tod führen.
lich zur Ruminitis. In der Folge erhöht
die Ruminitis die Durchgängigkeit der
Pansenwand und ermöglicht dadurch das
Eindringen von Endotoxinen in den Organismus. Aber was bedeutet das für die
Kuh?
Endotoxine
Endotoxine sind aufgrund ihrer pyrogenen (fiebererzeugenden) Wirkung schon
seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt.
Endotoxine sind bei allen gramnegativen
Bakterien (Abbildung 1) Bestandteil der
Zellwand und wegen ihrer Wirkung auf
das Immunsystem von größtem Interesse.
Endotoxine werden auch als Lipopolysaccharide (LPS) bezeichnet, da ihre Struktur aus einem Lipid (Lipid A, immunogener Teil, niedrigste Variabilität) und
Endotoxine sind…
• Bestandteile gramnegativer
Bakterien
• Teil der bakteriellen Zellwand
• Makromoleküle mit einer Größe
von 300 000 bis 1 000 000 Dalton
• Pyrogen (können Fieber auslösen)
• In großer Zahl im Pansen und im
Gastrointestinaltrakt vorhanden
• Überall in der Luft, im Wasser und
Futter zu finden
• Hitze- und pH-stabil
Abbildung 1: Vergleich der Zellwand von grampositiven und gramnegativen Bakterien. Im Kreis: LPS befindet sich in der Zellwand.
Grampositive
Bakterien
Gramnegative
Bakterien
Plasmamembran
Außenmembran
Lipoproteine
DNSOligomere
Kern-Glycolipid
Endotoxin
(Lipopolysaccharid)
O-spezifische Polysaccharidkette
Superantigene
(Protein)
Exotoxine
(Protein)
Lipoteichonsäure
Peptidoglykan
(Murein)
Lipid A
n
O-spezifische
OligosaccharidUntereinheit
(äußeres) (inneres)
Kern-Oligosaccharid
Sterben von Bakterien
(Antibiotika, Temperatur)
Quelle: BIOMIN
Photo: Eraxion_iStockphoto
E
s ist bekannt, dass sich
Toxine negativ auf die
Pansenfermentation auswirken. Generell sind zwei
Toxingruppen im Zusammenhang mit Tiergesundheit ins Zentrum der Aufmerksamkeit
gerückt: Toxine, die von Pilzen produziert
werden (Mykotoxine) und Toxine, die von
Bakterien produziert werden (Endotoxine
und Exotoxine).
Das Problem erhöhter Endotoxinwerte
im Pansen bei Pansenazidose rückt zunehmend in den Fokus. Kohlenhydratreiches
Futter verändert die Mikroflora im Pansen, was zum Absterben der gramnegativen
Bakterien und zum vermehrten Wachstum
der grampositiven Bakterien führt. Dies
bewirkt eine Dysbiose und führt letztend-
Simone Schaumberger Produktmanager, Mykotoxin-Risiko-Management
Nicole Reisinger Projektleiterin, Endotoxine
Risikofaktoren für Erkrankungen im Zusammenhang mit
Endotoxinen bei Wiederkäuern
Tabelle 1: Zusammenfassung der Endotoxinaktivität (Endotoxin-Units, EU/
ml) in unterschiedlichen Körperteilen der Kuh bei gesunden Tieren und
Tieren mit experimentell induzierter subakuter Pansenazidose (SARA)
aus verschiedenen Studien.
Endotoxin-Einheiten/ml
einer gesunden Kuh*
Endotoxin-Einheiten/ml
SARA
Blut
< 0.05 EU/ml
0.05 – 1 EU/ml
Pansen
3 700 – 30 000 EU/ml
120 000 – 210 000 EU/ml
Ileum
4 000 EU/ml
110 000 EU/ml
Zäkum
18 000 EU/ml
130 000 EU/ml
Fäzes
14 000 EU/ml
100 000 EU/ml
Quelle: Adaptiert nach Plaizier et al. 2013
einem Polysaccharid (speziesspezifischer
Teil, hohe Variabilität der Kettenlänge)
besteht.
Die Struktur des LPS ist für die Aufnahme und Neutralisierung des Moleküls
von entscheidender Bedeutung. Endotoxine werden beim Absterben oder bei übermäßiger Proliferation von gramnegativen
Bakterien freigesetzt. Die Gabe von Antibiotika (zum Beispiel Beta-Laktam-Anti1
Pansensimulationsmodell
Das Pansensimulationmodell ist ein wichtiges in vitro Modell, mit dem der Einfluss
der Futtermittelzusätze auf die Pansenphysiologie getestet werden kann. Das Modell wurde
im BIOMIN Forschungszentrum (Forschungsteam Analytik) adaptiert, um unter Verwendung
des natürlichen Pansensafts den Einfluss der Zusätze auf den pH-Wert, die Anzahl der Bakterien und die Konzentration der Fettsäuren in Reaktoren zu bestimmen (Abbildung unten).
Der Einfluss auf die Endotoxinkonzentration im Pansen kann ebenfalls getestet werden.
biotika) mit bakterizider Wirkung kann
deshalb die Freisetzung von Endotoxinen
erhöhen. Dies sollte bei der Behandlung der
Kuh mit Antibiotika berücksichtigt werden.
Auswirkungen bei Wiederkäuern
Über das Futter, die Atemluft und die
Umwelt sind die Tiere in stetigem Kontakt
mit Endotoxinen. Bei gesunden Tieren
werden nur kleine Mengen von Endotoxinen über den Darm ins Blut absorbiert.
Danach werden sie zur Leber transportiert
und dort entgiftet. Aufgrund ihrer Struktur können Endotoxine auch im Fettgewebe gespeichert werden.
Bei gesunden Tieren sind Endotoxine in bestimmten Konzentrationen im
Pansen, im Darmtrakt und in den Fäzes
vorhanden. Bei Energiemangel oder Fütterungsfehlern wird die Pansenwand oder
Darmwand durchlässiger, sodass mehr
Endotoxine in den Blutstrom gelangen
können. Bei einer negativen Energiebilanz kommt es zum Abbau von Fett und
es gelangen noch mehr Endotoxine in den
Organismus.
Steigt die Endotoxinkonzentration an,
kann die Endotoxinaktivität im Blut gemessen werden (Tabelle 1). Dies kann eine
ganze Reihe von Erkrankungen auslösen,
unter anderem Mastitis, Endometritis, Laminitis, Dermatitis digitalis, sowie einen
endotoxischen Schock.
In vivo trifft in vitro
Endotoxine lösen im Organismus Rezeptor-vermittelte Reaktionen aus, daher ist
es schwer eine Prognose über den Verlauf
der Toxine abzugeben, besonders über die
Route durch den Magen-Darm-Trakt.
Einen kontrollierten Versuch mit Endotoxinen durchzuführen, bei dem die
Toxine oral verabreicht werden, ist daher
sehr schwierig. Die Induzierung einer kontrollierten oralen in-vivo-Belastung über das
Futter ist eine schwierige Aufgabe.
Endotoxine bei Kühen
Ein unterschätztes Risiko?
Kühe in der Frühlaktation
Erstkalbende Kühe
Kühe mit Weidegang oder mit einer gering faserreichen Fütterung
Große Menge an Kraftfutter
Subakute Azidose
Management im Stall
Abbildung 2: Vergleich der mittleren Endotoxinwerte der Reaktoren aus dem Pansensimulationsmodell. Die Reaktoren mit
zugebenen Antibiotika (grün) wiesen nach
langfristiger Inkubation signifikant höhere
Endotoxinwerte auf.
100
**
20,000
Separationskraft [%]
Endotoxinaktivität [EU/ml]
25,000
Abbildung 3: Signifikante Abnahme der
Separationskraft [%] bei mit 10 und 100
µg/ml LPS behandelten Explantaten im
Vergleich zur negativen Kontrollgruppe
(grün).
15,000
10,000
5,000
0
2
80
(A) Präparieren der Klaue
*
60
*
40
20
0
Unbehandelter Reaktor mit
Antibiotika
Reaktor
behandelt
Quelle: BIOMIN, 2014
Deswegen bieten in vitro Experimente
eine Möglichkeit die Effekte von Endotoxinen zu testen. Das Pansensimulationsmodell stellt eine Methode zum Test der
Auswirkungen von Futtermittelzusätzen
dar (Kasten 1).
Die mit dem Pansensimulationsmodell
erzielten vorläufigen Ergebnisse bestätigten
die negativen Auswirkungen von Antibiotika auf die Endotoxinbelastung im Pansen. Nach einer zweiwöchigen Inkubation
erhöhte sich die Endotoxinkonzentration
der mit Antibiotika behandelten Reaktoren signifikant im Vergleich zu den unbehandelten Reaktoren (Abbildung 2). Dies
zeigt, dass zur positiven Beeinflussung der
Pansenphysiologie und der Kontrolle der
Endotoxinbelastung im Pansen alternative
Strategien erforderlich sind.
Das ex vivo Laminitismodell (Kasten 2)
ist ein weiteres Modell. Klauengewebe wird
verwendet, um die Auswirkungen der Endotoxine zu testen. Dieses Modell zeigte, dass
Endotoxine sich negativ auf die Gesundheit
des Klauengewebes auswirken. Endotoxine
reduzierten signifikant die Kraft, die erforderlich ist, um das Bindegewebe von den
Ein Magazin von BIOMIN
Ex vivo
Laminitis Modell
Kontroll- LPS 1
gruppe mg/L
LPS 10 LPS 100
mg/L
mg/L
(B) Kultivieren der Explantate
Quelle: BIOMIN, 2014
Lamellen zu lösen (Abbildung 3).
Schlussfolgerung
Die von den Endotoxinen verursachten Schäden sind wissenschaftlich belegt
und keine Fiktion. Endotoxine sind in
der Umwelt allgegenwärtig und werden
permanent ausgeschüttet. Eine gesunde
Kuh kommt mit der Endotoxinbelastung
durch Entgiftung in der Leber oder der
Lymphe gut zurecht.
Bei einer Zunahme der Endotoxinbelastung oder bei Leberversagen können Endotoxine die physiologischen
Abläufe der Kuh jedoch überfordern.
Es kommt zur Auslösung von Entzündungskaskaden, die zu verschiedenen
Erkrankungen und im schlimmsten
Fall zu Schock und Tod führen können.
Aufgrund der Präsenz der Endotoxine
in der Umgebung der Wiederkäuer sind
Maßnahmen zur Prävention der durch
Endotoxine verursachten Erkrankungen
bei Kühen äußerst wichtig und werden
dringend empfohlen.
Explantate aus Bindegewebe,
Lamellen und Klauenwand
• 24 Stunden
• 37 °C, 5 % CO2
• 0 – 100 µg/ml LPS
(C) Testen der Separationskraft
5
©2015 BIOMIN Holding GmbH
ART_No38_R_MYC_DE_0115_#09_SSA
BIOMIN Holding GmbH
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Tel: +43 2782 803 0, Fax: +43 2782 803 11308, e-Mail: [email protected], www.biomin.net
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