Bauwirtschaft Baurecht Baupraxis Baumaschinen Bauprodukte BAUrecht Leistungsfähig? ie technische Leistungsfähigkeit eines Bieters im Vergabeverfahren ist häufig durch den Nachweis von Referenzprojekten zu erbringen. Im Zuge einer EU-weiten Ausschreibung des Landes Salzburg, welche den Austausch von Notstromaggregaten zum Inhalt hatte, war unter anderem die Referenz der Herstellung einer vergleichbaren Anlage mit bestimmten technischen Eigenschaften innerhalb der letzten drei Jahre gefordert. Subunternehmer waren nicht zulässig. Jener Bieter, der den Zuschlag erhielt, hat „seine“ technische Leistungsfähigkeit durch Referenzen eines anderen Unternehmens nachgewiesen, wobei die relevanten Projekte dort von einem nunmehr durch Kauf erworbenen Teilbetrieb dieses Unternehmens ausgeführt wurden. Der Sbg. Vergabekontrollsenat hat die Zulässigkeit eines derartigen Nachweises ausgesprochen (SVKS 02.02.2004, 20001SVKS/24/20-2004). Für Zurechung der beim übertragenen Teilbetrieb tatsächlich vorhandenen Referenzen auf den neuen Eigentümer ist wesentlich, dass das bei den Referenzprojekten beteiligte Personal – und somit dessen Fachwissen – mitübertragen wird. Dieser Umstand sollte vom Bieter nachgewiesen werden können. W. Müller D S O L I D · m a i 2 0 0 4 Bankgarantien richtig abrufen Haftrücklassgarantie: Korrekte Behauptung und fristgerechte Abrufung sind Voraussetzung für die Auszahlung. auherr B hat vorgesorgt: Seit der Übernahme des Gebäudes von Unternehmer U ist er im Besitz einer Haftrücklassgarantie. Die Laufzeit dieser Bankgarantie ist mit der Dauer der dreijährigen Gewährleistungsfrist beschränkt. Zeigen sich Mängel am Bauwerk, kann B auf die Garantie zurückgreifen. Tatsächlich stellt er welche fest. B meint, U müsse die Mängel beheben, U ist anderer Ansicht. Der Streit dauert bis zum letzten Tag der Laufzeit der Bankgarantie. B will sie daher fristgerecht abrufen. Im Text der Bankgarantie heißt es: „Die Bank verpflichtet sich den Garantiebetrag ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses auf erstes Anfordern (...)zu zahlen, sofern dieser mittels eingeschriebenen Briefes, adressiert an die Filiale Schottenbastei, behauptet, dass der Verpflichtete seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommt.“ B ruft die Garantie rechtzeitig, eingeschrieben an die richtige Filiale, ab. Er schreibt: „Ich rufe hiermit die Bankgarantie ab und ersuche B WODICKA Recht im O-Ton Bankgarantien werden häufig für Vertragsabsicherungen verwendet: Vorsicht ist beim Abruf geboten um Überweisung des Garantiebetrages.“ Am Tag darauf bemerkt er, dass er vergessen hat, den Garantiefall zu behaupten und sendet ein Fax an die Bank, mit dem er den Garantiefall behauptet. Muss die Bank den Garantiebetrag auszahlen? Nein! Die formelle Garantiestrenge verbietet es der Bank. Der Abruf war nicht korrekt – und ist infolge Zeitablauf der Garantie auch nicht mehr nachholbar, schon gar nicht mit einem Telefax, wenn dies nicht ausdrücklich erlaubt ist. Häufig verwendete Sicherstellung. Die Bankgarantie ist ein in der Praxis häufig verwendetes Sicherstellungsmittel zur Absicherung von vertraglichen Vereinbarungen. Wurde die ÖNORM B 2110 vereinbart, ist der Auftragnehmer sogar vertraglich berechtigt, sowohl den Deckungsrücklass als auch den Haftrücklass durch dieses Sicherstellungsmittel abzulösen. Beim Abruf ist die Bank verpflichtet, die formalen Voraussetzungen und die Rechtzeitigkeit des Abrufs zu prüfen. Der Begünstigte hat zwei formale Gesichtpunkte besonders zu beachten: Zum einen muss er im Abruf den im Text der Garantie umschriebenen „Garantiefall“ genau in der vorgeschriebenen Textierung behaupten und die sonstigen Formerfordernisse des Abrufs exakt einhalten. Außerdem kann er die meist befristete Garantie nur innerhalb der Laufzeit abrufen. Diese Laufzeit sollte von der Geschäftsleitung in geeigneter Form kalendiert werden (Geschäftsführerhaftung!). Noch ein Hinweis: Wer die Garantie missbräuchlich in Anspruch nimmt – also weiß, dass der Garantiefall in Wahrheit nicht eingetreten ist – begeht Untreue nach § 153 StGB. Der Täter kann zu einer Geld- oder sogar Haftstrafe verurteilt wer■ den. 31 WODICKA Genaue Abrechnung Gepflastert statt asphaltiert: Leistungsänderungen sind in Pauschalpreisverträgen nicht vorgesehen und damit auch nicht abgedeckt Leistungsvergütung: Die Abrechnung der Leistung wird schon vor dem Geschäft geregelt. Wie Irrtümer vermieden und klare Vorgangsweisen festgelegt werden. er künftige Hotelier hat sich das fein ausgedacht: Er hat für den Bau seiner Vier-Stern-Herberge einen Generalunternehmer beauftragt. Vereinbart war ein Pauschalpreis für genau definierte Leistungen. Der Auftraggeber hatte die „gute Idee“, sich ein paar Extras mehr zum gleichen Preis zu gönnen. Unter anderem hatte er plötzlich den Wunsch, die Garageneinfahrt nicht asphaltieren, sondern pflastern zu lassen. Dass diese andere Leistung nicht mit seinem Pauschalpreis abgedeckt ist, wusste er nicht. „Ein häufiges Missverständnis bei Bauherren“, weiß Rechtsanwalt Wolfgang Müller. Die Vergütung von Leistungen führt im Bauwesen regelmäßig zu Streit. Dabei wird D 32 schon im Vorfeld des Auftrags abgeklärt, in welcher Form und zu welchen Bedingungen nach getaner Arbeit das Geld fließen soll. Neben dem Pauschalpreisvertrag gibt es andere Möglichkeiten, die Leistungsvergütung zu regeln. Menge oder Leistung. „Es kommt immer auf das Bauvorhaben drauf an“, sagt Müller. Bei großen Projekten ist der Einheitspreisvertrag wohl die gängigste Form der Vereinbarung. Die orientiert sich an einem Leistungsverzeichnis, die Abrechung erfolgt nach den tatsächlich erforderlichen Mengen. Der tatsächliche Werklohn steht daher erst nach Fertigstellung der Leistung fest. Ist das Leistungsverzeichnis ausgepreist, hat es Angebotscharakter. Die im Leistungsverzeichnis detailliert beschriebene Leistung kann – wie im obigen Fall – auch zu einem Pauschalpreis erbracht werden. Der ist im Normalfall bei kleineren Vorhaben vereinbart. Eine Abrechnung nach Mengen gibt es nicht. Grundsätzlich darf der Auftragnehmer keine Werklohnerhöhung verlangen. Verbraucht er weniger Mengen, kann es gut für ihn sein, er bekommt trotzdem den gesamten Pauschalpreis. Anpassung möglich. In der Praxis kommt es, wie beim übermütigen Hotelier, immer wieder vor, dass Pauschalpreisverträge angepasst werden. Die häufigsten Fälle: Die Leistungsänderungen: Der Pauschalpreis gilt nur für die vertraglich vereinbarten und konstruktiv beschriebenen Leistungen des Hauptauftgrags. Für nachträglich geänderte Leistungen, wie eben Pflaster statt dem ausgemachten Asphalt, gilt er nicht. Kalkulationsirrtümer: Es muss ein „beachtlicher Kalkulationsirrtum“ vorliegen, den der Auftragnehmer mittels Kalkulationsblättern offen legen muss. Er muss beweisen, dass die Kalkulationsansätze infolge der irrigen Annahmen tatsächlich anders waren als wenn er gleich gewusst hätte, was er „jetzt“ weiß. Umstände der Bestellersphäre: Eine Aufstockung ist in diesem Fall sogar möglich, wenn die Mehrkosten nicht unverzüglich angezeigt werden. Praktisches Beispiel: Durch stark verunreinigten Gleisschotter, der in der konstruktiven Leistungsbeschreibung nicht beschrieben war und erst gefiltert werden muss, tritt eine Verzögerung auf. Die Kosten dafür muss der Auftraggeber tragen. S O L I D · m a i 2 0 0 4 BAUrecht Verbindlich und unverbindlich. Grundsätzlich wird zwischen verbindlichen und unverbindlichen Kostenvoranschlägen unterschieden. Beim unverbindlichen Kostenvoranschlag gibt es für den Auftraggeber eine grundsätzliche Orientierung über die zu erwartenden Kosten. Der Auftragnehmer darf den Voranschlag unbeträchtlich überschreiten, wenn es nicht anders möglich ist. Beträchtliche Überschreitungen muss der Unternehmer unverzüglich und deutlich anzeigen. Auch die Höhe der Überschreitung sollte in dieser Anzeige nicht fehlen. Laut Rechtssprechung spricht man ab zehn bis 15 Prozent von einer beträchtlichen Überschreitung. Laut OGH kann man auf diese unverzügliche Anzeige verzichten, wenn die Kostenüberschreitung auf Gründe zurückzuführen ist, die in der Sphäre des Auftraggebers liegen. In einem verbindlichen Kostenvoranschlag sagt der Auftragnehmer – quasi garantiert – zu, die im Leistungsverzeichnis einzeln angeführten Arbeiten um einen bestimmten Preis durchzuführen. Die ÖNORM 2110 nennt das „Mengengarantie“. Das heißt, eine Überschreitung des Gesamtpreises wegen Mengenänderungen ist ausgeschlossen – etwa wenn auf einer Baustelle mehr Dachziegel benötigt werden. S O L I D · m a i 2 0 0 4 Entscheidend ist der Gesamtpreis. Werden einzelne Positionen teurer, der Gesamtpreis ändert sich nicht, gibt es kein Problem. Wichtig und gut für den Auftraggeber: Werden weniger Mengen als angenommen verbraucht, verringert sich der Preis. Ein verbindlicher Kostenvoranschlag muss klar als solcher gekennzeichnet sein: Dazu genügen auch Formulierungen wie „Fix und fertig“ oder „Schlüsselfertig“. Unter Unternehmern muss der Auftraggeber beweisen, dass der Auftragnehmer die Verbindlichkeit erklärt hat. Beim Verbrauchergeschäft gilt die Verbindlichkeit als gewährleistet, wenn das Gegenteil nicht ausdrücklich erklärt worden ist – am besten schriftlich im Angebot an einer gut lesbaren Stelle. Höhere Werklohnforderungen können dann geltend gemacht werden, wenn vertragliche Vorbehalte gemacht wurden, wenn der Auftraggeber Änderungswünsche hatte oder wenn Mehraufwendungen durch Verschulden des Auftraggebers zu ■ Stande gekommen sind. Die SOLID-Experten für Baurecht Mag. Wolfgang Müller FH–Prof. DI Dr. Rainer Stempkowski Kanzlei Karasek, Wietrzyk Rechtsan- Studiengang wälte (KWR) Bauplanung & Wien Baumanagement FH Joanneum, Graz § Lesen Sie im nächsten SOLID: Alles über Regiepreise, Festpreise und veränderliche Preise. 33