DAS GEHÖR IHRES KINDES

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Das Gehör Ihres Kindes
Anleitungen für Eltern hörgeschädigter Kinder
www.widex.com
Printed by Widex / 06-06
9 502 0221 002 #01
Das Gehör Ihres Kindes
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WIDEX
Das Gehör Ihres Kindes
Anleitungen für Eltern hörgeschädigter Kinder
Inhalt
Das Gehör Ihres Kindes................................................ 3
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen................. 5
Das Hörorgan......................................................................... 6
Normale Hörentwicklung......................................................10
Hörschädigung......................................................................13
Hörtests............................................................................... 23
Das Audiogramm................................................................. 30
Die Diagnose....................................................................... 36
Eltern eines schwerhörigen Kindes sein.............. 41
Die ersten Schritte................................................................ 42
Kommunikation................................................................... 44
Das Betreuungs-Team........................................................... 46
Schule...................................................................................51
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben..................... 57
Hörgeräte-Versorgung.......................................................... 60
Funktionsweise eines Hörgerätes.......................................... 64
Pflege der Hörgeräte............................................................ 66
Zubehör............................................................................... 72
Die Vorgehensweise von Widex: Hörgeräteanpassung
bei Kindern.......................................................................... 78
Das Gehör Ihres Kindes
Wir Menschen besitzen fünf Sinne, mit denen wir unsere Welt
wahrnehmen können. Ein Kind wird außerdem mit einer besonderen geistigen Leistungsfähigkeit geboren, die speziell dafür geeignet ist, Informationen über diese Sinne auf zu nehmen und
für die weitere Entwicklung zu nutzen. Je besser die Informationen empfangen werden, desto sicherer kann der Verstand eines
Kindes wachsen und das Kind lernt mit der Umwelt zurechtzukommen. Die fünf Sinne sind unsere Werkzeuge, um zu kommunizieren und zu lernen.
Der Hörsinn ist für die Sprech- und Sprachentwicklung eines Kindes von entscheidender Bedeutung. Eine Hörschädigung muss
deshalb so früh wie möglich erkannt und mit geeigneten Hörgeräten versorgt werden, um erhebliche Verzögerungen in der
Sprech- und Sprachentwicklung zu vermeiden.
Die Diagnose „Ihr Kind ist hörgeschädigt“ ist für die betroffenen
Eltern sicherlich zunächst ein Schock und löst eine Vielfalt von unterschiedlichen Gefühlen aus. Es gibt so viele Informationen, so
viele Fragen und gleichzeitig zahlreiche Entscheidungen zu treffen. Neben allen praktischen Überlegungen bleibt es nicht aus,
dass sich die Eltern auch mit den eigenen Gefühlen und den emotionalen Reaktionen ihres Umfeldes auseinander setzen müssen.
Sie und Ihre Familie können Ihr Kind aktiv unterstützen. Denn Sie
sind ein wichtiger Teil des interdisziplinären Teams, das neben
Ihnen aus Ärzten, Audiologen, Hörgeräte-Akustikern, Pädagogen
und anderen Fachkräften besteht. Wir hoffen, dass Ihnen dieses
Buch umfassende Informationen über die kindliche Schwerhörigkeit, ihre Diagnostik, ihre Auswirkungen und die Versorgung mit
Hörgeräten gibt.
Das Gehör Ihres Kindes
Den Hörverlust Ihres Kindes
verstehen
Sobald bei Ihrem Kind ein Hörschaden vermutet oder
diagnostiziert wird, werden Sie und Ihre Familie mit völlig
neuen Informationen und Fachbegriffen konfrontiert. Ein
korrektes und umfassendes Wissen über alles, was mit
dem Hörschaden verbunden ist – von der Funktion des
menschlichen Gehörs bis zu den verschiedenen Diagnoseverfahren – ist die beste Grundlage für Ihre künftigen
Entscheidungen. Dieses Wissen trägt auch wesentlich
dazu bei, dass Sie Ihr Kind in seiner Einzigartigkeit genießen und lieben können - ein harmonisches Zusammenleben mit Ihrem Kind ist das Ziel aller Bemühungen.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
Ovales Fenster
Gehörgang
Steigbügel
Amboss
Hammer
Bogengänge
Innenohr
Hörnerv
Cochlea
aussenohr
Mittelohr
Trommelfell
Eustachische Röhre
Das Hörorgan
Um die Art und die Ursache einer Hörschädigung ganz zu
verstehen, muss man die Funktion des Ohres kennen.
Alle Schallsignale sind auf Bewegung zurückzuführen.
Wenn z. B. der Wind weht, bewegen sich die Blätter der
Bäume. Die Blätter wiederum verursachen eine Bewegung der Luftmoleküle und bringen sie zum Schwingen.
Diese Schwingungen werden auch Schallwellen genannt
und können vom Ohr wahrgenommen werden. Langsame Schwingungen (tiefe Frequenzen) werden als tiefer
Ton (Bass) wahrgenommen und schnelle Schwingungen
(hohe Frequenzen) als hoher Ton (Diskant) gehört.
Das komplette Hörorgan ist für unsere Hörfähigkeit verantwortlich. Es nimmt die akustischen Schallwellen auf
und wandelt sie in Nervenimpulse um, die vom Gehirn
ausgewertet werden können. Das Hörorgan besteht aus
drei Hauptbereichen: dem Außenohr, dem Mittelohr und
dem Innenohr.
Das Außenohr
Das Außenohr besteht aus der Ohrmuschel und dem Gehörgang. Das Trommelfell am Ende des Gehörganges bildet die Grenze zum Mittelohr. Das Außenohr nimmt die
Schallwellen auf und leitet sie zum Trommelfell. Minimale
Änderungen des Luftdrucks durch die Schallschwingungen versetzen das Trommelfell in Schwingung, die dadurch auf das Mittelohr übertragen werden.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
Das Mittelohr
Das Mittelohr ist ein mit Luft gefüllter Hohlraum, der
auch Paukenhöhle genannt wird. Die Eustachische Röhre,
die das Mittelohr mit dem Rachen verbindet, sorgt dafür,
dass der Luftdruck im Mittelohr dem äußeren Luftdruck
entspricht. In der Paukenhöhle gibt es drei winzige, miteinander verbundene Knöchelchen, die in der medizinischen Fachsprache Malleus, Incus und Stapes genannt
werden. Umgangssprachlich nennt man sie auch Hammer, Amboss und Steigbügel. Diese Kette von Knöchelchen bildet einen Hebelmechanismus, der die Bewegungen des Trommelfelles auf die Flüssigkeiten des Innenohres überträgt. Zwei kleine Muskeln, der Hammerund der Steigbügelmuskel, sind mit den Gehörknöchelchen verbunden. Diese Muskeln ziehen sich reflexartig
zusammen, wenn laute Signale das Ohr erreichen und
reduzieren so die Schwingungsfähigkeit von Trommelfell
und Gehörknöchelchen. Sie verhindern so die uneingeschränkte Übertragung zu lauter Signale zum Innenohr.
Das Innenohr
Das Innenohr - auch Labyrinth genannt - ist ein flüssigkeitsgefülltes System, welches aus dem Gleichgewichtsorgan und dem Hörorgan besteht. Der obere Teil des Labyrinths, das Gleichgewichtsorgan, besteht aus drei flüssigkeitsgefüllten halbrunden Kanälen, den sogenannten Bogengängen. Der untere Teil des Labyrinths, das Hörorgan,
wird wegen seiner Form Schnecke oder lateinisch Cochlea
genannt. Die Cochlea ist über ein ovales Fenster, in dem
der Steigbügel verankert ist, mit dem Mittelohr verbunden. Die Steigbügelfussplatte überträgt dann die Schwingungen der Gehörknöchelchen durch kolbenartige Bewegungen auf die Flüssigkeit des Innenohres.
Die Bewegung der Innenohr-Flüssigkeit aktiviert die Haarzellen, von denen es im Innenohr ca. 20.000 gibt. Diese
Haarzellen erzeugen in Folge dessen Nervenimpulse, die
über den Hörnerv zum Gehirn weitergeleitet werden. Das
Gehirn kann diese Impulse auswerten und als Hörinformation wahrnehmbar machen.
Durch diesen faszinierenden und gleichzeitig aufwändigen Vorgang im Ohr können wir Schallwellen aufnehmen, diese in Schwingungen der Gehörknöchelchen umwandeln, dann in eine sogenannte „Wanderwelle“ der
Innenohr-Flüssigkeiten transformieren, die schließlich als
Nervenimpulse vom Gehirn ausgewertet werden können.
Auch schon der kleinste Fehler in diesem komplexen System kann die Hörfähigkeit beeinträchtigen.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
Normale Hörentwicklung
Es ist relativ schwierig, den Verlauf einer „normalen“
Hörentwicklung für den Menschen fest zu legen. Jeder
Mensch entwickelt sich in seiner eigenen Weise und mit
seiner eigenen Geschwindigkeit.
Wir haben die Entwicklungsstufen der allgemeinen Hörund Sprachentwicklung in chronologischer Reihenfolge
zusammengestellt. Sie soll zur Orientierung dienen und
Ihnen helfen, die Hör- und Sprachentwicklung Ihres Kindes selbst einzuschätzen. Sie gibt nicht vor, dass jedes
Kind zu einem exakt gleichen Zeitpunkt die selben Entwicklungsstufen erreichen muss.
10
Hör- und Sprachentwicklung bei Kindern
Pränatale Stimulierung
Der menschliche Fötus verfügt bereits ab der 20. Schwangerschaftswoche über eine rudimentäre Hörfähigkeit. Diese Hörfähigkeit entwickelt sich permanent weiter und reift während
der restlichen Schwangerschaft. Das Ungeborene kann Töne
von außerhalb des Körpers seiner Mutter hören. Tiefe Töne
werden im Mutterlaib besser wahrgenommen als hohe Töne.
0-4 Monate
Erschreckt bei plötzlichen, lauten Signalen. Beginnt Schallsignale mit Augen- oder Kopfbewegungen zu lokalisieren.
3-6 Monate
Interessiert sich für verschiedene Töne und Geräusche. Experimentiert damit, selbst Laute und Geräusche von sich zu geben. Erkennt scheinbar die ihm bekannten Stimmen.
6-12 Monate
„Babbelt“. Beginnt, einfache Wörter wie „Mama“ und „Ball“
zu verstehen und versucht, neue Laute nach zu ahmen.
Beginnt, einfachen Anweisungen zu folgen.
12-18 Monate
Das „Babbeln“ entwickelt sich langsam zu Wörtern. Kann ca.
20 Wörter selbst benutzen und versteht etwa 50 Wörter.
➤➤➤
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
11
➤➤➤ Hör- und Sprachentwicklung bei Kindern,
Fortsetzung
2 Jahre
Kann normalerweise einfache Sätze mit einem Wortschatz
von ungefähr 200-300 Worten sprechen. Genießt das Vorlesen aus Bilderbüchern und kann viele der Bilder darin identifizieren und benennen.
3-4 Jahre
Benutzt Worte und Sätze, um Bedürfnisse, Fragen und Gefühle auszudrücken. Wortschatz, Aussprache und Verständlichkeit verbessern sich erheblich im Laufe dieser beiden Jahre.
12
Hörschädigung
Gibt es einen Defekt an irgendeiner Stelle der Schallübertragung im Ohr, dann kann die Hörfähigkeit beeinträchtigt sein.
Nur ganz bestimmte Arten von Hörschäden können medizinisch oder chirurgisch behandelt werden, während die
meisten anderen Schwerhörigkeiten mit Hörgeräten versorgt werden müssen.
Bestimmte Faktoren können die Auswirkung einer Hörschädigung auf die Entwicklung eines Kindes beeinflussen. Ein Kind mit einer angeborenen Hörschädigung ist
mehr gefährdet, eine Verzögerung in der Sprech- und
Sprachentwicklung zu erfahren, als ein Kind, das erst
deutlich später einen Hörschaden entwickelt. Einen weiteren Einfluss auf die Entwicklung des Kindes hat der
Grad des Hörverlustes. Ein größerer Hörverlust wird sich
in der Regel erschwerend auf die Sprech- und Sprachentwicklung auswirken.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
13
Daher ist es sehr wichtig, dass eine Hörschädigung so
früh wie möglich diagnostiziert und behandelt wird. Studien haben gezeigt, dass hörgeschädigte Kinder leichter
Sprech- und Sprachfähigkeiten entwickeln, die denen
normalhörender Kinder vergleichbar sind, wenn sie bereits vor ihrem sechsten Lebensmonat mit Hörgeräten
versorgt werden.
Mögliche Zeichen eines Hörverlustes
Hörgeschädigte Kinder lernen oft sehr schnell, die fehlenden hörbaren Signale zu kompensieren. Sie konzentrieren
sich automatisch auf andere informative Signale, wie z. B.
Änderungen des Lichtes wenn eine Tür geöffnet oder geschlossen wird, Vibrationen im Boden, ein veränderter
Luftzug und typische Verhaltensweisen von bekannten
Personen. Ihre Reaktionen können völlig normal wirken,
obwohl sie hörgeschädigt sind. Eine Hörschädigung ist
daher nicht immer an den Verhaltensweisen des Kindes
eindeutig zu erkennen.
14
Das Gehör von jedem Neugeborenen im Rahmen eines
generellen Hörscreening-Programms zu testen, ist die sicherste Methode, um eine kindliche Hörschädigung so
früh wie möglich zu erkennen. Wenn beim Neugeborenen keine Routine-Untersuchung mit Hörscreening durchgeführt wird, schöpft oft die Mutter oder der Vater als
erstes den Verdacht, dass das Kind möglicherweise nicht
gut hört.
Sie sollten sich auf Ihre Intuition verlassen! Wenn Sie den
Verdacht haben, dass Ihr Kind Hörprobleme hat, sollten
Sie sich an einen Fach-Arzt, einen Audiologen, an eine
HNO-Klinik mit Fachabteilung Phoniatrie und/oder Pädaudiologie oder eine Pädagogisch-Audiologische Beratungsstelle wenden, um einen Hörtest durchführen zu lassen.
Ein Kind ist nie zu jung für einen Hörtest! Studien haben
gezeigt, dass die Hör-Sprach-Entwicklung eines hörgeschädigten Kindes umso besser verläuft, je früher der
Hörschaden erkannt und mit Hörgeräten versorgt wird.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
15
Ein Hörtest ist eine einfache und für Ihr Kind harmlose
Methode, um zu überprüfen, ob es alle Schallsignale seiner Umwelt optimal wahrnimmt.
Wir haben eine Liste von kindlichen Verhaltensauffälligkeiten zusammengestellt, die auf Hörprobleme hindeuten
können. Kinder entwickeln sich mit ihrer eigenen individuellen Geschwindigkeit. Keine der genannten Auffälligkeiten kann deshalb als ein sicherer Hinweis auf ein Hörproblem gewertet werden – umgekehrt kann jedes dieser
Anzeichen aber darauf hindeuten, dass ihr Kind wichtige
Hörinformationen nicht ausreichend wahrnimmt.
Mögliche Zeichen eines Hörverlustes
■ Erschreckt nicht über laute Signale.
■ Kann die Schallquelle nicht lokalisieren, dreht z. B. den
Kopf nicht sofort zum Sprecher. Kinder mit normalem Gehör
werden ab einem Alter von 5-6 Monaten normalerweise versuchen, eine Schallquelle zu lokalisieren.
■ Braucht im Allgemeinen eine größere Lautstärke, um
zu hören, d. h. sitzt zu dicht beim Fernseher, stellt die Lautstärke höher ein, fragt oft „Was?“ oder reagiert nicht, wenn
es angesprochen wird.
16
■ Berührt oder zieht oft an einem oder beiden Ohren.
Dies kann auf ein Druckgefühl oder eine Infektion im Ohr hinweisen.
■ Das „Babbeln“ verstummt oder wird zu schrillen
Schreisignalen, wenn das Kind 6-8 Monate alt ist.
■ Reagiert nicht normal auf Schallsignale – reagiert nicht
auf seinen eigenen Namen, obwohl das Kind älter als 6 Monate ist.
■ Das „Babbeln“ entwickelt sich nicht zu erkennbaren
Sprachlauten und dann im Laufe des 2. Lebensjahres auch
nicht zu Worten.
■ Reagiert nicht im Alter von etwa einem Jahr auf einfache Anweisungen wie „Gib Papi den Ball“, es sei denn, das
Kind sieht seinen Vater und kann seine Körperbewegungen
deuten.
■ Entzieht sich sozialen Beziehungen und benimmt sich
eventuell aggressiv. Dies könnte Frust andeuten, weil das Kind
wegen der Hörschädigung immer wieder missverstanden
wird.
■ Missversteht oft Anweisungen.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
17
Die Art des Hörschadens
Viele Menschen verbinden eine Schwerhörigkeit mit dem
Altsein. Obwohl die meisten Hörschäden tatsächlich auf
das Alter zurückzuführen sind, gibt es auch viele andere
Ursachen für einen Hörverlust. Es handelt sich u. a. um
erbliche, pathologische (Folge einer Erkrankung) und idiopathische (unbekannte Herkunft) Hörverluste. Hörschädigungen werden normalerweise in zwei Kategorien unterteilt: Schallleitungsschwerhörigkeit und Schallempfindungsschwerhörigkeit, je nach der Lokalisierung des Ursache des Hörschadens. Eine kombinierte Schwerhörigkeit
lässt sich auf eine Kombination der beiden Schwerhörigkeits-Typen zurückführen. Die Art des Hörschadens muss
bekannt sein, damit die richtige Behandlung in die Wege
geleitet werden kann.
18
Schallleitungsschwerhörigkeit
Bei einer Schallleitungsschwerhörigkeit werden Schallsignale auf dem Weg vom Außenohr zum Innenohr nicht
richtig übertragen. Dies kann auf Blockierungen oder Beschädigungen im Bereich der anatomischen Strukturen
des Außenohres, des Gehörganges oder des Mittelohres
zurückzuführen sein.
Die Schallübertragung kann durch verschiedene Faktoren
beeinträchtigt werden, z. B. führt ein Über- oder Unterdruck im Mittelohr dazu, dass das Trommelfell nicht ungehindert schwingen kann. Versteifte oder verschobene
Gelenk-Verbindungen zwischen den Gehörknöchelchen
haben zur Folge, dass die Beweglichkeit der Gehörknöchelchenkette einschränkt ist.
Die meisten Schallleitungsschwerhörigkeiten können entweder medizinisch oder operativ behandelt werden. Medizinische Behandlungen können jedoch nicht immer vollständig helfen oder nicht in jedem Fall anwendbar sein.
Deshalb werden auch bei einer Schallleitungsschwerhörigkeit häufig Hörgeräte von Nutzen sein.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
19
Häufige Ursachen für Schallleitungsschwerhörigkeit
bei Kindern
Cerumen (Ohrenschmalz) oder andere Ablagerungen
Anhäufungen von z. B. Cerumen (Ohrenschmalz) im Gehörgang können eine Schallleitungsschwerhörigkeit verursachen.
Ablagerungen dieser Art müssen umgehend von einem Arzt
entfernt werden, sobald sie eine Höreinschränkung verursachen. Werden sie ohne Komplikationen entfernt, ist die normale Hörfähigkeit wieder hergestellt.
Mittelohrinfektion (Otitis media)
Infektionen des Mittelohres sind eine weit verbreitete Erkrankung, besonders bei Kleinkindern. Eine akute Infektion ist sehr
schmerzhaft und sollte sofort behandelt werden. Wenn eine
medizinische Behandlung nicht früh genug erfolgt, kann das
Trommelfell einreißen. Ein gesundes Trommelfell wird dadurch
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heilen, dass der Riss von selbst mit Narbengewebe verschlossen
wird. Eine Anhäufung von Narbengewebe nach vielen Infektionen kann jedoch eine Schallleitungsschwerhörigkeit verursachen, die schwieriger zu behandeln ist. Eine chronische Infektion, eine andere Form der Mittelohr-Entzündung, ist zwar oft
nicht schmerzhaft, aber die Entzündung verursacht möglicherweise eine erhebliche Schallleitungsschwerhörigkeit. Infektionen, die längere Zeit nicht beachtet und behandelt werden,
können schwere Komplikationen wie eine bleibende Schallempfindungsschwerhörigkeit zur Folge haben.
Schallempfindungsschwerhörigkeit
Schallempfindungsschwerhörigkeit entsteht als Folge
einer Schädigung der Haarzellen im Innenohr (Cochlea)
und/oder der Nervenfasern, welche die Nervenimpulse
vom Innenohr zum Gehirn weiterleiten. Diese Art von
Schwerhörigkeit kann nur selten medizinisch oder chirurgisch behandelt werden. Schallempfindungsschwerhörigkeiten werden meist mit Hörgeräten versorgt.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
21
Häufige Ursachen für
Schallempfindungsschwerhörigkeit bei Kindern
Angeboren
Eine congenitale Schallempfindungsschwerhörigkeit bedeutet,
dass Ihr Kind mit einem Hörverlust geboren wurde. Ein angeborener Hörverlust kann erblich sein und eine bekannte oder
unbekannte familiäre Ursache haben. Ein angeborene Schallempfindungsschwerhörigkeit kann auch eine Folge genetischer
Syndrome (z. B. Down-Syndrom) sein. Andere Faktoren, die sich
während der Schwangerschaft auf die embryonale Entwicklung
auswirken, wie z. B. Alkohol, Drogen oder Medikamente, sowie Erkrankungen der Mutter vor oder während der Schwangerschaft sowie Komplikationen während der Geburt, können
ebenfalls eine angeborene Schwerhörigkeit verursachen.
Akustisches Lärmtrauma
Ein häufiges, längerfristiges Einwirken übermäßig lauter Schalle
oder ein kurzzeitiges Erleben lauter explosionsähnlicher Schallsignale wie z. B. das Knallen von Feuerwerk oder von Spielzeugpistolen kann ein akustisches Trauma und damit eine Schallempfindungsschwerhörigkeit zur Folge haben.
Infektionen
Schwere Formen bestimmter Infektionen wie Masern, Mumps,
Meningitis oder Keuchhusten können zu Schallempfindungsschwerhörigkeiten unterschiedlichen Grades führen.
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Hörtests
Wenn Sie vermuten, dass Ihr Kind einen Hörverlust hat,
oder wenn Ihnen der Gesundheitszustand der Ohren Sorge
macht, dann sollte ein Hörtest durchgeführt werden.
Bei Kindern kann in jedem Alter – also auch im Säuglingsalter – das Gehör getestet werden. Es gibt eine Vielzahl von
verfügbaren Testmethoden, die entsprechend dem Alter
und dem Entwicklungsstand Ihres Kindes angewendet werden. Hörtests sind nicht mit körperlichen Unannehmlichkeiten für Ihr Kind verbunden.
In vielen Ländern sind Hörtests ein Bestandteil von routinemäßigen Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern. Diese Routine-Untersuchungen können die Eltern auch erstmals auf ein
Hörproblem Ihres Kindes aufmerksam machen.
Ein HNO-Facharzt bzw. Audiologe oder auch HörgeräteAkustiker, der normalerweise Erwachsene behandelt, hat
nicht in jedem Fall die erforderliche Ausrüstung, um ordnungsgemäß die Hörfähigkeit bei kleinen Kindern zu überprüfen. Vergewissern Sie sich deshalb, ob die von Ihnen konsultierten Fachleute auch routinemäßig mit Kindern arbeiten.
Der allgemein übliche Hörtest, bei dem die zu prüfende
Person angeben muss, ob sie einen Ton hören kann oder
nicht, ist bei Kleinkindern nicht durchführbar, da diese Methode zuverlässige Antworten entsprechend einer vorgegebenen Anweisung erforderlich macht. Ein Kleinkind kann
solche Anweisungen noch nicht verstehen.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
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Hörtest-Verfahren
Die meistverwendeten Testverfahren zur Ermittlung der
Hörfähigkeit von Kleinkindern
Anamnese
Ärzte, Audiologen und Hörgeräte-Akustiker werden so viele
Informationen wie möglich sammeln, um die Ursache des
Hörschadens und seine möglichen Auswirkungen und Folgen
bestimmen zu können. Ausgehend von diesen Informationen
wird die geeignete Vorgehensweise und die optimalen Rehabilitationsstrategie gewählt. Sie werden Fragen zu Familie, Umfeld, Krankheiten und über die Schwangerschaft stellen. Diese
Angaben sind für alle an der Rehabilitation beteiligten Fachleute von großer Wichtigkeit. Diese Informationen müssen grundsätzlich vertraulich behandelt werden.
Otoskopie
Ein Otoskop ist ein Instrument, mit dem der Gehörgang und
das Trommelfell betrachtet werden kann. Mit Hilfe von Beleuchtung und Vergrößerung werden physikalische Anomalien
und Veränderungen im Gehörgang und am Trommelfell sichtbar, die zu einem Hörschaden beitragen können.
Otoakustische Emissionen
Mit diesem Testverfahren kann einen Hörschaden ohne aktive
Mitwirkung Ihres Kindes erkannt werden. Da es in der Durchführung sehr schnell und einfach ist, wird es oft auch im Rah-
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men des Neugeborene-Hörscreenings in der Neugeborenenabteilung der Krankenhäuser kurz nach der Geburt durchgeführt. Durch die Stimulation des Ohres mit einem Schallsignal
entstehen schwingungsähnliche Aktivitäten der Haarzellen im
Innenohr, die über das Mittelohr rückwärts übertragen werden und dann im Gehörgang gemessen werden können. Die
Messung der sogenannten Otoakustischen Emissionen kann
nur bei einem ruhigen oder schlafenden Kind durchgeführt
werden.
Objektive Audiometrie: Brainstem evoked response
Audiometry (BERA) und Auditory steady-state response
(ASSR) Hörreaktion auf einen akustischen Reiz des
Hirnstammes (Auditory Brainstem Response (ABR))
Bei diesen Testverfahren werden auf der Kopfhaut die Hirnströme gemessen, die in Folge einer akustischen Stimulierung
des Ohres mit einem spezifischen Schallreiz entstehen. Diese
Messungen werden ebenfalls ohne die aktive Mitwirkung
Ihres Kindes durchgeführt. Die Testverfahren der BERA- oder
ASSR-Messungen dauern länger als die Messung der Otoakustischen Emissionen, die Ergebnisse sind dafür präziser und
können dann auch für die Hörgeräte-Versorgung bei Ihrem
Kind genutzt werden.
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Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
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➤➤➤
Impedanzmessungen
Zur Impedanz-Messung gehören die Messungen des Mittelohrdruckes und der Schwingungsfähigkeit des Trommelfells in
Abhängigkeit von der Veränderung des Luftdruckes im Gehörgang (Tympanometrie), sowie die Messung des akustischen
Reflexes der Mittelohrmuskeln (Stapediusreflex-Messung).
Messungen der Trommelfellbeweglichkeit und des Mittelohrdruckes können benutzt werden, um die Funktion des Mittelohres zu beurteilen und um die Art der Schwerhörigkeit
– Schallleitungsschwerhörigkeit, Schallempfindungsschwerhörigkeit oder kombinierte Schwerhörigkeit – bei Ihrem Kind zu
bestimmen. Die Tympanometrie wird auch angewendet, um
Mittelohrinfektionen zu diagnostizieren.
Impedanzmessungen können auch dafür genutzt werden, den
akustischen Reflex aufzunehmen, der nach lauten Signalen
entsteht. Durch den Stapedius-Reflex wird der Stapediusmuskel reflexartig zusammengezogen, wodurch das Trommelfell
angespannt wird und die Gehörknöchelchen nicht mehr optimal schwingen können. Der Stapedius-Reflex ist ein natürlicher Schutz vor lauten Signalen. Wird der Reflex nur durch
extrem laute Schallsignale ausgelöst oder ist er überhaupt
nicht auslösbar, dann kann dies ein Hinweis dafür sein, dass
bestimmte Hörstrukturen beeinträchtigt sind.
Die Impedanz-Messungen sind schnell durchführbar und erfordern keine aktive Mitarbeit Ihres Kindes.
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Typen von Hörtests, Fortsetzung
Audiometrie (der allgemeine Hörtest)
Für die Testverfahren der subjektiven Audiometrie ist die Mitarbeit und Aufmerksamkeit Ihres Kindes erforderlich. Sorgen
Sie deshalb dafür, dass Ihr Kind satt, ausgeruht und zufrieden
ist, damit es bereit ist, mit ein oder zwei freundlichen Erwachsenen zu spielen und zu kooperieren.
Tonaudiometrie
In der Tonaudiometrie wird bei verschiedenen Tönen (Frequenzen) die leiseste Lautstärke bestimmt, bei der Ihr Kind die
vorgegebenen kurzen Tonsignale noch hören kann, d. h. es
wird die Hörschwelle für Töne bestimmt. Die Tonhörschwelle
ist wichtig für die Diagnose und für die Hörgeräte-Anpassung.
Bei der Tonaudiometrie werden die Schallsignale entweder
über einen Lautsprecher, einen Kopfhörer oder über kleine
Ohrhörer, die im Gehörgang platziert werden, übertragen.
Ihr Kind soll dann angeben, wann es die Signale gerade eben
hören kann. Altersabhängig werden für die Durchführung
der Tonaudiometrie bei Kindern unterschiedliche Verfahrensweisen angewendet: Säuglinge und Kleinkinder werden darauf trainiert, dass die wahrgenommenen Schallsignale von
einem beweglichen Spielzeugtier erzeugt werden bzw. dass
das Spielzeugtier immer sichtbar wird und sich bewegt, wenn
das Schallsignal ertönt. Damit das Kleinkind das lustige Spiel➤➤➤
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
27
➤➤➤
zeugtier sehen kann, wird es sich dann immer in die Richtung
des Spielzeugtieres drehen, sobald es das Schallsignal hört.
Damit das Kind nicht ständig erwartungsvoll in die Richtung
des Spielzeugtieres schaut, muss es durch eine weitere Person davon abgelenkt werden. Die Steuerung des Spielzeugtieres als „Belohnung“ für die Reaktion auf den Schallreiz wird
vom Hörgeräte-Akustiker bzw. Audiologen übernommen. Das
Spielzeugtier erscheint nur, wenn auch ein Schallsignal vorher
hörbar war.
Kinder im Kindergartenalter können angewiesen werden, eine
bestimmte Spielhandlung (z. B. einen Teil eines Puzzles zu ergänzen oder ein Holzklötzchen in ein Steckbrett zu stecken)
immer dann auszuführen, wenn sie ein Schallsignal hören
können. Das Kind wird darüber informiert, dass es immer nur
dann die ausgewählte Spielhandlung durchführen darf, wenn
es ein Signal hört. Aufgrund eines Alters wird es schnell lernen, das „Hör“-Spiel richtig zu „spielen“. Wenn Ihr Kind das
Schulalter erreicht hat, kann es in der Tonaudiometrie wie ein
Erwachsener auf ein gehörtes Signal reagieren, indem es eine
Taste drückt oder jedes Mal „Ja“ sagt.
Sprachaudiometrie
Ältere Kinder, die Sprache erlernt haben, können zusätzlich
zur Tonaudiometrie mittels Sprachaudiometrie getestet werden. In der Sprachaudiometrie werden altersabhängig geeignete Worte aus dem kindlichen Sprachwortschatz über
28
Lautsprecher, Kopfhörer oder kleine Ohrhörer angeboten, die
entweder von dem Kind nachgesprochen werden sollen oder
das Kind soll die zum gehörten Wort passenden Bilder auf den
vorgelegten Bildkarten zeigen.
In der Sprachaudiometrie wird einerseits die leiseste Sprachlautstärke bestimmt, bei dem Ihr Kind Sprache noch wahrnehmen kann, und andererseits die Sprachlautstärke gesucht, bei
der Ihr Kind die Worte am besten verstehen kann. Zusätzlich
kann festgestellt werden, ob Ihr Kind altersgemäße Sprache
korrekt verstehen kann und ob die gewählte Hörgeräte-Versorgung eine bestmögliche Sprachverständlichkeit gewährleistet.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
29
Das Audiogramm
Als Audiogramm wird die grafische Darstellung der während des Hörtestes bzw. der Audiometrie erzielten Ergebnisse bezeichnet.
Wenn Ihr Kind älter als 6 Monate ist, sollte ein Hörtest
durchführbar sein und es kann Ihnen eine Kopie des Audiogramms zur Verfügung gestellt werden. Sollte Ihr Kind
noch jünger sein oder aus anderen Gründen nicht in der
Lage sein, bei einem altersgerechten Hörtest ausreichend
mitzuarbeiten, dann kann Ihr Arzt oder Audiologe die Diagnose zusammen mit der Feststellung der Hörschwelle
auf der Basis anderer Testverfahren durchführen. In solchen Fällen wird ein subjektiver Hörtest erst später gemacht, wenn Ihr Kind älter ist und entsprechend mitarbeiten kann.
Lassen Sie sich immer eine Kopie des aktuellen Audiogramms von Ihrem Arzt, Audiologen oder HörgeräteAkustiker geben. Wenn Sie über Kopien der Audiogramme verfügen, die bei Ihrem Kind im Laufe der Zeit
ermittelt wurden, dann können Sie später die Ergebnisse
jederzeit einsehen und die Ergebnisse von früheren oder
späteren Hörtests vergleichen.
30
Das Audiogramm verstehen
Während des Hörtestes werden zwei Parameter – Frequenz und Intensität – verändert, um die für Ihr Kind hörbaren leisesten Schallsignale zu bestimmen.
Frequenz
Im Audiogramm ist ein Gitter mit zwei Skalen dargestellt.
Die horizontale Skala ist die „Frequenzskala“. Die Frequenz bezeichnet die Tonhöhe eines Tones, die wie bei
einer Tonleiter von den tiefen bis zu den hohen Tönen auf
einer Skala aufgetragen wird.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
31
Frequenz wird in Hertz (Hz) gemessen. Menschen können
einen großen Bereich an Frequenzen hören. Tatsächlich
sind normalhörende Kinder in der Lage, Frequenzen von
20 Hz (sehr tiefe Töne, z. B. ein Nebelhorn) bis 20.000 Hz
(sehr hohe Töne, z. B. ein sehr hohes Pfeifen) wahrzunehmen.
Im Audiogramm werden die Testergebnisse für 6 bis 10
Frequenzen zwischen 250 und 8000 Hz eingetragen. Dieser Frequenzbereich ist wesentlich für die Sprech- und
Sprachentwicklung eine Kindes. Die Tonhöhe wird im Gitter des Audiogramms von links (tiefe Frequenzen) nach
rechts (hohe Frequenzen)abgebildet.
32
Intensität
Die vertikale Skala ist die „Intensitätsskala“. Die Intensität
nehmen wir als Lautstärke wahr, d. h. sie beschreibt wie
laut oder leise ein Schallsignal ist. Intensität wird in Dezibel (dB oder dBHL) gemessen. Die Intensitätsskala im Audiogramm zeigt, bei welcher Lautstärke jede Frequenz,
also jeder Ton im Bereich von 250 bis 8000 Hz gehört
werden kann. Ein normalhörender Mensch sollte jede Frequenz bei einer Intensität von weniger als 20 dB hören
können.
Wenn die Intensität, bei der ein Ton gerade eben gehört
werden kann, 20 dB überschreitet (d. h. die Hörschwelle
ist deutlich weiter unten im Gitter des Audiogrammes
eingetragen), dann bedeutet dies, dass Ihr Kind bei dieser
Frequenz eine größere Lautstärke als normal benötigt hat,
um den Ton zu hören. Ihr Kind hat also bei genau dieser
Frequenz einen Hörverlust. Im Audiogramm wird also bei
jeder gemessenen Frequenz die Intensität/Lautstärke eingetragen, bei welcher der Ton gerade eben gehört werden konnte.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
33
Es werden spezielle Symbole verwendet, um die Ergebnisse für das linke und rechte Ohr im Audiogramm einzutragen. Für das linke Ohr wird ein “X” in blauer Farbe eingetragen, für das rechte Ohr wird ein “O” in roter Farbe
verwendet, wenn das Ergebnis unter Verwendung eines
Kopfhörers oder Ohrhörers ermittelt wurde. Es gibt auch
noch andere Symbole, die für andere Hörer-Arten oder
Testverfahren verwendet werden, immer jedoch bezeichnet die rote Farbe das rechte Ohr und die blaue Farbe das
linke Ohr.
Der Grad des Hörverlustes
Der Grad des Hörverlustes wird international in sechs Stufen eingeteilt, die dafür verwendet werden, den Hörverlust Ihres Kindes in Worten einzustufen und zu beschreiben.
34
In Worten ausgedrückt
bedeutet dies im
Allgemeinen:
Grad des
Hörverlustes
Grad des
Hörverlustes
beschrieben in
Dezibel (dB)
Minimal
11 bis 25 dB
Wenig Hörprobleme
Gering
26 bis 40 dB
Probleme beim Verstehen von leiser
oder entfernter Sprache
Mäßig
41 bis 55 dB
Flüstersprache kann nicht gehört
werden, Probleme beim Verstehen
von normallauter Sprache
Mittel
56 bis 70 dB
Leise Sprache kann nicht gehört
werden, Probleme beim Verstehen
von normallauter Sprache
Hoch
71 bis 90 dB
Normallaute Sprache kann nicht gehört werden, Probleme beim Verstehen von lauter Sprache
Sehr hoch,
an Taubheit grenzend
91 dB und mehr
Laute Sprache kann nicht gehört
und verstanden werden, auch laute
Signale werden oft nicht wahrgenommen
Lassen Sie sich das Audiogramm von Ihrem Arzt, Audiologen oder Hörgeräte-Akustiker erklären. Fragen Sie, welche Schallsignale (Frequenzen) und welche Lautstärke (Intensität) Ihr Kind hören kann. Diese Informationen helfen
Ihnen zu einem besseren Verständnis, wie Ihr Kind sein
Umfeld hören kann.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
35
Die Diagnose
Das Diagnoseverfahren soll den Verdacht einer Schwerhörigkeit bei Ihrem Kind bestätigen oder zerstreuen. Nach
mehreren Tests und vielleicht auch mehreren Terminen
wird Ihr Fach-Arzt die Diagnose stellen können und Ihnen
die Ergebnisse der bei Ihrem Kind durchgeführten Tests
mitteilen.
Sie werden die Art des Hörschadens (Schallleitungsschwerhörigkeit, Schallempfindungsschwerhörigkeit oder
kombinierte Schwerhörigkeit) sowie den Grad des Hörverlustes (gering bis sehr hoch) erfahren und darüber informiert werden, ob beide Ohren betroffen sind oder nur
eines.
Eine Prognose über mögliche weitere Veränderungen des
Hörverlustes im Laufe der Zeit ist erwünscht, kann aber
nicht immer zuverlässig gemacht werden.
36
Sollten Sie Fragen zum Hörverlust Ihres Kindes haben,
wenden Sie sich bitte an Ihren Fach-Arzt, Ihren Audiologen oder Ihren Hörgeräte-Akustiker.
Die Informationen, die Sie hier erhalten, werden Ihnen
dabei helfen, für sich und Ihr Kind den bestmöglichen
Weg zu finden, um die Lebensqualität Ihres Kindes zu optimieren.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
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Auch wenn Sie bereits vermutet haben, dass Ihr Kind
nicht so gut hören kann, ist die Diagnose einer Schwerhörigkeit dennoch immer ein Schock. Manche Eltern machen sich Vorwürfe und haben Schuldgefühle oder sie
sind verzweifelt. Andere werden vielleicht die Diagnose
nicht akzeptieren und die Schwerhörigkeit verleugnen.
Solche Reaktionen sind zunächst ganz normal und verständlich.
Eine gewisse Verarbeitung des Schocks und die Akzeptanz der neuen Situation sind aber eine Voraussetzung,
um die nötigen Schritte in die Zukunft zu tun. Viele dieser
Gefühle rühren von unbeantworteten Fragen her. Die
Antworten auf diese Fragen und das Bewusstsein, dass
Lösungen verfügbar sind, dass dem Kind geholfen werden kann, können eine große Hilfe für die Verarbeitung
sein.
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Sprechen Sie deshalb mit jedem über das Thema, bei dem
sie das Gefühl haben, dass er etwas Licht in die Situation
bringen kann, dem sie vertrauen oder der einfach nur Ihren Sorgen zuhört. Fragen wie z. B. „Wird mein Kind
durch den Hörverlust behindert sein?“, „Wird mein Kind
normal sprechen können?“ sind nicht ungewöhnlich!
Sprechen Sie alle Fragen aus, die Sie bewegen.
Vielleicht möchten Sie mit Ihrem Fach-Arzt, Audiologen,
einem Hörgeräte-Akustiker, anderen Eltern oder Lehrern
oder anderen schwerhörigen Kindern sprechen – vielleicht
auch mit Personen, bei denen während der Kindheit ein
Hörverlust festgestellt wurde. Diese Personen können
nicht nur helfen, Ihre Fragen zu beantworten und Sie dabei unterstützen, mit Ihren Sorgen fertig zu werden. Ihre
Erfahrungen können auch zu einer positiven Perspektive
für die Zukunft Ihres Kindes beitragen.
Sie sind nicht alleine. Vielzählige Möglichkeiten und Lösungen stehen für Sie und Ihr Kind zur Verfügung. Ihr
Hörgeräte-Akustiker kann Sie zusätzlich auf Organisationen für Schwerhörige in Ihrer Region hinweisen.
Den Hörverlust Ihres Kindes verstehen
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40
Eltern eines schwerhörigen
Kindes sein
Kinder werden mit einer völlig unvoreingenommenen Einstellung geboren. Völlig frei von Vorurteilen akzeptieren
sie die Welt wie sie ist.
Ein hörgeschädigtes Kind hat keine Vorstellung davon,
was “behindert sein” bedeutet, sofern andere es nicht so
behandeln und es ihm zu spüren geben, dass es behindert ist.
Es ist nahezu unglaublich, wie gut Menschen physische
oder mentale Mängel kompensieren können. Tatsächlich
arbeitet jeder von uns jeden Tag daran, mit irgendwelchen größeren oder kleineren Belastungen oder Einschränkungen fertig zu werden – sei es schlechtes Sehvermögen, eine körperliche Schwäche oder ein aufbrausendes Temperament.
Vorgefasste Meinungen, welche die Familienangehörigen
oder die Freunde Ihres Kindes über Schwerhörigkeit haben, können das Selbstbild und das Selbstverstrauen Ihres
Kindes stark beeinflussen. Ihre Bemühungen, gut informiert, offen und unterstützend zu handeln sowie eine
insgesamt positive Einstellung gegenüber der Hörschädigung, helfen Ihrem Kind, seine wunderbar unvoreingenommene Haltung und die grundsätzlich positive Einstellung zu den Dingen zu bewahren.
Eltern eines schwerhörigen Kindes sein
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Die ersten Schritte
Eltern schöpfen häufig als Erste den Verdacht, dass ihr
Kind einen Hörschaden hat. Wenn Sie sich Sorgen bezüglich der Hörfähigkeit Ihres Kindes machen, ist es wichtig,
sofort etwas zu unternehmen. Schnelles Handeln kann
einen sehr positiven Einfluss auf die Zukunft Ihres Kindes
haben. Ein einfacher, unkomplizierter Hörtest kann den
Verdacht bestätigen oder zerstreuen und moderne Hörgeräte-Technik kann bei Hörschädigung komfortable, effektive Versorgungslösungen liefern.
Einer der wichtigsten Punkte ist aber, dass Sie nicht aufhören, mit Ihrem Kind zu spielen, zu singen und zu sprechen. Diese liebevolle Aufmerksamkeit ist für alle Kinder
lebenswichtig – für hörgeschädigte genauso wie für normalhörende Kinder.
Die ersten Schritte
Hier sind einige Maßnahmen, die Sie befolgen können, wenn Sie vermuten, dass Ihr Kind Hörprobleme hat.
■ Fahren Sie fort, mit dem Kind zu spielen, zu singen und zu
sprechen.
Für alle Kinder ist ein positiver Kontakt mit Menschen für die emotionale Entwicklung und das Wohlbefinden essentiell. Ein hörgeschädigtes Kind hat vielleicht sogar einen größeren Bedarf an einer engen, persönlichen Beziehung, um die besten Voraussetzungen für die
sprachliche Kommunikation zu bekommen.
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■ Sehen Sie sich Ihr Kind an, wenn Sie mit ihm sprechen.
Ihre Lippen, ihr Gesichtsaudruck und ihre Körperbewegungen enthalten wichtige zusätzliche Informationen.
■ Sprechen Sie mit einer klaren, hörbaren Stimme, ohne zu
schreien.
Wenn Sie versuchen, sehr laut zu sprechen, kann dies Ihre Stimme verzerren und Sie werden dadurch schlechter zu verstehen sein.
■ Stellen Sie sicher, dass die Beleuchtung angemessen ist, wenn
Sie mit Ihrem Kind sprechen, damit Ihr Kind Ihr Gesicht deutlich sehen
kann.
■ Lassen Sie das Gehör Ihres Kindes von qualifizierten Fachleuten untersuchen, die mit den spezifischen Problemen der Pädaudiologie und der Hörgeräteanpassung bei Kindern Erfahrung haben.
■ Lassen Sie Ihr Kind so schnell wie möglich mit Hörgeräten versorgen, damit es maximalen Nutzen aus allen Hörinformationen ziehen kann. Je früher Ihr Kind die Vorteile einer Verstärkung durch Hörgeräte nutzt, desto größer sind die Chancen für Ihr Kind, gute sprachliche Fähigkeiten zu entwickeln.
■ Finden Sie die Hilfestellungen in Ihrer Umgebung. Sie und Ihre
Familie sind sicher nicht die Einzigen, die ein hörgeschädigtes Kind betreuen und erziehen. Viele Städte haben Organisationen für Hörgeschädigte und ihre Familien. Diese Organisationen bieten Unterstützung und Beratung an. In Büchereien oder im Buchhandel können Sie
Bücher finden, die sehr hilfreich sind.
Eltern eines schwerhörigen Kindes sein
43
Kommunikation
Was und wie Ihr Kind genau hört, hängt von den Besonderheiten seines Hörverlustes ab. Bitten Sie Ihren Hörgeräte-Akustiker, den Hörverlust und die Wahrnehmungsmöglichkeiten Ihres Kindes zu beschreiben, damit Sie mit
Ihrem Kind so effektiv wie nur möglich kommunizieren
können.
In den meisten Fällen ist es empfehlenswert, klar und
deutlich artikuliert zu sprechen, um wichtige Laute der
Sprache hervorzuheben und damit die Verständlichkeit
der Worte und Sätze zu verbessern. Dies wird den Bedarf
von Wiederholungen minimieren und die Kommunikation
mit Ihrem Kind sehr erleichtern.
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Sprech- und Sprachtraining durch spezialisierte Therapeuten können die Entwicklung sowohl rezeptiver (gehörter) als auch expressiver (gesprochener) Sprache verbessern. Ein spezialisierter Therapeut oder Pädagoge wird
Ihrem Kind ein kindgerechtes und anregendes Lernumfeld
anbieten, in dem es bestimmte Klänge, Rhythmen, Laute,
Worte und Sätze spielerisch lernen wird.
Wenn Ihr Kind einen hochgradigen oder an Taubheit
grenzenden beidohrigen Hörverlust hat, wird eine spezielle Therapie zur Sprech- und Sprachentwicklung besonders wichtig sein. Sie sollten dann auch gezielt darauf
achten, eine solche Sprachtherapie konsequent durch zu
halten und diese gegebenfalls auch durch andere Kommunikations-Methoden ergänzen. Zusätzliche Kommunikationshilfen können das Lippenlesen, die Anwendung
von Gebärden oder Ausdrucksformen wie das Fingeralphabet oder spezielle Zeichen sein.
Eltern eines schwerhörigen Kindes sein
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Das Betreuungs-Team
Als Eltern stehen Sie an der ersten Stelle eines Teams,
dessen Zusammenarbeit darauf ausgerichtet ist, Ihrem
Kind einen optimalen Start ins Leben zu geben.
Die bestmögliche Versorgung zu sichern, fordert Engagement, Energie und Entschlossenheit. Diese Aufgabe kann
manchmal sehr anstrengend sein. Sie müssen Informationen und Möglichkeiten durchgehen und Entscheidungen treffen, aber die auf diesem Weg erzielten Erfolge sind den Aufwand wert.
Die Rolle der Eltern im Betreuungs-Team
Hier sind einige Anregungen, die Ihnen bei der Vorbereitung auf Ihre Rolle als
Elternteil in einem Betreuungs-Team helfen können.
Verlassen Sie sich auf Ihren Instinkt
Wenn Sie zu irgendeinem Zeitpunkt an den Ratschlägen der Fachleute zweifeln
oder das Gefühl haben, dass Sie unzureichende Informationen bekommen
haben, sollten Sie nachfragen. Suchen Sie nach fachlicher Hilfe, wenn Sie
festellen, dass die Hörgeräte Ihres Kindes nicht mehr wie früher funktionieren
oder auch, wenn Sie andere Sorgen mit Ihrem Kind haben. Sie kennen Ihr Kind
am Besten!
Suchen Sie Informationen
Je mehr Sie sich über Hörschädigung, Hörverluste und die verfügbaren Hilfen
informieren, desto besser können Sie die bestmögliche Versorgung für Ihr Kind
sicherstellen. Informieren Sie sich über die Rechte und Ansprüche, die Ihr hörgeschädigtes Kind hat, und versuchen Sie, die Besonderheiten des Hörschadens Ihres Kindes und die Funktionen der verfügbaren Technik zu verstehen.
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Erweitern Sie das Betreuungs-Team
Ein vielseitiges Betreuungs-Team ist ein gutes Fundament für die Zukunft
Ihres Kindes. Neben der professionellen Gruppe aus Fachärzten, Audiologen,
Hörgeräte-Akustikern und Pädagogen können Sie ausgezeichnete Unterstützung durch Organisationen, Elterngruppen, Publikationen usw. finden.
Passen Sie auf sich selbst auf
Neben den typischen Anforderungen der Kindererziehung können die
besonderen Bedürfnisse eines hörgeschädigten Kindes manchmal erdrückend
sein. Bevor die alltäglichen Anforderungen der Betreuung eines hörgeschädigten Kindes sich in Stress verwandeln, ist es sinnvoll, dass Sie auch auf sich
selbst und Ihre Bedürfnisse achten, denn Stress hat weder auf Sie noch auf
Ihr Kind einen positiven Einfluss.
Geduld und ruhiges Vorgehen wird jede Aufgabe bewältigbarer machen:
erledigen Sie eine Angelegenheit nach der anderen, seien Sie realistisch in
Ihren Erwartungen und vergessen Sie nicht, die Erfolge zu feiern. Keine
neu erworbene Fertigkeit ist zu klein, um gefeiert zu werden. Wenn es aber
schwierig für Sie wird, sollten Sie Ihre Ängste und Gefühle mit der Familie oder Freunden teilen. Deren Unterstützung und Verständnis können Ihnen
helfen, Probleme oder Rückschläge in einem besseren Licht zu sehen. Und
zögern Sie nicht, bei Bedarf um Hilfe zu bitten. Das Wichtigste ist jedoch,
wann immer es möglich ist, sich zu entspannen und Spaß zu haben!
Fröhliche Eltern mit einer positiven Einstellung sind für jedes Kind das größte
Geschenk.
Eltern eines schwerhörigen Kindes sein
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Andere Aufgabenbereiche des Betreuungs-Teams
Neben der zentralen Rolle der Eltern bei der dauerhaften
Unterstützung und Förderung eines hörgeschädigten Kindes sollte das Betreuungs-Team u. a. folgende Aufgabenbereiche umfassen:
Audiologie und medizinische Unterstützung
Ihr betreuender Facharzt und Ihr Hörgeräte-Akustiker sind
Ihre Ansprechpartner in der Hörgeräte-Versorgung, damit
Ihr Kind von neuen Hörgeräte-Technologien und Anpassverfahren profitieren kann. Sie werden das Gehör Ihres
Kindes regelmäßig überprüfen und bei Bedarf die Hörgeräte nachstellen. Ihr Hörgeräte-Akustiker wird Ihnen auch
die korrekte Handhabung und Pflege der Hörgeräte zeigen und Ihnen die notwendigen Informationen geben,
die für den Umgang mit dem Hörschaden Ihres Kindes
wichtig sind.
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Sprech- und Sprachtraining
Sprachheiltherapeuten und Logopäden können verschiedene Mittel und Methoden anbieten, die Ihrem Kind bei
der Entwicklung von Sprache und von Kommunikationsfähigkeiten helfen. Therapie- und Förderstunden zur Unterstützung dieses Entwicklungsprozesses werden über
die Pädagogisch-Audiologischen Beratungsstellen der
Schwerhörigen-Schulen und über private Praxen angeboten. Zusätzlich werden Sie auch angeleitet, geeignete
Kommunikationsübungen zu Hause durchführen, oder
man gibt Ihnen Informationen und Hilfestellungen, wie
sie im häuslichen Alltag die Kommunikation mit Ihrem
Kind erleichtern können.
Eltern eines schwerhörigen Kindes sein
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Unterstützung in der Schule
Wenn Sie eine geeignete Schule für Ihr Kind auswählen,
dann achten Sie darauf, welche Unterstützung für hörgeschädigte Kinder von der Schule angeboten wird. Speziell
ausgebildete Lehrer können – wenn nötig – eine besondere Betreuung und Unterstützung anbieten.
Im folgenden Abschnitt finden Sie eine Schul-Checkliste,
die Sie bei der Auswahl einer geeigneten Schule für Ihr
Kind unterstützen kann. Wenn Sie die Schule, die Ihr Kind
besuchen wird, nicht gezielt auswählen können, dann
können Sie die Checkliste auch mit der Schulverwaltung
durchsprechen. Es besteht dann die Möglichkeit, durch
geeignete Maßnahmen einen erfolgreichen Schulbesuch
Ihres Kindes sicherzustellen.
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Schule
In der Kindheit werden die Grundbausteine für Lernfähigkeit, Wissen und Verhaltensweisen geschaffen, welche
das Leben eines Erwachsenen ausmachen. Täglich werden Kinder mit neuen Informationen und Impulsen konfrontiert. Jeden Tag lernen sie etwas Neues – egal ob sie
im Klassenzimmer ruhig zuhören oder in eine Arbeit total
vertieft sind.
Die Lehrer Ihres Kindes sind ein entscheidender Teil des
Betreuungs-Teams, das Ihr Kind auf dem Weg in die Zukunft unterstützt. Kinder mit hochgradigeren Hörverlusten besuchen normalerweise eine Schule für Hörgeschädigte. Viele Eltern ziehen es aber vor, dass Ihr Kind die
örtliche Regelschule anstatt einer Schule für Hörgeschädigte besucht. Wenn Ihr Kind integrativ beschult wird und
die Regelschule besucht, ist es wichtig, dass die Lehrer
Kenntnis über die besonderen Bedürfnisse eines hörgeschädigten Kindes haben. In vielen Fällen werden die Lehrer an Regelschulen von mobilen Sonderpädagogen unterstützt. Wenn dies der Fall ist, kommen die meisten Kinder gut zurecht.
Eltern eines schwerhörigen Kindes sein
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Die betreuenden Lehrer müssen wissen, welche zentrale
Rolle die Hörumgebung für ein hörgeschädigtes Kind
spielt. Neben den Wechselwirkungen zwischen Hören
und Bildung spielt auch das soziale und psychologische
Wohlbefinden Ihres Kindes in der Schule eine große Rolle.
Es ist für ein Kind wichtig, dass es kein Aussenseiter ist,
sondern in die Aktivitäten seiner Umgebung eingebunden
ist.
Wir haben eine Checkliste zusammengestellt, die Sie berücksichtigen können, wenn Sie eine Schule für Ihr Kind
auswählen.
Wenn Sie die meisten der Fragen in der Chekliste mit
„Ja” beantworten können, wird die ausgewählte Schule
wahrscheinlich den besonderen Bedürfnissen Ihres hörgeschädigten Kindes gerecht. Es ist es durchaus möglich,
dass die Lehrer der in Betracht gezogenen Regelschule
mit den besonderen Bedürfnissen eines hörgeschädigten
Kindes nicht vertraut sind. Indem Sie die Checkliste mit
den Lehrern und der Schulleitung besprechen, können Sie
die Lehrer informieren und ein Bewusstsein um die besonderen Bedürfnisse Ihres Kindes schaffen. Viele der aufgeführten Punkte tragen auch für normalhörende Kinder
zu einer verbesserten Hörumgebung und damit zu einer
erfolgreicheren Lernumgebung im Klassenzimmer bei.
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Schul-Checkliste
■ Wissen die Lehrer und die Schulleitung genug über
Hörschäden und Hörgeräte, um Ihrem Kind über kleinere
Hürden hinwegzuhelfen?
■ Sind die Lehrer bereit, mehr über Hörschädigung und
Hörgeräte zu lernen?
■ Haben die Lehrer Verständnis für den Hörschaden Ihres Kindes?
■ Sind die Lehrer bereit, Vorurteile der Mitschüler gegenüber dem Hörschaden Ihres Kindes und daraus folgende Missverständnisse zu vermeiden, indem Sie die anderen Schüler über Hörschäden und ihre Auswirkungen
unterrichten?
■ Steht sonderpädagogische Unterstützung zur Verfügung, wenn Ihr Kind Hilfe im Unterricht oder bei den
Hausaufgaben braucht?
■ Geht der Lehrer erfolgreich mit den Hänseleien unter
den Kindern um? Hänseleien unter den Mitschülern gegenüber Brillenträgern, Übergewichtigen und Hörgeschädigten sollten nicht geduldet werden.
■ Verfügt die Schule über eine eigene FM-Anlage?
➤➤➤
Eltern eines schwerhörigen Kindes sein
53
➤➤➤ Schul-Checkliste, Fortsetzung
■ Sind die Lehrer bereit, eine FM-Anlage zu benützen
und den FM-Sender selbst konsequent zu tragen?
■ Sind die Lehrer bereit, Hörgerätebatterien für Ihr Kind
aufzubewahren?
■ Liegt das Klassenzimmer Ihres Kindes weit genug von
bedeutenden Störlärmquellen entfernt (z. B. Hauptausgang, belebte Flure, Straßenverkehr, Schulhof, Werkstatt
des Hausmeisters, Heizraum, Turnhalle)?
■ Ist das Klassenzimmer mit Teppich ausgelegt, um Nachhall und unnötigen Störlärm von Stühlen und Tischen zu
vermeiden?
■ Ist das Klassenzimmer nicht mit Teppich ausgelegt,
dürfen dann die Tisch- und Stuhlbeine mit einer Unterlage aus Filz oder Gummi unterlegt werden, damit Störgeräusche vermieden werden?
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■ Kann Ihr Kind im vorderen Bereich des Klassenzimmers
sitzen, damit es den Lehrer sehen und hören kann und
damit der Einfluss von Störlärm minimiert wird? Können
gleichzeitig je nach Unterrichtstyp die Interaktion mit anderen Schülern optimiert werden?
■ Ist die Beleuchtung im Klassenzimmer für das Lippen
ablesen geeignet?
■ Werden andere Schüler davon abgehalten, während
der Unterrichtsstunden durch Sprechen zu stören?
■ Können quietschende Türen, Tische usw. gedämpft
werden?
■ Ist man sich darüber bewusst, dass hörgeschädigte Kinder bei Feuer oder anderen Notfällen besondere Anweisungen und Aufmerksamkeit benötigen?
Eltern eines schwerhörigen Kindes sein
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Ihrem Kind die benötigte Hilfe
geben
Als Eltern haben Sie die Möglichkeit, aktiv an der professionellen Förderung Ihres Kindes beteiligt zu sein. Sie sollten eine sehr offene Kommunikation mit allen beteiligten
Fachleuten suchen und dabei auch nicht zögern, Fragen
zu stellen. Geben Sie sich nur mit Erklärungen zufrieden,
die Sie genau verstehen.
Die optimale Versorgung des Hörverlustes eines hörgeschädigten Kindes stellt eine langfristige und bedeutende
Herausforderung für den Hörgeräte-Akustiker dar. Die
Hörgeräte-Anpassung ist ein kontinuierliches Verfahren,
das anfangs mit einigen Versuchen und auch Korrekturen
verbunden ist, bis die beste Versorgung gefunden ist. Die
endgültige Versorgungs-Strategie besteht aus einer individuellen Kombination von optimaler Verstärkung über
Hörgeräte, geeigneter Kommunikationsmethodik und
Förderung oder Beschulung usw. Sie wird Ihrem Kind die
besten Voraussetzungen für die sprachliche Interaktion
und das Lernen geben. Das Ziel aller Bemühungen ist,
eine optimale Lebensqualität für Ihr Kind zu erreichen.
Durch die heute verfügbaren Technologien und Fachkenntnissen können Sie und Ihr Kind viel erwarten!
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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Die Verstärkung der Schallsignale ist der Schlüssel des
hörgeschädigten Kindes zur Kommunikation mit der hörenden Welt. Um Ihrem Kind die bestmögliche Hörstimulation zu geben, sollte umgehend nach der Diagnose
eines Hörschadens auch eine geeignete Verstärkung angeboten werden. Selbstverständlich kann eine technische
Verstärkung der Schallsignale den Hörverlust nicht zu
100 % ausgleichen, aber sie ermöglicht Ihrem Kind,
Schallsignale zu hören, die es sonst nicht wahrnehmen
könnte. Es gibt zwei Arten der Verstärkung:
Hörgeräte
Der Einsatz von Hörgeräten ermöglicht Ihrem Kind, seine
vorhandene Hörfähigkeit zu nutzen und die Wahrnehmung durch technische Verstärkung der Schallsignale zu
optimieren. Hörgeräte liefern Verstärkung in Verbindung
mit einer geeigneten Signalverarbeitung, so dass Ihr Kind
Zugang zu einer optimalen Wiedergabe aller Schallsignale, die in seiner Umgebung vorkommen, hat.
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Cochlea-Implantat
Das Cochlea-Implantat ist ein implantiertes Miniaturgerät, das
Kindern auch mit hochgradigem oder an Taubheit grenzendem Hörverlust ermöglicht, Schallsignale wieder wahrzunehmen. Das Gerät besteht unter anderem aus einer Anordnung von Elektroden auf einem Elektrodenträger, der in die
Cochlea des Innenohres implantiert wird. Diese Elektroden erzeugen eine elektrische Aktivität im Innenohr, die den Hörnerv
unter Umgehung der defekten Haarzellen direkt stimuliert. Der
Hörnerv überträgt dann diese elektrischen Stimulationen als
Nervenimpulse zum Hörzentrum im Gehirn.
Der Elektrodenträger des Cochlea-Implantates wird in die flüssigkeitsgefüllten Gänge der Cochlea eingelegt. Anschließend ist
eine physiologisch normale Schallübertragung meist nicht mehr
möglich. Da Kinder mit einem beidohrig hochgradigen oder an
Taubheit grenzenden Hörverlust jedoch keine oder nur wenige
Haarzellen im Innenohr haben, die noch in der Lage sind, auf
physiologisch normale Stimulation zu reagieren, ist es gerechtfertigt, einen anderen Weg der Hörstimulation zu gehen. Die
Implantation eines Cochlea-Implantats wird normalerweise nur
für Kinder mit einem beidohrigen hochgradigen Hörverlust
empfohlen, die bei einem Versorgungsversuch mit Hörgeräten
keinen ausreichenden Hörerfolg hatten. Eine Sprachentwicklung mit Hilfe von Hörgeräten kann dann nicht gewährleistet
werden. Unter diesen Umständen ist ein Cochlea-Implantat
eine gute Alternative zur Hörgeräte-Versorgung. Es wird nur
selten eine Implantation vor dem 18. Lebensmonat des Kindes
durchgeführt. Vor der Implantation muss in der Regel eine Versorgung mit Hörgeräten durchgeführt werden und genau untersucht werden, ob eine Cochlea-Implantation für das Kind
geeignet ist.
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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Hörgeräte-Versorgung
Die Anpassung von Hörgeräten bei hörgeschädigten Kindern
– besonders bei Säuglingen und Kleinkindern – bietet eine
Menge Herausforderungen für den Pädaudiologen bzw.
Pädakustiker. Kontinuierliche Veränderungen der physiologischen Bedingungen durch Wachstum, psychologische Veränderungen durch Reifungsprozesse und die Entwicklung der
Sprachfähigkeiten erfordern eine hohe Flexibilität der audiologischen Verfahren und eine vielseitige technische Ausrüstung,
um ein permantent optimales Ergebnis sicherzustellen.
Die hörentwicklungs-begleitende Anpassung der Hörgeräte
erfordert kontinuierliche Überprüfungen der Hörfähigkeit
und Feinanpassung der Verstärkung mit sehr flexiblen und
adaptierbaren Verfahren. Neueste Technologie hat die Auswahl der auf dem Markt verfügbaren Hörgeräte erweitert,
und technologische Fortschritte haben die Möglichkeiten
einer erfolgreichen und optimalen Versorgung erhöht. Die
Wahl des Hörgerätes hängt von Parametern ab, die einzigartig auf Ihr Kind und seine Umgebung abgestimmt sind. Ihr
Hörgeräte-Akustiker wird Sie über die Vorteile und Nachteile
bestimmter Hörgeräte-Technologien für Ihr Kind beraten.
Wenn Ihr Kind mit Hörgeräten versorgt worden ist, hängt
der Erfolg vor allem von Ihrer Motivation und Ausdauer ab.
Die Hörgeräte müssen so viel wie möglich getragen werden,
um eine optimale Hörentwicklung und bestmögliche Kommunikationsfähigkeiten sicherzustellen. Ihre positive und ermutigende Einstellung zur Hörgeräte-Versorgung kann zu
einem positiven Einfluss für Ihr Kind werden.
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Hörgeräte-Modelle
Es gibt verschiedene Hörgeräte-Modelle in verschiedenen
Größen: vom Hinter-dem-Ohr-Gerät (HdO), bei dem die
elektronischen Komponenten in einem Gehäuse eingebaut sind, das hinter dem Ohr getragen wird, bis zu
kleineren Im-Ohr-Gerät (IdO und CIC), bei dem die elektronischen Komponenten in einer entsprechend der Form
des Gehörganges individuell gefertigten Hohlschale eingebaut sind.
Prozessoren
Es gibt zwei verschiedene Arten von Prozessoren für Hörgeräte. Analoge Prozessoren sind seit vielen Jahren der
Standard bei Hörgeräten gewesen. Im letzten Jahrzehnt
hat die digitale Technologie die Hörgeräteherstellung und
Hörgeräteversorgung revolutioniert, weil dadurch die abgegebene Schallqualität, die Anpassflexibilität des Hörgerätes sowie die Möglichkeiten und Eigenschaften der Signalverarbeitung erheblich verbessert worden sind. Sie ist
vergleichbar mit der Technologie, die für die Produktion
des klaren Klangbildes einer Compact Disk (CD) benutzt
wird.
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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Digitale Hörgeräte
Der digitale Prozessor in Hörgeräten arbeitet wie ein sehr
komplexer Rechner. Durch den Einsatz der Digitalisierung
des Signals werden komplexe Berechnungen im Laufe
von kurzer Zeit durchgeführt. Die zu verarbeitenden Signale können in verschiedenster Art und Weise beeinflusst
werden, um ein größtmögliches Mass an Schallqualität zu
erreichen. Digitale Hörgeräte besitzen außerdem innovative Eigenschaften wie z. B. vollständig adaptive Richtmikrofone, die es dem Hörgeräteträger erleichtern, Sprache
in geräuschvollen Umgebungen besser zu verstehen. Das
digitale Hörgerät ist so vielfältig programmierbar, dass es
sich sehr fein einstellen lässt, um möglichst allen Hörbedürfnissen zu entsprechen und gleichzeitig komfortables
Hören zu ermöglichen.
Binaurale Anpassung
Wenn Ihr Kind eine beidohrige Hörschädigung hat, sollten auch auf beiden Ohren Hörgeräte getragen werden.
Eine binaurale Anpassung von Hörgeräten auf beiden
hörgeschädigten Ohren trägt zu besserer Sprachverständlichkeit in geräuschvollen Situationen bei. Fehlende Hörstimulation in einem unversorgten Ohr kann zur Folge haben, dass die nachfolgenden neuralen Fasern im betroffenen Ohr allmählich an Funktionalität verlieren.
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Die späte Anpassung eines Hörgerätes auf einem Ohr, das
lange Zeit keine Hörstimulation bekommen hat, wird
möglicherweise keinen zusätzlichen Vorteil für die gesamte Hörfähigkeit mehr bieten können. Dennoch ist
auch dann ein Versuch einer späten Hörgeräte-Versorgung zu empfehlen, weil erst durch einen Versorgungsversuch der Nachweis eines möglichen Nutzens erbracht
oder verworfen werden kann.
Farben
Viele Hörgeräte sind in einer breiten Palette von klaren
und fröhlichen Farben erhältlich. Erwachsene ziehen es
meist vor, dass ihre Hörgeräte zu ihrer Haut- oder Haarfarbe passen, um sie weniger auffällig zu machen. Die
meisten Kinder bevorzugen dagegen klare und fröhliche
Farben, damit ihre Hörgeräte schön oder „cool“ aussehen. Für viele Kinder sind beige oder braune Hörgeräte einfach langweilig.
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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Funktionsweise eines Hörgerätes
Lassen Sie sich gründlich von Ihrem Hörgeräte-Akustiker
über die korrekte Bedienung und Pflege der Hörgeräte
Ihres Kindes informieren. Eine praktische Ersteinführung
in die Handhabung von Hörgeräten ist besser als viele gedruckte Abbildungen und Anleitungen. Zögern Sie nicht,
Fragen zu stellen. Ihre Wissbegierde und ihr Interesse
wird langfristig zu einer erfolgreichen Nutzung der Hörgeräte durch Ihr Kind und damit zu einer guten Entwicklung Ihres Kindes beitragen.
Hörgeräte sind im Grunde genommen kleine technische
Verstärker, die in ein Kunststoffgehäuse eingebaut sind.
Das Mikrofon des Hörgerätes nimmt die Schallsignale der
Umgebung auf und wandelt sie in elektrische Signale um,
die im Hörgeräte-Verstärker verarbeitet werden können.
Der Verstärker ist für eine gezielte Erhöhung der Lautstärke verantwortlich. In Hörgeräten mit linearer Verstärkung
werden alle Signale gleichmäßig verstärkt. Nicht-lineare
Hörgeräte versehen leise Signale, die für das hörgeschädigte Kind unhörbar aber besonders wichtig sind, mit
mehr Verstärkung, damit sie hörbar werden. Laute Signale werden dagegen nur wenig oder gar nicht verstärkt
werden, damit sie für das Kind zu nicht laut werden. Bei
einer korrekten Anpassung tragen nicht-lineare Hörgeräte
deshalb dazu bei, leise Signale hörbar und laute Signale
angenehm zu machen.
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Wenn das Signal geeignet verstärkt worden ist, wandelt
ein Lautsprecher das elektrische Signal wieder in ein hörbares Schallsignal um und überträgt es dann in den Gehörgang. Einige Hörgeräte sind mit einer Lautstärkeregelung ausgerüstet, die von größeren Kindern oder einem
Erwachsenen bedient werden kann. Die Lautstärkeregelung am Hörgerät besteht entweder aus einem kleinen
Hebel oder einem geriffelten Rädchen. Sie kann bei manchen Hörgeräten auch über eine Fernbedienung gesteuert werden. Viele moderne nicht-lineare Hörgeräte haben
keine Lautstärkeregelung. Das Hörgerät stellt automatisch
die korrekte Lautstärke für die aktuelle Hörumgebung Ihres Kindes ein.
Ein programmierbares Hörgerät kann Ihr Hörgeräte-Akustiker oder Audiologe individuell und sehr flexibel feineinstellen. Er muss Ihr Kind dazu regelmäßig sehen, um entwicklungsgemäße Hörüberprüfungen und Feinanpassungen der Hörgeräte vorzunehmen. Dies gilt ganz besonders für Säuglinge und Kleinkinder. Säuglinge sollten
alle paar Wochen überprüft werden, Kleinkinder üblicherweise jeden dritten oder vierten Monat. Bis zum 5. Lebensjahr muss das Hörvermögen und die Hörgeräte-Anpassung eines Kindes dann jeden sechsten Monat und
später mindestens einmal im Jahr überprüft werden. Darüber hinaus kann eine Kontrolle des Hörvermögens und
der Hörgeräte-Anpassung aufgrund von akuten Hörproblemen des Kindes oder bei Beanstandungen der Eltern sinnvoll sein.
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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Pflege der Hörgeräte
Es ist wichtig, die dem Hörgerät Ihres Kindes beigefügte
Bedienungsanleitung zu lesen und zu befolgen. Hörgeräte sind hoch entwickelte, elektronische Produkte, die
pfleglich behandelt werden sollten. Sie sind so ausgelegt,
dass sie viele Jahre bei unterschiedlichen Tragebedingungen des Alltags funktionsfähig bleiben. Dennoch kann ein
Hörgerät beschädigt werden, wenn es extremen Belastungen ausgesetzt wird oder nicht ausreichend gepflegt
wird. In der Regel kann die Technik aber auch durch Reparatur wieder instand gesetzt werden.
Um Kindern zu zeigen, wie sie ihre Hörgeräte richtig behandeln, gibt uns der kleine Orca mit dem Namen Dexi
zehn gute Tipps rund um die Pflege des Hörgerätes. Jeder
Tipp wird genau erklärt und mit Bildern so verständlich
gemacht, dass die betreuenden Erwachsenen dem hörgeschädigten Kind den sorgfältigen Umgang mit den Hörgeräten anhand der Bilder altersgerecht erklären können.
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1. Lass dein Hörgerät nicht fallen
Das Hörgerät kann beschädigt werden, wenn es einem kräftigen Stoß ausgesetzt wird. Beim Reinigen, beim Batteriewechsel usw. sollten es am besten über einer weichen Unterlage
gehalten werden. Dadurch kann vermieden werden, dass das
Hörgerät Schaden erleidet, wenn es herunterfällt.
2. Nimm die Batterien nie in den Mund
Hörgerätebatterien gehören nicht in die Hände kleiner Kinder,
die noch gerne Gegenstände in den Mund nehmen. Die Batterien müssen deshalb an einem für Kinder unzugänglichen
Ort aufbewahrt werden, und gebrauchte Batterien sind sorgfältig zu entsorgen. Die Batterien sollten nicht in Gegenwart
von kleinen Kindern gewechselt werden und man sollte ihnen
auch nicht zeigen, wo die Batterien aufbewahrt werden.
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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3. Sag´es einem Erwachsenen, wenn sich das Hörgerät plötzlich
anders anhört
Es ist wichtig, dass das Kind einen Erwachsenen (Eltern, Lehrer) darauf aufmerksam macht, wenn sich das Hörgerät plötzlich anders anhört. Mit Hilfe eines Stethoclips kann der Erwachsene das Hörgerät abhören und dann beurteilen, ob es
gereinigt, überprüft und nachgestellt oder repariert werden
muss.
4. Gib den Haustieren keine Gelegenheit, mit Hörgeräten zu
spielen
Wenn Haustiere mit dem hörgeschädigten Kind zusammen leben, darf man Hörgeräte nicht offen herumliegen lassen, weil
Tiere gerne mit kleinen Gegenständen spielen.
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5.Benutze beim Tragen von Hörgeräten weder Föhn
noch Haarschaum, Gel oder Haarspray
Warme Luft und Chemikalien können das Hörgerät beschädigen. Bevor ein Haarföhn, Haarspray, Gel oder ähnliches verwendet werden, sollte daher das Hörgerät aus dem Ohr genommen werden.
6. Das Hörgerät darf nicht nass werden
Hörgeräte sollten nicht nass werden. Vor dem Duschen,
Schwimmen oder während eines starken Regengusses sollten
sie aus den Ohren herausgenommen werden. Wasser oder andere Flüssigkeiten dürfen auch nicht zur Reinigung des Hörgerätes verwendet werden. Die Ohrpassstücke dürfen mit Wasser oder Reinigungsflüssigkeiten gereinigt werden, wenn sie
vorher vom Hörgerät abgetrennt wurden.
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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7. Das Hörgerät darf nur mit einem sauberen, trockenen Tuch
gereinigt werden
Das Hörgerät sollte jeden Tag mit einem sauberen, trockenen
Tuch gereinigt werden. (Flüssige) Reinigungsmittel schaden
dem Hörgerät! Die Ohrpassstücke dürfen mit Wasser gereinigt
werden, wenn sie vorher vom Hörgerät abgetrennt wurden.
8. Setze das Hörgerät keiner extremen Hitze aus
Hohe Temperaturen können gewisse Teile eines Hörgerätes
beschädigen. Um Hörgeräte vor Hitze zu schützen, sollten Sie
nie direkt in der Sonne liegen, also weder auf einer Fensterbank noch hinter der Windschutz- oder Heckscheibe eines
Autos.
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9. Versuche nie, das Hörgerät auseinander zu nehmen
Man darf nie versuchen, ein Hörgerät selber zu reparieren.
Auch wenn ein Kind neugierig ist und gerne das Innenleben
eines Hörgerätes kennen lernen möchte, darf man es nicht selber öffnen. Bei Problemen mit dem Hörgerät hilft der Hörgeräte-Akustiker, der das Gerät bei Bedarf zur Reparatur an eine
qualifizierte Service-Abteilung schickt.
10. Bewahre das Hörgerät an einem sicheren Ort auf, wenn du
es nicht trägst
Wenn das Hörgerät nicht getragen wird, sollte es ins Etui gelegt und bei Zimmertemperatur an einem sicheren Ort aufbewahrt werden.
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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Zubehör
Heute gibt es eine Vielzahl von Zubehör zu den Hörgeräten, welches das Leben der hörgeschädigten Kinder erleichtern kann. Technische Zusatzgeräte werden entweder
unabhängig von den Hörgeräten oder in Verbindung mit
diesen genutzt.
Nachfolgend stellen wir Ihnen die bekanntesten zusätzlichen Hilfsmittel vor. Da solche Hilfsmittel häufig auch
entsprechend den individuellen Bedürfnissen zusammengestellt werden können, ist es sinnvoll, dass Sie sich zur
Beratung an Ihren Hörgeräte-Akustiker wenden.
Lichtsignalanlagen und Lichtwecker
Für hörgeschädigte Kinder kann es schwierig sein, die verschiedenen Klingel- und Alarmsignale zu unterscheiden
oder wahrzunehmen. Spezielle Zubehörsysteme für Hörgeschädigte können Abhilfe leisten.
Solche Zubehörsysteme gibt es für die Türklingel, das Telefon, den Wecker, den Rauchmelder o. Ä. Das Klingelsignal wird dann entweder verstärkt oder in Vibrationen
oder das Blitzen einer Lichtsignalanlage umgewandelt.
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Ringleitungssysteme
Ein Ringleitungssystem überträgt das Signal mittels elektro-magnetischen Wellen von einem Sender auf einen
Empfänger. Der Induktions-Sender kann z. B. mit einem
Fernseher verbunden werden, während als Empfänger die
Induktionsspule („T“) im Hörgerät genutzt wird.
Hörgeschädigte Kinder können bei schwierigen akustischen Hörbedingungen wie z. B. in Theatern und Kirchen
von einem Ringleitungssystem Nutzen ziehen, indem sie
die Induktionsspule (T oder MT) am Hörgerät einschalten.
Kinder mit einem hochgradigen Hörverlust können auch
zu Hause leichter Fernsehen oder Radio hören, wenn ein
Ringleitungssystem installiert ist und dann ebenfalls im
Hörgerät die Induktionsspule (T oder MT) genutzt wird.
Das Ringleitungssystem ist einem FM-System ähnlich,
aber weniger mobil, da es nicht völlig drahtlos funktioniert. Die meisten Hörgeräte sind standardgemäß mit
einer Induktionsspule ausgestattet.
Ringleitungssysteme werden generell nicht als Ausstattung für Klassenräume in Schulen empfohlen, weil der
Signalempfang sehr störanfällig wird, wenn in der Schule
mehrere Ringleitungssystem gleichzeitig benutzt werden.
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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A
D
B
C
Ringleitungssystem:
A. Induktionsschleife (Ringleitung)
B. Verstärker
C. Mikrofon
D. Übertragungsbereich / Hörbereich
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Telefone für Hörgeschädigte
Spezielle Telefone für Hörgeschädigte verstärken den
Schall des Telefonhörers und bieten gleichzeitig eine induktive Übertragung des Schalls an, die mit Hilfe der Induktionsspule (T oder MT) im Hörgerät genutzt werden
kann. Ihr Kind kann dann auch beim Telefonieren das
Hörgerät best möglich nutzen.
Handmikrofon
Ein Handmikrofon kann zusammen mit den meisten Hinter-dem-Ohr-Geräten und Taschengeräten benutzt werden. Über ein Kabel wird es mit dem Audioschuh an das
Hörgerät angeschlossen. Da das Mikrofonkabel direkt mit
dem Hörgerät verbunden ist, kann das Mikrofon nicht an
andere Personen weitergegeben werden, sondern muss
vom Hörgeräte-Träger selbst gehalten werden.
Wird ein solches Handmikrofon einem bestimmten Sprecher zugewandt, dann ist das Sprachsignal aus dieser
Richtung deutlicher hörbar als andere Sprachsignale. Dies
kann auf Partys oder in Situationen mit erheblichem Hintergrundgeräusch von Vorteil sein.
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FM-Systeme (Funk-Übertragungssysteme)
Ein FM-System besteht aus zwei Teilen: einem FM-Funksender mit integriertem Mikrofon und einem FM-Funkempfänger, der über einen Audioschuh an das Hörgerät
angeschlossen ist.
FM-Systeme werden meist im Schulunterricht benutzt,
um die akustischen Nachteile der großen Klassenräume
zu überwinden. Die Stimme des Lehrers wird vom Mikrofon eines FM-Funksenders aufgenommen, welcher das
Signal dann drahtlos zu einem FM-Funkempfänger überträgt, der mit dem Hörgerät des Schülers verbunden ist.
Der tatsächliche räumliche Abstand zwischen dem Lehrer
und dem hörgeschädigten Schüler wird durch die Funkübertragung akustisch auf den Abstand zwischen dem
Mund des Lehrers und dem Mikrofon des Funksenders
verkürzt. Das Nutz-Störschall-Verhältnis wird dadurch in
allen schwierigen Hörsituationen erheblich verbessert.
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Bei klassischen FM-Systemen ist der FM-Funkempfänger
über ein Kabel mit dem Audioschuh am Hörgerät verbunden. Neuere FM-Systemen arbeiten mit einem MiniaturFM-Funkempfänger, der wie ein kleiner Adapter aussieht
und kabelfrei direkt am Audioschuh des Hörgerätes befestigt ist. Optimale Bewegungsfreiheit ist dadurch für Ihr
Kind gewährleistet.
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Die Vorgehensweise von widex:
Hörgeräteanpassung bei Kindern
Wenn Kinder wachsen, verändern sich auch Ihre Ohren.
Die physiologischen Größenbedingungen des Außenohres
und die Sensitivität der Hörverarbeitung für Geräusche,
Laute und Klänge entwickelt sich permanent weiter. Die
Fähigkeit, Schallsignale zu erkennen und zu unterscheiden, wird immer präziser. Ergänzt man diese Erkenntnisse
mit den speziellen ergonomischen und kosmetischen Aspekten und einigen sicherheitsrelevanten Überlegungen
zur Hörgeräte-Versorgung bei kleinen Kindern, dann wird
einem sicherlich bewusst, dass weitaus umfangreichere
Ansprüche an Hörgeräte für Kinder gestellt werden müssen, als vergleichsweise an Hörgeräte für Erwachsene.
Widex ist der Meinung, dass die vorgegebenen Richtlinien
für die Hörgeräte-Versorgung bei Kindern nur die Minimalanforderungen für die Versorgung von hörgeschädigten Kindern abdecken. Aufgrund der speziellen entwicklungsbedingten Bedürfnisse hörgeschädigter Kinder
müssen zusätzliche Anforderungen erfüllt werden, um
zuverlässige Hörbarkeit von Sprache in allen Situationen,
nur möglichst minimale Verzerrungen der Schallsignale
und maximalen Hörkomfort zu gewährleisten.
Auf den folgenden Seiten werden wir einige der besonderen Herausforderungen der Anpassung von Hörgeräten
bei Kindern vorstellen – und die speziellen Lösungen, welche digitalen HörSysteme von Widex bieten können.
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Anpassgenauigkeit
Die Herausforderung:
Die Anpassung von Hörgeräten bei hörgeschädigten
Säuglingen und Kleinkindern kann schwierig sein. Ihr
Hörvermögen muss mit objektiven Hörtestverfahren, also
mit elektrophysiologischen Methoden wie BERA- oder
ASSR-Messung abgeschätzt werden. Subjektive Hörtests,
die eine aktive Mitarbeit des Kindes erforderlich machen,
können oft noch nicht durchgeführt werden oder bringen
keine ausreichend zuverlässigen Ergebnisse. Säuglinge
und Kleinkinder lassen sich leicht ablenken und ermüden
schnell, ihre Aufmerksamkeitsspanne ist also noch sehr
kurz. Deshalb muss es möglich sein, Hörgeräte für Kinder
in möglichst kurzer Zeit optimal einzustellen. Außerdem
können Kleinkinder meistens keine subjektive Rückmeldung über die Qualität der Hörgeräte-Anpassung geben.
Für die Anpassung von Hörgeräten bei hörgeschädigten
Säuglingen und Kleinkindern müssen deshalb Techniken
verfügbar sein, die möglichst wenig subjektive Informationen von Seiten des Kindes erforderlich machen.
Die Effizienz und Genauigkeit der Anpassung lässt sich
weiter verbessern, wenn die Hörschwelle des Kindes mit
Hilfe des eigenen Hörgerätes und des eigenen Ohrpassstückes in Trageposition am Ohr gemessen wird. Dieser
Vorgang wird In-Situ-Hörschwellenmessung genannt.
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Die Lösung:
Die pädiatrische Anpassregel von Widex stellt sicher, dass
der Einfluss der anatomischen Größenbedingungen des
im Vergleich zum Erwachsenen deutlich kleineren Ohres
bei Kindern während des Anpassverfahrens berücksichtigt
wird. Die gemessene Hörschwelle eines Kleinkindes wird
korrekt bewertet und die benötigte Verstärkung des Hörgerätes wird unter Berücksichtigung der individuellen
Größe des Ohres berechnet, so dass das Hörgerät exakt
die benötigte Verstärkung zur Verfügung stellt.
Einige der digitalen Hörgeräte-Familien von Widex werden mit einer bei Widex einzigartigen In-Situ-Anpass-Strategie namens Sensogramm angepasst. Um ein Sensogramm durchzuführen, wird das Hörgerät mit dem Ohrpassstück dem Kind angelegt und über das Hörgerät eine
In-Situ-Hörschwellenmessung – das Sensogramm – durchgeführt. Das Hörgerät funktioniert dabei wie ein Audiometer und kann je nach Hörgeräte-Familie die Hörschwelle in drei, vier oder sogar bis zu 14 Frequenzen messen.
Dieses Verfahren hat den großen Vorteil, dass die akustischen Eigenschaften im Gehörgang bei der Messung der
In-Situ-Hörschwelle und beim übrigen Anpassverfahren
genau die gleichen sind wie beim normalen Tragen des
Hörgerätes. Dieses Verfahren ermöglicht die Berechnung
einer hochpräzisen und effektiven Verstärkungseinstellung des Hörgerätes für Ihr Kind.
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Flexible Einstellmöglichkeiten
Die Herausforderung:
In den ersten 5 Lebensjahren eines Kindes wachsen die
Ohren, besonders die Ohrmuschel und der Gehörgang,
ganz erheblich. Durch das Kopfwachstum verlängert sich
der Gehörgang und entwickelt seinen s-förmig gekrümmten Verlauf. Diese Veränderungen beeinflussen
auch die Hörgeräte-Versorgung. Einerseits werden regelmäßig neue Ohrpassstücke erforderlich, damit eine gute
Passform und Abdichtung gewährleistet ist, andererseits
beeinflusst die Größenveränderung des Gehörgangs auch
den Verstärkungsbedarf über das Hörgerät. Außerdem
können Mittelohrentzündungen zu einer fluktuierenden
Schallleitungsschwerhörigkeit bei Kindern führen. Aufgrund der wachstumsbedingten Veränderungen des
Ohres und veränderlicher Hörschwellen in Zeiten auftretender Mittelohrentzündungen sind die Einstellungen der
Erstanpassung eines Hörgerätes bei Kindern im Verlauf
der Zeit nicht mehr passend und müssen zur Nachanpassung umprogrammiert werden.
Um auf die veränderten Bedingungen flexibel reagieren
zu können, muss das Hörgerät sowohl flexible Einstellmöglichkeiten zur Feinanpassung als auch ein Anpassverfahren bieten, das eine schnelle und präzise
(Neu)Anpassung gestattet.
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Die Lösung:
Bei den digitalen Hörgeräten von Widex kann die Verstärkung für leise, mittlere und laute Eingangssignale in mehreren Kanälen über einen sehr großen Bereich eingestellt
werden. Dadurch lassen sich diese Hörgeräte für viele verschiedene Arten von Hörschäden einsetzen. Außerdem
lässt sich die Grundeinstellung so oft wie nötig aktualisieren oder neu programmieren.
Veränderliche Hörumgebungen
Die Herausforderung:
Kinder sind von Natur aus aktiv und bewegen sich im
Laufe eines Tages in den verschiedensten akustischen
Umgebungen: Mal sitzen sie auf dem Schoß und hören
einer ruhigen Stimme zu, dann wieder möchten sie das
Geschrei anderer Kinder auf dem Spielplatz hören und
verstehen können. Aufgrund der unterschiedlichen Entfernungen und der Verschiedenartigkeit der Schallquellen
sind die Laute und Geräusche, die das Hörgerät erreichen,
völlig unterschiedlich. Bei linearen Hörgeräten werden alle
Eingangssignale gleichermaßen verstärkt, einzelne dieser
Laute sind dann vielleicht zu leise, andere hingegen unangenehm laut.
Eine Lautstärkeregelung oder der Einsatz mehrerer Hörprogramme können unterschiedliche Eingangssignale aus
verschiedenen Hörumgebungen so angleichen, dass sie in
der einen Situation nicht zu leise und in der anderen Situation möglichst nicht zu laut sind. Dafür ist es allerdings
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notwendig, dass die Kinder (oder ihre Eltern) ein Lautstärkeregelung oder einen Programmschalter am Hörgerät im
richtigen Moment bedienen. Das ist in vielen Situationen
sowohl für die Kinder als auch für die Eltern unpraktisch
oder sogar unmöglich.
Die Lösung:
Ein Hörgerät, das seine Verstärkung automatisch auf die
verschiedenen Lautstärken der ankommenden Schallsignale einstellen kann, liefert für alle alltäglichen Hörumgebungen die korrekte Verstärkung. Dies wird durch den
Einsatz eines Kompressionssystems erreicht, das die volle
Bandbreite der Schallsignale in der alltäglichen Hörumgebung aufnimmt und sie durch adäquate nicht-lineare Verstärkung in dem eingeengten Hörbereich des hörgeschädigten Kindes wiedergibt. Die Kompressionsalgorithmen
der digitalen Hörgeräte von Widex bieten Ihrem Kind eine
solche moderne Signalverarbeitung.
Alle digitalen Hörgeräte von Widex berücksichtigen automatisch die Lautstärke-Veränderungen der Schallsignale
in der Hörumgebung des Kindes. Sie passen ihre Signalverarbeitung automatisch so an, dass leise Signale hörbar
und laute Signale laut aber nie unangenehm sind. Dies
alles wird erreicht ohne eine manuelle Lautstärkeanpassung oder eine Änderungen in der Programmwahl. Dies
ist insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder wichtig,
die eine Lautstärkeregelung nicht selbst bedienen können, aber immer auf eine optimale Hörwahrnehmung für
die Hör-Sprach-Entwicklung angewiesen sind.
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Hörbarkeit leiser Schallsignale
Die Herausforderung:
Eine Hörschädigung hat immer zur Folge, dass leise
Schallsignale nicht mehr wahrgenommen werden können. Bei Kindern kann die fehlende Wahrnehmung der
leisen Schallsignale eine Verzögerung der normalen
Sprech- und Sprachentwicklung verursachen, weil die leisen Sprachanteile nicht gehört werden. Ein Hörgerät für
Kinder muss deshalb genügend Verstärkung liefern, um
die Hörbarkeit auch der leisesten Sprachsignale zu gewährleisten.
Um die Hörbarkeit auch der leisesten Sprachsignale zu
erreichen, wird eine Kompressionsschaltung mit einer
niedrigen Kompressionsschwelle (CT) benötigt. Je niedriger die Kompressionsschwelle (CT) ist, desto sicherer
kann eine ausreichende Verstärkung für leise Schallsignale
erzeugt werden, damit diese hörbar werden ohne dass
normale oder laute Signale durch zu große Verstärkungsleistung zu laut übertragen werden. Mit der herkömmlichen Analogtechnik ist dies aufgrund der Technik, der
Rückkopplung und des Eigenrauschens im Hörgerät kaum
zu verwirklichen.
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Die Lösung:
Durch den Einsatz modernster digitaler Signalverarbeitung (Digital Signal Processing – DSP) ist es den Entwicklungs-Ingenieuren von Widex gelungen, eine niedrige
Kompressionsschwelle von 20 dB HL oder darunter in den
meisten digitalen Hörgeräten zu realisieren. Ein neuartiges
System zur Unterdrückung von Eigenrauschen sorgt dafür,
dass der Hörgeräte-Träger nie durch ein hörbares Eigenrauschen des Hörgerätes belästigt wird. Damit können
Hörgeräte-Träger leise Sprachsignale ohne hörbares Eigenrauschen und laute Schallsignale ohne Missbehagen
hören.
Klinische Studien haben nachgewiesen, dass durch eine
optimale Hörbarkeit aller Sprachsignale eine bessere
Sprech- und Sprachentwicklung bei hörgeschädigten Kindern erreicht wird.
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Eine Frage von Zehntelsekunden
Die Herausforderung:
Jeder Sprachlaut hat ein charakteristisches Schallmuster,
welches aus feinsten zeitlichen Änderungen von Klang
und Lautstärke erzeugt wird. Dieses Muster ist zwar von
der Zusammensetzung des Sprachlauts aus Vokalen und
Konsonanten abhängig, die Unterschiede von Sprecher zu
Sprecher dagegen sind so minimal, dass sich das zu
einem Laut gehörende Muster nicht wesentlich verändert.
Sprache verstehen bedeutet also die Schall-Muster bestimmter Sprachlaute zu lernen, wieder zu erkennen und
zu ganzen Worten und Sätzen zusammen zu setzen. Für
die Sprachentwicklung ist es besonders wichtig, dass die
feinen Eigenschaften dieser Muster zeitlich exakt wahrgenommen werden. Nach abgeschlossener Sprachentwicklung kann auch ein undeutliches Muster aus dem Gesamtkontext des Gesprochenen noch richtig erkannt werden. Um so wichtiger ist es also, dass die Signalverarbeitung eines Hörgerätes für sehr kleine hörgeschädigte Kinder auch die feinsten Unterschiede der Schallsignale genau erfasst und die Sprachmuster unverzerrt wiedergibt.
Die Signalverarbeitung von Hörgeräten kann also die
Übertragung von Sprache mit ihren zeitlichen und spektralen Mustern beeinflussen. Es gibt Hörgeräte, die bei
ihrem Bemühen durch eine schnelle Adaptionsgeschwindigkeit Hörbarkeit und Komfort für alle Schallsignale zu
erzeugen, das Sprachmuster beeinflussen und verändern.
Eine Veränderung des Sprachmusters durch das Arbeits-
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verhalten eines Hörgerätes kann die Sprachverständlichkeit und damit die Sprachentwicklung erschweren. Besonders Kinder mit einem hochgradigen Hörverlust sind
davon betroffen.
Die Lösung:
Die Signalverarbeitung digitaler Hörgeräte von Widex
stellt durch ihr langsames Regelverhalten Hörbarkeit und
Komfort aller Schallsignale sicher, während gleichzeitig
die zeitlichen und spektralen Eigenschaften der Sprachmuster erhalten bleiben. Dieses Vorgehen erleichtert Ihrem Kind die Identifizierung von Sprachlauten und die
Sprachverständlichkeit.
Die hoch entwickelten digitalen Hörgeräte von Widex
sind zusätzlich zum grundsätzlich langsamen Regelverhalten noch mit einem anderen Mechanismus ausgestattet,
dem Sound Stabilizer™ (Regelzeitmanager). Dieser Mechanismus überprüft permanent die Intensitätsverhältnisse der Eingangssignale, um sicherzustellen, dass die
Hörbarkeit aller Signale auch bei plötzlichen Veränderungen der akustischen Umgebung gewährleistet ist.
Sprache bleibt deshalb in einer Vielzahl von unterschiedlichen Hörsituationen immer hörbar, deutlich und angenehm.
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Optimierung des Nutz-/Störschall-Verhältnisses
Die Herausforderung:
Das Nutz-/Störschall-Verhältnis beschreibt den relativen Unterschied zwischen dem gewünschten Signal (Nutzschall) und dem
Hintergrundgeräusch (Störschall). Je größer das Nutz-/Störschall-Verhältnis ist, desto besser ist Sprache trotz des vorhandenen Störlärms hörbar. Hörgeschädigte brauchen ein größeres
Nutz-/Störschall-Verhältnis als Normalhörende, um Sprache bei
vorhandenem Störlärm genauso gut wie ein Normalhörender
verstehen zu können. Dies ist gerade für hörgeschädigte Kinder
noch wichtiger wie für hörgeschädigte Erwachsene.
Alltägliche Umgebungen von Kindern sind meistens laut (Klassenräume, Spielplätze etc.). Da die Sprache und das Wissen der
Kinder noch nicht so gut entwickelt ist wie bei Erwachsenen, ist
es für sie umso schwieriger, Lücken in der wahrgenommenen
Sprache aufzufüllen, um den Inhalt des Gesprochenen zu verstehen. Diese Wahrnehmungs-Lücken können durch mangelnde
Hörbarkeit oder störende Hintergrundgeräusche entstehen. Daher ist es besonders für die Sprech- und Sprachentwicklung
hörgeschädigter Kinder und für kindliche Lernsituationen wichtig, ein gutes Nutz-/Störschall-Verhältnis zu gewährleisten.
Die Lösung:
Hörgeräte mit Richtmikrofonen können das Nutz-/StörschallVerhältnis in verschiedenen Hörumgebungen vorteilhaft beeinflussen. Ein Widex Hörgerät mit Richtmikrofon erleichtert das
Hören und Verstehen in geräuschvoller Umgebung, indem die
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Aufnahme-Empfindlichkeit des Hörgerätes für Geräusche von
der Seite und von hinten reduziert wird.
Die volladaptive Richtcharakteristik bei einigen hoch entwickelten Hörgeräten von Widex kann als eine optimale Lösung für
das Hören im Störlärm betrachtet werden. Da die räumliche Position von Störquellen veränderlich ist, wird bei einem volladaptiven Richtmikrofon-System auch die Art der Mikrofoncharakteristik an die aktuelle Position der Störquelle angepasst, damit
immer der Nutzschall besser aufgenommen wird als der Störschall und kontinuierlich ein optimales Nutz-/Störschall-Verhältnis sichergestellt wird. Das adaptive Richtmikrofon-System identifiziert aktiv, ob gleichzeitig Sprache und Störlärm vorhanden
ist and verfolgt dann die räumliche Position der Störquelle, um
die Aufnahme des Störlärms durch eine geeignete Richtcharakteristik der Mikrofone effektiv zu unterdrücken.
Mehrere Hörgeräte-Familien von Widex sind auch mit einem
der fortschrittlichsten Algorithmen zu Störlärmunterdrückung
und Sprachhervorhebung ausgestattet. Dieser Algorithmus
überwacht die eingehenden Schallsignale in jedem Frequenzband und analysiert, ob ein Signal vorrangig aus „Sprache“
oder aus „Störlärm“ besteht. Aufgrund dieser Analyse wird die
Signalverarbeitung automatisch darauf abgestimmt, dass „Störlärm“ möglichst reduziert wird um Hörkomfort sicherzustellen.
Wenn gleichzeitig auch „Sprache“ erkannt wird, sorgt die moderne Signalverarbeitung dafür, dass Sprache im Störlärm hervorgehoben wird. Diese Vorgehensweise sorgt für Hörbarkeit
von Sprache im Störlärm bei gleichzeitigem Hörkomfort.
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Minimierung von Rückkopplung
Die Herausforderung:
Akustische Rückkopplung (Pfeifen des Hörgerätes) kann entstehen, wenn das Ohrpassstück des Hörgerätes nicht ordnungsgemäß im Ohr des Kindes sitzt oder, wenn das Hörgerät durch einen Hut, eine Mütze oder anderweitig abgedeckt
wird. Bei häufiger Rückkopplung müssen die Eltern oder das
Kind die Lautstärke des Hörgerätes meist leiser stellen, damit
das lästige Pfeifen aufhört. Durch die Reduzierung der Lautstärke werden leise Sprach- und Schallsignale nicht mehr
ausreichend vom Hörgerät verstärkt, das Kind kann sie nicht
mehr gut genug hören.
Die Lösung:
Ein Hörgerät, das Rückkopplung auf technischem Weg effektiv auslöschen kann, ohne dass die Verstärkung dazu reduziert werden muss, bietet dem Kind in allen Situationen die
optimale Verstärkung, um alle Schallsignale – vor allem aber
Sprache – immer optimal hören zu können. Das aktive Rückkopplungs-Auslöschungs-System von Widex kann effektiv
feststellen, wann Rückkopplungspfeifen entsteht, und kann
es ohne Verlust an Verstärkung sofort auslöschen. Auf diese
Art und Weise kann das Kind leise Sprache und Umgebungsgeräusche immer hören und lästiges Rückkopplungspfeifen
wird vermieden.
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Überwachung der eigenen Stimme
Die Herausforderung:
Hörgeschädigte Kinder können oft auch die Feinheiten der
eigenen Stimme nicht richtig hören. Das Kind kann seine Aussprache aber nur kontrollieren und richtig lernen, wenn es die
eigene Stimme auch korrekt hört. Die kindliche Sprachproduktion wird also von der Wahrnehmung der eigenen Stimme beeinflusst, was dazu führen kann, dass die Stimme eines
hörgeschädigten Kindes anders klingt und manchmal schwer
zu verstehen ist. Manche Kinder zögern dann, mit anderen
Kindern oder Erwachsenen zu kommunizieren, weil sie bemerken, dass die anderen sie nicht verstehen oder sich über
ihre Sprache lustig machen. Die Sprech- und Sprachentwicklung eines Kindes kann sich dadurch weiter verzögern.
Die Lösung:
Mehrkanalige Hörgeräte können frequenzspezifisch die passende Verstärkung für verschiedene Eingangssignale liefern,
damit das hörgeschädigte Kind die verschiedenen Eigenschaften der eigenen Stimme und der Stimmen der anderen
deutlich hören kann. Eine klinische Studie hat einen signifikanten Rückgang in der Anzahl der Aussprache- und Betonungsfehler gezeigt, wenn das eigene Hörgerät des Kindes
durch ein mehrkanaliges Hörgerät von Widex ersetzt wurde.
Alle digitalen Hörgeräte von Widex sind mehrkanalig. Kombiniert mit der digitalen Signalverarbeitung und niedrigen
Kompressionsschwellen bieten diese Hörgeräte eine optimale
Lösung zur Überwachung der eigenen Stimme.
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Widex Partnerschaft in der Kinderversorgung
Wir von Widex sind überzeugt, dass die Früherkennung
und Frühversorgung von kindlichen Hörschäden mit den
vielen interessanten Möglichkeiten der digitalen Hörgeräte-Technologie hörgeschädigten Kindern zu einem guten Start in ein erfolgreiches und zufriedenes Leben verhelfen kann. Wir haben deshalb eine eigene Forschungsabteilung eingerichtet, um Hörgeräte und Anpassmethoden zu entwickeln, damit hörgeschädigte Kinder trotz ihres Hörschadens alle ihre Fähigkeiten maximal entwickeln
und ausschöpfen können.
Die vereinten Bemühungen und das gemeinsame Engagement von Eltern, Fachärzten, Audiologen, HörgeräteAkustikern und von Widex mit dem Ziel, hörgeschädigten
Kindern zu besserem Hören zu verhelfen, ist der Ausgangspunkt der „Widex Partnerschaft in der Kinderversorgung“.
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Widex Webseite
Weitere Informationen über Hören, Hörgeräte und vieles
mehr finden Sie im Internet auf der umfangreichen Widex
Webseite, www.widex.com.
Unter der Überschrift „Kinder” finden Sie auch einen besonderen Bereich nur für Kinder, der sich „Spaß mit Dexi“
nennt. Hier begleitet der Orca „Dexi“ die Kinder auf die
Suche nach einem gesunkenen Schatz, erzählt ihnen alles
über Hören und über Orcas und lässt sie ihren eigenen
Abenteuerfilm mit Dexi und seinen Freunden in Dexis
Filmstudio zusammenstellen.
Wie bei anderen Aktivitäten der „Widex Partnerschaft in
der Kinderversorgung“ ist die Intention dieser Website,
Hörgeräte zu einem normalen und natürlichen Teil des
täglichen Lebens der hörgeschädigten Kinder und ihrer
Familien werden zu lassen. Wir hoffen, dass die Kinder
stolz ihren Freuden „ihre” Website „Spaß mit Dexi“ zeigen und durch gemeinsames Lachen und Spielen die ablehnende Haltung gegenüber Hörgeschädigten durch Akzeptanz und Verständnis ersetzen können.
Ihrem Kind die benötigte Hilfe geben
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Unter www.widex.com bieten wir Ihnen
eine Fülle von Informationen an.
ENGLISCH
DEUTSCH
FRaNZÖSISCH
SPANISCH
DÄNISCH
Das Gehör Ihres Kindes
Anleitungen für Eltern hörgeschädigter Kinder
www.widex.com
Printed by Widex / 06-06
9 502 0221 002 #01
Das Gehör Ihres Kindes
¡9 502 0221 002H¤ ¡#01v¤
www.widex.com
WIDEX
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