csc Der' 1. für de K(,csse egog DEUTSCHLANDS ÄLTESTE TAGESZEITUNG UNABHÄNGIG UND ÜBERPARTEILICH lv Überfällig: Anklage wackelt: Kahlschlag: Landtagswahl-Werbung soll endlich weichen Seite 7 Wurde 14-Jähriger wirklich vergewaltigt? Seite 13 Auf dem neuen Campus wird abgeholzt Seite 7 Donnerstag, 27. Februar 2014 Nr, 49 Gegründet 1705 Preis 1,50 € Gutachten deutet auf Therapiefehler Europawahl Nicht so wichtig? VON REINHARD URSCHEL Abgesang auf den Chefredakteur Hildesheim (ha). Das Hildesheimer Landgericht hat einem angesehenen Nuklearmediziner aus Hamburg einen Auftrag erteilt: Er soll bewerten, ob der inzwischen verstorbene Hildesheimer Arzt Dr. Michael Hofmann seine Patienten medizinisch korrekt oder fehlerhaft behandelt hat. Nun liegt das erste von diversen Gutachten vor und folgt offenbar den Argumenten des Klägers. Der Anwalt des Patienten jedenfalls sieht sich bestätigt, dass sowohl die Diagnose als auch die Therapie fehlerhaft gewesen sein sollen. ' Eine Ziffer verschwindet Hildesheim (r). Mit Gesang und Gitarre: Die HAZ-Redaktion hat gestern ihren Chefredakteur Dr. Hartmut Reichardt (Mitte) launig verabschiedet. Nach der Melodie von „Über den Wolken spielten die Journalisten auf Reichardts künftige Pläne an. Für ihn soll es nach 18 Jahren in der Redaktion privat noch einmal hoch hinaus gehen: Aber vorher muss der Rentner in spe noch seinen Pilotenschein machen. Dann steht ihm der Himmel über Hildesheim offen. Foto: Gossmann Seite 9 Hildesheim Ärger mit Trinkerszene Hildesheim. Lebhaft beteiligten sich Bürger an der Einwohnerfragestunde des Ortsrats Oststadt/Stadtfeld. Verkehrsprobleme und Ärger mit der Trinkerszene kamen zur Sprache. Seite 7 Das Finale Seiten 10 und 11 Ganoven in der Poststelle Kreis Hildesheim. Auf Poststationen haben es manche Einbrecher abgesehen. In Eime gelang es ihnen nur unter größten Mühen in die Räume einzudringen, in Sibbesse scheiterten sie. Seite 15 Laster legt sich auf die Seite Brüggen. Bei einem Unfall in Brüggen ist ein 28-Jähriger gestern relativ glimpflich davongekommen. Der Truck war umgekippt. Der Lastwagenfahrer trug leichte Verletzungen davon. Die B 3 war zeitweise voll gesperrt. Seite 16 Weil verlangt Ausschluss von Edathy aus der SPD Moskau verschärft den Ton Ministerpräsident verteidigt die Justiz / Ermittlungen gegen Friedrich Militärmanöver an der Grenze zur Ukraine VON MICHAEL B. BERGER 1 zu haben, sondern sich „Material be- 1 Die Oonooitirrn ie sich die kleinen Parteien allzu B sehr über ihren Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht freuen, sollten sie den Richterspruch vielleicht einmal in einfache Sprache übersetzen. Im Mai wird in allen 28 Mitgliedsstaaten der EU das Europaparlament neu gewählt. Weil diese politische Versammlung aber im Grunde doch eher ein Parlament ohne Macht ist, das keine Regierung wählen kann und muss, darf ein Gesetzgeber nicht ganz so streng sein wie bei seinem nationalen Parlament. Deutschland darf den kleinen Parteien, die gerne auf der europäischen Bühne mitspielen und in Brüssel und Straßburg Redner auftreten lassen wollen, keine so hohen Hürden hinstellen wie bei Landtagswahlen oder bei der Bundestagswahl. Keine FünfProzent-Hürde. Keine Drei-Prozent-Hürde, nein, gar keine. So simpel geht es nicht Darf man das gestrige Karlsruher Urteil so sehr vereinfachen? Ja, weil es sich die Richter tatsächlich verdammt einfach gemacht haben. Man kann dem Gericht unter dem Vorsitz seines Präsidenten Andreas Voßkuhle allenfalls zugutehalten, dass ihm bei dem Urteil ein wenig imwohl war. Drei der acht Richter des Senats stehen nämlich nicht dahinter. Wäre nur ein Richter umgeschwenkt, hätte es ein Patt gegeben. Die knappe Mehrheit der Richter will die kleinen Parteien allein deshalb mitmachen lassen, weil durch ihre Anwesenheit Im EU-Parlament nichts Wichtiges schiefgehen kann. Das ist das schwächste Argument, das man sich einfallen lassen kann. Beim Europäischen Parlament, in dem sich ohnehin schon eine Vielzahl schräger Vögel tummelt, von den schotti- fl Prozessauftakt im Juni: Noch bevor die Verhandlung beginnt, fangen Journalisten erste Stimmen ein. Ein Ende des Verfahrens ist bislang nicht in Sicht. Archivfoto: Zimmerhof „Grober Behandlungsfehler" Gerichtsgutachter aus Hamburg legt erstes Gutachten im Hofmann-Prozess vor Hildesheim (ha). Das erste Gerichtsgutachten über die umstrittenen Behandlungsmethoden des Hildesheimer Nuklearmediziners Dr. Michael Hofmann liegt vor - und lässt die Arbeit des damaligen Leiters des Instituts für Nuklearmedizin und PET-Zentrums in keinem guten Licht erscheinen. Dies meint zumindest der Hannoveraner Anwalt Dr. Marcus Voge1er, der die Interessenvon sechs Hofmann-Patienten vertritt, nach der Lektüre. Offenbar gibt es im Laufe der Behandlung sonderbare Veränderungen in der Patientenakte: Dem Sachverständigen sei aufgefallen, sagt der Anwalt, dass in einem Arztbrief der angegebene Schilddrüsenlaborwert seines Mandanten nicht mit dem dazugehörigen Laborblatt übereingestimmt habe. Während das Labor einen TSH-Wert von 1,38 gemessen habe, was ein völlig unauffälliger Befund wäre, stand in dem Arztbrief plötzlich ein TSHWert von 0,38, was auf eine Überfunktion der Schilddrüse schließen lassen würde. Gespannt warten Kläger und Beklagte schon seit Monaten auf die medizinischen Expertisen, die das Hildesheimer Landgericht bei Prof. Dr. Malte Clauoen vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf in Auftrag gegebenhat. In der Hauptverhandlung, die im Juni vergangenen Jahres begonnen hat und nun schon seit Monaten ausgesetzt ist, hatten die streitenden Parteien zwar selbst medizinische Gutachten vorgelegt - die aber waren erwartungsgemäß zu grundverschiedenen Einschätzungen gekommen. Die 4. Zivilkammer beauftragte deshalb einen Gutachter ihres Vertrauens. Clausen ist, wie Hofmann auch, Facharzt für Nuklearmedizin. Er soll bewerten, ob sein Hildesheimer Kollege fachlich korrekt gehandelt hat - oder ob ihm womöglich gravierende Behandlungsfehler unterlaufen sind, die allen medizinischen Standards zuwider laufen. Hofmann selbst kann für seine Arbeit nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden: Er starb im Januar 2012 sehr plötzlich im Alter von 51 Jahren. Da ahnte von der bald danach publik gewordenen Auseinandersetzung mit seinen ehemaligen Patienten noch niemand etwas. Auf der Klägerseite sitzen ein Dutzend Patienten, die über dauerhafte, zum Teil gravierende Gesundheitsschäden als Folge ihrer womöglich ungerechtfertigten Schilddrüsenbehandlung klagen, auf der anderen Seite als Beklagte die Erbengemeinschaft des Arztes und das Klinikum der Rhön AG, in dessen Gebäude Hofmann seine Praxis betrieb und mit dem er als Belegarzt der von ihm geleiteten Klinik für Nuklearmedizin so eng zusammenarbeitete, dass manche Patienten ihn für einen Krankenhaus-Arzt hielten. Einige Kläger lassen sich von einer Frankfurter Anwältin vertreten, andere haben sich für Dr. Vogeler als rechtlichen Beistand entschieden: Drei seiner Patientenhättensnittlerweile Klage eingereicht, drei weitere Fälle befänden sich noch im „außergerichtlichen Stadium. Bei dem heute 71-jährigen Patienten, auf den sich das vorliegende Gutachten bezieht, hatte Hofmann gleich zweimal eine Radiojodtherapie für notwendig erachtet; im Juni und im November 2010 wurde der Hildesheimer stationär mit radioaktiven JodIsotopen behandelt. Seither, sagt der Anwalt, sei sein Mandant lebenslang auf die Einnahme von Schilddrüsenhormonen angewiesen, denn die Radiojod-Gaben hätten dessen Schilddrüse vernarbt. Doch war diese gravierende Behandlung überhaupt nötig? Schon die Arztekammer Niedersachsen habe bei einer Qualitättüberprüfung in vier von 17 Fällen dieselben Ubertragungsfehler festgestellt: In allen Fällen soll, wie bei dem 71-jährigen Kläger, die wichtige Zahl vor dem Komma verändert worden sein. Ob es sich bei dieser Häufigkeit um versehentliche Übertragungsfehler handelt oder uni bewusste Manipulation und wer dafür verantwortlich ist, all das ist bis- lang noch nicht geklärt. Für den Verteidiger aber ist zünächät einmal wichtig, dass der Sachverständige die Hofmann-Diagnose einer „disseminierten Autonomie" für falsch halte, dass für die Radiojodtherapie im Juni keine Indikation bestanden habe und die zweite Radiojodtherapie sogar „grob behandlungsfehlerhaft" erfolgt sei. „Da gibt es jetzt nichts mehr zu rütteln", sagt Vogeler. „Die ärztliche Stellungnahme bestätigt unsere Argumentation eins zu eins." Unter einem „groben" Behandlungsfehler verstehen Juristen einen ärztlichen Fehler, der eindeutig gegen bewährte Behandlungsregeln und gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse verstößt, der elementar fehlerhaft und aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich ist, weil er einem Arzt nicht unterlaufen darf. Sollte sich das Gericht dieser Einschätzung anschließen, steigen für die Kläger die Chancen auf eine finanzielle Entschädigung für das erlittene Leid deutlich. Die Schilddrüse und ihre Aufgaben Die Schilddrüse ist eine Hormondrüse in Form eines Schmetterlings und sitzt unterhalb des Kehlkopfs zu beiden Seiten der Luftröhre. Bei Erwachsenen ist sie sieben bis elf Zentimeter breit und ein bis zwei Zentimeter dick. Für den Organismus ist sie von enormer Bedeutung: Die Schilddrüse speichert Jod und bildet die Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4), die eine wichtige Rolle für den Energiestoffwechsel und das Wachstum der Zellen spielen, sowie Calcitonin, das den Knochenabbau durch den Einbau von Calcium und Phosphat in den Knochen hemmt. Eine gesunde Schilddrüse gibt jeden Tag etwa 100 Mikrogramm T4 und 10 Mikrogramm T3 ab, Alle Schilddrüsenkrankheiten, Über- und Unterfunktio- nen, können zu gravierenden Störungen des Hormonstoffwechsels führen. Da die Rezeptoren für Schilddrüsenhormone im gesamten Körper vorhanden sind, können Funktionsstörungen der Hormondrüse auch Beschwerden in fast eilen Organsystemen hervorrufen. Schilddrüsenhormone wirken zum Beispiel auf Herz und Kreislauf: Eine Überfunktion kann eine Beschleunigung des Herzschlags, Gewichtsverlust, Nervosität und Zittern verursachen. Folgen einer Unterfunktion können hingegen ein verlangsamter Herzschlag, Gewichtszunahme, Verstopfung sein. Die Hormone der Schilddrüse beeinflussen den Zucker-, Fett- und Bindegewebsstoffwechsel, steigern die Aktivität von Schweiß- und Talgdrüsen der Haut und die Motorik des Magen-DarmTrakts. Insgesamt wird durch die Wirkung der Schilddriisenhormone der allgemeine Stoffwechsel beeinflusst, Energieverbrauch und Grundumsatz des OrganismusgeratesiausdemGleichgewicht. Schilddriisenhormone wirken sich aber auch auf die Psyche aus, sie können zu Depressionen führen und zu Störungen der Sexualfunktionen. Schildd±üsenüber- und -unterfunktionen lassen sich im Labor mit Hilfe des TSH-Werts erkennen und einordnen. TSH steht für Thyreoidea-stimulierendes Hormon. Thyreoidea ist der lateinische Name für die Schilddrüse. TSH regt das Organ an, die beiden Schilddrüsenhormone T3 und T4 zu produzie(ha) ren.