Diagnostika, biologische Eigenschaften und - Paul-Ehrlich

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Paul-Ehrlich-Institut
Minisymposium Xenotransplantation
5. Mai 2000
Bundesamt für Sera und Impfstoffe
PERV: Diagnostika, biologische
Eigenschaften und Tiermodelle
Dr. Joachim Denner, Paul-Ehrlich-Institut, Paul-Ehrlich-Str. 51-59, D-63225
Langen, Tel. 06103-772552, Fax 06103-77123, email [email protected]
Bei der Transplantation von Organen anderer Spezies auf den
Menschen besteht die Gefahr, dass endogene Retroviren, die im
Genom der Spendertiere verankert sind, als Viruspartikel exprimiert
und übertragen werden. Da vielzählige Trans-Speziesübertragungen
von Retroviren beschrieben wurden, wie zum Beispiel die
Übertragung von HIV-1 und HIV-2 vom natürlichen Wirt, dem Affen,
wo sie apathogen sind, auf den Menschen, wo sie AIDS hervorrufen,
könnte die Übertragung bei der Xenotransplantation nicht nur zu einer
Gefahr für den Patienten, sondern auch für die Gesellschaft im
ganzen werden.
Unsere biochemischen und immunologischen Untersuchungen
zeigten, dass die bei Schweinen, den derzeit favorisierten
Spendertieren, vorkommenden porcinen endogenen Retroviren
(PERVs) eng verwandt sind mit Retroviren, die bei Mäusen, Katzen
und Gibbonaffen Leukämien und Immunschwächen hervorrufen
können. Wir konnten weiterhin zeigen, dass immunstimulierte
Lymphozyten
verschiedener
Schweinerassen
PERV-Partikel
produzieren und dass PERVs in der Lage sind, Immunzellen von
gesunden Blutspendern zu hemmen (Denner, Tx Med, 11, 223-233,
1999; Tacke et al., Virology, 268, 87-93, 2000). In diesen
Untersuchungen verhalten sich PERVs ähnlich wie andere Retroviren
zum Beispiel HIV und das Katzenleukämievirus, die im infizierten Wirt
Immunschwächen hervorrufen. Daraus lässt sich schließen, dass
PERVs – wenn sie sich im Menschen vermehren können – potenziell
in der Lage wären, eine Immunschwäche hervorzurufen.
Um zu untersuchen, ob PERVs sich im Menschen vermehren können
und welche pathogenen Konsequenzen erwartet werden können,
wurden einerseits menschliche Zellen infiziert, andererseits
Tiermodelle entwickelt, in denen berücksichtigt wurde, dass der
Transplantat-Rezipient
mit
hohen
Dosen
medikamentöser
Immunsuppressiva behandelt wird. Wir konnten zeigen, dass sich
PERVs nach seriellen Passagen auf menschlichen Zellen an diese
adaptieren, das heißt, mit immer höheren Titern produziert werden.
Weiterhin konnten wir zeigen, dass PERVs verschiedene Zellen des
Menschen, des Pavians, der Katze und vom Nerz infizieren. In ersten
Versuchen mit immunsupprimierten und nicht-immunsupprimierten
Ratten sowie Meerschweinchen konnte keine Infektion der Tiere
festgestellt werden. Aussagekräftigere Primatenmodelle sind in
Vorbereitung.
Für den Nachweis von PERV-Infektionen bei Infektionsversuchen, bei
der experimentellen und klinischen Xenotransplantation wurden
hochsensitive
molekularbiologische
und
immunologische
Nachweismethoden entwickelt. Vor allem die immunologischen
Paul-Ehrlich-Institut
Bundesamt für Sera und Impfstoffe
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Paul-Ehrlich-Straße 51-59
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PERV: Diagnostika, biologische Eigenschaften und Tiermodelle
Methoden, die genau wie der sogenannte AIDS-Test Antikörper
nachweisen, sind von großer Bedeutung für Untersuchungen von
Mensch und Tier. Mit Hilfe dieser Methoden konnten wir zeigen, dass
bei normalen Blutspendern, bei Fleischern und Kopfschlächtern, die
Blut-Blut-Kontakte mit Schweinen hatten, bei Patienten, die Zellen
vom Schwein bekamen oder eine Ex-vivo-Perfusion durch
Schweineorgane erhielten (in Zusammenarbeit mit Imutran/Novartis)
sowie in Pavianen, die Organe oder Zellen vom Schwein erhielten (in
Zusammenarbeit mit der MH Hannover), keine PERV-Infektion
gefunden wurde. Bei einigen Blutspendern und XenotransplantationsPatienten wurden jedoch (kreuzreagierende?) Antikörper gegen das
virale Hauptstrukturprotein p27Gag gefunden. Die Patienten gehörten
zur Studie, in der gezeigt wurde, das Übertragungen von SchweineInselzellen, Ex vivo-Perfusionen mit Milzen, Nieren und Lebern vom
Schwein sowie Transplantationen von Schweinehaut nicht zur
Übertragung von PERV führten (Paradis et al., Science, 285, 1236,
1999). Allerdings unterscheidet sich die Situation bei der Übertragung
ganzer Schweineorgane wesentlich von den in der Studie
untersuchten Fällen. Zum einen werden bei der Organtransplantation
wesentlich mehr Zellen unterschiedlicher Natur übertragen, zum
zweiten sollte die Dauer des Verbleibens der Organe langfristig sein,
drittens sind die Organempfänger stark immunsupprimiert und
viertens wird bei der Übertragung von Organen, die von gentechnisch
humanisierten Tieren stammen, auch ein wichtiges Abwehrsystem
des Menschen, das Komplementsystem hinsichtlich der Virusabwehr
ausgeschaltet.
Für den Fall, dass PERVs sich im Transplantatempfänger vermehren,
könnten PERV-freie „knock-out“ Schweine gezüchtet werden.
Weiterhin könnten Impfstoffe zur Prävention oder antivirale
Substanzen zur Therapie entwickelt werden. Wir haben gezeigt, dass
der auch bei der HIV-Infektion verwendete Polymerase-Inhibitor AZT
auch die Vermehrung von PERV verhindert und erarbeiten Strategien
zur Erzeugung neutralisierender Antikörper, die für die
Impfstoffentwicklung genutzt werden können.
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