Elektronisches Rauschen Versuch zum Fortgeschrittenen-Praktikum Physikalisches Institut Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Version 29.09.10 Betreuer-Kontaktdaten Dipl. Phys. Robert Rommel Raum-Nr.: _ _.328 Tel.: 47288 E-mail: [email protected] Arbeitsgruppe: Prof. J. Müller Ort des Versuchs: Laborraum der AG Müller, _ 0.426 Worum geht’s? Elektronisches Rauschen von ohmschen Widerständen und Halbleiterbauelementen Wie wird’s gemacht? Messung der Spannungsfluktuationen verschiedener Systeme mit Hilfe eines Signalanalysators: • ohmscher Widerstand • 2DEG (zweidimensionales Elektronengas) einer GaAs/AlGaAsHeterostruktur (Hall-Sensor); Abkühlen des Hall-Sensors auf 77 K Was wird gelernt? verschiedene Arten elektronischen Rauschens, Signal-RauschVerhältnis, Zeitreihenanalyse (spektrale Leistungsdichte des Rauschens mittels Fourier-Transformation) Wofür ist das interessant? Messtechnik: Verbesserung der Empfindlichkeit (Auflösung) physikalischer Messungen Physik: Verständnis der Ursachen von elektronischen Fluktuationen, Verständnis der Dynamik von Störstellen in Halbleitern im besonderen und der intrinsischen Dynamik von Ladungsträgern im allgemeinen; Erfahrung im Umgang mit Zeitreihen Anwendungen z.B. in der Finanzmathematik Elektronisches Rauschen I. Allgemeine Bemerkungen Die meisten Menschen (sogar die meisten Physiker) werden im Phänomen des Rauschens etwas negatives, zumindest jedoch etwas lästiges sehen, denn z.B. in elektrischen Messungen wird die ultimative Auflösung limitiert durch Rauschen, Schwankungserscheinungen, Fluktuationen: ein zu messendes Spannungssignal muss mindestens größer sein als die mittlere Schwankung des Signals mit der Zeit, damit es noch zuverlässig aufgelöst werden kann. Physiker sind deshalb in den allermeisten Fällen daran interessiert, das Rauschen/die Fluktuationen soweit als möglich zu unterdrücken. Um das auf systematische Weise bewerkstelligen zu können, müssen die physikalischen Ursachen des Rauschens allerdings zunächst verstanden werden! „Whether noise is a nuisance or a signal may depend on who you ask. [...]“ aus: Beenakker, Schönenberger, Physics Today (May 2003) Ein zweiter Grund, warum es sich lohnt, die Fluktuationen einer physikalischen Größe und insbesondere das elektronische Rauschen in Festkörpern zu untersuchen ist, dass darin verborgen wertvolle Informationen über die intrinsischen dynamischen Eigenschaften der Ladungsträger enthalten sind. Betracht man das Rauschen als das eigentliche Signal, zieht also aus dem vermeintlichen Ärgernis (siehe obigen Cartoon) einen Nutzen, so ergeben sich neue Perspektiven! Fluktuationen sind zufällig (statistisch); die spektrale Leistungsdichte S der Fluktuationen allerdings ist eine statistisch stationäre Größe, die wiederum mit der sog. Autokorrelationsfunktion der fluktuierenden Größe verknüpft ist (über eine Fouriertransformation). Messen wir also die spektrale Leistungsdichte der Spannungs-Fluktuationen einer Probe, so erhalten wir indirekt Zugriff auf die Spannungs-Spannungs- Korrelationsfunktion, worin Information über die dynamischen Eigenschaften der Elektronen enthalten ist. Die Korrelationsfunktion ist eine nicht-zufällige Größe, die Kinetik der statistischen Prozesse charakterisierend: sie beschreibt, wie sich die Fluktuationen im Mittel mit der Zeit entwickeln. Die vier wichtigsten Arten elektronischen Rauschens sind: Schrot-Rauschen (Schottky 1918) – die physikalische Ursache ist die diskrete Natur der elektrischen Ladung. SI = 2qI I: Strom, q: Ladung Thermisches Rauschen (Johnson/Nyquist 1927/1928) – jeder Widerstand ist bei einer endlichen Temperatur Schwankungen unterworfen aufgrund der regellosen thermischen Bewegung der Ladungsträger. SV = 4kBTR V: Spannung, kB: Boltzmann-Konstante, T: Temperatur, R: Widerstand Generations-Rekombinationsrauschen – Beispiel: die Anzahl der Ladungsträger im Leitungsband eines Halbleiters fluktuiert (durch thermische Anregungsprozesse) um genau ein Elektron ⇒ der Widerstand springt zufällig zwischen zwei diskreten Werten hin und her (daher auch genannt: Telegraphenrauschen – random telegraph noise). SV(f) ∝ τ/(1 + 4π2f2τ2) f: Frequenz, τ: Zeitkonstante des G-R-Prozesses, π: Zahl 1/f-Rauschen – die Überlagerung vieler solcher Einzelprozesse führt bei einer bestimmten Verteilung der charakteristischen Zeitkonstanten τ der Einzelprozesse zu 1/f-Rauschen. Empirisch lässt sich dieses beschreiben als (Hooge 1969): SV(f) = γHV2/Ωnfα wobei α ≈ 1 γH: Material-Konstante, Ω: Volumen der Probe, n: Ladungsträgerkonzentration N = Ω⋅n: gesamte Anzahl der Ladungsträger im System II. Themen zur Vorbereitung – relevant im Kolloquium zu Beginn des Versuchstages und für den „Theorieteil“ des Protokolls • Arten elektronischen Rauschens und ihre Besonderheiten • Halbleiter: Bandstruktur, Dotierung (Defekte/Störstellen im Halbleiter); Halbleiter-Heterostrukturen: Bandstruktur Zweidimensionales Elektronengas (2DEG) • AC 4-Punkt-Widerstandsmessungen mit Lock-In-Technik • Meßstand für Transportmessungen von 300 K bis 77 K, Kryotechnik, Vakuumtechnik, Thermometrie III. Versuchsablauf Tutorium: Grundlagen elektronisches Rauschen 1. Vertrautmachen mit dem Meßaufbau (Schaltbild): ACWiderstandsmessungen mit dem Lock-In-Verstärker, Rauschmessungen mit dem Signalanalysator, Software, Datensicherung, graphische Darstellung (Origin). 2. Bestimmung des Spannungsrauschens verschiedener ohmscher Widerstände. Charakteristische Frequenzabhängigkeit? Abhängigkeit vom Strom? Vergleich mit der theoretischen Erwartung. Bestimmung der Boltzmann-Konstante aus diesen Messungen. Tutorium: Grundlagen Halbleiterheterostrukturen 3. Widerstand eines GaAs/AlGaAs Hall-Sensors (MODFET-Struktur) bei Raumtemperatur als Funktion der Zeit. Was passiert, wenn die Probe im Dunkeln ist? Warum? Fluktuationsspektrum bei Licht/in Dunkelheit. Wie erklärt sich der Unterschied? Tutorium: Grundlagen Tieftemperaturmessungen 4. Abkühlen des Hall-Devices. Bestimmung des Rauschspektrums bei verschiedenen Temperaturen. Stromabhängigkeit. Analyse der Daten. IV. Hinweise zur Ausarbeitung • stets das Versuchsprotokoll anfügen • Ausarbeitung in Form einer wissenschaftlichen Veröffentlichung (Paper): Motivation Allgemeiner Zusammenhang. Was wurde gemacht und warum? Theorieteil Kurze Darstellung der mathematischen Grundlagen des Rauschens. Herleitung des Ausdrucks für das Signal-/RauschVerhältnis für die verschiedenen Rauscharten. Versuchsbeschreibung Was haben sie experimentell wie gemacht? Skizzen! Ergebnisse zeigen Graphische Präsentation der Daten. Analyse und Diskussion Auswertung. Schlussfolgerungen und Zusammenfassung Bewertung des Experimentes. Mögliche Fehlerquellen. Referenzen Benutzte Literatur. V. Literatur • Übersichtsartikel Basic concepts of fluctuation spectroscopy (J. Müller, 2010) • Kurze Beschreibung What is a lock-in amplifier (SR830 Operating Manual, Stanford Research Systems) • Kapitel Halbleiter aus: Ibach/Lüth, Festkörperphysik, 7. Auflage, Springer-Verlag 2008 Alle Materialien sind in dieser Versuchsanleitung enthalten! schematische Zeichnung Probenhalter Vakuum Verdrahtung (vakuumdicht) Kopfflansch Vakuum Schild Schild Probenhalter Schild sample holder 1 1.1 Basic Concepts of Fluctuation Spectroscopy In frequency space, it is useful to ask, how much power is associated with different parts of the frequency spectrum. The Fourier transform of the voltage signal V (t) is given by Introduction – Definitions ”Whether noise is a nuisance or a signal depends on who you ask. [...]”, stated in an article by C. Beenakker and M. Schönenberger about shot noise [1], points up the fact that most people and even most physicists, consider noise as a nuisance, an unwanted disturbance, which limits the accuracy of a physical measurement. Some scientists, however, may consider it as a true measurement signal, which contains valuable information about the system that is subject to fluctuations. For example, in the fluctuations of the conductivity or resistivity there is hidden information about the dynamics and correlation of charge carriers, which is not contained in measurements of the mean quantity, i.e. the conductivity or resistivity of the sample itself. Electronic noise refers to random fluctuations in the current flowing through a material or in the voltage measured across. Noise is a random, i.e. stochastic process, but its statistical properties may be independent of time. We now give a brief overview of such statistically stationary processes, which can be treated in time and frequency space [2]. We consider a time-dependent physical quantity, like the voltage drop V (t) across a sample, which fluctuates around its average value Z∞ Ṽ (ω) = V (t)e−iωt dt. (4) −∞ The power spectral density (PSD) of the fluctuations — the quantity that is usually measured in noise experiments — can be defined as SV (ω) = h|Ṽ (ω)|2 i. (5) The units of SV are V2 /Hz. In case of a statistically stationary process, the PSD is related to the autocorrelation function Ψ(τ ) = hV (t)V (t + τ )i (6) through the Wiener-Khinchin theorem SV (ω) = 4 Z∞ Ψ(τ ) cos ωτ dτ. (7) 0 The autocorrelation function Ψ(τ ) provides a measure of the ”memory” of an electronic process, i.e. what remains from a fluctuation after a specific time interval τ . Ψ(τ ) is a nonrandom characteristic of the kinetics of these random fluctuations, describing how T /2 Z 1 V (t)dT, (1) the fluctuations — on average — evolve in time [3]. hV i = lim T →∞ T In this context, Ψ(τ ) is related to the dynamics of −T /2 electronic processes in solids. The inverse Fourier where T is the duration of the measurement. The transform gives first statistical analysis of electronic noise often is to Z∞ check whether the fluctutions are Gaussian (see also 1 Ψ(τ ) = SV (ω) cos ωτ dω, (8) Fig. 6 below): for independent, non-interacting pro2π 0 cesses, the probability density function is given by the normal (Gaussian) distribution which means that by measuring the PSD of a phys 1 (V − hV i)2 ical system, one in principle has access to the reP(V ) = √ exp − , (2) 2σ 2 lated autocorrelation function describing its micro2πσ 2 scopic properties. The autocorrelation function at 2 where σ is the variance defined as zero time interval, Ψ(τ = 0), is equal to the variance σ 2 = h(V (t) − hV i)2 i = h(δV )2 i = hV 2 i − hV i2 . (3) of the signal, a quantity of major importance for all 1 scientific experiments. It is obtained, when integrating the PSD over all frequencies f = ω/2π: hV (t) i = 2 Z∞ 0 SV (f )df ≡ Ψ(0), 10 -1 10 -3 S = const. 0 10 -2 10 -4 10 -6 10 5 10 3 10 1 10 time Zeit 1 10 10 c) with hV (t)i = 0. (9) a) b) a result, as the figure suggests, thermal noise is infinitely choppy, no matter how fine a horizontal scale one chooses to look at, so the instantaneous value of the noisy signal is undefined. On the other hand, the mean value of the noise converges upon averaging over longer and longer time intervals. In contrast, the time train shown in Fig. 1 c) — a so-called random walk — has a power spectrum S ∝ 1/f 2 , which means that the noise power is convergent if we integrate from some finite frequency to infinity. There is a finite amount of power at high frequencies, but an infinite amount of power at low frequencies. Consequently, the function does have a well-defined value at each point, but there is no mean value over long times. An important example for a random walk is the Brownian movement of small particles immersed in a fluid, which has been statistically analyzed by A. Einstein in 1905 [5, 6]. It is a striking observation, that most physical systems are neither as rough nor as smooth as these extreme cases shown in Fig. 1 a) and c), respectively, but exhibit an ”intermediate” behavior like the one in Fig. 1 b). This behavior is exciting, there seems to be ”something happening” on all time scales, there are both rapid fluctuations and slow general trends. The corresponding stochastic function has a spectrum S ∝ 1/f and hence is called 1/f noise, or sometimes ”excess noise” or ”flicker noise”. It has an infinite amount of power both at high and low frequencies (see discussion below), it is a true longterm memory process and is most fascinating due to its occurrence in a large variety of different systems found in nature, like earthquakes [7], nucleotide sequences in DNA chains [8], the human heart rate [9], human cognitive processes [10], music (fluctuations of loudness and pitch in J.S. Bach’s concertos [11]), astronomy (light curves of quasi-stellar objects, see [4]), and — last but not least — many condensed matter systems, see e.g. [3, 2] for an overview. One could add many more surprising systems to this list, but — although the apparent universality of 1/f -type fluctuations is most intriguing — it is obviously questionable to compare such different complex systems. Rather there seems to be a mathematical coincidence at work, than an underlying universal law of nature. The best studied and documented examples of 1/f S ∝ 1/f -1 1 S ∝ 1/f 2 10 100 1000 frequency Frequenz Figure 1: Time trains of different noise signals (left) and the corresponding power spectra (right). a) Sampled ”white noise”. The individual amplitudes are independently random values with a normal (Gaussian) distribution. This noise has a flat power spectrum. b) ”Flicker noise” or 1/f noise. The power spectrum of this noise (∝ 1/f ) has a divergent integral at both high and low frequencies. c) Random-walk noise with a power spectrum ∝ 1/f 2 . Following the discussion in [4] we show in Fig. 1 computer-generated time trains of different noisy signals and the corresponding power spectra of the noise. Fig. 1 a) is an example of a totally random signal, so-called ”white noise”, which is familiar to almost every scientist. The most important example is thermal noise of a resistor (see Section 1.2). The name stems from the frequency-independent PSD, i.e. S = const., which means that it has equal power in every unit of bandwidth, i.e. per one Hz. The power spectrum is convergent at low frequencies, but there is an infinite power at high frequencies. As 2 noise are probably electronic fluctuations in solids. Before we describe such properties in low-dimensional molecular conductors, we will briefly review the most common types of noise in condensed-matter systems, including 1/f noise, and discuss an empirical property of the latter. 1.2 Shot Noise Historically, the first type of noise to be discussed was the so-called shot noise in thermionic tubes by W. Schottky in 1918 [19]. It is a non-equilibrium form of noise, originating in the discrete nature of charge carriers and related to the passage of current across an energy barrier. It has been observed in many solid state devices, such as p-n junctions, magnetic tunnel junctions, etc. The PSD of shot noise is also flat, with Most Common Types of Noise In solids, electrical noise may have different origins, as e.g. defect motion, structural excitations, magnetic domains and spin fluctuations, charge carriers crossing an energy barrier, electronic traps, percolation effects or current redistribution within inhomogeneous materials [3]. These potential microscopic noise sources behave like ”fluctuators”, which — once activated and physically coupled to the charge carriers constituting an electrical current — induce resistance or conductance fluctuations giving rise to the electrical noise we can measure [2]. Despite the inherent randomness of fluctuations, the different phenomena may be classified regarding the frequency dependence of their PSD. The four most common types of noise in solid state physics are the following: SI (f ) = 2qI, (11) where q is the charge of the carriers. Measuring shot noise provides a new way of determining the elementary charge e [19], the charge of Cooper pairs in superconductors [20], as well as the quasiparticle charge in the fractional quantum Hall effect [21]. 1/f Noise As described above, 1/f noise is not only universally observed in nature, but also ubiquitous in solid state systems [22, 23, 24, 3, 25, 2]: it is found in such different systems as homogeneous semiconductors, metallic thin films, spin glasses, magnetic tunnel junctions and tunneling-magnetoresistance (TMR) devices, giant-magnetoresistance (GMR) devices and colossal magnetoresistance (CMR) materials, granThermal Noise Each resistor at a finite temper- ular metals and superconductors, half-metallic ferature is subject to fluctuations. Observed by J.B. romagnets, etc. Again, it is tempting to speculate Johnson in 1927 [12, 13, 14] and theoretically ex- about a common origin of the 1/f -type fluctuation plained by H. Nyquist in 1928 [15], this thermal noise properties. A phenomenological approach by F.N. (also called ”Johnson noise”) appears in all resistors, Hooge in 1969 [26] led to an empirical formula for and results from the random motion of charge carri- 1/f voltage fluctuations ers in equilibrium with a thermal bath. One finds for γH V 2 the mean square voltage noise: hV 2 i = 4kB T R∆f , , (12) SV (f ) = where kB is the Boltzmann constant, T the temperaNc f α ture, R the resistance of the sample, and ∆f the frequency bandwidth of the measurement. The Fourier where Nc = nc Ω is the number of charge carriers in transform yields a constant noise power spectral den- the noise volume Ω of a sample with carrier concensity, thermal noise is frequency independent, ”white” tration nc , and γH a parameter (Hooge’s constant) characterizing the noise level of the system. In the noise: noise literature, frequency exponents 0.8 ≤ α ≤ 1.4 SV (f ) = 4kB T R. (10) are considered to describe ”1/f noise”. For α = 1, Equation(10) is a formulation of the so-called γH is dimensionless. A theoretical motivation of the fluctuation-dissipation theorem [16, 17], since it Hooge parameter — initially assumed to be equal to relates the fluctuating noise power hV 2 i to the 2 × 10−3 — was not possible; in particular, γH may dissipation R in the circuit, see e.g. [18]. strongly depend on temperature and over the years was found to vary over many orders of magnitude 3 from 10−6 to 107 for different systems [2]. Despite these strong arguments against a physical meaning of γH , Hooge’s equation is a convenient way to compare different systems and to provide an estimate of how noisy a device is at room temperature. Because 1/f noise scales inversely with the size of the system under investigation, it is on the one hand a big obstacle for miniaturization of devices for application in information and sensing technology! On the other hand, Eq. (12) suggests that decreasing the volume, e.g. by fabricating a material as a thin film, may allow for measuring the intrinsic 1/f noise properties even of ”quite” materials with small values of γH or of good metals having a high carrier concentration nc . Another important aspect refers to the fact that for pure 1/f noise, the noise power diverges on both ends when integrating to very low and very high frequencies, cf. the discussion of Fig. 1. Thus, neither the instantaneous value of the signal nor the longtime mean of the measurement is well-defined. This noise is scale invariant in a way that each logarithmic interval contributes the same power. This, however, means that the divergence is only logarithmic, and thus very weak: a fluctuating system being observed with a frequency related to the shortest conceivable time interval (time light travels the distance of the diameter of a proton) over the longest conceivable time period (age of the universe) — covering roughly 40 decades — would dissipate only a few times more noise power than a half-day experiment in a laboratory! Still, a diverging variance is unphysical, so frequency limits must exist. A high-frequency cut-off for resistance noise measurements in solids is naturally given due to the finite scattering time of electrons and by the frequency above which the 1/f noise sinks below the white background noise level. In practice, a low-frequency cut-off, which necessarily yields a finite experimental value of the fluctuation variance, is given by the stability of the experiment and the patience of the experimentalist. Theoretically, an intrinsic low-frequency cut-off also should be present. In this respect, it is interesting to note that measurements of semiconductor noise sources (operational amplifiers) by M.A. Caloyannides revealed a 1/f -like PSD down to a measurement frequency of 10−6.3 Hz [27], which requires averaging times of the order of several weeks! It remains an open problem to explain long-term memory correlations down to such low frequencies. Generation-Recombination Noise Very important in condensed matter systems is generationrecombination noise. A prime example is a semiconductor, where electrons are excited into the conduction band creating electron-hole pairs, which later recombine. If only one electron was excited, i.e. the number of electrons in the conduction band was modified just by one, then the resistance would change in discrete steps between two values leading to a socalled ”random telegraph signal” (RTS). This random telegraph noise (RTN) is of non-Gaussian type. For Gaussian noise, the system is fully described by the lowest-order correlation function Ψ(τ ), Eqs. (6) and (8). The lack of Gaussianity, however, requires the use of higher-order correlation functions. This may be caused (i) by a very small number of independent events, i.e. if only a few fluctuators (or in the extreme case: just one) couple(s) more strongly to the resistivity than others, or (ii) if the fluctuators cannot be considered as independent but rather interact with each other. Experimentally, one can access the second order correlation function Ψ(2) (τ ) = hV 2 (t)V 2 (t + τ )i for instance by measuring the spectrum of fluctuations in the noise power within the frequency bandwidth of the ordinary spectrum. The corresponding spectral density is called the ”second spectrum”, see e.g. [28, 29, 30, 31]. The (lowest-order) autocorrelation function Ψ(τ ) of a two-level system as shown in Fig. 2 has been calculated by S. Machlup [32]. The PSD of an RTS caused by switching events between two states with voltage amplitude ∆V and characteristic lifetimes τ1 and τ2 is given by a Lorentzian: SV (f ) = 1 4(∆V )2 · , τ1 + τ2 (1/τc )2 + (2πf )2 (13) where 1/τc = 1/τ1 + 1/τ2 . Fig. 2 c) shows that the spectrum is flat for low frequencies (no ”memory” for long times t τc , cf. white noise shown in Fig. 1 a) 4 and falls off like 1/f 2 (full time-correlation for t τc , cf. random walk in Fig. 1 c). The corner frequency fc = 1/2πτc is related to the characteristic time constants of the system, which can directly be measured through the PSD. The statistical study of lifetimes in the different states provides extremely rich information on the dynamics and the energy scales of the switching events as well as the related electronic properties, see e.g. [33, 34] and references therein for recent lifetime-studies of defects in semiconductor heterostructures. the trap states consistent with the observed 1/ noise. Here, assuming that the characteristic lifetimes exponentially decay with distance from the conducting channel, a homogeneous spatial distribution of traps leads to D(τ ) ∝ 1/τ and S ∝ 1/f when integrating 14. 1.3 2∆E τ1 SV E − ∆E c) fc ∝ 1/f 2 b) f Figure 2: A fluctuating two-level system. a) Model double-well potential with characteristic energies and a) time constants. b) Random telegraph noise in the time domain. c) Corresponding Lorentzian spectrum in the frequency domain. See [2, 35]. As will be discussed below in more detail, a possible mechanism for 1/f noise is the superposition of a large number of independent Lorentzian spectra with a proper distribution of characteristic lifetimes [36, 37, 38]: Z τ S(f ) ∝ D(τ ) dτ, (14) 1 + 4π 2 τ 2 f 2 sample For low-frequency measurements of conducting samples with resistance values below about 10 − 100 kΩ, an ac technique is best suited. A schematic diagram of the experimental setup is shown in Fig. 3. The five-terminal setup, where the sample is placed in a Wheatstone bridge in order to suppress the constant voltage offset, is designed to avoid the influence of fluctuations in external sources, such as the voltage source, the bath temperature, or applied magnetic field [40]. The bridge type design makes the output of the circuit insensitive to these fluctuations. The noise signal is preamplified, where one tries to match the input impedance and excitation frequency in or close to the ”eye” of the preamplifier’s noise figure in order to reduce the amount of noise added by the preamplifier above the thermal noise. Usually, the operating frequency of the preamplifier is shifted to an ac excitation frequency of f0 ∼ 102 −103 Hz. With an ac current I = I0 sin (2πf0 t), the resistance fluctuations modulate the sinusoidally excited carriers to produce noise sidebands, which can be demodulated by a phase-sensitive detector (lock-in amplifier). The a) τ2 Experimental Realization ~ + lock-in δV (t|f¯, ∆f ) SV (f¯)∆f where τ is the characteristic time constant of a Lorentzian spectrum and D(τ ) is the distribution spectrum function of τ . Accordingly, the first theoretical model analyzer for 1/f noise in semiconductors by A.L. McWhorter [39] assumes a homogeneous distribution of traps in the oxide layer of Si-MOSFET devices, from which spectrum analyzer electrons tunnel into the conducting channel, cor- Figure 3: Five-terminal ac setup for measuring resisAfter [35]. responding to a distribution of average lifetimes of tance fluctuations [40]. ¯ f 5 R δV (t) ∆f output signal of the lock-in amplifier is then processed into a spectrum analyzer, the function of which is described below (see Fig. 5). The PSD of the lock-ins output is given by (a ) -1 0 1 0 -1 1 1 0 -1 2 /H z ) 1 0 V (V 2 SV (f ) = G20 [SV0 (f0 − f ) + (I02 /2)SR (f ) cos δ], (15) S where G0 is the gain of lock-in, defined to be the ratio of the dc output voltage to the rms ac voltage at the input, and δ is the detection phase angle relative to the excitation current. The validity of Eq. (15) is limited to f < f0 /2. In practice, f is chosen to be at least one order of magnitude smaller than the carrier frequency f0 . The floor (background) noise is SV0 (f0 − f ) ≈ SV (f0 ), so it is particularly suitable for low-frequency noise measurements. Proper impedance matching and choice of excitation frequency allow the noise to be measured down to 10−3 Hz. For more insulating samples with resistances larger than 10 − 100 kΩ, a dc technique (with a similar setup) can be used, which allows to measure up to higher frequencies. Johnson and shot noise correspond to the lowest noise level one may expect in a material or a device. The former provides a direct calibration of an electronic transport experiment, as the background noise, in zero current, must tend to the thermal noise of the sample. The noise level above the theoretical thermal noise is due to the electronic setup, impedance mismatch and inefficient shielding and grounding of the experiment [2]. Care must be taken to rule out or eliminate spurious noise sources, especially those coming from the electrical contacts. The observed noise spectra need to be independent of the lock-in amplifier, its driving frequency, and the preamplifier as long as the conditions for proper impedance matching are met. In the ac circuit, the 90◦ degrees phase-shifted (y-channel) signal is expected to show frequency-independent ”white” noise and — representing the noise floor of the experimental setup — and may be subtracted from the x-channel signal, a technique which sometimes allows to extend the accessible frequency range to higher values. Figure 4 shows measurements of voltage noise PSDs of an organic conductor [41, 42] taken at diffferent bias currents I. Since one expects that SV /V 2 = SR /R2 , where SV and SR are the voltage and resistance noise I = 0 0 .1 (b ) 1 1 0 f (H z ) /H z ) a t 1 H z 5 4 3 -1 1 V 2 2 S V (1 0 1 T = 2 0 0 K 0 0 1 2 3 2 I (1 0 4 -8 5 6 2 A ) Figure 4: a) Voltage noise power spectral density SV (f ) for different bias currents I of an organic conductor at T = 200 K. For I = 0, we observe a ”white” floor noise spectrum. b) Scaling behavior of SV (f = 1 Hz) with bias currents I. The line is a linear fit to the data in the representation SV vs. I 2 . Open triangles represent spectra obtained for a different value of the current limiting resistor r yielding an identical scaling behavior. PSDs, respectively, a necessary condition for checking if the measured noise indeed is solely due to resistance fluctuations of the sample is a scaling behavior SV ∝ I 2 . The data in Fig. 4 show an excellent scaling. Also, as expected and required, the observed scaling is independent of the ratio R/r, where R is the sample resistance and r is the value of the currentlimiting resistor in the bridge circuit. Furthermore, as shown in the inset, a white floor noise spectrum (x-channel signal) is observed for I → 0. The above-described concepts and the experimental setup are schematically depicted and summarized 6 sample ~ + - lock-in spectrum analyzer spectrum analyzer V(t) f¯ R δV (t|f¯, ∆f ) δV (t) SV (f¯)∆f V time signal 0.0040 0.0040 0.0035 0.0035 0.0030 0.0030 <V> ∆f (a) τ 0.0025 0 Figure 5: Schematic diagram of a spectral analyzer for measuring the spectral density of resistance noise. Its functions are described in the text. After [3]. t1 (c) 20 t= 2 t1 + τ 1E-12 SV (V /Hz) t 0 20 40 60 P(V) fluctuation spectrum 1E-13 2 in Figs. 5 and 6. The ”heart” of the experiment is a signal analyzer (Fig. 5, for simplicity the amplification of the signal is not shown here). The source of noise is the sample resistance R, so we measure a time-dependent voltage drop δV (t) across the resistor. A representative real-time measurement of a sample and the histogram of the voltage amplitudes are shown in Fig. 6 a) and b), respectively. Note that the noise is Gaussian, i.e. the corresponding 1/f -type spectrum shown in Fig. 6 c) may be caused by a superposition of a large number of independent fluctuators. The spectrum analyzer, as schematically depicted in Fig. 5, contains a bandpass adjustable frequency filter with a narrow bandwidth ∆f and a central frequency f¯, and an output detector that responds to the mean square of the signal: δV (t|f¯, ∆f ) is the output (filtered signal) and h[δV (t|f¯, ∆f )]2 i ≡ SV (f¯)∆f is the power of the filtered signal. Technically, the spectral analyzer transforms the time train into the frequency domain by performing a real-time Fourier transformation of the signal, so the setup allows for averaging the obtained spectra to gain a higher resolution. A convenient compromise between resolution and measurement time is to take about 50 averages for each frequency octave. For the final spectrum at a given temperature, the averaged spectra for different octaves are put together. In summary, the role of the noise spectrum analyzer processing the preamplified signal may be viewed as similar to the role of a microscope: it (b) 0.0025 1E-14 measured fit 0.1 1 Frequency (Hz) Figure 6: a) Real-time measurement of a noise signal, as e.g. the voltage drop across a sample V (t) (input). b) Histogram of V (t), which can be fitted to a normal (Gaussian) probability distribution, Eq. (2). c) Corresponding power spectrum in the frequency domain (output) showing a 1/f α characteristics with α ' 1. enables one to visualize the microscopic motion and transitions of particles [3]. Extracted from Fluctuation Spectroscopy — A new Approach to Study Electronic Correlations in Organic Molecular Materials by J. Müller. References [1] C. Beenakker and C. Schönenberger. Physics Today, 56:37, 2003. [2] B. Raquet. Spin Electronics, chapter Electronic Noise in Magnetic Materials and Devices, pages 232 – 273. M. Ziese, M. J. Thornton, Ed., Springer, Berlin Heidelberg, 2001. 7 [3] Sh. 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Accurate measurements may be made even when the small signal is obscured by noise sources many thousands of times larger. experiment at the reference frequency. In the diagram below, the reference signal is a square wave at frequency ωr. This might be the sync output from a function generator. If the sine output from the function generator is used to excite the experiment, the response might be the signal waveform shown below. The signal is Vsig sin(ωrt + θsig ) where V sig is the signal amplitude. Lock-in amplifiers use a technique known as phase-sensitive detection to single out the component of the signal at a specific reference frequency AND phase. Noise signals at frequencies other than the reference frequency are rejected and do not affect the measurement. The SR830 generates its own sine wave, shown as the lock-in reference below. The lock-in reference is VLsin(ωLt + θref). Why use a lock-in? Reference Let's consider an example. Suppose the signal is a 10 nV sine wave at 10 kHz. Clearly some amplification is required. A good low noise amplifier will have about 5 nV/√Hz of input noise. If the amplifier bandwidth is 100 kHz and the gain is 1000, then we can expect our output to be 10 µV of signal (10 nV x 1000) and 1.6 mV of broadband noise (5 nV/√Hz x √100 kHz x 1000). We won't have much luck measuring the output signal unless we single out the frequency of interest. θ sig Signal θ ref Lock-in Reference If we follow the amplifier with a band pass filter with a Q=100 (a VERY good filter) centered at 10 kHz, any signal in a 100 Hz bandwidth will be detected (10 kHz/Q). The noise in the filter pass band will be 50 µV (5 nV/√Hz x √100 Hz x 1000) and the signal will still be 10 µV. The output noise is much greater than the signal and an accurate measurement can not be made. Further gain will not help the signal to noise problem. The SR830 amplifies the signal and then multiplies it by the lock-in reference using a phase-sensitive detector or multiplier. The output of the PSD is simply the product of two sine waves. V psd = V sig VLsin(ωrt + θsig )sin(ωLt + θref) = 1/2 Vsig V Lcos([ω r - ωL]t + θsig - θref) 1/2 Vsig V Lcos([ω r + ωL]t + θsig + θref) Now try following the amplifier with a phasesensitive detector (PSD). The PSD can detect the signal at 10 kHz with a bandwidth as narrow as 0.01 Hz! In this case, the noise in the detection bandwidth will be only 0.5 µV (5 nV/√Hz x √.01 Hz x 1000) while the signal is still 10 µV. The signal to noise ratio is now 20 and an accurate measurement of the signal is possible. The PSD output is two AC signals, one at the difference frequency (ω r - ωL) and the other at the sum frequency (ω r + ωL). If the PSD output is passed through a low pass filter, the AC signals are removed. What will be left? In the general case, nothing. However, if ω r equals ω L, the difference frequency component will be a DC signal. In this case, the filtered PSD output will be What is phase-sensitive detection? Lock-in measurements require a frequency reference. Typically an experiment is excited at a fixed frequency (from an oscillator or function generator) and the lock-in detects the response from the V psd = 1/2 Vsig V Lcos(θsig - θref) 3-1 SR830 Basics This is a very nice signal - it is a DC signal proportional to the signal amplitude. sync) which is always phase-locked to the reference oscillator. Narrow band detection Magnitude and phase Now suppose the input is made up of signal plus noise. The PSD and low pass filter only detect signals whose frequencies are very close to the lockin reference frequency. Noise signals at frequencies far from the reference are attenuated at the PSD output by the low pass filter (neither ωnoise ωref nor ωnoise +ωref are close to DC). Noise at frequencies very close to the reference frequency will result in very low frequency AC outputs from the PSD (|ωnoise -ωref| is small). Their attenuation depends upon the low pass filter bandwidth and roll-off. A narrower bandwidth will remove noise sources very close to the reference frequency, a wider bandwidth allows these signals to pass. The low pass filter bandwidth determines the bandwidth of detection. Only the signal at the reference frequency will result in a true DC output and be unaffected by the low pass filter. This is the signal we want to measure. Remember that the PSD output is proportional to Vsig cosθ where θ = (θsig - θref). θ is the phase difference between the signal and the lock-in reference oscillator. By adjusting θref we can make θ equal to zero, in which case we can measure Vsig (cosθ=1). Conversely, if θ is 90°, there will be no output at all. A lock-in with a single PSD is called a single-phase lock-in and its output is V sig cosθ. This phase dependency can be eliminated by adding a second PSD. If the second PSD multiplies the signal with the reference oscillator shifted by 90°, i.e. VLsin(ωLt + θref + 90°), its low pass filtered output will be V psd2 = 1/2 Vsig V Lsin(θsig - θref) V psd2 ~ V sig sinθ Now we have two outputs, one proportional to cosθ and the other proportional to sinθ. If we call the first output X and the second Y, Where does the lock-in reference come from? We need to make the lock-in reference the same as the signal frequency, i.e. ωr = ωL. Not only do the frequencies have to be the same, the phase between the signals can not change with time, otherwise cos(θsig - θref) will change and V psd will not be a DC signal. In other words, the lock-in reference needs to be phase-locked to the signal reference. X = Vsig cosθ Y = Vsig sinθ these two quantities represent the signal as a vector relative to the lock-in reference oscillator. X is called the 'in-phase' component and Y the 'quadrature' component. This is because when θ=0, X measures the signal while Y is zero. Lock-in amplifiers use a phase-locked-loop (PLL) to generate the reference signal. An external reference signal (in this case, the reference square wave) is provided to the lock-in. The PLL in the lock-in locks the internal reference oscillator to this external reference, resulting in a reference sine wave at ωr with a fixed phase shift of θref. Since the PLL actively tracks the external reference, changes in the external reference frequency do not affect the measurement. By computing the magnitude (R) of the signal vector, the phase dependency is removed. R = (X 2 + Y2)1/2 = Vsig R measures the signal amplitude and does not depend upon the phase between the signal and lock-in reference. A dual-phase lock-in, such as the SR830, has two PSD's, with reference oscillators 90° apart, and can measure X, Y and R directly. In addition, the phase θ between the signal and lock-in reference, can be measured according to All lock-in measurements require a reference signal. In this case, the reference is provided by the excitation source (the function generator). This is called an external reference source. In many situations, the SR830's internal oscillator may be used instead. The internal oscillator is just like a function generator (with variable sine output and a TTL θ = tan -1 (Y/X) 3-2 SR830 Basics WHAT DOES A LOCK-IN MEASURE? So what exactly does the SR830 measure? Fourier's theorem basically states that any input signal can be represented as the sum of many, many sine waves of differing amplitudes, frequencies and phases. This is generally considered as representing the signal in the "frequency domain". Normal oscilloscopes display the signal in the "time domain". Except in the case of clean sine waves, the time domain representation does not convey very much information about the various frequencies which make up the signal. frequencies is removed by the low pass filter following the multiplier. This "bandwidth narrowing" is the primary advantage that a lock-in amplifier provides. Only inputs at frequencies at the reference frequency result in an output. RMS or Peak? Lock-in amplifiers as a general rule display the input signal in Volts RMS. When the SR830 displays a magnitude of 1V (rms), the component of the input signal at the reference frequency is a sine wave with an amplitude of 1 Vrms or 2.8 V pk-pk. What does the SR830 measure? The SR830 multiplies the signal by a pure sine wave at the reference frequency. All components of the input signal are multiplied by the reference simultaneously. Mathematically speaking, sine waves of differing frequencies are orthogonal, i.e. the average of the product of two sine waves is zero unless the frequencies are EXACTLY the same. In the SR830, the product of this multiplication yields a DC output signal proportional to the component of the signal whose frequency is exactly locked to the reference frequency. The low pass filter which follows the multiplier provides the averaging which removes the products of the reference with components at all other frequencies. Thus, in the previous example with a 2 V pk-pk square wave input, the SR830 would detect the first sine component, 1.273sin(ωt). The measured and displayed magnitude would be 0.90 V (rms) (1/√2 x 1.273). Degrees or Radians? In this discussion, frequencies have been referred to as f (Hz) and ω (2πf radians/sec). This is because people measure frequencies in cycles per second and math works best in radians. For purposes of measurement, frequencies as measured in a lock-in amplifier are in Hz. The equations used to explain the actual calculations are sometimes written using ω to simplify the expressions. The SR830, because it multiplies the signal with a pure sine wave, measures the single Fourier (sine) component of the signal at the reference frequency. Let's take a look at an example. Suppose the input signal is a simple square wave at frequency f. The square wave is actually composed of many sine waves at multiples of f with carefully related amplitudes and phases. A 2V pk-pk square wave can be expressed as Phase is always reported in degrees. Once again, this is more by custom than by choice. Equations written as sin(ωt + θ) are written as if θ is in radians mostly for simplicity. Lock-in amplifiers always manipulate and measure phase in degrees. S(t) = 1.273sin(ωt) + 0.4244sin(3ωt) + 0.2546sin(5ωt) + ... where ω = 2πf. The SR830, locked to f will single out the first component. The measured signal will be 1.273sin(ωt), not the 2V pk-pk that you'd measure on a scope. In the general case, the input consists of signal plus noise. Noise is represented as varying signals at all frequencies. The ideal lock-in only responds to noise at the reference frequency. Noise at other 3-3 12. Halbleiter Im Abschn. 9.2 hatten wir gelernt, dass nur ein partiell gefülltes elektronisches Band zum elektrischen Strom beitragen kann. Vollständig gefüllte Bänder leisten ebensowenig einen Beitrag zur elektrischen Leitfähigkeit wie vollständig leere und ein Material, das nur vollständig gefüllte und vollständig leere Bänder aufweist, ist demnach ein Isolator. Ist der Abstand zwischen der Oberkante des höchsten gefüllten Bandes (Valenzband) und der Unterkante des niedrigsten leeren Bandes (Leitungsband) nicht zu groß (z. B. * 1 eV), so macht sich bei nicht zu niedrigen Temperaturen die Aufweichung der Fermi-Verteilung bemerkbar: Ein kleiner Bruchteil der Zustände in der Nähe der Oberkante des Valenzbandes bleibt unbesetzt und die entsprechenden Elektronen befinden sich im Leitungsband. Sowohl diese Elektronen als auch die im Valenzband entstandenen Löcher können elektrischen Strom tragen. In diesem Fall spricht man von einem Halbleiter. In Abb. 12.1 sind die Unterschiede zwischen Metall, Halbleiter und Isolator noch einmal schematisch dargestellt. Die Besonderheit halbleitender Materialien gegenüber Metallen liegt darin, dass die elektrische Leitfähigkeit durch geringfügige Materialzusätze um viele Größenordnungen variiert werden kann. Auch lässt sich durch solche Zusätze der Elektronen- oder Löchercharakter der Leitfähigkeit bestimmen. Auf dieser Besonderheit basiert die gesamte Festkörperelektronik. Wegen ihrer Wichtigkeit wollen wir deshalb den Halbleitern ein besonderes Kapitel widmen. Abb. 12.1. Termschema für Metall, Halbleiter und Isolator. Metalle haben auch bei T = 0 K ein teilweise besetztes Band (schraffiert). Bei Halbleitern bzw. Isolatoren liegt das Fermi-Niveau zwischen dem besetzten Valenzband und dem unbesetzten Leitungsband 404 12. Halbleiter 12.1 Daten einiger wichtiger Halbleiter Die Ausbildung der Bandstruktur der typischen Elementhalbleiter Diamant (C), Si und Ge hatten wir uns schon im Abschn. 7.3 veranschaulicht: Durch Mischung der s- und p-Wellenfunktionen ergibt sich ein tetraedrisches Bindungsorbital (sp3), das im Bereich des Gleichgewichts-Bindungsabstandes zu einer Aufspaltung in ein bindendes und ein antibindendes Orbital führt. Die bindenden Orbitale bilden das Valenzband, die antibindenden das Leitungsband (Abb. 7.9). Die Aufteilung der insgesamt vier s- und p-Elektronen auf bindende und antibindende Orbitale führt zur vollständigen Auffüllung des Valenzbandes bei vollständig leerem Leitungsband. Das Ergebnis ist also ein Isolator wie Diamant bzw. bei kleinerer Energielücke zwischen Valenz- und Leitungsband ein Halbleiter wie Silizium oder Germanium (Tabelle 12.1). Aus der Darstellung in Abb. 7.9 lässt sich sofort ein wichtiger Sachverhalt für die Energielücke zwischen Valenz- und Leitungsband ablesen: Die Größe der Energielücke muss eine Temperaturabhängigkeit zeigen. Mit wachsender Temperatur vergrößert sich wegen der thermischen Ausdehnung der Gitterabstand. Dann muss sich auch die Aufspaltung zwischen bindenden und antibindenden Zuständen verringern, also die Bandlücke verkleinern. Bei genauerer Betrachtung muss allerdings neben diesem Effekt auch der Einfluss der Gitterschwingungen auf Eg berücksichtigt werden. Insgesamt ergibt sich bei Zimmertemperatur eine lineare Abhängigkeit der Bandlücke von der Temperatur und bei sehr niedrigen Temperaturen eine quadratische Abhängigkeit. Während in der Darstellung der Abb. 7.9 die wichtigen Halbleiter Si und Ge ein qualitativ ähnliches Bild liefern, sind in der E (k)-Darstellung, d. h. im reziproken Raum, die elektronischen Bänder aufgrund der verschiedenen atomaren Eigenschaften (3 s, 3 p- bzw. 4 s, 4 p-Wellenfunktionen) durchaus verschieden. Die Unterschiede lassen sich aus Abb. 12.2 erkennen. Die Kurven entstammen Rechnungen, die an experimentelle Größen wie Bandabstand, Lage der kritischen Punkte und effektive Masse (Bandkrümmung) angepaßt wurden. Aus diesen E (k)-Darstellungen längs Richtungen hoher Symmetrie im k-Raum folgt, dass beide Halbleiter sog. indirekte Halbleiter sind: Der minimale Abstand (Bandlücke Eg) zwischen Leitungs- und Valenzband ist für Zustände mit verschiedenen k-Vek- Tabelle 12.1. Energiebreite der Lücke (verbotenes Band) zwischen Valenz- und Leitungsband bei Germanium und Silizium Si Ge Eg (T = 0 K) [eV] Eg (T = 300 K) [eV] 1,17 0,75 1,12 0,67 12.1 Daten einiger wichtiger Halbleiter 405 Abb. 12.2. Die Bandstrukturen von Silizium und Germanium. Für Ge ist auch die Spin-Bahnaufspaltung berücksichtigt. (Nach Chelikowsky u. Cohen [12.1]). Beide Halbleiter sind sog. indirekte Halbleiter, d. h., das Maximum des Valenzbandes und das Minimum des Leitungsbandes liegen an verschiedenen Stellen der Brillouin-Zone. Das Minimum des Leitungsbandes liegt bei Silizium auf der C X=[100]-Richtung und bei Germanium auf der C L = [111]Richtung. Man beachte die Ähnlichkeit der Bandverläufe für Ge mit denen aus Abb. 7.13, die aus andersartigen Rechnungen stammen toren gegeben (C, d. h. k = (0, 0, 0), im Valenzband und k auf [111] bei Ge bzw. k auf [100] bei Si im Leitungsband). Leitungselektronen im Leitungsband, die sich auf den energetisch niedrigsten Zuständen befinden, haben also bei Si k-Vektoren auf den [100]-Richtungen und bei Ge solche auf den [111]-Richtungen. Diese Bereiche des k-Raumes, in denen sich also Leitungselektronen bei Si und Ge befinden, sind in Abb. XV.2 dargestellt. Die Flächen konstanter Energie in diesem Bereich sind Ellipsoide um die [111] bzw. [100]-Richtung, falls man E (k) nur bis 406 12. Halbleiter zur parabolischen Näherung, d. h. bis zu quadratischen Gliedern in k betrachtet. In der Hauptachsendarstellung (große Hauptachsen sind [100] bei Si und [111] bei Ge) sind die Energieflächen der Leitungselektronen also ! kx2 ky2 kz2 2 12:1 E k h const : 2mt 2ml Hierbei heißen m t und m l die „transversale“ bzw. „longitudinale“ effektive Masse. Der Nullpunkt der Energieskala ist in das Minimum des Leitungsbandes gelegt worden. Tabelle 12.2. Verhältnisse der transversalen mt und longitudinalen ml effektiven Masse zur Masse m des freien Elektrons für Silizium und Germanium Si Ge mt =m ml =m 0,19 0,082 0,92 1,57 Bezogen auf die Elementarmasse m des Elektrons folgen aus Messungen der Zyklotronresonanz die Werte in Tabelle 12.2. Ein detailliertes Studium (s. Tafel XV „Zyklotronresonanz“) der Eigenschaften von Löchern in Si und Ge zeigt, dass die Struktur des Valenzbandmaximums in der Nähe von C (k = 0) komplizierter ist, als aus Abb. 12.2 zu ersehen ist: Neben den auch in Abb. 12.2 zu erkennenden zwei Valenzbändern mit verschieden starker Krümmung bei C existiert ein weiteres Valenzband, das von den beiden anderen nur um einen kleinen Betrag D = 0,29 eV bei Ge bzw. D = 0,044 eV bei Si abgespalten ist. Diese Aufspaltung zweier Bänder rührt her von der Spin-Bahn-Wechselwirkung, die in den Rechnungen für Si in Abb. 12.2 a nicht berücksichtigt ist. Es ergibt sich also für Si und Ge in der Nähe von C der in Abb. 12.3 qualitativ dargestellte Verlauf der Valenzbänder. In „parabolischer“ Näherung Abb. 12.3. Bandstruktur von Silizium bzw. Germanium in der Nähe der Oberkante des Valenzbandes unter Berücksichtigung der Spin-Bahnaufspaltung D (qualitativ) 12.1 Daten einiger wichtiger Halbleiter 407 lassen sich drei verschiedene effektive Massen von Löchern bei C angeben, die zum Ladungstransport beitragen. Entsprechend den verschiedenen Bandkrümmungen spricht man von schweren und leichten Defektelektronen mit den Massen mSD bzw. mLD. Die Defektelektronen (Löcher) des abgespaltenen Bandes werden oft als „split-off“-Löcher mit der Masse mSOD bezeichnet. Da offenbar die Ausbildung des sp3-Hybrids in der chemischen Bindung von Si und Ge wesentlich für die halbleitenden Eigenschaften ist, liegt es nahe, halbleitende Eigenschaften auch bei anderen Materialien mit tetraedrischer Kristallstruktur, d. h. mit sp3-Hybridisierung, zu vermuten. Aufgrund dieser Überlegung kommt man dann folgerichtig zu einer anderen wichtigen Klasse von Halbleitern, den III–V-Halbleitern, die als Verbindungshalbleiter aus Elementen der III. und der V. Gruppe des Periodensystems aufgebaut sind. Vertreter sind InSb, InAs, InP, GaP, GaAs, GaSb und AlSb. Bei diesen Verbindungskristallen liegt eine gemischt ionogen-kovalente Bindung vor (vgl. Kap. 1). Die Mischbindung kann man sich vorstellen als Überlagerung zweier Grenzstrukturen, der ionischen, bei der durch Elektronenübertritt vom Ga zum As eine Ionenstruktur Ga+ As– entsteht, und der kovalenten, bei der infolge Elektronenverschiebung vom As zum Ga sowohl Ga als auch As nun vier Elektronen in der äußeren Schale haben und somit genau wie Si und Ge einen sp3-Hybrid ausbilden können. Letztere kovalente Struktur ist offenbar stärker in der Mischbindung vertreten, denn sonst läge kein tetraedrisch gebundener Kristall mit ZnS-Struktur vor. Im Gegensatz zu den Elementhalbleitern haben die wichtigsten Vertreter der III–V-Halbleiter eine sog. direkte Bandlücke, d. h. Va- Abb. 12.4. Bandstruktur von GaAs als eines typischen III–V-Halbleiters. (Nach Chelikowsky u. Cohen [12.1]) 408 12. Halbleiter Tabelle 12.3. Bandlücke Eg, effektive Masse m und Spin-Bahnaufspaltung D für einige III–V Halbleiter: m Masse des freien Elektrons, m n effektive Masse der Elektronen, m LD effektive Masse der leichten Löcher, mSD der schweren Löcher, mSOD der „split-off“-Löcher. Die Werte hängen etwas von der Meßmethode ab GaAs GaSb InSb InAs InP Eg (0 K) [eV] Eg (300 K) [eV] 1,52 0,81 0,24 0,43 1,42 1,43 0,7 0,18 0,35 1,35 m n/m mLD /m mSD /m mSOD /m D [eV] 0,07 0,047 0,015 0,026 0,073 0,08 0,05 0,02 0,025 0,12 0,5 0,3 0,4 0,4 0,6 0,15 0,14 0,11 0,14 0,12 0,34 0,8 0,8 0,4 0,11 lenzbandmaximum und Leitungsbandminimum liegen beide bei C (Abb. 12.4). Ebenso wie bei den tetraedrischen Elementhalbleitern gibt es auch hier drei verschiedene Valenzbänder mit einer qualitativ ähnlichen Gestalt bei C (Abb. 12.3). Wichtige Daten einiger III–VHalbleiter mit direkter Bandlücke sind in Tabelle 12.3 zusammengestellt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass GaP und AlSb eine indirekte Bandlücke (ähnlich Si und Ge) von 2,32 eV bzw. 1,65 eV bei T = 0 K haben. Ähnliche Überlegungen wie im Fall der III–V-Verbindungen führen auch zu einem Verständnis der sog. II–VI-Halbleiter, zu denen z. B. ZnO (3,2 eV), ZnS (3,6 eV), CdS (2,42 eV), CdSe (1,74 eV) und CdTe (1,45 eV) gehören. In Klammern sind jeweils die direkten Bandlücken Eg bei 300 K angegeben. Auch hier liegt eine gemischt ionogen-kovalente Bindung vor, jedoch mit mehr ionischem Anteil als bei den III–V-Halbleitern. Die Kristallstruktur ist entweder die der III–V-Halbleiter (ZnS) oder die des Wurtzits (Abschn. 2.5). In beiden Fällen liegt eine tetraedrische Nahordnung vor, die auf die sp3-Hybridisierung der Bindungspartner zurückzuführen ist. 12.2 Ladungsträgerdichte im intrinsischen Halbleiter Gemäß der Definition der Beweglichkeit im Abschn. 9.5 lässt sich die elektrische Leitfähigkeit r eines Halbleiters, in dem Elektronen und Löcher den Stromtransport tragen, schreiben als r jej nln plp : 12:2 Hierbei sind ln und lp die Beweglichkeiten der Elektronen bzw. Löcher und n bzw. p die entsprechenden Volumenkonzentrationen der Ladungsträger. Die Schreibweise in (12.2) trägt bereits der Tatsache Rechnung, dass man in erster Näherung eine k- bzw. Energieabhängigkeit der Größen ln und lp vernachlässigt, weil man im allgemeinen nur Ladungsträger betrachten muss, die sich im para- 12.2 Ladungsträgerdichte im intrinsischen Halbleiter 409 bolischen Teil der Bänder befinden, wo die effektive Massennäherung (d. h. m n und m p konstant) gilt. Wegen des verschiedenen Vorzeichens der Driftgeschwindigkeit v und der elektrischen Ladung e von Löchern und Elektronen tragen beide Ladungsträgersorten gleichsinnig zu r bei. Im Gegensatz zur metallischen Leitfähigkeit bewirkt die bei Halbleitern vorhandene Bandlücke Eg, die zur Erzeugung „freier“ Ladungsträger thermisch „übersprungen“ werden muss, eine starke Abhängigkeit der Ladungsträgerkonzentration n und p von der Temperatur T. Als intrinsisch bezeichnet man einen Halbleiter, bei dem „freie“ Elektronen und Löcher nur durch elektronische Anregungen aus dem Valenzband ins Leitungsband zustande kommen. (In Abschn. 12.3 werden zusätzlich Anregungen aus Störstellen betrachtet.) Wie in jedem Festkörper muss natürlich auch im Halbleiter die Besetzung der Energieniveaus der Fermi-Statistik f (E, T) (Abschn. 6.3) gehorchen, d. h. 1 n DL Ef E; TdE ; 12:3 a EL und für Löcher E V p DV E1 f E; TdE : 12:3 b 1 Eigentlich sollten die Integrale bis zur oberen bzw. unteren Kante der Bänder laufen. Da jedoch die Fermi-Funktion f (E, T) genügend stark abfällt, können die Integrale bis ins Unendliche durchgeführt werden. DL (E) und DV (E) sind die Zustandsdichten im Leitungsbzw. Valenzband, für die im Bereich der parabolischen Näherung (m konstant) gilt [vgl. (6.11)]: 2mn3=2 p E EL ; E > EL ; 12:4 a 2p2 h3 2mp3=2 p EV E ; E < EV : DV E 12:4 b 2p2 h3 Die Dichte im Bereich des verbotenen Bandes EV < E < EL ist natürlich gleich Null. Da im intrinsischen Halbleiter alle „freien“ Elektronen im Leitungsband aus Zuständen im Valenzband stammen, muss die Konzentration der Löcher p gleich der Zahl der Elektronen n sein. Es ergeben sich also Verhältnisse wie in Abb. 12.5. Wenn die effektiven Massen m n und m p und damit die Zustandsdichten DL und DV gleich sind, muss das Fermi-Niveau EF in der Mitte des verbotenen Bandes liegen. Für voneinander verschiedene DL und DV verschiebt sich EF geringfügig zu der einen oder anderen Bandkante hin, damit die Besetzungsintegrale (12.3) gleich werden. DL E 410 12. Halbleiter Abb. 12.5. (a) Fermi-Funktion f (E). Zustandsdichte D (E) und Elektronen- (n) bzw. Löcherkonzentration (p) in Leitungs- und Valenzband für den Fall, dass die Zustandsdichten in Leitungsund Valenzband gleich sind (schematisch). (b) Die gleiche Figur für den Fall ungleicher Zustandsdichten in Leitungs- und Valenzband. Wieder muss die Zahl der Löcher gleich der Zahl der Elektronen sein. Deswegen liegt jetzt das Fermi-Niveau nicht mehr in der Mitte zwischen Leitungs- und Valenzband und seine Lage ist temperaturabhängig Da die „Aufweichungszone“ der Fermi-Funktion (*2 k T ) bei üblichen Temperaturen klein ist gegen den Bandabstand (*1 eV), lässt sich innerhalb der Bänder (E > EL bzw. E < EV ) die FermiFunktion f (E, T) durch die Boltzmann-Besetzungswahrscheinlichkeit annähern; d. h., für das Leitungsband gilt: ! 1 E EF ! exp 1 fur E EF 2 k T : kT E EF 1 exp kT (12.5) Damit folgt für die Elektronenkonzentration n im Leitungsband nach (12.3 a) und (12.4 a) 1 2mn3=2 EF =k T p E=k T E EL e e dE : 12:6 n 2p2 h3 EL Mittels der Substitution XL = (E–EL)/k T ergibt sich die Darstellung: !1 2mn3=2 E L EF 1=2 3=2 k n T exp XL e XL dXL : 12:7 kT 2p2 h3 0 Über eine analoge Rechnung für das Valenzband folgen schließlich die Darstellungen: ! ! !3=2 2 p mnk T EL E F E E L F L Neff ; exp exp n2 h2 kT kT 12:8 a 12.2 Ladungsträgerdichte im intrinsischen Halbleiter 2 p mpk T p2 h2 !3=2 EV exp kT EF ! V Neff exp EV kT EF 411 ! : 12:8 b Man sieht, dass geringe Konzentrationen freier Ladungsträger im Halbleiter näherungsweise die Beschreibung mit der BoltzmannStatistik [Näherung der Fermi-Statistik für E EF 2 k T ] zulassen. Vergleicht man Abb. 12.5 mit den Darstellungen des Potentialtopfmodells in Kap. 6, so lässt sich das Leitungsband formal als ein Potentialtopf auffassen, bei dem das Fermi-Niveau EF weit (k T ) unterhalb des Potentialtopfbodens EL liegt. Die Schreibweise der Gln. (12.8 a u. b) mit Hilfe der sog. effekV tiven Zustandsdichten N Leff bzw. N eff lässt weiter die formale Interpretation zu, dass man sich das gesamte Leitungsband bzw. Valenzband durch ein einziges Energieniveau EL bzw. EV (BandkanV ten) mit der Zustandsdichte N Leff bzw. N eff (temperaturabhängig!) charakterisiert denkt, dessen Besetzungsdichte n bzw. p mittels Boltzmann-Faktoren (Energie jeweils von EF gezählt) geregelt wird. Diese Näherung, die häufig für Halbleiter Gültigkeit hat, nennt man die Näherung der Nichtentartung. Durch hohe Konzentration von Störstellen (Abschn. 12.3) kann man auch in Halbleitern sehr hohe Ladungsträgerdichten erzeugen. Dann bricht diese Näherung zusammen und man spricht von entarteten Halbleitern. Aus (12.8 a, b) lässt sich folgende allgemeingültige Beziehung ableiten (Eg = EL–EV): np k E = T L V Neff e g Neff kT 4 2 p h2 !3 mnmp3=2 e k Eg = T : 12:9 Diese Gleichung besagt, dass für einen speziellen Halbleiter, der vollständig charakterisiert ist durch seine absolute Bandlücke Eg und die effektiven Massen m n und m p im Leitungs- und Valenzband, Elektronen- und Löcherkonzentration sich in Abhängigkeit von der Temperatur nach Art eines „Massenwirkungsgesetzes“ einstellen. Nehmen wir weiter an, dass wir es mit einem intrinsischen Halbleiter (n = p) zu tun haben, dann hängt die sog. intrinsische Ladungsträgerkonzentration ni wie folgt von der Temperatur ab: q L NV e ni pi Neff eff k Eg =2 T 2 !3=2 kT 2 p h 2 mnmp3=4 e Eg =2 kT : 12:10 Für die wichtigen Materialien Ge, Si und GaAs sind die Werte für ni und Eg in Tabelle 12.4 zusammengestellt. 412 12. Halbleiter Tabelle 12.4. Bandlücke Eg und Eigenleitungskonzentration ni für Germanium, Silizium und Galliumarsenid bei 300 K Ge Si GaAs Eg [eV] ni [cm–3] 0,67 1,1 1,43 2,4´1013 1,5´1010 5´107 Nach (12.8 a u. b) stellt sich bei gegebener Temperatur das Fermi-Niveau in einem intrinsischen Halbleiter so ein, dass Ladungsneutralität gegeben ist, d. h. L n p Neff e e k 2EF = T EF k k EL = T EF = T e V Neff e k EV = T V Neff E E =k T e V L ; L Neff e k EF = T ; 12:11 12:12 EL EV k T E L EV 3 V L ln Neff k T ln mp=mn : =Neff 2 2 2 4 12:13 Falls effektive Zustandsdichten bzw. effektive Massen, d. h. also auch Bandkrümmungen von Leitungs- und Valenzband, gleich wären, läge im intrinsischen Halbleiter das Fermi-Niveau genau mitten im verbotenen Band, und dies für alle Temperaturen. Sind die effektiven Zustandsdichten in Leitungsband und Valenzband verschieden, so liegt die Fermi-Funktion asymmetrisch zu den Bandkanten EL und EV (Abb. 12.5) und das Fermi-Niveau zeigt eine schwache Temperaturabhängigkeit gemäß (12.13). 12.3 Dotierung von Halbleitern Die intrinsische Ladungsträgerkonzentration ni von 1,5´1010 cm–3 (bei 300 K) für Si reicht bei weitem nicht aus, um die in der Praxis erforderlichen Stromdichten in Halbleiterbauelementen zu erzeugen. Über Größenordnungen höhere Konzentrationen als ni lassen sich durch Dotieren, d. h. Einbau von elektrisch aktiven Störstellen, in einem Halbleiter erzeugen. Die meisten Halbleiter lassen sich als Einkristalle überhaupt nicht so rein züchten, dass man intrinsische Leitfähigkeit bei Raumtemperatur beobachten könnte. Unbeabsichtigte Dotierung erzeugt bei den reinsten, heute käuflichen GaAs-Einkristallen z. B. Ladungsträgerdichten im Bereich von 1016 cm–3 (bei 300 K) im Vergleich zur entsprechenden intrinsischen Konzentration von ni = 5´107 cm–3. Elektrisch aktive Störstellen in einem Halbleiter erhöhen entweder die Konzentration „freier“ Elektronen oder „freier“ Löcher, in- 12.3 Dotierung von Halbleitern 413 dem sie Elektronen an das Leitungsband abgeben oder aus dem Valenzband aufnehmen. Man nennt diese Störstellen dann Donatoren bzw. Akzeptoren. Ein Donator in einem Si-Gitter entsteht z. B., wenn man in ein Si-Gitter statt eines IV-wertigen Si-Atoms ein fünfwertiges Atom wie P bzw. As oder Sb einbaut. Bei diesen Fremdatomen liegt statt der 3 s 2 3 p 2-Si-Konfiguration eine s 2 p 3Konfiguration in der äußeren Schale vor. Um die tetraedrische Bindungsstruktur eines sp 3-Hybrids im Gitter anzunehmen, sind beim fünfwertigen Atom nur die Elektronen s 2 p 2 erforderlich; ein überschüssiges Elektron der p-Schale findet „keinen Platz“ in der kovalenten sp 3-Hybridbindung. Man kann sich dieses Elektron als schwach gebunden an den positiv geladenen Donator-Rumpf, der – tetraedrisch gebunden – ein Si-Atom im Gitter vertritt, vorstellen (Abb. 12.6 a). Näherungsweise lässt sich eine solche fünfwertige Donatorstörstelle im Si-Gitter als ein einwertiger, positiver Rumpf vorstellen, an den ein Elektron gebunden ist, das abgetrennt werden kann und sich dann „frei“ im Gitter bewegen kann; d. h., bei Ionisation wird dieses Elektron aus einem Störstellenniveau ins Leitungsband angeregt. Die Donatorstörstelle lässt sich also als wasserstoffartiges Zentrum beschreiben, bei dem die Coulomb-Anziehung zwischen Kern und Valenzelektron durch das Vorhandensein der Si-Elektronen in der Umgebung abgeschirmt wird. Um die Anregungs- und Ionisationsenergie des überschüssigen Phosphor-Elektrons abzuschätzen, kann man die Abschirmung durch das umgebende Si in grober Näherung durch Einsetzen der Dielektrizitätskonstante des Si (eSi = 11,7) in die Energieterme des Abb. 12.6 a, b. Schematische Darstellung der Wirkung eines Donators (a) bzw. eines Akzeptors (b) in einem Silizium-Gitter. Das fünfwertige Phosphor-Atom wird anstelle eines Silizium-Atoms im Gitter eingebaut. Das fünfte Elektron des Phosphor-Atoms wird zur Bindung nicht benötigt und ist nur schwach an das Phosphor-Atom gebunden. Die Bindungsenergie lässt sich abschätzen, wenn man das System als ein in ein Dielektrikum eingebettetes Wasserstoff-Modell behandelt. Der Fall des Akzeptors (b) lässt sich analog beschreiben: Das dreiwertige Bor nimmt ein zusätzliches Elektron aus dem Silizium-Gitter auf. Dadurch entsteht ein Loch im Valenzband, das um das negativ geladene Fremdatom kreist. Gitterabstand und Ausdehnung des Störzentrums sind nicht maßstabgetreu. In Wirklichkeit ist der Durchmesser des 1. Bohrschen Radius der „Störstellenbahn“ etwa zehnmal so groß wie der Gitterabstand 414 12. Halbleiter Wasserstoffatoms berücksichtigen. Die Energieterme des Wasserstoff-Leuchtelektrons EnH me e4 1 2 4 p e0 h n2 2 12:14 ergeben mit n = 1 eine Ionisierungsenergie von 13,6 eV. Für das PDonatorzentrum muss die Masse me des freien Elektrons durch die effektive Masse m n = 0,3 me eines Si-Leitungselektrons und die Dielektrizitätskonstante e0 des Vakuums durch e0·eSi ersetzt werden. Damit folgt für die Ionisierungsenergie des Donators Ed ein Wert von *30 meV. Das Energieniveau ED des Donatorelektrons im gebundenen Zustand sollte also etwa 30 meV unter der Leitungsbandkante EL liegen. Einen noch kleineren Wert erhält man für Germanium. Dort ist eGe = 15,8 und m n *0,12 me. Es ergibt sich hier die Abschätzung (EL–ED)&6 meV. Die Situation ist im Bänderschema der Abb. 12.7 dargestellt. Eingezeichnet ist nur der Grundzustand des Donators. Zwischen diesem Grundzustand und der Leitungsbandkante existieren noch angeregte Zustände [n > 1 in (12.14)], die, immer dichter liegend, in das Kontinuum des Leitungsbandes übergehen. Die Situation ist sehr ähnlich der des H-Atoms, wo dem Leitungsbandkontinuum die ungebundenen Zustände oberhalb des Vakuumniveaus entsprechen. Die energetische Lage dieser angeregten Zustände lässt sich z. B. aus optischen Spektren erschließen. Abbildung 12.8 zeigt ein Absorptionsspektrum des Sb-Donators in Ge. Die Banden unterhalb von 9,6 meV entsprechen Anregungen aus dem Grundzustand in höhere, angeregte Zustände. Das Spektrum ist komplizierter, als aus dem beschriebenen Wasserstoffmodell folgen würde, da durch die Kristallumgebung teilweise Entartungen von Wasserstofftermen aufgehoben werden. Oberhalb von 9,6 meV geht die Anregung in das Kontinuum des Leitungsbandes. Wie aus dem experimentellen Beispiel der Abb. 12.8 zu entnehmen ist, gestattet die einfache Beschreibung eines Donatorzentrums durch das H-Atommodell die Abschätzung der Größenordnung der Ionisierungsenergie Ed. Im Rahmen dieses Modells müss- Abb. 12.7. Qualitative Lage der Grundzustandsniveaus von Donatoren und Akzeptoren in bezug auf die Unterkante des Leitungsbandes EL bzw. die Oberkante des Valenzbandes EV. Ed und Ea sind die Ionisierungsenergien der Donatoren bzw. Akzeptoren 12.3 Dotierung von Halbleitern 415 Abb. 12.8. Optisches Absorptionsspektrum eines Sb-Donators in Germanium, gemessen bei T = 9 K. (Nach Reuszer u. Fischer [12.2]) ten alle Donatorstörstellen P, As, Sb usw. in ein und demselben Halbleitermaterial die gleiche Ionisierungsenergie Ed ergeben. Die experimentell ermittelten Werte Ed in Tabelle 12.5 zeigen jedoch, dass Abweichungen von Donator zu Donator gefunden werden. Es verwundert nicht, dass die summarische Beschreibung der abschirmenden Wirkung der Halbleiterelektronen durch eine Dielektrizitätskonstante zu einfach ist, um die Feinheiten der Atomistik zu verstehen. Dass die Beschreibung durch eine makroskopische Dielektrizitätskonstante dennoch so gut an die wirklichen Werte für Ed heranführt, liegt daran, dass durch die Abschirmung die Wellenfunktion des gebundenen Valenzelektrons des Donators über sehr viele Gitterkonstanten „verschmiert“ wird. Einsetzen der Halbleiterdielektrizitätskonstanten eHL in die Formel für den Bohrschen Radius r e0 eHL h2 p mne2 12:15 bläht diesen um eHL (*12 für Si) im Vergleich zum (Wasserstoff) Bohr-Radius auf. Das gebundene Valenzelektron der Donatorstörstelle ist also über größenordnungsmäßig 103 Gitteratome „verschmiert“. Tabelle 12.5. Energetischer Abstand Ed einiger Donatorenniveaus vom Leitungsband für Silizium und Germanium Si Ge P [meV] As [meV] Sb [meV] 45 13 54 14 43 10 416 12. Halbleiter Tabelle 12.6. Energetischer Abstand Ea einiger Akzeptorenniveaus vom Valenzband für Silizium und Germanium Si Ge B [meV] Al [meV] Ga [meV] In [meV] 45 11 67 11 74 11 153 12 Baut man in das Gitter eines IV-wertigen Elementhalbleiters (Si, Ge) ein dreiwertiges Fremdatom (B, Al, Ga, In) ein, so kann der für die tetraedrische Bindung verantwortliche sp 3-Hybrid leicht ein Elektron aus dem Valenzband unter Zurücklassung eines Defektelektrons aufnehmen (Abb. 12.6). Solche Störstellen heißen Akzeptoren. Ein Akzeptor ist bei sehr tiefen Temperaturen neutral. Er wird ionisiert, indem bei genügender Energiezufuhr ein Elektron energetisch aus dem Valenzband in das sog. Akzeptorenniveau angehoben wird. Akzeptoren haben also den Ladungscharakter „von neutral nach negativ“, während Donatoren von neutral nach positiv ionisiert werden. Das in der Nähe eines ionisierten Akzeptors entstandene Defektelektron befindet sich im abgeschirmten CoulombFeld der ortsfesten, negativen Störstelle und die Abtrennenergie, die zur Erzeugung eines „freien“ Loches im Valenzband aufgewendet werden muss, kann wie beim Donator mit Hilfe des Wasserstoffmodells abgeschätzt werden. Die Verhältnisse bei Donatoren und Akzeptoren entsprechen sich bis auf das Vorzeichen der Ladung grundsätzlich. Tabelle 12.6 zeigt, dass die Ionisierungsenergien Ea für Akzeptoren in der Realität ähnlich denen für Donatoren sind. Mit Donatoren dotierte Halbleiter heißen n- und mit Akzeptoren dotierte Materialien p-Halbleiter. Die niedrigsten Verunreinigungskonzentrationen, die man heute bei Halbleitereinkristallen erreichen kann, liegen in der Größenordnung von 1012 cm–3. Ge mit einer intrinsischen Ladungsträgerkonzentration ni von 2,4´1013 cm–3 (bei 300 K) ist also als bei Zimmertemperatur intrinsisches Material erhältlich, während Si (ni = 1,5´1010 cm–3 bei 300 K) bei Zimmertemperatur nicht intrinsische Leitfähigkeit zeigt. Neben den hier besprochenen, elektrisch aktiven Störstellen kann ein Halbleiter natürlich noch eine Vielzahl von Fremdatomen und Defekten besitzen, die nicht so leicht ionisiert werden können und sich deshalb in der elektrischen Leitfähigkeit nicht zeigen. 12.4 Ladungsträgerdichte in dotierten Halbleitern Im dotierten Halbleiter kann ein Elektron im Leitungsband entweder aus dem Valenzband oder aus einer ionisierten Donatorstörstelle stammen. Entsprechend kann ein Loch im Valenzband zu einem Elektron in einer negativ geladenen (ionisierten) Akzeptorstörstelle 12.4 Ladungsträgerdichte in dotierten Halbleitern 417 Abb. 12.9. Erklärung der in n- und p-Halbleitern üblichen Bezeichnungen für Ladungsträger- und Störstellenkonzentrationen: n und p sind die Konzentrationen von „freien“ Elektronen und Löchern. Die Gesamtkonzentration ND und NA von Donatoren und Akzeptoren setzt sich zusammen aus den Dichten von neutralen N 0D bzw. N 0A und ionisierten Donatoren N +D bzw. Akzeptoren N –A . Elektronen im Leitungsband (n) und Löcher im Valenzband (p) rühren entweder von Band-Band-Anregungen oder aus Störstellen her oder zu einem Elektron im Leitungsband gehören. Für einen nichtentarteten Halbleiter muss trotzdem die Besetzung im Leitungsbzw. Valenzband nach der Boltzmann-Näherung (12.8 a u. b) geregelt sein. Es gilt deshalb auch für den dotierten Halbleiter das sog. „Massenwirkungsgesetz“ L V n p Neff Neff e k Eg = T ; 12:9 in dem die Lage des Fermi-Niveaus EF nicht mehr auftritt. Im Vergleich zum intrinsischen Halbleiter regelt sich die Lage von EF nach einer nun etwas komplizierteren „Neutralitätsbedingung“, die auch der Ladung in den Störstellen Rechnung trägt: Die im folgenden verwendeten Bezeichnungen sind in Abb. 12.9 schematisch dargestellt. Die Dichte aller vorhandenen Donatoren ND bzw. aller Akzeptoren NA setzt sich zusammen aus der Dichte N 0D bzw. N 0A der Donatoren bzw. Akzeptoren, die neutral sind, und der Dichte – N +D der ionisierten Donatoren (dann positiv geladen) bzw. N A der ionisierten Akzeptoren (negativ geladen). Im homogenen Halbleiter – muss die negative Ladungsdichte n+N A durch eine gleichgroße po+ sitive Ladungsdichte p+N D (s. Abb. 12.9) kompensiert sein. Folgende Neutralitätsbedingung regelt also die Lage des Fermi-Niveaus EF im homogen dotierten Halbleiter: n NA p ND ; 12:16 wobei gilt ND ND0 ND ; 12:17 a NA NA0 NA : 12:17 b 418 12. Halbleiter Für übliche Störstellenkonzentrationen (1013–1017 cm–3), bei denen sich die einzelnen Donatoren oder Akzeptoren noch nicht beeinflussen, gilt in guter Näherung für die Besetzung der Donatoren mit Elektronen (nD) bzw. der Akzeptoren mit Löchern (pA): nD ND0 ND 1 exp ED EF =k T 1 ; 12:18 a pA NA0 NA 1 exp EF EA =k T 1 : 12:18 b Eine geringfügige Modifikation der Fermi-Funktion (Multiplikation des Exponentialterms mit 1/2), die der Möglichkeit des Einfangs nur eines Elektrons, jedoch unabhängig von seiner Spinstellung, Rechnung trägt, wird hier nicht betrachtet. Der allgemeine Fall, der sowohl Donatoren als auch Akzeptoren gleichzeitig berücksichtigt, kann nur numerisch behandelt werden. Im folgenden beschränken wir uns deshalb auf die Behandlung eines reinen n-Halbleiters, in dem nur Donatoren vorhanden sind; es müssen dann die Gln. (12.8 a, 12.17 a, 12.18 a) zur Berechnung der Ladungsträgerkonzentration herangezogen werden. Zur besseren Übersichtlichkeit sind sie hier noch einmal zusammengestellt: L n Neff e k EL EF = T ; 12:8 a ND ND0 ND ; ND0 12:17 a EF =k T ND 1 exp ED 1 : 12:18 a „Freie“ Elektronen im Leitungsband können nur aus Donatoren oder aus dem Valenzband stammen, d. h. n ND p : 12:19 Als weitere Vereinfachung nehmen wir an, dass der Hauptbeitrag zur Leitfähigkeit von den Donatoren herrührt, d. h., dass N +D ni (n p = n 2i ) angenommen werden kann. Dies ist z. B. für Si (ni = 1,5´1010 cm–3 bei 300 K) schon bei relativ geringen Dotierungen gegeben. Für diesen einfachen Fall gilt statt (12.19) n ND ND ND0 ; 12:20 d. h. mit (12.18 a): ! 1 n ND 1 1 exp ED EF =k T : 12:21 EF lässt sich hier mit Hilfe von (12.8 a) ausdrücken durch L e n=Neff k EL = T e k EF = T ; 12:22 d. h. n ND 1e k Ed = T ; L n=Neff 12:23 12.4 Ladungsträgerdichte in dotierten Halbleitern 419 wobei Ed = EL–ED der energetische Abstand des Donatorenniveaus von der Leitungsbandkante ist. Auflösen von (12.23) nach n ergibt: n n2 Ed =k T e ND : L Neff Die physikalisch sinnvolle Lösung ist s! 1 ND E =k T : n 2ND 1 1 4 L e d Neff 12:24 12:25 Diese Beziehung für die Leitungselektronenkonzentration im nHalbleiter ergibt folgende Grenzfälle: I) Wenn die Temperatur T so klein wird, dass L 4 ND =Neff e k Ed = T 1 ist, dann ergibt sich q L e Ed =2 k T : n ND Neff 12:26 12:27 In diesem Bereich, wo noch genügend viele Donatoren ihr Valenzelektron enthalten, d. h. nicht ionisiert sind, spricht man von Störstellenreserve. Man beachte die Ähnlichkeit von V und EV (12.27) mit (12.10): Statt der Valenzbandgrößen N eff sind nur die entsprechenden Donatorgrößen ND und ED (d. h. statt Eg hier Ed) einzusetzen. In diesem Temperaturbereich hängt die Elektronenkonzentration wie bei einem intrinsischen Halbleiter exponentiell von der Temperatur T ab, wobei nur statt Eg die wesentlich kleinere Donator-Ionisationsenergie Ed eingeht. Der hier abgehandelte Grenzfall reiner n-Dotierung wird in der Praxis kaum realisiert. Meistens sind auch geringere Mengen von Akzeptoren vorhanden, was zur Folge hat, dass das Fermi-Niveau unterhalb ED liegt. Die Aktivierungsenergie wird deshalb meistens als Ed gemessen. II) Für Temperaturen T, bei denen gilt L e 4 ND =Neff k Ed = T 1; 12:28 ergibt (12.25) n ND const ; 12:29 d. h., die Konzentration von Elektronen im Leitungsband hat die maximal erreichbare Konzentration erreicht; alle Donatoren sind ionisiert, man spricht vom Erschöpfungszustand. In erster Näherung spielen Elektronen, die aus dem Valenzband angeregt sind, noch keine Rolle. III) Erst bei weiterer Steigerung der Temperatur nimmt die Konzentration der über die Lücke Eg angeregten Elektronen zu und wird irgendwann die aus Störstellen freigesetzte Elektronen- 420 12. Halbleiter dichte überwiegen. Der n-Halbleiter verhält sich jetzt wie ein intrinsischer Halbleiter und man spricht in diesem Temperaturbereich vom intrinsischen Bereich der Trägerkonzentration. Die verschiedenen Bereiche der Ladungsträgerkonzentration sind mit der entsprechenden Lage des Fermi-Niveaus EF in Abb. 12.10 dargestellt. Für die Lage des Fermi-Niveaus EF in Abhängigkeit von der Temperatur, die hier nicht explizit ausgerechnet wurde, gilt eine analoge Diskussion wie im Fall des intrinsischen Halbleiters. Im Bereich der Störstellenreserve stelle man sich nur die Valenzbandkante durch das Donatorenniveau repräsentiert vor. Im Bereich sehr hoher Temperaturen, d. h. im intrinsischen Bereich, gelten die Gesetzmäßigkeiten des intrinsischen Halbleiters. Bei n-dotiertem Si mit einer Phosphor-Donatorenkonzentration von 3´1014 cm–3 erstreckt sich der Erschöpfungsbereich zwischen etwa 45 K und 500 K, d. h., bei Zimmertemperatur sind unter diesen Umständen schon alle Donatoren ionisiert. Abbildung 12.11 zeigt als Abb. 12.10. (a) Qualitative Abhängigkeit der Elektronenkonzentration n im Leitungsband eines n-Halbleiters von der Temperatur für zwei verschiedene Donatorkonzentrationen ND ' > ND . Eg ist die Breite des verbotenen Bandes und Ed die Ionisierungsenergie der Donatorstörstelle. (b) Qualitative Lage der Fermi-Energie EF (T) bei demselben Halbleiter in Abhängigkeit von der Temperatur. EL und EV sind die Unterkante bzw. Oberkante von Leitungs- bzw. Valenzband, ED die Lage des Donatorniveaus und Ei die intrinsische Energie, wo das Fermi-Niveau im intrinsischen Halbleiter liegt 12.5 Leitfähigkeit von Halbleitern 421 Abb. 12.11. Durch Hall-Effekt (s. Tafel XIV) gemessene Konzentration n freier Elektronen in n-Germanium. Für die Proben (1) bis (6) variiert die Donatorkonzentration ND zwischen 1018 und 1013 cm–3. Die im intrinsischen Bereich vorliegende Elektronenkonzentration als Funktion der Temperatur ist gestrichelt eingezeichnet. (Nach Conwell [12.3]) experimentelles Beispiel die aus Hall-Effekt-Messungen bestimmten Elektronenkonzentrationen n (T) in n-dotiertem Ge für Störstellenkonzentration zwischen 1013 cm–3 und 1018 cm–3. Die in Abb. 12.10 qualitativ gezeigten Zusammenhänge sind klar zu erkennen. 12.5 Leitfähigkeit von Halbleitern Wie schon im Abschn. 9.5 genauer diskutiert, ist für die Berechnung der elektrischen Leitfähigkeit r als Funktion der Temperatur T eine zusätzliche Betrachtung der Beweglichkeit erforderlich. Für einen Halbleiter müssen dabei sowohl die Elektronen im unteren 422 12. Halbleiter Leitungsbandbereich (Konzentration: n, Beweglichkeit: ln) als auch die Löcher nahe der oberen Valenzbandkante (p, lp) berücksichtigt werden. Die Stromdichte j im isotropen Halbleiter (nichttensorielle Leitfähigkeit r ) ist also j e n ln p lp E : 12:30 Im Gegensatz zum Metall, wo nur Elektronen an der Fermi-Kante berücksichtigt werden müssen, d. h. l = l (EF) (s. Abschn. 9.5), sind die Beweglichkeiten ln und lp beim Halbleiter als Mittelwerte über die von Elektronen bzw. Löchern besetzten Zustände im unteren Leitungsband bzw. oberen Valenzband aufzufassen. In nichtentarteten Halbleitern kann in diesen Bereichen die Fermi-Statistik durch die Boltzmann-Statistik angenähert werden. Im Rahmen dieser Näherung liefert diese Mittelung, die im vorliegenden Zusammenhang nicht näher ausgeführt wird, ln 1 hs kv 2 ki e: mn hv 2 ki 12:31 Hierbei ist v k die im elektrischen Feld E vorliegende Geschwindigkeit eines Elektrons im Punkt k des reziproken Raumes und s (k) seine zugehörige Relaxationszeit (genauere Definition im Abschn. 9.4). Für Defektelektronen sind in (12.31) diese Größen an entsprechenden Stellen des Valenzbandes zu nehmen und die effektive Masse m n der Elektronen durch die der Löcher zu ersetzen. Statt einer rigorosen Lösung der Boltzmann-Gleichung und einer exakten weiteren Betrachtung von (12.31) beschränken wir uns im vorliegenden Zusammenhang ähnlich wie für Metalle (Abschn. 9.5) auf eine mehr qualitative Diskussion der Streuprozesse, die Elektronen bzw. Löcher im Halbleiter erleiden. Elektronen und Löcher verhalten sich hierbei qualitativ gleichwertig. Stark vereinfacht folgt aus (12.31) eine Proportionalität der Beweglichkeit zur Relaxationszeit (l ! s), die für Metalle nach (9.58 b) exakt gegeben ist. Da s auch proportional zur mittleren freien Flugzeit zwischen zwei Stößen ist, folgt 1 / hviR ; s 12:32 wobei R den Streuquerschnitt für Elektronen bzw. Löcher an einem Streuzentrum darstellt. hvi ist im Gegensatz zu Metallen (Abschn. 9.5) als thermischer Mittelwert (nach Boltzmann-Statistik) über alle Elektronen- bzw. Löchergeschwindigkeiten im unteren Leitungsband- bzw. oberen Valenzbandbereich zu betrachten. Gleichung (12.32) gibt im wesentlichen die Stoßwahrscheinlichkeit für Elektronen bzw. Löcher an. Wegen der Gültigkeit der Boltzmann-Statistik gilt im Halbleiter p hvi / T : 12:33 12.5 Leitfähigkeit von Halbleitern 423 Betrachten wir nun Streuung an akustischen Phononen, so kann man wie bei Metallen (Abschn. 9.5) den Streuquerschnitt RPh durch das Quadrat der mittleren Schwingungsamplitude hs2 qi eines Phonons (q, xq) abschätzen, d. h., für Temperaturen T H, der Debye-Temperatur, folgt (Abschn. 9.5) M x2q hs2 qi k T ; 12:34 a RPh T : 12:34 b Wegen (12.32, 12.33) folgt somit die Abschätzung lPh T 3=2 : 12:35 Zusätzlich zur hier betrachteten üblichen Streuung an Phononen können in piezoelektrischen Halbleitern (z. B. III–V- und II–VIVerbindungen) markante Beiträge von Streuung an Phononen herrühren, die mit einer Polarisation behaftet sind (piezoelektrische Streuung). Ferner können Ladungsträger an optischen Phononen höherer Energie gestreut werden. In diesem Fall wird die Beschreibung außerordentlich kompliziert, da die Relaxationszeitnäherung (Abschn. 9.4) weitgehend zusammenbricht. In Halbleitern spielt insbesondere die Streuung an geladenen Störstellen (ionisierte Donatoren oder Akzeptoren) eine wichtige Rolle. Ein an einer punktförmigen, geladenen Störstelle „vorbeifliegender“ Ladungsträger unterliegt dabei der Coulomb-Wechselwirkung und der Streuquerschnitt RSt für diese „Rutherford-Streuung“ ist RSt / hvi 4 ; 12:36 wobei pfür seine Geschwindigkeit der thermische Mittelwert hvi / T angenommen wird. Gleichung (12.36) folgt aus einer klassischen oder quantenmechanischen Berechnung des Streuprozesses (siehe einschlägige Lehrbücher der Mechanik oder Quantenmechanik). Da die Gesamtstreuwahrscheinlichkeit ferner proportional zur Konzentration NSt der Störstellen sein muss, folgt mit (12.32, 12.33 und 12.36) 1 / NSt =T 3=2 sSt 12:37 Abb. 12.12. Schematische Abhängigkeit der Beweglichkeit l in einem Halbleiter von der Temperatur bei Streuung an Phononen und an geladenen Störstellen 424 12. Halbleiter Abb. 12.13. Experimentell ermittelte Abhängigkeit der Beweglichkeit l freier Elektronen von der Temperatur. Für die Proben (1) bis (6) variiert die Donatorkonzentration ND zwischen 1018 und 1013 cm–3. Es handelt sich um die Proben, die auch für die Messungen in Abb. 12.11 verwendet wurden. (Nach Conwell [12.3]) bzw. für die Beweglichkeit, sofern nur Streuung an geladenen Störstellen vorliegt, lSt / T 3=2 : 12:38 Die reziproke Gesamtbeweglichkeit bei Vorliegen von Störstellenund Phononenstreuung ergibt sich durch Summation der reziproken Beweglichkeit aus (12.35) und (12.38), d. h., qualitativ ergibt sich ein Verlauf wie in Abb. 12.12 dargestellt. Abbildung 12.13 zeigt die aus Hall-Effekt- und Leitfähigkeitsmessungen ermittelte experimentelle Abhängigkeit l (T) der Elektronenbeweglichkeit für n-Ge; für die reinsten Kristalle (ND^1013 cm–3) liegt l (T) nahe bei der theoretisch erwarteten Abhängigkeit (12.35) für reine Phononenstreuung. Mit wachsender Donatorenkonzentration ND ist der durch (12.38) hinzukommende Störstellenbeitrag (s. a. Abb. 12.12) zu erkennen. Abbildung 12.14 zeigt, dass der charakteristische Beweglichkeitsverlauf aus Abb. 12.12 in der Abhängigkeit der Leitfähigkeit von der Temperatur T im Bereich der Störstellenerschöpfung, wo n (T) nahezu konstant ist (Abb. 12.10, 12.11), durchschlägt. Dort zeigt r (T) ein Maximum, während im Bereich der intrinsischen Leitfähigkeit und der Störstellenreserve (kleine T) die exponentiellen Abhängigkeiten der Ladungsträgerkonzentration n (T) (Abb. 12.11) die schwache Abhängigkeit der Beweglichkeit l von der Temperatur T überdecken. Die experimentellen Ergebnisse der Abb. 12.11, 12.13 und 12.14 wurden jeweils an den gleichen GeProben [durchnummeriert mit (1) bis (6)] gewonnen, so dass die 12.5 Leitfähigkeit von Halbleitern 425 Abb. 12.14. Experimentell ermittelte Leitfähigkeit r von n-Germanium in Abhängigkeit von der Temperatur. Für die Proben (1) bis (6), die auch für die Messungen in den Abb. 12.11 u. 12.13 verwendet wurden, variiert die Donatorkonzentration ND zwischen 1018 und 1013 cm–3. (Nach Conwell [12.3]) Leitfähigkeit r sich unmittelbar aus n (T) und l (T) ausrechnen lässt. Die bisherigen Betrachtungen zur Leitfähigkeit von Halbleitern betreffen das ohmsche Verhalten für relativ niedrige elektrische Felder E , wo die Stromdichte j proportional zu E ist und somit die Leitfähigkeit r durch eine Beweglichkeit l beschrieben wird. In modernen Halbleiterbauelementen mit Dimensionen im Submikrometerbereich erreicht die Feldstärke Werte oberhalb von 105 V/cm; in diesem Hochfeldbereich gilt das Ohmsche Gesetz nicht mehr. Die mittlere Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger v D ist nicht mehr proportional zur Feldstärke. Wie Messungen und theoretische Rechnungen ergeben, gilt die Proportionalität v D!E bei den wichtigen Halbleitern Si, Ge, GaAs u.a. bis zu Feldstärken von etwa 426 12. Halbleiter 2´103 V/cm (Abb. 12.15). Für höhere Feldstärken sättigt sich v D für den indirekten Halbleiter Si (ähnlich für Ge) bei einem Wert von v D&107 cm/s. Die Energie, die den Ladungsträgern durch das äußere Feld zugeführt wird, geht durch Phononstreuprozesse weitgehend wieder verloren, sie wird an Schwingungen des Kristallgitters abgegeben. Besonders wirksam sind in diesem Energiebereich Stöße an optischen Phononen. Die Ladungsträger werden also im äußeren Feld entlang der Energiebänder E (k) beschleunigt, bis sie die Energie (bezogen auf EF) optischer Phononen mit hoher Zustandsdichte (etwa 60 meV bei Si, 36 meV bei GaAs) erreichen. Durch Anregung dieser Phononen und weitere Thermalisierung durch niederenergetische akustische Phononen wird die Energieaufnahme begrenzt und die Driftgeschwindigkeit strebt einem Sättigungswert zu. Eine Besonderheit ist bei direkten Halbleitern wie GaAs, InP, GaN zu beobachten, die neben dem C-Minimum des Leitungsbandes energetisch höher liegende Seitenminima bei L und X in der Bandstruktur besitzen (Abb. 12.4). In diesem Fall durchläuft die Driftgeschwindigkeit v D mit wachsender Feldstärke ein Maximum, bevor sie sich bei einem niedrigeren Wert ähnlich wie bei Si sättigt. Die Erklärung für dieses Phänomen, das bei GaAs für Feldstärken zwischen 3´103 V/cm und 105 V/cm zu einem negativen differentiellen Widerstand Anlass gibt, beruht auf der Streuung von Elektronen aus dem niedrigsten C-Leitungsbandminimum in die flachen Seitenminima bei X und L (Abb. 12.4). Solche Streuprozesse setzen ein, wenn die im äußeren Feld aufgenommene Energie ausreicht, die Schwelle bis zum Erreichen der Seitenminima zu überwinden. Während bei GaAs die kleine effektive Masse von 0,068 m0 im C-Minimum zu recht hohen Beweglichkeiten im Niederfeldbereich (< 103 V/cm) Anlass gibt, werden bei Einsetzen der Streuprozesse in die Seitenminima immer mehr Elektronen die wesentlich größere effektive Masse (> m0) der flachen Seitentäler bei X bzw. L annehmen; die Driftgeschwindigkeit v D der Elektronen nimmt ab (Abb. 12.15). Bei weiterer Zunahme der äußeren Feldstärke über 3´105 V/cm hinaus werden dann Elektronen in den Seitentälern der Bandstruktur mit ihrer weitaus höheren effektiven Masse als im C-Tal weiter beschleunigt. Dementsprechend würde v D wieder proportional zur Feldstärke mit einer weitaus geringeren Beweglichkeit als im Niederfeldbereich (< 103 V/cm) zunehmen. In diesem Bereich extrem hoher Felder wird dieses Verhalten jedoch überdeckt durch den Effekt des Lawinendurchbruchs: die beschleunigten Elektronen gewinnen soviel Energie, dass sie weitere Elektronen aus dem Valenzband ins Leitungsband anregen. Die Leitfähigkeit des Halbleiters nimmt lawinenartig durch die Multiplikation freier Ladungsträger zu. Auch dieser Effekt findet Anwendung in Bauelementen. Bemerkenswert an Abb. 12.15 ist, dass der indirekte Halbleiter Si eine ähnliche Sättigungsgeschwindigkeit bei Feldstärken oberhalb von 3´104 V/cm hat wie der direkte Halbleiter GaAs. Bei kleinen Bauelementdimensionen, wo solche Feldstärken auftreten, 12.6 Der p-n-Übergang und der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt 427 Abb. 12.15. Ladungsträger-Driftgeschwindigkeit vD als Funktion der elektrischen Feldstärke E bei Zimmertemperatur 300 K. Die Kurven für Si und GaAs sind Messdaten an hochreinen kristallinen Proben, die einer Literaturzusammenstellung entnommen wurden. (Nach Sze [12.4]). Die Kurve für GaN entstammt einer Monte Carlo-Simulation. (Nach Gelmont et al. [12.5]) geht also der Geschwindigkeitsvorteil, den das GaAs gegenüber dem Si bei kleineren Feldstärken hat, verloren. Des weiteren sind die hohen Driftgeschwindigkeiten von Halbleitern mit großen Bandlücken wie GaN auffallend. Wegen seiner zusätzlichen hohen thermischen Stabilität eignet sich GaN also grundsätzlich sehr gut für die Verwendung in schnellen Hochtemperaturbauelementen. 12.6 Der p-n-Übergang und der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt Die moderne Festkörperphysik ist eng verknüpft mit der Entwicklung der Halbleiterbauelemente, d. h. der Festkörperelektronik. Die Wirkungsweise fast aller Halbleiterbauelemente beruht dabei auf Phänomenen, die auf Inhomogenitäten im Halbleiter zurückzuführen sind. Vor allem inhomogene Konzentrationen von Donator- und Akzeptorstörstellen bewirken interessante Leitfähigkeitsphänomene, die die Konstruktion von Halbleiterbauelementen ermöglichen. Die wichtigsten Grundstrukturen zur Realisierung von Bauelementen sind der sog. p-n-Übergang und der in seiner Funktionsweise ähnliche Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt. Bei einem p-nÜbergang handelt es sich um einen Halbleiterkristall, der auf der einen Seite p-, auf der anderen Seite n-leitend dotiert ist (s. Abb. 12.16). Im einfachsten (in der Realität natürlich nicht zu verwirklichenden) Fall wird der Übergang von der einen in die andere Zone als abrupt angenommen. 428 12. Halbleiter Abb. 12.16 a–e. Qualitatives Schema eines p-n-Übergangs im thermischen Gleichgewicht. (a) Halbleiterkristall, der auf der einen Seite mit Akzeptoren (NA) und auf der anderen mit Donatoren (ND) dotiert ist. (b) Bänderschema der p- und n-Seite für den gedachten Fall einer totalen Entkopplung beider Seiten. EA und ED bezeichnen die Grundzustände der Akzeptoren bzw. Donatoren; EF ist das Fermi-Niveau. (c) Bänderschema des p-n-Übergangs, wenn beide Seiten im thermischen Gleichgewicht miteinander sind. Der Übergang der p- in die nDotierung ist abrupt angenommen. Die Lagen der Leitungs- bzw. Valenzbandkanten tief im p-Gebiet werden mit E pL bzw. E pV und mit E nL bzw. E nV tief im nGebiet bezeichnet. VD heißt Diffusionsspannung. Im Bereich des p-n-Übergangs stellt sich ein sog. Makropotential V (x) ein. (d) Die aus den ionisierten Störstellen sich ergebende ortsfeste Raumbeladung R x im Bereich des pn-Übergangs. (e) Qualitativer Verlauf der Konzentrationen von Akzeptoren NA, Donatoren ND, Löchern p und freien Elektronen n; ni ist die intrinsische Ladungsträgerkonzentration; pp und pn bezeichnen die Löcherkonzentration tief im p- bzw. tief im n-Gebiet (entsprechend np, nn). Es ist der häufig auftretende Fall betrachtet, dass im Kristallinnern Donatoren und Akzeptoren fast völlig ionisiert sind In der Praxis werden solche Dotierungsinhomogenitäten mit einer Vielzahl technologischer Prozesse erzeugt. Zum Beispiel können durch Diffusion Akzeptor- und in einen anderen Raumbereich Donatorstörstellen eingebracht werden. Dieses Einbringen von Dotierungsatomen kann ebenfalls über sog. Ionenimplantation geschehen, bei der mit hoher kinetischer Energie (durch hohe elektrische Felder) die entsprechenden Ionen der Dotierungsatome in das Halbleitermaterial „eingeschossen“ werden. Im folgenden soll das Leitfähigkeitsverhalten eines solchen p-nÜbergangs, bestehend z. B. aus einem Si-Kristall, der in seiner linken Hälfte mit Akzeptoren (z. B. B, Al, Ga) und in seiner rechten Hälfte mit Donatoren (z. B. P, As, Sb) dotiert ist, betrachtet werden. Dazu muss ein solcher inhomogen dotierter Halbleiter erst einmal im thermischen Gleichgewicht, d. h. ohne äußere anliegende Spannung (s. Abb. 12.16), behandelt werden. 12.6 Der p-n-Übergang und der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt 429 Der p-n-Übergang im thermischen Gleichgewicht Stellen wir uns in einem rein gedanklichen Schritt die beiden Kristallhälften mit p- und n-Dotierung einmal als nicht verbunden vor (Abb. 12.16 b), so liegen die Fermi-Niveaus in beiden Gebieten verschieden hoch auf ein und derselben Energieskala. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um ein und denselben Kristall, der nur einen abrupten Dotierungsübergang aufweist. Das Fermi-Niveau als elektrochemisches Potential muss deshalb beiden Kristallhälften im thermischen Gleichgewicht gemeinsam sein. Im Bereich der Übergangszone zwischen n- und p-Gebiet muss sich deshalb eine sog. Bandverbiegung, wie in Abb. 12.16 c gezeigt, einstellen. Im Rahmen dieser hier durchgeführten quasiklassischen Beschreibung werden die Verhältnisse in der Übergangsschicht also durch ein ortsabhängiges sog. Makropotential V (x) beschrieben, was die Verbiegung der Bandstruktur wiedergibt. Diese Beschreibung ist zulässig, weil sich das Potential V (x) nur schwach über einen Kristallatomabstand ändert. Der Krümmung des Makropotentials V (x) entspricht über die Poisson-Gleichung @ 2 V x @x2 R x e e0 12:39 eine Raumladung R (x). Wie diese Raumladung zustande kommt, ist für den Grenzfall T^0, wo EF tief im Innern des Kristalls in der Nähe des Akzeptor- bzw. Donatorniveaus liegt, qualitativ so zu verstehen: Die Verbiegung der Bänder hat zur Folge, dass in der Übergangszone im Bereich des p-Gebietes Akzeptoren unter das Fermi-Niveau gedrückt, d. h. mit Elektronen besetzt werden, während im n-Gebiet Donatoren über das Fermi-Niveau hinausgehoben werden und somit entleert, d. h. positiv geladen werden. Die aus (12.39) sich ergebende Raumladung besteht also aus ortsfesten ionisierten Akzeptoren bzw. Donatoren, die eine geladene Doppelschicht zu beiden Seiten des Dotierungssprunges zur Folge haben. Im Fall der in Abb. 12.16 gezeigten Störstellenerschöpfung (T&300 K, EF zwischen Störstellenniveaus und Mitte des verbotenen Bandes) rührt die Raumladung daher, dass die Ladung der ortsfesten Akzeptor- und Donatorstörstellen um den Dotierungssprung herum nicht mehr durch die beweglichen Löcher und Elektronen in Valenz- und Leitungsband kompensiert wird. Man spricht deshalb vom sog. Raumladungsbereich oder der sog. Raumladungszone, wo R x j 0 ist. Die mit dieser Raumladungszone zusammenhängenden Konzentrationen der Ladungsträger und Störstellen sind in Abb. 12.16 e dargestellt. Weit außerhalb des Raumladungsbereiches sind die Donator- (N +D falls geladen) bzw. Akzep– tor-(NA )-Störstellen durch gleichgroße Elektronen- (nn) bzw. Löcherkonzentrationen (pp) ladungsmäßig kompensiert. Die Indizes n und p besagen, dass es sich um Elektronen bzw. Löcher im nbzw. p-Gebiet handelt. Diese Ladungsträger entsprechen den in diesen Gebieten vorgegebenen Dotierungen und sie werden als Ma- 430 12. Halbleiter joritätsladungsträger bezeichnet. Da Elektronen und Löcher „frei“ beweglich sind, diffundieren Elektronen ins p-Gebiet und Löcher ins n-Gebiet hinein. Dort heißen sie Minoritätsladungsträger und ihre Konzentrationen werden mit np (Elektronen) und pn (Löcher) bezeichnet. Im thermischen Gleichgewicht muss dabei in jedem Punkt das sog. Massenwirkungsgesetz (n 2i = n p) erfüllt sein. Für die Konzentration der Majoritätsladungsträger (Elektronen im n-Gebiet: nn bzw. Löcher im p-Gebiet: pp ) gilt nach den Betrachtungen im Abschn. 12.3 ! n E E F L L ; 12:40 a exp nn Neff kT ! p E E F V V : 12:40 b exp pp Neff kT Weiterhin gilt n2i nn pn V L Neff Neff exp ELn EVn kT ! : 12:41 Die sich im thermischen Gleichgewicht einstellende Diffusionsspannung VD – die Maximaldifferenz des Makropotentials V (x) (s. Abb. 12.16 c) – hängt somit wie folgt mit den Ladungsträgerdichten zusammen: pp nn eVD EVn EVp k T ln 2 : 12:42 ni Für niedrige Temperaturen im Bereich der Störstellenreserve ist offenbar jeVDj*Eg (Abb. 12.16 c). Hierbei sind E nV und E pV die Valenzbandkanten im n- und p-Gebiet. Ein Zustand des Halbleiters, wie er in Abb. 12.16 b–e dargestellt ist, muss als dynamisches Gleichgewicht aufgefaßt werden, denn Konzentrationsprofile von „freien“ Ladungsträgern wie in Abb. 12.16 e haben Diffusionsströme (Elektronen von rechts nach links, Löcher von links nach rechts) zur Folge. Auf der anderen Seite ist eine Raumladung wie in Abb. 12.16 d mit einem elektrischen Feld E (x) und deshalb mit Feldströmen von Elektronen und Löchern verknüpft. Die entsprechenden (Ladungs-!) Stromdichten stellen sich wie folgt dar: @n @p Diff Diff Diff j Dp ; 12:43 j n j p e Dn @x @x mit Dn und Dp den Diffusionskonstanten für Elektronen bzw. Löcher, j Feld e n ln plp E x : j Feld j Feld n p 12:44 Im thermischen (dynamischen) Gleichgewicht kompensieren sich diese Ströme gerade. Im p- bzw. n-Gebiet werden beständig auf- 12.6 Der p-n-Übergang und der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt 431 grund der endlichen Temperatur Elektronen-Loch-Paare erzeugt, die wieder rekombinieren. Es gilt j Diff j Feld 0 12:45 und damit verschwinden auch die Beiträge der Elektronen und Löcher einzeln, d. h., für Elektronen gilt somit nach (12.43–12.45): @n @V x nln ; 12:46 @x @x wobei E x @V=@x benutzt wurde. Betrachtet man nicht wie in (12.40) die Ladungsträgerkonzentrationen weit außerhalb der Raumladungsschicht, wo E nL bzw. E pV konstant sind, sondern in der Raumladungszone, so wird natürlich die Leitungsbandkante beschrieben durch [ E pL– e V (x)] und die Konzentration der Elektronen ist ortsabhängig mit ! p E eV x E F L L ; 12:47 exp n x Neff kT Dn damit folgt @n e @V n @x k T @x 12:48 bzw. durch Einsetzen in (12.46) Dn kT 12:49 l : e n Diese sog. Einstein-Beziehung zwischen Trägerdiffusionskonstante und Beweglichkeit gilt immer dann, wenn Diffusionsstrom und Feldstrom von ein und derselben Ladungsträgersorte getragen werden. Die analoge Beziehung zu (12.49) folgt natürlich für Löcher wegen des Verschwindens des Gesamtlöcherstromes. Eine rigorose mathematische Behandlung des p-n-Übergangs ist nicht einfach, weil in der Poisson-Gleichung (12.39) der genaue Verlauf der Raumladungsdichte R (x) vom Wechselspiel zwischen Diffusions- und Feldstrom [und dieser wiederum von V (x)] abhängt. Für einen „abrupten“ p-n-Übergang, wie er hier betrachtet wird, lässt sich folgende Näherungslösung angeben, die unter dem Namen „Schottky-Modell “ der Raumladungszone bekannt ist. Denken wir uns den Nullpunkt der x-Achse in Abb. 12.16 in den Übergang zwischen n- und p-Gebiet gelegt, dort wo die Donatoren (ND)- und die Akzeptorenkonzentrationen (NA) abrupt aufeinander stoßen, so gilt für die Raumladung allgemein: R x > 0 e ND R x < 0 n p e NA n p im n-Gebiet ; 12:50 a im p-Gebiet : 12:50 b Die ortsabhängigen Konzentrationen n (x), p (x) der „freien“ Ladungsträger stellen sich natürlich nach Maßgabe des Abstandes der 432 12. Halbleiter Leitungsband- bzw. Valenzbandkante zum Fermi-Niveau ein (s. Abb. 12.16 c). Obwohl dieser Abstand sich in der gesamten Raumladungszone allmählich und monoton ändert, ändert sich die FermiFunktion und damit die Besetzung in einem Energiebereich von *2 k T (300 K)^0,05 eV, der klein ist gegen den Bandabstand, von annähernd Null auf ihren Maximalwert. Vernachlässigt man also die sog. „Aufweichungszone“ der Fermi-Verteilung, so lässt sich die Konzentration N +D der geladenen, nicht durch freie Elektronen kompensierten Donatoren bzw. die Konzentration der geladenen Ak– zeptoren N A durch Kastenfunktionen annähern (s. Abb. 12.16 d), d. h., die Raumladungsdichte wird damit 8 0 fur x < dp > < eNA fur dp < x < 0 R x 12:51 eN f u r 0 < x < dn > : D 0 fur x > dn . Mit dieser stückweise konstanten Raumladungsdichte lässt sich die Poisson-Gleichung z. B. fürs n-Gebiet (0 < x < dn ) d 2 V x eND ' 12:52 2 e e0 dx sehr einfach integrieren. Die Rechnung fürs p-Gebiet verläuft natürlich völlig analog. Für elektrisches Feld E x (x) und Potential V (x) im n-Gebiet der Raumladungszone ergeben sich e E x x ND dn x 12:53 e e0 bzw. eND dn x2 : 12:54 2e e0 Außerhalb der „Schottky-Raumladungszone“ liegen die Potentiale Vn (?) im n-Gebiet bzw. Vp (–?) im p-Gebiet vor (s. Abb. 12.17 c). Man beachte den inversen Verlauf der Energiebandkanten EV (x) und EL (x) (Abb. 12.15 c) im Vergleich zu dem des Potentials [E (x) = – eV (x)]. Die Längen dn bzw. dp geben im Rahmen des Schottky-Modells die Ausdehnung der Raumladungszone ins n- bzw. p-Gebiet an. Aus der Ladungsneutralität folgt: V x Vn 1 ND dn NA dp ; und die Kontinuität von V (x) bei x = 0 verlangt: e ND dn2 NA dp2 Vn 1 VP 1 VD : 2 e e0 12:55 12:56 Aus der Diffusionsspannung VD, dem Unterschied zwischen den Lagen der Bandkanten im p- und n-Gebiet, lässt sich also bei bekannten Störstellenkonzentrationen die Ausdehnung der Raumladungsschicht ausrechnen. 12.6 Der p-n-Übergang und der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt Aus (12.55) und (12.56) folgt: 2 e e0 VD NA =ND 1=2 dn ; e NA ND 2 e e0 VD ND =NA 1=2 dp : e NA ND 433 12:57 a 12:57 b Da Diffusionspotentiale typischerweise in der Größenordnung von Eg, also bei ca. 1 V liegen, ergeben sich bei Störstellenkonzentrationen zwischen 1014 und 1018 cm–3 Ausdehnungen der Raumladungszonen dn bzw. dp zwischen 104 und 102 Å, d. h., es herrschen elektrische Feldstärken zwischen 104 und 106 V/cm in solchen Raumladungszonen. Der vorgespannte p-n-Übergang – Gleichrichtung Wenn eine zeitlich konstante, äußere elektrische Spannung U an den p-n-Übergang gelegt wird, so wird das thermische Gleichgewicht gestört, und die Verhältnisse im p-n-Übergang können als stationärer Zustand nahe am thermischen Gleichgewicht beschrieben werden. Da aufgrund der Verarmung an freien Ladungsträgern (Verarmungszone) die Raumladungszone zwischen –dp und dn einen wesentlich höheren elektrischen Widerstand besitzt als die Gebiete außerhalb des p-n-Übergangs, fällt bei außen anliegender Spannung U fast der ganze Betrag von U über der Raumladungszone ab, d. h., das Bänderschema der Abb. 12.16 bzw. der Potentialverlauf der Abb. 12.17 c ändert sich nur im Bereich der Raumladungszone; außerhalb bleiben EL (x), EV (x) und V (x) konstant, also weiterhin waagerecht. Über der Raumladungszone fällt statt der Diffusionsspannung VD (im Gleichgewicht: U = 0 V) nun der Wert Vn 1 Vp 1 VD U 12:58 ab. Hierbei wird U positiv gezählt, wenn das Potential auf der pSeite gegenüber der n-Seite angehoben wird. Die außen anliegende Spannung ändert nun die Ausdehnung der Raumladungszone, denn in (12.57) muss statt VD die um U verringerte Diffusionsspannung eingesetzt werden, d. h., es folgt: dn U dn U 0 1 U=VD 1=2 ; 12:59 a dp U dp U 0 1 U=VD 1=2 : 12:59 b Im thermischen Gleichgewicht sind Feld- und Diffusionsstrom von Elektronen entgegengesetzt und gleich, dasselbe gilt für die Löcherströme. Legt man eine äußere Spannung U an, so wird dieses Gleichgewicht gestört. Betrachten wir z. B. die Strombilanz der Elektronen: Hier handelt es sich einerseits um den Feldstrom der Minoritätsladungsträger, der, aus dem p-Gebiet (wo Elektronen Minoritätsladungsträger sind) kommend, durch die Diffusionsspan- 434 12. Halbleiter Abb. 12.17. Das Schottky-Modell der Raumladungszone eines p-n-Übergangs (bei x = 0). (a) Ortsabhängigkeit der Raumladungsdichte R x, die aus ionisierten Akzeptoren (NA) bzw. Donatoren (ND) gebildet wird. Der reale Verlauf (gestrichelt) wird durch den rechteckigen Verlauf (durchgezogen) angenähert. (b) Verlauf der elektrischen Feldstärke Ex (x). (c) Potentialverlauf V (x) im Bereich des p-n-Übergangs nung VD in das n-Gebiet hinübergezogen wird. Weil diese Minoritätsträger im p-Gebiet durch fortwährende thermische Generation entstehen, heißt dieser Strom Generationsstrom I gen n . Bei genügend dünner Raumladungszone und genügend geringer Rekombination in dieser wird jedes Elektron, das, vom p-Gebiet her kommend, in das Feld der Raumladungszone gerät, von diesem in das n-Gebiet hinübergezogen. Dieser Effekt ist weitgehend unabhängig von der Größe der Diffusionsspannung und somit auch von einer äußeren Spannung. Anders verhält es sich mit dem Diffusionsstrom der Elektronen aus dem n-Gebiet, wo die Elektronen Majoritätsladungsträger sind, in das p-Gebiet (genannt Rekombinationsstrom I rec n ). In dieser Richtung müssen die Elektronen gegen die Potentialschwelle der Diffusionsspannung anlaufen. Der Bruchteil der Elektronen, der die Potentialschwelle überwindet, bestimmt sich nach dem Boltzmann-Faktor exp [– e (VD–U)/k T ] und ist somit stark abhängig von der außen anliegenden Spannung U. Es gelten also bei einer äußeren Spannung U folgende Beziehungen für die Elektronenströme In durch den p-n-Übergang: Inrec U 0 Ingen U j 0 ; Inrec / e k e VD U= T ; 12:60 12:61 d. h. mit (12.60) Inrec Ingen e k e U= T ; und damit für den Gesamtelektronenstrom 12:62 12.6 Der p-n-Übergang und der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt Sperrrichtung 435 Durchlassrichtung Abb. 12.18. Schema der Strom-Spannungs (I–U)-Kennlinie eines p-n-Übergangs mit entsprechendem Schaltbild. Der maximale Sperrstrom ist durch die Summe der Generationsströme für Elektronen und Löcher gegeben In Inrec Ingen Ingen e k eU= T 1 : 12:63 Die gleiche Analyse folgt für die Löcherströme Ip, so dass sich für die Kennlinie eines p-n-Übergangs ergibt ! eU gen gen 1 : 12:64 I U In Ip exp kT Der extrem asymmetrische Verlauf dieser typischen GleichrichterKennlinie für beide Polungsrichtungen ist aus Abb. 12.18 zu ersehen. gen Um den Sättigungsstrom in Sperrrichtung –(I gen n +I p ) quantitativ zu ermitteln, ist eine etwas genauere Betrachtung des stationären Zustandes bei Anlegen einer Gleichspannung U erforderlich. Wie aus dem Vorherigen folgt, ist für die Störung des thermischen Gleichgewichts vor allem eine Änderung der Diffusionsströme verantwortlich, während in guter Näherung der Einfluss der äußeren Spannung U auf die Feldströme vernachlässigt werden kann. Im Rahmen dieser sog. Diffusionsstrom-Näherung genügt es also, nur die Diffusionsströme unter dem Einfluss der Spannung U zu betrachten. Betrachten wir den p-n-Übergang in Durchlassrichtung gepolt (Abb. 12.19), so erhöht sich, wie aus Abb. 12.19 b ersichtlich, im Raumladungsgebiet die Trägerkonzentration, wobei nicht mehr das Massenwirkungsgesetz n p = n 2i erfüllt ist. Die Fermi-Niveaus weit außerhalb der Raumladungszone unterscheiden sich gerade um die der außen angelegten Spannung U entsprechende Energie –eU (Abb. 12.19 a). In der Raumladungszone, wo kein thermisches Gleichgewicht mehr herrscht, kann im Grunde genommen kein Fermi-Niveau mehr definiert werden. Befindet sich der stationäre Zustand, wie hier angenommen, jedoch nahe am thermischen Gleichgewicht, so ist näherungsweise weiterhin eine Beschreibung mit Hilfe der Boltzmann-Statistik möglich, nur müssen statt eines einzigen Fermi-Niveaus jetzt formal zwei sog. Quasi-Fermi-Niveaus für Elektronen (in Abb. 12.19 a punktiert) und für Löcher (in Abb. 12.19 a gestrichelt) eingeführt werden. Auf weitere Details soll hier nicht eingegangen werden. Mit der Näherungsannahme, dass innerhalb der Raumladungszone Rekombinationsprozesse von Elektronen mit Löchern vernach- 436 12. Halbleiter Durchlassrichtung Sperrrichtung Abb. 12.19 a, b. Schema eines p-n-Übergangs, der in Durchlass- bzw. Sperrrichtung gepolt ist (Nichtgleichgewichtszustände). (a) Bänderschema bei Anliegen einer äußeren Spannung –U bzw. +U. Um entsprechende Potentialbeträge e U sind die Fermi-Niveaus E pF bzw. E nF im p- bzw. n-Gebiet gegeneinander verschoben. Im Bereich des p-n-Übergangs spaltet das Fermi-Niveau des Gleichgewichts (– · – · –) in sog. Quasi-Fermi-Niveaus für Elektronen (· · ·) und Löcher (– – –) auf. (b) Ortsabhängigkeit der Konzentration der Löcher p und der Elektronen n im vorgespannten p-nÜbergang (durchgezogen) und ohne Vorspannung im thermischen Gleichgewicht (– – –). – dp und dn geben die Ausdehnung der Raumladungszone im thermischen Gleichgewicht, d. h. ohne Vorspannung, an. pp und pn wie auch np und nn bezeichnen die Konzentrationen tief im p- bzw. n-Gebiet Abb. 12.19 c. Ortsabhängigkeit der Löcherkonzentration p(x) im vorgespannten p-n-Übergang außerhalb der Raumladungszone des thermischen Gleichgewichts (x > dn); Ausschnittsvergrößerung der Darstellung in Abb. 12.19 b für Polung in Durchlassrichtung lässigt werden können, genügt es, die Änderung der Diffusionsstromdichten am Rande der Raumladungszone, d. h. bei x = –dp und x = dn, zu betrachten. In diesem nach Shockley benannten Modell für den Fall geringer Ladungsträgerinjektion werden dn und dp als konstant angenommen [nicht wie in (12.57) als Funktion von VD]; für dn und dp werden die Werte des stromlosen Falles benutzt, wie in Abb. 12.18 angedeutet ist. Die Rechnung gestaltet sich dann besonders einfach. Wir beschränken uns auf die Betrachtung der Löcher-Diffusionsstromdichte j Diff p , da für Elektronen die Rechnung analog verläuft. Für den Diffusionsstrom bei x = dn gilt nach (12.43) 12.6 Der p-n-Übergang und der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt j Diff p x dn e Dp @p : @x xdn 437 12:65 Der Konzentrationsgradient @p=@x kann über die Diffusionstheorie, wie folgt, leicht auf die Erhöhung der Löcherkonzentration bei x = dn zurückgeführt werden. Die bei x = dn aufgrund der anliegenden Durchlassspannung U sich ergebende Löcherkonzentration p (x = dn) (s. Abb. 12.19 b) folgt nach der Boltzmann-Statistik zu ! VD U ; 12:66 e p x dp pp exp kT p x dn pn exp e U=k T : 12:67 Hierbei sind dn bzw. dp die Ausdehnungen der Raumladungszone im thermischen Gleichgewicht (U = 0 V). Diese erhöhte Löcherkonzentration führt zu erhöhter Rekombination im n-Gebiet, was einen erhöhten Elektronenzustrom zur Folge hat. Weit im n-Gebiet wird der Strom also durch Elektronen und weit im p-Gebiet durch Löcher getragen. Aufgrund der Kontinuitätsbeziehung kann sich die Löcherkonzentration in einem Volumenelement nur dadurch ändern, dass Löcher hinein- oder hinausfließen bzw. rekombinieren oder thermisch erzeugt werden. Die Rekombinationsrate ist umso höher, je mehr Löcher über die Gleichgewichtskonzentration pn hinaus angeregt sind. Mit einer mittleren Lebensdauer sp eines Loches lautet deshalb die Kontinuitätsbeziehung für die Nichtgleichgewichtsladungsträger: @p @t 1 div j Diff p e p pn sp : 12:68 Im hier betrachteten stationären Fall muss @p=@t 0 sein, und es folgt aus (12.65 und 12.68) @p @2p Dp 2 @t @x p pn sp 0; 12:69 a d. h. weiter @2p 1 p @x2 Dp sp pn : 12:69 b Diese Diffusionsdifferentialgleichung liefert als Lösung ein Diffusionsprofil p 12:70 p x exp x= Dp sp : p Hierbei ist Lp = Dp sp die Diffusionslänge für Löcher, längs der die Löcherkonzentration von einem bestimmten Wert, z. B. p (x = dn) in Abb. 12.19 b auf 1/e abgenommen hat. Aus (12.70) folgt mittels Abb. 12.19 c 438 12. Halbleiter Abb. 12.20. Beispiel einer an einem Sip-n-Übergang gemessenen Strom-Spannungs-Kennlinie. Sperrspannungen und -ströme sind negativ angegeben. (Aus dem Praktikum des 2. Physikalischen Instituts der RWTH Aachen) Flussspannung (V) @p p x dn Lp @x xdn pn ; 12:71 wobei weiter aus (12.67) für den Fall einer von außen angelegten Spannung p x dn pn pn exp e U=k T 1 12:72 folgt. Aus (12.65, 12.71 und 12.72) ergibt sich die durch die äußere Spannung U erzeugte Löcher-Diffusionsstromdichte zu e Dp Diff jp pn exp e U=k T 1 : 12:73 Lp xdn Analoge Rechnungen folgen für den von Elektronen getragenen Diffusionsstrom und die gesamte über den p-n-Übergang fließende Stromdichte ergibt sich als Summation über diese beiden Anteile. Die Feldströme brauchen, wie oben ausgeführt, nicht berücksichtigt 12.6 Der p-n-Übergang und der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt 439 zu werden. Ihre Anteile aus dem p- und n-Gebiet sind im Rahmen der Näherung gleich groß wie im thermischen Gleichgewicht und kompensieren den Gleichgewichtsanteil der Diffusionsströme, d. h.: ! e Dp e Dn eU 1 : 12:74 exp pn np j U Lp Ln kT Damit sind die in (12.64) auftretenden Generationsströme zurückgeführt auf die Diffusionskonstanten und Diffusionslängen für Elektronen und Löcher, sowie auf die Minoritätsladungsträgerkonzentrationen pn und np. Abbildung 12.20 zeigt eine experimentell ermittelte Strom-Spannungskennlinie I (U) eines p-n-Übergangs. Der schon in Abb. 12.18 gezeigte qualitative Verlauf einer Gleichrichterkennlinie ist klar zu erkennen. Legt man eine äußere Spannung U an einen p-n-Übergang, so ändert sich die räumliche Ausdehnung der Raumladungszone dn nach (12.59) und damit ändert sich auch die gesamte in der Raumladungszone gespeicherte Ladung Qsc ' e ND dn UA : 12:75 Diese Beziehung gilt im Rahmen der oben besprochenen „Schottky-Näherung“ für den p-n-Übergang, wobei A die Querschnittsfläche des Überganges (senkrecht zum Stromfluss) und ND wie oben die Konzentration der Donatoren ist. Mit dem p-n-Übergang ist deshalb eine spannungsabhängige Raumladungskapazität Csc gegeben: dQsc d Csc e ND A dn U : 12:76 dU dU Aus (12.59 a) und (12.57 a) folgt: Abb. 12.21. Experimentell ermittelte Abhängigkeit der Raumladungskapazität von der Sperrspannung (negativ gewählt) für die in Abb. 12.19 betrachtete Si-p-n-Diode. (Aus dem Fortgeschrittenen Praktikum des 2. Physikalischen Instituts der RWTH Aachen) 440 12. Halbleiter d 1 2 e e0 VD NA =ND dU dn U 2V e NA ND 1 D 1 U=VD 1=2 ; 12:77 und damit ergibt sich für die Raumladungskapazität (12.76) A NA ND 2 e e e0 1=2 : 12:78 Csc 2 NA ND VD U Wegen dieses Zusammenhanges (12.78), d. h. also 1 2 ; 12:79 Csc VD U dient die Messung der Raumladungskapazität in Abhängigkeit von der äußeren Spannung häufig zur Bestimmung von Störstellenkonzentrationen. Abbildung 12.21 zeigt eine experimentell ermittelte Abhängigkeit der Raumladungskapazität von der äußeren Spannung. Der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt In seiner Funktionsweise mit dem p-n-Übergang verwandt ist der Metall/Halbleiter-Kontakt, der als gleichrichtendes Bauelement bereits Anfang des 20. Jahrhunderts am Beginn der Entwicklung der Halbleiterelektronik stand („Kristalldetektor“). Dampft man bei guten Vakuumbedingungen auf eine saubere Halbleiteroberfläche ein Metall auf, so stellt sich im Fall eines n-dotierten Halbleiters zumeist ein elektronisches Bänderschema wie in Abb. 12.22 ein. Der Grund liegt darin, dass sich am Metall/Halbleiterübergang elektronische Grenzflächenzustände ausbilden [12.6], deren räumliche Ausdehnung auf wenige Atomlagen begrenzt ist und deren energetische Lage in bezug auf die Leitungs- und Valenzbandkante des Halbleiters festgelegt ist. Die Existenz dieser Grenzflächenzustände an einem Metall/Halbleiterübergang hängt damit zusammen, dass die ausgedehnten BlochZustände des Metalls beim Übergang in den Halbleiter nicht abrupt abbrechen können, sondern in den Halbleiter hinein abklingen und deshalb dort durch eine Überlagerung von Wellenfunktionen des Leitungs- bzw. Valenzbandes dargestellt werden müssen. Je nachdem, ob die Zustände mehr „Leitungsband-“ oder mehr „Valenzbandcharakter“ haben, sind sie im mit Elektronen besetzten Zustand negativ aufgeladen (leitungsbandartig) oder neutral (valenzbandartig). Die im besetzten Zustand neutralen Zustände sind positiv geladen, wenn sie unbesetzt sind. Anders ausgedrückt, die valenzbandartigen Zustände haben Donatorcharakter, die leitungsbandartigen Zustände Akzeptorcharakter. Die Ladung in den Oberflächenzuständen wird durch die Lage des Fermi-Niveaus bestimmt. Verschwindet die Ladung, so liegt das Fermi-Niveau am sog. Neutralitätsniveau. Die sich einstellende Bandverbiegung in Abb. 12.22 a ist also durch die Bedingung der Ladungsneutralität in dem Sinne gegeben, dass die aus entleerten Donatoren in der Verarmungsrandschicht stammende Raumladung Qsc durch die Ladung in den Grenzflächenzuständen Qis kompensiert wird. 12.6 Der p-n-Übergang und der Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt eUSB eUSB : ; 441 : ;– eVD : ; ejUj Abb. 12.22. Elektronisches Bänderschema eines Metall/Halbleiter (n-dotiert)Übergangs, bei dem sich durch „pinning“ des Fermi-Niveaus EF in Grenzflächenzuständen eine Schottky-Barriere eySB und eine Verarmungsrandschicht im Halbleiter ausbildet; VD Diffusionsspannung (a) im thermischen Gleichgewicht, (b) bei außen anliegender Spannung U Bei Atomdichten an der Grenzfläche von einigen 1014 cm–2 können elektronische Grenzflächenzustandsdichten von vergleichbarer Größenordnung erreicht werden. Diese verteilen sich typischerweise über Energiebereiche von 0,1 bis 1 eV im Bereich des verbotenen Bandes. Grenzflächenzustandsdichten pro Energie können also Werte um 1015 (eV)–1 cm–2 erreichen. Durch diese hohe Zustandsdichte wird das Fermi-Niveau praktisch am Neutralitätsniveau festgehalten („gepinnt“). Eine größere Abweichung vom Neutralitätsniveau würde zu sehr großen Ladungsdichten in den Grenzflächen führen, die nicht durch die Raumladungszone kompensiert werden könnten. Raumladungsänderungen durch Variation der Dotierung oder äußere angelegte Felder führen damit nur zu sehr kleinen Verschiebungen des Fermi-Niveaus von 10–2 bis 10–3eV im Band der Grenzflächenzustände. Von daher ist die sog. Schottky-Barriere eySB (Abb. 12.22) eine für den speziellen Metall-Halbleiterübergang charakteristische Größe. Sie ist natürlich in gewissen Grenzen von Details der Grenzflächenstruktur abhängig. Vergleicht man Abb. 12.22 a mit Abb. 12.16 b, so ist unmittelbar evident, dass eine Schottky-Barriere an einem Metall/Halbleiterübergang bezüglich ihrer Raumladungseigenschaften vereinfachend als die „Hälfte eines p-n-Übergangs“ aufgefaßt werden kann, wobei der p-Halbleiter durch das Metall ersetzt ist. Es ist klar, dass 442 12. Halbleiter man die Verhältnisse auch umkehren kann; die n-Seite des p-nÜbergangs kann man sich durch ein Metall ersetzt denken, und es ergibt sich eine Schottky-Barriere in einem p-Halbleiter mit Löcherverarmung. Beim p-dotierten Halbleiter liegt EF tief im Volumen nahe der Valenzbandoberkante EV (Abb. 12.22); die Krümmung der Bänder in der Raumladungszone des Schottky-Kontakts bei p-Dotierung ist also invers zu der beim n-Halbleiter. Bei vollständig „gepinntem“ Fermi-Niveau ist die Summe aus der Schottky-Barriere für Elektronen und der Schottky-Barriere für Löcher gleich der Bandlücke. Wie bei einem p-n-Übergang liegt im Bereich der Verarmungszone einer Schottky-Randschicht ein hoher Widerstand vor. Eine von außen angelegte Spannung U fällt im Wesentlichen über der Raumladungszone ab (Abb. 12.22 b); außerhalb dieses Bereiches, d. h. im Metall und tief im Halbleiter, hat man vernachlässigbare Spannungsabfälle und damit fast thermisches Gleichgewicht. Dort können Fermi-Energien EF definiert werden, deren Differenz der außen anliegenden Spannung entspricht. Im Bereich der SchottkyBarriere können wie im Fall des p-n-Übergangs Quasi-Fermi-Niveaus definiert werden. Die formale Beschreibung der Schottky-Barriere am MetallHalbleiterübergang ist völlig analog zum p-n-Übergang. Beispielsweise ergibt sich die „Dicke“ der Metall/Halbleiter-Schottky-Randschicht im Gleichgewicht aus der Formel für den p-n-Übergang (12.57 a) mit NDNA (höhere Leitfähigkeit des Metalls als des pHalbleiters) zu: 2 e e0 VD 1=2 d : 12:80 e ND Ähnlich kann man die Kapazität einer Metall/Halbleiter-SchottkyBarriere als Funktion der außen anliegenden Spannung aus (12.78) ermitteln zu A 2 e e e0 ND 1=2 C ; 12:81 2 VD U wobei A die Fläche des Kontaktes ist. Die gleichrichtenden Eigenschaften der p-n-Diode werden in gleicher Form beim Metall/Halbleiter-Schottky-Kontakt wiedergefunden. Dies ist unmittelbar einleuchtend aus Abb. 12.22. Elektronentransport vom Metall in den Halbleiter verlangt immer das Überwinden der Schottky-Barriere eySB, während umgekehrt für Elektronen, die vom Halbleiter in das Metall fließen sollen, im Fall jUj > ySB keine Barriere auftritt. 12.7 Halbleiterheterostrukturen und Übergitter 443 12.7 Halbleiterheterostrukturen und Übergitter Mittels moderner Epitaxiemethoden für Halbleiterschichten wie Molekularstrahlepitaxie (MBE, Tafel XVII) oder metallorganischer Gasphasenepitaxie (MOCVD, Tafel XVII) ist es heute möglich, zwei verschiedene Halbleiter mit unterschiedlichen elektronischen Eigenschaften, insbesondere Bandlücken, aufeinander kristallin abzuscheiden. Besonders für Bauelemente aus III–V-Halbleitern, wie GaAs, InP u. ä. spielen solche Schichtstrukturen heute eine wichtige Rolle. Hierbei ist weiterhin von Bedeutung, dass mit diesen Epitaxieverfahren auch ternäre oder quaternäre Legierungen des Typs AlxGa1–x As oder GaxIn1–xAsy P1–y abgeschieden werden können, deren Bandlücken dann zwischen denen der entsprechenden binären Verbindungen liegen. Durch gezielte Variation der Komposition x in AlxGa1–xAs kann so die elektronische Bandstruktur kontinuierlich zwischen der des GaAs und der des AlAs „eingestellt“ werden. Bei der Komposition x = 0,45 geht hierbei die Legierung von einem direkten Halbleiter (wie GaAs) in einen indirekten Halbleiter (wie AlAs) über (Abb. 11.13). Für die wichtigsten binären Halbleiter und Elementhalbleiter sind in Abb. 12.23 die Bandlückenenergien bei 300 K gegen den Gitterabstand aufgetragen. Diese Auftragung ist deshalb von besonderem Interesse, weil erwartungsgemäß solche Halbleiter besonders gut und störungsfrei epitaktisch aufeinander aufwachsen, bei denen der Gitterabstand gut übereinstimmt. Aus Abb. 12.21 lässt sich auch entnehmen, wie sich sowohl Bandlücke als auch Gitterabstand ändern, wenn man bei der Epitaxie eine ternäre Komposition zwischen je zwei binären Halbleitern einstellt. Man erkennt leicht, dass die Epitaxie von Ge auf GaAs, und umgekehrt, zu besonders guter Gitteranpassung führt, und dass das Legierungssystem GaAlAs eine Variation der Bandlücke zwischen etwa 1,4 und 2,2 eV gestattet, wobei wegen Abb. 12.23. Bandlücke Eg wichtiger Element- und binärer Verbindungshalbleiter, aufgetragen gegen die Gitterkonstante bei 300 K. Auf der rechten Abszisse ist die der Bandlückenenergie entsprechende Lichtwellenlänge k angegeben. Die Verbindungslinien zeigen die Verhältnisse bei ternären Verbindungen an, die sich aus Mischung der entsprechenden binären Komponenten ergeben 444 Abb. 12.24 a–c. Bänderschemata (Einelektronenenergie gegen Ortskoordinate), die sich bei der Bildung einer Heterostruktur aus den Halbleitern I und II ergeben. (a) Halbleiter I und II sind als getrennt gedacht. vI und vII sind die Elektronenaffinitäten, d. h. die energetischen Abstände zwischen der Vakuumenergie EVac und der unteren Leitungsbandkante EL. (b) Halbleiter I und II sind in Kontakt, jedoch besteht kein thermisches Gleichgewicht, da die Fermi-Niveaus EF auf beiden Seiten nicht übereinstimmen. DEL bzw. DEV sind die Banddiskontinuitäten im Leitungs- und im Valenzband. (c) Im thermischen Gleichgewicht müssen die Fermi-Energien EF im Halbleiter I und II übereinstimmen. Wegen der festvorgegebenen Banddiskontinuitäten DEL und DEV müssen sich Bandverbiegungen in Halbleiter I und II ausbilden 12. Halbleiter EL der extrem guten Gitteranpassung der beiden Komponenten GaAs und AlAs hervorragende kristalline Qualität beim Aufwachsen eines Halbleiters auf dem anderen zu erwarten ist. CdTe und HgTe sind auch ausgezeichnete Paare von Halbleitern, die weitgehend störungsfrei aufeinander aufwachsen können. Die Kombination zweier verschiedener epitaktisch aufeinander aufgewachsener Halbleiter nennt man eine Halbleiterheterostruktur. Die Schärfe des Übergangs kann bei geeigneten Epitaxieverfahren (MBE, MOCVD) im Bereich von einer Atomlage liegen. Die Bandlücke ändert sich bei einer solchen Heterostruktur also über Distanzen von atomaren Dimensionen. Wie sieht das elektronische Bänderschema einer Halbleiterheterostruktur somit aus (Abb. 12.24)? Zwei verschiedene Fragen sind zu beantworten: (a) Wie müssen Valenzbandkante EV bzw. Leitungsbandkante EL beider Halbleiter „aneinander gelegt“ werden? Dies ist die Frage nach der sog. Banddiskontinuität DEV (Abb. 12.24 b). (b) Welche Bandverbiegungen stellen sich in den beiden Halbleitern I und II links und rechts des Halbleiterübergangs ein (Abb. 12.24 c)? In den weitaus meisten Fällen können beide Fragestellungen getrennt und unabhängig voneinander behandelt werden, weil die relevanten Phänomene auf verschiedenen Energie- und Längenskalen zu betrachten sind. Die Anpassung der beiden Bandstrukturen aneinander findet innerhalb eines Atomabstandes statt. Interatomare Kräfte und Energien sind hierfür entscheidend und die elektrischen Felder sind in der Größenordnung atomarer Felder (0108 V/cm). Die Bandverbiegung hingegen stellt sich über hunderte von Ångström so ein, dass im thermischen Gleichgewicht das Fermi-Niveau, das tief im Innern beider Halbleiter jeweils durch die Dotierung bestimmt ist, auf beiden Seiten der Halbleitergrenzschicht denselben Wert hat (Abb. 12.24 c). Die 12.7 Halbleiterheterostrukturen und Übergitter 445 entscheidende Bedingung ist genau wie beim p-n-Übergang, dass die gesamte Heterostruktur im thermischen Gleichgewicht stromlos ist (s. (12.45)). Die Bandverbiegungen in Halbleiter I und II sind wie beim p-n-Übergang mit Raumladungen verknüpft und die Raumladungs-Feldstärken sind in der Größenordnung von 105 V/cm. Die wichtigste materialbezogene Kenngröße einer Halbleiterheterostruktur ist also die Valenz- oder Leitungsband-Diskontinuität DEV oder DEL. Die klassische, jedoch mittlerweile revidierte, Annahme war die, dass im Idealfall beide Bänderschemata der Halbleiter so aneinander zu legen sind, dass die Vakuum-Energieniveaus EVac übereinstimmen. Damit ergäbe sich die Leitungsbanddiskontinuität DEL als die Differenz der Elektronenaffinitäten Dv (Abb. 12.24) DEL vI vII Dv : 12:82 Die Elektronenaffinität v, die Differenz zwischen Vakuumenergie und unterer Leitungsbandkante, ist eine für das Volumen eines Materials theoretisch wohl definierte Größe. Ihre experimentelle Bestimmung aber geschieht über Oberflächenexperimente, bei denen das im Volumen definierte v durch Grenzflächendipole (z. B. durch geänderte Atomkoordinaten an der Oberfläche) stark verändert sein kann. Erst recht für die Grenzschicht zwischen zwei Halbleitern kann v nicht ohne weiteres von Volumengrößen her abgeleitet werden. Es werden deshalb heute Modelle diskutiert, bei denen in einer idealen, abrupten Halbleiterheterostruktur die elektronischen Bänder so „aneinander gelegt“ werden, dass keine atomaren Dipole entstehen, z. B. durch elektronische Grenzflächenzustände oder Ladungstransfer in den chemischen Bindungen an der Grenzschicht. Eine detaillierte theoretische Behandlung dieser Modelle verlangt eine atomistische Beschreibung der elektronischen Eigenschaften der wenigen Atomlagen am Halbleiterheteroübergang. Dies geht über den Rahmen des vorliegenden Buches hinaus. Wir betrachten deshalb die Banddiskontinuität DEL oder DEV als phänomenologische Größe, die sich experimentell bestimmen lässt. Einige zur Zeit weitgehend anerkannte Werte sind in Tabelle 12.7 [12.7] aufgelistet. Aus der Kenntnis der Valenzbanddiskontinuität DEV und der Energie der verbotenen Bänder der beiden Halbleiter lässt sich natürlich sofort die Leitungsbanddiskontinuität DEL bestimmen. Die Berechnung der Raumladungszonen geschieht völlig analog zu den Rechnungen am einfachen p-n-Übergang (Abschn. 12.6), nur dass sich jetzt positive und negative Raumladungen in zwei verschiedenen Halbleitermaterialien I und II mit verschiedenen Dielektrizitätskonstanten e I und e II befinden. Die entsprechenden Bezeichnungen für einen p-n-Heteroübergang sind in Abb. 12.25 dargestellt. Die einfachste Beschreibung ist wiederum im Rahmen des Schottky-Modells möglich, bei dem die Raumladungsdichten – e N IA bzw. e N IID über die Ausdehnung der Raumladungszonen d I und d II als konstant angenommen werden. Die Poisson-Gleichung (12.39 bzw. 12.52) kann dann wieder stückweise in Halbleiter I 446 12. Halbleiter Abb. 12.25. Bänderschema eines Halbleiter-Heteroübergangs: Halbleiter I mit dielektrischer Funktion e I ist p-dotiert mit einer Akzeptorkonzentration N IA, Halbleiter II mit dielektrischer Funktion e II ist n-dotiert mit einer Donatorkonzentration N IID. Die Raumladungszonen haben die Ausdehnungen d I bzw. d II; die mit den Raumladungszonen verbundenen Diffusionsspannungen sind V ID bzw. V IID. DEV ist die Valenzband-Diskontinuität. Ein solcher Heteroübergang bestehend aus einem p-Halbleiter mit kleinerer und einem n-Halbleiter mit größerer Bandlücke wird auch als p-NHeteroübergang bezeichnet (klein p wegen kleiner Bandlücke, groß N wegen großer Bandlücke) und II integriert werden. Man muss nur berücksichtigen, dass sich die gesamte Diffusionsspannung VD jetzt auf zwei verschiedene Halbleiter, d. h. auf V ID und V IID, aufteilt: VD VDI VDII : 12:83 Gleiches gilt auch für eine von außen an den p-n-Heteroübergang angelegte Spannung U U I U II : 12:84 Um die beiden Lösungen der Poissongleichung am Heteroübergang (x = 0) aneinander anzuschließen, ist die Kontinuität der dielektrischen Verschiebung e0 eI E I x 0 e0 eII E II x 0 12:85 Tabelle 12.7. Zusammenstellung einiger experimentell bestimmter Valenzband-Diskontinuitäten DEV. Der zuerst genannte Halbleiter ist das Substrat, auf das der als zweiter genannte Halbleiter i. a. als dünne verspannte Schicht deponiert wurde. (Nach Margaritondo und Perfetti [12.7]) Heterostruktur ValenzbandDiskontinuität DEV [eV] Heterostruktur ValenzbandDiskontinuität DEV [eV] Heterostruktur ValenzbandDiskontinuität DEV [eV] Si-Ge AlAs-Ge AlAs-GaAs AlSb-GaSb GaAs-Ge GaAs-Si GaAs-InAs GaP-Ge GaP-Si GaSb-Ge GaSb-Si 0,28 0,86 0,34 0,4 0,49 0,05 0,17 0,80 0,80 0,20 0,05 InAs-Ge InAs-Si InP-Ge InP-Si InSb-Ge InSb-Si CdS-Ge CdS-Si CdSe-Ge CdSe-Si CdTe-Ge 0,33 0,15 0,64 0,57 0,0 0,0 1,75 1,55 1,30 1,20 0,85 CdTe-a-Sn ZnSe-Ge ZnSe-Si ZnSe-GaAs ZnTe-Ge ZnTe-Si GaSe-Ge GaSe-Si CuBr-GaAs CuBr-Ge 1,1 1,40 1,25 1,03 0,95 0,85 0,83 0,74 0,85 0,7 12.7 Halbleiterheterostrukturen und Übergitter 447 zu berücksichtigen. Für die Dicken der Raumladungszonen in Halbleiter I und II ergeben sich zu (12.57) analoge Formeln: II I II 1=2 2ND e0 e e VD U dI ; 12:86 a eNAI eI NAI eII NDII I 1=2 2NA e0 eI eII VD U d II : 12:86 b eNDII eI NAI eII NDII Hierbei wurde ergänzend zu (12.57) noch eine außen anliegende Spannung U berücksichtigt. Die Verteilung der Gesamtspannung auf die beiden Halbleiter ergibt sich zu VDI VDII UI NDII eII : U II NAI eI 12:87 Für den Fall eines einfachen p-n-Übergangs (eI eII ) ergibt sich natürlich im thermischen Gleichgewicht (U = 0) gerade wieder (12.57). Von besonderem Interesse sind Heteroübergänge zwischen verschiedenen Halbleitern mit gleicher Dotierung, sog. isotype Heteroübergänge (z. B. n-n in Abb. 12.24 c). In diesem Fall stellt sich wegen der Kontinuitätsbedingung für das Fermi-Niveau auf der Seite des Halbleiters mit geringerem verbotenen Band eine AnreicherungsRaumladungszone für Elektronen ein, die zu einer lokal sehr starken Anhebung der Elektronenkonzentration führt. Dies gilt auch, wenn diese Seite der Heterostruktur nur sehr schwach dotiert, d. h. nahezu intrinsisch ist (Abb. 12.26 a). Die hohe Konzentration von freien Elektronen in dieser Raumladungszone (Halbleiter II) wird dann ladungsmäßig kompensiert durch die ihr in Halbleiter I gegenüberstehende Verarmungs-Raumladungszone, die infolge der hohen Konzentration ionisierter Donatoren eine starke positive Raumladung trägt. Diese Donatorstörstellen haben ihr Valenzelektron in den energetisch günstigeren Potentialtopf der Anreicherungszone in Halbleiter II abgegeben. Auf diese Weise ist die hohe Dichte von freien Elektronen räumlich von den ionisierten Störstellen getrennt, von denen sie stammen. Störstellenstreuung als wichtige Ursache für den elektrischen Widerstand bei tiefen Temperaturen ist deshalb stark unterdrückt für dieses freie Elektronengas. Im homogen dotierten Halbleiter verlangt eine Steigerung der Ladungsträgerkonzentration gleichzeitig eine Erhöhung des Dotierungsgrades und damit verstärkte Störstellenstreuung, was zu einer Erniedrigung der Leitfähigkeit führt. Diese notwendige Verknüpfung von erhöhter Störstellenstreuung mit wachsender Ladungsträgerkonzentration ist nicht gegeben für solche Heterostrukturen wie in Abb. 12.26. Man nennt diese Art der einseitigen Dotierung einer Heterostruktur „Modulationsdotierung“. Elektronenbeweglichkeiten einer modulationsdotierten AlxxAs/GaAs-Heterostruktur sind in Abb. 12.27 dargestellt. Wäre die Elektronenbeweglichkeit durch Streuung an ionisierten Störstellen (IS) und Phononen (P) so wie in homogen dotiertem GaAs be- 448 12. Halbleiter Abb. 12.26. (a) Modulationsdotierter Heteroübergang, bestehend aus einem hoch n-dotierten Halbleiter I mit großer Bandlücke und einem schwach (oder nahezu intrinsisch) n-dotierten Halbleiter II mit kleiner Bandlücke (N–n-Heteroübergang). (b) Bänderschema eines modulationsdotierten KompositionsÜbergitters; die Halbleiterschichten I sind jeweils hoch n-dotiert, während die Schichten des Typs II schwach dotiert oder nahezu intrinsisch sind stimmt, dann ergäbe sich eine durch diese Prozesse charakteristische Begrenzung, abfallend zu hohen und zu tiefen Temperaturen. Ein Maximum der Beweglichkeit von etwa 4´103 cm2/Vs würde bei einer Donatorkonzentration ND von 1017 cm–3 bei etwa 150 K erreicht. Die experimentell ermittelten Beweglichkeiten von modulationsdotierten Strukturen (schattierter Bereich) zeigen jedoch keinen Abfall der Beweglichkeit zu tiefen Temperaturen hin. Die Variation der Beweglichkeiten im schattierten Bereich ist wesentlich durch die von verschiedenen Autoren erreichte Perfektion des Heteroübergangs bedingt. Bei Temperaturen unterhalb von 10 K werden extrem hohe Beweglichkeiten bis zu 2´106 cm2/Vs erreicht. Die Beweglichkeitserhöhung bei tiefen Temperaturen kann noch verstärkt werden, wenn eine undotierte AlxGa1–xAs-Schicht einer Dicke von etwa 100 Å zwischen dem hoch n-dotierten AlGaAs und dem sehr schwach dotierten GaAs bei der Epitaxie eingeschoben wird. Auf diese Weise werden Streuprozesse an Störstellen unmittelbar am Halbleiterübergang ausgeschaltet. Für n-Dotierungen des AlGaAs im Bereich von 1018 cm–3 liegen typische Dicken der Elektronen-Anreicherungsschicht im Bereich von 50 bzw. 100 Å. Die freien Elektronen sind hierbei in z-Richtung (senkrecht zum Heteroübergang) in einen schmalen, dreieckigen Potentialtopf eingesperrt (Abb. 12.26 a). Sie können sich nur parallel zur Heterostruktur frei bewegen. Die Wellenfunktion eines solchen Elektrons hat also nur parallel zur Heterostruktur Blochwellen-Charakter, senkrecht dazu (längs z ) erwartet man Quantisierungseffekte wie für Elektronen in einem Potentialkasten (Abschn. 6.1). Man spricht von einem zweidimensionalen Elektronengas (2 DEG). Gleichartige Effekte wie die an der einfachen modulationsdotierten Heterostruktur (Abb. 12.26 a) treten auf, wenn man epitaktisch zwei spiegelbildlich zueinander liegende Heterostrukturen oder gar eine ganze Serie von Schichten aus Halbleitern I und II mit unterschiedlicher Bandlücke aufeinander aufwachsen lässt (Abb. 12.26 b). Es bildet sich dann in der Bandstruktur eine Serie von sog. „Quantentöpfen“ aus, in denen sich die freien Elektronen des Leitungsbandes ansammeln. Man nennt eine solche Struktur wie in 12.7 Halbleiterheterostrukturen und Übergitter 449 Abb. 12.27. Temperaturabhängigkeit der elektronischen Beweglichkeit von quasi2 D-Elektronengasen in modulationsdotierten AlGaAs/GaAs-Strukturen; der schattierte Bereich umfaßt eine Vielzahl experimenteller Daten. Zum Vergleich sind Beweglichkeitskurven für homogen dotiertes GaAs mit Donatorkonzentrationen ND 4´1013 cm–3 und ND = 1017 cm–3 angegeben (gestrichelt). Die Begrenzung der Beweglichkeiten ist durch folgende Mechanismen gegeben: Streuung an ionisierten Störstellen (IS) (· · ·); Phonon-Streuung (P) (– · –); piezoelektrische Streuung (PE) (– ·· –). (Nach Morkoç [12.8]) Abb. 12.26 b ein Kompositionsübergitter, da dem Kristallgitter eine künstlich erzeugte größere periodische Struktur von Potentialtöpfen überlagert ist. Man spricht weiter von einem modulationsdotierten Übergitter, wenn wie in Abb. 12.26 b nur der Halbleiter I mit der größeren Bandlücke hoch n-dotiert ist, der Halbleiter II mit der kleineren Lücke hingegen sehr schwach dotiert ist. Die freien Elektronen in den Quantentöpfen des Halbleiters II sind wiederum von den Donatorstörstellen in Halbleiter I, von denen sie stammen, räumlich getrennt. Störstellenstreuung wird stark herabgesetzt und es werden senkrecht zur Übergittertranslation (z-Achse) extrem hohe Tieftemperaturbeweglichkeiten wie in Abb. 12.27 gefunden. Die in Abb. 12.26 b eingezeichneten Bandkrümmungen, positiv in Halbleiter I und negativ in Halbleiter II, entsprechen dem Vorzeichen der Raumladung im jeweiligen Gebiet. Eine eindeutige Verknüpfung ist über die Poisson-Gleichung (12.39) gegeben. Sind die Quantentöpfe in Abb. 12.26 b genügend eng, d. h. ist ihre Ausdehnung in z-Richtung kleiner oder in der Größenordnung von 100 Å, so treten wiederum wie in engen Raumladungszonen (Abb. 12.26 a) Quantisierungseffekte in z-Richtung deutlich in Erscheinung. Diese sog. z-Quantisierung wird unmittelbar klar, wenn wir die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung für ein Kristallelektron betrachten, das wie in Abb. 12.26 a und b in einer Richtung ( zAchse) „eingesperrt“ ist, während senkrecht dazu fast freie Beweglichkeit gegeben ist. Das Potential V ist dann nur eine Funktion von z und mit den drei effektiven Massenkomponenten mx , my , mz ergibt sich 450 12. Halbleiter h2 1 @ 2 1 @2 1 @2 2 mx @x2 my @y2 mz @z2 e V z w r E w r : 12:88 Durch einen Ansatz der Form w r uj zei kx xi ky y uj zei kk r ; 12:89 der der freien Beweglichkeit parallel zu den Schichten (mit Wellenvektor kk) Rechnung trägt, separiert sich (12.88) in zwei getrennte Differentialgleichungen h2 @ 2 e V z uj z ej uj z ; und 12:90 2 mz @z2 h2 @ 2 h2 @ 2 i kx xi ky y e Exy ei kx xi ky y : 12:91 2 mx @x2 2 my @y2 Gleichung (12.91) liefert als Lösungen Energieeigenwerte, die der freien Bewegung eines Elektrons senkrecht zu z entsprechen Exy h2 2 h2 2 h2 2 k k k : 2 mx x 2 my y 2 mk k 12:92 Für die Bestimmung von ej muss in (12.90) der genaue Potentialverlauf V (z) bekannt sein. Unter Berücksichtigung der Raumladung hängt V (z) natürlich von der Dichte der freien Elektronen und der ionisierten Donatorrümpfe ab, d. h. über die Elektronendichte gehen die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichten juj zj2 mit ins Potential ein. Gleichung (12.90) müsste also selbstkonsistent gelöst werden. In einfacher Näherung jedoch beschreibt man V (z) durch ein starres Rechteck-Kastenpotential (wie in Abschn. 6.1) im Fall der Quantentöpfe (Abb. 12.26 b) oder durch ein Dreieckpotential im Fall einer einfachen modulationsdotierten Heterostruktur (Abb. 12.26 a). Nimmt man im Fall des Kastenpotentials auch noch unendlich hohe „Potentialwände“ an, d. h. einfache stehende Elektronenwellen längs z in diesem Kasten, so folgt gemäß Abschn. 6.1 für die Energieeigenwerte ej ej ' h2 p2 j2 ; 2 mz dz2 j 1; 2; 3 . . . ; 12:93 wenn dz die Ausdehnung des Potentialtopfes in z-Richtung ist. Die Gesamtenergieeigenwerte eines solchen in z-Richtung gequantelten Elektronenzustandes Ej kk h2 kk2 ej 2 m k 12:94 werden durch eine Schar diskreter Energieparabeln längs kx und ky , sog. Subbändern, beschrieben (Abb. 12.28 b). Diese zweidimen- 12.7 Halbleiterheterostrukturen und Übergitter 451 sionalen (2 D)-Subbänder besitzen eine konstante Zustandsdichte D E dZ=dE, wie leicht zu sehen ist: Analog zu Abschn. 6.1 schließt man, dass im 2 D-reziproken Raum der Wellenzahlen kx, ky die Anzahl der Zustände dZ in einem Ring mit der Dicke dk und Radius k gerade durch dZ 2pk dk 12:95 2p2 gegeben ist. Wegen dE = h 2 k dk/mk erhält man für die Zustandsdichte 12:96 D dZ=dE mk =ph2 const ; wenn die Spinentartung durch einen Faktor 2 berücksichtigt wird. Die Gesamtzustandsdichte D (E) aller Subbänder ist somit eine Superposition von konstanten Beiträgen, eine Treppenfunktion wie in Abb. 12.28 c. Scharfe parabelförmige Subbänder wie in Abb. 12.28 b werden nur dann auftreten, wenn die Energieeigenwerte ej (12.93) scharfe Energieniveaus sind. Dies ist der Fall, falls es sich um einen einzelnen Potentialtopf im Leitungsband handelt, oder wenn in einem Übergitter die benachbarten Potentialtöpfe so weit voneinander entfernt sind, dass die entsprechenden Wellenfunktionen aus den ein- a b c Abb. 12.28 a–c. Quantisierung eines quasi-2 D-Elektronengases in einem dreieckigen Potentialwall, der sich in einer starken Anreicherungsrandschicht an einem Heteroübergang bei z = 0 ergibt. (a) Verlauf der Leitungsbandkante EL (z); EF ist das Fermi-Niveau. e1, e2, . . . sind die Energieniveaus, die sich aus der Quantisierung der Einelektronenzustände längs z ergeben. (b) Energieparabeln der Subbänder, aufgetragen längs kx einem Wellenvektor in der Ebene der freien Beweglichkeit senkrecht zu z. (c) Zustandsdichte des in Subbändern gequantelten quasi-2-DElektronengases 452 12. Halbleiter zelnen Potentialtöpfen sich nicht überlappen. Wird der Abstand zwischen den Potentialtöpfen so gering (kleiner als 50 bis 100 Å), dass ein merklicher Überlapp zwischen den Wellenfunktionen auftritt, dann führt dies zu einer Aufspaltung in Bänder. Diese Aufspaltung ist völlig analog zu der einzelner atomarer Energieniveaus bei Atomen, die sich in einem Kristallverband befinden (Abschn. 7.3). Abbildung 12.29 zeigt die theoretisch erwartete Aufspaltung der Subbandenergien e1, e2, . . . für den Fall eines Rechteck-Übergitters, bei dem die Breite der Potentialtöpfe dz der räumlichen Entfernung zweier Heteroübergänge entspricht. Man sieht, dass das energetisch tiefste Subband e1 unterhalb eines Periodizitätsabstandes von etwa 50 Å merklich verbreitert wird und in ein Band aufspaltet. Für höhere Subbänder tritt die Aufspaltung schon bei größeren Abständen der Potentialtöpfe auf. Der Effekt der Subbandaufspaltung, insbesondere die Abhängigkeit der Subbandenergien von der räumlichen Breite der Potentialtöpfe wird in Photolumineszenzexperimenten deutlich. Photolumineszenzspektroskopie ist eine wichtige optische Charakterisierungsmethode für Halbleiterheterostrukturen und Übergitter. Es handelt sich hierbei um die Umkehrung eines optischen Absorptionsexperimentes: Die Halbleiterstruktur wird mit monochromatischem Laser-Licht einer Photonenenergie oberhalb der Bandkante bestrahlt, d. h. es werden Elektron-Loch-Paare erzeugt, die die Subbänder des Leistungs- bzw. Valenzbandes des Halbleiters bzw. die entsprechenden exzitonischen Zustände (Abschn. 11.11) besetzen. Im Fall von direkten Halbleitern (Abschn. 12.1) ist die Rekombination der freien Elektronen mit den Defektelektronen mit einer starken Lumineszenzstrahlung verbunden, die im Fall scharfer Subbänder monochromatisch ist und bis auf exzitonische Bindungsenergien (Abschn. 11.11) dem energetischen Abstand der Subbänder für Elektronen und Löcher entspricht. Das Experiment muss bei tiefen Temperaturen durchgeführt werden, um die geringe energetische Abb. 12.29. Energiezustände von Elektronen, die in rechteckigen Potentialtöpfen des Leitungsbandes eines Kompositionsübergitters „eingesperrt“ sind (Einschub); die Potentialtöpfe haben eine Weite dz, die auch ihrem Abstand voneinander entspricht. Für die Rechnung wurde eine elektronische effektive Masse von m = 0,1 m0 angenommen. Die scharfen Kurven im schraffierten Gebiet folgen für einzelne Potentialtöpfe mit den entsprechenden Weiten dz; Potentialtöpfe in einem Übergitter führen bei genügend geringem Abstand zu einem Überlapp und damit zu einer Aufspaltung in Bänder (schraffierte Gebiete). (Nach Esaki [12.9]) 12.7 Halbleiterheterostrukturen und Übergitter 453 Aufspaltung der Subbandstruktur (e1, e2, . . . ) beobachten zu können. Die Beobachtung bei tiefer Temperatur ist auch der Grund dafür, dass Subband-Exzitonen stabil sind und die Rekombinationsstrahlung aus den exzitonischen Elektron-Loch-Zuständen erfolgt. Abbildung 12.30 zeigt ein Photolumineszenzspektrum, das an einer AlGaAs/GaAs-Vielfachschichtstruktur bei einer Temperatur von 2,7 K aufgenommen wurde. Die Schichtstruktur besteht aus vier GaAs-Quantentöpfen verschiedener Dicke (20, 30, 60, 100 Å), die zwischen Al0,3Ga0,7As-Barrieren eingebettet sind. Entsprechend den verschiedenen Dicken der Quantentöpfe werden vier scharfe unterschiedliche Lumineszenzlinien bei Photonenenergien zwischen 1,55 und etwa 1,75 eV beobachtet. Da die Subbänder dadurch gekennzeichnet sind, dass jeweils ein Vielfaches der halben Elektronenwelle in etwa in den Quantentopf hineinpassen muss, liefern dünnere Quantentöpfe weiter auseinander liegende Subbänder im Valenz- bzw. Leitungsband und damit energetisch höhere Übergangsenergien in der Photolumineszenz. Für eine genaue theoretische Auswertung der Beziehung zwischen Photonenenergie der Lumineszenzbande und der Quantentopfdicke muss natürlich noch berücksichtigt werden, dass die angeregten Elektron-Loch-Paare einer Coulombanziehung unterliegen und daher die Differenz der Elektronen- und Lochsubbänder nur bis auf eine Exzitonenbindungsenergie mit der ausgesandten Photonenenergie übereinstimmt. Da lokal variierende Dicken von Quantentöpfen verschiedene spektrale Lagen der ausgesandten Photolumineszenzlinien zur Folge haben, eignet sich hochaufgelöste Photolumineszenzspektroskopie sehr gut, um räumliche Schichtdickenschwankungen von Quantentopfschichten zu untersuchen. Neben den bisher betrachteten Kompositionsübergittern existiert ein zweiter Typ von Halbleiter-Übergittern, sog. Dotierungsübergitter. Hierbei besteht die Übergitterstruktur aus ein und demselben Halbleitermaterial, jedoch ist das Material in periodischer Abfolge abwechselnd n- und p-dotiert. Im Prinzip handelt es sich also um eine periodische Sequenz von p-n-Übergängen (Abschn. 12.6). Weil jeweils zwischen den n- und p-Zonen quasi-intrinsische (i) Abb. 12.30. Photolumineszenzspektrum, aufgenommen bei 2,7 K an einer Mehrfachquantentopfstruktur aus Al0, 3Ga0,7As/GaAs, die mittels MBE hergestellt wurde. Die verschiedenen Emissionslinien resultieren aus Elektron-Loch-Rekombinationsprozessen in den verschieden dicken Quantentöpfen (20 bis 100 Å). Das entsprechende Bänderschema (EL, EV) der Schichtstruktur mit Zuordnung der Quantentöpfe zu den Emissionslinien ist angedeutet. (Nach Förster [12.10]) 454 12. Halbleiter Bereiche vorhanden sind, haben diese Strukturen auch den Namen „ nipi-Strukturen “. Die Herstellung dieser Gitter geschieht auch in Epitaxieanlagen (MOCVD, MBE etc., Tafel XVII). Während des Wachstums werden abwechselnd p- und n-Dotierungsquellen angeschaltet. Die interessanten Eigenschaften von nipi-Übergittern zeigen sich in der ortsabhängigen elektronischen Bandstruktur (Abb. 12.31). Wegen der periodischen Abfolge von n- und p-dotierten Gebieten muss einmal die Leitungsband- und dann die Valenzbandkante nahe am Fermi-Niveau liegen. Dies führt zu einer räumlich periodischen Modulation der Bandkanten. Angeregte freie Elektronen (thermisch wie im Nichtgleichgewicht) befinden sich dann in den Leitungsbandminima, während angeregte Defektelektronen sich räumlich getrennt in den Maxima des Valenzbandes ansammeln. Diese räumliche Trennung von Elektronen und Löchern ist verantwortlich dafür, dass die Stoßrate zwischen diesen beiden Teilchen drastisch herabgesetzt wird. Als interessante Eigenschaft resultiert eine extrem hohe Lebensdauer von Elektronen und Löchern gegen Rekombination. Dies wird vor allem deutlich, wenn ElektronLoch-Paare durch Einstrahlen von Licht erzeugt werden. Ein Photostrom kann in solchen nipi-Strukturen wesentlich länger existieren als in homogen dotierten Halbleitern. Eine andere interessante Eigenschaft von Dotierungsübergittern betrifft die Bandlücke. Trotz weitgehender räumlicher Trennung von Elektronen- und Lochzuständen besteht ein gewisser Überlapp der Wellenfunktionen im Übergangsbereich (i-Bereich). Daraus resultiert die Möglichkeit optischer Übergänge sowohl in Absorption wie in Emission. Optische Übergänge erscheinen also infolge der Bandmodulation bei Quantenenergien unterhalb der Bandkante des homogen dotierten Halbleiters (Abb. 12.31). nipi-Strukturen haben eine effektive Bandlücke E eff g , die durch die jeweilige n- und p-Dotierung gezielt eingestellt werden kann. In einfachster Näherung geht man in der theoretischen Beschreibung wie beim p-n-Übergang (Abschn. 12.6) von vollständig ionisierten Störstellen aus und Abb. 12.31 a–c. Bänderschema eines Dotierungs-(nipi)-Übergitters, bei dem ein und dasselbe Halbleitermaterial (z. B. GaAs) abwechselnd n- und p-dotiert wird. (a) Qualitative räumliche Darstellung der Struktur. (b) Bänderschema im thermischen Gleichgewicht. (c) Bänderschema bei starker Anregung von Elektron-Loch-Paaren über das thermische Gleichgewicht hinaus 12.7 Halbleiterheterostrukturen und Übergitter 455 verwendet die Schottky-Näherung mit „ rechteckigen“ Raumladungsverteilungen. Wegen der Verknüpfung von Bandkrümmung mit Raumladungsdichte über die Poisson-Gleichung (12.39) ist unmittelbar einsichtig, dass eine Verringerung der Raumladung eine Abnahme der Bandkrümmung und damit ein Abflachen der Bandmodulation zur Folge hat. Die effektive Bandlücke wird größer (Abb. 12.31). Die Raumladung setzt sich zusammen aus ionisierten Donatoren (positiv) und Elektronen im n-Gebiet sowie aus ionisierten Akzeptoren (negativ) und Defektelektronen im p-Gebiet. Genügend hohe Anregung von Elektronen und Löchern, z. B. durch Lichteinstrahlung, verringert also die Raumladung und schwächt die Bandmodulation ab. Bei nipi-Übergittern wird die effektive Bandlücke abhängig von der Anregungsdichte optisch erzeugter Nichtgleichgewichtsladungsträger. Die effektive Bandlücke kann optisch verändert werden. Dies lässt sich leicht in einem Photolumineszenzexperiment (Abb. 12.32) zeigen, bei dem die Rekombinationsstrahlung von optisch angeregten Elektronen und Löchern in Abhängigkeit von der Laser-Anregungsleistung beobachtet wird [12.11]. An einem GaAs-nipi-Übergitter mit einer p- und n-Dotierung von etwa 1018 cm–3 und einer Translationsperiode von etwa 800 Å erscheint die Bandkantenlumineszenzlinie bei niedriger Anregungsleistung knapp oberhalb von 1,2 eV (Abb. 12.32), während homogen dotiertes GaAs bei 2 K eine Bandlücke von etwa 1,5 eV hat. Mit wachsender Anregungsleistung verschiebt sich die Lumineszenzlinie zu höheren Energien bis in den Bereich der GaAs-Bandkante, so wie man bei Abnahme der Bandmodulation erwarten würde. Halbleiterheterostrukturen und Übergitter haben wegen ihrer völlig neuen Eigenschaften, die bei homogenen Halbleitern nicht auftreten, eine „neue Dimension“ im Bereich der Mikroelektronik geöffnet. Neue Bauelementkonzepte sowohl im Bereich sehr schneller Schaltungen wie auch in der Optoelektronik werden möglich. Die Entwicklung auf diesem Gebiet ist erst am Anfang [12.12]. Abb. 12.32. Photolumineszenzspektren, gemessen an einem GaAs-nipi-Übergitter, das mittels metallorganischer MBE (MOMBE) auf einem GaAs-Wafer mit (100)-Orientierung abgeschieden wurde; p-Dotierung durch Kohlenstoff. n-Dotierung durch Si. Die Spektren wurden mit verschiedenen Anregungsleistungsdichten und einer Photonenenergie von 1,92 eV bei 2 K aufgenommen. (Nach Heinecke et al. [12.11]) 456 12. Halbleiter 12.8 Wichtige Halbleiterbauelemente Moderne Informationstechnik basiert auf integrierten Halbleiterschaltkreisen (IC) für Datenverarbeitung (Logik) und Speicherung und, soweit der Datentransfer wie z. B. in Netzwerken mittels Glasfaser erfolgt, auf optoelektronischen Bauelementen, wie Detektoren, optischen Emittern, lichtemittierenden Dioden (LEDs) und Halbleiterlasern. Während über 90% aller Halbleiter-ICs auf Siliziumwafern hergestellt werden, sind die wichtigsten Ausgangsmaterialien für optoelektronische Bauelemente III–V-Halbleiter, vor allem GaAs. Der Grund ist, dass höchste Integrationsdichte, d. h. kleinste Strukturgrößen, einfacher auf dem Elementhalbleiter Silizium zu erreichen sind, während für optoelektronische Bauelemente die weitaus stärkere Ankopplung des elektromagnetischen Feldes an elektronische Bandübergänge bei direkten III–V-Halbleitern wesentlich ist. Für Logik- und Speicherschaltkreise in der Informationstechnik wie auch für Leistungselektronik sind Transistoren die wichtigsten aktiven Bauelemente. Transistoren sind sog. Dreitorbauelemente, d. h. Schalter, bei denen ein Eingangssignal an einem Kontakt Ströme oder Spannungen zwischen zwei anderen Kontakten schaltet. Transistoren sind gleichzeitig Verstärker für Strom und/oder Spannung. Die wesentlichen optoelektronischen Bauelemente, Detektoren, lichtemittierende Dioden und Laser sind demgegenüber Zweitorbauelemente (Dioden), bei denen nur Stromfluss über zwei Kontakte erforderlich ist. Bauelemente lassen sich nach einem weiteren Kriterium unterscheiden: je nachdem, ob nur eine Ladungsträgersorte die wesentliche Bauelementfunktion trägt, oder ob beide Ladungsträgerarten, Elektronen und Löcher, beteiligt sind, spricht man von unipolaren oder bipolaren Bauelementen. Mit Hilfe dieses Kriteriums können wir die beiden wichtigen Klassen von Transistoren unterscheiden, nämlich Bipolartransistoren und Feldeffekt-Transistoren (FETs), die unipolaren Charakter haben. Laser, bei denen die Lichtemission aus der Rekombination von Elektronen und Löchern resultiert, sind in diesem Sinne auch bipolare Bauelemente. Der Bipolartransistor Der klassische Bipolartransistor, der 1947 von Bardeen, Brattain und Shockley in den Bell-Laboratorien (USA) erfunden wurde, besteht aus zwei gegeneinander geschalteten pn-Übergängen (Abb. 12.33a). Dementsprechend gibt es npn- und pnp-Transistoren, die sich dadurch voneinander unterscheiden, dass im ersten Fall (npn) Elektronen, im zweiten Fall (pnp) Löcher den Hauptstrom tragen, obwohl, wie der Begriff „bipolar“ ausdrückt, beide Ladungsträgersorten an der Funktion des Bauelementes mitwirken. In Abb. 12.33 a ist die Verschaltung eines npn-Transistors schematisch dargestellt: Der erste n+p-Übergang (hohe n-Dotierung, 12.8 Wichtige Halbleiterbauelemente 457 Elektronenfluss mäßige p-Dotierung) ist in Durchlassrichtung gepolt, so dass über eine enge Raumladungszone mit niedrigem Widerstand eine hohe Konzentration von Elektronen aus dem sog. n+-Emittergebiet in die p-dotierte Basiszone „hinüberflutet“. Diese aus der Emitterzone emittierten Elektronen sind in der Basis Minoritätsladungsträger. Ihre Tendenz, mit den dort in hoher Zahl vorhandenen Löchern zu rekombinieren, ist groß. Ist jedoch, wie bei einem effizienten Transistor, diese Basiszone räumlich sehr kurz (im Vergleich zur Rekombinationslänge), so gelangt ein Großteil der Elektronen ohne Rekombination in den angrenzenden p(Basis)-n(Kollektor)-Übergang, der in Sperrrichtung gepolt ist. Wie aus dem Bänderschema in Abb. 12.33 c ersichtlich ist, geraten diese Überschusselektronen in das starke, beschleunigende Feld dieser ausgedehnten pn-Raumladungszone und werden in das Kollektor-Gebiet hineingezogen. Bei genügend schmaler Basiszone ist der Kollektorstrom IC nur geringfügig kleiner als der Emitterstrom IE, nämlich gerade um den Anteil IBn, der in der Basis durch Rekombination mit zufließenden Löchern (Majoritätsladungsträger) verloren geht (Abb. 12.33 b). Der Kollektorstrom ist im wesentlichen durch die an Emitter und Basis anliegende Durchlassspannung UEB und deshalb auch durch Abb. 12.33. Schema und Funktionsweise eines npn-Bipolartransistors. (a) Schematischer Aufbau des Transistors mit Verschaltungsskizze in der sog. Basisschaltung; die Raumladungszonen der in Flussrichtung geschalteten Emitter (E)-Basis (B) und in Sperrrichtung gepolten Basis (B)-Kollektor (C)-Übergänge sind schattiert angedeutet. (b) Schematische Darstellung der bei der Transistorfunktion mitwirkenden Ströme. Der für die Funktion des npn-Transistors wichtige Elektronenfluss von der Basis zum Kollektor ist schraffiert eingezeichnet. Stromrichtungen sind in technischer Konvention angegeben (IE, IC, IB etc.). (c) Elektronisches Bänderschema E (x) längs einer Raumrichtung x von Emitter über Basis zum Kollektor hin, bei anliegender Emitter-Basisspannung UEB und Basis-Kollektorspannung UBC; ELE, EVE und ELC, EVC sind Leitungs- bzw. Valenzbandkante in der Emitter (E)- bzw. Kollektor (C)-Region; EFE, EFC sind die Quasi-Fermi-Niveaus in der Emitterbzw. Kollektorregion. In der Basisregion ist ein unerwünschter Elektron-LochRekombinationsprozess angedeutet (gestrichelte Pfeile) 458 12. Halbleiter den Basisstrom IB bestimmt. Man kann also den Kollektorstrom IC als durch den Basisstrom IB kontrolliert auffassen. Die Sperrspannung UBC am Basis-Kollektor-Übergang hat dagegen nur geringen Einfluss auf IC. Der von außen in die Basis fließende Strom IB setzt sich aus drei Anteilen zusammen. Der Anteil IBn entsteht durch Rekombination von Löchern mit aus dem Emitter fließenden Elektronen. Der Löcherstrom IEp (Majoritätsladungsträger in der Basis) diffundiert über die Valenzbandbarriere in den Emitter. Einen dritten Anteil ICp bilden die im Kollektor thermisch erzeugten Löcher (dort Minoritätsladungsträger), die über das zwischen Basis und Kollektor bestehende Sperrfeld in die Basis hinein beschleunigt werden (Abb. 12.33b). Damit ergeben sich folgende Beziehungen zwischen den verschiedenen Stromanteilen: IE IEn IEp ; 12:97 a IC ICn ICp 12:97 b IB IE IC IEp IBn ICp : 12:97 c Da der Basisstrom IB typisch unterhalb von 1% des Kollektorstromes liegt, lässt sich der Kollektorstrom, der als Emitter-Basisstrom über die Basis in den Kollektor hineingezogen wird, vereinfachend aus der Beziehung für den p-n-Übergang (12.74) hinschreiben [12.4]: IC IE A eDn nB exp eUEB =k T Ln 1 ; 12:98 wo A die stromführende Fläche des Transistors, Dn die Diffusionskonstante der Elektronen in der Basis, nB deren Gleichgewichtskonzentration dort und Ln die elektronische Diffusionslänge in der p-dotierten Basis sind. Da die Diffusionslänge Ln mit der Diffusionslebensdauer sn bzw. Diffusionszeit zusammenhängt über p Ln = Dn sn , kann man Dn/Ln als eine Diffusionsgeschwindigkeit der Elektronen in der Basis auffassen, so dass der Strom (12.98) als ein Produkt aus der Zahl der in die Basis injizierten Elektronen und der Diffusionsgeschwindigkeit aufgefaßt werden kann. Letztere bestimmt also maßgeblich die Geschwindigkeit des Transistors. Der exponentielle Anstieg des Kollektorstromes mit der BasisEmitterspannung UEB ist in Abb. 12.34 b dargestellt. Diese Darstellung wird als Übertragungskennlinie bezeichnet. Die sog. Ausgangskennlinien IC (UCE) sind in Abb. 12.34 c dargestellt. Sie zeigen im wesentlichen das Verhalten des gesperrten Basis-Kollektorpn-Übergangs, da der Emitter-Basis-Widerstand sehr klein ist. Die Ausgangskennlinien stellen also Sperrströme einer pn-Diode dar, bei der die Höhe des Sperrstroms durch die Emitter-Basis-Spannung UEB gesteuert wird. Bipolartransistoren können entsprechend verschiedener Anwendungsbereiche in drei verschiedenen Grundschaltungen betrieben werden [12.13], benannt danach, welcher Kontakt auf Erdpotential liegt. In der Basisschaltung (Basis auf Erdpotential), die auch 12.8 Wichtige Halbleiterbauelemente 459 Abb. 12.34. (a) Aufbau eines planar hergestellten Bipolartransistors. Verschieden dotierte Emitter-, Basis- und Kollektorregionen sowie die dazwischen liegenden Raumladungszonen (E/B und B/C, unschattiert) sind verschieden stark schattiert angedeutet. Die dargestellte Schnittrichtung durch die Struktur längs AA ist in der Aufsicht auf die metallischen Kontakte (E, B) angegeben (Einschub). (b) Übertragungskennlinie eines Bipolartransistors (Nach Tietze und Schenk [12.13]). (c) Ausgangskennlinienfeld eines Bipolartransistors mit der Emitter-Basisspannung UEB als Parameter. Änderungen im Kollektorstrom DIC als Funktion von DUEB werden durch die Steilheit gm = @IC/@UEB beschrieben. (Nach Tietze und Schenk [12.13]) schon den Überlegungen zur Abb. 12.33 zugrunde lag, ist der Kollektor-Ausgangsstrom IC immer um den Basisstromanteil IBn (IBnIC) kleiner als der Eingangsstrom IE. Jedoch können signifikante Spannungs- und Leistungsverstärkungen erzielt werden, weil im Eingangskreis des Transistors der niederohmige, in Durchlassrichtung gespannte, Emitter-Basis-pn-Übergang liegt, während der Ausgangsstrom IC (&IE) über den hochohmigen, gesperrten BasisKollektor-pn-Übergang fließt und damit einen großen Lastwiderstand mit hohem Spannungsabfall im Ausgangskreis ermöglicht. In der häufiger verwendeten Emitterschaltung liegt der Emitteranschluss des Transistors auf Erdpotential und der im Verhältnis zum Kollektorstrom geringe Basisstrom IB steuert als Eingangsstrom den Kollektorstrom. In dieser Schaltungsart zeigt der Transistor offensichtlich Stromverstärkung. Neben der Stromverstärkung sind die in Abb. 12.34 c erklärte Steilheit gm @IC =@UEB und die sog. Emittereffizienz c = @IEn/@IE wichtige Charakterisierungsgrößen eines Bipolartransistors. Die Emittereffizienz gibt an, welcher Bruchteil des gesamten Emitterstromes IE wirklich von den Majoritätsladungsträgern und nicht von Löchern aus der Basisregion getragen wird. Zwecks Steigerung der Schnelligkeit möchte man den Leitwert der Basis erhöhen; dies verlangt höhere Basisdotierungen, was wiederum den Rückstrom IEp von Löchern in den Emitter erhöht und damit die Emittereffizienz c verringert. Einen Ausweg aus diesem Problem bieten moderne Hetero-Bipolartransistoren (HBT), bei denen die Emitterzone in Form einer Heterostruktur aus einem Halbleiter mit 460 12. Halbleiter größerer Bandlücke (z. B. AlGaAs auf GaAs) epitaktisch auf die Basis-Kollektorschichten abgeschieden wird. Bei einer merklichen Banddiskontinuität im Valenzband (Abschn. 12.7) verhindert die Valenzbandbarriere den erhöhten Rückstrom von Löchern aus der Basis in den Emitter trotz hoher p-Dotierung der Basis. Ähnliche Konzepte sind möglich, indem als Basismaterial Halbleiter mit geringerer Bandlücke als beim Emittermaterial eingesetzt werden. Feldeffekt-Transistoren (FET) Feldeffekt-Transistoren sind prinzipiell Widerstände, die durch eine äußere Spannung gesteuert werden. Von daher ist ihr Aufbau einfacher. Da nur eine einzige Ladungsträgersorte gesteuert wird, handelt es sich um unipolare Bauelemente. Ein FET besteht also prinzipiell aus einem Stromkanal mit zwei Kontakten, „Source“ (Quelle) und „Drain“ (Abfluss). Ein dritter Steuerkontakt, das „Gate“ (Tor), ist über eine hochohmige Barriere vom leitenden Kanal getrennt und gestattet das Anlegen einer Steuerspannung gegenüber dem Kanalpotential. Über diese Steuerspannung kann mehr oder weniger Ladung im Kanal influenziert und dadurch der Kanalwiderstand modifiziert werden. Es gibt drei Haupttypen von FETs (Abb. 12.35), die sich im wesentlichen durch die Art des Kanals und durch die Gatebarriere unterscheiden. Der wichtigste Transistor, der die Basis für alle hochintegrierten Silizium-Logik- und Speicherschaltkreise darstellt, ist der MOSFET (metal oxide semiconductor FET) (Abb. 12.35 a). In der Aufsicht sind für FETs jeweils drei längliche, fingerartige Metallkontakte (S, G, D) charakteristisch (Abb. 12.35 a). Der schematische Querschnitt des MOSFET zeigt den Aufbau darunter: Source und Drain-Gebiet unter den Metallkontakten bestehen aus hochdotierten n+-Wannen, die durch Ionenimplantation in einem pdotierten Siliziumwafer erzeugt werden. Zwischen den beiden n+Wannen liegt also ein p-dotiertes Gebiet. Beim Anlegen einer Source-Drainspannung ist einer der pn-Übergänge gesperrt, so dass zwischen Source und Drain nur ein sehr geringer Strom fließt. Durch eine Oxidschicht (SiO2) ist das p-Gebiet zwischen den n+Wannen von der metallischen Gateelektrode getrennt. Wird nun eine genügend hohe positive Gatespannung UG (bezogen auf SourcePotential) angelegt, so fällt diese natürlich über der SiO2-Isolatorschicht ab und das elektronische Bänderschema unterhalb des Gates verbiegt sich (Abb. 12.35a), so dass aus der anfänglichen (UG = O) p-Randzone im Silizium durch Inversion (Ei < EF) eine starke n-Anreicherungsrandschicht unterhalb des Gateoxids wird. Die beiden n+-Wannen des Source- und Draingebietes sind dann leitend miteinander über den n-Anreicherungskanal verbunden. Der Transistor ist durch die positive Gatespannung von „zu“ nach „auf“ geschaltet worden. Die Funktion des MOSFET hängt ganz wesentlich von der Perfektion der SiO2-Schicht und deren Grenzfläche zum darunter liegenden Si-Kanal ab. Störstellen im Oxid oder an der Grenzfläche 12.8 Wichtige Halbleiterbauelemente 461 n-GaAs Abb. 12.35. Schematischer Aufbau und elektronische Bänderschemata längs einer Achse senkrecht zur Waferoberfläche unterhalb der metallischen Gate-Elektrode für die drei wichtigsten Typen von Feldeffekt-Transistoren (FET): (a) MOSFET (metal-oxide-semiconductor FET) nur auf Si-Basis mit SiO2 als Oxid realisierbar; ch leitender Kanal, L Kanallänge. Aus technologischen Gründen wird die metallische Gate-Elektrode aus hoch in die Entartung dotiertem polykristallinen Silizium (polySi) gefertigt. (b) MESFET (metal-semiconductor FET), bevorzugt auf III–V-Halbleiterbasis, z. B. GaAs; (c) HEMT (high electron mobility transistor), bevorzugt auf III–V-Halbleiterheterostrukturen, z. B. AlGaAs/GaAs; der leitende Kanal wird durch ein 2-dimensionales Elektronengas (2DEG) gebildet, das über hoch n+-dotierte Zonen leitend an die Source- und Drainkontakte angeschlossen ist. Die Bänderschemata sind gezeichnet für den spannungslosen Fall (Gate-Spannung UG = 0, oben) und darunter für positive Gatespannung UG (MOSFET) bzw. negative Gatespannung (MESFET, HEMT); EF (Quasi) Fermi-Niveau, EL Leitungsbandkante, EV Valenzbandkante, Ei intrinsisches Energieniveau würden bei Veränderung der Gatespannung gleichfalls umgeladen, so dass dann nur ein geringer Teil der Gatespannung für die Steuerung der Inversionsschicht wirksam würde. Die Möglichkeit, dünne geschlossene Oxidschichten der gewünschten hohen Volumen- und Grenzflächenqualität herzustellen, bietet aber nur Silizium. MOSFETs können also nur auf Siliziumwafern hergestellt werden. Insbesondere III–V-Halbleiter wie GaAs, die wegen ihrer höheren Elektronenbeweglichkeit dem Silizium an Schnelligkeit überlegen sind, können nicht mit perfekten Oxidschichten bedeckt werden. Selbst bei hervorragenden Volu- 462 12. Halbleiter meneigenschaften einer Isolatorschicht würde die Grenzfläche zwischen dem GaAs und dem Gate-Isolator hohe Defektdichten aufweisen, die zum Teil durch Nichtstöchiometrie zustande kommen. Von daher ist bei III–V-Halbleitern der MESFET (metal semiconductor FET) (Abb. 12.35 b) der gängigste FET. Auf ein intrinsisches (i) oder sog. semi-isolierendes GaAs-Substrat (Cr-dotiert), wo das Fermi-Niveau EF nahe der Mitte des verbotenen Bandes liegt, wird n-dotiertes GaAs als dünne kristalline Schicht abgeschieden, oder durch Ionenimplantation erzeugt. Da in dieser Schicht freie Elektronen von den Donatoren herrührend in hoher Zahl vorhanden sind, liegt die Leitungsbandkante hier nahe an EF, so dass sich ein leitender n-Kanal ausbildet, der nach oben hin durch die Schottky-Verarmungsrandschicht unter der unmittelbar auf das GaAs aufgedampften metallischen Gateelektrode begrenzt ist. Wie in Abschn. 12.6 ausgeführt, ist in einer solchen MetallGaAs-Schottky-Barriere das Fermi-Niveau an der Grenzfläche nahe der Mitte des verbotenen Bandes „gepinnt“, so dass sich unterhalb der Gate-Metallelektrode die elektronischen Bänder vom leitenden n-Gebiet zur Metallelektrode hin wieder aufwärts biegen. Das metallische Gate ist also vom n-Kanal über eine Zone hohen Widerstands getrennt. Source- und Drain-Kontakte sind demgegenüber als niederohmige leitende Kontakte ausgebildet, was durch eine lokale, sehr hohe n+-Dotierung unter der Metallisierung geschehen kann. In der Anordnung in Abb. 12.35 b besteht also bei UG = O zwischen Source und Drain ein leitender n-Kanal, der durch Anlegen einer negativen Spannung UG ans Gate abgeschnürt wird, indem das Fermi-Niveau des metallischen Gate gegenüber dem Fermi-Niveau EF im i-GaAs angehoben wird. Da wegen des „pinning“ des Fermi-Niveaus nahe der Bandmitte (UB = const) auch das gesamte Bandschema dabei „angehoben“ wird, verarmt die Kanalzone an Elektronen, sie wird nichtleitend. Der Transistor schaltet bei Anlegen einer genügend hohen negativen Gatespannung von „auf“ nach „zu“. Die Funktion hängt natürlich empfindlich von der Dicke der n-dotierten Schicht im Vergleich zur Ausdehnung der Schottky-Verarmungsrandschicht (typisch 50 nm) unter der Gate-Metallelektrode ab. Komplementär zu diesem beschriebenen „Normal-Auf“ („Normally-On“)-MESFET führt ein dünnerer n-GaAs-Kanal mit einer zur Schottky-Verarmungsrandschicht vergleichbaren Kanaldicke zu einem „Normal-Zu“ („Normally-Off“)-Transistor, bei dem durch Anlegen einer genügend großen positiven Gatespannung eine unter dem Gate abwärts weisende Bandverbiegung den Kanal öffnet und den Transistor nach „auf“ schaltet. Seit man Halbleiterheterostrukturen hoher Qualität mittels moderner Epitaxieverfahren (MBE, MOCVD, Tafel XVII) herstellen kann, hat sich für extrem hohe Frequenzen (20–100 GHz) der besonders schnelle und rauscharme HEMT (high electron mobility transistor) als eine Weiterentwicklung des MESFET, insbesondere für Radaranwendungen und Satellitenkommunikation etabliert 12.8 Wichtige Halbleiterbauelemente 463 (Abb. 12.35 c). Der HEMT ist ein Heterostruktur-FET, der genau wie ein MESFET über eine Schottky-Barriere unter dem metallischen Gate geschaltet wird, bei dem der n-Kanal jedoch durch ein modulationsdotiertes 2DEG an der Grenzfläche zwischen einer AlGaAs/GaAs-Heterostruktur gebildet wird (Abschn. 12.7). Die hohe Elektronenkonzentration von typisch 2´1012 cm–2 im 2DEG rührt von Donatoren in der n+-AlGaAs-Barriere her, so dass der Kanal weitgehend frei von Streuzentren ist, was die hohe KanalBeweglichkeit und Rauscharmut des Transistors bewirkt. Eine Variationsmöglichkeit, die bei allen drei Typen von FETs gegeben ist, besteht darin, die jeweiligen Dotierungen zu invertieren (p nach n). Man erhält dann gleichartige Funktionen der Transistoren, die aber bei invertierten anliegenden Potentialen (plus nach minus) jeweils durch Löcher statt durch Elektronen getragen werden. Löcher haben größere effektive Massen als Elektronen. Ihre Beweglichkeit ist daher geringer und die p-Kanal-FETs sind langsamer als ihre n-Kanal-Analoga. Dennoch beruhen fast alle modernen digitalen Siliziumschaltkreise heute auf Kombinationen aus jeweils einem p- und einem n-Kanal MOSFET (CMOS = complementary MOS). Die Gegeneinanderschaltung dieser beiden Transistoren ermöglicht den Aufbau logischer Gatter, die wegen der entgegengesetzten Spannungspolaritäten an den Transistoren nur Strom führen, wenn der Schaltvorgang zwischen verschiedenen Bit-Operationen stattfindet. CMOS-Schaltungen sind deshalb extrem leistungsarm, ein großer Vorteil bei immer höherer Integrationsdichte. Die verstärkende Wirkung von FETs rührt daher, dass sehr kleine Gateströme bereits genügend Ladung auf das Gate bringen, um wesentlich größere Source-Drain-Ströme zu schalten. Wegen des wesentlich höheren Widerstandes der dünnen SiO2-Gate-Isolation beim MOSFET im Vergleich zum Widerstand der SchottkyBarriere bei MESFET und HEMT fließen beim MOSFET natürlich kleinere Gateströme. Wichtige Kenngrößen eines FET sind die Steilheit g (Änderung des Drainstroms mit der Gatespannung) und die Gatekapazität Cg. Das Verhältnis von Steilheit zu Kapazität bestimmt die maximale Frequenz f = g/Cg, bei der der FET noch effektiv arbeitet. Um die Hochfrequenzeigenschaften eines FET zu verbessern, gilt es also, seine Gatekapazität möglichst klein und seine Steilheit möglichst groß zu machen. Sehr schnelle HEMTs im Materialsystem GaInAs/InP erreichen bei Kanallängen von 0,10 lm heute Steilheiten von etwa 600 mS/mm und obere Grenzfrequenzen fmax&300 GHz, bei denen die Leistungsverstärkung gerade auf 1 abfällt [12.14]. Typische Source-Drain-Strom-Spannungskennlinien ISD (USD) von FETs, in diesem Fall von MOSFETs, sind in Abb. 12.36 dargestellt, mit der Gatespannung UG als Parameter. Für kleine USD, wo die Inversionsrandschicht entlang des Kanals fast nicht von USD abhängt, ist der Strom ISD näherungsweise proportional zur anliegenden Spannung USD (quasi-Ohmsches Verhalten). Wachsen- 464 12. Halbleiter Abb. 12.36. Kennlinienfelder von SiMOS-Feldeffekttransistoren (MOSFET): Source/Drain-Strom ISD als Funktion der Source/Drain-Spannung USD mit Gate-Spannung UG als Parameter (a) für einen Kurzkanal-MOSFET (GateLänge Lg = 0,6 lm, Gate-Weite 5 lm); (b) für einen Langkanal-MOSFET (Gate-Länge Lg = 10 lm, Gate-Weite 5 lm). (Nach Mühlhoff und McCaughan [12.15]) de Source-Drain-Spannung USD führt zu einem merklichen Potentialgefälle längs des Kanals auf der Halbleiterseite, während das Potential auf der Gateseite durch das metallische Gate konstant gehalten wird. Entlang des Kanals erhöht sich also die Spannung, die quer zum Kanal abfällt. Dies führt zu einer längs des Kanals abnehmenden Kanaldicke (12.80), wodurch die Sättigung des Stroms ISD oberhalb von Spannungen USD > 2 V bewirkt wird. Die Abhängigkeit des Sättigungsstroms ISD vom Parameter Gatespannung UG ist für Kurzkanaltransistoren und Langkanaltransistoren verschieden. In kurzen Kanälen (Abb. 12.36 a) erreichen die Ladungsträger wegen der hohen Feldstärke zwischen Source und Drain die konstante Sättigungsgeschwindigkeit v s (Abb. 12.15). Der Strom ISD wächst proportional zur influenzierten Ladung und damit proportional zur Gatespannung UG (Abb. 12.36 a). Im Fall langer Kanäle muss man in Betracht ziehen, dass die Potentialdifferenz zwischen Gate und Kanal längs des Kanals variiert. Im Sättigungsbereich bei hohen Source-Drain-Spannungen kann das Gate in der Nähe des Source-Kontaktes gegenüber dem Kanal positiv geladen sein, während es nahe am Drain in Bezug auf den Kanal noch negativ ist. Folglich ist der Kanal in der Nähe des Drain-Kontaktes verengt und damit hochohmig. Eine höhere positive Gate-Spannung ändert somit nicht nur die lokale Ladungsträgerkonzentration sondern auch die Länge, längs der der Kanal hochohmig ist. In diesem Fall ergibt sich eine quadratische Abhängigkeit des Source-Drain-Stromes ISD von der Gate-Spannung UG (Abb. 12.36 b). Ähnliche Kennlinien wie hier für den MOSFET diskutiert, werden auch für MESFET und HEMT gefunden. 12.8 Wichtige Halbleiterbauelemente 465 Halbleiterlaser Optoelektronische Bauelemente, wie Photodetektoren, Solarzellen, lichtemittierende Dioden (LED) und Laser, beruhen auf der Wechselwirkung eines Lichtfeldes mit elektronischen Anregungen im Halbleiter. Diese Wechselwirkung beinhaltet drei Prozesse: Absorption von Lichtquanten durch Anregung von Elektronen aus dem Valenzband ins Leitungsband (oder zwischen Störstellen im verbotenen Band), der dazu inverse Prozess, die stimulierte Emission, bei der durch das einfallende Photon ein Elektron aus dem angeregten Zustand in den Grundzustand übergeht, und die spontane Emission. Absorption und stimulierte Emission sind abhängig von der Feldstärke E x des Lichtfeldes (Abschn. 11.10). Anregung und Aussendung des Photons sind kohärent mit dem Lichtfeld gekoppelt, anregende und emittierte Lichtwellen stehen in fester Phasenbeziehung. Im Unterschied dazu gibt es bei der spontanen Emission keine kohärente Kopplung an das Lichtfeld. Für Photodetektoren und Solarzellen ist die Absorption der entscheidende Prozess. Lichtemittierende Dioden (LED) beruhen im wesentlichen auf spontaner Emission, während bei Lasern die stimulierte kohärente Emission der entscheidende Prozess ist. Für alle drei Prozesse gilt die Energieerhaltung hx E2 E1 ; 12:99 mit hx der Photonenergie und E2 und E1 den Energien des angeregten bzw. Grundzustandes. Im stationären Zustand unter Einstrahlung von Licht müssen die Übergangsraten sich kompensieren. Bezeichnet man mit A21 die Wahrscheinlichkeit für spontane Emission und mit B21 und B12 die Wahrscheinlichkeit für stimulierte Emission und Absorption und ferner mit n1 und n2 die Besetzungszahlen im Grund- und Endzustand, so gilt im stationären Zustand für die Raten n_ 2 B21 n2 jE xj2 A21 n2 B12 n1 jE xj2 n_ 1 0 : 12:100 Die Koeffizienten B21 und B12 entsprechen bis auf Faktoren den Quadraten der Matrixelemente xij für stimulierte Emission bzw. Absorption (11.93). Die beiden Koeffizienten B21 und B12 sind deswegen einander gleich (11.93); n1 und n2 sind die Besetzungszahlen für Grund- und Endzustand der Anregung. Das Verhältnis von stimulierter zu spontaner Emissionsrate ist n_ 2stim =n_ 2spon B21 jE xj2 : A21 12:101 Da die Laserfunktion ein Überwiegen der stimulierten Rate verlangt, wird der Laser als optischer Resonator für stehende Lichtwellen mit der auszusendenden Wellenlänge ausgebildet, wodurch eine hohe Feldstärke erzeugt wird. Beim Laser muss weiter die sti- 466 12. Halbleiter mulierte Emissionsrate die Absorptionsrate überwiegen. Unter Vernachlässigung der spontanen Emission und unter Berücksichtigung von B21 = B12 erhält man aus (12.100) die Laserbedingung n_ 2 n2 n1 B21 jE xj2 < 0 d: h: n2 > n1 : 12:102 Diese Bedingung wird als Besetzungsinversion (vgl. Übung 11.8) bezeichnet, da unter Gleichgewichtsbedingungen das Umgekehrte gilt. Besetzungsinversion wird durch „Pumpen“ in den angeregten Zustand erreicht. Beim Halbleiterlaser speziell wird hierzu ein pnÜbergang in Durchlassrichtung gepolt und mit Nichtgleichgewichtselektronen und -löchern überflutet. In (12.100–12.102) war vorausgesetzt, dass die Endzustände der Übergänge jeweils unbesetzt waren, dass also die Wahrscheinlichkeit für Nicht-Besetzung gleich „eins“ war. Dies ist für ein Ensemble von einzelnen Atomen gegeben, bei denen jeweils die Besetzung des angeregten Zustandes aus der Nicht-Besetzung des Grundzustandes resultiert. Für die Zustände an der Valenz-(EV) bzw. Leitungsbandkante (EL) eines Halbleiterlasers, die durch Stromfluss besetzt werden, gilt dies nicht und die Übergangsraten müssen proportional zur Anzahl der besetzten Anfangszustände und zur Anzahl der unbesetzten Endzustände angenommen werden. Damit ergibt sich die Bedingung für Besetzungsinversion in einem pn-Übergang, der in Durchlassrichtung gepolt ist. B21 DL EL DV EV f EL 1 f EV B12 DV EV D EL f EV 1 f EL < 0 : 12:103 Hierbei werden die besetzten und unbesetzten Bereiche des Leitungs- bzw. Valenzbandes näherungsweise als scharfe Niveaus bei EL bzw. EV beschrieben und die Integrale über die jeweiligen Energiebereiche (*kT) durch konstante Zustandsdichten DL (EL) bzw. DV (EV) genähert. f (E) ist die Fermi-Besetzungswahrscheinlichkeit, die bei hohen Dotierungen nicht durch die BoltzmannVerteilung genähert werden darf. Wegen B21 = B12 folgt aus (12.103): f EL 1 f EV > f EV 1 f EL f EL > f EV : 12:104 a 12:104 b Mit der Fermi-Funktion als Näherung in der Nähe des Gleichgewichts und E nF , E pF als Quasi-Fermi-Niveaus im n- bzw. p-Gebiet (Abb. 12.37) f EL 1 exp EL EFn =kT 1 ; 12:105 a f EV 1 exp EV EFp =kT 1 ; 12:105 b folgt damit als Bedingung für die Besetzungsinversion E nF E pF > EL EV Eg ; 12:106 12.8 Wichtige Halbleiterbauelemente 467 Abb. 12.37. Elektronische Bänderschemata E (x) von pn-Halbleiter-Laserstrukturen längs einer Achse x senkrecht zur Schichtstruktur: (a) in die Entartung dotierter p++n– –-Übergang ohne äußere Spannung (thermisches Gleichgewicht); (b) gleicher p++n– –-Übergang mit maximaler Vorspannung U in Flussrichtung; (c) Doppelheterostruktur-pin-Übergang aus p-AlGaAs/i-GaAs/n-AlGaAs mit maximaler Vorspannung U in Flussrichtung. EnF , EpF bezeichnen die Quasi-Fermi-Niveaus im n- bzw. p-Gebiet, EL, EV Leitungs- bzw. Valenzbandkanten d. h. die Quasi-Fermi-Niveaus im n- und p-Gebiet müssen energetisch weiter voneinander entfernt sein als die Breite des verbotenen Bandes. p- und n-Gebiete müssen also weit in die Entartung dotiert sein, damit durch eine außen anliegende Durchlassspannung U = (E nF –E pF)/e Besetzungsinversion erreicht werden kann (Abb. 12.37 a, b). Damit bestimmt der durch den pn-Übergang fließende Strom das Einsetzen der Lasertätigkeit. Die emittierte Lichtleistung aufgetragen über der Stromdichte durch den pn-Übergang steigt infolge von spontaner Emission langsam an, bis bei einer bestimmten sog. Schwellstromdichte die Besetzungsinversion erreicht wird und durch Überwiegen der induzierten Emission die Lasertätigkeit einsetzt (Abb. 12.38). Die Schwellstromdichte ist somit das entscheidende Qualitätskriterium eines Halbleiterlasers: je niedriger sie ist, um so effektiver arbeitet der Laser, wobei insbesondere zu hohe Schwellstromdichten wegen der damit verbundenen Joule’schen Wärme die Lebensdauer des Lasers begrenzen. Ein entscheidender Durchbruch, der zu kommerziell einsetzbaren Lasern führte, war die Verwendung von Halbleiterheterostrukturen im Doppelheterostrukturlaser, dargestellt in Abb. 12.37 c in Form einer AlGaAs/GaAs/AlGaAs-Schichtstruktur. Zwischen den p- und n-dotierten AlGaAs-Gebieten (p-n-Übergang) mit größerer Bandlücke ist eine schwach dotierte oder intrinsische (i) GaAsSchicht eingebettet, die als aktive Zone im p-n-Übergang dient. 468 12. Halbleiter Abb. 12.38. Emissions-Kennlinie eines AlGaAs/GaAs/AlGaAs-Doppelheterostrukturlasers als Funktion des aufgeprägten Stromes I, gemessen bei Zimmertemperatur T = 300 K; Ith Schwellstromstärke. Einschub: Schema der Laserstruktur mit Andeutung der emittierten Strahlung (hm). (Nach Kressel und Ackley [12.16]) Emittierte Leistung Trotz mäßiger Dotierung im p- und n-AlGaAs-Gebiet beidseits dieser Schicht liegen bei Polung in Flussrichtung die Quasi-Fermi-Niveaus im aktiven i-GaAs-Gebiet innerhalb des Leitungs- bzw. Valenzbandes und gewährleisten das Erreichen der Besetzungsinversion (12.106). Die aktive i-GaAs-Zone wird mit Elektronen und Löchern überflutet, die wegen der im Leitungs- und Valenzband vorhandenen Banddiskontinuitäten „eingesperrt“ sind und damit eine erhöhte strahlende Rekombination gewährleisten. Dieser Effekt der Doppelheterostruktur wird als „electrical confinement“ bezeichnet. Zusätzlich tritt ein „optical confinement“ dadurch auf, dass für die emittierte Lichtwellenlänge (dem GaAs-Bandabstand entsprechend) der Brechungsindex der aktiven GaAs-Zone höher ist als der der angrenzenden AlGaAs-Schichten (vgl. Übung 11.9). Das bei der stimulierten Emission erzeugte Licht wird zum großen Teil an den AlGaAs-Schichten totalreflektiert; es wird im aktiven GaAs-Kanal gebündelt und konzentriert. Wie die schematische Darstellung des Aufbaus eines Doppelheterostruktur-Lasers (Abb. 12.38) zeigt, wird der aktive Kanal (Resonator) begrenzt durch die oben und unten an den GaAs-Kanal angrenzenden AlGaAs-Schichten sowie lateral durch einen in die SiO2-Maske eingeätzten Streifen, wo die aufgedampfte Metallisierung Kontakt zum Halbleiter hat und somit das elektrische Feld und den Stromfluss lateral auf diesen Bereich begrenzt. 12.8 Wichtige Halbleiterbauelemente 469 Die für den optischen Resonator (Fabry-Pérot-Interferometer) wichtigen halbdurchlässigen Spiegel, durch die an der Vorder- und Rückseite des Kanals das Licht austritt bzw. reflektiert wird, werden im einfachsten Fall durch Spalten des GaAs-Wafers entlang (110) erzeugt. Typischerweise hat ein solcher aktiver Kanal Längen zwischen 100 und 1000 lm. Die emittierte Lichtleistung als Funktion der aufgeprägten Stromstärke durch die Laserdiode (Abb. 12.38) zeigt bei geringeren Strömen ein schwaches Ansteigen der Leistung, das im wesentlichen durch spontane Emission verursacht wird. In diesem Bereich ist die Verstärkung zu niedrig, um die Verluste im Resonator zu übertreffen. Bei einer gewissen Schwellstromstärke Ith entspricht die Verstärkung des Bauelementes den Resonatorverlusten, der Laser-Prozess setzt ein und die optische Ausgangsleistung steigt sprungartig an. Ein entscheidendes Qualitätskriterium eines solchen Halbleiterlasers ist also eine möglichst geringe Schwellstromstärke (oder Schwellstromdichte) durch geringe Verluste im Resonator. Bei steigender Betriebstemperatur eines Lasers wird insbesondere das elektrische „Confinement“ schlechter, da sich die Ladungsträger wegen des „Aufweichens“ der Fermi-Kante über größere Energiebereiche verteilen; die Schwellstromstärke nimmt zu und der Laser arbeitet weniger effizient. Wegen der näherungsweisen Gültigkeit der Boltzmann-Statistik gilt eine exponentielle Abhängigkeit des Schwellstroms von der Betriebstemperatur T Ith / exp T=T0 : 12:107 Ein weiteres Qualitätskriterium eines Halbleiterlasers ist also eine möglichst große kritische Temperatur T0, d. h. ein möglichst geringer Anstieg der Schwellstromstärke mit der Betriebstemperatur. Typische Werte von T0 liegen bei Doppelheterostrukturlasern um etwa 100 8C. In den bisher betrachteten Doppelheterostruktur-Lasern (DHL) ist die vertikale Ausdehnung des aktiven Kanals, d. h. die Dicke der eingebetteten GaAs-Schicht, weitaus größer als 200 Å. Ladungsträger in der aktiven Zone nehmen Quantenzustände eines makroskopischen 3D-Kristalls ein. Eine weitere Verbesserung der Lasereigenschaften wird erzielt, wenn man in diese aktive Zone des Lasers noch dünne Schichten (Dicke £ 100 Å) eines Halbleiters mit geringerem Bandabstand als dem von GaAs, z. B. InGaAs, einbaut. Da InxGa1-xAs nicht gitterangepasst an GaAs ist, können diese hochverspannten Schichten nur unterhalb einer gewissen kritischen Schichtdicke versetzungsfrei eingebaut werden. Wegen ihres kleineren Bandabstandes, d. h. ihrer Band-Diskontinuitäten zu GaAs, sowohl im Leitungs- wie im Valenzband, wirken die dünnen InGaAs-Schichten für Elektronen wie für Löcher als Quantentöpfe. Die elektronischen Zustände im Leitungs- und im Valenzband sind senkrecht zur Schichtenfolge quantisiert und die Zustandsdichte ist für jedes Subband konstant und in der Überlagerung mehrerer Sub- 470 12. Halbleiter bänder treppenartig (Abb. 12.28 c). Die Ladungsträger, die sich natürlich in den energetisch günstigeren Bereichen, also in den Quantentöpfen sammeln, werden noch stärker als im Doppelheterostruktur-Laser räumlich und energetisch eingeschränkt. Solche sog. Quantentopf-Laser zeigen ein noch besseres „Confinement“, damit noch niedrigere Schwellstromstärken und größere kritische Temperaturen T0. Übungen zu Kapitel 12 12.1 Silizium kristallisiert in der Diamantstruktur mit einer Gitterkonstanten von 5,43 Å. (a) Wieviele Atome enthält die kubische Einheitszelle? (b) Phosphoratome, die anstelle von Siliziumatomen eingebaut werden, wirken als Donatoren. Man berechne die Ionisierungsenergie eines Donators im Rahmen des Wasserstoffmodells (eSi = 12)! (c) Man berechne den Bohrschen Radius r0 für den tiefsten gebundenen Zustand! Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, das Elektron innerhalb einer Kugel mit dem Radius r0 zu finden? Wieviele Siliziumatome liegen innerhalb dieser Kugel! (d) Diskutieren Sie auf der Basis dieser Ergebnisse die Gültigkeit und Grenzen des Wasserstoffmodells für Donatoren! (e) Bei welcher Konzentration wird die Wechselwirkung zwischen Donatoren entscheidend? 12.2 Die effektive Masse von Elektronen im Minimum des Leitungsbandes betrage ein Drittel der effektiven Masse von Löchern im Maximum des Valenzbandes. Wo liegt das Fermi-Niveau im Falle der Eigenleitung? Die Bandlücke Eg sei größer als 8 kT. 12.3 Ein Halbleiter habe eine Bandlücke von Eg = 1 eV. Elektronen und Löcher sollen eine effektive Masse gleich der freien Elektronenmasse haben. Der Halbleiter sei p-dotiert mit einer Akzeptorkonzentration von p = 1018 cm–3. Das Akzeptorniveau liege 0,2 eV über dem Valenzband. (a) Man zeige, dass die Eigenleitung bei 300 K vernachlässigbar ist! (b) Man berechne die Leitfähigkeit r bei 300 K unter der Annahme einer Löcherbeweglichkeit von lp = 100 cm2/Vs! (c) Man erstelle einen Graphen für den Logarithmus der Löcherkonzentration ln p über der reziproken Temperatur im Bereich von 100–1000 K! 12.4 Man betrachte die elektronische Bandstruktur eines direkten III–V-Halbleiters wie z. B. GaAs. Das Leitungsband habe ein scharf ausgeprägtes Minimum im C-Punkt und ein zusätzliches breiteres Minimum bei höherer Energie außerhalb von C (vgl. Abb. 12.4). (a) Diskutieren Sie qualitativ die Abhängigkeit der Driftgeschwindigkeit von Elektronen vom elektrischen Feld unter Berücksichtigung von Streuprozessen! (b) Diskutieren Sie auch den Fall eines indirekten Halbleiters (Abb. 7.13)! 12.5 Man berechne die Hall-Konstante RH für einen Eigenhalbleiter, bei dem sowohl Elektronen als auch Löcher zum Strom beitragen. (a) Diskutieren Sie die Temperaturabhängigkeit von RH für den Fall, dass die Beweglichkeiten für Elektronen und Löcher gleich sind! (b) Experimentell findet man, dass die gemessenen Hallspannungen bei Umkehrung des Magnetfeldes gewöhnlich nicht dem Betrag nach gleich sind. Erklären Sie den Grund dafür! 12.6 Man betrachte den Prozess der Photoleitung in Halbleitern. Elektronen und Löcher entstehen dabei über die thermische Gleichgewichtskonzentration hinaus durch Photoionisation aus Störstellen oder dem Valenzband. 472 Übungen zu Kapitel 12 Man stelle die Ratengleichungen bei direkter Rekombination von Elektron-Loch-Paaren für den Fall (a) der Eigenleitung und (b) für n- oder p-Dotierung auf! Man berechne den stationären Photostrom bei konstanter Beleuchtung sowie die Zeitabhängigkeit des Photostroms nach Abschalten der Beleuchtung! 12.7 Erklären Sie die Wirkungsweise einer Solarzelle, bei der die Zone eines p-n-Übergangs beleuchtet wird! Nehmen Sie dazu an, dass der Stromkreis durch einen äußeren Widerstand R geschlossen wird! Zeichnen Sie qualitativ den Strom-Spannungsverlauf mit und ohne Lichteinstrahlung! Welche Frequenz muss das Licht mindestens haben? Wie sieht der theoretische Wirkungsgrad als Funktion der Lichtfrequenz aus? Wie erhält man die photoelektrisch erzeugte Leistung aus der Strom-Spannungskennlinie? Diskutieren Sie die verschiedenen Parameter, die den Wirkungsgrad beeinflussen! Warum ist es günstig, mehrere p-n-Übergänge von Halbleitern mit verschiedener Bandlücke in Dünnschichttechnik zu kombinieren? 12.8 Halbleiter mit niedrigem Bandabstand wie InAs (Eg = 0,35 eV) und InSb (Eg = 0,18 eV) zeigen üblicherweise „pinning“ des FermiNiveaus im Leitungsband (ca. 100 meV oberhalb der Leitungsbandkante EL bei InSb). Zeichnen Sie qualitativ das Bänderschema (Bandenergien gegen Ortskoordinate) in der Nähe eines Metallkontaktes auf einem solchen Halbleiter, der hoch n-dotiert ist. Wie ist das Widerstandsverhalten für angelegte Spannungen beider Vorzeichen? 12.9 Berechnen Sie für einen Feldeffekttransistor (MOSFET, MESFET oder HEMT, Abschn. 12.8) die Steilheit gm = @I SD/@UG als Funktion der Gatekapazität Cg und der Gatelänge Lg. Man beachte, dass ohne anliegende Gatespannung (UG = 0) im allgemeinen schon eine Bandverbiegung unter dem Gate mit einer Einsatzspannung U0 vorhanden ist. In einfacher Näherung mache man die für Kurzkanal-Transistoren angemessene Annahme, dass die Geschwindigkeit der Ladungsträger im Kanal konstant und gleich der Sättigungsgeschwindigkeit v s für hohe elektrische Feldstärken (Abb. 12.15) ist. Der Source-Drain-Strom ISD resultiert aus der als zweidimensional (2D) angenommenen, über das Gate in den Kanal influenzierten, Ladungsträgerdichte n2D. (a) Schätzen Sie mittels Abb. 12.15 für einen Kurzkanal – AlGaAs/GaAs-HEMT – mit Lg = 100 nm die Transitzeit (Laufzeit) für Ladungsträger unter dem Gate ab. (b) Wie hoch sind Gate-Kapazitäten solcher Transistoren bei Steilheiten von gm = 150 mS? Tafel XIV Tafel XIV Hall-Effekt Um in der Leitfähigkeit r = n e l Trägerkonzentration n und Beweglichkeit l getrennt bestimmen zu können, wird neben der Messung der Leitfähigkeit r als zweite Messung die des Hall-Effektes durchgeführt. Hierbei wird durch eine Kristallprobe ein Strom I geschickt und senkrecht zum Strom ein Magnetfeld (magnetische Induktion B ) angelegt. An zwei gegenüberliegenden Kontakten (senkrecht zu I und B ) kann dann stromlos (IH = 0), d. h. über eine Kompensationsschaltung, eine sog. Hallspannung UH gemessen werden. Dies ist schematisch in Abb. XIV.1 dargestellt. Weil UH stromlos gemessen wird, kompensiert die sich an der Probe in y-Richtung aufbauende Hallspannung UH gerade die auch in y-Richtung wirkende Lorentz-Kraft auf ein Elektron, das sich in x-Richtung mit der Geschwindigkeit v x bewegt: Fy e v By eE y ev x B eE y 0 : XIV:1 Hierbei ist E y = UH/b das sog. Hall-Feld. Unter der Annahme, dass nur Elektronen den Strom tragen (n-Halbleiter oder Metall), gilt jx I= b d n ev x XIV:2 IH = 0 I Abb. XIV.1. Schema einer Hall-Effekt-Messung. Messgrößen: B: magnetische Induktion; I: Strom durch die Probe; UH: Hallspannung. Gestrichelt sind Bahnen von Elektronen (Konzentration n) und Löchern (Konzentration p) angegeben, die durchlaufen würden, falls ohne Kompensationsschaltung für UH ein Strom IH j 0 fließen würde. Bei IH = 0 werden die Ladungsträger durch die sich aufbauende Hallspannung UH auf ihrer geradlinigen Bahn (parallel zu x ) gehalten (10–3 K–1) Abb. XIV.2 a, b. Temperaturabhängigkeit der Hall-Konstanten RH für p-Silizium (a) und n-Silizium (b). Für Temperaturen im Bereich von 1300 K setzt bei p-Silizium mit einer BorStörstellenkonzentration von 2´1017 cm–3 (a) intrinsische Leitfähigkeit ein, die Kurve in Teil (a) würde dort einen Nulldurchgang haben und schließlich in den intrinsischen Ast der Abb. XIV.2 b einmünden [XIV.1] Tafel XIV 474 Tafel XIV Hall-Effekt und damit folgt UH 1 1 IB jx B : XIV:3 b ne n e bd Die Größe RH = – (ne)–1 heißt Hallkonstante. Sie kann also durch Messung von UH, I und B gemäß E y UH R I B=d XIV:4 bestimmt werden. Ihr Vorzeichen gibt die Art der Ladungsträger (negativ für Elektronen) und ihre Absolutgröße die Ladungsträgerkonzentration n an. Wird in einem Halbleiter der Strom sowohl durch Elektronen (Konzentration n, Beweglichkeit ln) als auch durch Löcher (Konzentration p, Beweglichkeit lp) getragen, so ergibt eine analoge Rechnung folgenden Wert für die Hallkonstante: RH pl2p nl2n e plp nln 2 : XIV:5 Abbildung XIV.2 zeigt experimentell ermittelte Hallkonstanten RH für Bor-dotiertes p-Silizium (a) bzw. Arsen-dotiertes n-Silizium (b). Da die Hallkonstante bis auf die Elementarladung e die reziproke Ladungsträgerkonzentration wiedergibt, ähnelt der Kurvenverlauf in logarithmischer Auftragung zumindest im Temperaturbereich 33 bis 500 K dem typischen Verlauf der Ladungsträgerdichtekurven für Halbleiter (s. z. B. Abb. 12.10). Die Steigungen im Bereich 33 bis 50 K sind durch die Ionisierungsenergien der Akzeptoren bzw. Donatoren festgelegt (12.27). Der steil verlaufende Kurvenabschnitt in Abb. XIV.2 b bei etwa 103 K zeigt intrinsische Leitfähigkeit durch Elektron-Loch-Paarerzeugung an. Die verschiedenen Vorzeichen von RH in Abb. XIV.2 a, b entsprechen den verschieden geladenen Trägersorten in p- und n-dotiertem Material. Literatur XIV.1 F. J. Morin, J. P. Maita: Phys. Rev. 96, 29 (1954) Effektive Massen von Elektronen mn und Löchern mp in Halbleitern werden in einem Zyklotron-Resonanz-Experiment bestimmt, bei dem die Kristallprobe in ein variables statisches Magnetfeld B gebracht wird und in Abhängigkeit von B die Absorption eines Hochfrequenz-Wechselfeldes gemessen wird. Elektronen im statischen Magnetfeld bewegen sich im k-Raum (Tafel VIII) auf Flächen konstanter Energie in einer Ebene senkrecht zu B um die Magnetfeldachse. Auch im Ortsraum ergibt sich eine geschlossene Bahn, die allerdings, wie die Bahn im k-Raum, für Kristallelektronen nicht einfach eine Kreisbahn ist (Abb. XV.1). Absorption des Hochfrequenz-Wechselfeldes tritt ein, wenn die Kreisfrequenz gerade gleich der Umlauffrequenz xc ist xc eB=mn. Hierbei sind insbesondere solche Bahnen im k-Raum wichtig, bei denen die eingeschlossene Fläche gerade einen extremalen (maximalen oder minimalen) Querschnitt hat. Von solchen Zuständen gibt es nämlich pro Frequenzintervall besonders viele. Die HF-Absorption hat dann also ein deutliches Maximum und man braucht für die Interpretation deshalb nur die „Extremalbahnen“ zu diskutieren. Abb. XV.1. Klassische Beschreibung der Zyklotron-Resonanz von Elektronen mit einer effektiven Masse mn . Auf einer stabilen Umlaufbahn um das Magnetfeld B halten sich Zentrifugalkraft und Lorentz-Kraft das Gleichgewicht. Im allgemeinen wird das Hochfrequenzfeld E HF in seiner Frequenz konstant gehalten und das Magnetfeld B variiert Wir wollen als Beispiel die Zyklotronresonanz an den Halbleitern Si und Ge betrachten. Elektronen und Löcher befinden sich bei einem Halbleiter in der Nähe der Kanten des Leitungsbandes bzw. Valenzbandes. Wie wir in Abschn. 12 gezeigt hatten, haben die Flächen konstanter Energie um das Leitungsband-Minimum die Form von Ellipsoiden mit Rotationssymmetrie um die [100]- bzw. [111]-Richtungen. Bei beliebiger Orientierung des Magnetfeldes gibt es für jedes Ellipsoidpaar entlang der [100]- bzw. [111]-Achsen eine verschiedene Extremalbahn, also eine verschiedene Zyklotronfrequenz. Für Silizium sind das drei verschiedene Werte entsprechend den drei verschiedenen [100]-Achsen und für Germanium vier für die vier [111]-Richtungen im Raum (Abb. XV.2 a). Bei Orientierung des Magnetfeldes in einer Symmetrieebene reduziert sich diese Zahl. In Abb. XV.2 b sind die Zyklotron-Resonanz-Spektren von Dresselhaus et al. [XV.1] gezeigt. Das Magnetfeld lag dabei in der (110)-Ebene. Dann ist die relative Lage zum Magnetfeld für je zwei Ellipsoidpaare gleich und die Zahl der Absorptionsmaxima für Elektronen erniedrigt sich auf zwei bzw. drei. Zyklotron-Resonanz wird auch für Löcher beobachtet. Ihr Umlaufsinn um das Feld ist umgekehrt. Elektronen und Löcher lassen sich also unterscheiden, wenn man ein zirkular polarisiertes HF-Feld mit Einstrahlrichtung entlang der Richtung des B-Feldes verwendet. Elektronen und Löcher absorbieren dann entsprechend ihrem Umlaufsinn nur rechts bzw. links zirkulare HF-Strahlung. In den Absorptionsspektren (Abb. XV.2 b) sehen wir, dass zwei Maxima Löchern zugeschrieben werden. Die Interpretation ist hier aber anders als bei den Elektronen. Löcher gibt es im Valenzband-Maximum im Punkt C der Brillouin-Zone. In einer (vereinfachten) Betrachtung würde man aufgrund der Symmetrie der Brillouin-Zone kugelförmige Energieflä- Tafel XV Tafel XV Zyklotron-Resonanz bei Halbleitern Tafel XV Zyklotron-Resonanz bei Halbleitern Tafel XV 476 Abb. XV.2. (a) Flächen konstanter Energie um das Minimum des Leitungsbandes für Si (links) und Ge (rechts). Elektronen bewegen sich senkrecht zum Magnetfeld in geschlossenen Bahnen auf diesen Flächen. Die Umlauffrequenzen für die verschiedenen Bahnen bei gegebenem Magnetfeld sind i. allg. verschieden. Für die spezielle Gestalt der Energieflächen in der Form von Ellipsoiden sind sie allerdings gleich für alle Elektronen eines Ellipsoids. Das ist für die Beobachtbarkeit der Zyklotron-Resonanz jedoch nicht wichtig, da in jedem Fall die Extremalbahn (hier Bahn um den größten Querschnitt) zu einem deutlichen Maximum der HF-Absorption führt. Bei allgemeiner Orientierung des Magnetfeldes gäbe es für Si drei und für Ge vier verschiedene Extremalbahnen. (b) Zyklotron-Resonanzabsorption für Si und Ge bei einer Orientierung des Magnetfeldes in der (110)-Ebene und einem Winkel von 30 ° bzw. 60 ° zur [100]-Richtung (magnetische Flussdichte in Gauß: 1 G = 10–4 Tesla = 10–4 kg s–2 A–1 oder Vs/m2). In beiden Fällen sind für Elektronen zwei der Extremalbahnen aus Symmetriegründen gleich, und es bleiben 2 bzw. 3 übrig. Die zwei Valenzbänder in C mit verschiedener Krümmung machen sich durch zwei Löcher, „leichte“ und „schwere“, bemerkbar. Für die Beobachtung der Zyklotron-Resonanz sind tiefe Temperaturen erforderlich. Elektron-Loch-Paare werden durch Lichteinstrahlung erzeugt. (Nach Dresselhaus et al. [XV.1]) chen, also nur eine Zyklotronfrequenz, erwarten. Wie wir in Abschn. 12.1 besprochen haben (s. auch Abb. 12.3 u. 12.4), ist die Bandstruktur am Valenzbandmaximum jedoch komplizierter: es gibt „leichte“ und „schwere“ Löcher. Zyklotron-Resonanz kann nur dann beobachtet werden, wenn die Ladungsträger geschlossene Umläufe um das Magnetfeld ohne Stöße mit Phononen oder Störstellen durchlaufen können. Dies ist erfüllt, falls die Relaxationszeit (von der Größenordnung der freien Flugzeit) s groß gegen die inverse Zyklotronfrequenz x –1 ist. Zykloc tron-Resonanz wird deshalb nur an reinen, möglichst ungestörten Kristallen bei tiefer Temperatur (flüssiges He) beobachtet. Literatur XV.1 G. Dresselhaus, A. F. Kip, C. Kittel: Phys. Rev. 98, 368 (1955) Tafel XVI Tafel XVI Shubnikov-de Haas-Oszillationen und Quanten-Hall-Effekt Durch die kontrollierte Epitaxie von atomar scharfen Halbleiterheterostrukturen und Übergittern (Abschn. 12.7) ist es möglich geworden, freie Leitungsbandelektronen in quasi-zweidimensionalen (2 D)-Quantentopfstrukturen von 50–100 Å (typische Ausdehnung in einer Richtung) „einzusperren“. Die hierbei erzeugten quasi-2 D-Elektronengase zeigen hochinteressante physikalische Effekte, vor allem in einem von außen anliegenden starken Magnetfeld. Ein Elektronengas, das sich in einem quasi-2 D-Quantentopf befindet, ist längs einer Koordinate (z, senkrecht zur Heterozwischenschicht oder zur Schichtenfolge in einem Übergitter) in seiner Bewegung stark eingeschränkt, während in der x, yEbene senkrecht dazu freie Bewegung möglich ist. Dementsprechend stellen sich die Energieeigenwerte eines Elektrons dar als (Abschn. 12.7): Ej kk h2 2 h2 2 k k ej ; 2mx x 2my y j 1; 2; . . . XVI:1 wobei mx und my die effektiven Massenkomponenten in der Ebene der freien Beweglichkeit sind. ej ist ein Spektrum diskreter Energieeigenwerte, das aus der Quantisierung in z-Richtung resultiert (12.90). Für einen tiefen, rechteckigen Quantentopf der Dicke dz nimmt ej z. B. näherungsweise die Werte an, die eindimensionalen, stehenden Elektronenwellen in einem Potentialkasten (Abschn. 6.1) entsprechen (12.93) ej ' h2 p2 j2 ; 2mz dz2 j 1; 2; 3; . . . : XVI:2 (XVI.1) beschreibt also ein Spektrum diskreter Energieparabeln längs kx und ky, sog. Subbänder (Abschn. 12.7). Legt man nun ein starkes Magnetfeld B senkrecht zur x, y-Ebene der freien Beweglichkeit an, so wird die Dimensionalität des Elek- tronengases weiter eingeschränkt. Die Elektronen werden senkrecht zum B-Feld auf sog. Zyklotron-Kreisbahnen gezwungen (Tafel XV), auf denen die Umlauffrequenz (Zyklotronfrequenz) eB xc XVI:3 mk durch das Gleichgewicht zwischen Lorentz-Kraft und Zentrifugalkraft bestimmt ist. mk ist die effektive Masse der Elektronen parallel zur Kreisbewegung (speziell für Isotropie in der Ebene: mx =my = mk ). Da eine Kreisbahn in zwei senkrecht zueinander liegende harmonische Schwingungen zerlegt werden kann, sind die quantenmechanischen Energieeigenwerte der ZyklotronBewegung die eines harmonischen Oszillators der Eigenfrequenz xc. Somit bewirkt das Magnetfeld B eine weitere Quantisierung der Subbänder (XVI.1), die auf Einteilchenenergien Ej;n;s ej n 12hxc sglB B XVI:4 führt. Der letzte Term trägt den beiden möglichen Spineinstellungen im Magnetfeld Rechnung; s = ±1 ist die Spinquantenzahl, lB das Bohrsche Magneton und g der Landé-Faktor der Elektronen. Die in (XVI.1) dargestellte Quantisierung durch das Magnetfeld wurde in Tafel VIII für das Elektronengas eines Metalles schon auf etwas andere Weise hergeleitet. Hier wie dort führt die durch das B-Feld erzeugte Quantisierung in sog. Landau-Niveaus (Energieabstand h xc) zu einer Aufspaltung der kontinuierlichen Energieparabeln (Subbänder) in diskrete Energieeigenwerte (Abb. XVI.1 b). Für ein spezielles Subband ist ohne Magnetfeld (B = 0) die Zustandsdichte wegen der Zweidimensionalität eine Stufenfunktion (Abb. 12.28 c). Diese kontinuierliche Funktion spaltet bei endlichem B-Feld in eine Reihe von d-funktionsartigen Spitzen auf, die auf der Energieskala um h xc voneinander entfernt sind. Die Tafel XVI Shubnikov-de Haas-Oszillationen und Quanten-Hall-Effekt Tafel XVI 478 Damit ergibt sich für den Entartungsgrad eines Landau-Niveaus NL eB=h 2;42 1010 cm 2 T 1 B: XVI:7 Abb. XVI.1 a–c. Qualitative Darstellung der Quantelung eines 2 D-Elektronengases in einem äußeren Magnetfeld B (senkrecht zur x, y-Ebene freier Beweglichkeit). (a) Energieparabel des 1. Subbandes (12.92) eines freien 2 D-Elektronengases längs kx (gestrichelt). Bei Anlegen eines äußeren Magnetfeldes tritt eine weitere Quantisierung in Form von Landau-Zuständen auf (Punkte). (b) Zustandsdichte D im 1. Subband des 2 D-Elektronengases, ohne Magnetfeld (gestrichelt) und mit äußerem Magnetfeld (durchgezogen). xc = –e B / mk ist die Zyklotronfrequenz der elektronischen Kreisbahnen senkrecht zum Magnetfeld B. (c) Darstellung der Landau Aufspaltung n 12 h xc in der kx, ky-Ebene des reziproken Raumes Zustände „kondensieren“ in scharfe Landau-Niveaus. Weil keine Zustände verloren gehen, müssen soviele Zustände in einem solchen d-funktionsartigen Landau-Niveau enthalten sein, wie ursprünglich bei B = 0 in der Fläche zwischen je zwei Landau-Niveaus vorhanden waren, d. h., der Entartungsgrad NL eines Landau-Niveaus beträgt NL hxc D0 ; XVI:5 wo D0 die Dichte des Subbands bei B = 0 ist. Im Vergleich zu (12.96) muss die Aufhebung der Spinentartung im Magnetfeld berücksichtigt werden, d. h. es folgt aus (12.96) D0 mk =2ph2 : XVI:6 Wenn der Landau-Zustand energetisch unterhalb des Fermi-Niveaus liegt, ist er bei genügend tiefer Temperatur gerade mit NL Elektronen besetzt. Eine Variation des äußeren Magnetfeldes ändert nun die energetische Aufspaltung h xc der Landau-Niveaus wie auch den Entartungsgrad (XVI.5) jedes Niveaus. Mit wachsender Magnetfeldstärke verschieben sich die Landau-Zustände zu höheren Energien und durchlaufen schließlich das Fermi-Niveau EF. Dabei werden sie entleert, wobei die überzähligen Elektronen jeweils auf dem darunterliegenden Landau-Niveau Platz finden (wegen der angestiegenen Zustandsdichte). Wenn bei genügend tiefer Temperatur die FermiKante scharf ist, hat das Gesamtsystem seine tiefste freie Energie, wenn gerade ein Landau-Niveau das Fermi-Niveau gekreuzt hat. Mit wachsendem B-Feld steigt die freie Energie an, bis der nächste Landau-Zustand entleert wird. Dies führt zu Oszillationen der freien Energie als Funktion des äußeren Magnetfeldes. Daraus resultieren verschiedene oszillatorische Effekte, z. B. der de Haas-van Alphen-Effekt, der besondere Bedeutung bei der Ausmessung der Topologie von Fermi-Flächen erlangte (Tafel VIII). Vor allem aber der Quanten-Hall-Effekt [XVI.1] liefert heute nicht nur eine wichtige Methode zur Charakterisierung von 2D-Elektronengasen (2DEG) in Halbleiterheterostrukturen, sondern er hat nach seiner Entdeckung durch von Klitzing (Nobelpreis 1985) neue wissenschaftliche Impulse bei der Entwicklung einer Halbleiter-Nanostrukturphysik gegeben. Zur Beobachtung des Quanten-Hall-Effekts wird wie beim klassischen Hall-Effekt (Tafel XIV) eine Spannung UH stromlos an zwei gegenüberliegenden Kontakten senkrecht zum Stromfluss gemessen. Der Strom wird jedoch anders als beim klassischen Hall-Effekt (Tafel XIV) durch ein 2DEG in einer Halbleiterheterostruktur, z. B. aus AlGaAs/GaAs, getragen. Das variable Magnetfeld B liegt senkrecht zur Stromrichtung und damit normal zur Ebene des 2DEG an (Abb. rH XVI.2, Einschub, und Abb. XVI.5 c). Die Messung geschieht bei tiefen Temperaturen, um eine scharfe Fermi-Kante im hoch entarteten 2DEG zu gewährleisten. Wird nun das Magnetfeld sukzessive erhöht, so ändert sich der Hall-Widerstand rH = UH/I sprunghaft, jeweils mit Stufen bei den Magnetfeldern, bei denen ein scharfes Landau-Niveau das Fermi-Niveau durchkreuzt (Abb. XVI.2a). Wird gleichzeitig der Magnetowiderstand Rxx (!UL/I) (Abb. XVI.2b) parallel zur Strombahn über entsprechende hintereinander liegende Kontakte (Abb. XVI.5b) gemessen, so erscheint eine Folge von Banden jeweils dort, wo im Quanten-Hall-Effekt Stufen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Plateaus auftreten, d. h. 479 dort, wo ein Landau-Niveau das Fermi-Niveau durchkreuzt. Diese Widerstandsoszillationen heißen nach ihrem Entdecker Shubnikov-de HaasOszillationen. Die experimentell gefundenen Hall-Widerstandswerte bei den Magnetfeldern, wo jeweils ein Landau-Niveau das Fermi-Niveau EF kreuzt, ergeben sich unmittelbar aus der Formel für den klassischen Hall-Effekt (Tafel XIV). Aus (XIV.3) folgt für den Hall-Widerstand rH UH B B ; I nde eN2D XVI:8 a wobei N2D die zweidimensionale Dichte des 2DEG ist, die im Magnetfeld B natürlich nur Vielfache des Entartungsgrades NL (XVI.7) annehmen kann. Damit folgen die Widerstandswerte, bei denen Landau-Niveaus EF kreuzen, zu rH B mNL e h 1 ; e2 m m 1; 2; 3; . . . XVI:8 b Abb. XVI.2. (a) Quanten-Hall-Effekt, gemessen bei 4 K am quasi-2 D-Elektronengas einer modulationsdotierten AlGaAs/ GaAs-Heterostruktur; 2 D-Elektronendichte N = 4´1011 cm–2, elektronische Beweglichkeit l = 8,6´104 cm2/Vs. Der HallWiderstand rH = UH/I wird in Abhängigkeit vom Magnetfeld B mit einer Messanordnung wie im Einschub gezeigt gemessen. (b) Shubnikov-de Haas-Oszillationen im Magnetowiderstand Rxx, gemessen wie angedeutet im Einschub durch UL/I als Funktion des äußeren Magnetfeldes B. Die angegebenen Zahlen nummerieren die Subbänder, wobei die Pfeile entsprechende Spin-Einstellungen zum B-Feld andeuten. (Nach Paalonen et al. [XVI.2]) Mit (XVI.8 b) sind zwar einzelne diskrete Werte des Kurvenverlaufs in Abb. XVI.2 a richtig beschrieben, jedoch wird in keiner Weise das Auftreten der charakteristischen Plateaus erklärt. Hierzu ist eine genauere Betrachtung der Bewegung von Ladungsträgern in Gegenwart starker Magnetfelder erforderlich. In einem starken magnetischen Feld können nur Elektronen im Innern der Probe, d. h. des 2DEG, ungestörte Zyklotronorbits ausführen (Abb. XVI.3). Ihre Energiezustände entsprechen den ungestörten LandauNiveaus (XVI.4). Am Rand der Probe jedoch stoßen die Elektronen auf die Probenbegrenzung, sie können keine geschlossenen Kreisbahnen mehr ausführen. Im einfachsten Fall elastischer Reflexion ergeben sich als Bahnkurven Teilkreise mit stark gekrümmten Verläufen bei der Reflexion. Die starke Krümmung, die sich auch in den Wellenfunktionen widerspiegelt, führt zu einer Zunahme der kinetischen Energie und damit zu einer „Aufbiegung“ der Landau-Niveaus am Rand der Probe. In der Nähe der Probenberandung y1 und y2 schneiden die Landau-Zustände das Fermi-Niveau EF. Auch wenn im Innern der Probe die Landau-Zustände weit unter EF liegen, Tafel XVI Tafel XVI Shubnikov-de Haas-Oszillationen und Quanten-Hall-Effekt Tafel XVI 480 Tafel XVI Shubnikov-de Haas-Oszillationen und Quanten-Hall-Effekt findet dennoch elektrische Leitung am Rande statt, da dort die Landau-Zustände EF schneiden, also besetzte und unbesetzte Zustände infinitesimal nahe beieinander liegen. Diese sog. Randkanäle (edge channels) besitzen eine weitere interessante Eigenart: sie leiten widerstandsfrei, selbst im Fall makroskopischer Probendimensionen, wo Störstellenstreuung auch bei tiefer Temperatur nicht vernachlässigbar ist. Bei Störstellenstreu- ung an einem Defekt S auf einer Randbahn (Abb. XVI. 4) wird das Elektron durch das starke Magnetfeld wieder in Vorwärtsrichtung gezwungen; der Gesamtstrom in Vorwärtsrichtung wird nicht reduziert, so dass der Stromtransport in einer solchen Randbahn widerstandsfrei, d. h. quasi-ballistisch, ist. Falls die Landau-Zustände bei geeignetem Magnetfeld energetisch genügend weit vom Fermi-Niveau EF entfernt sind, gibt es keine Zustände im Innern der Probe nahe EF , über die Elektronen im rechten Randkanal mit Zuständen im linken Kanal über Streuung kommunizieren können. Bei Elektronenfluss von links nach rechts befinden sich Elektronen im linken Randkanal auf dem elektrochemischen Potential lL des linken Kontaktes, während Elektronen im rechten „Rückkanal“ sich auf dem Potential des rechten Kontaktes lR befinden (Abb. XVI.5). lL lR eV : XVI:9 Der Strom zwischen linkem und rechtem Kontakt wird also im Fall vernachlässigbarer Streuung zwischen Hin- und Rückkanälen als ballistischer Strom in den eindimensionalen (1D) Randkanälen getragen. Die Differenz zwischen beiden Kontakten ergibt den Nettostrom: I l nc L X n1 Abb. XVI.3. Erklärung der sog. Randkanäle (edge channels) für Elektronen bei Anliegen eines Magnetfeldes B senkrecht zur Ebene des 2-dimensionalen Elektronengases (2DEG). (a) Ein starkes Magnetfeld B senkrecht zum 2DEG bewirkt Quantisierung der elektronischen Zustände in Landau-Niveaus (n = 1, 2, 3, . . .), die im Innern der Probe geschlossenen Zyklotronbahnen entsprechen. An den beiden Probenrändern y1 und y2 sind geschlossene Bahnen nicht mehr möglich, die stark gekrümmten Randbahnen (durch elastische Reflexion) führen zu einem Anwachsen der Energie der Landau-Zustände, die schließlich die Fermi-Energie EF kreuzen. (b) Bei Stromfluss sind die chemischen Potentiale lR und lL der rechten und linken Randkanäle verschieden, wobei lL–lR der Potentialunterschied zwischen den entsprechenden Kontakten ist. (c) Mit wachsendem Magnetfeld B nimmt die Aufspaltung der Landau-Niveaus zu, wobei das oberste Niveau sich an die Fermi-Energie EF heranschiebt. Im Innern der Probe stehen dann elektronische Zustände nahe EF für Streuung zur Verfügung; linke und rechte Randkanäle kommunizieren eD 1 n Ev n EdE : XVI:10 lR Hierbei läuft die Summe über alle besetzten Landau-Niveaus n (bis zu einem maximal besetzten nc), die als Randkanäle EF schneiden. –1 –1 D(1) ist die 1D-Zustandsn = (2p) (dEn/dkx) dichte, die dem n-ten Randkanal zukommt, wäh- Abb. XVI.4. Schematische Trajektorie eines Ladungsträgers auf einer Randbahn (edge channel), der an einem Streuzentrum S einen elastischen Streuprozess erleidet. Das Magnetfeld ist senkrecht zum 2DEG orientiert, das am Probenrand endet. Dort ist die Streuung als elastisch angenommen rend v n = h 1 (dEn/dkx) die Elektronengeschwindigkeit in diesem Zustand ist. Damit folgt für den n-ten Randkanal ein Strombeitrag e e2 XVI:11 In lL lR V : h h Bei der Messung des Quanten-Hall-Effekts wird über zwei Kontakte senkrecht zum Stromfluss (Abb. XVI.5 c) der Widerstand zwischen linken und rechten (hin und zurück) Randkanälen gemessen. Mit (XVI.11) trägt jeder Randkanal den Betrag e2/h zur Leitfähigkeit, d. h. h/e2 zum Hall-Wi- derstand, bei, genau das Quantum (XVI.8 b), um das der Widerstand sprunghaft zunimmt, wenn bei Vergrößerung des Magnetfeldes ein weiteres Landau-Niveau die Fermi-Energie kreuzt und von Elektronen entleert wird. Die Erklärung des Shubnikov-de Haas-Effektes ist ähnlich zwanglos. Hier wird der Magnetowiderstand mittels zweier Kontakte entlang der Strombahn, also entlang von Randkanälen auf ein und demselben Potential, gemessen (Abb. XVI.5 b). Solange die Landau-Niveaus im Innern der Probe sich energetisch genügend weit von EF befinden, fällt keine Spannung ab. Bei Änderung des Magnetfeldes erreicht einer der Randkanäle im Innern der Probe EF . Es stehen dann Zustände für Streuung zwischen den Hin- und Rückkanälen (links und rechts) zur Verfügung. Streuung zwischen den sonst entkoppelten Hin- und Rückkanälen tritt auf, was einen Widerstand längs der Kanäle bewirkt. Für diese Magnetfelder, wo ein Landau-Niveau im Innern der Probe EF durchdringt, wird eine bandenartige Widerstandszunahme wie im Experiment (Abb. XVI.2 b) gemessen. Quanten-Hall-Effekt und Shubnikov-de Haas-Oszillationen werden in dieser Interpretation also auf quasi-eindimensionalen Transport in Randkanälen zurückgeführt [XVI.4]. Die sprunghaften Änderungen des Hall-Widerstandes rH konnten experimentell mit einer Genauigkeit von 10–7 an realen Proben verschiedenster Herkunft und Struktur gefunden werden [XVI.1]. Man benutzt deshalb mittlerweile die Messung des Quanten-Hall-Effektes zur Präzisionsbestimmung der Feinstrukturkonstanten e2 l0 c 1 : XVI:12 h 2 137 Nimmt man auf der anderen Seite als bekannt an (bestimmt durch eine Vielzahl von Präzisionsmessungen), so lässt sich der Quanten-Hall-Effekt mittels (XVI.8 b) zur Einführung eines Eichnormals für die Widerstandseinheit „Ohm“ verwenden. Weiterhin sei bemerkt, dass der Quanten-HallEffekt mit einer Reihe anderer Phänomene in der Physik mesoskopischer Systeme oder Nanostrukturen verwandt ist. Die Tatsache, dass Randkanäle (durch das hohe B-Feld verursachte 1D-Leitungskanäle) jeweils einen Betrag e2/h zur Leitfähigkeit beitragen, lässt sich sofort auf 1D-Leitungska- Abb. XVI.5. (a) Ballistischer Elektronentransport in Randkanälen (edge channels), die durch Quantisierung in einem starken Magnetfeld B senkrecht zum räumlich begrenzten 2DEG erzeugt werden. Unter Vernachlässigung inelastischer Streuung zwischen linken (L) und rechten (R) Kanälen entsprechen die chemischen Potentiale lL und lR denen des linken und rechten elektrischen Kontaktes. (b) Leitung durch Randkanäle in einem 2DEG bei Vorhandensein zweier Kontakte 1) und 2) zur Messung von Shubnikov-de-Haas-Oszillationen in einem starken Magnetfeld B. Inelastische Streuung (i.s.) zwischen linken und rechten Kanälen verursacht einen Spannungsabfall zwischen den Kontakten. (c) Leitung durch Randkanäle in einem 2DEG mit Kontakten 1) und 2) zur Messung des Quanten-Hall-Effektes 481 Tafel XVI Tafel XVI Shubnikov-de Haas-Oszillationen und Quanten-Hall-Effekt Tafel XVI 482 Tafel XVI Shubnikov-de Haas-Oszillationen und Quanten-Hall-Effekt näle allgemeinerer Art übertragen, sofern die Breite der Kanäle mit der Fermi-Wellenlänge der Elektronen kF vergleichbar ist und die elektrische Leitung quasi-ballistisch, d. h. bei Leiterdimensionen kleiner als der freien Weglänge der Ladungsträger erfolgt. So konnte gezeigt werden, dass die Leitfähigkeit kurzer 1D-Kanäle, die mittels aufgedampfter Metallelektroden in einem 2D-Elektronengas an einer modulationsdotierten AlGaAs/GaAs-Heterostruktur (Abschn. 12.7) erzeugt werden, in Quanten von 2 e2/h zunimmt, wenn die Kanalweite durch Variation einer an den Metallelektroden anliegenden Spannung sukzessive vergrößert wird [XVI.5]. Das Leitfähigkeitsquantum pro „ballistischem“ Kanal beträgt hier 2 e2/h, der doppelte Wert wie beim Quanten-Hall-Effekt. Der Grund ist die Spin-Entartung, die beim QuantenHall-Effekt durch das Magnetfeld aufgehoben ist. Selbst beim elektrischen Schalten makroskopischer metallischer Relais aus Au, Ag und Cu wurden Leitfähigkeitssprünge des Betrages 2 e2/h bei Zimmertemperatur gefunden, die auf mesoskopi- sche Verengungen der Leitfähigkeitskanäle in den aufgedampften polykristallinen Metallfilmen zurückgeführt werden [XVI.6]. Literatur XVI.1 K. von Klitzing, G. Dorda, M. Pepper: Phys. Rev. B 28, 4886 (1983) XVI.2 M. A. Paalonen, D. C. Tsui, A. C. Gossard: Phys. Rev. B 25, 5566 (1982) XVI.3 H. Lüth: Solid Surfaces, Interfaces and Thin Films (Springer, Berlin Heidelberg 2001) 4th edition, S. 419 XVI.4 M. Janßen, O. Viehweger, U. Fastenrath, J. Hajdu: Introduction to the Theory of the Integer Quantum Hall Effect (VCH, Weinheim 1994) XVI.5 B. J. van Wees, H. van Houten, C. W. J. Beenakker, J. W. Williamson, L. P. Kouwenhoven, D. van der Marel, C. T. Foxon: Phys. Rev. Let. 60, 848 (1988) XVI.6 K. Hansen, E. Laegsgaard, I. Stensgaard, F. Besenbacher: Phys. Rev. B56, 2208 (1997) Tafel XVII Tafel XVII Halbleiterepitaxie In der modernen Halbleiterphysik wie auch in der Bauelementtechnologie spielen in immer stärkerem Maße dünne kristalline Schichten eine wichtige Rolle. Insbesondere Mehrschichtenstrukturen, z. B. Vielfachschichtsysteme von GaAlAs- und GaAs- oder GaInAs-Schichten auf InP sind von Interesse, sowohl um neuartige Phänomene wie den Quanten-Hall-Effekt (Tafel XVI) zu studieren als auch um schnelle Transistoren und Halbleiter-Laser herzustellen. Zur Erzeugung solcher Halbleiterschichtstrukturen werden Epitaxieverfahren verwendet, die eine präzise Abscheidung bis in atomare Bereiche ermöglichen. Im Bereich der Grundlagenforschung wird vor allem die sog. Molekularstrahlepitaxie (Molecular Beam Epitaxy, MBE) angewendet, bei der die Halbleiterschichtstrukturen in einer Ultrahochvakuumkammer epitaktisch wachsen [XVII.1, 2] (Abb. XVII.1). Die Epitaxie besteht prinzipiell im Verdampfen von Materialien wie Ga, Al und Abb. XVII.1. Schema einer UHVKammer für Molekularstrahlepitaxie (MBE) von III–V-Halbleiterschichten (Schnitt, von oben gesehen). (Nach Cho und Cheng [XVII.3]) As und der Deposition auf Substraten, z. B. GaAs. Ultrahochvakuum (UHV)-Anlagen mit Ausgangsdrücken im Bereich von 10–8 Pa werden benutzt, um möglichst reine und wohldefinierte Bedingungen sowohl im Molekularstrahl als auch auf der Substratoberfläche zu erreichen. Man schätzt ab, dass es bei 10–8 Pa einige Stunden dauert, bis eine als rein präparierte Oberfläche eine Monolagen-Adsorbatbedeckung aus dem Restgas hat, wenn jedes auftreffende Atom oder Molekül haften bleibt. Solche UHV-Kammern sind Edelstahlgefäße, in denen die extrem niedrigen Drücke von weniger als 10–8 Pa (freie Weglänge der Gasmoleküle in der Größenordnung von Metern) durch Ionengetterpumpen oder Turbomolekularpumpen aufrechterhalten werden. Bei Ionengetterpumpen werden die Restgasatome durch hohe elektrische Felder ionisiert und an den entsprechend elektrisch geladenen Elektroden durch aktive Metallfilme (z. B. Ti) chemisorbiert („gegettert“). Bei PumpenAnschluss Tafel XVII 484 Tafel XVII Halbleiterepitaxie Turbomolekularpumpen beruht die Pumpwirkung auf dem Impulsaustausch von Gasmolekülen mit schnell rotierenden Turbinenrädern. Die UHV-Kammer, der Hauptteil einer MBEAnlage (Abb. XVII.1), ist im Innern mit einem Stickstoff-gekühlten Kryoschild ausgekleidet, um Fremdatome und Moleküle „auszufrieren“ und den Restgasdruck weiter herabzusetzen. Das Substratmaterial, z. B. ein GaAs-Wafer, auf dem eine GaAlAs-Schicht abgeschieden werden soll, ist auf einem rotierenden Substrathalter aufgeklemmt. Während des Wachstums muss das Substrat auf etwa 500 bis 600 °C geheizt werden, um eine genügend hohe Oberflächenbeweglichkeit für die auftreffenden Atome bzw. Moleküle (Ga, As4, Si u. ä.) zu erzielen. Die Zulieferung der Atome bzw. Moleküle für den wachsenden Kristall geschieht aus sog. Effusionszellen, in denen die Ausgangsmaterialien, z. B. festes Ga und As bei der GaAs-Epitaxie, durch elektrisches Heizen aus Bornitrid-Tiegeln verdampft werden. Sog. Shutter, mechanisch betriebene Klappen, können von außen gesteuert die einzelnen Effusionszellen schließen und öffnen und so die entsprechenden Molekularstrahlen aus- und einschalten. Die Wachstumsgeschwindigkeit der Epitaxieschicht wird durch den Teilchenfluss im Molekularstrahl, d. h. also durch die Tiegeltemperatur, gesteuert. Um gezielt wohldefinierte Schichtenfolgen wie bei einem Kompositionsübergitter (Abschn. 12.7) mit atomarer Schärfe abzuscheiden, müssen die Tiegeltemperaturen wie auch die Shutter-Öffnungs- und Schließungszeiten durch Rechnerprogramme gesteuert und kontrolliert werden. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn eine ternäre oder quaternäre Legierung wie Ga0,45Al0,55As mit fester Zusammensetzung abgeschieden werden soll. Die Homoepitaxie von GaAs-Schichten auf GaAs erfordert keine besonders genaue Steuerung der Molekularstrahlflüsse. Hier kommt die Natur zu Hilfe; stöchiometrisches Wachstum von GaAs ist möglich mit nichtstöchiometrischer Strahlzusammensetzung. Das Wachstum ist begrenzt durch die Ga-Auftreffrate. Bei einer Wachstumstemperatur zwischen 500 und 600 °C bleibt Arsen nur dann an der wachsenden Oberfläche haften, wenn genügend GaAtome auf der wachsenden Oberfläche vorhanden sind; der Haftkoeffizient für As ist nahe eins bei Ga-Überschuss auf der Oberfläche und verschwindend gering bei Ga-Mangel. GaAs-Epitaxie geschieht also optimal bei Arsen-Überschuss. Für ein tieferes Verständnis des GaAs-Wachstums in MBE ist weiter von Bedeutung, dass der Arsenmolekularstrahl beim Verdampfen von festem Arsen im wesentlichen aus As4-Molekülen besteht, die vor dem Einbau in die wachsende Schicht erst durch die thermische Energie der heißen Substratoberfläche in As gespalten werden müssen. Dieser Spaltungsprozess wird manchmal auch durch thermische Zersetzung an heißem Graphit in sog. Cracker-Zellen vorher ausgeführt, was zu besserer Schichtqualität führt. Wichtige Dotierstoffe in der III–V-MBE sind Si für n- und Be für p-Dotierung. Beide Materialien werden ebenfalls aus Effusionszellen verdampft, die gezielt während des Wachstums über Shutter ein- und ausgeschaltet werden können. Wie in Abb. XVII.1 dargestellt, ist eine MBEAnlage üblicherweise mit einer Elektronenkanone und einem Fluoreszenzschirm zur Beobachtung von Elektronenbeugungsbildern (Reflection High Energy Electron Diffraction, RHEED) ausgestattet. Beugungsbilder geben Aufschluss über die kristallographische Struktur der wachsenden Oberfläche. Des weiteren ist natürlich eine Ionisationsmanometerröhre vorhanden, die sowohl eine Messung des Kammerdrucks wie auch der Drücke in den Molekularstrahlen gestattet. Die in Abb. XVII.1 dargestellte MBE-Anlage ist typisch für die Epitaxie von III–V- und II–VIHalbleitern. Si-MBE [XVII.4] wird in ähnlichen Anlagen durchgeführt, nur wird der Si-Molekularstrahl nicht durch thermisches Verdampfen aus Effusionszellen erzeugt, sondern ein festes SiTarget wird durch Elektronenbeschuss so stark erhitzt, dass es verdampft. Der entscheidende Vorteil von MBE gegenüber Epitaxieverfahren, die bei höherem Druck arbeiten, besteht in der schnellen Umschaltzeit zwischen verschiedenen Quellen und damit in der Möglichkeit, atomar scharfe Dotierungs- und Kompositionsprofile auf einfache Weise zu erzeugen. Eine typische Wachstumsrate von 1 lm/h entspricht etwa 0,3 nm/s und somit dem Wachstum einer Monolage in einer Sekunde. Schaltzeiten zwischen verschiedenen Quellen sollten also merklich unterhalb einer Sekunde liegen. Solch kurze Umschaltzeiten sind bei dem zweiten wichtigen Epitaxieverfahren der metallorganischen Gasphasenepitaxie [XVII.5] (Metal Organic Chemical Vapour Deposition, MOCVD oder Metal Organic Vapour Phase Epitaxy, MOVPE) schwerer zu erreichen, da hier das Wachstum in einem Flussreaktor stattfindet, dessen gesamtes Gasvolumen beim Umschalten von einer Quelle auf eine andere ausgetauscht werden muss. Gegenüber MBE besitzt MOCVD den besonders für industrielle Anwendungen interessanten Vorteil einer leichten Steuerbarkeit der Quellen über Gasflussregler. Weiterhin erlauben die gasförmigen Quellen einen weithin kontinuierlichen Betrieb der Anlage. Das Prinzip des MOCVD-Prozesses sei am Beispiel der Epitaxie von GaAs erklärt. Es handelt sich hierbei um die Abscheidung von festem GaAs aus gasförmigen Materialien, die Ga und As enthalten. Häufig werden AsH3 und das metallorganische Gas Trimethylgallium [TMG = Ga(CH3)3] verwendet. Die Gesamtreaktion, die Abb. XVII.2 a, b. Schema einer Epitaxie-Apparatur zur metallorganischen Abscheidung (MOCVD) von III–V-Halbleiterschichten. (a) Gesamtübersicht. (b) Reaktor aus Quarzglas (typische Länge 50 cm); der Suszeptor zur Aufnahme des zu beschichtenden Wafers wird während des Wachstums auf 700–1200 K geheizt. (Nach Heinecke et al. [XVII.6]) 485 über komplizierte schreibt sich Zwischenschritte abläuft, Ga CH3 3 gas AsH3 gas ! GaAsfest 3CH4 gas : XVII:1 AsH3 wird hierbei unmittelbar aus der Gasflasche über ein geregeltes Gasflussventil in den aus Quarz bestehenden Reaktor geleitet (Abb. XVII.2 a). Die metallorganische Komponente TMG befindet sich in einem Kolben, in dem der TMG-Dampfdruck durch ein Temperaturbad eingestellt wird. Wasserstoff (H2) wird als Trägergas durch diesen Kolben geleitet und transportiert das TMG zum Reaktor. Des weiteren erlaubt eine Spülgasleitung das Spülen der gesamten Anordnung mit H2. Die bei der Reaktion nicht verbrauchten Komponenten, bzw. die Reaktionsprodukte, werden am Ende des Reaktors abgepumpt, wobei ein Zerlegungsofen das gefährliche, überschüssige AsH3 zerlegt. Das Pumpsystem erlaubt auch den Betrieb des Reaktors bei niedrigen Gaseinlass Gasauslass Tafel XVII Tafel XVII Halbleiterepitaxie Tafel XVII 486 Tafel XVII Halbleiterepitaxie Drücken (sog. Niedrigdruck MOCVD). Hierdurch können z. B. die Umschaltzeiten zwischen verschiedenen Quellen verringert werden und Vorteile der MBE gewonnen werden. Außer den eigentlichen Quellen für das Wachstum des Grundmaterials (AsH3 und TMG) werden natürlich Gasleitungen für Dotiergase wie SiH4, (C2H5)2 Te, (C5H5)2 Mg zwecks Si-, Te- bzw. Mg-Dotierung benötigt. Für das Wachstum von ternären und quaternären III–V-Legierungen sind außerdem weitere Gaszufuhrleitungen erforderlich. Gebräuchliche Metallorganika sind hier z. B. Trimethylaluminium (CH3)3Al, Trimethylantimon (CH3)3Sb, Trimethylindium (CH3)3In u. ä. Für das Wachstum von Phosphorkomponenten wie InP, GaP wird als Hydrid Phosphin PH3 verwendet. Abbildung XVII.2 b zeigt eine mögliche Bauform für einen Flussreaktor. Der zu beschichtende Wafer ruht auf dem sog. Graphitsuszeptor, der während der Epitaxie eine Wachstumstemperatur zwischen 600 und 800 °C haben muss. Die Heizung erfolgt über Strahlung, über direkten elektrischen Stromfluss oder über Mikrowellenverluste. Verglichen mit MBE stellt der Wachstumsprozess bei MOCVD ein wesentlich komplexeres Geschehen dar. Oberhalb der wachsenden Schicht strömt Gas vorbei. Aus dieser strömenden Schicht diffundieren die Reaktionskomponenten zur Oberfläche. Dort und in der Gasphase geschehen Zersetzungsreaktionen, z. B. wird AsH3 sowohl durch Stöße in der Gasphase wie auch an der Oberfläche selbst zersetzt. Nachdem die nötigen Oberflächenreaktionen, u. a. Einbau des abgespaltenen As in das wachsende Kristallgitter, abgelaufen sind, werden die Reaktionsprodukte, z. B. CH4, wieder durch Diffusion von der Oberfläche weg in den abfließenden Gasstrom transportiert. MOCVDWachstum wird also maßgeblich bestimmt durch Transport hin und weg von der Oberfläche und durch Oberflächenreaktionen, sog. Oberflächenkinetik. Dies zeigt sich sehr klar, wenn man im MOCVD-Prozess die Wachstumsrate als Funktion der Substrattemperatur aufträgt (Abb. XVII.3). Es ergeben sich typische Abhängigkeiten, die zu niedrigen Temperaturen hin einen exponentiellen Abfall wie exp (–Eact/k T) zeigen, der durch Oberflächenreaktionen kinetisch begrenzt ist. Typische Aktivierungsenergien Eact in diesem Bereich lie- Abb. XVII.3. Wachstumsraten für GaAs-Schichten bei der metallorganischen Gasphasen (MOCVD)-Abscheidung aus AsH3 und Trimethylgallium (TMG) bzw. Triethylgallium (TEG); GaAs-Wafer-Orientierung (100). Es sind jeweils die Gasstromgeschwindigkeiten v und die Partialdrücke pTEG, pTMG bzw. pAsH3 mitangegeben. Der Totaldruck ist in beiden Experimenten 104 Pa. (Nach Plass et al. [XVII.7]) gen bei etwa 1 eV pro Atom. Bei welchen Temperaturen dieser kinetisch begrenzte Bereich liegt, hängt von den verwendeten Quellenmaterialien ab. Während für das thermisch stabilere TMG der exponentielle Abfall unterhalb von 850 K beobachtet wird, tritt er bei Verwendung des leichter zerfallenden Triethylgalliums [TEG, (C2H5)3 Ga] erst unterhalb von 700 K auf. Oberhalb des kinetisch begrenzten Bereiches zeigt die Wachstumsrate ein Plateau, dessen Höhe von den Bedingungen der Hin- und Wegdiffusion abhängt (z. B. Strömungsgeschwindigkeit im Reaktor). Hier ist das Wachstum durch die Transportprozesse in der Gasphase begrenzt. Zu noch höheren Temperaturen hin wird wieder ein Abfall der Wachstumsrate beobachtet (Abb. XVII.3). Für diesen Abfall liegt vermutlich kein prozessinhärenter Grund vor. Ein Verlust von Reaktanten aus dem Gasstrom durch Abscheidung an den Reaktorwänden wird angenommen. Durch geschickte Prozessführung in der Niedrigdruck-MOCVD und durch besondere Ventilkonstruktionen werden heute so kurze Umschaltzeiten erreicht, dass auch in MOCVD atomar scharfe Heteroübergänge von einem Halbleiter zu einem anderen erzeugt werden können. Eine dritte moderne Epitaxiemethode, die sog. metallorganische MBE (MOMBE) oder auch manchmal CBE (Chemical Beam Epitaxy) genannt, vereinigt Vorteile von MBE und MOCVD in sich [XVII.8]. Wie in MBE dient ein UHV-System (Abb. XVII.1) als Wachstumskammer. Als Quellenmaterialien werden jedoch wie in MOCVD Gase verwendet, die über Leitungen und gesteuerte Ventile von außen in die UHVKammer eingelassen werden. Im Innern dienen speziell konstruierte Einlasssysteme (Kapillaren) dazu, Molekularstrahlen zu formen, die auf die zu beschichtende Substratfläche gerichtet sind. Für das Wachstum von GaAs werden z. B. AsH3 und Triethylgallium [(C2H5)3 Ga, TEG] verwendet. Während jedoch im MOCVD-Reaktor Stöße im Gasraum oberhalb der heißen Substratfläche zu einer signifikanten Vorzerlegung des AsH3 führen, fällt dieser Mechanismus wegen des verschwindend geringen Hintergrunddruckes aus. In MOMBE muss deshalb das AsH3 in der Einlasskapillare selbst thermisch vorzerlegt werden. Bei allen metallorganischen Epitaxieprozessen ist Kohlenstoff, der aus der Zerlegung der Metallorganika stammt, eine markante Verunreinigung, die meist als Akzeptor auf As-Plätzen eingebaut zu p-Leitung führt (obwohl C auch als Donator auf Ga-Plätzen eingebaut werden kann). Dieser C-Einbau wird umso stärker, je niedriger 487 die verwendeten Drücke bei der Epitaxie sind. In MOMBE können niedrigdotierte p-GaAs-Schichten deshalb nur mit TEG und nicht wie in MOCVD auch mit TMG abgeschieden werden. Literatur XVII.1 M. A. Herman, H. Sitter: Molecular Beam Epitaxy, Springer Ser. Mater. Sci., Vol. 7 (Springer, Berlin Heidelberg 1988) XVII.2 E. H. C. Parker (Hrsg.): The Technology and Physics of Molecular Beam Epitaxy (Plenum, New York 1985) XVII.3 A. Y. Cho, K. Y. Cheng: Appl. Phys. Lett. 38, 360 (1981) XVII.4 E. Kasper, H.-J. Herzog, H. Dämbkes, Th. Richter: Growth Mode and Interface Structure of MBE Grown SiGe Structures, in Two-Dimensional Systems: Physics and New Devices, ed. by G. Bauer, F. Kuchar, H. Heinrich, Springer Ser. Solid-State Sci., Vol. 67 (Springer, Berlin Heidelberg 1986) XVII.5 Proc. ICMOVPE I, J. Crystal Growth 55 (1981) Proc. ICMOVPE II, J. Crystal Growth 68 (1984) W. Richter: Physics of Metal Organic Chemical Vapour Deposition, in Festkörperprobleme XXVI (Adv. Solid State Phys. 26) ed. by P. Grosse (Vieweg, Braunschweig 1986) p. 335 XVII.6 H. Heinecke, E. Veuhoff, N. Pütz, M. Heyen, P. Balk: J. Electron. Mater. 13, 815 (1984) XVII.7 C. Plass, H. Heinecke, O. Kayser, H. Lüth, P. Balk: J. Crystal Growth 88, 455 (1988) XVII.8 H. Lüth: Surf. Science 299/300, 867 (1994) Tafel XVII Literatur Tafel XVIII Tafel XVIII Präparation von Nanostrukturen Untersuchungen des elektronischen Transports in Nanostrukturen mit Leiterquerschnitten zwischen 10 und einigen 100 nm benötigen entsprechend strukturierte Proben. Dies gilt insbesondere für Untersuchungen des Quantentransports bei tiefen Temperaturen, so wie er in Abschn. 9.9 beschrieben wurde. Geeignete Strukturierungsmethoden sowohl für Metalle als auch für Halbleitermaterialien wurden im Zusammenhang mit der Halbleiter-Mikroelektronik entwickelt. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Techniken, die auch zur Herstellung hochintegrierter Schaltkreise auf Silizium-Wafern Verwendung finden. Eine häufig angewandte Methode zur Präparation von dreidimensionalen (3D) Nanostrukturen auf einem Substrat beginnt mit der flächenhaften Beschichtung des Substrats, z. B. einem Silizium-, GaAs-, oder Saphir (Al2O3)-Wafer mit dem erwünschten Nanostrukturmaterial. Metalle werden aus einem elektrisch beheizten Wolfram- oder Graphittiegel verdampft und auf dem Substrat deponiert. Bei hochschmelzenden Materialien geschieht das Verdampfen auch häufig durch Elektronenbeschuss des im Tiegel vorhandenen Ausgangsmaterials. Wenn das Substrat zum aufwachsenden Film gut gitterangepasst ist, lässt sich bei höheren Substrattemperaturen, bei denen die Oberflächenbeweglichkeit der auftreffenden Atome genügend hoch ist, auch kristallines Wachstum der Epischicht erzielen. Man spricht dann von Epitaxie (Tafel XVII). Besonders kristalline Halbleiterschichten und Mehrschichtsysteme, z. B. aus GaAs/AlGaAs, InGaAs/InP oder Si/Ge werden mittels Epitaxieverfahren wie Molecular Beam Epitaxy (MBE) oder Metal Organic Vapour Phase Epitaxy (MOVPE) auf geeigneten Substraten abgeschieden (siehe Tafel XVII). Mittels Deposition von polykristallinen bzw. amorphen Schichten oder Epitaxie von kristallinen Epischichten und Schichtsystemen wird so eine Nanostrukturierung in einer, nämlich der z-Richtung senkrecht zur Substratoberfläche erreicht. Bei Schichtwachstumsraten von 1mm/h, d. h. 0.3 nm/s können Schichtdicken unterhalb von 1nm und atomar scharfe Übergänge zwischen verschiedenen Materialien erzielt werden. Um 3D-Nanostrukturen durch “maschinelle” Strukturierung herzustellen, ist Lithographie (griech. kiho& = Stein, cqueim = schreiben) erforderlich. Laterale Strukturierung bis in den 100 nm Bereich wird mittels optischer Lithographie, d. h. unter Verwendung von Belichtungsmethoden mit sichtbarem und UV-Licht durchgeführt. Nanostrukturierung bis auf die 5–10 nmSkala wird mittels Elektronenstrahl-Lithographie (engl. e-beam-lithography), also unter Verwendung von Elektronenstrahlschreibern erreicht. Beide Prozesse sind darin ähnlich, dass ein Photolack (engl. photoresist) entweder durch Licht oder durch einen Elektronenstrahl belichtet und dadurch chemisch und strukturell bezüglich seiner Löslichkeit in einem organischen Lösungsmittel verändert wird. Bei der optischen Lithographie geschieht die Belichtung durch eine Maske (entweder als Kontaktdurchleuchtung oder durch optische Projektion), d. h. das gewünschte Muster wird in seiner Gesamtheit parallel, in einem einzigen Beleuchtungsschritt auf den Lack übertragen. Bei der Elektronenstrahl-Lithographie erfolgt die Belichtung seriell, indem ein fokussierter Elektronenstrahl rechnergesteuert über den Lack geführt wird. Dies geschieht in einer elektronenmikroskopischen Säule wie bei einem Rasterelektronenmikroskop. Verglichen mit der optischen Lithographie ist die Elektronenstrahl-Lithographie zeit- und kostenintensiver. Für industrielle Anwendung zielt deshalb die Forschung darauf ab, die Elektronenstrahl-Lithographie durch parallele Belichtungsverfahren mit extrem 489 Tafel XVIII Tafel XVIII Präparation von Nanostrukturen Abb. XVIII.1. Schematische Darstellung wichtiger lithographischer Strukturierungsverfahren. Die Belichtungsschritte (3) bei der Metall-Ätzung bzw. (2) beim Lift-off-Prozess werden in der optischen Lithographie durch Masken (wie dargestellt) bzw. durch optische Projektion parallel oder in der Elektronenstrahl-Lithographie seriell durchgeführt. Ein Negativlack wird an den belichteten Stellen unlöslich, ein Positivlack löslich für die nachfolgende Lack-Entwicklung kurzwelligem Licht zu ersetzen, z. B. durch extreme UV (EUV)-Lithographie mit einer Lichtwellenlänge von 13,5 nm (entsprechend einer Photonenenergie von 91,82 eV). Um laterale Strukturen im belichteten Photolack auf Halbleiterschichtsysteme oder Wafer zu übertragen, werden verschieden Ätzverfahren eingesetzt. Die wichtigsten Übertragungsverfahren sind in Abb. XVIII.1 zusammengestellt. Im Fall der Metallstrukturierung auf dem Wafer sind zwei Wege möglich, die Metallätzung und das sog. Lift-off Verfahren. Bei der Metallätzung (linke Kolumne in Abb. XVIII.1) wird eine durch Verdampfung deponierte Metallschicht (Schritt 1) strukturiert geätzt. Dazu wird die Metallschicht (typische Dicke 100 nm) mit dem organischen Photolack, häufig mit Poly-Methyl-Meta-Acrylat (PMMA) in einer Lackschleuder durch Aufsprühen bedeckt (Schritt 2). Im hier beschriebenen Prozess wird ein sog. Negativlack benutzt, bei dem die nachfolgende Belichtung (Schritt 3) durch eine Maske oder durch einen Elektronenstrahl lokal in den beleuchteten Arealen zu einer Verfestigung der chemischen Struktur des Lackes (Polymerbildung), d. h. zu einer geringeren Lös- lichkeit führt. Bei der nachfolgenden Entwicklung (Schritt 4) werden durch ein organisches Lösungsmittel die nichtbelichteten Areale des Lacks entfernt. Die verbleibenden Lackstrukturen schützen nun die darunter liegende Metallschicht davor, beim Ätzen entfernt zu werden. Ätzen von Strukturen kann je nach verlangten Anforderungen nasschemisch in Lösungen (HCL, H2O2 u.a.) erfolgen oder in einer Plasmaentladung in O2 durch Ionenbeschuss mit mehr oder weniger chemisch aktiven Beimischungen (HF, HBr). Letztere Methode, die in Ionenätzanlagen erfolgt, heißt Reaktives Ionenätzen (engl. Reactive Ion Etching, RIE, Abb. XVIII.2). Die Metallätzung (Schritt 5) hinterlässt nun auf dem Wafer die Nanostrukturen, bestehend aus Metall und der darüber liegenden Lackschicht. In Schritt 6 wird der Lack in einem Ofen durch Veraschung entfernt und die gewünschten Metall-Nanostrukturen verbleiben auf dem Wafer. Da III–V Halbleiter und Metalle sehr ähnliches Ätzverhalten zeigen, eignet sich die beschriebene Methode nur sehr begrenzt zur Erzeugung metallischer Nanostrukturen auf III–V Halbleitern. Hier wird der sogenannte Lift-off- Tafel XVIII Präparation von Nanostrukturen Tafel XVIII 490 Abb. XVIII.2. Schema einer Apparatur für Reaktives Ionenätzen (RIE). Zur Aufrechterhaltung der Plasmaentladung mit reaktiven Ionen werden üblicherweise Niedrigdruck-Vakuumkammern als Reaktor eingesetzt Prozess bevorzugt angewendet. Die III–V-WaferOberfläche wird mit einem Positivlack bedeckt (Schritt 1). Ein solcher Lack wird durch Belichtung, optisch oder durch Elektronenstrahl, chemisch so verändert, dass er in den belichteten Bereichen leichter löslich wird (Aufbrechen von Polymer-Bindungen). Danach wird der Positivlack belichtet, optisch oder durch Elektronenstrahl (Schritt 2). Nach der Entwicklung, dem Entfernen des Lacks an den belichteten Stellen (Schritt 3), ist der Wafer dann mit einer strukturierten Lackschicht bedeckt. Eine nachfolgende Deposition von Metall bedeckt sowohl Lack und Waferbereiche mit Metall (Schritt 4). Im Lift-offProzess werden nun im fünften Schritt die verbliebenen metallbedeckten Lackstrukturen entfernt und nur die auf dem Wafer angeordneten Metallstrukturen bleiben übrig, genauso wie in der vorher beschriebenen Metallätzung. Diesen mit Positivlack durchgeführten Prozess kann man auch einsetzen, um Strukturen direkt in den Halbleiter-Wafer zu übertragen. Nach der Belichtung (Schritt 2) muss man nur einen Ätzschritt, meist RIE, anschließen, der direkt das Halbleitersubstrat angreift (Schritt 4). Hierbei entstehen entsprechende Vertiefungen im Halbleiter, bzw. entsprechende 3D-Nanostrukturen, die erhaben aus dem Halbleiter-Wafer herausragen. Diese Strukturierungsmethode eignet sich also hervorragend, um Halbleiter-Heterostrukturen, die schon in ihrer Schichtstruktur zwei energetische Barrieren für Elektronen, z. B. aus AlAs eingebettet in GaAs (Abschn. 12.7) aufweisen, weiter in 3D-Quantenpunkte zu überführen, indem die laterale Einschränkung durch lithographische Herausformung von Säulenstrukturen erreicht wird. In einem letzten fünften Schritt wird dann nur noch der übrig gebliebene Photolack entfernt. Alle bisher vorgestellten Methoden der Herstellung von Nanostrukturen gehen von makroskopischen Festkörpern aus und verwenden lithographische Techniken zur Verkleinerung bis in den Nanometerbereich (sog. top-down Verfahren). In den letzten Jahren sind mit wachsender Bedeutung sog. bottom-up Verfahren ins Blickfeld gerückt, bei denen man das Selbstorganisationsprinzip der Natur einsetzt, wie wir es vom Kristallwachstum her kennen. Wenn man die richtigen physikalischen und chemischen Voraussetzungen schafft, bilden sich Nanostrukturen von selbst aus, ohne den Einsatz komplexer und kostenintensiver Lithographietechniken. Ein Beispiel ist die Selbstorganisation organisch-chemischer Nanopartikel und Fadenstrukturen. Speziell für die Halbleiterphysik hat das epitaktische Wachstum von Halbleiterwhiskern (HalbleiterNanosäulen) enorme Bedeutung gewonnen. Deponiert man auf einem Halbleiter-Wafer metallische Tröpfchen mit Durchmessern von 10– 100 nm, so wirken diese als Nukleationskeime und als Katalysatoren beim Kristallwachstum in der Epitaxie, sowohl in der MBE wie auch in der MOVPE bzw. MOCVD (Tafel XVII). Bei der MOVPE bewirken diese metallischen Keime eine gesteigerte katalytische Zersetzung der gasförmi- 491 Tafel XVIII Tafel XVIII Präparation von Nanostrukturen Abb. XVIII.3. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen einer in der Molekularstrahlepitaxie hergestellten Ansammlung von GaN-Whiskern auf einem Si(111)-Substrat (a) und eines einzelnen vom Si-Substrat abgelösten Whiskers, der auf einem mit metallischen Markern (helle Punkte) elektronenlithographisch vorstrukturiertem Si/SiO2-Substrat deponiert wurde und anschließend mit metallischen ohmschen Kontakten überdeckt wurde (b). Die ohmschen Kontakte (großflächige helle Bereiche) wurden auch mittels Elektronenstrahl-Lithographie präpariert. (Nach Calarco et al. [XVIII.1]) gen Ausgangsmaterialien und lassen bei geeigneten Wachstumsparametern nur Wachstum an der Stelle des Metallkeims zu. Dies führt zu Whisker-Wachstum; 10 bis 100 nm dicke Nanosäulen wachsen bis zu Längen von Mikrometern und können nach Abtrennung vom Substrat und elektrischer Kontaktierung, meist mit lithographisch präparierten Metallkontakten (Abb. XVIII.3), zur Untersuchung von Quanteneffekten benutzt werden. Denkt man an Anwendungen in der Quantenelektronik, dann wäre ein geordnetes Wachstum dieser Halbleiter-Nanosäulen, sowohl bezüglich ihrer Dicke und Länge als auch in ihrer räumlichen Anordnung wünschenswert. Dies kann man erreichen, indem man die Metallkeime mit einheitlicher Dicke an wohlbestimmten Plätzen deponiert. Als erfolgreich hat sich aber auch ein geordnetes selektives Wachstum mittels vorher auf dem Wafer abgeschiedener Masken herausgestellt. In Abb. XVIII.4 ist als Beispiel das geordnete Abb. XVIII.4. Geordnetes selektives Wachstum von GaAs-Nanosäulen auf einem maskierten GaAs(111)-Substrat (rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen). (a) Elektronenlithographisch hergestellte Maske aus HSQ (Hydrogen Silesquioxane) auf einem GaAs(111)-Wafer; (b) Mittels metallorganischer Gasphasenepitaxie (MOVPE, Tafel XVII) hergestellte GaAs-Nanosäulen (Durchmesser etwa 150 nm) unter Benutzung der HSQ-Maske aus (a). (Nach Klinger et al. [XVIII.2]) Wachstum von GaAs-Säulen auf GaAs(111) mit Durchmessern von etwa 150 nm dargestellt. Die Maske aus einem anorganischen Negativ-Photolack (HSQ = Hydrogen Silesquioxane) wurde mittels Elektronenstrahl-Lithographie hergestellt (Abb. XVIII.4a). Die GaAs-Säulen wurden in der MOVPE mit den Ausgangsmaterialien AsH3 und TMGa (Trimethylgallium) bei einer Wachstumstemperatur von 750 8C hergestellt. Es sei noch einmal betont, dass für die Herstellung dieser wohlgeordneten Säulen das in der MOVPE mögliche selektive Wachstum entscheidend ist, bei dem die nicht-reaktive Maskenoberfläche wegen ihrer fehlenden Fähigkeit zur oberflächenkatalytischen Zersetzung der Ausgangsgase kein GaAs-Wachstum zulässt. Das Wachstum von Halbleiter-Nanosäulen in MBE und MOVPE bzw. MOCVD wurde mittlerweile für die Halbleitersysteme Si, SiGe, GaAs, InAs, GaN, InN, ZnO gezeigt und lässt interessante neue Entwicklungen im Hinblick auf eine zukünftige Quantenelektronik erwarten. Tafel XVIII 492 Tafel XVIII Präparation von Nanostrukturen Literatur XVIII.1 R. Calarco, M. Marso, R. Meijers, Th. Richter, N. Aykanat, T. Thillosen, T. Stoica, H. Lüth: NanoLetters 5, 981 (2005) XVIII.2 V. Klinger, J. Wensorra (Forschungszentrum Jülich 2007): private Mitteilung