Die Festkörper-Elektrochemie behandelt die chemischen

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Ionik
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I. Festkörper-Elektrochemie
1. Einführung.
Die Festkörper-Elektrochemie behandelt die chemischen
Vorgänge des Transports von Ionen in Festkörpern,
einschließlich der Wechselwirkung mit den Elektronen,
und deren praktische Anwendung (nahezu ausschließlich
in galvanischen Zellen).
1.1. Geschichtliches
1839
M. Faraday beschreibt erstmals die Eigenschaft
der Ionenleitung in Festkörpern (Ag2S - 177°C,
PbF2 - 500°C)
1895
W. Nernst entdeckt die Ionenleitung in
dotierten Oxiden des Zr, Th, ... bei hohen T.
um 1920Tubandt & Reinhold entdecken hohe
Ionenleitfähigkeiten in den Halogeniden des
Silbers und Kupfers („magische Ionen“). Die
Leitfähigkeit in Festkörpern unterhalb des
Schmelzpunkts ist höher als in der Schmelze.
um 1920 W. Schottky und C. Wagner, Fehlordnung in
Festkörpern; Beschreibung des Festkörpers
durch die Theorie der geordneten Mischphase.
1933
C. Wagner: Theorie des Anlaufvorgangs.
1943
C. Wagner: Erklärung der Ionendiffusion in
dotiertem ZrO2 durch Wanderung von Sauerstoffleerstellen.
1957
K. Kinkkola ud C. Wagner: Konstruktion
galvanischer Zellen mit Festkörpern zur
Bestimmung thermodynamischer Daten von
Oxiden und Sulfiden.
– 1965 B. Owens, Argue: Hohe Ionenleitfähigkeit in
Ag4RbI5 bei Raumtemperatur
– 1965 Yao und Kummer: Entdeckung der hohen
ionischen Leitfähigkeit in b-Al2O3 und b ‘‘Al2O3
seit 1968 R.A. Huggins, J. Goodenough, P. Hagenmüller, ... Entdeckung der Ionenleitung für
praktisch alle 1-wertigen Ionen in zahlreichen
festen Ionenverbindungen; Berücksichtigung
struktureller Gesichtspunkte.
1972
M. Arnaud: Entwicklung des Konzepts der
Ionenleitung in Polymeren
1972
J. Kennedy, J.L. Souquet, ...: Ionenleitung in
Gläsern
1.2. Technologie.
1973
LiI-Herzschrittmacherbatterie
1973
l-Sonde (R. Bosch)
~ 1975 Brennstoffzelle, HT-Wasserelektrolyse (Dornier,
Siemens, ABB)
Abb. 1.1. Struktur des kubisch stabilisierten Zirconiumdioxids; links: geordnete Elementarzelle; rechts: durch Dotierung
(Z.B. Substitution von ZrO 2 durch CaO geschaffene Leerstelle im Sauerstoffteilgitter; die Sauerstoffionen
und -leerstellen befinden sich in den Zentren von Tetraedern, die über Kanten miteinander verknüpft sind.
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~ 1976
Na-S-Zelle (BBC / ABB)
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Abb. 1.4. Wichtige Festelektrolyte
Abb. 1.2. Abhängigkeit der Leitfähigkeit der Ionen in
Zirconiumdioxid als Funktion der Konzentration der
Dotierung (Y 2O3) bzw. der Sauerstoff-LeerstellenKonzentration: Es zeigt sich ein Maximum; danach
nimmt die Leitfähigkeit trotz zunehmender LeerstellenKonzentration ab.
Abb. 1.5.
Der praktisch interessante Bereich der Leitfähigkeit von
Festelektrolyten ist vergleichbar mit dem der elektronischen Halbleitung und dem der flüssigen Elektrolyte.
Vorteile gegenüber flüssigen Elektrolyten: mechanische Stabilität, Formbarkeit, Formbeständigkeit,
Auslaufsicherheit, Miniaturisierung, Bewegung einer
Ionensorte (geringe Selbstentladung).
Atomare Diffusion in Festkörpern schneller als in
Gasen und Flüssigkeiten.
Abb. 1.3.
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Abb. 1.6.
Abb. 1.8.
+ Lagenstatistischer Anteil der Entropie
–kT ln Wi ª kT Ni (Ln xi –1)
Mechanismen des Transports
– Zwischengittermechanismus
– Leerstellenmechanismus
– Indirekter Zwischengittermechanismus
– „Crowdion“-Mechanismus
Transportgleichungen
j = cbK
b=
u
: allg. Beweglichkeit
K
(1.2)
Vergleich mit Fickschem Gesetz
j = –D F grad C
Abb. 1.7. Gemischte Leiter (Elektronenleiter mit hoher
part. Ionenleitung)
Ursache des Ionentransports in Festkörpern
Ursache des Ionentransports in Festkörpern sind Störstellen des Gitters (0-dimensionale Gitterfehler; Punktfehler). Sie existieren im thermodynamischen Gleichgewicht aufgrund der Entropieerhöhung
G = NMgM +
ÂN g
i i
(1.1)
unter Berücksichtigung von K = -
dm
und ideales
dx
Verhalten:
DF = kT b
: Nernst-Einstein-Beziehung
(1.4)
Nichtideales Verhalten:
m = m0 + kt Ln a
(1.5)
Koeffizientenvergleich:
i
(enthält die Enthalpieänderung + Entropieänderung (i.e.,
Änderung des Schwingungsspektrums) des Kristalls beim
Zufügen der Defekte)
(1.3)
DF =
: = DK
d ln a
oder D ( Diffusivität) d ln c
kT b
{
(1.6)
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d ln a
: Wagner-Faktor od. thermodyn. Faktor
d ln c
(1.7)
Potentialgradient als treibende Kraft:
W=
K = –zq
∂j
∂x
ji =
(1.8)
ÂL
ik
grad h k
(1.17)
k
Dann ist
L ik = L ki : Onsagersche Reziprozitätsbeziehung
j=
–c
b4
z3q
1
42
∂j
∂x
(1.9)
2.
u= b z q : elektrische Beweglichkeit
b=
f: Korrelationsfaktor; abhängiv v. Mechanismus
(typisch 0.33 – 0.8)
Beschreibung der Teilchenflüsse nach den Ansätzen der
irreversiblen Thermodynamik („Â Kräfte ¥ Flüsse = DS“)
D
Dzq
> u=
kT
kT
(1.10)
2.1. Ionische Leitfähigkeit
Vergleich mit Ohmschem Gesetz
i = –s
∂j
∂x
(1.11)
(gilt, wenn die Feldstärke nicht zu groß ist, d.h., wenn das
Produkt aus der Potentialdifferenz über die Entfernung
zwischen 2 Stößen x Ladung des Ions << kT ist):
Abb. 2.1.
Anm.: s e << s i
c D z 2 q2
s=
= c b z 2q 2
kT
(1.12)
Gleichzeitig Aktivitätsgradient + elektrisches Feld:
∂j ˆ
∂h
Ê ∂m
j = –cb Á
+ zq ˜ = –cb
Ë ∂x
∂x ¯
∂x
c D ∂h
s ∂h
=–
=– 2 2
kT ∂x
z q ∂x
(1.13)
Das mittlere Verschiebungsquadrat folgt aus der Lösung
des 2. Fickschen Gesetzes
∂c ( x, T)
∂ 2c
=D 2
∂t
∂x
•
x2 =
2
Úx
0
:
(1.14)
(1.15)
wenn die Sprünge „erinnerungsfrei“ sind.
Das ist bei einer Tracerdiffusion nicht der Fall.
Korrektur:
( )
Ê iˆ
s = -Á ˜ L
ËE¯
(1.16)
(2.1)
Bestimmung der Identität der beweglichen Ladungsträger
und von Überführungszahlen:
Überführungsmessungen
N ( x, T)
dx = 2Dt ,
N0
D Tr D* = f D
Unter Verwendung ideal reversibler Elektroden gilt das
Ohm´sche Gesetz (2-Punkt-Technik).
Häufig sind die Elektroden polarisierbar. Dann sind
separate Spannungs-Sonden zu verwenden (d.h.
elektronische Ableitungen im Abstand L (4-PunktTechnik):
Dm
A
=
IDt
zF
(2.2)
(Faraday-Gesetz). A = Atomgewicht der überführten
Ladungsträger; z = Ladungszahl.
Impedanzmessung ("Impedanzspektroskopie"):
Anwendung von Wechselstrom kleiner Amplitude im
Frequenzbereich von etwa 10-5 - 10+5 Hz mit Bestimmung
der Phasenverschiebung von Strom und Spannung und
des Spannungs/Strom-Verhältnisses.
Abb. 2.2.: Beispiel eines Impedanzdiagramms mit Auftragung in der imaginären Ebene.
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w klein (w <<
1
):
R csc p
R ges = R - i
1
wcs
(2.7)
2.2. Strom-Spannungskurve für gemischt ionisch +
elektronisch leitende Festkörper zwischen reversibler
Elektrode (zur Definition der Stöchiometrie) und inerter
Elektrode.
Abb. 2.2.
Anordnung (Polarisierungsmessung):
Rev. Elektrode | gemischter Leiter | Inerte Elektrode
Cs (Cb)
R
(z. B. Ag für Ag +-Ionenleiter oder O 2 für O- --Ionenleiter).
Definition:
Cp (Cb)
Abb. 2.3. Beschreibung durch "Äquivalentschaltkreis"
i = Ion (bewegliche Ionensorte)
e = Elektron (Überschußelektron)
h = Loch ("hohe" Defektelektronen)
Allgemein gilt für die Teilchenflußdichte in einem
elektrischen Feld und beim Vorliegen eines Konzentrationsgradienten
Berechnung des Gesamtwiderstandes:
j=-
1
1
= i w cp +
1
R ges
R + i wc
s
(2.3)
c p + cs ) + R 2w 2c 2s c p
(
R ges =
-i
(c p + cs )2 + R2 w2 c 2p c2s w( c p + c s )2 + R2w 3c 2p cs2
s dh
s Ê dm
dj ˆ
=- 2 2 Á
+ zq ˜
z2 q 2 dx
z q Ë dx
dx ¯
(2.8)
Stationär gilt für den Teilchenfluß der Ionen i:
Rc 2s
(2.4)
2
c p << c s: R ges =
2
R
1+ R w c sc p
-i
1+ R 2w 2c 2p
wcs + R 2 w3 c2p c s
(2.5)
1
1
2 2 -i
Rw c p
wc p
(2.9)
da die angelegte Spannung so polarisiert ist, daß keine
Nachlieferung der Ionen durch die inerte (blockierende)
Elektrode möglich ist.
Konsequenz (Gleichungen 2.8 und 2.9):
dj
1 dmi
=dx
zi q dx
w groß (w >> 1/R c p):
R ges =
ji = 0
(2.6)
Für die Elektronen e und Löcher h gilt dann nach
Gleichung (2.8) unter Berücksichtigung von Gleichung
(2.10) für die elektrische Stromdichte i = zqj
ie , h = -
se , h Ê dme , h z e,hq dmi ˆ
Á
˜
z e , hq Ë dx
z,q dx ¯
a) dm i >> dm e (metall. Leiter)
Abb. 2.4. Warburg-Impedanz
(2.10)
(2.11)
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ie , h = +
s e,h dmi
z i q dx
(2.12)
oder nach Gleichung (2.10)
ie , h = -se, h
dj
dx
(Ohmsches Gesetz)
(2.13)
b) dm e >> dm i (Halbleiter; Ionenleiter)
Gleichung (2.10):
dj
=0
dx
Der Festkörper ist feldfrei!
ie , h = -
se , h dme , h
z e , hq dx
(2.14)
Abb. 2.6. Strom-Spannungs-Verlauf eines Hebb-Wagnerschen
Der Strom erfolgt durch Diffusion!
Polarisationsexperiments zur Bestimmung der partiellen
Leitfähigkeiten der Überschuß- und Defektelektronen als
Integration zwischen den beiden Grenzen ' und '':
ie , hL = -
1
z e,hq
Minoritätsladungsträger in ZrO2 (10 mol-% Y2 O3 ) bei 700°C.
''
Ú s e,hdme, h
(2.15)
'
(L = Länge, Dicke der Probe)
Wegen s e,h = ce , h z e,h ue , hq ( u e,h : elektr. Beweglichkeit)
gilt unter Berücksichtigung idealen Verhaltens
(m = m 0 + kT lnc )
Ï m - m'e , h ¸
s e,h = s 'e,h exp Ì e,h
˝
kT
Ó
˛
(2.16)
und demnach nach Gleichung (2.15) und unter
Berücksichtigung von E = 1q m'e' - m'e :
(
)
kT È ' Ê qE
- qE
ie , hL = s e Ë e kT - 1ˆ¯ + s'h ÊË 1- e kT ˆ¯ ˘˙
Í
˚
q Î
Abb. 2.7. Partielle Leitfähigkeiten der Überschußelektronen e-
(2.17)
und der Defektelektronen h + als Funktion des Sauerstoffpartialdrucks in doppelt-logarithmischer Auftragung: Die Leitfähigkeiten ändern sich mit der 4. Wurzel aus dem Sauerstoffpartialdruck entsprechend dem Fehlordnungsmodell von doppelt
geladenen Sauerstoffleerstellen, die durch e- bzw. h + elektrisch
kompensiert werden. Zum Vergleich ist die ionische Leitfähigkeit von ZrO2 (10 mol-% Y 2 O3 ) eingetragen. Sie ist wegen der
hohen Fehlstellenkonzentration, die sich durch den Sauerstoffpartialdruck praktisch nicht beeinflussen läßt, unabhängig vom
Sauerstoffpartialdruck. Die punktierten Linien in der rechten
oberen Ecke des Diagramms geben die Grenzen des Sauerstoffpartialdruck-Bereichs für das dotierte Zirconiumdioxid bei den
jeweiligen Temperaturen an.
Abb. 2.5.
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Länge des Elektrolyten folgt
E=
1 e
1
he - hre =
t - dm x
q
zq e ion
(
t e- = -zq
Abb. 2.8.
∂E
∂mrionx
(2.28)
(2.29)
Abb. 2.10. + 2.11.: Spannungs-Relaxations-Methode.
se
s
s + sh
grad he - h grad hh = e
grad he (2.18)
T
F
F
grad ni = 0
grad f =
i=
Ú
2.3. Elektronische Beweglichkeit
Abb. 2.8.: Elektronische Leitung in ZrO 2 (Polarisation):
i=
)
(2.19)
1
grad mi
F
(2.20)
se + sh
( grad me + grad m i )
F
(2.21)
grad m e >> grad mi
(2.22)
i = ( c eu e + c h uh ) grad me
U=
1 l
m e - mre
F
i=-
(
(2.23)
)
(2.24)
RT l -EF / RT
se e
-1 + s lh 1- e -EF / RT - 1
FL
[ (
)
(
)] (2.25)
Abb. 2.9. EMK-Technik:
iion + ie = 0
(2.26)
sion ∂hion s e- ∂he +
=0
z ionq ∂ x
(-1)q ∂x
(2.27)
Abb. 2.10. Spannungs-Relaxations-Methode zur Bestimmung der Diffusionskoeffizienten oder Bewegungen der
Elektronen und Löcher mit vornehmlich festen ionischen
Leitern. Die verschiedenen Möglichkeiten um die
Diffusionskoeffizienten D e und Dh bei Kurz- (t<<L 2/De,h)
und Langzeitverhalten (t>>L2/De,h) zu berechnen, sind
angeführt. c e,h: Konzentration von Elektronen und
Löchern; q: einfache Ladung; k: Boltzmann´s Konstante;
T: absolute Temperatur.
Wegen hion+z he- = mionx und durch Integration über die
Abb. 2.11.
Abb. 2.9. EMK-Technik
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