TRADE MAGAZIN_#27-2012_04_INTERVIEW «KURSBEWEGUNGEN FOLGEN DEN POLITISCHEN GEGEBENHEITEN» Fondsmanager Christian Zogg ist angesichts der politischen Börsen vorsichtig gestimmt. Die Erholung von zyklischen Aktien ist für ihn kein Zeichen der konjunkturellen Erholung. Die schlechte Stimmung an den Börsen scheint sich langsam aufzuhellen. Welches sind die Gründe, welche die Investoren optimistischer stimmen? Die Märkte werden derzeit primär von der europäischen Schuldenkrise bestimmt. Aktien als Anlageklasse sind unseres Erachtens attraktiv bewertet und haben mittelfristig Potenzial. Wenn Sie aber die Marktbewegungen seit 2010 beobachten, stellen Sie fest, dass die Kursbewegungen weniger den fundamentalen Daten der Unternehmen folgen als vielmehr den politischen Gegebenheiten und dem Agieren der Notenbanken. Das stimmt uns für die nächsten Monate noch immer etwas vorsichtig. Heisst das für Anleger, dass sie in Erwartung einer weiteren Erholung ihre Aktienquoten erhöhen sollten? Eine Änderung der Aktienquote ist immer auch eine Timing-Frage. Die Erfahrung zeigt, dass Anleger in der Regel damit nicht allzu viel Geld verdienen. Eine Anlagestrategie sollte eher langfristig angelegt sein und da gehören Aktien als Kernbaustein ins Portfolio. Viele private Anleger stehen derzeit an der Seitenlinie und parken ihre Christian Zogg ist stv. Geschäftsführer der LLB Asset Management. Er ist verantwortlicher Fondsmanager für den LLB Aktien Regio Bodensee, Valor 945366 (Chart). Mittel im Cash. Es wird wohl noch etwas Zeit brauchen, bis diese wieder mehr Vertrauen in die Märkte fassen. Ist es bereits Zeit, auf zyklische Aktien zu setzen? Wir befinden uns in einer Phase, in der die Gewinnwachstumsraten von den Analysten nach wie vor nach unten revidiert werden, was der schwächeren globalen Konjunktur zuzuschreiben ist. Trotzdem haben sich in TRADE MAGAZIN_#27-2012_04_INTERVIEW den letzten Wochen die Zykliker teilweise deutlich erholt. Diese wurden im Mai und Juni aber auch massiv zusammengestaucht. Die aktuelle Entwicklung ist also eher eine Korrektur auf die Marktbewegung im Frühjahr und nicht unbedingt ein Zeichen für ein Anziehen der globalen Wirtschaft. Unseres Erachtens muss man sich mit den Endmärkten der Unternehmen auseinandersetzen und deren Verfassung beurteilen. Ein Beispiel dafür mag der reissende Absatz von Luxusgütern wie Uhren, Schmuck oder auch teuren Autos sein. Die asiatische Nachfrage ist hier offensichtlich ungebrochen. Welches sind die grössten Sorgen, die Investoren noch davon abhalten, mehr Risiken einzugehen? Mit wirtschaftlichen Risiken kann man an den Märkten recht gut umgehen. Politische Risiken sind aber praktisch nicht zu prognostizieren und machen deshalb dem Anleger derzeit den Entscheidungsprozess schwerer als auch schon. Regierungen und Regulatoren haben zudem noch ein verstärktes Interesse daran, institutionellen Investoren das Halten von Obligationen zu erleichtern. Dass dies nicht ganz uneigennützig geschieht, ist für den Beobachter ziemlich offensichtlich. Mit dem Backwarenhersteller Aryzta haben Sie einen defensiven Wert im Portfolio. Was zeichnet das Unternehmen Ihrer Ansicht nach aus? Aryzta als Unternehmen des Lebensmittel-Sektors mag auf den ersten Blick als defensive Aktie erscheinen. Wir finden die Aktie attraktiv, weil sie in ihrem Geschäftsfeld Convenience Food eine klare Strategie verfolgt und dort durchaus weiteres Wachstumspotenzial erschliessen kann. Wichtig ist, dass die Aktie vernünftig bewertet ist und dem Anleger damit genügend Luft nach oben bleibt. Die Versicherungsgruppe Helvetia, die Sie ebenfalls im Portfolio haben, zahlt hohe Dividenden, ist aber recht tief bewertet. Woran liegt das? Der Versicherungssektor hat seit der Verschärfung der Staatsschuldenkrise massiv an Wert verloren. Es herrscht grosses Misstrauen bezüglich der Werthaltigkeit der Finanzanlagen. Wir gehen davon aus, dass sich das Bewertungsniveau der Versicherungstitel mittelfristig normalisiert und dabei ansehnliche Kursgewinne resultieren. Die Aktien von Sulzer haben sich seit Ende des vergangenen Jahres bereits stark erholt. Sehen Sie weiteres Potenzial? Kurzfristig scheint der Kursverlauf tatsächlich etwas ausgereizt zu sein. Die Aktie ist damit kein Schnäppchen mehr. Wir haben deshalb für einen Teil der Position kurzfristige Call-Optionen verkauft. Das sehr solide Unternehmen ist aber in interessanten Endmärkten, deshalb sehen wir mittelfristig deutliches Potenzial für den Titel. (es)