Bessere Governance und Ethik - nicht nur in den Finanzmärkten von

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Handelshochschule Leipzig
Graduation Speech
24 Juli 2010
Bessere Governance und Ethik - nicht nur in den Finanz märkten
von
Christian Strenger
Direktor, Corporate Governance Center, Handelshochschule Leipzig
Aufsichtsrat der DWS Investment GmbH, Evonik Industries AG, Fraport AG
Mitglied der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex
I. Die Mission der HHL: 'We educate effective and responsible business leaders
through excellence in teaching, research and practice‘ hat gerade angesichts der
globalen Wirtschafts- und Finanzkrise eminente Bedeutung: Die heute Graduierten
sind zukünftig gefordert, die Realwirtschaft und die Finanzmärkte aktiv und
verantwortungsbewusst mitzugestalten. Das gilt besonders für das heutige Thema.
II. Zustand der Finanzmärkte und der wesentlichen Institute
Würde hier in naher Zukunft keine substantielle Besserung eintreten, wären die
Folgen für uns alle absehbar bedrohlich. Was sind die meist gehandelten Stichworte?
Kurzfristige Spekulation statt langfristiger Kundenorientierung, Millionen-Boni für
Bankmitarbeiter
trotz
Milliardenverlusten
und
staatlicher
Unterstützung,
'Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste'.
Sie vermitteln dem Bürger ein bedauerliches und beunruhigendes Bild der
Finanzmärkte. Die wie immer reaktive Politik ergeht sich in auf übermäßige
Spekulation1 aufbauenden Schuldzuweisungen und verlangt Transaktionssteuern
sowie Bankenabgaben, die mangels internationalen Zusammenhangs weitgehend
wirkungslos bleiben werden. Auch wenn soeben Präsident Obama bei der
Verabschiedung eines weitreichenden Regulierungspakets verkündet hat, dass es
'von Steuerzahlern finanzierte Rettungen' nicht mehr geben wird: allein es fehlt der
Glaube. Denn die Realität ist schon heute absehbar anders, da schon die staatlichen
Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac hohe Milliarden-Einschüsse zur
1
Issing, O.: 'Die Mär von der Spekulation', in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. Mai 2010, S.12; Döring, C.: 'Mythos
der Spekulation'., in Börsen-Zeitung, 8. Mai 2010, S.8.
-2Sicherung der Solvabilität des breiten Immobilienmarkts benötigen. Die Schätzungen
belaufen sich auf bis zu $ 1.000 Milliarden. Und welcher deutsche Politiker (inkl. der
Bundeskanzlerin) wird die staatliche Stütze verweigern, wenn eine neue Krise mit
jetzt nicht vorhersehbaren Auslösern Millionen von Wahl-Bürgern beunruhigt?
Der nüchterne Blick auf die Verfassung der Finanzmärkte verdeutlicht die
Notwendigkeit grundlegender Änderungen statt als 'alternativlos' bezeichneter
Zuschüttung von fundamentalen Problemen mit Hunderten von Milliarden Euro, die
dem Bürger als Zukunftslast aufgebürdet werden. Nur mäßig ermutigend ist, dass
sich wenigstens der Bundesbank-Präsident Weber gegen die vordergründige
Rettungsaktion der EZB ausgesprochen hat. Das Ausmaß der zu stopfenden Löcher
ist schon gewaltig:
Die neuesten Schätzungen des IWF der krisenbedingten Verluste liegen inzwischen global bei USD 2.300 Mrd.
Die staatliche Unterstützung aller Banken weltweit liegt inzwischen bei ca.
USD 1.200 Mrd.
Die Verluste der öffentlichen Banken in Deutschland werden bisher auf Euro
150 Mrd. (darunter IKB/KfW Euro 11,5 Mrd. und SachsenLB Euro 19 Mrd., 10
Mrd. BayernLB) veranschlagt und dürften 2010 nochmals knapp 50 Mrd
ausmachen.
Die negative Perzeption der Finanzmärkte durch die Politik hat zu nachhaltigen
Auswirkungen für die Institute geführt. Viel gewichtiger ist sie aber für das so
notwendige Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Marktwirtschaft und
die Bonität der Finanzinstitute. Es bedarf also statt fehlgeleitetem politischem
Aktionismus der grundlegenden Veränderung auf der Basis sorgfältiger Analyse der
wirklichen Ursachen.
III. Die offensichtlichen und tiefer liegenden Ursachen der Krise der Finanzmärkte
Was waren die offensichtlichen Ursachen?
-
Kurzfristig ausgerichtete Vergütungssysteme (Belohnung ohne Risiko)
-
Unzureichende Risikofrüherkennungs- und Überwachungssysteme
-
Aufbau
von
gesellschaften)
nicht
bilanzierungsnotwendigen
Geschäften
(Zweck-
-3-
Mangelhafte interne Kontrolle bzw. Compliance
-
Unzureichende persönliche Haftung für Fehler und Fehlverhalten
Gerade letzteres hat dazu ge- oder verführt, unkontrollierte und nicht beherrschte
Risiken einzugehen, ohne dass -nicht nur im Eucken'schen Sinne- die
Verursacher und deren Kontrolleure "auch den Schaden" tragen. Denn wirksame
Haftung ist die Voraussetzung für eine Gesellschaftsordnung, in der Freiheit und
Selbstverantwortung herrschen."2
Aber es gab auch tiefer liegende, wenig bemerkte Ursachen wie:
-
Mangelnde Qualität der Aufsichtsgremien (nicht nur, aber insbesondere bei
öffentlichen Kreditinstituten)
Bei den im öffentlichen Besitz stehenden Instituten fehlte es gerade an
Fachkompetenz für das immer komplexer werdende Geschäft. Bei der
damaligen SachsenLB (heute SachsenBank) war ein im Übermaß politisch
besetzter Verwaltungsrat (39 von 40) nicht in der Lage, den Vorstand durch
gezielte Fragen von viel zu risikoreichem und mangelhaft verstandenem
Geschäft abzuhalten. Und wie sieht es bei der übernehmenden Landesbank
Baden Württemberg (LBBW) heute aus? Als wäre nichts geschehen, besteht
der Verwaltungsrat immer noch aus 30 Personen mit 15 politischen
Vertretern, 14 Sparkassenvertretern und lediglich einem unabhängigen
Wirtschaftsvertreter.
Denn gerade weil die Verwaltungsräte so überdimensioniert sind, müssten
doch die für komplexe Kontrollaufgaben so entscheidenden Prüfungs- und
Risikoausschüsse dieser Banken zumindest mehrheitlich durch unabhängige
Experten (insbesondere der Vorsitzende) besetzt sein! Nur dann kann
funktionierende Prüfung und anspruchsvolles Risikomanagement glaubhaft
erreicht werden.
-
Keine wirkliche Geschäftsbasis führt zu riskanten (weil nicht gekannten)
Ersatzaktivitäten
Da deutschlandweit nur eine Landesbank als zentrales Großhandels-Institut
für alle Sparkassen wirklich benötigt wird, waren (und sind immer noch) zu
viele
Landesbanken
auf
der
Suche
nach
einer
geschäftlichen
Daseinsberechtigung. Dies (ver-)führte zum falsch verstandenen Ausflug in
die Untiefen nicht gekannter komplexer Derivat – und Pyramidenstrukturen
2
Eucken, W.: Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Mohr/Siebeck, Tübingen, 1968.
-4mit Milliardenverlusten. Und wenn es eines aktuellen Beweises für die so
mangelhafte Geschäftsbasis bedarf: wieder sind die öffentlichen Institute die
großen Investoren in 'PIGS'-Anleihen als Ersatz für normales Kreditgeschäft
mit Milliardenbeträgen und hohem Wertberichtigungsbedarf.
Der LBBW
sollen diese im zweiten Quartal 2010 erneut Hunderte Millionen Euro Verlust
eingetragen haben.
-
Glauben(wollen) an externe Ratings statt notwendiger Analysekompetenz
Gerade die zuständigen Gremien
der Käufer
der sich später als
'Ramschpapiere' erweisenden 'AAA'-Papiere haben es sich zu einfach
gemacht: statt notwendiger intensiver eigener Bonitätsanalysen, hat man auf
optimistische externe Ratings vertraut. Die oft mit Interessenkonflikten
beladenen Ratingagenturen haben die Komplexität der Strukturen nicht voll
erkannt und daher zu optimistische Bewertungen aufgegeben.
Sie sind
übrigens nicht mit einem staatlichen Gütesiegel ausgestattet, sondern sind
kommerzielle Operateure mit Hauptsitz in den USA.
IV. Bessere Corporate Governance
Bei den Möglichkeiten zur nachhaltigen Besserung der Kapitalmärkte und ihrer
Unternehmen ist zunächst auf die Abhilfe von Governance-Defiziten abzuzielen.
Zwar sind die internationalen
und
die deutschen
Governance-Regelwerke 3
inzwischen eine gute Grundlage für anspruchsvolle Governance-Verhältnisse der
deutschen Unternehmen. Die tatsächliche Governance-Qualität und das Commitment
hierzu sind aber noch deutlich verbesserungswürdig: gute Governance-Qualität kann
eben nicht durch nur formale Befolgung schriftlicher Vorgaben erreicht werden. Zu oft
gibt es lediglich ein Bekenntnis zur formalen Erfüllung der Mindestanforderungen
(nämlich der 'Soll-Empfehlungen' des Kodex).
So zeigt auch die Befolgung des
deutschen Kodex durch 200 börsennotierte Gesellschaften erhebliche Unterschiede:
während die DAX 30 Unternehmen immerhin 96 % der erklärungspflichtigen 'SollEmpfehlungen' akzeptierten, taten dies nur 78 % der im General Standard notierten
Unternehmen. Insbesondere bei den oft weniger beachteten, für die Qualität aber
ebenso wichtigen 'Sollte-Anregungen' des Kodex zeigt sich ein hoher Unterschied:
85 % der DAX-, aber nur 53 % der General Standard-Unternehmen akzeptieren
diese. Gerade die 'Sollte-Anregungen' sind jedoch für eine qualitativ hochwertige
Governance von erheblicher Bedeutung.
3
Kodex vom Mai 2010, www.corporate-governance-code.de.
-5-
So können die hohen Akzeptanzquoten nicht über eklatante Mängel in der gelebten
Governance vieler Unternehmen hinwegtäuschen. Beispiele der jüngsten Zeit sind:
-
Mangelnde Aufsichtsratsqualität: Besetzung des Aufsichtsratsvorsitzes
durch praktizierende Rechtsanwälte (Continental, STADA) und zu geringe
Internationalität
-
Mangelnde Diversity: zu wenige Frauen im Aufsichtsrat: aktuell nur 8% im
DAX4
-
Inanspruchnahme
von
'Entsenderechten'
in
den
Aufsichtsrat
(ThyssenKrupp, VW)
-
Intransparentes
Anschleichen
zu
Lasten
uninformierter
Minderheitsaktionäre (Porsche/VW, Schaeffler/Continental)
-
Keine ausreichende Langfristorientierung der Vergütungen durch den
Nachweis überdurchschnittlicher Leistungen über mindestens drei Jahre:
besonders bei Finanzinstituten und Unternehmen mit stark schwankendem
Ertragsprofil ist durch ein Bonus/Malus-System sicherzustellen, dass
schlechte Ergebnisse in Folgejahren hohe Zahlungen in Vorjahren mindern.
-
Korruptions- und Kartellvergehen (Siemens, MAN, E.ON)
-
Kaum spürbare
Haftung
für
Fehlverhalten:
dass
Nulltoleranz
bei
Fehlverhalten verfolgt wird, müsste nach den jüngsten Korruptions- und
Kartellfällen5 bei großen Unternehmen (Siemens, Thyssen, MAN) mit
Milliardenstrafen selbstverständlich sein.
Schon diese Beispiele zeigen, dass das jetzt auch von dem neu gegründeten 'HHLCenter for Corporate Governance' verfolgte Thema ein ganz gewichtiges ist. Hier
sollen sich akademische und praktische Anstrengungen vereinen, damit sich die
Unternehmen zukünftig noch besser aufstellen können.
4
5
Heidrick&Struggles: ‘Board in turbulent times: Corporate Governance Report 2009‘.
So z.Bsp.: Daimler: Korruption kommt Konzerne teuer zu stehen, in Handelsblatt vom 24.März 2010; MAN:
Schmiergelder in sieben Ländern, in Süddeutsche Zeitung vom 9. Mai 2009 ; Siemens: Das System
Siemens, FAZ vom 16.November 2009; ThyssenKrupp: Aufzugfirmen sollen 1 Mrd. Euro Strafe zahlen, in Financial
Times Deutschland vom 22. Februar 2007.
-6Zu den unerlässlichen Voraussetzungen für eine durchgreifende Veränderung der
Märkte gehört aber auch:
V. Bessere Ethik - und dies nicht nur z ur Vermeidung zukünftiger Krisen
Die Finanzkrise hat u.a. verdeutlicht, dass die lange als ausreichendes Regulativ
angesehene
'unsichtbare Hand des Marktes'6 von Adam Smith es nicht alleine
schaffen kann.
Auch eine deutlich verschärfte Finanzmarktregulierung wird keine zukunftsfeste
Qualität der Finanzmärkte erreichen: staatliche bzw. aufsichtsrechtliche Regulierung
basiert in der Regel auf den Erfahrungen der Vergangenheit. Schon aufgrund des
kommerziell getriebenen Erfindungsgeistes von Anwälten und Finanz- bzw.
Steuerexperten sowie ständig
neuer Umfeldbedingungen können zukünftige
Fehlhandlungen durch Regulierung höchstens bedingt verhindert werden.
Zwar ist allen aufgeklärten Geistern klar, dass der Markt nur die zweitbeste
Organisationsform ist. Da es aber bisher und wahrscheinlich auch zukünftig nichts
Besseres geben wird, müssen wir (und gerade die heute Graduierten) alles daran
setzen, dass dieses System der sozialen Marktwirtschaft wieder in ruhigere Bahnen
kommt und die wirklich notwendigen Anpassungen auch wirklich stattfinden. Und
dazu gehört - schon im Eigeninteresse aller Partner der sozialen Marktwirtschaft vorrangig ein verändertes ethisches Verhalten.
Was sind die wesentlichen ethischen Mängel?
-
Das Fehlen einer einheitlichen Wertekultur und eines verbindlichen
Wertekonzepts
-
Defizite in der Ausrichtung und Wahrnehmung der Führungskultur durch die
erste Führungsebene und die Aufsichtsgremien
-
Kurzfrist-Mentalität statt nachhaltige Ausrichtung
-
Fehlende Authentizität
-
Keine ernst gemeinte Berücksichtigung aller Stakeholderinteressen bzw. der
'Social Responsibility'
6
Smith, A.: Der Wohlstand der Nationen - Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen,
Finanzbuchverlag, München, 2005.
-7-
Welche Lösungsansätze für ein überzeugenderes Ethikverhalten gibt es?
- Schaffung eines verbindlichen Konsens von Grundwerten
Für eine überzeugende Ethikkultur bedarf es eines gemeinsam erarbeiteten
Konsenses von Grundwerten, der dann für alle Beteiligten verbindlich ist.
Grundlagen dafür sind allgemeingültige ethische Prinzipien die auch die
Spezifika und das Umfeld des jeweiligen Unternehmens berücksichtigen.
Kurze und 'billige' Wege sind zugunsten einer langfristigen, glaubwürdigen
Einstellung aufzugeben.7
- Der Konsens ist dann durch die Erstellung von unternehmensrelevanten
Leitlinien für ethisches Handeln zu konkretisieren (und natürlich regelmäßig zu
aktualisieren)
Die Leitlinien sollten die unternehmensspezifischen operativen Prozesse sowie
die Governance- und Compliance Systeme abbilden. Ebenfalls sind dabei die
Kernelemente der Nachhaltigkeit: Zukunftsorientierung und Interessenvielfalt
zu berücksichtigen.
- Akzeptanz und gelebte Erstverantwortung durch das Top-Management
Die Umsetzung von Werten wie Vertrauen, Integrität und Respekt bedarf eines
konsistenten 'Top Down' Ansatzes. Gerade in der obersten Führungsetage
zeigen sich Inkonsistenz und Inkongruenz in Wertefragen sehr schnell.8 Nur
durch deutlich sichtbares Vorleben der Führungskräfte sind anspruchsvolle
Ethik-Anforderungen im Gesamtunternehmen zu verankern.
Die
dramatischen
Auswirkungen
falschen
ethischen
Verhaltens
von
Führungskräften belegen:
-
der Zusammenbruch von Lehman Brothers, deren Führung das Ausmaß
ihrer Verschuldung durch Bilanzmanipulationen verschleiern wollte.9
-
das Verhalten des CEOs von Bear Stearns, der sich trotz Zuspitzung der
Krise seines Instituts zu Bridge-Turnieren begab.10
7
Lin-Hi, N./ Suchanek, A.: Eine wirtschaftsethische Kommentierung der Finanzkrise, in Forum
Wirtschaftsethik, 17. Jg., Nr. 2009, S. 20.
8
Suchanek, A.: Unternehmensführung und die goldene Regel, in: Festschrift für Prof. Dr. Ulrich Lehner, Jeden
Gedanken zu Ende Denken, Kölner Wirtschaftsverlag, Düsseldorf, 2008 ; Booz Allen Hamilton, Werte
schafften Wert, 2003, www.boozallen.com.
9
Lehman Brothers: Valukas report finds few heroes, in Financial Times, 12. März 2010; Untersuchungsbericht:
S.732: http://lehmanreport.jenner.com/VOLUME203.pdf.
10
Bear Stearns: Bear CEO's Handling of crisis raises issues, in The Wall Street Journal, 1. November 2007.
-8-
die unglaubwürdige Bemühung der Erfüllung 'einer göttlichen Aufgabe'
durch den CEO von Goldman Sachs.11
- Führungs- und Personalentwicklung auf ethische Vorgaben ausrichten
Die ethischen Leitlinien sind auch in der Führungs- und Personalentwicklung
umzusetzen: Keine Regelvorgabe kann dauerhaft effektiv sein, wenn es nicht
von den Menschen, für die es gelten soll, akzeptiert und in seinen
Grundanliegen verstanden wird.
- Dies gilt es dann auch in den Belohnungssystemen umzusetzen:
Die Berücksichtigung ethischer Aspekte bei der Vergütung ist sicher nicht
einfach zu bewerkstelligen. Hier sollte es eine eher generelle Einbeziehung in
die
Gesamtbewertung
geben,
die
insbesondere
für
die
höheren
Gehaltsklassen spürbar wird. So eben hat die Deutsche Telekom als Vorreiter
angekündigt, dass die variablen Vergütungen zukünftig Anreize zum Einhalten
von Werten, d.h. ethische Vorgaben enthalten sollen. 12
- Kontinuierliches 'Mitnehmen' der Mitarbeiter auf allen Ebenen
Elementare Aufgabe der ersten Führungsebene ist die intensive Einbindung
der
Mitarbeiter
durch
beispielgebendes
Verhalten
und
ethische
Geschäftspraktiken. Es gilt, die von Keynes etwas drastisch beschriebenen
'animal spirits' zu zähmen und zu kontrollieren 13, um bekannten und neuen
ethischen Problemstellungen angemessen zu begegnen. Nicht die Angst vor
Strafe, sondern das Ziel einer auch ethisch vertretbaren Entscheidung sollte
die Aktivitäten bestimmen.
Wesentliche Eckpfeiler hierfür sind kontinuierliches 'Learning' in ethischen
Fragen
sowie
ein
stringent
durchgeführtes
Beurteilungssystem,
o
das
insbesondere die Führungskräfte einer 360 Bewertung auch hinsichtlich ihrer
ethischen Qualitäten unterzieht.
11
12
13
Blankfein, L., Goldman Sachs CEO, in The Sunday Times: ‘I am doing God‘s work‘, 8. November 2009,
www.sundaytimes.co.uk.
Lehner,U.: Vortrag 'Vergütung und Nachhaltigkeit des Geschäftserfolgs', Schmalenbach Tagung 2010,
Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft, April 2010, Köln.; Vergütungssystem der Deutsche Telekom
AG: www.telekom.de.
Shiller, R.: 'A failure to control the animal spirits', in Financial Times, 9. März 2009.
-9-
VI. Wegw eisende Gedanken für die Zukunft
Die Graduierten und Promovierten werden die Herausforderungen der Zukunft
selbst 'anpacken' und meistern (müssen).
Dazu gehörten entsprechend der HHL-Mission:
-
Verantwortung zu übernehmen und
-
Gute Governance und umfassende Ethik als selbstverständlich zu leben.
Statt schablonenhafter Verfolgung festgefahrener Ansichten und Ansätze
eigenständig nach optimierenden Lösungsansätzen suchen. Denn "Probleme
kann man nie mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind."
(Albert Einstein)
Einen gut begründetes 'Nein' auch durchhalten, statt aufgrund vermeintlicher
Karrierechancen zu schweigen – eine Mutfrage, die sich aber auf Dauer auszahlt,
auch weil man damit mit sich im Reinen bleibt!
Den Mut haben, begründete unternehmerische Risiken einzugehen. Dazu gehört
auch die Bereitschaft, Fehler zu machen und diese einzugestehen. Nicht nur laut
T. Roosevelt ist "es viel besser, große Dinge zu wagen und glorreiche Siege zu
feiern, auch wenn es auf dem Weg zu Fehlschlägen kommt." Dabei gilt es aber
stets, "nicht nur ethische Dinge zu tun, sondern alle Dinge ethisch zu tun".14
Last not least sollte bei aller Intensität der Verfolgung einer erfolgreichen Karriere
nicht der Blick auf wichtige kulturelle und zwischenmenschliche Aspekte des
Lebens verschlossen bleiben.
14
Suchanek, A.: in Wirtschaft und Wissenschaft, Heft 3/2009, S48.
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