Definitionen des Rechtsextremismus Rainer Strobl Universität Hildesheim – Institut für Sozialwissenschaften & proVal – Gesellschaft für sozialwissenschaftliche Analyse, Beratung und Evaluation, www.proval-services.net Hannover 2012 Dimensionen des Rechtsextremismus Rechtsextremismus Einstellungen Autoritarismus Nationalismus Fremdenfeindlichkeit Antisemitismus Rassismus Befürwortung Diktatur Verharmlos. Nationalsoz. Kommunikation Handeln Protest / Provokation (13.280 Propagandadelikte*) Problematische Diskurse Rechte Sprüche "Stammtischparolen" * Quelle: Verfassungsschutzbericht 2009 Gewalttaten (891 Delikte*) Wahlverhalten (Bund 2009: NPD 1,5%) Mitgliedschaft (ca. 31.000 in Parteien/ Organisationen) I. Verhalten Das Extremismus-Modell Das Extremismus-Modell Quelle: Stöss 2000, S. 18 Linksextremismus Linksradikalismus Demokratische Mitte Verfassungskonformes Spektrum (definiert durch die FDGO) © Rainer Strobl 2012 Rechts- Rechtsradika- extremislismus mus Als extremistisch gelten Bestrebungen, die gegen den Wesenskern der Verfassung gerichtet sind. 8 Prinzipien der freiheitlich demokratische Grundordnung: 1) Menschenrechte, 2) Volkssouveränität, 3) Gewaltenteilung, 4) Verantwortlichkeit der Regierung, 5) Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, 6) Unabhängigkeit der Gerichte, 7) Mehrparteienprinzip, 8) Chancengleichheit der Parteien einschließlich Oppositionsfreiheit. © Rainer Strobl 2012 Der amtliche Extremismus-Begriff zielt nur auf Handlungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Der amtliche Extremismus-Begriff klammert die dem Verhalten zugrunde liegenden politischen Einstellungen aus, denn das Grundgesetz gewährleistet Meinungsfreiheit. Daher wäre eine staatliche Zensur der Gedanken verfassungswidrig. © Rainer Strobl 2012 II. Einstellungen Hauptmerkmale des Rechtsextremismus nach Heitmeyer 1992; 1993 1. Ideologie der Ungleichwertigkeit Nationalistische bzw. völkische Selbstübersteigerung Rassistische Sichtweise/Fremdenfeindlichkeit Unterscheidung von lebenswertem und unwertem Leben Behauptung natürlicher Hierarchien (über Soziobiologie) Betonung des Rechtes des Stärkeren (Sozialdarwinismus) Totalitäres Norm-Verständnis, Ausgrenzung des "Andersseins" Ideal einer homogenen Gesellschaft, Betonung kultureller Differenzen © Rainer Strobl 2012 Hauptmerkmale des Rechtsextremismus nach Heitmeyer 1992; 1993 2. Gewaltakzeptanz Ablehnung rationaler Diskurse/Überhöhung von Irrationalismen Betonung des alltäglichen Kampfes ums Dasein Ablehnung demokratischer Regelungsformen von sozialen und politischen Konflikten Betonung autoritärer und militaristischer Umgangsformen und Stile Gewalt als normale Aktionsform zur Regelung von Konflikten © Rainer Strobl 2012 Definition des Rechtsextremismus nach Jaschke „Unter ‚Rechtsextremismus‘ verstehen wir die Gesamtheit von Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen, organisiert oder nicht, die von der rassisch oder ethnisch bedingten sozialen Ungleichheit der Menschen ausgehen, nach ethnischer Homogenität von Völkern verlangen und das Gleichheitsgebot der Menschenrechts-Deklaration ablehnen, die den Vorrang der Gemeinschaft vor dem Individuum betonen, von der Unterordnung des Bürgers unter die Staatsräson ausgehen und die den Wertepluralismus einer liberalen Demokratie ablehnen und Demokratisierung rückgängig machen wollen.“ (Jaschke 1994, S. 31) © Rainer Strobl 2012 Definition des Rechtsextremismus laut „Expertengruppe Rechtsextremismus“ „Der Rechtsextremismus ist ein Einstellungsmuster, dessen verbindendes Kennzeichen Ungleichwertigkeitsvorstellungen darstellen. Diese äußern sich im politischen Bereich in der Affinität zu Verharmlosung bzw. Rechtfertigung des Nationalsozialismus. Im sozialen Bereich sind sie gekennzeichnet durch antisemitische, fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Einstellungen.“ (Expertengruppe Rechtsextremismus, zit. nach Stöss 2005, S. 59 f.) © Rainer Strobl 2012 Dimensionen des Rechtsextremismus „Auf der Basis dieser Definition wurden folgende sechs Dimensionen für das rechtsextremistische Einstellungsmuster fixiert: Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur Chauvinismus Ausländerfeindlichkeit Antisemitismus Sozialdarwinismus Verharmlosung des Nationalsozialismus © Rainer Strobl 2012 Kurzskala zum Rechtsextremismus nach Stöss 2005, S. 61 Andere Völker mögen Wichtiges vollbracht haben, an deutsche Leistungen reicht das aber nicht heran. Es gibt wertvolles und unwertes Leben. Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß. Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken. Wir sollten einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert. Der Nationalsozialismus hatte auch seine guten Seiten. © Rainer Strobl 2012 Literatur Decker, Oliver; Brähler, Elmar (2006): Vom Rand zur Mitte. Rechtsextreme Einstellungen und ihre Einflussfaktoren in Deutschland. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung. Jaschke, Hans-Gerd (1994): Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Begriffe, Positionen, Praxisfelder. Opladen: Westdeutscher Verlag. Stöss, Richard (2000): Rechtsextremismus im vereinten Deutschland. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung. Stöss, Richard (2005): Rechtsextremismus im Wandel. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung. © Rainer Strobl 2012