Kapitel 16 Elektromagnetische Wellen 16.1 Felder eines bewegten geladenen Drahtes Wir haben in Kap. 15.5.1 das elektrische Feld berechnet, das von einem unendlich langen, geladenen Stab erzeugt wird. Das Feld ist radial und hängt umgekehrt proportional vom Abstand r zum Stab ab: r 2l 1 ( unendlicher Stab) E ª 4pe 0 r wobei l die Linienladungsdichte ist. 991 Wir betrachten einen positiv geladenen Stab. Das erzeugte elektrische Feld ist in Abb. 1 gezeigt. Physik 992 Elektromagnetische Wellen + + + + + + + + + + Figur 1. Das radiale elektrische Feld, das von einem unendlich langen, geraden, positiv geladenen Draht erzeugt wird. Wir nehmen nun an, dass die positiven Ladungen zur Zeit t=0 anfangen, sich mit einer Geschwindigkeit VD zu bewegen. Zur Zeit t=t1 hält der Draht wieder an. D.h. der Draht bewegt sich während des Zeitintervalls zwischen t=0 und t=t1 in Richtung des Drahts. Wie wird die räumliche Verteilung des elektrischen Feldes sein? Die elektrischen Feldlinien müssen den Ladungen folgen. Sie müssen immer bei den positiven Ladungen beginnen. Aber das Feld kann sich nicht gleichzeitig und spontan in allen Punkten des Raumes ändern! Die Relativitätstheorie sagt voraus, dass die Information über die Bewegung des Drahtes sich nicht schneller als mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten kann. Wir nehmen deshalb an, dass die Änderung des Feldes sich mit einer Geschwindigkeit v durch den Raum ausbreitet, wobei die Geschwindigkeit v später bestimmt wird. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Felder eines bewegten geladenen Drahtes Es folgt daraus, dass das Verhalten des elektrischen Feldes wie in Abb. 2 gezeigt ist. vt t > t1 + + + + + + + + + + v(t–t1) Für Abstände kleiner als v(t-t1) entsprechen die Feldlinien der neuen Position des Drahtes. In den Punkten mit Abständen grösser als vt entsprechen die elektrischen Feldlinien noch dem Draht, bevor er sich bewegte. Zwischen den Abständen vt und v(t-t1) ändern sich die Feldlinien. Die Ausbreitung der Änderung des Feldes verhält sich wie ein Puls, der sich mit einer Geschwindigkeit v bewegt: 1. 2. 3. + VD + + + + + t>0 + + + + vt Figur 2. Der positiv geladene Draht bewegt sich zwischen der Zeit t=0 und t=t1 in Richtung des Drahts. Ein Puls, der sich mit einer Geschwindigkeit v ausbreitet, wird erzeugt. 993 Wir nehmen nun eine Anordnung an, in der zwei Drähte sich nebeneinander befinden. Einer ist positiv geladen und der andere ist mit derselben Ladung, aber negativ geladen. Die elektrostatischen Felder Physik 994 Elektromagnetische Wellen E+ und E– der Drähte werden sich kompensieren und das resultierende elektrostatische Feld verschwindet in jedem Punkt des Raumes. Der positiv geladene Draht bewegt sich nun mit der Geschwindigkeit VD zwischen den Zeiten t=0 und t=t1. Der negativ geladene Draht ruht. + + + + + + + + + + Die elektrischen Felder der einzelnen Drähte sind in Abb. 3 gezeigt. Ein Puls, der von der Bewegung der positiven Ladungen erzeugt wird, wird sich ausbreiten. – – – – – – – – – – Die elektrischen Felder zweier geladener, paralleler Drähte. Der positiv geladene Draht bewegt sich während des Zeitintervalls t=0 und t=t1. Figur 3. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Felder eines bewegten geladenen Drahtes Das resultierende elektrische Feld ist die Vektorsumme der elektrischen Felder der positiv, respektive negativ geladenen Drähte: r r r E = E+ + E- E E– E+ E+ E– E v Es verschwindet in jedem Punkt des Raumes ausserhalb des Pulses. E– Siehe Abb. 4. – + E+ Figur 4. Das resultierende Feld. Die elektrischen Felder, die von den positiven und negativen Ladungen erzeugt werden, kompensieren einander in jedem Punkt des Raumes ausserhalb des Pulses, der sich mit der Geschwindigkeit v bewegt. Es folgt daraus, dass ein Strom, der während einem Zeitintervall nach oben gerichtet fliesst, ein nach unten gerichtetes elektrisches Feld erzeugt. Das elektrische Feld verhält sich wie ein “Puls”, der sich mit einer Geschwindigkeit v radial ausbreitet. 995 Natürlich wissen wir aus der Elektrodynamik, dass ein sich veränderndes elektrisches Feld ein magnetisches Feld erzeugt. Wie muss sich in diesem Fall das magnetische Feld verhalten? Physik 996 Elektromagnetische Wellen Nach den Maxwellschen Gleichungen gilt r r r E ∂ ∂ ∂ = e 0m 0 ( E x , E y , E z ) = e 0m 0 (0, 0, E z ) — ¥ B = e 0m 0 ∂t ∂t ∂t wobei wir die z-Koordinate entlang des Drahtes angenommen haben. Es folgt, ∂ (0, 0, E z ) ∂t r r B B ∂ ∂ B B Ê Ê ∂ ∂ r B B ˆr ∂ ∂ Ê ˆ y yˆr z - x ˜ ez —¥ B = Á z - x ˜ ey + Á ˜e - Á ∂z ¯ Ë ∂x ∂y ¯ Ë ∂y ∂z ¯ x Ë ∂x = e 0m 0 unabhängig von x, y - Koordinaten fi z - Komponente unabhängig von z - Koordinate fi x und y - Komponente Wir bemerken, dass die x- und y-Komponenten der Rotation des Feldes verschwinden. Wir nehmen an, dass die x- und y-Komponenten des Feldes unabhängig von der z-Koordinate sind, weil wir den Draht entlang der z-Koordinate angenommen haben. Das Problem ist deshalb entlang der z-Koordinate symmetrisch: ∂Bx ∂By = =0 ∂z ∂z Daraus folgt: ∂Bz ∂Bz = =0 ∂x ∂y Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Felder eines bewegten geladenen Drahtes Die z-Komponente des Feldes ist unabhängig von x und y, d.h. vom Abstand r. Weil wir erwarten, dass sie nach Null geht, wenn r nach unendlich geht, muss sie überall verschwinden: Bz = 0 Eine Lösung, die diese Bedingungen erfüllt, hat die Feldlinien des magnetischen Feldes in konzentrischen Kreisen um den Draht: r Ê y x ˆ B( x, y, z, t) = B0 ( x, y, t)Á - , , 0˜ Ë r r ¯ wobei B0 eine Funktion ist, die bestimmt werden muss. Siehe Abb. 5. Wir haben mit dieser Herleitung das folgende erhalten: Ein elektromagnetischer Puls, der einen elektrischen und einen magnetischen Teil enthält, wird erzeugt, wenn ein Strom während eines kurzen Zeitintervalls durch einen geraden Leiter fliesst. Der elektromagnetische Puls breitet sich mit einer Geschwindigkeit v radial aus. Die elektrischen und magnetischen Felder zeigen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des Pulses . 997 Um die Beziehung zwischen den Feldern zu bestimmen, betrachten wir ein Linienintegral des magnetischen Feldes für einen Puls. Siehe Abb. 6. Physik 998 Elektromagnetische Wellen v v fi E A r r B r E C v v r r 0 ÚÚ (— ¥ B) ◊ dA = Ú B.dr = e m 0 r r d E ◊ dA dt ÚÚ A Elektromagnetischer Puls, der erzeugt wird, wenn ein Strom während eines kurzen Zeitintervalls durch den geraden Leiter fliesst. Der Puls breitet sich mit der Geschwindigkeit v radial aus. Figur 5. Es gilt, r r r E ∂ — ¥ B = e 0m 0 ∂t Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) B v Felder eines bewegten geladenen Drahtes h r Integrationskurve E geht in die v Blattebene hinein 999 Figur 6. Integrationskurve für die Bestimmung des magnetischen Feldes. Das elektrische Feld geht in die Blattebene hinein. Der elektromagnetische Puls breitet sich mit der Geschwindigkeit v aus. Physik 1000 Elektromagnetische Wellen Wir bemerken, dass r r 0 0 r r ∂ E .dA = ∂t ÚÚ A ∂ dr ( Ehr) = e 0m 0 Eh = e 0m 0 Ehv ∂t dt Ú B.dr = Bh = e m C = e 0m 0 wobei v die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Pulses ist. Es folgt, dass die Beträge der Felder nur von den Feldkonstanten und der Ausbreitungsgeschwindigkeit abhängen: r r r Êvˆ r Ê ˆ 1 B = (e 0m 0v ) E = Áe 0 v˜ E = Á 2 ˜ E Ëc ¯ Ë e 0c 2 ¯ Wir bemerken, dass der Betrag des magnetischen Feldes um den Faktor v/c2 kleiner ist, als der Betrag des elektrischen Feldes. 16.2 Die elektromagnetischen Wellen Aus den Maxwellschen Gleichungen folgt die Existenz der elektromagnetischen Wellen. Maxwell hat im Jahr 1865 die elektromagnetischen Wellen vorhergesagt. Hertz1 hat erst 20 Jahre später einen experimentellen Nachweis der elektromagnetischen Wellen erbracht. Im Allgemeinen werden elektromagnetische Wellen erzeugt, wenn geladene Teilchen beschleunigt werden. 1. H. Hertz (1857-1894). Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die elektromagnetischen Wellen 16.2.1 Die Wellengleichung und die Ausbreitungsgeschwindigkeit ) ) Wir beginnen mit den Maxwellschen Gleichungen im Vakuum (d.h. die Ladungsdichte r=0 und die Stromdichte j=0) r Ïr r ∂B Ô— ¥ E = Ô ∂t r Ì ∂E Ôr r ÔÓ— ¥ B = e 0m 0 ∂t ( ( Wir bilden die Rotation der beiden Gleichungen: r r ∂B Ïr r r ∂ r r = - —¥ B Ô— ¥ — ¥ E = -— ¥ Ô ∂t ∂t r Ì r ∂E ∂ r r Ôr r r ÔÓ— ¥ — ¥ B = e 0m 0— ¥ ∂t = e 0m 0 ∂t — ¥ E Nun benutzen wir eine mathematische Beziehung für ein beliebiges Vektorfeld F: ( ) ( ) ( ) r r r r r r r r r — ¥ — ¥ F = — —◊ F - —◊— F Laplace - Operator 1001 wobei der Laplace-Operator (eine Skalargrösse) gegeben ist durch 2 2 r r r ∂2 ∂ ∂ — ◊ — = —2 = 2 + 2 + 2 ∂z ∂y ∂x Es folgt, Physik 1002 Elektromagnetische Wellen ( ( ) ) r r Ï r Ê r rˆ Ê r r ˆ r ∂2 E ∂ r r ∂Ê ∂E ˆ ◊ E˜ - Á — ◊ —˜ E = - — ¥ B = - Áe 0m 0 ˜ = -e 0m 0 2 Ô—Á — { { ∂t ∂ ∂ ∂ t t t¯ Ë Ô Ë = 0 ¯ Ë —r 2 ¯ r Ì ∂2B ∂ r r Ô r Ê r rˆ Ê r r ˆ ◊ B˜ - Á — ◊ —˜ B = e 0m 0 — ¥ E = -e 0m 0 2 { { Ô—Á — r ∂t ∂t Ó Ë =0 ¯ Ë — 2 ¯ oder die Wellengleichungen der elektromagnetischen Wellen r r 2 2 r r r r ∂ B ∂ E — 2 B = e 0m 0 2 und — 2 E = e 0m 0 2 ∂t ∂t Diese vektoriellen Gleichungen entsprechen einem System von 6 Gleichungen, eine für jede Komponente der Felder 2 2 2 2 r ∂ ∂ ∂ x x x x ∂ 1 ∂ 2x — 2x = 2 + 2 + 2 = e 0m 0 2 ∫ 2 2 ∂t ∂z ∂y ∂x v ∂t wobei x(x,y,z,t)=Ex, Ey, Ez, Bx, By, und Bz. 1 e 0c 2 Im Kap. 15.1.2 haben wir die magnetische Feldkonstante so definiert: m0 ∫ 1 = c 2 !!! e 0m 0 Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen, die aus der Wellengleichung folgt, ist daher gleich v2 = Wir haben bewiesen, dass sich die elektromagnetischen Wellen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Ebene Wellen r r E =cB für elektromagnetische Wellen oder Die Beziehung zwischen den Beträgen der Felder ist die folgende: r r r v 1 Ê ˆ B = Á 2˜ E = E Ëc ¯ c 16.3 Ebene Wellen Wir haben bisher angenommen, dass der Strom durch den Draht während eines kurzen Zeitintervalls fliesst. Wir nehmen nun an, dass der Strompuls periodisch ist, und dass er seine Richtung zwischen den Perioden ändert. Siehe Abb. 7. 1003 Die resultierende Reihe von elektromagnetischen Pulsen, die erzeugt werden, wenn der Strom fliesst, entspricht einer elektromagnetischen Welle, die sich radial mit der Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Physik 1004 –i 0 nach unten nach i oben i0 Elektromagnetische Wellen c E B t c E Figur 7. Der resultierende elektromagnetische Puls, der durch einen “nach oben und nach unten” oszillierenden Strom erzeugt wird. Weit entfernt vom Draht kann die Krümmung der radialen Wellenfront nicht mehr beobachtet werden. Die elektromagnetische Welle erscheint als eine ebene Welle. Siehe Abb. 8. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Ebene Wellen B Vertikaler Draht Ebene Welle Figur 8. Ebene elektromagnetische Wellen. Weit entfernt von der Quelle erscheinen die gekrümmten Wellenfronten als eben. c Elektrisches Feld c 1005 In der ebenen elektromagnetischen Welle bewegen sich die elektrischen Felder zueinander parallel. Sie sind senkrecht zu den magnetischen Feldern. B Magnetisches Feld Die Ausbreitung von ebenen elektromagnetischen Wellen. Siehe Abb. 9. E Figur 9. Physik 1006 Elektromagnetische Wellen Die elektrischen und magnetischen Felder bilden eine Ebene, die immer senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle ist. 16.3.1 Harmonische ebene Wellen Die ebenen Wellen breiten sich in einer Richtung aus, die immer senkrecht zu den elektrischen und magnetischen Feldern ist. Die Ausbreitungsrichtung kann mit Hilfe des Wellenvektors k ausgedrückt werden: ( ) r k ∫ kx , ky , kz = Wellenvektor Die Felder einer harmonischen, ebenen, elektromagnetischen Welle werden dann geschrieben als (Siehe Kap. 6.7.1) r r r r r ÔÏ E ( r , t) = E 0 sin( k ◊ r - wt) r r r Ìr r ÓÔB( r , t) = B0 sin( k ◊ r - wt) wobei E0 und B0 die Amplitudenvektoren sind. Sie besitzen einen Betrag und eine Richtung, die der Polarisation der Welle entspricht. oder w c= r k Eine Beziehung zwischen k und w haben wir in Kap. 6.7.1 hergeleitet: r w= kc Aus den Maxwellschen Gleichungen r r r r — ◊ E = 0 und — ◊ B = 0 Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Ebene Wellen folgt ( ( ) ) ( ) r r Ê ∂E r r r ∂E y ∂E z ˆ x + + wobei E = E 0 x , E 0 y , E 0 z sin( k ◊ r - wt) —◊ E = Á ˜ Ë ∂x ∂y ∂z ¯ r r = E 0 x kx + E 0 y ky + E 0 z kz cos( k ◊ r - wt) r r r r = k ◊ E 0 cos( k ◊ r - wt) = 0 und r r r r r r — ◊ B = k ◊ B0 cos( k ◊ r - wt) = 0 ) ( ) 1007 Wie schon erwähnt, müssen die Felder senkrecht zur Ausbreitungsrichtung sein: r r r r r r r r k ◊ E 0 = k ◊ B0 = 0 fi k ^E 0 und k ^B0 ) Und aus der Maxwellschen Gleichung r r r B ∂ —¥ E = ∂t folgt ( ( r r r 1 r r 1 r r B = k ¥ E 0 sin( k ◊ r - wt) = k¥E w w r r r r r r r r r B ∂ — ¥ E 0 sin( k ◊ r - wt) = k ¥ E 0 cos( k ◊ r - wt) = ∂t und deshalb Physik 1008 Elektromagnetische Wellen Das magnetische Feld ist gleich dem Vektorprodukt des Wellenvektors und des elektrischen Feldes. Er ist deshalb, wie erwartet, senkrecht zum elektrischen Feld und zur Ausbreitungsrichtung. B= 1 E kE = c w Der Betrag dieses Vektors ist gleich wie erwartet. Ebene, harmonische, elektromagnetische Welle. c Eine solche ebene, harmonische, elektromagnetische Welle wird in Abb. 10 dargestellt. c Figur 10. Eine solche Welle kann z.B. beobachtet werden, wenn ein sinusförmiger Strom durch einen langen geraden Draht fliesst, und wir weit entfernt vom Draht die erzeugte Welle beobachten. 16.4 Das elektromagnetische Spektrum Radiowellen, Elektromagnetische Wellen überstreichen einen weiten Bereich verschiedener Frequenzen oder Wellenlängen und treten auf in Form von 1. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Mikrowellen, Infrarotstrahlung, sichtbares Licht, Ultraviolettstrahlung, Röntgenstrahlung, und Gammastrahlung. Das elektromagnetische Spektrum 2. 3. 4. 5. 6. 7. Diese verschiedenen Arten elektromagnetischer Strahlung unterscheiden sich nur durch ihre Frequenz n (und ihre Wellenlänge l): c = ln ¤ E = hn Die entsprechende Energie (wir werden im Kap. 17.2 sehen, dass diese Energie der Energie eines Elementarteilchens (das als Photon bezeichnet wird) entspricht) ist durch die folgende Beziehung mit der Frequenz gegeben (Siehe auch Kap. 12.5.3): E n= h h ª 6, 626 ¥ 10 -34 Js wobei h die sogenannte Planksche Konstante ist: Plancksche - Konstante: In Abb. 11 ist die Klassifikation der elektromagnetischen Bereiche als Funktion der Frequenzen, Energien und Wellenlängen gezeigt. Diese Klassifikation hat keine scharfen Grenzen, die verschiedenen Bereiche überlappen sich. Wir diskutieren diese Bereiche kurz: 1. 1009 Radiowellen: Diese Wellen mit Wellenlängen von Kilometern bis herunter zu ª30cm werden im allgemeinen für Radio- und Fernsehübertragungssysteme verwendet. Ihr Frequenzbereich erstreckt sich von wenigen Hz bis zu ª109 Hz. Sie werden von elektronischen Geräten erzeugt und zwar hauptsächlich von elektrischen Schwingkreisen. Physik 1010 Infrarotspektrum: Die Wellenlängen zwischen 10–3 m bis herunter zu ª780 nm (oder 7,8¥10–7 m) entsprechen dem Infrarotspektrum. Der Frequenzbereich erstreckt sich von 3¥1011 Hz bis zu 4¥1014 Hz. Diese Wellen werden von Molekülen und heissen Körpern (Siehe Wärmestrahlung im Kap. 12.5) erzeugt. Sichtbares Spektrum: Wir haben im Kap. 11.7.3 schon erwähnt, dass die Frequenzen zwischen ungefähr 4 und 8¥1014 Hz dem sichtbaren Spektrum entsprechen. Die Wellenlängen erstrecken sich zwischen 780 nm bis herunter zu 380 nm. Diese elektromagnetischen Wellen entsprechen einem schmalen Band, indem unsere Retina empfindlich ist, und sie werden deshalb als sichtbares Licht bezeichnet. Die Farben hängen von der Frequenz ab. Für einen Durchschnittsmenschen entsprechen sie den Bereichen, die in Tabelle 2 des Kapitels 11.7.3 angegeben sind. Mikrowellen: Die Wellenlängen zwischen 30cm bis herunter zu 10–3 m werden z.B. für Radar und andere Kommunikationssysteme verwendet (wie z.B. GSM-Handys, die 900 MHz und 1800 MHz (oder 1900 MHz in den USA) verwenden). Der Frequenzbereich geht von 109 Hz bis zu 3¥1011 Hz. Sie werden auch als UHF (Ultrahohe Frequenz) relativ zur Radiofrequenz bezeichnet. Sie werden ebenfalls von elektronischen Geräten erzeugt. Ihre Energie ist genügend, um bestimmte Bewegungsmoden von Molekülen und Atomen anzuregen. Mikrowellen werden z.B. von Wassermolekülen wirksam absorbiert. Dies erklärt das Prinzip des Mikrowellenofens. Die Energie der von Wassermolekülen absorbierten Mikrowellen wird nach der Absorption in Wärmeenergie umgewandelt und wird die Temperatur des Wassers erhöhen. Elektromagnetische Wellen 2. 3. 4. 5. Ultraviolette Strahlen: Die Wellenlängen zwischen 3,8¥10–7 m bis herunter zu 6¥10–10 m entsprechen dem ultravioletten Bereich. Der Frequenzbereich erstreckt sich von 8¥1014 Hz bis zu 3¥1017 Hz. Ihre Energie liegt in der Grössenordnung der Energie, die an vielen chemischen Reaktionen beteiligt ist, was die vielen Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Röntgenstrahlen: Die Wellenlängen zwischen 10–9 m bis herunter zu 6¥10–12 m entsprechen den Röntgenstrahlen. Der Frequenzbereich erstreckt sich von 3¥1017 Hz bis zu 5¥1019 Hz. Sie wurden 1895 vom Physiker W. Röntgen2 entdeckt. Röntgenstrahlen werden z.B. in der medizinischen Diagnose verwendet, da ihre stärkere Absorption durch Knochen im Vergleich zum Gewebe einen Schattenwurf auf einem photographischen Film ermöglicht. Als Folge der chemischen und atomaren Prozesse, die sie hervorrufen können, bewirken sie auch schwere Schäden in lebenden Organismen. Daher werden Röntgenstrahlen auch zur Behandlung von Krebs verwendet, um krankes Gewebe zu zerstören. Kleine Mengen von Röntgenstrahlen werden leider auch gesundes Gebewe zerstören. Grosse Mengen können Krankheit und Tod hervorrufen. chemischen Auswirkungen dieser Strahlung erklärt (Siehe z.B. Kap. 11.8), wie z.B. die Photodissoziation, usw. Das elektromagnetische Spektrum 6. 7. 1011 Gammastrahlen (gg-Strahlen): Die Wellenlängen von 10–10 m und kleiner entsprechen dem Gammastrahlen. Der Frequenzbereich beginnt bei 3¥1018 Hz. Gammastrahlen bis zu einer Frequenz von ª1021 Hz haben ihren Ursprung im Kern (Siehe Kap. 11.9 und 11.10) und ihre Energie kann zu Kernveränderungen führen. Gammastrahlen werden von vielen radioaktiven Substanzen emittiert und sind in grosser Intensität in Kernreaktoren vorhanden. Sie werden von den Substanzen nicht leicht absorbiert; wenn sie jedoch von Organismen absorbiert werden, haben sie schwerwiegende Folgen. Die Handhabung von Gammastrahlen erfordert schwere Schutzschilder und extreme Vorsicht. Gammastrahlen mit höheren Frequenzen und Energien (grösser als ªMeV) gibt es in der kosmischen Strahlung oder bei Teilchenphysikexperimenten (z.B. bei Hochenenergiebeschleunigern). 2. W.C. R ntgen (1845-1923). Physik 1012 Energie eV 106 1000 1 10–3 10–6 10–9 Das elektromagnetische Spektrum. Elektromagnetische Wellen Figur 11. 16.4.1 Das Synchrotronlicht In einem Synchrotron wird ein magnetisches Feld ein frei fliegendes Elektron auf eine kreisförmige Bahn zwingen (Siehe Kap. 15.6). Man beobachtet experimentell: Das Elektron, dessen Bahnkurve gekrümmt ist, reagiert auf die Kraft, die auf es wirkt, mit der Aussendung von elektromagnetischer Strahlung. Diese Strahlung wird als Synchrotronlicht bezeichnet. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Um eine effektive Synchrotron-Lichtquelle zu bekommen, konstruiert man aus vielen Magneten einen Speicherring, in dem die Elektronen stundenlang zirkulieren können. Ein sogenannter Undulator besteht aus einer periodischen Anordnung von vielen Magneten mit wechselnder Polarität. Dies zwingt die Elektronen auf einen Slalomkurs. Damit wird das Synchrotronlicht auf einige wenige diskrete Wellenlängen konzentriert und die Intensität gegenüber einem normalen Ablenkmagneten etwa tausendfach verstärkt. Das Synchrotron-Licht wird tangential vom Speicherring weggeführt, und in Strahllinien zu verschiedenen Experimentierhütten gebracht. Jede Experimentiergruppe kann im Prinzip ihren eigenen Undulator kontrollieren und kann so ihre eigene Wellenlänge auswählen. Das elektromagnetische Spektrum Ein Vergleich zweier Röntgenaufnahmen, eine mit einer konventionellen Quelle und die andere mit einer Synchrotron-Licht-Quelle ist in Abb. 12 gezeigt. Man bemerkt sehr gut die verbesserte Auflösung, die das Synchrotron-Licht bringt. 12. Elektromagnetische Wellen Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Figur 12. Vergleich der Auflösung einer Röntgenaufnahme mit traditioneller Quelle und Synchrotron-Licht-Quelle (http://nslsweb.nsls.bnl.gov/nsls). 5. Solarzellen mit hohem Wirkungsgrad 6. Hochtemperatur-Supraleiter 7. Neue Materialien, die mit Problemen der Umwelt oder der Energie eine Rolle spielen werden 8. Oberflächen-Mikroskopie mit hoher Auflösung 9. Nachweis von mikroskopischen Verunreinigungen auf Oberflächen 10. Spektroskopie an Atomen 11. 3-dimensionale Abbildung (Tomographie) von biologischen Proben Bestimmung der Kristallstruktur für Mineralogie, Chemie etc. Als Beispiel kann die Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) am Paul Scherrer Institut (PSI, Villigen) erwähnt werden. Bei der SLS reicht dieses Spektrum von infrarotem Licht bis zu weichen und harten Röntgenstrahlen. Als Anwendung in der Medizin kann man das Studium der Alzheimerschen Krankheit erwähnen. In Abb. 13 ist Gehirngewebe im sichtbaren, infraroten und ultravioletten Bereich dargestellt. Man analysiert die Korrelation zwischen den Bilden in den verschiedenen Bereichen, um die Krankheit zu studieren. 1014 Eine Synchrotron-Lichtquelle ist gleichzeitig ein gigantischer Röntgenapparat und ein riesiges Mikroskop. Mit langwelligem Synchrotron-Licht untersucht man vor allem die Eigenschaften von Oberflächen. Kurzwellige Röntgenstrahlen dringen tiefer in eine Probe ein und erlauben damit Strukturuntersuchungen von neuen Materialien. 1013 Die Struktur von Proteinkristallen; dies hilft bei der Entwicklung von neuen Arzneimitteln und bei der Erforschung des menschlichen Genoms Die magnetischen Eigenschaften von Oberflächen, was z.B. zu kompakten magnetischen Datenspeichern führen kann Oberflächen mit sehr geringer Reibung Katalytische Oberflächen Unter anderem werden an der SLS folgende Forschungsgebiete untersucht: 1. 2. 3. 4. Physik Die Polarisation Figur 13. Alzeimersche Krankheit: Bild mit Synchrotron-Licht von Gehirngewebe im sichtbaren, ultravioletten und infraroten Bereich (http:// nslsweb.nsls.bnl.gov/nsls). 16.5 Die Polarisation Licht ist wie jede elektromagnetische Strahlung eine transversale Welle: in jedem Punkt sind die elektrischen und magnetischen Felder senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle. In einem beliebigen Punkt des Raums bilden das elektrische Feld und die Ausbreitungsrichtung eine Ebene, die sogenannte Schwingungsebene der elektromagnetischen Welle. 1015 Wir definieren die Polarisation der Welle als die Richtung des elektrischen Feldes. Physik 1016 Elektromagnetische Wellen B Magnetisches Feld Sind die Ebenen, die das elektrische Feld und die Ausbreitungsrichtung bilden, für alle Punkte der Welle parallel zueinander, so heisst die Welle linear polarisiert. Elektrisches E Feld E Elektrisches Feld Die horizontale und vertikale Polarisation der Welle. c b) Horizontal polarisierte elektromagnetische Welle Magnetisches B Feld c a) Vertikal polarisierte elektromagnetische Welle Siehe Abb. 14. c c Figur 14. Weil das elektrische Feld in der Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung liegen muss, gibt es nur zwei unabhängige Komponenten des elektrischen Feldes einer elektromagnetischen Welle. Siehe Abb. 15. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Polarisation c) Kombination Ey Ex E Die Zerlegung des elektrischen Feldes in diese zwei Richtungen ergibt zwei Komponenten des Feldes, die als Ex und Ey bezeichnet werden können. E E b) Horizontale Polarisation Definition der Polarisation. a) Vertikale Polarisation Figur 15. Die Polarisation der Welle besitzt daher zwei unabhängige Komponenten, Ex und Ey, die um die Polarisation zu definieren, verwendet werden können. 16.5.1 Polarisationsfilter Es gibt Materialien, die auf die Polarisation der Welle empfindlich sind. Man kann eine Platte solcher Materialien betrachten. Damit kann ein Polarisator gebildet werden. In der Platte wird eine bestimmte charakteristische Polarisationsrichtung vorgegeben. Die Platte wird nur die Wellen hindurchlassen, deren Polarisation parallel zur Polarisationsrichtung des Polarisators ist: 1017 Der Polarisator: es gibt bestimmte Platten aus einem polarisierenden Material, die nur die Wellen hindurchlassen, deren Polarisation parallel zu einer bestimmten Transmissionsrichtung sind. Die Wellen, die senkrecht zu dieser Richtung polarisiert sind, werden von der Platte absorbiert. Siehe Abb. 16 und 17. Physik 1018 Elektromagnetische Wellen Ex Ey Ausbreitungsrichtung Polarisation Polarisationsfolie Ey Polarisation Polarisationsfolie Figur 16. Eine Polarisationsfolie: sie erzeugt linear polarisiertes Licht aus unpolarisiertem: z.B. eine vertikale Polarisation. Ex Ey Ex Figur 17. Eine Polarisationsfolie: sie erzeugt linear polarisiertes Licht aus unpolarisiertem: z.B. eine horizontale Polarisation. 16.5.2 Polarisator und Analysator Wir benutzen zwei Polarisationsfolien hintereinander. Die erste Folie wirkt als Polarisator und die zweite als Analysator. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Polarisation Zwei Polarisationsfolien. Ey unpolarisiertes Licht Ex Figur 18. Polarisator Analysator Polarisation q 1019 Wenn die beiden Transmissionsrichtungen senkrecht zueinander sind, gelangt keine Welle durch die Anordnung. Wenn beide parallel zueinander sind, ist die Transmission maximal. Die Amplitude des elektrischen Feldes, das durch den Polarisator hindurchgelassen wurde, und das durch den Analysator hindurchgelassen wird, ist gleich: r E1 cosq r wobei E1 das Feld des Lichts, das durch den Polarisator hindurchgelassen wird, und auf den Analysator fällt; q ist der Winkel zwischen den Transmissionsrichtungen vom Polarisator und Analysator. Da die Intensität proportional zum Quadrat der Amplitude ist (Siehe Kap. 6.9 und wir werden das im nächsten Abschnitt noch weiter beweisen), erwarten wir, dass die Intensität zum Quadrat des Kosinus des Winkels proportional ist. Physik 1020 Elektromagnetische Wellen Gesetz von Malus3: Wenn der Winkel zwischen den Transmissionsrichtungen gleich q ist, ist die Intensität der durchgelassenen Welle I = I 0 cos2 q wobei I0 das Maximum der hindurchgelassenen Intensität ist. Demonstrationsexperiment: Polaroidfolie mit sichtbarem Licht Zwei Polaroidfolien (Polarisator-Analysator-System). Wir beobachten die Intensität des Lichts durch zwei Polaroidfolien, die als Polarisator und Analysator wirken. Siehe Abb. 19. Figur 19. 3. E.L. Malus (1775-1812). Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Polarisation Demonstrationsexperiment: Gitter mit 3cm elektromagnetischen Wellen (Mikrowellen). Polarisation von Mikrowellen. Quelle (polarisierte Mikrowellen) 1021 Empfänger Wir zeigen experimentell, dass ein metallisches Gitter die Rolle eines Polarisators für Mikrowellen spielen kann. Das Gitter wird zwischen die Quelle und den Empfänger gestellt (Siehe Abb. 20) und wir beobachten die Intensität, die vom Empfänger gemessen wird, als Funktion der Richtung des Gitters. Das Gitter wird gedreht und die Intensität ändert sich entsprechend. Figur 20. Physik 1022 Elektromagnetische Wellen 16.6 Energie und Impuls der elektromagnetischen Wellen von der Sonne zur Erde, oder von einem Feuer zu unserer Hand, wenn die Hand sich in der Nähe des Feuers befindet. Es ist uns vertraut, dass durch elektromagnetische Wellen Energie transportiert wird, z.B. 1. 2. = J W = s.m 2 m 2 Die Energiestromdichte (oder Leistungsdichte) der Wellen wird definiert als die transportierte Energie pro Zeiteinheit und Flächeneinheit. Einheit: [ Energie] [Zeit][Fläche] wobei W=J/s das Watt ist. 16.6.1 Der Poynting-Vektor und die Intensität der Welle r 1 r r S∫ E¥B m0 Die Energiestromdichte wird durch den Poynting4-Vektor S beschrieben: 4. J.H. Poynting (1852-1914). Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Energie und Impuls der elektromagnetischen Wellen = J m = [ Energiedichte][Geschwindigkeit] m3 s Er zeigt in die Richtung, in der die Energie transportiert wird. Er zeigt z.B. im Fall der ebenen harmonischen Wellen in die Richtung des Wellenvektors k. 2 Die Einheit ist gleich Watt/m2 und kann als das Produkt der Energiedichte und der Geschwindigkeit der Welle ausgedrückt werden r [S ] = s.mJ Beispiel: ebene harmonische Welle r r 1 1 EB = E B sin 2 ( k ◊ r - wt) m0 m0 0 0 Der Betrag des momentanen Poynting-Vektors ist gleich S= Oft ist man am mittleren Betrag des Vektors über mehrere Periodendauern interessiert. Die Intensität der Welle wird definiert als der mittlere Wert des Betrags des Poynting-Vektors r 1 I∫ S = EB für harmonische Wellen 2m 0 0 0 B= E c 1023 wobei wir den Mittelwert der Sinus-Funktion im Quadrat durch 1/2 ersetzt haben. Weil in einer elektromagnetischen Welle gilt Physik 1024 Elektromagnetische Wellen erhalten wir schliesslich: 1 I= E2 2m 0c 0 e0 2 E c für harmonische Wellen 2 0 = Energiedichte e E2 0 0 ¥ c 123 23 Ausbreitungsgeschwindigkeit 12 d.h. wie erwartet ist die Intensität zum Quadrat des Feldes proportional. Wenn wir uns erinnern, dass die Intensität als das Produkt der Energiedichte und der Geschwindigkeit ausgedrückt werden kann, dann erhalten wir: I= Im Allgemeinen kann man beweisen, dass ein elektrisches Feld eine Energie (in jedem Punkt eine Energiedichte) besitzt. Diese Energie entspricht der Energie, die im Feld gespeichert wird, wenn das Feld erzeugt wird. 16.6.2 Intensität als Funktion der Distanz Ein Beobachter befindet sich in einer Entfernung r von einer Punktquelle der Energie pro Zeiteinheit (die Strahlungsleistung) P0. Die Quelle ist isotrop, d.h. sie sendet Wellen gleichmässig in alle Richtungen aus. Energie pro Zeit durch eine Kugel mit Radius r: S ( 4pr 2 ) wobei S = Mittelwert auf der Oberfläche der Kugel Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Elektromagnetische Wellen B0 = E 0 / c Einheit: [ p] = E c 2E c (Totalabsorption) m / s2 ) s = kg. (Totalreflexion) Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) m s Beispiel: Licht mit der Energiestromdichte S = 10 W/cm2 fällt eine Stunde lang auf einen vollständig reflektierenden Spiegel mit der Fläche 1 cm2. Wir bemerken, dass der Impuls einer elektromagnetischen Welle im Vergleich zu den im Alltag beobachteten Impulsen sehr klein ist. In Analogie ist der übertragene Impuls eines elastich reflektierten Balls auf eine Wand doppelt so gross, wie der eines inelastisch absorbierten Balls. pem - Druck = Wird die Welle vollständig von der Fläche reflektiert, so ist der übertragene Impuls doppelt so gross = [Impuls] [ Energie] = J = Nm = (kg [Geschwindigkeit] m / s m / s wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. Die Richtung des übertragenen Impulses ist durch die Ausbreitungsrichtung der Welle bestimmt. pem - Druck = Nach Maxwell ist der auf die Fläche übertragene Impuls gleich: Energie und Impuls der elektromagnetischen Wellen und 1 1 E B ( 4pr 2 ) = E 2 ( 4pr 2 ) 2m 0c 0 2m 0 0 0 Wir betrachten eine elektromagnetische Welle, die auf eine Fläche fällt und vollständig absorbiert wird. Wir nehmen an, dass die absorbierte Energie (während einem Zeitintervall) gleich E ist. P0 = S ( 4pr 2 ) = 1 P0m 0c 2p r B0 = 8 ¥ 10 -7 T 1026 Weil diese Leistung genau so gross wie die Leistung P0 sein muss, gilt Es folgt, E0 = und Für P0=1000 W und r=1 m, finden wir E 0 ª 240 V / m Ein solches elektrisches Feld findet man oft im Labor. B0 ist sehr klein. 16.6.3 Elektromagnetischer Druck Weniger bekannt ist die Tatsache, dass elektromagnetische Wellen auch Impuls transportieren. D.h., elektromagnetische Wellen können auf einen Körper oder eine Fläche Druck ausüben: der Strahlungsdruck. 1025 Dieser Effekt wurde von Maxwell theoretisch vorausgesagt. Er betrachtete die Kraft, die die elektromagnetischen Felder der Welle auf ein geladenes Teilchen ausüben. Er konnte beweisen, dass die resultierende Kraft wie ein Druck wirkt. Nichols und Hull (Dartmouth) und Lebedev (Russland) haben in den Jahren 1901-1903 den Effekt erfolgreich experimentell nachgewiesen. Physik Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Reflektierte Energie E: E = (10 W / cm 2 )(1 cm 2 )( 3600 s) = 36000 J m 2U 2( 36000 J ) = = 2, 4 ¥ 10 -4 kg. s c 3 ¥ 10 8 m / s Übertragener Impuls p p= Die mittlere Kraft, die auf den Spiegel wirkt. m -4 dp 2, 4 ¥ 10 kg. s = = 6, 7 ¥ 10 -8 N F= dt 3600 s Der Spiegel wird wegen diesem Impuls nicht zerbrechen! 16.7 Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen 16.7.1 Das Prinzip von Huygens Grundsätzlich kann die “Theorie der elektromagnetischen Wellen” aus den Maxwellschen Gleichungen hergeleitet werden. Wir haben z.B. mit diesen Gleichungen die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen bestimmt. 1027 Huygens5 hat im Jahre 1678 einen einfachen Mechanismus entwickelt, um die Ausbreitung des Lichts zu verfolgen. 5. C. Huygens (1629-1695). Physik 1028 Elektromagnetische Wellen Er kannte die Natur des Lichts nicht: insbesondere wusste er nicht, dass das Licht eine elektromagnetische Welle ist. Er wusste nur wenig über die Frequenzen oder die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts. Dennoch war seine Theorie wertvoll für das Verständnis optischer Phänomene, wie z.B. die Reflexion, die Brechung und die Beugung. Im Allgemeinen versteht man unter der Beugung die Ablenkung der Wellen an einem Hindernis, wie z.B. an der Kante eines Spalts. Die Theorie von Huygens basiert auf einer geometrischen Konstruktion (das Huygenssche Prinzip): Jeder Punkt einer Wellenfront kann als Ausgangspunkt für eine kugelförmige Elementarwelle betrachtet werden. Mit dem Prinzip können wir die Wellenfront zu einer späteren Zeit voraussagen. Nach einer Zeit t wird die neue Position der Wellenfront durch die Summe der einzelnen Elementarwellen gegeben. Siehe Abb. 21. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wellenfront zur späteren Zeit Wellenfront Die Huygenssche geometrische Konstruktion. Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Physik 1029 Lichtstrahl: Wir repräsentieren die einfallende Welle durch eine einzelne Linie, den einfallenden Strahl, parallel zur Ausbreitungsrichtung. Bis jetzt haben wir uns mit den elektromagnetischen Wellen im leeren Raum (Vakuum) beschäftigt. Nun diskutieren wir, wie sich das Licht verhält, wenn es an einer ebenen Flächen wie Glas oder Wasser reflektiert wird und insbesondere , wenn es durch durchsichtige (transparente) Materie hindurchgeht. 16.7.2 Reflexion und Brechung Figur 21. Ausbreitungsgeschdinwigkeit v 1030 Elektromagnetische Wellen Wir nehmen an, dass das einfallende Licht eine ebene Welle ist, so dass die Wellenfronten zum einfallenden Strahl senkrecht sind. Experimentell: Fällt ein solcher Lichtstrahl auf eine Oberfläche (z.B. Wasseroberfläche), so wird er dort sowohl reflektiert als auch gebrochen. Auch das reflektierte und das gebrochene Licht werden durch Strahlen dargestellt. q’1 Reflexionswinkel Der Einfallswinkel q1, der Reflexionswinkel q’1, und der Brechungswinkel q2 werden relativ zur Normalen der Grenzoberfläche definiert. Einfallswinkel q1 q2 Brechungswinkel Einfallswinkel, Reflexionswinkel und Brechungswinkel. Siehe Abb. 22. Figur 22. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Diese Winkel sind durch die sogenannten Reflexions- und Brechungsgesetze bestimmt, die man experimentell überprüft. q1 = q1¢ a) Der reflektierte und der gebrochene Strahl liegen in der vom einfallenden Strahl und der Normale der Grenzfläche gebildeten Ebene. b) Reflexionsgesetz: Es gilt c) Brechungsgesetz: Es gilt sin q1 = n 21 sin q 2 wobei n21 die Brechzahl (oder Brechungsindex) des Mediums 2 gegen das Medium 1 ist. Die Brechzahl eines Mediums gegen das Vakuum nennt man absolute Brechzahl. Die Brechzahlen werden experimentell bestimmt. Im Allgemeinen ist die Brechzahl eines Mediums von der Wellenlänge des Lichts abhängig. Brechzahl 1031 Die absoluten Brechzahlen von einigen Materialien für eine Wellenlänge von 590 nm sind in Tab. 1 aufgelistet. 1,33 Brechzahlen (für l=590 nm). Medium Tabelle 1. Absolute Wasser 1,63 1,0003 1,36 1,46 Ethanol Luft (1 atm und 20°C) Kohlendioxid Quarzglas Physik 1032 Elektromagnetische Wellen Medium 1,66 1,52 Brechzahl Brechzahlen (für l=590 nm). Kronglas Tabelle 1. Absolute Flintglas Wir bemerken: c n Beide Gesetze können ebenso mit Hilfe des Prinzips von Huygens oder mit den Maxwellschen Gleichungen hergeleitet werden. Man muss dafür annehmen, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen im transparenten Medium durch v= l n gebegen ist, wobei n die Brechzahl des Mediums ist, d.h., dass die Wellenlänge der Welle im Medium kleiner ist als die derselben Welle im Vakuum: ln = 16.7.3 Anwendung: das Prisma Ein Lichtstrahl fällt von Luft auf ein Glasprisma. Der Einfallswinkel q wird so gewählt, dass der auf der anderen Fläche austretende Strahl mit der Flächennormalen denselben Winkel q einschliesst. Wir wollen die Brechzahl des Prismenmaterials gegen Luft nGlass durch den brechenden Winkel f und die Ablenkung y ausdrücken. Wir verwenden das Brechungsgesetz im Punkt A: sin q = nGlass sin a Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) A b a f Prisma y a q s fall Ein B g tun rich y = 2b = 2(q - a ) Lichtbrechung in einem Glasprisma. q Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Figur 23. und 1 sin(y / 2 + a ) sin 2 (y + f ) nGlass = = f sin a sin 2 f a= 2 Geometrisch bemerken wir: Damit: Physik 1033 1034 Elektromagnetische Wellen 16.7.4 Totalreflexion mit n 2 < n1 Wir betrachten das Brechungsgesetz im Fall, dass der Lichtstrahl aus einem optisch dichteren Medium (z.B. Glas) auf die Grenzfläche zu einem optisch dünneren Medium (z.B. Luft) trifft: n sin q 1 = n 21 = 2 n1 sin q 2 n 2 < n1 fi q g ª 42 o mit So wird mit zunehmendem Einfallswinkel schliesslich eine Situation erreicht, bei der der gebrochene Strahl entlang der Oberfläche weist. Für Einfallswinkel grösser als dieser Grenzwinkel qg existiert kein gebrochener Strahl mehr. Diese Situation wird als Totalreflexion bezeichnet: sin q n g = sin q g = 2 n1 sin 90 o n Luft 1, 003 ª ª 0, 667 nGlass 1, 50 Für Glas gegen Luft erhalten wir z.B. sin q g = Anwendung: die Glasfaser Mit nur geringen Verlusten kann Licht mit Hilfe einer Glasfaser von einem Punkt zum anderen “geleitet” werden. An den Wänden der Faser erfährt das Licht Totalreflexion und wird dem Verlauf der Faser folgen, bis es schliesslich am anderen Ende wieder austritt. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Elektromagnetische Wellen Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) 6. F. Grimaldi (1618-1663). Siehe Abb. 25. Wenn die Breite a viel kleiner ist als die Wellenlänge l, können wir den Spalt als einzelne Quelle von Elementarwellen betrachten. Wenn die Breite a nicht mehr viel kleiner als die Wellenlänge l ist, können wir jeden Punkt des Spalts als Quelle von Elementarwellen betrachten. Wir studieren nun die Beugung an einem Einzelspalt als Funktion der Breite des Spalts. Wir nehmen an, dass eine ebene Welle auf einen langen und engen Spalt mit der Breite a fällt. Dieses Phänomen wird als Beugung der Welle bezeichnet. Sie wurde von F. Grimaldi6 entdeckt. Es folgt daraus, dass die ebene Welle, die auf den Spalt fällt, sich nachher als konzentrische Kreise ausbreiten wird. Weil die Breite des Spaltes ungefähr so gross wie die Wellenlänge ist, entspricht der Spalt einer einzelnen Quelle. Nach dem Prinzip von Huygens wirkt jeder Punkt des Spalts als eine Quelle einer sich ausbreitenden Elementarwelle. 1036 16.7.5 Beugung an einem Spalt Wir betrachen eine ebene Welle der Wellenlänge l, die auf einen Spalt mit einer Breite a fällt. Der Spalt ist etwa so gross wie die Wellenlänge: aªl undurchsichtiger Schirm Abb. 24 zeigt z.B. Wasserwellen in einer flachen Wellenwanne, die dadurch erzeugt werden, dass man einen Stab periodisch in die Wasseroberfläche eintaucht. λ Spalt der Breite a 1035 Wasserwellen in einer Wellenwanne fallen auf einen Spalt. Es gilt a Figur 24. a ª l. Physik Beugung an einem Einzelspalt. Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Figur 25. Physik a << λ a ≈ 2λ a ≈ 6λ 1037 1038 Elektromagnetische Wellen Demonstrationsexperiment: Ausbreitung des Lichts durch einen Einzelspalt. Empfänger Beugung von Laserlicht an einem Spalt. Laser Spalt Licht von einem Laser mit Wellenlängen lª500 nm wird durch einen Spalt der Breite aª10µm durchgelassen (d.h. aª20l). Die Intensitätsverteilung des Lichts wird mit Hilfe eines Empfängers gemessen und projiziert (Siehe Abb. 26). Wir beobachten Interferenzstreifen. Das Licht verhält sich wie eine Welle! Figur 26. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Die beobachtete Intensitätsverteilung wird in Abb. 27 gezeigt. 1039 Gemessene Intensitätsverteilung bei der Einzelspaltbeugung. Wir bemerken, dass der Hauptteil der Intensität sich beim Winkel q=0 befindet (das zentrale Beugungsmaximum). Auf beiden Seiten des zentralen Maximums finden wir andere, sehr viel schwächere, Nebenmaxima. Die Intensität der Nebenmaxima nimmt mit der Ablenkung ab. Zwischen den Maxima gibt es Minima. Figur 27. Physik 1040 Elektromagnetische Wellen Wir bestimmen die Position des ersten Minimums. Wir können den Spalt in kleine Teile unterteilen, die als Quelle für eine Elementarwelle wirken. Wir können z.B. 1000 Teile betrachten. Siehe Abb. 28. Wir betrachten die Quelle #1, die sich oben am Spalt befindet und die Quelle #501, die sich in der Mitte des Spalts befindet. 499 500 501 502 503 1 2 3 4 5 6 λ/2 λ in R ung icht des imu Min ms Wenn der Gangunterschied zwischen diesen Quellen gleich einer halben Wellenlänge ist, werden die Wellen sich auslöschen. a 998 999 1000 Figur 28. Bestimmung des Winkels eines Minimums in der Beugung durch einen Einzelspalt der Breite a. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Entsprechend gilt dies auch für die Quelle #2 und die Quelle #502. Sie werden sich auslöschen. Und so weiter mit den Quellen #3, #4, .. bis #499. fi a sin q = l Kein Minimum ( Erstes Minimum) Aus der Abb. 28 erhalten wir die gesamte Bedingung für das erste Minimum l a sin q = 2 2 fi l sin q = Æ • a Wir bemerken, dass wenn a << l Siehe Abb. 25. fi sin q = l Æ0 a fi 1041 Beugung verschwindet Wenn die Breite viel grösser als die Wellenlänge ist, verschwindet der Beugungseffekt und ist nur an den Rändern des Spalts sichtbar: a >> l Siehe Abb. 29. Physik 1042 Elektromagnetische Wellen a >> λ Figur 29. Beugungmuster wenn die Breite viel grösser als die Wellenlänge ist. Der Beugungseffekt verschwindet und ist nur an den Rändern des Spalts sichtbar. 16.7.6 Youngsches Experiment: Interferenz der elektromagnetischen Wellen In Kap. 6.7.1 haben wir gesehen, dass Interferenzeffekte in mechanischen Wellen aus dem Prinzip der Superposition (Siehe Kap. 6.7) folgen. Wir haben dort die Überlagerung zweier mechanischer Wellen derselben Frequenz und mit einer zeitlich konstanten Phasendifferenz betrachtet. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Wir hatten festgestellt, dass als Folge der Interferenz die resultierende Welle nicht gleichförmig im Raum verteilt ist, sondern an bestimmten Orten des Raumes Maxima und Minima auftreten (Konstruktive und destruktive Interferenz). Der experimentelle Nachweis von Interferenzeffekten für Licht gelang T. Young7 im Jahre 1801. Das Licht verhält sich als eine Welle! Damit konnte die Wellentheorie des Lichts auf eine feste experimentelle Basis gestellt werden. Bei seinen Versuchen konnte Young auch als Erster die Wellenlänge des Lichts messen. Young liess durch zwei kleine Löcher in einem Schirm Sonnenlicht fallen (Youngsches Experiment). Dadurch entstanden auf der anderen Seite des Schirms zwei sich überlagernde Kugelwellen. Die Löcher beim Youngschen Experiment sollten sehr klein sein, etwa so gross wie die Lichtwellenlänge, so dass die Löcher als einzelne Quellen für Huygenssche Elementarwellen wirken: a ª l ª 0.5 mm = 5 ¥ 10 -7 m Wenn diese Bedingung erfüllt ist, können wir beide Löcher als Quellen einzelner Elementarwellen, die sich ausbreiten, betrachten. Die resultierende Welle ist in jedem Punkt gleich der Summe der einzelnen Wellen. Demonstrationsexperiment: Interferenz von Wasserwellen in einer Wasserwanne. 1043 Das resultierende Muster können wir mit Hilfe der Interferenz von Wasserwellen in einer Wasserwanne herleiten. Siehe Abb. 30. 7. T. Young (1773-1829). Physik 1044 Wasserwellen in Wasserwanne. Wasserwanne Elektromagnetische Wellen Figur 30. Hier werden kreisförmige Wasserwellen durch die periodische Bewegung zweier synchroner Stäbe erzeugt, die ins Wasser eingetaucht werden. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen Siehe Abb. 31. Knotenlinie Linie von Bäuchen Knotenlinie Linie von Bäuchen Knotenlinie Linie von Bäuchen Knotenlinie Figur 31. Interferenz von Wasserwellen in einer Wasserwanne. Entlang der Knotenlinien findet Auslöschung statt, und dazwischen liegen die Bäuche, in denen sich die zwei Wellen verstärken. 16.7.7 Beugung am Doppelspalt a << l 1045 Wir studieren die Beugung des Lichts beim Youngschen Experiment. Wir nehmen an, dass die Breite der Spalten viel kleiner als die Wellenlänge sind: Physik 1046 Elektromagnetische Wellen Wenn diese Bedingung erfüllt ist, können wir beide Löcher als Quellen einzelner Elementarwellen, die sich als Kugelwellen ausbreiten, betrachten. Die resultierende Welle ist in jedem Punkt gleich der Summe der einzelnen Wellen (Interferenz des Lichts). erstes Nebenmaximum zentrales Maximum erstes Nebenmaximum Intensität Wenn wir in den Bereich, wo die Wellen interferieren, einen Schirm bringen, so erwarten wir, dass auf ihm dunkle (Minima der Intensität) und helle (Maxima der Intensität) Stellen entstehen. Siehe Abb. 32. a << λ Schirm Figur 32. Die Intensitätsverteilung auf einem Schirm für die Beugung am Doppelspalt. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wellentheorie der elektromagnetischen Wellen θ P 1047 Wir nehmen an, dass der Abstand D zwischen den Schirmen viel grösser als der Abstand d zwischen den Spalten ist. d D Bestimmung des Winkels des ersten Maximums. ∆x Siehe Abb. 33. θ Figur 33. Physik 1048 Elektromagnetische Wellen n = 0,1, 2,... Wir betrachten einen Punkt P auf dem Schirm. Um eine konstruktive Interferenz in diesem Punkt zu beobachten, muss der Gangunterschied Dx so sein, dass gilt (Siehe Kap. 6.7.1): 1 kDx = np 2 2pn = nl k n = 0,1, 2,... In diesem Fall ist der Gangunterschied so, dass die beiden Wellen in Phase sind, weil der Gangunterscheid gleich einer ganzen Anzahl von Wellenlängen ist: Dx = Dx = d sin q = nl n = 0,1, 2,... ( Maxima) Damit im Punkt P ein Maximum der Intensität entsteht, muss gelten wobei q der Winkel zwischen dem Lichtstrahl und der Normalen auf den Schirm ist. n = 0,1, 2,... ( Minima) Für ein Minimum in P muss der Gangunterschied ein halbzahliges Vielfaches von Wellenlängen enthalten 1ˆ Ê Dx = d sin q = Á n + ˜ l Ë 2¯ 16.8 Röntgenbeugung Licht fällt auf die Oberfläche eines Kristalls. Wir nehmen an, dass im Kristall die Atome die fundamentalen Bausteine des Kristallgitters bilden, und dass das Gitter eine kubische Symmetrie hat. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Röntgenbeugung Elektromagnetische Wellen gebeugte Welle acosθ acosφ einfallende Welle φ Atom Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Relativ zu dieser Ebene fällt die Lichtwelle unter dem Winkel q ein, und der Winkel zwischen der Ebene und der gebeugten Welle ist gleich f. Figur 35. Die Lichtwelle fällt unter dem Winkel q ein. Der Winkel zwischen der Atomebene und den gebeugten Wellen ist gleich f. a θ Wir betrachten eine Ebene, die durch eine Reihe von Atomen geht. Siehe Abb. 35. gungszentrum. Wir sind an der Abhängigkeit des Beugungsmusters von den Winkeln der einfallenden und gebeugten Wellen interessiert. Kristall 1050 Siehe Abb. 34. elle Lichtw a Figur 34. Ein Schnitt durch einen Kristall. Jedes Atom wird als ein Punkt dargestellt. Der Abstand zwischen zwei benachbarten Atomen ist a. 1049 Analog zu einem Spalt betrachten wir jeden Punkt in der Abb. 34 als eine Quelle von Elementarwellen, d.h. jeder Punkt wirkt als ein Beu- Physik Röntgenbeugung m = 0,1, 2, 3,... Jedes Atom wirkt als Beugungszentrum. Die gebeugten Strahlen werden sich überlagern und ein Intensitätsmaximum wird erzeugt, wenn der Gangunterschied zwischen benachbarten Strahlen gleich einem ganzzahligen Vielfachen der Wellenlänge ist: a cosq - a cosf = ml fi q =f Das Hauptmaximum kommt bei m=0 vor. Diese Bedingung führt zu a cosq = a cosf D.h., die Ebene wirkt wie ein Spiegel. Wir betrachten nun verschiedene Ebenen durch die Atome. Wir nehmen an, dass die Lichtwelle nicht mehr nur auf eine einzelne Ebene fällt, sondern auf die ganze Reihe von Ebenen fällt. Siehe Abb. 36 und 37. Jede Ebene erzeugt eine gebeugte Welle, wobei q einfallende = f gebeugte 1051 Um eine konstruktive Interferenz in einer Richtung zu erreichen, müssen sich die von den einzelnen Ebenen gebeugten Strahlen verstärken. Dies bedeudet, dass der Gangunterschied zwischen benachbarten Ebenen ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge sein muss. Diese Bedingung heisst die Bragg8-Bedingung. 8. Bragg, W.H. (1862-1942) und Bragg, W.L. (1890-1971). Physik 1052 Elektromagnetische Wellen Lichtwelle gebeugte Welle Atomenebene Figur 36. Die Lichtwelle fällt auf die ganze Reihe von Ebenen. Eine intensive Beugungswelle wird erzeugt. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Röntgenbeugung Lichtwelle gebeugte Welle Figur 37. Die Lichtwelle fällt auf die ganze Reihe von Ebenen. Eine intensive Beugungswelle wird erzeugt. Es folgt, dass 1054 Elektromagnetische Wellen hc 1, 24 ¥ 10 -6 eV .m ª ª 12400 eV 10 -10 m l Wir bemerken, dass die Wellenlänge des Lichts ungefähr so gross wie der Abstand zwischen benachbarten Atomen des Gitters sein muss. Wenn wir z.B. einen Abstand gleich 10–10 m betrachten, folgt E = hn = d.h., das Licht muss im Bereich der Röntgenstrahlen sein. In Abb. 38 wird das erzeugte Interferenzmuster gezeigt, wenn ein monochromatischer Röntgenstrahl auf ein kristallines Silber-Bromid Pulver fällt. Man sieht charakteristische Beugungspunkte, die sich um den Röntgenstrahl befinden. Diesen Punkten entsprechen die verschiedenen Ebenen von Atomen im Kristall. Damit kann die Struktur von Materialen studiert werden. Solche Untersuchungen sind z.B. sehr wichtig, um die Regularität von Halbleiter-Kristallen zu kontrollieren, die für den Bau von integrierten Schaltungen in elektronischen Geräten verwendet werden. l trah ter S eug geb Kristall Interferenzmuster bei Beugung von Röntgenstrahlen an einem Röntgenstrahl Figur 38. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Kristall. Film 1053 bei bestimmten Wellenlängen und bestimmter Orientierung der einfallenden Lichtwelle konstruktive Interferenz der gebeugten Lichtwellen beobachtet wird. Die Richtungen der Interferenzmaxima werden durch die Geometrie des Kristallgitters bestimmt. Physik