Going Public 9/00 Beilage Vencure Capital rent-a-brain Hirnschmalz zu vermieten Vom Photographen zum Software-Unternehmer „Die Haken des Schicksals mitzulaufen, solange die Richtung stimmt“, war nach eigenem Bezeugen der wichtigste Erfolgsfaktor für Jürgen Simon. Seit über 10 Jahren beschäftigt sich der Autodidakt mit Softwareprodukten. Das Schicksal hat sein Durchhaltevermögen belohnt. Selbstverständlich selbständig Für den heutigen rent-a-brain-Geschäftsführer Jürgen Simon war eines stets klar: Als Angestellter würde er nicht glücklich werden. So gründete der gelernte Photograph bereits 1984 seinen ersten Betrieb: ein Photostudio im damaligen West-Berlin. Parallel dazu brachte Simon sich das Programmieren bei. Nachdem er mehrere Einzelprojekte im lT-Bereich absolviert hatte, gründete er 1989 einen neuen Einmann-Betrieb und entwickelte ein datenbankgestütztes DTPProgramm, gefolgt von einer Office-Anwendung. Ein ehemaliger Mitarbeiter aus Photostudio-Zeiten brachte ihn schließlich auf die Idee, eine Vermietungssoftware zu entwickeln, mit der Leihgaben verwaltet werden können. Geburtsstunde rent-a-brain Vor fünf Jahren war es dann soweit: rent-a-brain wurde geboren. An dem Namen hält Simon fest, auch wenn er in der schwäbischen Heimat nicht selten auf Unverständnis stößt. Die Privatbank Sal. Oppenheim war der erste Großkunde, der Simons Hirn mieten wollte. Mit der Erstellung einer Bereichsdatenbank nahm er genug Geld ein, um den ersten Mitarbeiter, einen ehemaligen Schulkollegen, einstellen zu können. Im gleichen Jahr wurde das Office-Programm vollständig neu konzipiert: „prOffice“ war geboren. Das Programm wird heute u.a. von Studio Hamburg eingesetzt. e-volution vom Feinsten In Zusammenarbeit mit Studio Hamburg, Arri, NDR, MBF u.a. wurde das prOffice-System weiterentwickelt. Heraus kam ein völlig neues Produkt, das Simon als „Zukunft des Unternehmens“ bezeichnet: production online. Es handelt sich um ein Application Service Providing (ASP)-Angebot, das auf die Filmbranche zugeschnitten ist. Prinzipiell eignet sich das Angebot aber für jeden, der Projekte managen möchte, an denen eine Vielzahl von Leuten beteiligt ist. Das Programm ist komplett Java-basiert und arbeitet Hand in Hand mit prOffice. Parallel wurde das Knowhow für den Kapitalanlage-Gesellschaftsbereich vertieft — mit der Aachener-Münchner-Generali konnte hier ein wichtiger Kunde gewonnen werden. Für 2001 ist eine gemeinsame AG mit einem Partner in Köln geplant, um den Bereich e-Banking weiter auszubauen. Finanzierung, Wachstum und Börse rent-a-brain ist ohne Fremdkapital und ohne Verluste groß geworden. Wurde im Gesamtjahr 1997 noch ein Umsatz von 128.000 Euro realisiert, so lag er zum ersten Halbjahr 2000 bereits bei 330.000 Euro, bei 30.000 Euro Gewinn — und das, obwohl production-online frühestens zum vierten Quartal ergebniswirksam wird. Mittlerweile beschäftigt Simon 13 Mitarbeiter — davon 3 Auszubildende. Arbeit hätte er für weit mehr. „Wir können prinzipiell jeden beschäftigen. Es kommt uns nicht so sehr auf das Fachwissen an, sondern auf Lernbereitschaft und Begeisterungsfähigkeit“, so Geschäftsführer Simon. Ein Joint Venture mit Studio Hamburg legt den Grundstein für eine Tochter in Hamburg. Hier, so hofft er, sind leichter Mitarbeiter zu gewinnen. Wann kommt der Börsengang? Auf die Frage, wo er sein Unternehmen in fünf Jahren sieht, antwortet Simon: „An der Börse“. Wir hoffen, daß er dem Aktionärsvolk sein Lebenswerk nicht so lange vorenthält. 14 VentureCapital 9/00