Dr. Susi Ulrich-Bochsler, Historische Anthropologie, Institut für

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Medienkonferenz vom 6. August 2009: "Schönberg Ost Bern: Eine der Richtstätten des mittelalterlichen Bern"
Vergraben - verscharrt – verlocht
Anthropologische Beobachtungen an den Skelettfunden
Dr.
Susi
Ulrich-Bochsler,
Historische
Medizingeschichte, Universität Bern
Anthropologie,
Institut
für
Skelettfunde einer Hinrichtungsstätte geben wie alle archäologischen Knochenreste Auskunft
über Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand der einzelnen Menschen. Darüberhinaus
können sie aber auch Informationen zur Art der Todesstrafe, allenfalls auch zu vorheriger
Folterung liefern. Hinrichtungsarten wie Köpfen, Rädern oder Vierteilen hinterlassen typische
Verletzungen am Skelett, andere wie das Hängen sind schwieriger nachweisbar. Speziell
aufschlussreich im Zusammenhang mit Hingerichteten sind auch die Lage eines Skelettes,
die
Körperhaltung
sowie
seine
Vollständigkeit,
da
für
Hingerichtete
spezielle
Bestattungsordnungen bestanden. In der Regel wurden sie nicht auf den Friedhöfen
begraben, sondern auf dem Galgenplatz verlocht oder verscharrt. Viele Gehängte beliess
man am Galgen, Geräderte auf dem Rad, oftmals bis zur Vermoderung. Was herunterfiel,
wurde beseitigt. Der Hinrichtung folgte als Art Zusatzstrafe die unwürdige Behandlung des
Leichnams.
Die bisher freigelegten Skelettreste veranschaulichen solches Geschehen am Galgen im
Osten Berns. Sie zeigen zudem eindrücklich, wie verschieden mit den Leichen Hingerichteter
umgegangen wurde. Vereinzelte Tote wurden für sich alleine vergraben, einer zum Beispiel
auf dem Rücken liegend, ein Jugendlicher auf dem Bauch liegend, beide mit auf dem
Rücken ehemals gefesselten Händen. Mit grösster Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei
ihnen um Gehängte. Daneben sind Grabgruben nachgewiesen, in denen mehrere Tote
lagen. Man hat sie dicht nebeneinander, in Bauch-, Rücken- oder Seitenlage in die Grube
gepfercht. Auch unter ihnen finden sich junge, noch nicht erwachsene Menschen. Ein bisher
einmaliger
Befund
stellt
eine
grosse
Knochengrube
dar,
die
die
Gebeine
von
schätzungsweise 20 Menschen enthält (eine zuverlässige Zahlenangabe wird erst im
Verlaufe der Auswertung möglich sein). In der untersten Schicht liegen (mit Ausnahme der
Schädel) mehr oder weniger vollständige Skelette, die noch im Verband sind. Später wurde
die Grube mit vielen losen Knochen bis oben aufgefüllt. Ob in dieser wie auch in den
kleineren Gruben zudem einzelne Leichenteile wie Arme oder Beine, also vom Galgen
gefallene Reste verlocht wurden, wird in den folgenden Ausgrabungsschritten ebenso zu
klären sein wie die Frage nach dem Zeitpunkt und dem genauen Verwendungszweck der
grossen Knochengrube. Durch das Schwert Hingerichtete oder Geräderte können wir bisher
nicht belegen.
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