massgeschneidert

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MASSGESCHNEIDERT
Mantel aus 7531 Markenetiketten
oder «759 987,20 Euro Coat»
von Silke Wawro (2004).
MASSGESCHNEIDERT
Ich freue mich, Ihnen Swisspearl Architecture in einem
neuen Kleid zu präsentieren. Anlässlich des Rebrandings unserer Firma haben wir die beiden bisherigen
Zeitschriften des Heimmarkts und der Exportländer ­
in ein einziges Magazin zusammengeführt und diesem
ein frisches Outfit verpasst. Unsere Publikation informiert Sie über Aktualitäten aus der Architektur und
gibt Ihnen einen Überblick über realisierte SwisspearlProjekte auf der ganzen Welt.
Gute Architektur kennt nämlich keine Landesgrenzen.
Von Asien über Nord- und Südamerika bis hin nach
Europa: Überall findet man die Swisspearl-Produkte
in verschiedensten Umgebungen und Anwendungen.
So wird beim Durchblättern dieses Heftes klar, dass
in der Architektur das Streben nach Individualität und
Unverkennbarkeit nach wie vor gross ist – ähnlich
wie dies auch in der Mode der Fall ist. Die gedankliche
Verbindung von Kleidung und Gebäudehülle kommt
also nicht von ungefähr. Massgeschneiderte Hüllen, die
Kreation eines einzigartigen Äusseren, der Ausdruck
eines Zeitgeschmacks sind Gemeinsamkeiten, die sich
gegenseitig inspirieren können.
Was Architekten und Modeleute gemeinsam haben, liegt
daher auf der Hand: Ein hohes Bedürfnis nach Ästhetik gepaart mit einem absoluten Willen zu Funktionalität. Mit Laufstegen, Couturiers und Modehäusern haben
wir von Swisspearl nicht viel zu tun. Aber für alle,
die sich für Dächer und Fassaden interessieren, bieten
wir mit unserer Swisspearl-Produktepalette mass­
geschneiderte Lösungen an: hochwertig in der Verarbeitung und Beschaffenheit, genau im gewünschten Farbton und passgenau auf die Gebäudeform zugeschnitten.
Entdecken Sie in diesem Sinne mit uns die Welt von
Swisspearl, mit ihren Möglichkeiten und Grenzen.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre der
Ausgabe 21 von Swisspearl Architecture.
Urs Lehner, CEO Eternit (Schweiz) AG
Urs Lehner hat sich als CEO
zum Ziel gesetzt, sowohl internationale als auch nationale
Wachstumsmärkte weiterzuentwickeln. Im Fokus bleiben dabei
immer auch die spezifischen
Kundenwünsche und ihre Erfüllung durch massgeschneiderte
Produkte.
MASSGESCHNEIDERT
Report von Michael Hanak
2 ARCHITEKTUR UND GEBÄUDEHÜLLEN
NACH MASS
Italien
Lukas Burgauner
6 ERWEITERUNG FLUGHAFEN, BOZEN
Südkorea
Junglim Architecture
12 DOOSAN FUTURE TREES KINDERGARTEN,
­CHANGWON
USA
Miller Hull Partnership
18 STAR CENTER, TACOMA
6
12
Interview
24 MARGARET SPRUG,
MILLER HULL PARTNERSHIP
USA
SPF:architects
26 WALLIS ANNENBERG CENTER FOR THE
­PERFORMING ARTS, BEVERLY HILLS
USA
OPN Architects
18
34 CEDAR RAPIDS PUBLIC LIBRARY, IOWA
Schweiz
Allemann Bauer Eigenmann Architekten
40 ALTERS- UND PFLEGEHEIM DA CASA,
VELLA
Essay von Bettina Köhler
44 ARCHITEKTUR FÜR DEN KÖRPER
SCHIEBELÄDEN
50BÜROGEBÄUDE TERRA PANONICA, ­MOKRIN
PERFORATION
56 ÜBERBAUUNG PATIO, RHEINFELDEN
BEFESTIGUNG
60 SICHTBAR GENIETET
26
ARCHITEKTURKONGRESS
40
62 AIA CONVENTION IN CHICAGO
34
2
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
Swisspearl-Fassade, Cahill Center für Astronomie und Astro­physik
in Pasadena, USA, von Morphosis Architects (2007/08).
MASSGESCHNEIDERT
3
REPORT
ARCHITEKTUR UND
GEBÄUDEHÜLLEN NACH MASS
Architektur und Mode werden oft
miteinander in Beziehung gebracht.
Der Vergleich zwischen Gebäudeund Körperhüllen offenbart naheliegende und erstaunliche Parallelen.
Die vielbeschworenen Gemeinsamkeiten
werden bisweilen aber überstrapaziert.
Zwischen dem Entwurf von Bauten
und dem Design von Kleidern bestehen
einige grundsätzliche Unterschiede.
Michael Hanak Massanfertigungen liegt ein
langsamer, Geduld erfordernder, ja inniger
Arbeitsprozess zugrunde. In der Haute Couture wird für Kleider und Anzüge Mass genommen und der jeweilige einzukleidende
Körper genau erfasst. Der Modeschöpfer
geht individuell auf die Wünsche und Vorlieben seines Kunden ein.
In der Architektur, zumindest da, wo sie
hohe kulturelle Ansprüche stellt, messen
Architekten Bauplätze aus und entwerfen für
den jeweiligen Ort passende Baukörper. Der
Auftraggeber bestimmt Funktion und Aus­
sehen ganz wesentlich mit. In beiden Diszi­
plinen helfen Pläne, Modelle und Prototypen,
die passende Form zu finden. Bei massgeschneiderten Kleidern und massgeschneiderten Bauten sind sowohl in der Zielsetzung
wie auch in der Herstellung Ähnlichkeiten, ja
Affinitäten und Analogien auszumachen.
Bauten wie Kleider
Was haben das Guggenheim Museum in
Bilbao, die Bibliothèque Nationale in Paris
und der Prada Shop in Tokio gemeinsam?
Nun, sie alle spielen mit Assoziationen zu
Textilien. Ihre Fassaden wirken mal dünn und
leicht, mal durchscheinend und beweglich,
mal genäht und gesteppt. In ihren Ansichten
erwecken diese Bauwerke den Eindruck von
etwas Schwebendem, Dynamischem, Glamourösem – ganz entgegen traditioneller
Vorstellungen von Architektur als etwas Festem und Dauerhaftem.
In Tokio haben Herzog & de Meuron den
kristallinen Baukörper mit konvexen und
konkaven, mehrheitlich durchsichtigen und
gelegentlich opaken Gläsern überzogen. Zusammen mit der rautenförmigen Struktur
erinnert die Gebäudehülle an gesteppte oder
gequiltete Stoffe. Frank Gehry verblüffte in
Bilbao mit einer hauchdünnen Haut aus silbernem Titanblech und umgab die Museumsräume mit ungestümen, geschwungenen Formen. Für die Bibliothèque Nationale in Paris,
und seither bei fast jedem seiner Bauten, verwendete Dominique Perrault ein transparentes Metallgewebe als äusserste Schicht und
verlieh der Fassade damit einen schillernden,
poetischen Ausdruck. Viele weitere Beispiele
liessen sich anführen, um die Anleihen aus
dem Textilbereich im Bauwesen zu vergegenwärtigen.
Architektur wie Mode
Räume zu schaffen, das ist das Ziel in der
Architektur wie in der Mode. Eine Hülle
­umgibt und definiert den Raum. Sie liegt zwischen Innen- und Aussenwelt, vermittelt
gleichermassen zwischen Inhalt und Umwelt. Kleider verbergen und präsentieren
gleichzeitig den menschlichen Körper, zeigen dessen Umrisse und sparen einzelne
Stellen aus. Wir nutzen Kleidungsstücke als
Schutz gegen die Witterung, für unser Wohlbefinden und stellen uns zugleich damit dar.
Bauten umgeben uns, dienen für bestimmte
Zwecke und geben uns ebenfalls Schutz
­und Geborgenheit. Wir ziehen uns in unsere
Häuser zurück, leben und arbeiten darin.
Zugleich demonstrieren wir mit einem Gebäude, dessen Gestaltung wir mitbestimmt
oder beeinflusst haben, wie wir uns in unserer Umwelt und in unserem kulturellen Kontext verorten.
Die Mauern eines Hauses wie auch die
Stoffe unserer Kleider beschützen uns vor
Wind und Wetter, Kälte und Wärme sowie
vor unerwünschten Einblicken. Doch Kleider
wie Bauten werden auch dazu benutzt, Bilder
4
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
MASSGESCHNEIDERT
5
Das Guggenheim Museum in Bilbao von Frank
Gehry, das Grand Theatre im französischen
Städtchen Albi von Dominique Perrault und
Prada Aoyama von Herzog & de Meuron nehmen
Anleihen aus der Welt der Stoffe.
Manchen seiner Stoffe mischt der Schweizer
Stoffhersteller Jakob Schlaepfer Metallfäden
bei, um eine plastische, ‹architektonische›
Wirkung zu erzielen, wie in diesem Ballkleid
für Christian Diors Frühjahrs-/Sommerkollektion 2013.
zu vermitteln: Bilder, die einen bestimmten
Stil und damit das jeweilige Selbstverständnis zum Ausdruck bringen. Mode wie Architektur werden dazu eingesetzt, Individualität
und Zugehörigkeit zu bekunden. Gerne identifizieren wir uns mit einem Haus oder einer
Kleidung, und wir werden mit ihnen identifiziert. Kleidungsstücke als auch Hausfassaden
werden zur Repräsentation und Selbstinszenierung genutzt. Imagebildung, Labeling und
Branding finden daher in Mode und Architektur Verbreitung – zuweilen auch mit gegenseitiger Unterstützung.
Neben den mehr oder weniger offensichtlichen Gemeinsamkeiten bestehen zwischen
den Hüllen der Architektur und der Mode
auch etliche Unterschiede. Das gilt zunächst
für die Zeitachse: Während man seine Kleider täglich wechselt, bleiben Gebäude viele
Jahre bestehen. Mode lebt von der ständigen
Veränderung. Architektur soll nachhaltig und
zeitlos sein.
Stoffe und Materialien
Die einzigartigen luxuriösen Textilien,
die Jakob Schlaepfer in der Schweiz herstellt,
geniessen in der Haute Couture international
hohe Bewunderung. Louis Vuitton, Marc
Jacobs und Vivienne Westwood lassen sich
davon inspirieren. Mit findigem Innnovationsgeist verstehen es die Textilentwerfer und
Modedesigner, traditionelle Stickereitechniken mit modernster Hightech-Fabrikation zu
verbinden. Unter anderem verleihen sie den
Stoffen unter Beimischung von Metallfäden
Glanz und Formbarkeit. Spätestens mit der
Lancierung von Vorhängen und Gardinen
drang Schlaepfer unlängst auch in den Innendekorationsmarkt vor.
Die Weberei GKD / Gebrüder Kufferath
AG in Deutschland hat sich, ausgehend von
den Anfragen von Dominique Perrault, auf
die Herstellung von Metallgeweben spezialisiert, die Architekten an Gebäuden einsetzen.
Aus Drähten und Blechstücken aus Chrom-
stahl und Aluminium entstehen gitterartige
Strukturen, die stoffartig erscheinen, aber
dennoch die Fassaden schützen. Der durchlässige Vorhang besitzt stabile und beständige Eigenschaften, zugleich werden Licht
und Sicht gefiltert.
Swisspearl bietet Zementkomposit-Produkte an, die in ihrer hohen Festigkeit und
Beständigkeit in mancherlei Hinsicht auf die
jeweilige Architektur massgeschneidert werden können. Der Plattenzuschnitt auf Mass,
die Farbwahl, die Verlegeart und das Fugenbild bieten Möglichkeiten, um den Baukörper
respektive die Gebäudehülle nach Kundenwunsch zu gestalten. Denn Architekten wie
Modeschöpfer verlangen nach hochwertigen
Fabrikaten, um individuelle Ausdrucksformen und spezifische Ausdrucksweisen zu erzielen.
6
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
MASSGESCHNEIDERT
7
ITALIEN
NEUER TERMINALFLÜGEL
Erweiterung Flughafen Bozen, Italien
STANDORT: Franceso
ARCHITEKT: Lukas
Baracca Strasse 1 BAUHERRSCHAFT: ABD Airport Bozen Dolomiti, Bozen Burgauner, Bozen BAUZEIT: 2010 – 2012 BAULEITUNG UND FASSADENBAU: Stahlbau Pichler, Bozen FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, REFLEX Black Velvet 9221
Mit einer eindeutigen, klaren Geste
zieht sich das mit Swisspearl-Platten
bekleidete Dach des Flughafen­an­baus aufwärts, als würde es abheben.
Die Form erinnert an einen Flügel,
verweist auf die Funktion des Gebäudes
und verleiht ihm eine starke ästheti­sche Identität, die von nah und fern
überzeugt.
1_Airport_Bozen
1:?
Anna Roos Bozens lokaler Flughafen verbin-
det die grösste Stadt im Südtirol mit anderen
europäischen Städten. Früher ein deutschsprachiger Teil Österreich-Ungarns wurde
Bozen nach dem Ersten Weltkrieg von Italien
annektiert. Die Stadt lag und liegt immer
noch auf einer ‹kulturellen Bruchlinie›. Bozen ist dreisprachig, in der Stadt spricht man
italienisch, deutsch und ladinisch. Wein,
Früchte und Tourismus begründen den wirtschaftlichen Reichtum. Um den Tourismus
zu unterstützen, forderte die International
Civil Aviation Organization (ICAO) – wie es
auch in den mittel- und langfristigen Zielen
des Flughafens vorgesehen war – die Erweiterung des lokalen Flughafens.
Zickzack-Linien
Lukas Burgauner, Architekt in Bozen, erhielt den Auftrag für die Erweiterung des
Flughafens. Das bestehende Flughafengebäude – ein unauffälliger L-förmiger, ein­
stöckiger Bau – benötigte dringend ein Facelifting, um den heutigen Erwartungen der
Passagiere an europäische Flughäfen zu genügen. Burgauner passte den neuen, nach
Westen orientierten zweistöckigen Flügel in
der ‹Biegung› der bestehenden L-Form ein.
In Übereinstimmung mit EU-Normen nimmt
der Terminal den Strom ankommender und
abfliegender Passagiere in grosszügigen Hallen auf, in denen auch sanitäre Einrichtungen
untergebracht sind.
Die kühne Formensprache von Schrägdach und vorgehängter Fassade mit schiefen
Winkeln setzt eine grosse Dynamik frei und
spielt auf Bewegung und Geschwindigkeit
an. Burgauner hat mit dem allgegenwärti­gen rechten Winkel gebrochen, an den sich
die meisten Gebäude halten, und setzt auf
schräge Zickzack-Linien. Die Bewegung, mit
der sich das Dach zur Traufkante hin verjüngt und mit der Ostfassade als einheitliches
Element in einer Flugbahn nach oben abhebt,
setzt ein klares architektonisches Signal. Das
weit ausladende Dach spendet wie eine
Mütze einem Gesicht Schatten und schützt
die hohe, nichttragende vorgehängte Fassade
zu den Start- und Landebahnen hin. Die nach
vorne geneigte Glasfassade erinnert an einen
Kontrollturm, dessen schräge Verglasungen
Reflexionen verhindern und der Flugsicherung freie Sicht auf ankommende und abfliegende Flugzeuge bieten. Das Gebäude steht
auf keinem Sockel, vielmehr verlängert sich
die Fassade bis zum Boden, der ohne Unterbruch oder Stufe von innen nach aussen läuft
und den glatten Asphalt der Rollbahnen in
den Terminal verlängert. Diese nüchterne
Umsetzung relativiert die mächtigen Volumen und verstärkt den visuellen Gesamteindruck.
Situation
N?
Dynamische Formen
Auf dem oberen Geschoss des Terminals,
den man via Treppe oder Lift erreicht, befinden sich Administration, VIP-Lounge und
die öffentliche Transitzone. Das Stahldach ist
mit grossformatigen Swisspearl-Platten aus
Zementkomposit verkleidet und überdeckt
Pläne
8
Das mit Swisspearl-Platten
bekleidete Dach schiebt sich
aufwärts wie ein Flügel.
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
MASSGESCHNEIDERT
«Die Administration von ABD, einer auf Flugplatztechnologie spezialisierten Firma, ist im Ober­
geschoss des neuen Gebäudes untergebracht. Diese
Ebene ist über eine grosszügige Treppe und
einen behindertengerechten Lift mit der unten
­liegenden Check-in-Halle verbunden.»
Lukas Burgauner
die beiden Stahlbeton-Geschossdecken. Eigens zugeschnittene, dunkelgrau brünierte
Platten umhüllen die spitz zulaufende Traufkante. Die präzise Verkleidung, die scharfen
Kanten und die sorgfältigen Details in der
Glasfassade mit ihren elegant eingefassten
Scheiben verleihen dem Bau seine ästhetische Qualität. Zwei Atrien unterbrechen die
glatte Oberfläche des Schrägdachs und bringen Licht bis in die unteren Ebenen. Leider
scheinen diese Atrien in der oberen Ebene
ungenutzt zu sein und nur als Lichtfilter zu
dienen.
Architektonisch gesprochen strahlt dieser Flughafenterminal eine eindeutige, starke
Dynamik aus, die der Funktion des Gebäudes
entspricht. Die Klarheit und der kleine Massstab des Gebäudes wirken sich mit Sicherheit
positiv auf die Passagiere aus: Sie können sich
leicht orientieren, und allfälliger Stress, den
viele auf Flugreisen empfinden, lässt sich auf
diese Weise verringern.
9
ertical section
10
cale: 1:20
8
9
4
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
5
S
Vertikalschnitt 1:20
1Swisspearl® LARGO Platte 8 mm
2 Hinterlüftung,
vertikale Unterkonstruktion
3 Feuchtigkeitssperre
4 Grobspanplatte
5 Wärmedämmung
6 Dampfsperre
7 Gipsplatte
8 Metallblech
9 Abdichtung
10 abgehängte Decke
11 Gitterrost
REI-71_Airport_Bozen
6
A
F
v
A
Hinterlüftungsspalt von m
Scale: 1:1000
4
1
2
Isolation 0,035
3
4
5
4
10
1
REI-71_Airport_Bozen
5
Scale: 1:1000
6
4
Fertigbeton 0,035
7
Obergeschoss
11
Beton 0,035
1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm
2 ventilation cavity, vertical sub-framing
3 moisture barrier
4 oriented strand board
5 thermal insulation
6 vapour barrier
7 gypsum board
8 metal sheet
9 waterproofing
10 suspended ceiling
11 floor grating
Erdgeschoss 1:1000
Ba
MASSGESCHNEIDERT
11
12
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
MASSGESCHNEIDERT
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SÜDKOREA
KINDERKUBUS
Doosan Future Trees Kindergarten, Changwon
STANDORT: 96-1
Bonggok-dong, Yichang-gu BAUHERRSCHAFT: Doosan Heavy Industries & Construction, Changwon ARCHITEKTEN: Junglim Architecture, Seoul BAUZEIT: 2011–2013 GENERALUNTERNEHMUNG: Doosan Heavy Industries & Construction, Changwon FASSADENBAU: Sunpark, Incheon FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Elfenbein 7090, 7091, 7099, Bernstein 7081, 7083, Rubin 7032
Der neue Kindergarten in der südkoreanischen Stadt Changwon bietet 300
Plätze für die Kinder der Mitarbeiter
eines grossen lokalen Industriekonzerns.
Das Raumprogramm mit grosszügigen
Innen- wie Aussenspielplätzen ist
auf vier Etagen verteilt. Die Architekten
haben eine Reihe baulicher Massnahmen ergriffen, um die Fassaden zu
beleben und die soziale und pädagogische Firmenphilosophie zu spiegeln.
Patrick Zamariàn Doosan Heavy Indus­
tries & Construction ist eine von mehreren
wichtigen südkoreanischen Industriekonzernen mit Hautpsitz in Changwon, einer Stadt
mit ungefähr einer Million Einwohnern an
der südöstlichen Küste. Vor ein paar Jahren
kaufte die Firma ein bebautes Gelände im
Stadtzentrum, um darauf einen Kindergarten
zu erstellen, für Kinder aus der Nachbarschaft und von Mitarbeitern von sechs Tochterfirmen. Junglim Architecture aus Seoul
wurde eingeladen, eine Strategie für das Gelände zu entwickeln, einige der bestehenden
Gebäude für den Abbruch vorzumerken und
andere wiederum in ihren Entwurf miteinzubeziehen. Die ungünstige rhomboide Form
des 1750 Quadratmeter grossen Grundstücks
und die rigorosen Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften für diese Art von Gebäude
erschwerten das Vorhaben zusätzlich.
41_Nursery_Kyungnam-do
1:?
Ungewöhnliches Raumkonzept
Die Architekten beschlossen, zwei Gebäude am nordwestlichen Rand des Grundstücks zu erhalten und sie zu Seitenflügeln
der neuen trapezförmigen Anlage umzuwandeln. Die verbleibende südöstliche Ecke des
Grundstücks bietet mit fast fünfzig Prozent
der Gesamtfläche ausreichend Raum für die
Haupttreppe und einen grossen Aussenspielplatz. Der Kindergarten beherbergt auf vier
Stockwerken bis zu 300 Kinder, ein für diesen Gebäudetypus ungewöhnliches Raumkonzept. Zentriert um die Eingangshalle im
Erdgeschoss befinden sich Rezeption, Büros,
Essraum und zwei Gruppenzimmer mit
direktem Zugang zum Spielplatz. Weitere
Gruppenzimmer mit unterschiedlichsten
Grund­rissen befinden sich im ersten und
zweiten Stock. Ein auf mehreren Ebenen angelegter Innenspielplatz erstreckt sich über
den ganzen vierten Stock.
«Optisch bedeutsame» Fassaden
Trotz des additiven Prinzips des Gesamtkonzepts ist es den Architekten gelungen,
aus den verschiedenen Gebäudeteilen einen
einheitlichen Innenraum zu gestalten. Auf
­jedem Stock öffnet sich ein grosser Raum:
Das Tragwerk aus Stahlbeton wurde mit
leichten Trennwänden in einzelne Räume
unterteilt und kann bei Bedarf wieder um­
gebaut werden. Dagegen widerspiegelt die
Aus­senhülle den Gegensatz von Alt und Neu.
Die seitlichen Fassaden sind einheitlich mit
Swisspearl-Platten in drei verschiedenen
Hellgrau-Schattierungen bekleidet, während
im Mittelteil ein unregelmässig gerasteter,
schwarzer Stahlskelettbau, mit opaken und
transparenten Glasscheiben ausgefüllt, zu sehen ist. Das markanteste Merkmal jedoch ist
ein abgewinkelter, zwischen den beiden Seitenflügeln eingekeilter Kubus, der scheinbar
über dem Boden schwebt, über die Dachkontur hinausragt und Sonnenlicht durch seine
Oberlichter scheinen lässt. Seine Erbauer
nennen ihn ‹Kinderkubus› und beschreiben
ihn als «Kreativ-Werkstatt, die die Phantasie
und die Kreativität der Kinder anregt». Mit
ihrer dunkelroten Zinkplatten-Bekleidung
und der betont diagonalen Ausrichtung seines Musters und der sich überkreuzenden
Schlitzfenster hebt sich die Box deutlich von
den restlichen Fassaden ab. Um die Sinne der
Kinder anzusprechen, die das Gebäude bewohnen, und gleichzeitig die sozialen und
pädagogischen Anliegen der Firma hervor­
zuheben, haben die Architekten eine Reihe
baulicher Massnahmen ergriffen. Sie steigern
die – wie Gropius gesagt hätte – «optische
Bedeutung» der Fassaden: von der übereinandergeschichteten Fassadenbekleidung über
auskragende Vordächer hin zu mit auffälligen
bernsteinfarbenen und korallenroten Swisspearl-Platten bekleideten Fensterrahmen.
Situation
N?
14
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
Mit sich überkreuzenden Fenstern und einem diagonalen Muster hebt sich der Kinderkubus von den
restlichen Fassaden ab. Er schwebt über dem Boden
und markiert den Gebäudeeingang.
«Die wichtigste Aufgabe des Entwurfs
bestand darin, zu erkennen und zu
entscheiden, welcher Gebäudeteil abgerissen
und neu gebaut werden sollte, um den
Raum optimal für den Kindergarten mit
all seinen Funktionen zu nutzen.»
Junglim Architecture
MASSGESCHNEIDERT
15
Massivholz 0
16
SWISSPEARL ARCHITECTUREHolzwerkstof
#21
Natur / Stein
SCO-41_Nursery_Kyungnam-do
Vertikalschnitt 1:20
Isolation 0,035
Backstein 0,035 H
1Swisspearl® LARGO Platte 8 mm
2 Hinterlüftung
3 Feuchtigkeitssperre
4 Unterkonstruktion
5 Wärmedämmung
6 Wandhalter
7 Beton
Scale: 1:750
1
2
3
4
5
6
7
SCO-41_Nursery_Kyungnam-do
SCO-41_Nursery_Kyungnam-do
Scale: 1:750
Fertigbeton 0,035
Scale: 1:750
2. Obergeschoss
Beton 0,035
1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm
2 ventilation cavity
3 moisture barrier
4 sub framing
5 thermal insulation
6 bracket
7 concrete
«Da der Kindergarten eigens für die Kinder
des Konzerns gebaut wurde, sollte der Bau
auch dessen Überzeugungen, Philosophie
und pädagogischen Beitrag zur Gesellschaft
widerspiegeln.»
1. Obergeschoss
Junglim Architecture
Erdgeschoss 1:750
CUSTOM MADE
17
18
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
USA
SCHUPPENMUSTER
STAR Center, Tacoma, Washington (WA) South 66th Street BAUHERRSCHAFT: Metropolitan Park District of Tacoma, Tacoma, WA ARCHITEKTEN: Miller Hull Partnership, Seattle, WA ; Associé Jeff Floor BAUZEIT: 2010–2012 GENERALUNTERNEHMUNG: Jody Miller Construction, Tacoma, WA FASSADENBAU: LA Olson Construction, Des Moines, WA FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Rubin 7031
STANDORT: 3873
MASSGESCHNEIDERT
Das neue Gemeinschaftszentrum liegt
im Herzen eines sanierten regionalen
Sport- und Freizeitgeländes. Die Haupt­
räume befinden sich in einzelnen Baumodulen, die ineinander verschachtelt
und aneinandergereiht einen Bogen
beschreiben. Sie öffnen sich zur Landschaft und blicken auf die nahe
Bergkette. Die mit roten SwisspearlZementkompositplatten bekleidete
Fassade zeigt ein Fischschuppenmuster
und ist integraler Teil einer übergeordneten Nachhaltigkeitsstrategie.
Patrick Zamariàn Jahrelange Bemühungen
von lokalen Politikern und Interessengruppen haben das STAR Center erst möglich gemacht. Die einprägsame Abkürzung steht für
‹South Tacoma Activity and Recreation Center›. Obwohl die Kroc Foundation 2004 eine
Beteiligung am Bauvorhaben abgelehnt hatte,
entschlossen sich die Initianten, das Projekt
voranzutreiben. Letztlich gelang es ihnen, die
15 Millionen Dollar für den Bau des Zentrums
aus anderen Quellen zu finanzieren.
Im Mai 2012 konnte die rund 3000 Quadratmeter grosse Anlage nach zweijähriger
Bauzeit eröffnet werden. Sie ist das Kernstück eines Masterplans, gemäss dem ein
19
­ ereits existierendes Sportareal umgebaut
b
wird, angeleitet von Metro Parks, der regionalen Behörde, der die öffentlichen Pärke gehören. Sie betreibt die Pärke in Zusammenarbeit mit der öffentlichen Schule von Tacoma
und dem örtlichen Ableger der Boys & Girls
Club of America, einer Non-profit-Organisation, die Freizeitaktivitäten für Jugendliche
anbietet. Das STAR Center bildet mit einer
bestehenden Middle School und dem kürzlich fertiggestellten Topping HOPE Center
des Boys & Girls Club einen 30 Hektar gros­
sen, regionalen Freizeitcampus mit Plätzen
für verschiedene Ballspiele, einem Wasserpark, einem Skateboardpark, je einem Roll-
Scale: 1:20
20
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
1
2
Pläne
3
4
5
6
7
8
9
1 Swisspearl®
2 horizontal Z3 ventilation c
4 moisture bar
5 plywood boa
6 thermal insu
7 vapour barri
8 stud framing
9 gypsum boa
10 glulam bea
11 concrete
Mst: 1:2000
6
10
«Das Schuppenmuster betont den
Bogen der ineinander verschachtelten Einheiten, indem sein
Schatten auf der Fassade spielt.»
Margaret Sprug, Miller Hull Partnership
Mst: 1:1000
Mst: 1:500
Vertikalschnitt 1:20
1Swisspearl® LARGO Platte 8 mm
2 horizontale Z-Profile,
perforiert
3 Hinterlüftung
4 Feuchtigkeitssperre
5 Sperrholzplatte
6 Wärmedämmung
7 Dampfsperre
8 Rahmenkonstruktion
9 Gipsplatte
10 Brettschichtholz-Träger
11 Beton
MW-148_Star_Center_Tacoma
Scale: 1:1000
Erdgeschoss 1:1000
Mst: 1:200
11
Mst: 1:100
6
7
9
MASSGESCHNEIDERT
hockey- und einem Basketballfeld, einer
Kletterwand und anderen Anlagen für weitere Aktivitäten im Freien. Das Raumprogramm des STAR Centers wurde in enger
Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der
Gemeinde entwickelt. Es bietet eine Reihe
dringend benötigter Innenräume, in denen
man sich erholen, sich w
­ ei­terbilden oder sich
kulturell betätigen kann. Um die Anlage auch
Menschen mit körperlicher Behinderung zugänglich zu machen, etwa den Veteranen des
nahen Armee- und Flugwaffenstützpunkts,
berücksichtigten die Architekten die Standards des Univer­sellen Designs.
Ineinander gestülpte Einheiten
Die eingeschossige Anlage gründet auf
dem Entwurf des inzwischen verstorbenen
Architekten Bob Hull, Mitbegründer von
Miller Hull Partnership. Er hat eine Reihe
von Arbeitsräumen entlang einer langgezoge­
nen Lobby angeordnet, die den Grundriss in
zwei klar erkennbare Raumschichten teilt.
Sie beherbergt neben einer Empfangstheke
weitere Räume mit offener Funktion: einen
grossen Gemeinschaftstisch, eine Sitzgruppe
am Cheminée für entspannte Treffen, ein
­Cybercafé, eine Saftbar, eine Kantine und
eine Lernküche für die Schulklassen.
Die zentrale Erschliessung erfolgt vom
Campus-Parkplatz her, dem das Gebäude
eine Reihe von individuell ausgestalteten,
mehrheitlich fensterlosen Einheiten zuwendet. Unterbrochen werden sie von tief zurückversetzten, vollverglasten Passagen, die
Licht in die Korridore fallen lassen. In der
unscheinbaren, vorderen Gebäudeschicht
befinden sich Sanitär-, Lager- und Nebenräume, Büro- und Behandlungszimmer sowie
ein Tanzstudio.
In der hinteren Gebäudeschicht, die sich
der umgebenden Landschaft zuwendet, befinden sich die zentralen Funktionsräume:
ein Mehrzweckraum, eine Turnhalle mit
neuster technischer Ausrüstung sowie eine
Kinderbetreuung mit Innen- und Aussenspielplätzen. Dieser Teil des Gebäudes bricht
aus dem Gesamtvolumen heraus und beschreibt einen Bogen von aneinandergereihter und ineinander geschobener Boxen. Diese
erhalten mittels im Norden angeordneten
Lichtgaden und Oberlichter Tageslicht und
bieten Zugang auf einen Aussenhof und einen
nahen Spazierweg.
Multifunktionales Auditorium
Das Prinzip ineinander gestülpter Einheiten zieht sich weiter: Die wellenförmige
Sperrholzdecke in der zentralen Halle steigt
stetig höher bis zu ihrem Zenit in der süd­
lichen Lobby. Das dort angeordnete Audi­
torium mit 300 Plätzen kann für unterschiedliche Zwecke in verschieden grosse Räume
unterteilt werden. Die vollverglaste Rückseite ragt über einen angrenzenden Teich
und bietet effektvolle Ausblicke auf den
Mount Rainier, die grösste Naturattraktion in
der Region. Damit das Auditorium auch als
Theater genutzt werden kann, lässt sich der
Lichteinfall mittels automatischer Jalousien
21
und innen angebrachter Vorhänge regeln und
der Raum vollständig verdunkeln.
Die Hülle des Stahlskelettbaus betont die
Zweiteilung des Gebäudes. Die Westseite
Richtung Parkplatz zeigt eine Stülpverschalung aus Zementkomposit, die wegen ihrer
Massstäblichkeit gewählt wurde und in einem zurückhaltenden Elfenbein gehalten ist.
Im Kontrast dazu steht die auffällige Rückseite mit horizontal angebrachten, korallenroten Swisspearl-Platten und blau gefassten
Fenstern. Der Architekt brachte das neue
Winkel-Klammer-System zum Einsatz, um
die grossen Platten zu befestigen, und schuf
damit ein Schuppenmuster, das dem Gebäude, in Kombination mit der gebogenen
Form der Ostwand, einen lebhaften, nahezu
biomorphen Zug verleiht.
Die hinterlüftete Swisspearl-Fassade ist
eine der vielen Energiesparmassnahmen,
dank denen das STAR Center mit dem LEED
Gold Award ausgezeichnet wurde. Die Anlage wird natürlich belüftet und belichtet.
Aussen angebrachte Läden beschatten alle
Fenster und reduzieren die Hitzeentwicklung im Innern. Fünfzig geothermische Quellen in einer Tiefe von neunzig Metern leiten
warmes Wasser zu einem zentralen Pumpwerk, das Hitze und passive Kühlung im ganzen Gebäude koordiniert. Auch die sorgfältig
geplante Landschaftsgestaltung dient dem
Nachhaltigkeitskonzept: Drei grosse Rückhaltebecken im Süden schaffen eine natür­
liche Regenentwässerung und einen Lebensraum für Wildtiere.
22
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
MASSGESCHNEIDERT
Die Rückseite des Auditoriums ist voll verglast und kragt über
eines der Regenrückhaltebecken aus. Mit aussen angebrachten
automatischen Jalousien und Vorhängen im Innern lässt sich
der Raum bei Bedarf verdunkeln.
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24
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
INTERVIEW
«ÜBERHÖHTES
SCHUPPENDESIGN»
Frau Sprug, was können Sie uns über die Entstehung des
STAR-Center-Projekts erzählen? Und vor welchen Aufgaben standen Sie? Die Stadt Tacoma sah die Notwendigkeit, eine
veraltete Erholungsstätte zu sanieren und auf die Bedürfnisse der
wachsenden Bevölkerung in der Nachbarschaft zu reagieren. Bis
zur geplanten Eröffnung rechnete man mit bis zu 100 000 Einwohnern. Der Besitzer, Metro Parks Tacoma, sicherte die Finanzierung
des neuen Gemeindezentrums 2005 mit einem Bond zur Entwicklung von Stadtparks. Wegen der nationalen Finanzkrise verzögerte
sich dann das Projekt. Die Eingaben der Architekturbüros wurden
schliesslich in einem öffentlichen Verfahren evaluiert, und Miller
Hull Partnership war eines von drei Büros, das sich vor der definitiven Wahl 2008 präsentieren konnte. Im Mai 2012 eröffnete das
STAR Center.
Margaret Sprug ist Partnerin bei Miller
Hull Partnership in Seattle. Ihr Architekturdiplom erhielt sie 1993 von der
Columbia University, sieben Jahre nach
­ihrem Bachelor in Environmental
Design an der Texas A & M University.
Nachdem sie von 1994 bis 1999 ein
eigenes Büro in New York geführt hatte,
schloss sie sich im Jahre 2000 Miller
Hull an. 2006 wurde sie Teilhaberin und
2007 Partnerin.
Wie spielen die verschiedenen Räume zusammen? Eine
Reihe ineinander verschachtelter Boxen beherbergt auf der Ostseite des Gebäudes die Hauptfunktionen der Anlage. In der grössten Box befinden sich ein Mehrzweckraum und eine Bühne, die
auch als Begegnungsort dient. Ihre sechs Meter hohe Glasfassade
rahmt die Aussicht auf den Mount Rainer, den höchsten Berg der
Vereinigten Staaten zwischen Kanada und Mexico. Die Haupträume
sind mittels eines zentralen, gekrümmten Rückgrats miteinander
verbunden, das auch als gemeinsames ‹Wohnzimmer› dient. Auf
der Westseite des Gebäudekomplexes ist eine Folge orthogonaler
Boxen so artikuliert angeordnet, dass Licht in die zentrale Halle
fällt. Die Boxen beherbergen die Service- und die Büroräume der
Anlage.
«Die zentralen Funktionen sind
über eine grosse zentrale gebogene
Wirbelsäule, die der Gemeinde
als ‹Wohnzimmer› dient, miteinander verbunden.»
MASSGESCHNEIDERT
25
sehr schnell, unterstützten uns und waren ernsthaft an unserer
­Arbeit interessiert – davon zeugt ihre Bereitschaft, einen innovativen Ansatz bei der Produktinstallation zu berücksichtigen.
Wieso wählten Sie Swisspearl, und was ist Ihrer Ansicht
nach die Hauptqualität dieser Platten? Obwohl wir ähnliche Plattenmaterialen in Betracht zogen, schienen der feine, beständige Finish und die Materialdichte robuster und dauerhafter
als bei anderen Optionen, die zwar in ihrer Textur ‹offener› waren,
aber schneller schmutzig wirken, schneller zu altern schienen. Wir
entschieden uns für Swisspearl wegen der grossen Plattenformate,
der besseren Farbkonsistenz und des Finishs; auch wegen seiner
strukturellen Festigkeit, Haltbarkeit und des einfachen Handlings.
Und nicht zuletzt, weil der Preis im Vergleich zu Rohmaterial attraktiv ist.
Wie bezieht sich das Gebäude auf die Umgebung und welche Rolle spielt dabei seine Hülle? Das STAR Center ist eines
von drei Hauptgebäuden eines regionalen Erholungsgeländes, auf
dem eine öffentliche Schule und eine Non-Profit-Organisation ihre
Freizeitaktivitäten durchführen. Das Design des neuen Zentrums
soll sich mit dem Ort intuitiv verbinden, verschiedene Möglichkeiten schaffen, sich durch das Gebäude zu bewegen. Es soll – visuell
oder physisch – mit seiner Aussenwelt im Austausch stehen: mit
Tageslicht, das nach innen dringt, mit grosszügigen Ausblicken
in die Umgebung, oder indem die Besucher nach aussen gelockt
werden, um Naturlehrpfade und Sportplätze zu erkunden. Die in
einem Bogen angeordneten, mit korallenroten Swisspearl-Platten
verkleideten ineinander verschachtelten Boxen schliessen das Gebäude auf der Ost- und auf der Südseite ab. Dank der gekrümmten
Anordnung blickt jede Box Richtung Sportfelder und Hauptaussichtspunkt, auf den Mount Rainier. An der Westseite des Gebäudes, die an den Parkplatz grenzt, wechseln sich Volumen und Leere
ab. Die soliden gelben Bauten beherbergen Funktionen, die mit
wenig natürlichem Licht auskommen; die Leerstellen sind tief zurückgesetzt, hundertprozentig verglast und blicken in einen üppig
bewachsenen Garten, der gleichzeitig als Versickerungsmulde
dient. Um den Innen-aussen-Bezug zu verstärken, zieht sich die
gelbe Stülpschalung ins Innere. Die ineinander verschachtelten
Boxen sind mit Swisspearl bekleidet; deren Innenfassaden aus flachen MDF-Platten wurden farblich auf die leuchtende Aussenfarbe abgestimmt.
Die korallenrote Swisspearl-Fassade, die sich dem Landschaftsgarten zuwendet, ist klar das augenfälligste Merkmal des neuen Zentrums. Welche Überlegung steht hinter
dem ungewöhnlichen Schuppenmuster, und wie haben Sie
es realisiert? Die Farbwahl folgte aus der Erkenntnis, dass das
Gebäude sowohl von Nahem als auch aus der Ferne sichtbar sein
wird. Mit seinem Schattenwurf auf die Fassade betont das Schuppenmuster den Bogen, den die verschachtelten Boxen beschreiben. Ein innovativer lokaler Dienstleister entwickelte eine massgeschneiderte Konterlattung, die den Krümmungseffekt bewirkt.
Es war eine tolle Erfahrung, mit den Technikern und dem Ver­
kaufs­team von Swisspearl zusammenzuarbeiten; sie reagierten
Nachhaltige und energiesparende Massnahmen werden in
der heutigen Architektur immer wichtiger, vor allem bei
öffentlichen Bauten. Inwiefern ist das Center nachhaltig,
und welche Rolle spielt dabei die Gebäudehülle? Dieses Projekt trägt sein nachhaltiges Design sichtbar nach aussen und zeigt
sich Besuchern der Umgebung in Form einer natürlichen Regenentwässerung, Tiefenwärmequellen, natürlicher Lüftung, der
Nutzung von Tageslicht sowie rezyklierter, rasch erneuerbarer und
emissionsarmer Materialien. Grosse Rückhaltebecken im Süden
ermöglichen eine natürliche Regenentwässerung; ein Naturlehrpfad führt um das Gebäude und durch die ganze Anlage. Die Gebäudehülle besteht aus einem beständigen, dauerhaften Material;
das eignet sich für ein öffentliches Gebäude, das mit öffentlichen
Geldern finanziert ist: Denn Betriebs- und Sanierungskosten spielen da eine grosse Rolle.
Seit der Fertigstellung ist ungefähr ein Jahr vergangen. Sind
Sie zufrieden mit dem Resultat? Mehrheitlich sind wir sehr
zufrieden. Das Designteam hat grosse Freude an der Fassadenbekleidung und deren Leistung. Aufgrund des überhöhten Schuppendesigns fällt – andererseits – Vogeldreck mehr ins Auge, als dies
bei einer flachen Plattenfassade der Fall wäre. Es ist aber kein gros­
ses Problem, da die Platten einfach zu reinigen sind.
Margaret Sprug, ich bedanke mich für Ihre Zeit und das
Gespräch. – Patrick Zamarian
«Das neue Center will sich intuitiv
mit dem Ort verbinden, indem es
verschiedene Möglichkeiten
anbietet, sich durch das Gebäude
zu bewegen und sich auf die
Umgebung einzulassen.»
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
USA
BRIEFE AN DIE SONNE
Wallis Annenberg Center for the Performing Arts, Beverly Hills, Kalifornien (CA) Santa Monica Boulevard BAUHERRSCHAFT: Wallis Annenberg Center for the Performing Arts ARCHITEKTEN: SPF:architects, Culver City, CA BAUZEIT: 2011 – 2013 FASSADENBAU: The Raymond Group, Orange, CA FASSADENMATERIALIEN: Swisspearl® LARGO, REFLEX Autumn Leaves 9270 MATERIAL INNENANWENDUNG: Swisspearl® Innenbekleidung, Champagne 9290-09
STANDORT: 9390
MASSGESCHNEIDERT
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
MASSGESCHNEIDERT
SPF:architects haben einen verschlafenen Häuserblock im Herzen von Beverly
Hills in ein pulsierendes Zentrum für
Bühnenkunst verwandelt. Indem sie
dem denkmalgeschützten Beverly Hills
Post Office aus den 1930er-Jahren
ein hochmodernes Theater des 21. Jahrhunderts hinzufügten, schufen sie
ein einzigartiges Ensemble, das die Eleganz und Einzigartigkeit der beiden
Gebäude hervorhebt.
_Beverly Hills
Mirko Beetschen «Für solche Projekte lebt
ein Architekt», schwärmt Zoltan E. Pali. «Es
ist berauschend, einen vor sich hinschlummernden Ort zum Leben zu erwecken.» Vor
rund 25 Jahren gründete Zoltan E. Pali mit
Judit Méda Fekete das Studio Pali Fekete Architekten (SPF:architects) in Culver City, das
seither mehrfach prämiert wurde. Vor ein
paar Jahren beauftragte das zuständige Komitee das Architekturbüro damit, das attraktive, aber unternutzte Areal im Herzen von
Beverly Hills in ein Kulturzen­trum zu verwandeln. Den Ausschlag für die Wahl von
SPF:architects gaben ihr Renommee im Umgang mit geschützten Bauten und ihr einfühlsamer Entwurfsansatz, den sie bereits mehrfach unter Beweis gestellt hatten.
Ausgangslage war das leerstehende Beverly Hills Post Office. Seine Geschichte
reicht ins frühe 20. Jahrhundert zurück, als
Beverly Hills zu den am schnellsten wachsenden Städten an der Westküste gehörte. Mit
zunehmender Bevölkerung stieg auch die
Nachfrage nach einer Poststelle, und so öffnete 1933 das Beverly Hills Post Office auf
dem Gelände des ehemaligen Bahnhofs der
Pacific Electric Railway. Der NeurenaissanceBau, heute ein prominentes Wahrzeichen, behielt seine Funktion bis zum Umzug der Poststelle im Jahr 1993. Dann nahm die Stadt die
Gelegenheit wahr, das seit 1985 im National
Register of Historic Places eingetragene Gebäude zu kaufen und es für eine kulturelle
Einrichtung umzunutzen. Zwanzig Jahre
später, im Oktober 2013, öffnete das Wallis
Annenberg Center for the Performing Arts –
kurz ‹The Wallis› – seine Türen.
Der entscheidende Coup
Ursprünglich sollten das alte Postgebäude
in ein Theater umgebaut und in einem Anbau
Schulungsräume, Proberäume und Büros untergebracht werden. Als Zoltan E. Pali an
Bord kam, stellte er jedoch als erstes das Konzept auf den Kopf. Er ordnete die kleineren
Räume im bestehenden dreistöckigen Gebäude an, bewahrte damit den ursprünglichen Bau und schuf gleichzeitig Raum für ein
neues, hochmodernes Theater. «Das neue
Gebäude ist ein neues Gebäude», sagt der Architekt über den Entwurf des Theaters. «Es
hat ganz entschieden seine eigene Sprache
und nimmt keine Elemente der historischen
Architektur auf.» Bestimmend für die Form
des Theatergebäudes ist das Grundstück. Wie
das bestehende Post Office formt auch der
Grundriss des Theaters ein ‹T›. Damit nutzen
die Architekten das Grundstück nicht nur optimal aus, die dynamische Form stimuliert
auch ein Zusammenspiel zwischen den Ge-
29
bäuden, bildet eine Reihe von Gärten und Höfen aus und schafft einen Fussweg, der von
der benachbarten City Hall zum Einkaufsviertel auf der anderen Seite des ‹Wallis›
führt. Jeder Innenraum des Ensembles öffnet
sich auf einen aussenliegenden Hof oder Garten, dehnt sich in den öffentlichen Raum aus
und profitiert so auch vom warmen Klima.
Briefe verschicken
Beim Entwurf der Fassade bezogen sich
die Architekten auf die ursprüngliche Nutzung des Areals. Sie dachten an all die Briefe,
die über diese Poststelle verschickt worden
waren. «Was, wenn all diese Briefe zurückkämen?», fragte sich Zoltan E. Pali. «Was, wenn
sie das Gebäude verhüllen würden?» Die
Hülle des neuen Goldsmith Theater sollte das
Bild von Millionen von Briefen und Kuverts,
die von hier in die Welt gelangt waren, aufnehmen. «Wir wollten eine menschliche Erfahrung nachbilden», erklärt Pali. «Wer hat
nicht schon einmal auf eine wichtige Zusage
gewartet, auf einen Liebesbrief oder eine Geburtstagskarte? Bevor es E-Mails und SMS
gab, bedeuteten Briefe viel. Die abstrahierten
Briefe an der Fassade haben nicht nur eine
poetische Konnotation, sondern eröffnen
eine Art Dialog mit der Umgebung.» Da sie
bereits früher mit Swisspearl-Fassadenplatten gebaut hatten, entschieden sich die Architekten für eine kupferfarbene Version des
Zementkomposits, um die ‹Briefumschläge›
darzustellen. Auf der Fassade finden sich
­unterschiedliche Briefformen: manche Umschläge sind verschlossen, manche offen,
­einige zeigen ihre Vorder-, andere die Rückseite. Zusammen ergeben sie eine wunderschöne Gebäudehaut mit einem abstrakten
Muster, deren kupferne Farbe die südkalifornische Sonne aufnimmt und widerspiegelt.
Die Zementkomposithülle zeigt sich zum
­alten Gebäude wie auch zur Strasse hin. Sie
verbirgt strukturelle und technische Details
und verbindet die verschiedenen Elemente
des Gebäudes zu einem Gesamtvolumen.
Das neue Wallis Annenberg Center for the
Performing Arts ist nach der Erbin und Phi­
lanthropin Wallis Annenberg benannt, deren
Spende von 25 Millionen Dollar in das Bauprojekt einfloss. Heute beherbergt ‹The Wallis› im neuen Teil das Goldsmith Theater,
während in jenem Teil, in dem einst Post sortiert und Briefmarken verkauft wurden, das
Lovelace Studio Theater untergebracht ist:
eine Theaterschule für Junge mit 150 Plätzen, samt Café und Souvenirshop.
Situation
N?
Pläne
0
0
0
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
Eine Haut aus kupferfarbenen Swisspearl-Platten in Anlehnung an
die verschiedensten Briefformen umhüllt das neue Theatergebäude
und spielt auf das ehemalige Postgebäude an.
CUSTOM MADE
«Statt auf historische Elemente des alten
Gebäudes anzuspielen, nahmen
wir Bezug auf seine frühere Nutzung.»
Zoltan E. Pali
31
LAX-71_Beverly Hills
0
Mst: 1:1000
32
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
0,
0,
0,
LAX-71_Beverly Hills
X-71_Beverly Hills
horizontal section A
zontal section
Scale: 1:20
le: 1:20
Obergeschoss
Erdgeschoss 1:1000
Pläne
0,
Schnitt
1
7
8
9
Mst: 1:2000
Ansich
Folien 0
verdec
Achsen
Hinterlüftungsspalt von min. 2,5
Horizontalschnitt 1:20
Mst: 1:1000
1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm
2 Unterkonstruktion
3 Hinterlüftung
4 Beton
5 Stahlrohr
6 Abdichtung
7 Gipsplatte
8 Metallrahmenkonstruktion
9 Wärmedämmung
Mst: 1:500
1
2
3
4
1
2
5
1
Isolation 0,035
Mst: 1:200
6
Mst: 1:100
«Mit dem neuen Gebäude wollte ich vor
allem eine Ahnung des Taktilen wecken.»
1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm
2 sub framing
3 ventilation cavity
4 concrete
5 steel tube
6 waterproofing
7 gypsum board
8 metal stud framing
9 thermal insulation
Horizontalschnitt 1:20
Zoltan E. Pali
1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm
2 Unterkonstruktion
3 Stahlträger
4 Beton
5 Wärmedämmung
6 Stahlkonstruktion
7 Gitterrost
Fertigbeton 0,035
Beton 0,035
N
0
25
50m
6
7
1
2
3
4
5
Mas
Hol
Nat
Backste
MASSGESCHNEIDERT
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
USA
BIBLIOTHEK
DER NEUEN GENERATION
Cedar Rapids Public Library, Cedar Rapids, Iowa (IA) BAUHERRSCHAFT: Cedar
Rapids City, IA ARCHITEKTEN: OPN Architects, Cedar Rapids, IA Construction, Iowa City, IA FASSADENBAU: AWS, West Des Moines, IA FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Anthrazit 7025 und Elfenbein 7091
BAUZEIT: 2011–2013 GENERALUNTERNEHMUNG: Knutsen
Der vielfach ausgezeichnete Entwurf
der Cedar Rapids Public Library
von OPN Architects soll «Offenheit und
Transparenz verkörpern und öffentliches Engagement fördern». Und damit
eine Bibliothek der neuen Generation
schaffen. Das erhöhte Gebäude «sitzt
im urbanen Zentrum wie eine Laterne»,
sagt Direktor Robert Pasicznyuk. «Sie
lädt dazu ein, an der Gemeinschaft und
am öffentlichen Leben teilzunehmen.»
Anna Roos Rem Koolhaas’ Seattle State Lib-
von 2004 setzte mit innovativer Form
rary_Cedar_Rapids rary
und Funktion neue Massstäbe für öffentli-
che Bibliotheken des 21. Jahrhunderts. 2013,
neun Jahre später, eröffnete eine neue öffentliche Bibliothek in Cedar Rapids, Iowa. Wie
die Bibliothek in Seattle gehört auch sie zur
Generation der Bibliotheksbauten, die den
Begriff des öffentlichen Gebäudes erweitern.
Sie beschränken sich nicht nur auf ihre ‹eigentliche› Funktion als Bücherausleihe, sondern bieten eine Vielzahl unterschiedlichster
Nutzungsmöglichkeiten, ob nun als Konzertoder Lesungssaal, Café, Ruhe- und Leselounge oder als Dachgarten.
Nach der Sintflut
2008 riss eine Flut durch Cedar Rapids
und verwüstete die Stadt. Die Naturkatastrophe gilt als fünftgrösste Überschwemmung i­ n
der Geschichte der USA. Sie zerstörte Hunderte von Häusern, Geschäften und öffentlichen Gebäuden, darunter auch die öffentliche Bibliothek im Stadtzentrum, die zweieinhalb Meter unter Wasser zu liegen kam. Das
Gebäude wie sein wertvoller Inhalt waren
nicht mehr zu retten. OPN Architects erhielten den Auftrag, die Stadt in ihrer Vision einer «Bibliothek der neuen Generation» zu
unterstützen. Das Konzept sah vor, einen
Raum zu schaffen, so schlicht und modern
«wie ein Apple Store», einen angesagten, verheissungsvollen Ort, den man gerne besucht
und an dem man gerne gesehen wird. Die Innenräume öffnen sich dem Herzschlag der
Situation
Stadt: Eine ‹Vitrine› im Erdgeschoss schafft
die optische Verbindung vom Aussenplatz im
urbanen Zentrum mit den ruhigen Innenräumen und verwebt so die Bibliothek mit ihrer
innerstädtischen Umgebung.
N?
Neu entwerfen, neu bauen
Fünf Jahre nach Flut und Zerstörung eröffnete schliesslich die neue Bibliothek von
Cedar Rapids. Architektonisch gesprochen
ist der T-förmige Grundriss rational angelegt.
Der verglaste Eingang zieht die beiden Flügel
optisch auseinander und steht gleichzeitig als
Brücke zwischen den beiden Baukörpern da:
der eine wächst in die Höhe, der andere in die
Breite. Regelmässig angeordnete runde Betonpfeiler und Büchergestelle durchbrechen
den offenen Grundrisse und schaffen vielfältige Nebenräume, etwa einen offenen ovalen
Arbeitsraum und sechs abgetrennte Studierkojen – stille Orte der Konzentration.
Die Wahl der Materialien ist augenfällig:
Glas, Beton und Swisspearl-Platten in einer
Farbpalette von Schwarz, Grau und Weiss.
Rote Akzente frischen den Gesamteindruck
der Innenräume auf. Die glatten SwisspearlPlatten erweisen sich als geeignetes Material
für die flächige, schlichte Ästhetik der Baukörper. Statt Platten in Standardgrösse zu
verwenden, wurden sie eigens für die Fassade
zugeschnitten. Dort, wo sich die Fassade zum
Eingangsgebäude zwischen den beiden primären Körpern hochzieht, wurde jede einzelne Platte nach den Massen des Architek­
ten­entwurfs gefertigt.
0,0
0,1
0,3
Pläne
Mst: 1:2000
0,0
MASSGESCHNEIDERT
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
MASSGESCHNEIDERT
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
Neues innerstädtisches Zentrum
Statt Leser in einen staubigen, dunklen
Ort einzuschliessen, bietet ihnen diese Bibliothek lichtdurchflutete Räume, die sich
dem Treiben der Umgebung zuwenden. Die
vorgehängte Fassade fungiert als lebhafte
Kulisse für die Innenräume. Ein Café lädt Besucher ein zusammenzusitzen, zu verweilen
und sich auszutauschen. Auch das Auditorium – üblicherweise ein Raum, der keinen
Bezug nach aussen aufnimmt – erlaubt dem
Publikum Ausblicke durch raumhohe Fenster in einen grünen Garten.
In digitalen Zeiten, in denen viele hinter
Bildschirmen festsitzen und isoliert arbeiten,
sind Bücher zum Anfassen und gemeinsame
Orte zum Lernen nötiger denn je – Orte, an
denen man zusammenkommen und gemeinsam lernen kann, gewinnen heute wieder an
Bedeutung. Mit unglaublichen 108 900 Besuchern, 6200 ausgestellten Bibliothekskarten,
650 Events von externen Organisationen und
50 Hochzeiten in den ersten 3 Monaten legt
die Cedar Rapids Bibliothek eindeutige Zahlen zum Beweis für ihren Erfolgs vor – und
dafür, dass Bibliotheken in keiner Weise anachronistisch sind. An alle Regierungsbehörden: bitte notieren!
10
1
2
3
4
11
12
13
6
5
Vertikalschnitt 1:20
6
1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm
2 Hinterlüftung, Unterkon­struktion
3 Wärmedämmung,
Mineralwolle
4 Dampfsperre
5 Gipsfaserplatte
6 Feuerschutzverkleidung
7 Metallrahmen
8 Gipsplatte
9 Metallplatte
10 aufgeständerter Hohlboden
11 Beton
12Trapezblech
13 Stahlkonstruktion
7
8
Situation
01_Library_Cedar_Rapids
N?
e: 1:1000
KS-01_Library_Cedar_Rapids
9
2
3
4
5
Scale: 1:1000
1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm
2 ventilation cavity, sub framing
3 thermal insulation, mineral wool
4 vapour barrier
5 glass mat gypsum board
6 fire proofing
7 metal framing
8 gypsum board
9 metal panel
10 raised access flooring panel
11 concrete
12 structural metal floor decking
13 structural steel
Pläne
Erdgeschoss 1:1000
Obergeschoss
Mst: 1:2000
Mst: 1:1000
MASSGESCHNEIDERT
«Dank dem Know-how von
OPN konnten wir ein sehr
hochstehendes, langlebiges
Gebäude verwirklichen
und dabei Millionen unter
unserem Finanzierungsbudget bleiben.»
Robert Pasicznyuk
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
MASSGESCHNEIDERT
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SCHWEIZ
NETZSTRUKTUR
Alters- und Pflegeheim da casa, Vella STANDORT: Davos
Cuort 27d BAUHERRSCHAFT: Stiftung Alters- und Pflegeheim da casa val lumnezia, Vella ARCHITEKTEN: Allemann Bauer Eigenmann Architekten AG, Zürich BAUZEIT: 2010 – 2012 FASSADENBAU: Constructa Bau AG, Chur FASSADENMATERIAL: Swisspearl® CLINAR, NOBILIS Grau N 213
In einem abgelegenen Bündner Bergdorf entstand ein neues Alters- und
Pflegeheim für 58 Bewohner. Mit
gezielten Fassadenknicken bändigten
die Architekten das grosse Volumen
und integrierten es ins Dorfbild. Kleinformatige Zementkompositplatten
strukturieren die Wandflächen kleinmassstäblich.
EFH_Vella
e: 1:?
Michael Hanak Umgeben von einer bezau-
bernden Bergwelt liegt das Dorf Vella auf
einer Geländeterrasse an einem weiten Hang.
Die Gemeinden der Talschaft benötigten
neue Wohnmöglichkeiten für die einheimischen Betagten und Hilfebedürftigen. Im
offen durchgeführten Projektwettbewerb
2008 überzeugte das Projekt der Architekten
Patric Allemann, Martin Bauer und Marc
Eigenmann aus Zürich, die bereits einige
­Erfahrung mit dem Bautyp des Alterszen­
trums mitbrachten. Als Baugrund hatten die
Gemeinden ein unbebautes Stück Land am
talseitigen Rand der Geländeterrasse unweit
der Dorfmitte gefunden.
Das neue Alters- und Pflegeheim wurde
2012 fertiggestellt und im Jahr darauf zwei
Häuser mit Alterswohnungen. Anfang 2013
fusionierten die Gemeinden der Talschaft zur
Gemeinde Lumnezia. Ebenfalls im Zentrum
von Vella wird Ende 2014 das neue Gemeindehaus fertiggestellt.
Geknicktes Gebäudevolumen
Das Alters- und Pflegeheim beansprucht
ein grosses Volumen. Es hält aber Abstand
zur kleinteiligen Dorfstruktur und orientiert
sich an der Massstäblichkeit von Schule und
Mehrzweckhalle, die das Dorf talseitig abschliessen. Ein flaches Walmdach überdeckt
vier Hauptgeschosse. Aus der Mitte des Dachs
wächst ein weiteres Geschoss in die Höhe, das
jedoch nur aus der Ferne sichtbar ist. Die unregelmässige Form der Grundfläche baut auf
einem Fünfeck auf; zusätzlich ist jede Seite
nach innen geknickt. Die ganze Fassaden­
abwicklung besteht damit aus zehn Abschnitten – ein geschickter Kniff der Architekten,
um die Erscheinung des Gebäudes perspektivisch zu verringern und den Neubau ins Dorfbild zu integrieren.
Innenräumliche Vielfalt
Der polymorphe Baukörper lässt sich
auch aus seinem inneren Aufbau erklären.
Die Zimmer, je ausgestattet mit einer Nasszelle bestehend aus Dusche, WC und Lavabo,
reihen sich entlang der Fassaden. Im Kern
jedes Geschosses sind die Diensträume zusammengefasst. Zwei daran anschliessende
Lichthöfe leiten natürliches Licht in die tiefen Grundrisse und gewähren Blickbezüge
via Hoffenster. Indem die Höfe auf jedem Geschoss Form und Position wechseln, sorgen
sie für eine hohe räumliche Qualität. Die Gebäudestruktur verleiht den Gängen weitere
räumliche Qualitäten: Erstens lässt sich der
Kern umrunden. Zweitens bieten die Querverbindungen entlang der Höfe weiteren
Raum, in dem die Bewohner eines Geschosses sich frei bewegen können. Und drittens
stellen Stichgänge zu den Fenstern der Aus­
senwände, meist an der Stelle des Fassadenknicks, Bezüge zur Umgebung her.
Das übrige Raumprogramm ist ebenso
variantenreich organisiert. Das Erdgeschoss
beherbergt gemeinschaftliche Einrichtungen: Cafeteria, Coiffeur- und Pediküresalon
und anderes. Der Rücksprung der Obergeschosse gegenüber dem Erdgeschoss bereitet
Platz für eine grossflächige Terrasse im Westen des ersten Obergeschosses. Und im Dachgeschoss befindet sich eine Kapelle.
Alle Fassaden sind mit kleinformatigen,
grauen Zementkompositplatten versehen,
die in schmalen Querformaten zueinander
versetzt verlegt sind. Breite Kupferblechstreifen rahmen die Fassadenöffnungen ein,
setzen sich über die geschlossenen Wandbereiche fort und gliedern sie in Rechteckfelder. Sie bilden eine sichtbare Klammer um
die einzelnen Zimmer, die je ein grosses Fenster und eine Fenstertüre besitzen.
Situation
N?
Pläne
CH_EFH_Vella
Scale:
1:30
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Scale: 1:1000
7
8
3
9
10
4
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
11
CH_EFH_Vella
Hinterlüftungsspalt
Scale: 1:1000
1
3
Schnitt
4
1
Isolation 0,035
CH_EFH_Vella
2
Vertikalschnitt 1:30
1 Swisspearl® CLINAR Platte 4 mm,
Doppeldeckung
2 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm
3 Hinterlüftung
4 Wärmedämmung
5 Beton
6 Verkleidung in Kupferblech
7 Kupferblech
Bahnen mit
spearl® Zementkompositplatte
4 mm, in
Doppeldeckung
Stehfälzen,
sspearl® Zementkompositplatte
8 mmTrennlage
8 Bretterschalung
terlüftung
9 Unterdachfolie
medämmung
10 Dachschalung
on
kleidung in Kupferblech11 Sparren
ferblech in Bahnen mit Stehfälzen, Trennlage
tterschalung
erdachfolie
chschalung
arren
Scale: 1:1000
3. Obergeschoss
Fertigbeton 0,03
1
3
4
Beton 0,035
5
5
6
Erdgeschoss 1:1000
«Das neue Haus orientiert sich an der Massstäblichkeit von Schule und Mehrzweckhalle
und formuliert im Dialog mit diesen
das talseitige Gesicht der Gemeinde Vella.»
Allemann Bauer Eigenmann
MASSGESCHNEIDERT
Betagte wohnen in Vella im Dorfzentrum und
in grossartiger Architektur.
43
44
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
ESSAY
ARCHITEKTUR FÜR
DEN KÖRPER
Bestehen zwischen Mode- und Architekturentwurf tatsächlich Parallelen,
wie vielfach behauptet wird? Der zen­
trale Aspekt von Bewegung und Beweglichkeit ist entscheidend. Ein dynamisch geformter Bau bleibt statisch,
wenn auch seine Bewohner sich im
Raum bewegen. Im Modedesign steht
die Bewegungen des menschlichen
Körpers unmittelbar mit der Beweglichkeit der Materialien in Beziehung.
Bettina Köhler Der 1906 geborene anglo-
amerikanische Modedesigner Charles James
erhielt 1953 den Neiman Marcus Award for
Distinguished Service in the Field of Fashion.
Die Jury begründete James’ Auszeichnung
mit einem überraschenden Argument. Er sei
ein Designer, der der Mode mit seinen wunderbaren, zeitlosen Entwürfen Genius und
Unsterblichkeit verleihe. Unsterblichkeit und
Zeitlosigkeit galten und gelten nicht als die
besonderen Kennzeichen der Mode. Im Gegenteil fasziniert sie gerade wegen ihrer Unbeständigkeit und ihrem irrationalen Wechsel. Sie bietet damit schon seit Langem Grund
für begeisterte Zustimmung oder kulturpessimistische Kritik.
Modedesignerinnen und -designer sind
sich dieser Tatsache bewusst. Charles James
und die zwei Generationen ältere Madeleine
Vionnet suchten beide auf sehr unterschiedliche Weise in ihren Entwurfs- und Verarbeitungsprozessen Zeitlosigkeit. Eine Zeitlosigkeit, die man in der Architektur ihrer Kleider
verwirklicht sehen könnte. Allerdings geht
die Behauptung, es gäbe viele Parallelen im
Entwurf und der Herstellung von Architektur und Mode, meist auf Interpreten und Kritikerinnen zurück, nicht aber auf die Modedesignerinnen und -designer selbst.
‹Architectural shaping›
Was also ist dran an der Behauptung, dass
es Parallelen zwischen dem Architektur- und
dem Modeentwurf gibt? Welche Vorstellungen vom Plan eines Kleides, von seiner Struktur, von seinem dynamischen Raum? Welche
Idee vom Verhältnis zwischen den in abstrakten Formen zugeschnittenen Textilien und
den individuellen Körpermassen? Charles
James experimentierte in Entwurfs- und
Her­stellungsprozessen mit selbstentwickelten Schneiderbüsten, Unterkonstruktionen,
Nahtverbindungen und vor allem mit einer
unkonventionellen Schichtung und Verbindung von Materialien. So entstanden zugleich
flexible als auch formbewahrende Kleider.
Als ein herausragendes Beispiel in dieser
Hinsicht gilt das Clover-Leaf-Kleid, 1953 entworfen für Mrs. William Randolph (Austine)
Hearst Jr., das James selbst als sein Vermächtnis betrachtete. Harold Koda, Kurator der
grossen Charles-James-Retro­
spektive, die
2014 im Metropolitan Museum of Art in New
York stattfand, fasst die Besonderheit dieses
Ballkleides unter dem Begriff des ‹architectural shaping› zusammen.
«The supporting underskirts are not the
usual boned hoops of flexible wands but multilayered canopies of boning, net, buckram, Pellon, and canvas sandwiched into shape. […]
James treated the fixed contours of these engineered understructures as an architectural
form that he ornamented without constraint,
like a milliner trimming a hat. He pieced together a gown’s surface by juxtaposing materials that are not especially compatible with each
other or with the cantilevered and form-retaining volumes he desired. […] The gown’s graphic
power is possible because the seams that join
the textiles are freed from structural requirements by the ingenious support system below.
[…] James thus elevated fashion to fine art,
merging the science of engineering with aesthetics. The result is architecture for the body.»
(Harold Koda, 2014, S. 193)
Das Clover-Leaf-Kleid entsprach James’
Anspruch, massgeschneiderte Abendroben
anzubieten, die auf die Herausforderung
neuer Mode mit Bewegungen der Trägerin
«gegen und in den Fluss des Materials» antworteten und in die Umgebung ausstrahlten.
Der auf den Hüften balancierende Rock
durfte den Boden nicht berühren und sollte
sich, während seine Trägerin tanzte, wie der
Rock einer Eiskunstläuferin in einer Pirouette heben und senken. Die Tänzerin sollte
die Bewegungen in dieser glamourösen Hülle
– trotz ihrer relativen Steifheit – als absolut
komfortabel erleben und genau diese Empfindung dem Publikum vermitteln.
MASSGESCHNEIDERT
45
Dessus de corsage en satin crème
Flanelle de coton
Armature
Dessous de corsage en satin
Maille de nylon
Satin extérieur
Jupon
Maille de nylon
Grain du tissu
Couture du jupon évasé
Peplum de satin crème
Volant supérieur en velours noir
Sous-Jupon
Volant intérieur en faille
Tissu non laineux
Taffetas crème
Combinaison de satin
Double pli creux
Jupon évasé
Armature
Maille de nylon
Taffetas crème
Tissu non laineux
Grain du tissu
Zeichnung des Clover-Leaf-Kleids
von Charles James, 1953.
46
Kleeblatt-Kleid (Clover-Leaf)
von Charles James, 1953,
getragen von Mrs. Hearst.
Robe dit Quatre Mouchoir von
Madeleine Vionnet, 1920.
Kleid von Madeleine Vionnet,
in der ‹Vogue France› vom Mai
1932.
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
MASSGESCHNEIDERT
Um derartig spektakuläre Ergebnisse in
der Herstellung einer ‹Architektur für den
Körper› zu erzielen, bedarf es einer stetigen
professionellen Entwicklung in einem Bereich, der in der aktuellen Diskussion über
die Parallelen von Architektur und Mode nur
am Rande berührt wird. Die Bewegung der
Materialien untereinander zu koordinieren,
die Gravitationskraft auf die Stoffe sowie
die Kräfte mit und gegen den bewegten Körper steht im Zentrum des Modeentwurfs.
Unabhängig davon, ob ein massgeschneidertes Ballkleid oder ein seriell wiederholbares
Deuxpièces entworfen wird, ob festlicher
Glamour oder tägliche Nonchalance das Ziel
einer Gestaltung sind: Die Entscheidung
darüber, an welchem Punkt oder an welcher
Fläche das Kleid am Körper ‹aufgehängt›
wird und wie es sich von dort aus bewegt und
bewegt wird, ist essentiell für Gebrauch und
Wirkung der Mode. Wer ein Zelt betritt, wird
dieses Zelt nicht bewegen, wer aber ein Kleid
überstreift, versetzt es unmittelbar in eine
Bewegung.
Auf völlig andere Weise als Charles James
hat Madeleine Vionnet in den 1920er- und
1930er-Jahren die ‹Architektur› von Kleidern interpretiert. Ihr erklärtes Ziel war die
– natürlich immer gestaltete – Freiheit von
Körper und Stoff, der Verzicht auf die konventionelle Trennung von Vorder- und Rückseite des Kleides, die zwangsläufig zu einer
Seitennaht führt, und der völlige Verzicht auf
stützende Unterkonstruktionen.
Unstatische Hülle
James arbeitete mit vielen Schichten,
Vionnet dagegen mit einer oder mit zwei
Schichten, die als solche sichtbar blieben.
In einigen spektakulären Abendkleidern der
frühen 1930er-Jahre kam sogar nur eine einzige fliessende Stoffschicht direkt mit dem
Körper in Kontakt. Alles, was es im ‹Innern›
der Kleider gab, waren strategisch platzierte
Bänder, die eine Fixierung erlaubten, die
sich aber in einem gewissem Raum bewegen
konnten. Vionnets herausragende Bedeutung
als Designerin beweglicher Stoffräume zeigt
sich nicht zuletzt darin, dass sie den Schnitt
im schrägen Fadenlauf als Arbeitsmethode
etablierte und meisterhaft ausführte. Damit
kam sie ihrem Ideal eines nahtlosen, um den
Körper laufenden Kleidvolumens näher. Sie
führte das Kleid schmal an den Oberkörper,
um es dann, in einem fliessenden Übergang
um die Beine herum, in Volumen zu öffnen,
die in Bewegung gleichwohl harmonisch
blieben. Falten und Drapierungen fixierte sie
nur so weit, dass diese immer einen Spielraum behielten, der mit den Bewegungen der
Trägerin und den Eigenkräften des Kleides
harmonisch ausbalanciert war. Der Schnitt
im schrägen Fadenlauf verlieh dem Stoff eine
Sprungkraft. Vionnet nutzte sie auch in Drapierungen und Verdrehungen so, dass die
Geometrie der Konstruktion unsichtbar blieb
und der resultierende Look ‹natürlich› bewegt und auf keinen Fall forciert erschien.
Die Gestaltung von dynamischer Bewegung, die spätestens seit dem Ende des
19. Jahrhunderts als Ausweis von Modernität
und Fortschritt galt – erinnert sei hier an Sigfried Giedions Herrschaft der Mechanisierung – stand bei James wie bei Vionnet im
Zentrum. Ihre sehr unterschiedlichen Zugänge sind bis heute im Modedesign als Konzepte fassbar. Selbst wenn man sich eingestehen muss, dass unter dem Einfluss der frenetischen Produktionsbeschleunigung die Ansprüche an die Qualität der Materialien und
ihre präzise Verarbeitung zu einem bewegten
und schönen Raum um den Körper dramatisch sinken.
Deutlich wird gerade mit Blick auf die
Thematik der Bewegung: Die Behauptung,
dass zwischen Mode und Architektur Parallelen bestehen, kann immer nur Metapher
sein. Eine aus Metallbändern gewobene Fassade, ein aus Kunststoffen gegossener Innenraum sind nur metaphorisch gesprochen
47
‹fliessend› und ‹textil› oder eine ‹bewegliche
Hülle›. In der Realität sind alle diese Elemente statisch und bieten allenfalls dem
wahrnehmenden Blick einen Eindruck von
Beweglichkeit.
Das in letzter Zeit zu beobachtende, ausgesprochen starke Interesse der Architektur
an Mode mag weniger auf diejenige Kleidermode zurückzuführen sein, die im stetigen
Wechsel der Formen ihre Raison d’être findet, als vielmehr auf in der Schneiderei und
in der Textilkunst aufgehobene Bilder und
Möglichkeiten. Etwa das Bild einer mass­
geschneiderten Hülle statt einer standar­
disierten, neutralen, rein auf Kalkulation
­basierenden Architektur. Oder neue Herstellungstechniken für flexible raumbildende
Elementen, die Muster und Ornamente integrieren und damit zur Individualisierung
­eines Raums beitragen.
Würde man die Konzepte der hier vorgestellten Kreationen als Herausforderungen
für den Architekturentwurf ernst nehmen,
bedeutete dies nicht nur, der Beweglichkeit,
dem Komfort, der Stärke und Ästhetik des
Textilen im Zusammenspiel mit anderen Materialien (wieder) einen viel grösseren Platz
einzuräumen. Es würde darüber hinaus erfordern, der individuellen Wahrnehmung
und der dynamischen Bewegung Räume zu
eröffnen, in denen Zweckmässigkeit und Eleganz das Ziel sind; nicht die Stapelung modularisierter Boxen, in denen der zugrundeliegende Algorithmus nur noch den Anschein
von Variation und Lebendigkeit erzeugt.
Literaturhinweise
Harold Koda, Jan Glier Reeder (Hg.), Charles
James: Beyond fashion, New York 2014. – Jéromine
Savignon, L’esprit Vionnet, Université de la Mode,
Lyon 1994. – Brooke Hodge, Skin + bones. Parallel
practices in fashion and architecture, Los Angeles
2007. – Deborah Fausch, Paulette Singley, Rodolphe
El-Khoury, Zvi Efrat (Hg.), Architecture: In Fashion,
New York 1994.
48
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
Manche Texturen und Strukturen
von Fassaden erinnern an Web- und
Strickmuster von Stoffen.
Strickkleider aus der Herbst-/Winterkollektion 2014/15 von Xess & Baba
aus Zürich. Verschiedenfarbiger Swisspearl® Fassadenschiefer am
Alters- und Pflegeheim in Hasle-Rüegsau von Opus Architekten (2007/08).
MASSGESCHNEIDERT
49
50
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
51
SCHIEBELÄDEN
AUF DER GESCHICHTE BAUEN
Studio Autori hat auf einem früheren
serbischen Landgut einen Neubau
geschaffen, der sich vom bestehenden
Ensemble absetzt und dennoch an die
Geschichte des Ortes erinnert. Fassade,
Dachbedeckung und insbesondere
die Schiebeläden aus dunkelgrauen
Swisspearl-Platten verleihen dem
preisgekrönten Gebäude einen schlichten, modernen Charakter.
Mirko Beetschen Gleich der erste Bau,
den Studio Autori vom Konzept bis zur Fertigstellung verantwortete, trug dem jungen
Büro viel Anerkennung ein. Vor sechs Jahren hatten Dijana Novaković, Maja Trbović,
Aleksandra Nikitin und Dušan Nenadović
mit ihrem Wettbewerbsbeitrag den Auftrag
gewonnen, ein altes Landgut in ein Kulturzentrum zu verwandeln. Das Gut in Mokrin,
einer geschichtsträchtigen Stadt in der
serbischen Provinz Vojvodina im Nordosten
des Landes, nahe der rumänischen Grenze,
ist ein typisches Beispiel eines landwirtschaftlichen Familienbetriebs des 19. Jahrhunderts in dieser Region. Der neue
Besitzer wollte die alten Gebäude, soweit
möglich, sanieren und für kulturelle Projekte, Gästezimmer und insbesondere dazu
nutzen, um lokale Erzeugnisse bekannt
zu machen. Terra Panonica, wie das Projekt
heute heisst, hat sich inzwischen zur
interdisziplinären Plattform entwickelt,
die das ländliche Leben im kriegsgeschädigten Land revitalisieren und fördern will.
Das bauliche Konzept sah vor, den einstigen
Hof und seine Atmosphäre in einer zeitgemässen Form zu interpretieren.
Den Architekten stellte sich nicht nur
die Aufgabe, vier historische Bauten zu
sanieren, sondern auch einen Neubau mit
Büros und Multifunktionsräumen zu
realisieren. ‹Haus B›, wie die neue Einheit
heisst, ersetzt das ehemalige Wohnhaus
der Gutsfamilie von 1878; es befand sich in
sehr schlechtem Zustand und musste abgerissen werden. «Unser Konzept für den
Neubau sah vor, Form und Proportionen
der ehemaligen Struktur beizubehalten»,
erklärt die Architektin Aleksandra Nikitin
von Studio Autori, «aber mit neuen, innovativen Materialien.» Auf der Suche nach
einem identischen Material für Fassaden
und Dach, um dem Bau ein monolithisches
Erscheinungsbild zu verleihen, stiessen
die Architekten auf die Swisspearl-Produkte. «Die perfekte Wahl, wie sich später
herausstellte», sagt Aleksandra Nikitin.
«Sie bot uns nicht nur eine Gesamtlösung
für Fassade und Dach, sondern kam auch
dem Wunsch des Kunden entgegen, dauerhafte und ökologische Materialien zu verwenden.»
Das Architekturquartett kleidete das
formal einfache, zweigeschossige Gebäude
komplett in dunkelgraue Zementkompo­sitplatten. «Die Fassade zur Strasse ist ein
Nachbau der alten Fassade punkto Proportion, Position und Anzahl Öffnungen»,
erklärt die Architektin weiter. «Auf der
Hofseite haben wir eine andere Idee realisiert: Da hat die Fassade viele Fenster
und Glastüren, die das Gebäude zum Gut
hin öffnen.» Allerdings können diese
Öffnungen mit Schiebeläden aus denselben
Swisspearl-Platten geschlossen werden
und bilden so eine komplett zusammenhängende Fassade. Während aussen dunkle
Farben den Ton angeben, dominieren im
Innern nüchterne, weisse Flächen und
helles Holz. Die Büros und Multifunktionsräume können je nach Bedarf unterteilt
werden und sind mit einer Küche und technischer Ausrüstung bestückt. Eine gros­se
Holzbank im Werkraum im ersten Geschoss
wurde aus den Holzbalken des alten Hau­ses gefertigt.
‹Haus B› war das erste Gebäude auf dem
Terra-Panonica-Gelände, das fertig­gestellt
wurde. 2012 erfolgte die Sanierung eines
der Originalbauten. Beide Projekte trugen
Studio Autori Auszeichnungen am jährlichen Architektursalon in Belgrad ein.
Bürogebäude Terra Panonica,
Mokrin, Serbien
Standort
Svetog Save 25, Mokrin
Bauherrschaft
Terra Panonica d. o. o, Mokrin
Architekten
Studio Autori, Belgrad
Bauzeit
2010
Fassaden- und Dachbau
Vodotermika Inženjering,
Smederevska Palanka
Fassadenmaterial
Swisspearl® LARGO,
XPRESSIV Dark Grey 8220
Dachmaterial
Swisspearl® LARGO,
CARAT Anthrazit 7020 R
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
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«Swisspearl war die perfekte
Wahl, um einen ‹monolithischen›
Block zu schaffen; es lieferte
uns eine Lösung für Dach und
Fassade.»
Aleksandra Nikitin
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
SER-104_Terra_Panonica_Mokrin
SER-104_Terra_Panonica_Mokrin
Vertical section
«Uns war wichtig, dass unser Ansatz von Anfang an
1:?
klar wird: Scale:
eine Reinterpretation
des lokalen
Scale: 1:20 Erbes, umgesetzt mit zeitgenössischen Formen
und Materialien.»
Aleksandra Nikitin
Hinterlüft
2
9
10
11
SER-104_Terra_Panonica_Mokrin
Scale: 1:400
1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm
2 Swisspearl® cement composite panel 8 mm, R-finish (roofing)
3 ventilation cavity
4 moisture barrier
5 thermal insulation
6 thermal block
7 conrete beam
8 plaster
9 aluminium sub framing, to be procured localy
10 waterproofing
11 wooden board
12 vapour barrier
13 gypsum board
5
12
Isolation 0
SER-104_Terra_Panonica_Mokrin
1
13
3
7
Vertikalschnitt 1:20
1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm
2 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm,
Oberfläche für Dach
3 Hinterlüftung
4 Feuchtigkeitssperre
5 Wärmedämmung
6 Wärmedämmstein
7 Betonträger
8 Putz
9 Aluminiumunterkonstruktion,
von lokalem Anbieter
10 Abdichtung
11 Holzplatte
12 Dampfsperre
13 Gipsplatte
8
4
Scale: 1:400
5
6
Obergeschoss
Fertigbeto
7
Beton 0,035
1
Erdgeschoss 1:400
Die Form des Gebäudes und die Positionierung der Fenster in der Fassade zur Strasse
sind die einzige Referenz auf die lokale
Architekturtradition. Zur Hofseite zeigt die
Fassade hingegen eine Vielzahl verschiedener Öffnungen.
55
56
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
57
PERFORATION
EINBLICKE UND AUSBLICKE
Die Bewohner der Überbauung Patio
in Rheinfelden wohnen kompakt
und nach innen gerichtet. Die hohe
Baudichte im Wohnquartier und
der fehlende Weitblick inspirierte die
Architektinnen, ein mehrgeschossiges Patiohaus zu entwerfen. Perforierte
Zementkompositplatten sorgen für
eine Auflockerung der Fassade.
Michael Hanak Nachdem Hansruedi
Mergenthaler sein Baugeschäft in Rheinfelden altershalber verkauft hatte, wollte er
das ursprüngliche Werkgelände mit Wohnhäusern überbauen. Das zentrumsnahe
Quartier befindet sich seit einigen Jahren
im Umbruch: Die grossen Neubauten mit
vielen Wohnungen profitieren von der Nähe
zur Stadt Basel und zum Rhein. Mit dem
Entwurf beauftragte er seine Tochter Lea
Mergenthaler, die zusammen mit Miriam
Braun das Architekturbüro raum.werk.plus
in Luzern führt.
Welcher Bautyp eignet sich fürs Wohnen in einer Eigentumswohnung heute
am ehesten?, fragten sich die Architektinnen. Viele Eigenheimbesitzer wünschen
sich einen Rückzugsort, ein individuell gestaltetes Gebäude und möglichst viel Raum.
In einem zunehmend dichter bebauten
Wohngebiet sind Patiohäuser eine mögliche
Lösung, befanden die Architektinnen.
Das Projekt besteht aus drei Gebäuden
mit quaderförmigen Umrissen und je drei
Geschossen: zwei Reihenhäusern mit zwei
respektive drei Einheiten und einem
Maisonnette-Haus. Die Wände der Reihenhäuser sind aus Dämmbeton gefertigt, der
an den Fassaden und in den Patios sichtbar
belassen wurde. Das Maisonnette-Haus
ist mit weissen Zementkompositplatten umhüllt: Es beherbergt im Erdgeschoss eine
Arztpraxis und darüber drei Maisonnettes.
Die Höfe sind im obersten oder im zweit­
obersten Geschoss platziert, bei jeder Wohnung an einer anderen Stelle. Unterschiedlich grosse Wandausschnitte stellen gezielte
Blickbezüge her: in den Jurawald und in
die nahen Hügelzüge, aber auch in die Gärten der Nachbarschaft.
Da die Höfe im Maisonette-Haus immer
an eine Fassade grenzen, entschieden sich
die Architektinnen gegen Dämmbeton und
für eine hinterlüftete Fassade mit Aussenwärmedämmung. Vorgehängt sind weisse,
perforierte Swisspearl-Platten. Sie legen
sich wie eine feine Hülle über das Gebäude
– halbtransparent wie ein Gewebe, leicht
wie ein Stoff und dennoch schützend wie
ein Filter. Die Perforation spinnt das Thema
von beschränkter Öffnung und Durchläs­
sigkeit fort. Und in den Höfen entsteht ein
Spiel von Licht und Schatten. Licht nach
innen und Blicke nach draussen bieten die
performierten Platten auch vor einigen
Badezimmer- und WC-Fenstern. Die Lochungen messen im Durchmesser 25 und
35 Millimeter und sind in zwei Gruppen
angeordnet, die wiederum gespiegelt werden. Die gewählte Anordnung hält die
Montagestege frei und gewährleistet die
Schutzanforderungen.
Die Patios dienen den Wohnungen als
abgeschirmte Aussenwohnräume, bringen
Licht ins Haus und ermöglichen Ausblicke
in die Nachbarschaft. Mittels grosser
Schiebetüren lassen sie sich mit den Innenwohnräumen verbinden. Die Überbauung
Patio reiht die Wohneinheiten mit den
oft doppelgeschossigen Höfen nebeneinander an und leistet damit eine ortspezifische
Lösung: individuelles Wohnen mit hohen
Aussenraumqualitäten im sich verdichtenden Quartier.
Überbauung Patio,
Rheinfelden, Schweiz
Standort
Baslerstrasse 1–3,
Margaretenweg 19
Bauherrschaft
Mergenthaler AG, Rheinfelden
Architekten
raum.werk.plus, Luzern:
Lea Mergenthaler, Miriam
Braun
Bauzeit
2012–2014
Fassadenbau
Salm Fassadenbau AG,
Schinznach-Dorf
Fassadenmaterial
Swisspearl® LARGO perforiert,
PLANEA Weiss P 111
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SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
Pläne
CH_Patiohaeuser_Rheinfelden
Scale: 1:500
haeuser_Rheinfelden
«Nebst der Flexibilität bezüglich Haushnitt
grösse ermöglichen die Grundrisse
0 eine hohe Planungs- und Nutzungsflexibilität.»
Lea Mergenthaler
Mst: 1:2000
Obergeschoss
Mst: 1:1000
Mst: 1:500
Schnitt 0,2
Ansicht 0,09
Mst: 1:200
Folien 0,09
Vertikalschnitt 1:20
1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm, perforiert
2 Hinterlüftung, vertikales Aluminiumprofil
3 Feuchtigkeitssperre
4 Wärmedämmung, Mineralwolle
5 Beton
6 Wandhalter
7 Backstein
8 Rollstoren
verdeckte Ansicht 0,09
Achsen 0,09
Mst: 1:100
Hinterlüftungsspalt von min. 2,5 cm
Massivholz 0,035
Holzwerkstoff 0,035
Natur / Steinplatten
8
Isolation 0,035
Backstein 0,035 Holz g
1
2
3
4
5
6
Erdgeschoss 1:500
7
Fertigbeton 0,035
59
Neben den Patios in den Gebäuden umgibt ein
hofartiger, privater Aussenraum die drei Bauten.
60
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
61
BEFESTIGUNG
SICHTBAR GENIETET
Die Befestigungstechnik der Zementkompositplatten ist ein ausgeklügeltes System, in dem
etwa klimatische Bedingungen – Temperatur,
Feuchtigkeit und Windsog –, die Art der
Unterkonstruktion, Befestigungsdistanzen und,
nicht zuletzt, ästhetische Fragen eine Rolle
spielen. Mit Viktor Rupf, Produktmanager Zubehör Eternit (Schweiz) AG, sprach Rahel
Hartmann Schweizer.
Zementkompositplatten werden geschraubt oder genietet. Welche Technik kommt wann zum Einsatz?
Schrauben werden bei einer Unterkonstruktion aus
Holz eingesetzt, Aluminium- oder Stahlnieten bei
einer solchen aus Aluminium oder Stahl.
Wie muss man sich den Nietvorgang vorstellen?
Der sogenannte Blindniet besteht aus dem Nietkörper
mit Kopf an der Vorderseite und einem längeren,
durchgesteckten Dorn am hinteren Nietende, der mit
einer Sollbruchstelle versehen ist. Durch Ziehen
des Dornes wird der Niet am Schaftende gestaucht,
das heisst, es entsteht eine Aufweitung. Der Dorn
selbst reisst an der Sollbruchstelle ab.
Wie viele Nieten braucht es pro Quadratmeter?
Durchschnittlich sind es insgesamt sechs Nieten pro
Quadratmeter – also deutlich weniger als beim
Eiffelturm! Die Anzahl bemisst sich – abgesehen von
der Last der Platten – nach Faktoren wie Abmessungen, Höhe, Form und Lage des Gebäudes. Ausserdem
ist es wichtig, bestimmte Abstände einzuhalten.
So betragen die Randabstände maximal 100 und minimal 40 Millimeter seitlich und 80 Millimeter oben
und unten.
ten pro Platte werden jeweils in Festpunkthülsen montiert. An ihnen hängt das Gewicht, sie nehmen die
Schwerkraft auf. Die übrigen – ohne Hülsen – fungieren
als Gleitpunkte, um ein gewisses Spiel zu ermöglichen.
Diese nehmen ausschliesslich die Windlast auf.
Sie haben eingangs den Eiffelturm erwähnt. Dort empfindet man die Nieten selbstverständlich als Teil der
Konstruktion. Bei den Swisspearl ® LARGO Platten hingegen dürften sie Architekten manchmal eher als störend
empfinden. Könnte man sie nicht kleiner machen oder
verdeckt montieren?
Viele Architekten möchten am liebsten unsichtbare
Befestigungen. Es bedarf jedoch eines Kopfdurchmessers von 15 Millimetern, weil die Bewegungen sonst
ein Problem darstellen. Mit Swisspearl® SIGMA 8 haben
wir ein System entwickelt, mit dem die Befestigung
verdeckt erfolgen kann: Dabei werden Agraffen mit
Nieten oder Schrauben an der Unterkonstruktion und
mit Spreizankern an der Platte befestigt. Die Montage
der Systemanker erfolgt im Werk.
Andere Architekten machen sich die Befestigung
als Gestaltungselement zunutze – nach dem Motto,
«wenn man sie schon sieht, dann soll sie auch auffällig
in Erscheinung treten». Dafür haben wir verschiedene
Formen von Zierhülsen oder Zierköpfen entwickelt:
zylindrische und konische Formen, Kegel, Alu farblos
eloxiert oder auch in Farbe oder rostfreier Stahl.
Wir bieten inzwischen eine Auswahl davon an, doch
jeder Kunde kann seine Form wünschen.
Inwiefern ist die Lage des Bauwerkes entscheidend?
Die Lage spielt wegen der klimatischen Verhältnisse
eine Rolle, wobei vor allem Wind, Temperatur und
Feuchtigkeit ins Gewicht fallen. In windigen Tälern
sind die Windlasten höher als mitten in der Stadt.
Hinzu kommt, dass die Zementkompositplatten eher
auf Feuchtigkeit und das Aluminium eher auf Temperatur reagiert. Deshalb müssen sich diese bewegen
können.
Wie stellen Sie sicher, dass die Platten diese Differenzen
auffangen und nicht reissen, dass sie sowohl gut befestigt sind, als auch eine gewisse Beweglichkeit haben?
Indem wir Fest- und Gleitpunkte definieren. Zwei Nie-
Viktor Rupf hält für Swisspearl-Platten eine
­Auswahl verschiedener Befestigungsteile bereit.
Nieten und Zierköpfe sind Teil des Fassaden­
designs, etwa bei der Fassade der Kindertagesstätte in Ennetbaden.
62
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
ARCHITEKTURKONGRESS
AIA CONVENTION IN CHICAGO
Annähernd 20 000 Architekten, Designer, Aussteller, Sponsoren und Medienvertreter wohnten
dem diesjährigen Kongress des American
Institute of Architects (AIA) in Chicago bei: eine
attraktive Plattform für Swisspearl, dessen
Auftritt das Thema der Tagung widerspiegelte.
Rahel Hartmann Schweizer «Design with Purpose»,
unter diesem Titel stand der Kongress, den das American Institute of Architects (AIA), die grösste Architektenvereinigung der USA, Ende Juni in Chicago
veranstaltete. Dabei wollten die Organisatoren
‹purpose› ebenso als Substantiv wie als Verb verstanden wissen und das ‹Was› als auch das ‹Wie› des
Architekturschaffens thematisieren. Das ‹Was› kreiste
um die Aspekte von Nachhaltigkeit, Komfort, Sicherheit und Gesundheit – zum Beispiel unter dem Titel
«Green Health: Opportunities for Partnership Between
Public Health and the Green Building Industry».
Das ‹Wie› fokussierte die Zusammenarbeit, offen sein
für soziale Medien und neue Technologien nutzen –
etwa beim Thema «Design Drawing: Combining Traditional Hand Drawing Methods with Advanced Digital
Tools».
In den Kongress eingebunden waren auch Firmen,
die ihre Produkte, Dienstleistungen und Technologien präsentierten. Swisspearl stellte sein neues Logo
vor, das von der Schwesterfirma Swisspor aus Polystyrol gefertigt in mehreren Ausführungen über dem
Stand prangte. Dem Tagungsmotto entsprechend
sollte der Stand zudem Offenheit nach aussen signalisieren: mit einer leichten MDF-Holzkonstruktion,
die nach zwei Seiten hin geöffnet und auf einer dritten
mit einer semi-transparenten Folie bespannt war.
Die Strategie ging auf: 463 Architektinnen und Designer besuchten den Stand, mit 30 bis 40 Prozent
von ihnen wird Swisspearl voraussichtlich den Kontakt
pflegen können.
Auch auf das ‹Was› und das ‹Wie› bot Swisspearl
Antworten: Die Farbmuster aller gängigen SwisspearlFarbfamilien – Carat, Reflex, Xpressiv, Planea und
Nobilis – vermittelten einen Überblick über das Gesamt­
sortiment. Die Besucher konnten die Fassadenplatten
in verschiedenen Stadien ihres Einsatzes betrachten: in
einem Regal, das die Material- und Farbproben wie
Buchtitel präsentierte, an zwei Mock-ups in der Mitte
des Stands sowie auf einem Foto eines gebauten
Objekts. Dabei handelte es sich um eine von den Architekten Mojca Guzič und Gregor Trplan im slowenischen Velenje realisierte Busstation. Die Wahl erwies
sich als besonders glücklich. Das Bild der perforierten
Platten des Gebäudes – ausgeführt in Swisspearl®
LARGO, CARAT Elfenbein 7236 – hatte man auf ein
halbtransparentes Textil gedruckt. So entstand ein
reizvolles visuelles Spiel.
Der AIA-Kongress 2015 wird in Atlanta stattfinden,
und bereits heute ist klar, dass Swisspearl das Konzept
der Transparenz beibehalten will. Verstärkt will es aber
die Kompetenz auf dem Gebiet spezifischer Kundenlösungen präsentieren, die über das Standardsortiment
hinausgehen.
Am Stand von Swisspearl informieren und ­
bera­ten die Mitarbeiter die interessierten
Tagungsbesucher.
63
64
SWISSPEARL ARCHITECTURE #21
Swisspearl Architecture ist die international
vertriebene Zeitschrift der Eternit (Schweiz) AG
und stellt deren Zementkompositprodukte in
den Kontext der aktuellen Architektur.
Herausgeber
Umschlag
Eternit (Schweiz) AG
CH-8867 Niederurnen
Telefon +41 (0)55 617 11 11
[email protected]
www.swisspearl.ch
Abbildungsnachweis
Redaktionskommission
Robert Wirichs
Philippe Carrard
Christine Dietrich
Janine Löpfe
Marco Pappi
Daniel Steinmann
Sandra Winteler
Redaktion
Michael Hanak, Zürich
Lektorat
Marion Elmer, Zürich
Übersetzung
Marion Elmer / Nina Toepfer,
Zürich
Gestaltung
Bernet & Schönenberger, Zürich
Plangrafik
Deck 4 GmbH, Zürich
Druck
Galledia AG, Flawil
Auflage
20 000
Schriften
Brown Pro, Mercury Text
English edition
ISSN 1661–3260
Édition française
ISSN 2297–1637
Deutsche Ausgabe
ISSN 2297–1629
U1: John Edward Linden,
­Woodland Hills , CA
U2: Hans Schürmann, Zürich / Berlin, © Gewerbemuseum Winterthur
U3: Jürg Zimmermann, Zürich
U4: Claes Westlin, Malmö
S. 2: Roland Halbe, Stuttgart
S. 4 oben: FMGB Guggenheim
Bilbao Museo, Bilbao
S. 4 Mitte: Georges Fessy, Lyon
© DPA/Adagp
S. 4 unten: Wiiii; commons.wiki­
media.org
S. 5: Jakob Schlaepfer, St. Gallen
S. 6–11: Renè Riller, Schlanders
S. 12–17: Lee Ki-Hwan, Ansan-city,
Kyunggi-do
S. 18–23, 25: Steve Wanke, ­
Warren / OR
S. 24: Miller Hull Partnership,
­Seattle
S. 26–33: John Edward Linden,
Woodland Hills, CA
S. 35–39: Wayne Johnson, North
Liberty, IA
S. 40–43, 49, 56–59, 60 / 61:
Jürg Zimmermann, Zürich
S. 45: Zeichnung von Bill Wilkinson,
in: Richard Martin, Charles James,
Paris 1997
S. 46 oben: Unbekannt © Bettmann / Corbis
S. 46 Mitte: In Pamela Gobin (Hg.),
Madeleine Vionnet, Puriste de
la Mode, Paris 2010, S. 86 / 87
S. 46 unten: George Hoyningen-­
Huene © Condé Nast Archive /­
Corbis
S. 48: Xess & Baba, Zürich
S. 50–55: Vladimir Sretenović,
­Kikinda
S. 62/63: Warren Perlstein, ­Chicago
Autoren
Michael Hanak ist Kunst- und Architekturhistoriker in Zürich. Mit
Vorliebe widmet er sich der jüngs­
ten Architekturgeschichte und dem
gegenwärtigen Umgang damit.
Zudem publiziert er über zeitge­
nössische Architektur.
Anna Roos ist Architektin in Bern.
Sie schreibt über aktuelle Architekturgeschehnisse und arbeitet auch
als Übersetzerin und Lektorin.
Zurzeit verfasst sie ihr erstes Buch
für DAAB Publishers.
Patrick Zamariàn arbeitet als
­frei­schaffender Autor und
Übersetzer. Zurzeit schreibt er
seine Doktorarbeit über britische
Nachkriegs­architektur an
der University of Liverpool.
Mirko Beetschen ist freier Journa­
list in Zürich und im Berner
Oberland. Als Partner der Bergdorf AG gibt er Bücher zu Wohnund Architekturthemen heraus.
Im September 2014 ist sein erster
Roman Schattenbruder erschienen.
Bettina Köhler ist promovierte
Kunsthistorikerin in Basel und seit
2005 Professorin für Kunst- und
Kulturgeschichte an der Hoch­
schule für Gestaltung und Kunst
in Basel. Ihre Arbeitsgebiete umfas­
sen vor allem Materialität und
Raum in Architektur und Mode,
Ideen- und Begriffsgeschichte
in Design und Architektur, Wohn­
interieurs, Körper-Geschichte.
Rahel Hartmann Schweizer ist
Kunst- und Architekturhistorikerin
in Bern und Zürich. Nach Tätigkeit
als Fachredaktorin und einer Dissertation über den Architekten Otto
Kolb schreibt sie über die Inter­
disziplinarität zwischen Architektur, Kunst und Ingenieurwesen.
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Die Inhalte dieser Publikation wurden mit grösster Sorgfalt zusammengestellt und geprüft. Trotzdem
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Die Pläne stellten die Architekten
freundlicherweise zur Verfügung.
Die Detailpläne wurden zur
besseren Lesbarkeit überarbeitet;
für deren Richtigkeit kann die
Redaktion keinerlei Garantie
übernehmen.
Abgesehen von CARAT Onyx,
­Bernstein und PLANEA werden
alle ­Swiss­pearl® LARGO Platten
ausschliess­lich in der S
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hergestellt.
MASSGESCHNEIDERT
Swisspearl Architecture befasst sich in dieser Ausgabe mit
­massgeschneiderten Lösungen für Fassaden und Dächer. Abgewinkelte Gebäudeformen, vielgestaltige Öffnungen oder ein
­besonderer architektonischer Ausdruck erfordern anpassbare,
variable und doch präzise Baumaterialien – so entstehen
auf individuelle Bauten und Kunden zugeschnittene Produkte.
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