MASSGESCHNEIDERT Mantel aus 7531 Markenetiketten oder «759 987,20 Euro Coat» von Silke Wawro (2004). MASSGESCHNEIDERT Ich freue mich, Ihnen Swisspearl Architecture in einem neuen Kleid zu präsentieren. Anlässlich des Rebrandings unserer Firma haben wir die beiden bisherigen Zeitschriften des Heimmarkts und der Exportländer ­ in ein einziges Magazin zusammengeführt und diesem ein frisches Outfit verpasst. Unsere Publikation informiert Sie über Aktualitäten aus der Architektur und gibt Ihnen einen Überblick über realisierte SwisspearlProjekte auf der ganzen Welt. Gute Architektur kennt nämlich keine Landesgrenzen. Von Asien über Nord- und Südamerika bis hin nach Europa: Überall findet man die Swisspearl-Produkte in verschiedensten Umgebungen und Anwendungen. So wird beim Durchblättern dieses Heftes klar, dass in der Architektur das Streben nach Individualität und Unverkennbarkeit nach wie vor gross ist – ähnlich wie dies auch in der Mode der Fall ist. Die gedankliche Verbindung von Kleidung und Gebäudehülle kommt also nicht von ungefähr. Massgeschneiderte Hüllen, die Kreation eines einzigartigen Äusseren, der Ausdruck eines Zeitgeschmacks sind Gemeinsamkeiten, die sich gegenseitig inspirieren können. Was Architekten und Modeleute gemeinsam haben, liegt daher auf der Hand: Ein hohes Bedürfnis nach Ästhetik gepaart mit einem absoluten Willen zu Funktionalität. Mit Laufstegen, Couturiers und Modehäusern haben wir von Swisspearl nicht viel zu tun. Aber für alle, die sich für Dächer und Fassaden interessieren, bieten wir mit unserer Swisspearl-Produktepalette mass­ geschneiderte Lösungen an: hochwertig in der Verarbeitung und Beschaffenheit, genau im gewünschten Farbton und passgenau auf die Gebäudeform zugeschnitten. Entdecken Sie in diesem Sinne mit uns die Welt von Swisspearl, mit ihren Möglichkeiten und Grenzen. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre der Ausgabe 21 von Swisspearl Architecture. Urs Lehner, CEO Eternit (Schweiz) AG Urs Lehner hat sich als CEO zum Ziel gesetzt, sowohl internationale als auch nationale Wachstumsmärkte weiterzuentwickeln. Im Fokus bleiben dabei immer auch die spezifischen Kundenwünsche und ihre Erfüllung durch massgeschneiderte Produkte. MASSGESCHNEIDERT Report von Michael Hanak 2 ARCHITEKTUR UND GEBÄUDEHÜLLEN NACH MASS Italien Lukas Burgauner 6 ERWEITERUNG FLUGHAFEN, BOZEN Südkorea Junglim Architecture 12 DOOSAN FUTURE TREES KINDERGARTEN, ­CHANGWON USA Miller Hull Partnership 18 STAR CENTER, TACOMA 6 12 Interview 24 MARGARET SPRUG, MILLER HULL PARTNERSHIP USA SPF:architects 26 WALLIS ANNENBERG CENTER FOR THE ­PERFORMING ARTS, BEVERLY HILLS USA OPN Architects 18 34 CEDAR RAPIDS PUBLIC LIBRARY, IOWA Schweiz Allemann Bauer Eigenmann Architekten 40 ALTERS- UND PFLEGEHEIM DA CASA, VELLA Essay von Bettina Köhler 44 ARCHITEKTUR FÜR DEN KÖRPER SCHIEBELÄDEN 50BÜROGEBÄUDE TERRA PANONICA, ­MOKRIN PERFORATION 56 ÜBERBAUUNG PATIO, RHEINFELDEN BEFESTIGUNG 60 SICHTBAR GENIETET 26 ARCHITEKTURKONGRESS 40 62 AIA CONVENTION IN CHICAGO 34 2 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 Swisspearl-Fassade, Cahill Center für Astronomie und Astro­physik in Pasadena, USA, von Morphosis Architects (2007/08). MASSGESCHNEIDERT 3 REPORT ARCHITEKTUR UND GEBÄUDEHÜLLEN NACH MASS Architektur und Mode werden oft miteinander in Beziehung gebracht. Der Vergleich zwischen Gebäudeund Körperhüllen offenbart naheliegende und erstaunliche Parallelen. Die vielbeschworenen Gemeinsamkeiten werden bisweilen aber überstrapaziert. Zwischen dem Entwurf von Bauten und dem Design von Kleidern bestehen einige grundsätzliche Unterschiede. Michael Hanak Massanfertigungen liegt ein langsamer, Geduld erfordernder, ja inniger Arbeitsprozess zugrunde. In der Haute Couture wird für Kleider und Anzüge Mass genommen und der jeweilige einzukleidende Körper genau erfasst. Der Modeschöpfer geht individuell auf die Wünsche und Vorlieben seines Kunden ein. In der Architektur, zumindest da, wo sie hohe kulturelle Ansprüche stellt, messen Architekten Bauplätze aus und entwerfen für den jeweiligen Ort passende Baukörper. Der Auftraggeber bestimmt Funktion und Aus­ sehen ganz wesentlich mit. In beiden Diszi­ plinen helfen Pläne, Modelle und Prototypen, die passende Form zu finden. Bei massgeschneiderten Kleidern und massgeschneiderten Bauten sind sowohl in der Zielsetzung wie auch in der Herstellung Ähnlichkeiten, ja Affinitäten und Analogien auszumachen. Bauten wie Kleider Was haben das Guggenheim Museum in Bilbao, die Bibliothèque Nationale in Paris und der Prada Shop in Tokio gemeinsam? Nun, sie alle spielen mit Assoziationen zu Textilien. Ihre Fassaden wirken mal dünn und leicht, mal durchscheinend und beweglich, mal genäht und gesteppt. In ihren Ansichten erwecken diese Bauwerke den Eindruck von etwas Schwebendem, Dynamischem, Glamourösem – ganz entgegen traditioneller Vorstellungen von Architektur als etwas Festem und Dauerhaftem. In Tokio haben Herzog & de Meuron den kristallinen Baukörper mit konvexen und konkaven, mehrheitlich durchsichtigen und gelegentlich opaken Gläsern überzogen. Zusammen mit der rautenförmigen Struktur erinnert die Gebäudehülle an gesteppte oder gequiltete Stoffe. Frank Gehry verblüffte in Bilbao mit einer hauchdünnen Haut aus silbernem Titanblech und umgab die Museumsräume mit ungestümen, geschwungenen Formen. Für die Bibliothèque Nationale in Paris, und seither bei fast jedem seiner Bauten, verwendete Dominique Perrault ein transparentes Metallgewebe als äusserste Schicht und verlieh der Fassade damit einen schillernden, poetischen Ausdruck. Viele weitere Beispiele liessen sich anführen, um die Anleihen aus dem Textilbereich im Bauwesen zu vergegenwärtigen. Architektur wie Mode Räume zu schaffen, das ist das Ziel in der Architektur wie in der Mode. Eine Hülle ­umgibt und definiert den Raum. Sie liegt zwischen Innen- und Aussenwelt, vermittelt gleichermassen zwischen Inhalt und Umwelt. Kleider verbergen und präsentieren gleichzeitig den menschlichen Körper, zeigen dessen Umrisse und sparen einzelne Stellen aus. Wir nutzen Kleidungsstücke als Schutz gegen die Witterung, für unser Wohlbefinden und stellen uns zugleich damit dar. Bauten umgeben uns, dienen für bestimmte Zwecke und geben uns ebenfalls Schutz ­und Geborgenheit. Wir ziehen uns in unsere Häuser zurück, leben und arbeiten darin. Zugleich demonstrieren wir mit einem Gebäude, dessen Gestaltung wir mitbestimmt oder beeinflusst haben, wie wir uns in unserer Umwelt und in unserem kulturellen Kontext verorten. Die Mauern eines Hauses wie auch die Stoffe unserer Kleider beschützen uns vor Wind und Wetter, Kälte und Wärme sowie vor unerwünschten Einblicken. Doch Kleider wie Bauten werden auch dazu benutzt, Bilder 4 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 MASSGESCHNEIDERT 5 Das Guggenheim Museum in Bilbao von Frank Gehry, das Grand Theatre im französischen Städtchen Albi von Dominique Perrault und Prada Aoyama von Herzog & de Meuron nehmen Anleihen aus der Welt der Stoffe. Manchen seiner Stoffe mischt der Schweizer Stoffhersteller Jakob Schlaepfer Metallfäden bei, um eine plastische, ‹architektonische› Wirkung zu erzielen, wie in diesem Ballkleid für Christian Diors Frühjahrs-/Sommerkollektion 2013. zu vermitteln: Bilder, die einen bestimmten Stil und damit das jeweilige Selbstverständnis zum Ausdruck bringen. Mode wie Architektur werden dazu eingesetzt, Individualität und Zugehörigkeit zu bekunden. Gerne identifizieren wir uns mit einem Haus oder einer Kleidung, und wir werden mit ihnen identifiziert. Kleidungsstücke als auch Hausfassaden werden zur Repräsentation und Selbstinszenierung genutzt. Imagebildung, Labeling und Branding finden daher in Mode und Architektur Verbreitung – zuweilen auch mit gegenseitiger Unterstützung. Neben den mehr oder weniger offensichtlichen Gemeinsamkeiten bestehen zwischen den Hüllen der Architektur und der Mode auch etliche Unterschiede. Das gilt zunächst für die Zeitachse: Während man seine Kleider täglich wechselt, bleiben Gebäude viele Jahre bestehen. Mode lebt von der ständigen Veränderung. Architektur soll nachhaltig und zeitlos sein. Stoffe und Materialien Die einzigartigen luxuriösen Textilien, die Jakob Schlaepfer in der Schweiz herstellt, geniessen in der Haute Couture international hohe Bewunderung. Louis Vuitton, Marc Jacobs und Vivienne Westwood lassen sich davon inspirieren. Mit findigem Innnovationsgeist verstehen es die Textilentwerfer und Modedesigner, traditionelle Stickereitechniken mit modernster Hightech-Fabrikation zu verbinden. Unter anderem verleihen sie den Stoffen unter Beimischung von Metallfäden Glanz und Formbarkeit. Spätestens mit der Lancierung von Vorhängen und Gardinen drang Schlaepfer unlängst auch in den Innendekorationsmarkt vor. Die Weberei GKD / Gebrüder Kufferath AG in Deutschland hat sich, ausgehend von den Anfragen von Dominique Perrault, auf die Herstellung von Metallgeweben spezialisiert, die Architekten an Gebäuden einsetzen. Aus Drähten und Blechstücken aus Chrom- stahl und Aluminium entstehen gitterartige Strukturen, die stoffartig erscheinen, aber dennoch die Fassaden schützen. Der durchlässige Vorhang besitzt stabile und beständige Eigenschaften, zugleich werden Licht und Sicht gefiltert. Swisspearl bietet Zementkomposit-Produkte an, die in ihrer hohen Festigkeit und Beständigkeit in mancherlei Hinsicht auf die jeweilige Architektur massgeschneidert werden können. Der Plattenzuschnitt auf Mass, die Farbwahl, die Verlegeart und das Fugenbild bieten Möglichkeiten, um den Baukörper respektive die Gebäudehülle nach Kundenwunsch zu gestalten. Denn Architekten wie Modeschöpfer verlangen nach hochwertigen Fabrikaten, um individuelle Ausdrucksformen und spezifische Ausdrucksweisen zu erzielen. 6 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 MASSGESCHNEIDERT 7 ITALIEN NEUER TERMINALFLÜGEL Erweiterung Flughafen Bozen, Italien STANDORT: Franceso ARCHITEKT: Lukas Baracca Strasse 1 BAUHERRSCHAFT: ABD Airport Bozen Dolomiti, Bozen Burgauner, Bozen BAUZEIT: 2010 – 2012 BAULEITUNG UND FASSADENBAU: Stahlbau Pichler, Bozen FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, REFLEX Black Velvet 9221 Mit einer eindeutigen, klaren Geste zieht sich das mit Swisspearl-Platten bekleidete Dach des Flughafen­an­baus aufwärts, als würde es abheben. Die Form erinnert an einen Flügel, verweist auf die Funktion des Gebäudes und verleiht ihm eine starke ästheti­sche Identität, die von nah und fern überzeugt. 1_Airport_Bozen 1:? Anna Roos Bozens lokaler Flughafen verbin- det die grösste Stadt im Südtirol mit anderen europäischen Städten. Früher ein deutschsprachiger Teil Österreich-Ungarns wurde Bozen nach dem Ersten Weltkrieg von Italien annektiert. Die Stadt lag und liegt immer noch auf einer ‹kulturellen Bruchlinie›. Bozen ist dreisprachig, in der Stadt spricht man italienisch, deutsch und ladinisch. Wein, Früchte und Tourismus begründen den wirtschaftlichen Reichtum. Um den Tourismus zu unterstützen, forderte die International Civil Aviation Organization (ICAO) – wie es auch in den mittel- und langfristigen Zielen des Flughafens vorgesehen war – die Erweiterung des lokalen Flughafens. Zickzack-Linien Lukas Burgauner, Architekt in Bozen, erhielt den Auftrag für die Erweiterung des Flughafens. Das bestehende Flughafengebäude – ein unauffälliger L-förmiger, ein­ stöckiger Bau – benötigte dringend ein Facelifting, um den heutigen Erwartungen der Passagiere an europäische Flughäfen zu genügen. Burgauner passte den neuen, nach Westen orientierten zweistöckigen Flügel in der ‹Biegung› der bestehenden L-Form ein. In Übereinstimmung mit EU-Normen nimmt der Terminal den Strom ankommender und abfliegender Passagiere in grosszügigen Hallen auf, in denen auch sanitäre Einrichtungen untergebracht sind. Die kühne Formensprache von Schrägdach und vorgehängter Fassade mit schiefen Winkeln setzt eine grosse Dynamik frei und spielt auf Bewegung und Geschwindigkeit an. Burgauner hat mit dem allgegenwärti­gen rechten Winkel gebrochen, an den sich die meisten Gebäude halten, und setzt auf schräge Zickzack-Linien. Die Bewegung, mit der sich das Dach zur Traufkante hin verjüngt und mit der Ostfassade als einheitliches Element in einer Flugbahn nach oben abhebt, setzt ein klares architektonisches Signal. Das weit ausladende Dach spendet wie eine Mütze einem Gesicht Schatten und schützt die hohe, nichttragende vorgehängte Fassade zu den Start- und Landebahnen hin. Die nach vorne geneigte Glasfassade erinnert an einen Kontrollturm, dessen schräge Verglasungen Reflexionen verhindern und der Flugsicherung freie Sicht auf ankommende und abfliegende Flugzeuge bieten. Das Gebäude steht auf keinem Sockel, vielmehr verlängert sich die Fassade bis zum Boden, der ohne Unterbruch oder Stufe von innen nach aussen läuft und den glatten Asphalt der Rollbahnen in den Terminal verlängert. Diese nüchterne Umsetzung relativiert die mächtigen Volumen und verstärkt den visuellen Gesamteindruck. Situation N? Dynamische Formen Auf dem oberen Geschoss des Terminals, den man via Treppe oder Lift erreicht, befinden sich Administration, VIP-Lounge und die öffentliche Transitzone. Das Stahldach ist mit grossformatigen Swisspearl-Platten aus Zementkomposit verkleidet und überdeckt Pläne 8 Das mit Swisspearl-Platten bekleidete Dach schiebt sich aufwärts wie ein Flügel. SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 MASSGESCHNEIDERT «Die Administration von ABD, einer auf Flugplatztechnologie spezialisierten Firma, ist im Ober­ geschoss des neuen Gebäudes untergebracht. Diese Ebene ist über eine grosszügige Treppe und einen behindertengerechten Lift mit der unten ­liegenden Check-in-Halle verbunden.» Lukas Burgauner die beiden Stahlbeton-Geschossdecken. Eigens zugeschnittene, dunkelgrau brünierte Platten umhüllen die spitz zulaufende Traufkante. Die präzise Verkleidung, die scharfen Kanten und die sorgfältigen Details in der Glasfassade mit ihren elegant eingefassten Scheiben verleihen dem Bau seine ästhetische Qualität. Zwei Atrien unterbrechen die glatte Oberfläche des Schrägdachs und bringen Licht bis in die unteren Ebenen. Leider scheinen diese Atrien in der oberen Ebene ungenutzt zu sein und nur als Lichtfilter zu dienen. Architektonisch gesprochen strahlt dieser Flughafenterminal eine eindeutige, starke Dynamik aus, die der Funktion des Gebäudes entspricht. Die Klarheit und der kleine Massstab des Gebäudes wirken sich mit Sicherheit positiv auf die Passagiere aus: Sie können sich leicht orientieren, und allfälliger Stress, den viele auf Flugreisen empfinden, lässt sich auf diese Weise verringern. 9 ertical section 10 cale: 1:20 8 9 4 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 5 S Vertikalschnitt 1:20 1Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Hinterlüftung, vertikale Unterkonstruktion 3 Feuchtigkeitssperre 4 Grobspanplatte 5 Wärmedämmung 6 Dampfsperre 7 Gipsplatte 8 Metallblech 9 Abdichtung 10 abgehängte Decke 11 Gitterrost REI-71_Airport_Bozen 6 A F v A Hinterlüftungsspalt von m Scale: 1:1000 4 1 2 Isolation 0,035 3 4 5 4 10 1 REI-71_Airport_Bozen 5 Scale: 1:1000 6 4 Fertigbeton 0,035 7 Obergeschoss 11 Beton 0,035 1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm 2 ventilation cavity, vertical sub-framing 3 moisture barrier 4 oriented strand board 5 thermal insulation 6 vapour barrier 7 gypsum board 8 metal sheet 9 waterproofing 10 suspended ceiling 11 floor grating Erdgeschoss 1:1000 Ba MASSGESCHNEIDERT 11 12 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 MASSGESCHNEIDERT 13 SÜDKOREA KINDERKUBUS Doosan Future Trees Kindergarten, Changwon STANDORT: 96-1 Bonggok-dong, Yichang-gu BAUHERRSCHAFT: Doosan Heavy Industries & Construction, Changwon ARCHITEKTEN: Junglim Architecture, Seoul BAUZEIT: 2011–2013 GENERALUNTERNEHMUNG: Doosan Heavy Industries & Construction, Changwon FASSADENBAU: Sunpark, Incheon FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Elfenbein 7090, 7091, 7099, Bernstein 7081, 7083, Rubin 7032 Der neue Kindergarten in der südkoreanischen Stadt Changwon bietet 300 Plätze für die Kinder der Mitarbeiter eines grossen lokalen Industriekonzerns. Das Raumprogramm mit grosszügigen Innen- wie Aussenspielplätzen ist auf vier Etagen verteilt. Die Architekten haben eine Reihe baulicher Massnahmen ergriffen, um die Fassaden zu beleben und die soziale und pädagogische Firmenphilosophie zu spiegeln. Patrick Zamariàn Doosan Heavy Indus­ tries & Construction ist eine von mehreren wichtigen südkoreanischen Industriekonzernen mit Hautpsitz in Changwon, einer Stadt mit ungefähr einer Million Einwohnern an der südöstlichen Küste. Vor ein paar Jahren kaufte die Firma ein bebautes Gelände im Stadtzentrum, um darauf einen Kindergarten zu erstellen, für Kinder aus der Nachbarschaft und von Mitarbeitern von sechs Tochterfirmen. Junglim Architecture aus Seoul wurde eingeladen, eine Strategie für das Gelände zu entwickeln, einige der bestehenden Gebäude für den Abbruch vorzumerken und andere wiederum in ihren Entwurf miteinzubeziehen. Die ungünstige rhomboide Form des 1750 Quadratmeter grossen Grundstücks und die rigorosen Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften für diese Art von Gebäude erschwerten das Vorhaben zusätzlich. 41_Nursery_Kyungnam-do 1:? Ungewöhnliches Raumkonzept Die Architekten beschlossen, zwei Gebäude am nordwestlichen Rand des Grundstücks zu erhalten und sie zu Seitenflügeln der neuen trapezförmigen Anlage umzuwandeln. Die verbleibende südöstliche Ecke des Grundstücks bietet mit fast fünfzig Prozent der Gesamtfläche ausreichend Raum für die Haupttreppe und einen grossen Aussenspielplatz. Der Kindergarten beherbergt auf vier Stockwerken bis zu 300 Kinder, ein für diesen Gebäudetypus ungewöhnliches Raumkonzept. Zentriert um die Eingangshalle im Erdgeschoss befinden sich Rezeption, Büros, Essraum und zwei Gruppenzimmer mit direktem Zugang zum Spielplatz. Weitere Gruppenzimmer mit unterschiedlichsten Grund­rissen befinden sich im ersten und zweiten Stock. Ein auf mehreren Ebenen angelegter Innenspielplatz erstreckt sich über den ganzen vierten Stock. «Optisch bedeutsame» Fassaden Trotz des additiven Prinzips des Gesamtkonzepts ist es den Architekten gelungen, aus den verschiedenen Gebäudeteilen einen einheitlichen Innenraum zu gestalten. Auf ­jedem Stock öffnet sich ein grosser Raum: Das Tragwerk aus Stahlbeton wurde mit leichten Trennwänden in einzelne Räume unterteilt und kann bei Bedarf wieder um­ gebaut werden. Dagegen widerspiegelt die Aus­senhülle den Gegensatz von Alt und Neu. Die seitlichen Fassaden sind einheitlich mit Swisspearl-Platten in drei verschiedenen Hellgrau-Schattierungen bekleidet, während im Mittelteil ein unregelmässig gerasteter, schwarzer Stahlskelettbau, mit opaken und transparenten Glasscheiben ausgefüllt, zu sehen ist. Das markanteste Merkmal jedoch ist ein abgewinkelter, zwischen den beiden Seitenflügeln eingekeilter Kubus, der scheinbar über dem Boden schwebt, über die Dachkontur hinausragt und Sonnenlicht durch seine Oberlichter scheinen lässt. Seine Erbauer nennen ihn ‹Kinderkubus› und beschreiben ihn als «Kreativ-Werkstatt, die die Phantasie und die Kreativität der Kinder anregt». Mit ihrer dunkelroten Zinkplatten-Bekleidung und der betont diagonalen Ausrichtung seines Musters und der sich überkreuzenden Schlitzfenster hebt sich die Box deutlich von den restlichen Fassaden ab. Um die Sinne der Kinder anzusprechen, die das Gebäude bewohnen, und gleichzeitig die sozialen und pädagogischen Anliegen der Firma hervor­ zuheben, haben die Architekten eine Reihe baulicher Massnahmen ergriffen. Sie steigern die – wie Gropius gesagt hätte – «optische Bedeutung» der Fassaden: von der übereinandergeschichteten Fassadenbekleidung über auskragende Vordächer hin zu mit auffälligen bernsteinfarbenen und korallenroten Swisspearl-Platten bekleideten Fensterrahmen. Situation N? 14 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 Mit sich überkreuzenden Fenstern und einem diagonalen Muster hebt sich der Kinderkubus von den restlichen Fassaden ab. Er schwebt über dem Boden und markiert den Gebäudeeingang. «Die wichtigste Aufgabe des Entwurfs bestand darin, zu erkennen und zu entscheiden, welcher Gebäudeteil abgerissen und neu gebaut werden sollte, um den Raum optimal für den Kindergarten mit all seinen Funktionen zu nutzen.» Junglim Architecture MASSGESCHNEIDERT 15 Massivholz 0 16 SWISSPEARL ARCHITECTUREHolzwerkstof #21 Natur / Stein SCO-41_Nursery_Kyungnam-do Vertikalschnitt 1:20 Isolation 0,035 Backstein 0,035 H 1Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Hinterlüftung 3 Feuchtigkeitssperre 4 Unterkonstruktion 5 Wärmedämmung 6 Wandhalter 7 Beton Scale: 1:750 1 2 3 4 5 6 7 SCO-41_Nursery_Kyungnam-do SCO-41_Nursery_Kyungnam-do Scale: 1:750 Fertigbeton 0,035 Scale: 1:750 2. Obergeschoss Beton 0,035 1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm 2 ventilation cavity 3 moisture barrier 4 sub framing 5 thermal insulation 6 bracket 7 concrete «Da der Kindergarten eigens für die Kinder des Konzerns gebaut wurde, sollte der Bau auch dessen Überzeugungen, Philosophie und pädagogischen Beitrag zur Gesellschaft widerspiegeln.» 1. Obergeschoss Junglim Architecture Erdgeschoss 1:750 CUSTOM MADE 17 18 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 USA SCHUPPENMUSTER STAR Center, Tacoma, Washington (WA) South 66th Street BAUHERRSCHAFT: Metropolitan Park District of Tacoma, Tacoma, WA ARCHITEKTEN: Miller Hull Partnership, Seattle, WA ; Associé Jeff Floor BAUZEIT: 2010–2012 GENERALUNTERNEHMUNG: Jody Miller Construction, Tacoma, WA FASSADENBAU: LA Olson Construction, Des Moines, WA FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Rubin 7031 STANDORT: 3873 MASSGESCHNEIDERT Das neue Gemeinschaftszentrum liegt im Herzen eines sanierten regionalen Sport- und Freizeitgeländes. Die Haupt­ räume befinden sich in einzelnen Baumodulen, die ineinander verschachtelt und aneinandergereiht einen Bogen beschreiben. Sie öffnen sich zur Landschaft und blicken auf die nahe Bergkette. Die mit roten SwisspearlZementkompositplatten bekleidete Fassade zeigt ein Fischschuppenmuster und ist integraler Teil einer übergeordneten Nachhaltigkeitsstrategie. Patrick Zamariàn Jahrelange Bemühungen von lokalen Politikern und Interessengruppen haben das STAR Center erst möglich gemacht. Die einprägsame Abkürzung steht für ‹South Tacoma Activity and Recreation Center›. Obwohl die Kroc Foundation 2004 eine Beteiligung am Bauvorhaben abgelehnt hatte, entschlossen sich die Initianten, das Projekt voranzutreiben. Letztlich gelang es ihnen, die 15 Millionen Dollar für den Bau des Zentrums aus anderen Quellen zu finanzieren. Im Mai 2012 konnte die rund 3000 Quadratmeter grosse Anlage nach zweijähriger Bauzeit eröffnet werden. Sie ist das Kernstück eines Masterplans, gemäss dem ein 19 ­ ereits existierendes Sportareal umgebaut b wird, angeleitet von Metro Parks, der regionalen Behörde, der die öffentlichen Pärke gehören. Sie betreibt die Pärke in Zusammenarbeit mit der öffentlichen Schule von Tacoma und dem örtlichen Ableger der Boys & Girls Club of America, einer Non-profit-Organisation, die Freizeitaktivitäten für Jugendliche anbietet. Das STAR Center bildet mit einer bestehenden Middle School und dem kürzlich fertiggestellten Topping HOPE Center des Boys & Girls Club einen 30 Hektar gros­ sen, regionalen Freizeitcampus mit Plätzen für verschiedene Ballspiele, einem Wasserpark, einem Skateboardpark, je einem Roll- Scale: 1:20 20 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 1 2 Pläne 3 4 5 6 7 8 9 1 Swisspearl® 2 horizontal Z3 ventilation c 4 moisture bar 5 plywood boa 6 thermal insu 7 vapour barri 8 stud framing 9 gypsum boa 10 glulam bea 11 concrete Mst: 1:2000 6 10 «Das Schuppenmuster betont den Bogen der ineinander verschachtelten Einheiten, indem sein Schatten auf der Fassade spielt.» Margaret Sprug, Miller Hull Partnership Mst: 1:1000 Mst: 1:500 Vertikalschnitt 1:20 1Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 horizontale Z-Profile, perforiert 3 Hinterlüftung 4 Feuchtigkeitssperre 5 Sperrholzplatte 6 Wärmedämmung 7 Dampfsperre 8 Rahmenkonstruktion 9 Gipsplatte 10 Brettschichtholz-Träger 11 Beton MW-148_Star_Center_Tacoma Scale: 1:1000 Erdgeschoss 1:1000 Mst: 1:200 11 Mst: 1:100 6 7 9 MASSGESCHNEIDERT hockey- und einem Basketballfeld, einer Kletterwand und anderen Anlagen für weitere Aktivitäten im Freien. Das Raumprogramm des STAR Centers wurde in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Gemeinde entwickelt. Es bietet eine Reihe dringend benötigter Innenräume, in denen man sich erholen, sich w ­ ei­terbilden oder sich kulturell betätigen kann. Um die Anlage auch Menschen mit körperlicher Behinderung zugänglich zu machen, etwa den Veteranen des nahen Armee- und Flugwaffenstützpunkts, berücksichtigten die Architekten die Standards des Univer­sellen Designs. Ineinander gestülpte Einheiten Die eingeschossige Anlage gründet auf dem Entwurf des inzwischen verstorbenen Architekten Bob Hull, Mitbegründer von Miller Hull Partnership. Er hat eine Reihe von Arbeitsräumen entlang einer langgezoge­ nen Lobby angeordnet, die den Grundriss in zwei klar erkennbare Raumschichten teilt. Sie beherbergt neben einer Empfangstheke weitere Räume mit offener Funktion: einen grossen Gemeinschaftstisch, eine Sitzgruppe am Cheminée für entspannte Treffen, ein ­Cybercafé, eine Saftbar, eine Kantine und eine Lernküche für die Schulklassen. Die zentrale Erschliessung erfolgt vom Campus-Parkplatz her, dem das Gebäude eine Reihe von individuell ausgestalteten, mehrheitlich fensterlosen Einheiten zuwendet. Unterbrochen werden sie von tief zurückversetzten, vollverglasten Passagen, die Licht in die Korridore fallen lassen. In der unscheinbaren, vorderen Gebäudeschicht befinden sich Sanitär-, Lager- und Nebenräume, Büro- und Behandlungszimmer sowie ein Tanzstudio. In der hinteren Gebäudeschicht, die sich der umgebenden Landschaft zuwendet, befinden sich die zentralen Funktionsräume: ein Mehrzweckraum, eine Turnhalle mit neuster technischer Ausrüstung sowie eine Kinderbetreuung mit Innen- und Aussenspielplätzen. Dieser Teil des Gebäudes bricht aus dem Gesamtvolumen heraus und beschreibt einen Bogen von aneinandergereihter und ineinander geschobener Boxen. Diese erhalten mittels im Norden angeordneten Lichtgaden und Oberlichter Tageslicht und bieten Zugang auf einen Aussenhof und einen nahen Spazierweg. Multifunktionales Auditorium Das Prinzip ineinander gestülpter Einheiten zieht sich weiter: Die wellenförmige Sperrholzdecke in der zentralen Halle steigt stetig höher bis zu ihrem Zenit in der süd­ lichen Lobby. Das dort angeordnete Audi­ torium mit 300 Plätzen kann für unterschiedliche Zwecke in verschieden grosse Räume unterteilt werden. Die vollverglaste Rückseite ragt über einen angrenzenden Teich und bietet effektvolle Ausblicke auf den Mount Rainier, die grösste Naturattraktion in der Region. Damit das Auditorium auch als Theater genutzt werden kann, lässt sich der Lichteinfall mittels automatischer Jalousien 21 und innen angebrachter Vorhänge regeln und der Raum vollständig verdunkeln. Die Hülle des Stahlskelettbaus betont die Zweiteilung des Gebäudes. Die Westseite Richtung Parkplatz zeigt eine Stülpverschalung aus Zementkomposit, die wegen ihrer Massstäblichkeit gewählt wurde und in einem zurückhaltenden Elfenbein gehalten ist. Im Kontrast dazu steht die auffällige Rückseite mit horizontal angebrachten, korallenroten Swisspearl-Platten und blau gefassten Fenstern. Der Architekt brachte das neue Winkel-Klammer-System zum Einsatz, um die grossen Platten zu befestigen, und schuf damit ein Schuppenmuster, das dem Gebäude, in Kombination mit der gebogenen Form der Ostwand, einen lebhaften, nahezu biomorphen Zug verleiht. Die hinterlüftete Swisspearl-Fassade ist eine der vielen Energiesparmassnahmen, dank denen das STAR Center mit dem LEED Gold Award ausgezeichnet wurde. Die Anlage wird natürlich belüftet und belichtet. Aussen angebrachte Läden beschatten alle Fenster und reduzieren die Hitzeentwicklung im Innern. Fünfzig geothermische Quellen in einer Tiefe von neunzig Metern leiten warmes Wasser zu einem zentralen Pumpwerk, das Hitze und passive Kühlung im ganzen Gebäude koordiniert. Auch die sorgfältig geplante Landschaftsgestaltung dient dem Nachhaltigkeitskonzept: Drei grosse Rückhaltebecken im Süden schaffen eine natür­ liche Regenentwässerung und einen Lebensraum für Wildtiere. 22 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 MASSGESCHNEIDERT Die Rückseite des Auditoriums ist voll verglast und kragt über eines der Regenrückhaltebecken aus. Mit aussen angebrachten automatischen Jalousien und Vorhängen im Innern lässt sich der Raum bei Bedarf verdunkeln. 23 24 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 INTERVIEW «ÜBERHÖHTES SCHUPPENDESIGN» Frau Sprug, was können Sie uns über die Entstehung des STAR-Center-Projekts erzählen? Und vor welchen Aufgaben standen Sie? Die Stadt Tacoma sah die Notwendigkeit, eine veraltete Erholungsstätte zu sanieren und auf die Bedürfnisse der wachsenden Bevölkerung in der Nachbarschaft zu reagieren. Bis zur geplanten Eröffnung rechnete man mit bis zu 100 000 Einwohnern. Der Besitzer, Metro Parks Tacoma, sicherte die Finanzierung des neuen Gemeindezentrums 2005 mit einem Bond zur Entwicklung von Stadtparks. Wegen der nationalen Finanzkrise verzögerte sich dann das Projekt. Die Eingaben der Architekturbüros wurden schliesslich in einem öffentlichen Verfahren evaluiert, und Miller Hull Partnership war eines von drei Büros, das sich vor der definitiven Wahl 2008 präsentieren konnte. Im Mai 2012 eröffnete das STAR Center. Margaret Sprug ist Partnerin bei Miller Hull Partnership in Seattle. Ihr Architekturdiplom erhielt sie 1993 von der Columbia University, sieben Jahre nach ­ihrem Bachelor in Environmental Design an der Texas A & M University. Nachdem sie von 1994 bis 1999 ein eigenes Büro in New York geführt hatte, schloss sie sich im Jahre 2000 Miller Hull an. 2006 wurde sie Teilhaberin und 2007 Partnerin. Wie spielen die verschiedenen Räume zusammen? Eine Reihe ineinander verschachtelter Boxen beherbergt auf der Ostseite des Gebäudes die Hauptfunktionen der Anlage. In der grössten Box befinden sich ein Mehrzweckraum und eine Bühne, die auch als Begegnungsort dient. Ihre sechs Meter hohe Glasfassade rahmt die Aussicht auf den Mount Rainer, den höchsten Berg der Vereinigten Staaten zwischen Kanada und Mexico. Die Haupträume sind mittels eines zentralen, gekrümmten Rückgrats miteinander verbunden, das auch als gemeinsames ‹Wohnzimmer› dient. Auf der Westseite des Gebäudekomplexes ist eine Folge orthogonaler Boxen so artikuliert angeordnet, dass Licht in die zentrale Halle fällt. Die Boxen beherbergen die Service- und die Büroräume der Anlage. «Die zentralen Funktionen sind über eine grosse zentrale gebogene Wirbelsäule, die der Gemeinde als ‹Wohnzimmer› dient, miteinander verbunden.» MASSGESCHNEIDERT 25 sehr schnell, unterstützten uns und waren ernsthaft an unserer ­Arbeit interessiert – davon zeugt ihre Bereitschaft, einen innovativen Ansatz bei der Produktinstallation zu berücksichtigen. Wieso wählten Sie Swisspearl, und was ist Ihrer Ansicht nach die Hauptqualität dieser Platten? Obwohl wir ähnliche Plattenmaterialen in Betracht zogen, schienen der feine, beständige Finish und die Materialdichte robuster und dauerhafter als bei anderen Optionen, die zwar in ihrer Textur ‹offener› waren, aber schneller schmutzig wirken, schneller zu altern schienen. Wir entschieden uns für Swisspearl wegen der grossen Plattenformate, der besseren Farbkonsistenz und des Finishs; auch wegen seiner strukturellen Festigkeit, Haltbarkeit und des einfachen Handlings. Und nicht zuletzt, weil der Preis im Vergleich zu Rohmaterial attraktiv ist. Wie bezieht sich das Gebäude auf die Umgebung und welche Rolle spielt dabei seine Hülle? Das STAR Center ist eines von drei Hauptgebäuden eines regionalen Erholungsgeländes, auf dem eine öffentliche Schule und eine Non-Profit-Organisation ihre Freizeitaktivitäten durchführen. Das Design des neuen Zentrums soll sich mit dem Ort intuitiv verbinden, verschiedene Möglichkeiten schaffen, sich durch das Gebäude zu bewegen. Es soll – visuell oder physisch – mit seiner Aussenwelt im Austausch stehen: mit Tageslicht, das nach innen dringt, mit grosszügigen Ausblicken in die Umgebung, oder indem die Besucher nach aussen gelockt werden, um Naturlehrpfade und Sportplätze zu erkunden. Die in einem Bogen angeordneten, mit korallenroten Swisspearl-Platten verkleideten ineinander verschachtelten Boxen schliessen das Gebäude auf der Ost- und auf der Südseite ab. Dank der gekrümmten Anordnung blickt jede Box Richtung Sportfelder und Hauptaussichtspunkt, auf den Mount Rainier. An der Westseite des Gebäudes, die an den Parkplatz grenzt, wechseln sich Volumen und Leere ab. Die soliden gelben Bauten beherbergen Funktionen, die mit wenig natürlichem Licht auskommen; die Leerstellen sind tief zurückgesetzt, hundertprozentig verglast und blicken in einen üppig bewachsenen Garten, der gleichzeitig als Versickerungsmulde dient. Um den Innen-aussen-Bezug zu verstärken, zieht sich die gelbe Stülpschalung ins Innere. Die ineinander verschachtelten Boxen sind mit Swisspearl bekleidet; deren Innenfassaden aus flachen MDF-Platten wurden farblich auf die leuchtende Aussenfarbe abgestimmt. Die korallenrote Swisspearl-Fassade, die sich dem Landschaftsgarten zuwendet, ist klar das augenfälligste Merkmal des neuen Zentrums. Welche Überlegung steht hinter dem ungewöhnlichen Schuppenmuster, und wie haben Sie es realisiert? Die Farbwahl folgte aus der Erkenntnis, dass das Gebäude sowohl von Nahem als auch aus der Ferne sichtbar sein wird. Mit seinem Schattenwurf auf die Fassade betont das Schuppenmuster den Bogen, den die verschachtelten Boxen beschreiben. Ein innovativer lokaler Dienstleister entwickelte eine massgeschneiderte Konterlattung, die den Krümmungseffekt bewirkt. Es war eine tolle Erfahrung, mit den Technikern und dem Ver­ kaufs­team von Swisspearl zusammenzuarbeiten; sie reagierten Nachhaltige und energiesparende Massnahmen werden in der heutigen Architektur immer wichtiger, vor allem bei öffentlichen Bauten. Inwiefern ist das Center nachhaltig, und welche Rolle spielt dabei die Gebäudehülle? Dieses Projekt trägt sein nachhaltiges Design sichtbar nach aussen und zeigt sich Besuchern der Umgebung in Form einer natürlichen Regenentwässerung, Tiefenwärmequellen, natürlicher Lüftung, der Nutzung von Tageslicht sowie rezyklierter, rasch erneuerbarer und emissionsarmer Materialien. Grosse Rückhaltebecken im Süden ermöglichen eine natürliche Regenentwässerung; ein Naturlehrpfad führt um das Gebäude und durch die ganze Anlage. Die Gebäudehülle besteht aus einem beständigen, dauerhaften Material; das eignet sich für ein öffentliches Gebäude, das mit öffentlichen Geldern finanziert ist: Denn Betriebs- und Sanierungskosten spielen da eine grosse Rolle. Seit der Fertigstellung ist ungefähr ein Jahr vergangen. Sind Sie zufrieden mit dem Resultat? Mehrheitlich sind wir sehr zufrieden. Das Designteam hat grosse Freude an der Fassadenbekleidung und deren Leistung. Aufgrund des überhöhten Schuppendesigns fällt – andererseits – Vogeldreck mehr ins Auge, als dies bei einer flachen Plattenfassade der Fall wäre. Es ist aber kein gros­ ses Problem, da die Platten einfach zu reinigen sind. Margaret Sprug, ich bedanke mich für Ihre Zeit und das Gespräch. – Patrick Zamarian «Das neue Center will sich intuitiv mit dem Ort verbinden, indem es verschiedene Möglichkeiten anbietet, sich durch das Gebäude zu bewegen und sich auf die Umgebung einzulassen.» 26 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 USA BRIEFE AN DIE SONNE Wallis Annenberg Center for the Performing Arts, Beverly Hills, Kalifornien (CA) Santa Monica Boulevard BAUHERRSCHAFT: Wallis Annenberg Center for the Performing Arts ARCHITEKTEN: SPF:architects, Culver City, CA BAUZEIT: 2011 – 2013 FASSADENBAU: The Raymond Group, Orange, CA FASSADENMATERIALIEN: Swisspearl® LARGO, REFLEX Autumn Leaves 9270 MATERIAL INNENANWENDUNG: Swisspearl® Innenbekleidung, Champagne 9290-09 STANDORT: 9390 MASSGESCHNEIDERT 27 28 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 MASSGESCHNEIDERT SPF:architects haben einen verschlafenen Häuserblock im Herzen von Beverly Hills in ein pulsierendes Zentrum für Bühnenkunst verwandelt. Indem sie dem denkmalgeschützten Beverly Hills Post Office aus den 1930er-Jahren ein hochmodernes Theater des 21. Jahrhunderts hinzufügten, schufen sie ein einzigartiges Ensemble, das die Eleganz und Einzigartigkeit der beiden Gebäude hervorhebt. _Beverly Hills Mirko Beetschen «Für solche Projekte lebt ein Architekt», schwärmt Zoltan E. Pali. «Es ist berauschend, einen vor sich hinschlummernden Ort zum Leben zu erwecken.» Vor rund 25 Jahren gründete Zoltan E. Pali mit Judit Méda Fekete das Studio Pali Fekete Architekten (SPF:architects) in Culver City, das seither mehrfach prämiert wurde. Vor ein paar Jahren beauftragte das zuständige Komitee das Architekturbüro damit, das attraktive, aber unternutzte Areal im Herzen von Beverly Hills in ein Kulturzen­trum zu verwandeln. Den Ausschlag für die Wahl von SPF:architects gaben ihr Renommee im Umgang mit geschützten Bauten und ihr einfühlsamer Entwurfsansatz, den sie bereits mehrfach unter Beweis gestellt hatten. Ausgangslage war das leerstehende Beverly Hills Post Office. Seine Geschichte reicht ins frühe 20. Jahrhundert zurück, als Beverly Hills zu den am schnellsten wachsenden Städten an der Westküste gehörte. Mit zunehmender Bevölkerung stieg auch die Nachfrage nach einer Poststelle, und so öffnete 1933 das Beverly Hills Post Office auf dem Gelände des ehemaligen Bahnhofs der Pacific Electric Railway. Der NeurenaissanceBau, heute ein prominentes Wahrzeichen, behielt seine Funktion bis zum Umzug der Poststelle im Jahr 1993. Dann nahm die Stadt die Gelegenheit wahr, das seit 1985 im National Register of Historic Places eingetragene Gebäude zu kaufen und es für eine kulturelle Einrichtung umzunutzen. Zwanzig Jahre später, im Oktober 2013, öffnete das Wallis Annenberg Center for the Performing Arts – kurz ‹The Wallis› – seine Türen. Der entscheidende Coup Ursprünglich sollten das alte Postgebäude in ein Theater umgebaut und in einem Anbau Schulungsräume, Proberäume und Büros untergebracht werden. Als Zoltan E. Pali an Bord kam, stellte er jedoch als erstes das Konzept auf den Kopf. Er ordnete die kleineren Räume im bestehenden dreistöckigen Gebäude an, bewahrte damit den ursprünglichen Bau und schuf gleichzeitig Raum für ein neues, hochmodernes Theater. «Das neue Gebäude ist ein neues Gebäude», sagt der Architekt über den Entwurf des Theaters. «Es hat ganz entschieden seine eigene Sprache und nimmt keine Elemente der historischen Architektur auf.» Bestimmend für die Form des Theatergebäudes ist das Grundstück. Wie das bestehende Post Office formt auch der Grundriss des Theaters ein ‹T›. Damit nutzen die Architekten das Grundstück nicht nur optimal aus, die dynamische Form stimuliert auch ein Zusammenspiel zwischen den Ge- 29 bäuden, bildet eine Reihe von Gärten und Höfen aus und schafft einen Fussweg, der von der benachbarten City Hall zum Einkaufsviertel auf der anderen Seite des ‹Wallis› führt. Jeder Innenraum des Ensembles öffnet sich auf einen aussenliegenden Hof oder Garten, dehnt sich in den öffentlichen Raum aus und profitiert so auch vom warmen Klima. Briefe verschicken Beim Entwurf der Fassade bezogen sich die Architekten auf die ursprüngliche Nutzung des Areals. Sie dachten an all die Briefe, die über diese Poststelle verschickt worden waren. «Was, wenn all diese Briefe zurückkämen?», fragte sich Zoltan E. Pali. «Was, wenn sie das Gebäude verhüllen würden?» Die Hülle des neuen Goldsmith Theater sollte das Bild von Millionen von Briefen und Kuverts, die von hier in die Welt gelangt waren, aufnehmen. «Wir wollten eine menschliche Erfahrung nachbilden», erklärt Pali. «Wer hat nicht schon einmal auf eine wichtige Zusage gewartet, auf einen Liebesbrief oder eine Geburtstagskarte? Bevor es E-Mails und SMS gab, bedeuteten Briefe viel. Die abstrahierten Briefe an der Fassade haben nicht nur eine poetische Konnotation, sondern eröffnen eine Art Dialog mit der Umgebung.» Da sie bereits früher mit Swisspearl-Fassadenplatten gebaut hatten, entschieden sich die Architekten für eine kupferfarbene Version des Zementkomposits, um die ‹Briefumschläge› darzustellen. Auf der Fassade finden sich ­unterschiedliche Briefformen: manche Umschläge sind verschlossen, manche offen, ­einige zeigen ihre Vorder-, andere die Rückseite. Zusammen ergeben sie eine wunderschöne Gebäudehaut mit einem abstrakten Muster, deren kupferne Farbe die südkalifornische Sonne aufnimmt und widerspiegelt. Die Zementkomposithülle zeigt sich zum ­alten Gebäude wie auch zur Strasse hin. Sie verbirgt strukturelle und technische Details und verbindet die verschiedenen Elemente des Gebäudes zu einem Gesamtvolumen. Das neue Wallis Annenberg Center for the Performing Arts ist nach der Erbin und Phi­ lanthropin Wallis Annenberg benannt, deren Spende von 25 Millionen Dollar in das Bauprojekt einfloss. Heute beherbergt ‹The Wallis› im neuen Teil das Goldsmith Theater, während in jenem Teil, in dem einst Post sortiert und Briefmarken verkauft wurden, das Lovelace Studio Theater untergebracht ist: eine Theaterschule für Junge mit 150 Plätzen, samt Café und Souvenirshop. Situation N? Pläne 0 0 0 30 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 Eine Haut aus kupferfarbenen Swisspearl-Platten in Anlehnung an die verschiedensten Briefformen umhüllt das neue Theatergebäude und spielt auf das ehemalige Postgebäude an. CUSTOM MADE «Statt auf historische Elemente des alten Gebäudes anzuspielen, nahmen wir Bezug auf seine frühere Nutzung.» Zoltan E. Pali 31 LAX-71_Beverly Hills 0 Mst: 1:1000 32 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 0, 0, 0, LAX-71_Beverly Hills X-71_Beverly Hills horizontal section A zontal section Scale: 1:20 le: 1:20 Obergeschoss Erdgeschoss 1:1000 Pläne 0, Schnitt 1 7 8 9 Mst: 1:2000 Ansich Folien 0 verdec Achsen Hinterlüftungsspalt von min. 2,5 Horizontalschnitt 1:20 Mst: 1:1000 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Unterkonstruktion 3 Hinterlüftung 4 Beton 5 Stahlrohr 6 Abdichtung 7 Gipsplatte 8 Metallrahmenkonstruktion 9 Wärmedämmung Mst: 1:500 1 2 3 4 1 2 5 1 Isolation 0,035 Mst: 1:200 6 Mst: 1:100 «Mit dem neuen Gebäude wollte ich vor allem eine Ahnung des Taktilen wecken.» 1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm 2 sub framing 3 ventilation cavity 4 concrete 5 steel tube 6 waterproofing 7 gypsum board 8 metal stud framing 9 thermal insulation Horizontalschnitt 1:20 Zoltan E. Pali 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Unterkonstruktion 3 Stahlträger 4 Beton 5 Wärmedämmung 6 Stahlkonstruktion 7 Gitterrost Fertigbeton 0,035 Beton 0,035 N 0 25 50m 6 7 1 2 3 4 5 Mas Hol Nat Backste MASSGESCHNEIDERT 33 34 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 USA BIBLIOTHEK DER NEUEN GENERATION Cedar Rapids Public Library, Cedar Rapids, Iowa (IA) BAUHERRSCHAFT: Cedar Rapids City, IA ARCHITEKTEN: OPN Architects, Cedar Rapids, IA Construction, Iowa City, IA FASSADENBAU: AWS, West Des Moines, IA FASSADENMATERIAL: Swisspearl® LARGO, CARAT Anthrazit 7025 und Elfenbein 7091 BAUZEIT: 2011–2013 GENERALUNTERNEHMUNG: Knutsen Der vielfach ausgezeichnete Entwurf der Cedar Rapids Public Library von OPN Architects soll «Offenheit und Transparenz verkörpern und öffentliches Engagement fördern». Und damit eine Bibliothek der neuen Generation schaffen. Das erhöhte Gebäude «sitzt im urbanen Zentrum wie eine Laterne», sagt Direktor Robert Pasicznyuk. «Sie lädt dazu ein, an der Gemeinschaft und am öffentlichen Leben teilzunehmen.» Anna Roos Rem Koolhaas’ Seattle State Lib- von 2004 setzte mit innovativer Form rary_Cedar_Rapids rary und Funktion neue Massstäbe für öffentli- che Bibliotheken des 21. Jahrhunderts. 2013, neun Jahre später, eröffnete eine neue öffentliche Bibliothek in Cedar Rapids, Iowa. Wie die Bibliothek in Seattle gehört auch sie zur Generation der Bibliotheksbauten, die den Begriff des öffentlichen Gebäudes erweitern. Sie beschränken sich nicht nur auf ihre ‹eigentliche› Funktion als Bücherausleihe, sondern bieten eine Vielzahl unterschiedlichster Nutzungsmöglichkeiten, ob nun als Konzertoder Lesungssaal, Café, Ruhe- und Leselounge oder als Dachgarten. Nach der Sintflut 2008 riss eine Flut durch Cedar Rapids und verwüstete die Stadt. Die Naturkatastrophe gilt als fünftgrösste Überschwemmung i­ n der Geschichte der USA. Sie zerstörte Hunderte von Häusern, Geschäften und öffentlichen Gebäuden, darunter auch die öffentliche Bibliothek im Stadtzentrum, die zweieinhalb Meter unter Wasser zu liegen kam. Das Gebäude wie sein wertvoller Inhalt waren nicht mehr zu retten. OPN Architects erhielten den Auftrag, die Stadt in ihrer Vision einer «Bibliothek der neuen Generation» zu unterstützen. Das Konzept sah vor, einen Raum zu schaffen, so schlicht und modern «wie ein Apple Store», einen angesagten, verheissungsvollen Ort, den man gerne besucht und an dem man gerne gesehen wird. Die Innenräume öffnen sich dem Herzschlag der Situation Stadt: Eine ‹Vitrine› im Erdgeschoss schafft die optische Verbindung vom Aussenplatz im urbanen Zentrum mit den ruhigen Innenräumen und verwebt so die Bibliothek mit ihrer innerstädtischen Umgebung. N? Neu entwerfen, neu bauen Fünf Jahre nach Flut und Zerstörung eröffnete schliesslich die neue Bibliothek von Cedar Rapids. Architektonisch gesprochen ist der T-förmige Grundriss rational angelegt. Der verglaste Eingang zieht die beiden Flügel optisch auseinander und steht gleichzeitig als Brücke zwischen den beiden Baukörpern da: der eine wächst in die Höhe, der andere in die Breite. Regelmässig angeordnete runde Betonpfeiler und Büchergestelle durchbrechen den offenen Grundrisse und schaffen vielfältige Nebenräume, etwa einen offenen ovalen Arbeitsraum und sechs abgetrennte Studierkojen – stille Orte der Konzentration. Die Wahl der Materialien ist augenfällig: Glas, Beton und Swisspearl-Platten in einer Farbpalette von Schwarz, Grau und Weiss. Rote Akzente frischen den Gesamteindruck der Innenräume auf. Die glatten SwisspearlPlatten erweisen sich als geeignetes Material für die flächige, schlichte Ästhetik der Baukörper. Statt Platten in Standardgrösse zu verwenden, wurden sie eigens für die Fassade zugeschnitten. Dort, wo sich die Fassade zum Eingangsgebäude zwischen den beiden primären Körpern hochzieht, wurde jede einzelne Platte nach den Massen des Architek­ ten­entwurfs gefertigt. 0,0 0,1 0,3 Pläne Mst: 1:2000 0,0 MASSGESCHNEIDERT 35 36 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 MASSGESCHNEIDERT 37 38 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 Neues innerstädtisches Zentrum Statt Leser in einen staubigen, dunklen Ort einzuschliessen, bietet ihnen diese Bibliothek lichtdurchflutete Räume, die sich dem Treiben der Umgebung zuwenden. Die vorgehängte Fassade fungiert als lebhafte Kulisse für die Innenräume. Ein Café lädt Besucher ein zusammenzusitzen, zu verweilen und sich auszutauschen. Auch das Auditorium – üblicherweise ein Raum, der keinen Bezug nach aussen aufnimmt – erlaubt dem Publikum Ausblicke durch raumhohe Fenster in einen grünen Garten. In digitalen Zeiten, in denen viele hinter Bildschirmen festsitzen und isoliert arbeiten, sind Bücher zum Anfassen und gemeinsame Orte zum Lernen nötiger denn je – Orte, an denen man zusammenkommen und gemeinsam lernen kann, gewinnen heute wieder an Bedeutung. Mit unglaublichen 108 900 Besuchern, 6200 ausgestellten Bibliothekskarten, 650 Events von externen Organisationen und 50 Hochzeiten in den ersten 3 Monaten legt die Cedar Rapids Bibliothek eindeutige Zahlen zum Beweis für ihren Erfolgs vor – und dafür, dass Bibliotheken in keiner Weise anachronistisch sind. An alle Regierungsbehörden: bitte notieren! 10 1 2 3 4 11 12 13 6 5 Vertikalschnitt 1:20 6 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Hinterlüftung, Unterkon­struktion 3 Wärmedämmung, Mineralwolle 4 Dampfsperre 5 Gipsfaserplatte 6 Feuerschutzverkleidung 7 Metallrahmen 8 Gipsplatte 9 Metallplatte 10 aufgeständerter Hohlboden 11 Beton 12Trapezblech 13 Stahlkonstruktion 7 8 Situation 01_Library_Cedar_Rapids N? e: 1:1000 KS-01_Library_Cedar_Rapids 9 2 3 4 5 Scale: 1:1000 1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm 2 ventilation cavity, sub framing 3 thermal insulation, mineral wool 4 vapour barrier 5 glass mat gypsum board 6 fire proofing 7 metal framing 8 gypsum board 9 metal panel 10 raised access flooring panel 11 concrete 12 structural metal floor decking 13 structural steel Pläne Erdgeschoss 1:1000 Obergeschoss Mst: 1:2000 Mst: 1:1000 MASSGESCHNEIDERT «Dank dem Know-how von OPN konnten wir ein sehr hochstehendes, langlebiges Gebäude verwirklichen und dabei Millionen unter unserem Finanzierungsbudget bleiben.» Robert Pasicznyuk 39 40 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 MASSGESCHNEIDERT 41 SCHWEIZ NETZSTRUKTUR Alters- und Pflegeheim da casa, Vella STANDORT: Davos Cuort 27d BAUHERRSCHAFT: Stiftung Alters- und Pflegeheim da casa val lumnezia, Vella ARCHITEKTEN: Allemann Bauer Eigenmann Architekten AG, Zürich BAUZEIT: 2010 – 2012 FASSADENBAU: Constructa Bau AG, Chur FASSADENMATERIAL: Swisspearl® CLINAR, NOBILIS Grau N 213 In einem abgelegenen Bündner Bergdorf entstand ein neues Alters- und Pflegeheim für 58 Bewohner. Mit gezielten Fassadenknicken bändigten die Architekten das grosse Volumen und integrierten es ins Dorfbild. Kleinformatige Zementkompositplatten strukturieren die Wandflächen kleinmassstäblich. EFH_Vella e: 1:? Michael Hanak Umgeben von einer bezau- bernden Bergwelt liegt das Dorf Vella auf einer Geländeterrasse an einem weiten Hang. Die Gemeinden der Talschaft benötigten neue Wohnmöglichkeiten für die einheimischen Betagten und Hilfebedürftigen. Im offen durchgeführten Projektwettbewerb 2008 überzeugte das Projekt der Architekten Patric Allemann, Martin Bauer und Marc Eigenmann aus Zürich, die bereits einige ­Erfahrung mit dem Bautyp des Alterszen­ trums mitbrachten. Als Baugrund hatten die Gemeinden ein unbebautes Stück Land am talseitigen Rand der Geländeterrasse unweit der Dorfmitte gefunden. Das neue Alters- und Pflegeheim wurde 2012 fertiggestellt und im Jahr darauf zwei Häuser mit Alterswohnungen. Anfang 2013 fusionierten die Gemeinden der Talschaft zur Gemeinde Lumnezia. Ebenfalls im Zentrum von Vella wird Ende 2014 das neue Gemeindehaus fertiggestellt. Geknicktes Gebäudevolumen Das Alters- und Pflegeheim beansprucht ein grosses Volumen. Es hält aber Abstand zur kleinteiligen Dorfstruktur und orientiert sich an der Massstäblichkeit von Schule und Mehrzweckhalle, die das Dorf talseitig abschliessen. Ein flaches Walmdach überdeckt vier Hauptgeschosse. Aus der Mitte des Dachs wächst ein weiteres Geschoss in die Höhe, das jedoch nur aus der Ferne sichtbar ist. Die unregelmässige Form der Grundfläche baut auf einem Fünfeck auf; zusätzlich ist jede Seite nach innen geknickt. Die ganze Fassaden­ abwicklung besteht damit aus zehn Abschnitten – ein geschickter Kniff der Architekten, um die Erscheinung des Gebäudes perspektivisch zu verringern und den Neubau ins Dorfbild zu integrieren. Innenräumliche Vielfalt Der polymorphe Baukörper lässt sich auch aus seinem inneren Aufbau erklären. Die Zimmer, je ausgestattet mit einer Nasszelle bestehend aus Dusche, WC und Lavabo, reihen sich entlang der Fassaden. Im Kern jedes Geschosses sind die Diensträume zusammengefasst. Zwei daran anschliessende Lichthöfe leiten natürliches Licht in die tiefen Grundrisse und gewähren Blickbezüge via Hoffenster. Indem die Höfe auf jedem Geschoss Form und Position wechseln, sorgen sie für eine hohe räumliche Qualität. Die Gebäudestruktur verleiht den Gängen weitere räumliche Qualitäten: Erstens lässt sich der Kern umrunden. Zweitens bieten die Querverbindungen entlang der Höfe weiteren Raum, in dem die Bewohner eines Geschosses sich frei bewegen können. Und drittens stellen Stichgänge zu den Fenstern der Aus­ senwände, meist an der Stelle des Fassadenknicks, Bezüge zur Umgebung her. Das übrige Raumprogramm ist ebenso variantenreich organisiert. Das Erdgeschoss beherbergt gemeinschaftliche Einrichtungen: Cafeteria, Coiffeur- und Pediküresalon und anderes. Der Rücksprung der Obergeschosse gegenüber dem Erdgeschoss bereitet Platz für eine grossflächige Terrasse im Westen des ersten Obergeschosses. Und im Dachgeschoss befindet sich eine Kapelle. Alle Fassaden sind mit kleinformatigen, grauen Zementkompositplatten versehen, die in schmalen Querformaten zueinander versetzt verlegt sind. Breite Kupferblechstreifen rahmen die Fassadenöffnungen ein, setzen sich über die geschlossenen Wandbereiche fort und gliedern sie in Rechteckfelder. Sie bilden eine sichtbare Klammer um die einzelnen Zimmer, die je ein grosses Fenster und eine Fenstertüre besitzen. Situation N? Pläne CH_EFH_Vella Scale: 1:30 42 Scale: 1:1000 7 8 3 9 10 4 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 11 CH_EFH_Vella Hinterlüftungsspalt Scale: 1:1000 1 3 Schnitt 4 1 Isolation 0,035 CH_EFH_Vella 2 Vertikalschnitt 1:30 1 Swisspearl® CLINAR Platte 4 mm, Doppeldeckung 2 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 3 Hinterlüftung 4 Wärmedämmung 5 Beton 6 Verkleidung in Kupferblech 7 Kupferblech Bahnen mit spearl® Zementkompositplatte 4 mm, in Doppeldeckung Stehfälzen, sspearl® Zementkompositplatte 8 mmTrennlage 8 Bretterschalung terlüftung 9 Unterdachfolie medämmung 10 Dachschalung on kleidung in Kupferblech11 Sparren ferblech in Bahnen mit Stehfälzen, Trennlage tterschalung erdachfolie chschalung arren Scale: 1:1000 3. Obergeschoss Fertigbeton 0,03 1 3 4 Beton 0,035 5 5 6 Erdgeschoss 1:1000 «Das neue Haus orientiert sich an der Massstäblichkeit von Schule und Mehrzweckhalle und formuliert im Dialog mit diesen das talseitige Gesicht der Gemeinde Vella.» Allemann Bauer Eigenmann MASSGESCHNEIDERT Betagte wohnen in Vella im Dorfzentrum und in grossartiger Architektur. 43 44 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 ESSAY ARCHITEKTUR FÜR DEN KÖRPER Bestehen zwischen Mode- und Architekturentwurf tatsächlich Parallelen, wie vielfach behauptet wird? Der zen­ trale Aspekt von Bewegung und Beweglichkeit ist entscheidend. Ein dynamisch geformter Bau bleibt statisch, wenn auch seine Bewohner sich im Raum bewegen. Im Modedesign steht die Bewegungen des menschlichen Körpers unmittelbar mit der Beweglichkeit der Materialien in Beziehung. Bettina Köhler Der 1906 geborene anglo- amerikanische Modedesigner Charles James erhielt 1953 den Neiman Marcus Award for Distinguished Service in the Field of Fashion. Die Jury begründete James’ Auszeichnung mit einem überraschenden Argument. Er sei ein Designer, der der Mode mit seinen wunderbaren, zeitlosen Entwürfen Genius und Unsterblichkeit verleihe. Unsterblichkeit und Zeitlosigkeit galten und gelten nicht als die besonderen Kennzeichen der Mode. Im Gegenteil fasziniert sie gerade wegen ihrer Unbeständigkeit und ihrem irrationalen Wechsel. Sie bietet damit schon seit Langem Grund für begeisterte Zustimmung oder kulturpessimistische Kritik. Modedesignerinnen und -designer sind sich dieser Tatsache bewusst. Charles James und die zwei Generationen ältere Madeleine Vionnet suchten beide auf sehr unterschiedliche Weise in ihren Entwurfs- und Verarbeitungsprozessen Zeitlosigkeit. Eine Zeitlosigkeit, die man in der Architektur ihrer Kleider verwirklicht sehen könnte. Allerdings geht die Behauptung, es gäbe viele Parallelen im Entwurf und der Herstellung von Architektur und Mode, meist auf Interpreten und Kritikerinnen zurück, nicht aber auf die Modedesignerinnen und -designer selbst. ‹Architectural shaping› Was also ist dran an der Behauptung, dass es Parallelen zwischen dem Architektur- und dem Modeentwurf gibt? Welche Vorstellungen vom Plan eines Kleides, von seiner Struktur, von seinem dynamischen Raum? Welche Idee vom Verhältnis zwischen den in abstrakten Formen zugeschnittenen Textilien und den individuellen Körpermassen? Charles James experimentierte in Entwurfs- und Her­stellungsprozessen mit selbstentwickelten Schneiderbüsten, Unterkonstruktionen, Nahtverbindungen und vor allem mit einer unkonventionellen Schichtung und Verbindung von Materialien. So entstanden zugleich flexible als auch formbewahrende Kleider. Als ein herausragendes Beispiel in dieser Hinsicht gilt das Clover-Leaf-Kleid, 1953 entworfen für Mrs. William Randolph (Austine) Hearst Jr., das James selbst als sein Vermächtnis betrachtete. Harold Koda, Kurator der grossen Charles-James-Retro­ spektive, die 2014 im Metropolitan Museum of Art in New York stattfand, fasst die Besonderheit dieses Ballkleides unter dem Begriff des ‹architectural shaping› zusammen. «The supporting underskirts are not the usual boned hoops of flexible wands but multilayered canopies of boning, net, buckram, Pellon, and canvas sandwiched into shape. […] James treated the fixed contours of these engineered understructures as an architectural form that he ornamented without constraint, like a milliner trimming a hat. He pieced together a gown’s surface by juxtaposing materials that are not especially compatible with each other or with the cantilevered and form-retaining volumes he desired. […] The gown’s graphic power is possible because the seams that join the textiles are freed from structural requirements by the ingenious support system below. […] James thus elevated fashion to fine art, merging the science of engineering with aesthetics. The result is architecture for the body.» (Harold Koda, 2014, S. 193) Das Clover-Leaf-Kleid entsprach James’ Anspruch, massgeschneiderte Abendroben anzubieten, die auf die Herausforderung neuer Mode mit Bewegungen der Trägerin «gegen und in den Fluss des Materials» antworteten und in die Umgebung ausstrahlten. Der auf den Hüften balancierende Rock durfte den Boden nicht berühren und sollte sich, während seine Trägerin tanzte, wie der Rock einer Eiskunstläuferin in einer Pirouette heben und senken. Die Tänzerin sollte die Bewegungen in dieser glamourösen Hülle – trotz ihrer relativen Steifheit – als absolut komfortabel erleben und genau diese Empfindung dem Publikum vermitteln. MASSGESCHNEIDERT 45 Dessus de corsage en satin crème Flanelle de coton Armature Dessous de corsage en satin Maille de nylon Satin extérieur Jupon Maille de nylon Grain du tissu Couture du jupon évasé Peplum de satin crème Volant supérieur en velours noir Sous-Jupon Volant intérieur en faille Tissu non laineux Taffetas crème Combinaison de satin Double pli creux Jupon évasé Armature Maille de nylon Taffetas crème Tissu non laineux Grain du tissu Zeichnung des Clover-Leaf-Kleids von Charles James, 1953. 46 Kleeblatt-Kleid (Clover-Leaf) von Charles James, 1953, getragen von Mrs. Hearst. Robe dit Quatre Mouchoir von Madeleine Vionnet, 1920. Kleid von Madeleine Vionnet, in der ‹Vogue France› vom Mai 1932. SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 MASSGESCHNEIDERT Um derartig spektakuläre Ergebnisse in der Herstellung einer ‹Architektur für den Körper› zu erzielen, bedarf es einer stetigen professionellen Entwicklung in einem Bereich, der in der aktuellen Diskussion über die Parallelen von Architektur und Mode nur am Rande berührt wird. Die Bewegung der Materialien untereinander zu koordinieren, die Gravitationskraft auf die Stoffe sowie die Kräfte mit und gegen den bewegten Körper steht im Zentrum des Modeentwurfs. Unabhängig davon, ob ein massgeschneidertes Ballkleid oder ein seriell wiederholbares Deuxpièces entworfen wird, ob festlicher Glamour oder tägliche Nonchalance das Ziel einer Gestaltung sind: Die Entscheidung darüber, an welchem Punkt oder an welcher Fläche das Kleid am Körper ‹aufgehängt› wird und wie es sich von dort aus bewegt und bewegt wird, ist essentiell für Gebrauch und Wirkung der Mode. Wer ein Zelt betritt, wird dieses Zelt nicht bewegen, wer aber ein Kleid überstreift, versetzt es unmittelbar in eine Bewegung. Auf völlig andere Weise als Charles James hat Madeleine Vionnet in den 1920er- und 1930er-Jahren die ‹Architektur› von Kleidern interpretiert. Ihr erklärtes Ziel war die – natürlich immer gestaltete – Freiheit von Körper und Stoff, der Verzicht auf die konventionelle Trennung von Vorder- und Rückseite des Kleides, die zwangsläufig zu einer Seitennaht führt, und der völlige Verzicht auf stützende Unterkonstruktionen. Unstatische Hülle James arbeitete mit vielen Schichten, Vionnet dagegen mit einer oder mit zwei Schichten, die als solche sichtbar blieben. In einigen spektakulären Abendkleidern der frühen 1930er-Jahre kam sogar nur eine einzige fliessende Stoffschicht direkt mit dem Körper in Kontakt. Alles, was es im ‹Innern› der Kleider gab, waren strategisch platzierte Bänder, die eine Fixierung erlaubten, die sich aber in einem gewissem Raum bewegen konnten. Vionnets herausragende Bedeutung als Designerin beweglicher Stoffräume zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sie den Schnitt im schrägen Fadenlauf als Arbeitsmethode etablierte und meisterhaft ausführte. Damit kam sie ihrem Ideal eines nahtlosen, um den Körper laufenden Kleidvolumens näher. Sie führte das Kleid schmal an den Oberkörper, um es dann, in einem fliessenden Übergang um die Beine herum, in Volumen zu öffnen, die in Bewegung gleichwohl harmonisch blieben. Falten und Drapierungen fixierte sie nur so weit, dass diese immer einen Spielraum behielten, der mit den Bewegungen der Trägerin und den Eigenkräften des Kleides harmonisch ausbalanciert war. Der Schnitt im schrägen Fadenlauf verlieh dem Stoff eine Sprungkraft. Vionnet nutzte sie auch in Drapierungen und Verdrehungen so, dass die Geometrie der Konstruktion unsichtbar blieb und der resultierende Look ‹natürlich› bewegt und auf keinen Fall forciert erschien. Die Gestaltung von dynamischer Bewegung, die spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als Ausweis von Modernität und Fortschritt galt – erinnert sei hier an Sigfried Giedions Herrschaft der Mechanisierung – stand bei James wie bei Vionnet im Zentrum. Ihre sehr unterschiedlichen Zugänge sind bis heute im Modedesign als Konzepte fassbar. Selbst wenn man sich eingestehen muss, dass unter dem Einfluss der frenetischen Produktionsbeschleunigung die Ansprüche an die Qualität der Materialien und ihre präzise Verarbeitung zu einem bewegten und schönen Raum um den Körper dramatisch sinken. Deutlich wird gerade mit Blick auf die Thematik der Bewegung: Die Behauptung, dass zwischen Mode und Architektur Parallelen bestehen, kann immer nur Metapher sein. Eine aus Metallbändern gewobene Fassade, ein aus Kunststoffen gegossener Innenraum sind nur metaphorisch gesprochen 47 ‹fliessend› und ‹textil› oder eine ‹bewegliche Hülle›. In der Realität sind alle diese Elemente statisch und bieten allenfalls dem wahrnehmenden Blick einen Eindruck von Beweglichkeit. Das in letzter Zeit zu beobachtende, ausgesprochen starke Interesse der Architektur an Mode mag weniger auf diejenige Kleidermode zurückzuführen sein, die im stetigen Wechsel der Formen ihre Raison d’être findet, als vielmehr auf in der Schneiderei und in der Textilkunst aufgehobene Bilder und Möglichkeiten. Etwa das Bild einer mass­ geschneiderten Hülle statt einer standar­ disierten, neutralen, rein auf Kalkulation ­basierenden Architektur. Oder neue Herstellungstechniken für flexible raumbildende Elementen, die Muster und Ornamente integrieren und damit zur Individualisierung ­eines Raums beitragen. Würde man die Konzepte der hier vorgestellten Kreationen als Herausforderungen für den Architekturentwurf ernst nehmen, bedeutete dies nicht nur, der Beweglichkeit, dem Komfort, der Stärke und Ästhetik des Textilen im Zusammenspiel mit anderen Materialien (wieder) einen viel grösseren Platz einzuräumen. Es würde darüber hinaus erfordern, der individuellen Wahrnehmung und der dynamischen Bewegung Räume zu eröffnen, in denen Zweckmässigkeit und Eleganz das Ziel sind; nicht die Stapelung modularisierter Boxen, in denen der zugrundeliegende Algorithmus nur noch den Anschein von Variation und Lebendigkeit erzeugt. Literaturhinweise Harold Koda, Jan Glier Reeder (Hg.), Charles James: Beyond fashion, New York 2014. – Jéromine Savignon, L’esprit Vionnet, Université de la Mode, Lyon 1994. – Brooke Hodge, Skin + bones. Parallel practices in fashion and architecture, Los Angeles 2007. – Deborah Fausch, Paulette Singley, Rodolphe El-Khoury, Zvi Efrat (Hg.), Architecture: In Fashion, New York 1994. 48 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 Manche Texturen und Strukturen von Fassaden erinnern an Web- und Strickmuster von Stoffen. Strickkleider aus der Herbst-/Winterkollektion 2014/15 von Xess & Baba aus Zürich. Verschiedenfarbiger Swisspearl® Fassadenschiefer am Alters- und Pflegeheim in Hasle-Rüegsau von Opus Architekten (2007/08). MASSGESCHNEIDERT 49 50 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 51 SCHIEBELÄDEN AUF DER GESCHICHTE BAUEN Studio Autori hat auf einem früheren serbischen Landgut einen Neubau geschaffen, der sich vom bestehenden Ensemble absetzt und dennoch an die Geschichte des Ortes erinnert. Fassade, Dachbedeckung und insbesondere die Schiebeläden aus dunkelgrauen Swisspearl-Platten verleihen dem preisgekrönten Gebäude einen schlichten, modernen Charakter. Mirko Beetschen Gleich der erste Bau, den Studio Autori vom Konzept bis zur Fertigstellung verantwortete, trug dem jungen Büro viel Anerkennung ein. Vor sechs Jahren hatten Dijana Novaković, Maja Trbović, Aleksandra Nikitin und Dušan Nenadović mit ihrem Wettbewerbsbeitrag den Auftrag gewonnen, ein altes Landgut in ein Kulturzentrum zu verwandeln. Das Gut in Mokrin, einer geschichtsträchtigen Stadt in der serbischen Provinz Vojvodina im Nordosten des Landes, nahe der rumänischen Grenze, ist ein typisches Beispiel eines landwirtschaftlichen Familienbetriebs des 19. Jahrhunderts in dieser Region. Der neue Besitzer wollte die alten Gebäude, soweit möglich, sanieren und für kulturelle Projekte, Gästezimmer und insbesondere dazu nutzen, um lokale Erzeugnisse bekannt zu machen. Terra Panonica, wie das Projekt heute heisst, hat sich inzwischen zur interdisziplinären Plattform entwickelt, die das ländliche Leben im kriegsgeschädigten Land revitalisieren und fördern will. Das bauliche Konzept sah vor, den einstigen Hof und seine Atmosphäre in einer zeitgemässen Form zu interpretieren. Den Architekten stellte sich nicht nur die Aufgabe, vier historische Bauten zu sanieren, sondern auch einen Neubau mit Büros und Multifunktionsräumen zu realisieren. ‹Haus B›, wie die neue Einheit heisst, ersetzt das ehemalige Wohnhaus der Gutsfamilie von 1878; es befand sich in sehr schlechtem Zustand und musste abgerissen werden. «Unser Konzept für den Neubau sah vor, Form und Proportionen der ehemaligen Struktur beizubehalten», erklärt die Architektin Aleksandra Nikitin von Studio Autori, «aber mit neuen, innovativen Materialien.» Auf der Suche nach einem identischen Material für Fassaden und Dach, um dem Bau ein monolithisches Erscheinungsbild zu verleihen, stiessen die Architekten auf die Swisspearl-Produkte. «Die perfekte Wahl, wie sich später herausstellte», sagt Aleksandra Nikitin. «Sie bot uns nicht nur eine Gesamtlösung für Fassade und Dach, sondern kam auch dem Wunsch des Kunden entgegen, dauerhafte und ökologische Materialien zu verwenden.» Das Architekturquartett kleidete das formal einfache, zweigeschossige Gebäude komplett in dunkelgraue Zementkompo­sitplatten. «Die Fassade zur Strasse ist ein Nachbau der alten Fassade punkto Proportion, Position und Anzahl Öffnungen», erklärt die Architektin weiter. «Auf der Hofseite haben wir eine andere Idee realisiert: Da hat die Fassade viele Fenster und Glastüren, die das Gebäude zum Gut hin öffnen.» Allerdings können diese Öffnungen mit Schiebeläden aus denselben Swisspearl-Platten geschlossen werden und bilden so eine komplett zusammenhängende Fassade. Während aussen dunkle Farben den Ton angeben, dominieren im Innern nüchterne, weisse Flächen und helles Holz. Die Büros und Multifunktionsräume können je nach Bedarf unterteilt werden und sind mit einer Küche und technischer Ausrüstung bestückt. Eine gros­se Holzbank im Werkraum im ersten Geschoss wurde aus den Holzbalken des alten Hau­ses gefertigt. ‹Haus B› war das erste Gebäude auf dem Terra-Panonica-Gelände, das fertig­gestellt wurde. 2012 erfolgte die Sanierung eines der Originalbauten. Beide Projekte trugen Studio Autori Auszeichnungen am jährlichen Architektursalon in Belgrad ein. Bürogebäude Terra Panonica, Mokrin, Serbien Standort Svetog Save 25, Mokrin Bauherrschaft Terra Panonica d. o. o, Mokrin Architekten Studio Autori, Belgrad Bauzeit 2010 Fassaden- und Dachbau Vodotermika Inženjering, Smederevska Palanka Fassadenmaterial Swisspearl® LARGO, XPRESSIV Dark Grey 8220 Dachmaterial Swisspearl® LARGO, CARAT Anthrazit 7020 R 52 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 53 «Swisspearl war die perfekte Wahl, um einen ‹monolithischen› Block zu schaffen; es lieferte uns eine Lösung für Dach und Fassade.» Aleksandra Nikitin 54 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 SER-104_Terra_Panonica_Mokrin SER-104_Terra_Panonica_Mokrin Vertical section «Uns war wichtig, dass unser Ansatz von Anfang an 1:? klar wird: Scale: eine Reinterpretation des lokalen Scale: 1:20 Erbes, umgesetzt mit zeitgenössischen Formen und Materialien.» Aleksandra Nikitin Hinterlüft 2 9 10 11 SER-104_Terra_Panonica_Mokrin Scale: 1:400 1 Swisspearl® cement composite panel 8 mm 2 Swisspearl® cement composite panel 8 mm, R-finish (roofing) 3 ventilation cavity 4 moisture barrier 5 thermal insulation 6 thermal block 7 conrete beam 8 plaster 9 aluminium sub framing, to be procured localy 10 waterproofing 11 wooden board 12 vapour barrier 13 gypsum board 5 12 Isolation 0 SER-104_Terra_Panonica_Mokrin 1 13 3 7 Vertikalschnitt 1:20 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm 2 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm, Oberfläche für Dach 3 Hinterlüftung 4 Feuchtigkeitssperre 5 Wärmedämmung 6 Wärmedämmstein 7 Betonträger 8 Putz 9 Aluminiumunterkonstruktion, von lokalem Anbieter 10 Abdichtung 11 Holzplatte 12 Dampfsperre 13 Gipsplatte 8 4 Scale: 1:400 5 6 Obergeschoss Fertigbeto 7 Beton 0,035 1 Erdgeschoss 1:400 Die Form des Gebäudes und die Positionierung der Fenster in der Fassade zur Strasse sind die einzige Referenz auf die lokale Architekturtradition. Zur Hofseite zeigt die Fassade hingegen eine Vielzahl verschiedener Öffnungen. 55 56 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 57 PERFORATION EINBLICKE UND AUSBLICKE Die Bewohner der Überbauung Patio in Rheinfelden wohnen kompakt und nach innen gerichtet. Die hohe Baudichte im Wohnquartier und der fehlende Weitblick inspirierte die Architektinnen, ein mehrgeschossiges Patiohaus zu entwerfen. Perforierte Zementkompositplatten sorgen für eine Auflockerung der Fassade. Michael Hanak Nachdem Hansruedi Mergenthaler sein Baugeschäft in Rheinfelden altershalber verkauft hatte, wollte er das ursprüngliche Werkgelände mit Wohnhäusern überbauen. Das zentrumsnahe Quartier befindet sich seit einigen Jahren im Umbruch: Die grossen Neubauten mit vielen Wohnungen profitieren von der Nähe zur Stadt Basel und zum Rhein. Mit dem Entwurf beauftragte er seine Tochter Lea Mergenthaler, die zusammen mit Miriam Braun das Architekturbüro raum.werk.plus in Luzern führt. Welcher Bautyp eignet sich fürs Wohnen in einer Eigentumswohnung heute am ehesten?, fragten sich die Architektinnen. Viele Eigenheimbesitzer wünschen sich einen Rückzugsort, ein individuell gestaltetes Gebäude und möglichst viel Raum. In einem zunehmend dichter bebauten Wohngebiet sind Patiohäuser eine mögliche Lösung, befanden die Architektinnen. Das Projekt besteht aus drei Gebäuden mit quaderförmigen Umrissen und je drei Geschossen: zwei Reihenhäusern mit zwei respektive drei Einheiten und einem Maisonnette-Haus. Die Wände der Reihenhäuser sind aus Dämmbeton gefertigt, der an den Fassaden und in den Patios sichtbar belassen wurde. Das Maisonnette-Haus ist mit weissen Zementkompositplatten umhüllt: Es beherbergt im Erdgeschoss eine Arztpraxis und darüber drei Maisonnettes. Die Höfe sind im obersten oder im zweit­ obersten Geschoss platziert, bei jeder Wohnung an einer anderen Stelle. Unterschiedlich grosse Wandausschnitte stellen gezielte Blickbezüge her: in den Jurawald und in die nahen Hügelzüge, aber auch in die Gärten der Nachbarschaft. Da die Höfe im Maisonette-Haus immer an eine Fassade grenzen, entschieden sich die Architektinnen gegen Dämmbeton und für eine hinterlüftete Fassade mit Aussenwärmedämmung. Vorgehängt sind weisse, perforierte Swisspearl-Platten. Sie legen sich wie eine feine Hülle über das Gebäude – halbtransparent wie ein Gewebe, leicht wie ein Stoff und dennoch schützend wie ein Filter. Die Perforation spinnt das Thema von beschränkter Öffnung und Durchläs­ sigkeit fort. Und in den Höfen entsteht ein Spiel von Licht und Schatten. Licht nach innen und Blicke nach draussen bieten die performierten Platten auch vor einigen Badezimmer- und WC-Fenstern. Die Lochungen messen im Durchmesser 25 und 35 Millimeter und sind in zwei Gruppen angeordnet, die wiederum gespiegelt werden. Die gewählte Anordnung hält die Montagestege frei und gewährleistet die Schutzanforderungen. Die Patios dienen den Wohnungen als abgeschirmte Aussenwohnräume, bringen Licht ins Haus und ermöglichen Ausblicke in die Nachbarschaft. Mittels grosser Schiebetüren lassen sie sich mit den Innenwohnräumen verbinden. Die Überbauung Patio reiht die Wohneinheiten mit den oft doppelgeschossigen Höfen nebeneinander an und leistet damit eine ortspezifische Lösung: individuelles Wohnen mit hohen Aussenraumqualitäten im sich verdichtenden Quartier. Überbauung Patio, Rheinfelden, Schweiz Standort Baslerstrasse 1–3, Margaretenweg 19 Bauherrschaft Mergenthaler AG, Rheinfelden Architekten raum.werk.plus, Luzern: Lea Mergenthaler, Miriam Braun Bauzeit 2012–2014 Fassadenbau Salm Fassadenbau AG, Schinznach-Dorf Fassadenmaterial Swisspearl® LARGO perforiert, PLANEA Weiss P 111 58 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 Pläne CH_Patiohaeuser_Rheinfelden Scale: 1:500 haeuser_Rheinfelden «Nebst der Flexibilität bezüglich Haushnitt grösse ermöglichen die Grundrisse 0 eine hohe Planungs- und Nutzungsflexibilität.» Lea Mergenthaler Mst: 1:2000 Obergeschoss Mst: 1:1000 Mst: 1:500 Schnitt 0,2 Ansicht 0,09 Mst: 1:200 Folien 0,09 Vertikalschnitt 1:20 1 Swisspearl® LARGO Platte 8 mm, perforiert 2 Hinterlüftung, vertikales Aluminiumprofil 3 Feuchtigkeitssperre 4 Wärmedämmung, Mineralwolle 5 Beton 6 Wandhalter 7 Backstein 8 Rollstoren verdeckte Ansicht 0,09 Achsen 0,09 Mst: 1:100 Hinterlüftungsspalt von min. 2,5 cm Massivholz 0,035 Holzwerkstoff 0,035 Natur / Steinplatten 8 Isolation 0,035 Backstein 0,035 Holz g 1 2 3 4 5 6 Erdgeschoss 1:500 7 Fertigbeton 0,035 59 Neben den Patios in den Gebäuden umgibt ein hofartiger, privater Aussenraum die drei Bauten. 60 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 61 BEFESTIGUNG SICHTBAR GENIETET Die Befestigungstechnik der Zementkompositplatten ist ein ausgeklügeltes System, in dem etwa klimatische Bedingungen – Temperatur, Feuchtigkeit und Windsog –, die Art der Unterkonstruktion, Befestigungsdistanzen und, nicht zuletzt, ästhetische Fragen eine Rolle spielen. Mit Viktor Rupf, Produktmanager Zubehör Eternit (Schweiz) AG, sprach Rahel Hartmann Schweizer. Zementkompositplatten werden geschraubt oder genietet. Welche Technik kommt wann zum Einsatz? Schrauben werden bei einer Unterkonstruktion aus Holz eingesetzt, Aluminium- oder Stahlnieten bei einer solchen aus Aluminium oder Stahl. Wie muss man sich den Nietvorgang vorstellen? Der sogenannte Blindniet besteht aus dem Nietkörper mit Kopf an der Vorderseite und einem längeren, durchgesteckten Dorn am hinteren Nietende, der mit einer Sollbruchstelle versehen ist. Durch Ziehen des Dornes wird der Niet am Schaftende gestaucht, das heisst, es entsteht eine Aufweitung. Der Dorn selbst reisst an der Sollbruchstelle ab. Wie viele Nieten braucht es pro Quadratmeter? Durchschnittlich sind es insgesamt sechs Nieten pro Quadratmeter – also deutlich weniger als beim Eiffelturm! Die Anzahl bemisst sich – abgesehen von der Last der Platten – nach Faktoren wie Abmessungen, Höhe, Form und Lage des Gebäudes. Ausserdem ist es wichtig, bestimmte Abstände einzuhalten. So betragen die Randabstände maximal 100 und minimal 40 Millimeter seitlich und 80 Millimeter oben und unten. ten pro Platte werden jeweils in Festpunkthülsen montiert. An ihnen hängt das Gewicht, sie nehmen die Schwerkraft auf. Die übrigen – ohne Hülsen – fungieren als Gleitpunkte, um ein gewisses Spiel zu ermöglichen. Diese nehmen ausschliesslich die Windlast auf. Sie haben eingangs den Eiffelturm erwähnt. Dort empfindet man die Nieten selbstverständlich als Teil der Konstruktion. Bei den Swisspearl ® LARGO Platten hingegen dürften sie Architekten manchmal eher als störend empfinden. Könnte man sie nicht kleiner machen oder verdeckt montieren? Viele Architekten möchten am liebsten unsichtbare Befestigungen. Es bedarf jedoch eines Kopfdurchmessers von 15 Millimetern, weil die Bewegungen sonst ein Problem darstellen. Mit Swisspearl® SIGMA 8 haben wir ein System entwickelt, mit dem die Befestigung verdeckt erfolgen kann: Dabei werden Agraffen mit Nieten oder Schrauben an der Unterkonstruktion und mit Spreizankern an der Platte befestigt. Die Montage der Systemanker erfolgt im Werk. Andere Architekten machen sich die Befestigung als Gestaltungselement zunutze – nach dem Motto, «wenn man sie schon sieht, dann soll sie auch auffällig in Erscheinung treten». Dafür haben wir verschiedene Formen von Zierhülsen oder Zierköpfen entwickelt: zylindrische und konische Formen, Kegel, Alu farblos eloxiert oder auch in Farbe oder rostfreier Stahl. Wir bieten inzwischen eine Auswahl davon an, doch jeder Kunde kann seine Form wünschen. Inwiefern ist die Lage des Bauwerkes entscheidend? Die Lage spielt wegen der klimatischen Verhältnisse eine Rolle, wobei vor allem Wind, Temperatur und Feuchtigkeit ins Gewicht fallen. In windigen Tälern sind die Windlasten höher als mitten in der Stadt. Hinzu kommt, dass die Zementkompositplatten eher auf Feuchtigkeit und das Aluminium eher auf Temperatur reagiert. Deshalb müssen sich diese bewegen können. Wie stellen Sie sicher, dass die Platten diese Differenzen auffangen und nicht reissen, dass sie sowohl gut befestigt sind, als auch eine gewisse Beweglichkeit haben? Indem wir Fest- und Gleitpunkte definieren. Zwei Nie- Viktor Rupf hält für Swisspearl-Platten eine ­Auswahl verschiedener Befestigungsteile bereit. Nieten und Zierköpfe sind Teil des Fassaden­ designs, etwa bei der Fassade der Kindertagesstätte in Ennetbaden. 62 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 ARCHITEKTURKONGRESS AIA CONVENTION IN CHICAGO Annähernd 20 000 Architekten, Designer, Aussteller, Sponsoren und Medienvertreter wohnten dem diesjährigen Kongress des American Institute of Architects (AIA) in Chicago bei: eine attraktive Plattform für Swisspearl, dessen Auftritt das Thema der Tagung widerspiegelte. Rahel Hartmann Schweizer «Design with Purpose», unter diesem Titel stand der Kongress, den das American Institute of Architects (AIA), die grösste Architektenvereinigung der USA, Ende Juni in Chicago veranstaltete. Dabei wollten die Organisatoren ‹purpose› ebenso als Substantiv wie als Verb verstanden wissen und das ‹Was› als auch das ‹Wie› des Architekturschaffens thematisieren. Das ‹Was› kreiste um die Aspekte von Nachhaltigkeit, Komfort, Sicherheit und Gesundheit – zum Beispiel unter dem Titel «Green Health: Opportunities for Partnership Between Public Health and the Green Building Industry». Das ‹Wie› fokussierte die Zusammenarbeit, offen sein für soziale Medien und neue Technologien nutzen – etwa beim Thema «Design Drawing: Combining Traditional Hand Drawing Methods with Advanced Digital Tools». In den Kongress eingebunden waren auch Firmen, die ihre Produkte, Dienstleistungen und Technologien präsentierten. Swisspearl stellte sein neues Logo vor, das von der Schwesterfirma Swisspor aus Polystyrol gefertigt in mehreren Ausführungen über dem Stand prangte. Dem Tagungsmotto entsprechend sollte der Stand zudem Offenheit nach aussen signalisieren: mit einer leichten MDF-Holzkonstruktion, die nach zwei Seiten hin geöffnet und auf einer dritten mit einer semi-transparenten Folie bespannt war. Die Strategie ging auf: 463 Architektinnen und Designer besuchten den Stand, mit 30 bis 40 Prozent von ihnen wird Swisspearl voraussichtlich den Kontakt pflegen können. Auch auf das ‹Was› und das ‹Wie› bot Swisspearl Antworten: Die Farbmuster aller gängigen SwisspearlFarbfamilien – Carat, Reflex, Xpressiv, Planea und Nobilis – vermittelten einen Überblick über das Gesamt­ sortiment. Die Besucher konnten die Fassadenplatten in verschiedenen Stadien ihres Einsatzes betrachten: in einem Regal, das die Material- und Farbproben wie Buchtitel präsentierte, an zwei Mock-ups in der Mitte des Stands sowie auf einem Foto eines gebauten Objekts. Dabei handelte es sich um eine von den Architekten Mojca Guzič und Gregor Trplan im slowenischen Velenje realisierte Busstation. Die Wahl erwies sich als besonders glücklich. Das Bild der perforierten Platten des Gebäudes – ausgeführt in Swisspearl® LARGO, CARAT Elfenbein 7236 – hatte man auf ein halbtransparentes Textil gedruckt. So entstand ein reizvolles visuelles Spiel. Der AIA-Kongress 2015 wird in Atlanta stattfinden, und bereits heute ist klar, dass Swisspearl das Konzept der Transparenz beibehalten will. Verstärkt will es aber die Kompetenz auf dem Gebiet spezifischer Kundenlösungen präsentieren, die über das Standardsortiment hinausgehen. Am Stand von Swisspearl informieren und ­ bera­ten die Mitarbeiter die interessierten Tagungsbesucher. 63 64 SWISSPEARL ARCHITECTURE #21 Swisspearl Architecture ist die international vertriebene Zeitschrift der Eternit (Schweiz) AG und stellt deren Zementkompositprodukte in den Kontext der aktuellen Architektur. Herausgeber Umschlag Eternit (Schweiz) AG CH-8867 Niederurnen Telefon +41 (0)55 617 11 11 [email protected] www.swisspearl.ch Abbildungsnachweis Redaktionskommission Robert Wirichs Philippe Carrard Christine Dietrich Janine Löpfe Marco Pappi Daniel Steinmann Sandra Winteler Redaktion Michael Hanak, Zürich Lektorat Marion Elmer, Zürich Übersetzung Marion Elmer / Nina Toepfer, Zürich Gestaltung Bernet & Schönenberger, Zürich Plangrafik Deck 4 GmbH, Zürich Druck Galledia AG, Flawil Auflage 20 000 Schriften Brown Pro, Mercury Text English edition ISSN 1661–3260 Édition française ISSN 2297–1637 Deutsche Ausgabe ISSN 2297–1629 U1: John Edward Linden, ­Woodland Hills , CA U2: Hans Schürmann, Zürich / Berlin, © Gewerbemuseum Winterthur U3: Jürg Zimmermann, Zürich U4: Claes Westlin, Malmö S. 2: Roland Halbe, Stuttgart S. 4 oben: FMGB Guggenheim Bilbao Museo, Bilbao S. 4 Mitte: Georges Fessy, Lyon © DPA/Adagp S. 4 unten: Wiiii; commons.wiki­ media.org S. 5: Jakob Schlaepfer, St. Gallen S. 6–11: Renè Riller, Schlanders S. 12–17: Lee Ki-Hwan, Ansan-city, Kyunggi-do S. 18–23, 25: Steve Wanke, ­ Warren / OR S. 24: Miller Hull Partnership, ­Seattle S. 26–33: John Edward Linden, Woodland Hills, CA S. 35–39: Wayne Johnson, North Liberty, IA S. 40–43, 49, 56–59, 60 / 61: Jürg Zimmermann, Zürich S. 45: Zeichnung von Bill Wilkinson, in: Richard Martin, Charles James, Paris 1997 S. 46 oben: Unbekannt © Bettmann / Corbis S. 46 Mitte: In Pamela Gobin (Hg.), Madeleine Vionnet, Puriste de la Mode, Paris 2010, S. 86 / 87 S. 46 unten: George Hoyningen-­ Huene © Condé Nast Archive /­ Corbis S. 48: Xess & Baba, Zürich S. 50–55: Vladimir Sretenović, ­Kikinda S. 62/63: Warren Perlstein, ­Chicago Autoren Michael Hanak ist Kunst- und Architekturhistoriker in Zürich. Mit Vorliebe widmet er sich der jüngs­ ten Architekturgeschichte und dem gegenwärtigen Umgang damit. Zudem publiziert er über zeitge­ nössische Architektur. Anna Roos ist Architektin in Bern. Sie schreibt über aktuelle Architekturgeschehnisse und arbeitet auch als Übersetzerin und Lektorin. Zurzeit verfasst sie ihr erstes Buch für DAAB Publishers. Patrick Zamariàn arbeitet als ­frei­schaffender Autor und Übersetzer. Zurzeit schreibt er seine Doktorarbeit über britische Nachkriegs­architektur an der University of Liverpool. Mirko Beetschen ist freier Journa­ list in Zürich und im Berner Oberland. Als Partner der Bergdorf AG gibt er Bücher zu Wohnund Architekturthemen heraus. Im September 2014 ist sein erster Roman Schattenbruder erschienen. Bettina Köhler ist promovierte Kunsthistorikerin in Basel und seit 2005 Professorin für Kunst- und Kulturgeschichte an der Hoch­ schule für Gestaltung und Kunst in Basel. Ihre Arbeitsgebiete umfas­ sen vor allem Materialität und Raum in Architektur und Mode, Ideen- und Begriffsgeschichte in Design und Architektur, Wohn­ interieurs, Körper-Geschichte. Rahel Hartmann Schweizer ist Kunst- und Architekturhistorikerin in Bern und Zürich. Nach Tätigkeit als Fachredaktorin und einer Dissertation über den Architekten Otto Kolb schreibt sie über die Inter­ disziplinarität zwischen Architektur, Kunst und Ingenieurwesen. Rechtliche Hinweise Alle Texte, Bilder und Grafiken in dieser Publikation werden durch das Copyright und das Urheber­ recht geschützt. Die Rechte an den Texten liegen bei den Autoren. Kein Teil dieses Werks darf in irgend­ einer Form vervielfältigt, verbreitet, weiterverarbeitet oder Dritten für kommerzielle Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Zudem befinden sich auf einigen Seiten Werke, deren Copyright Dritte besitzen. Die Inhalte dieser Publikation wurden mit grösster Sorgfalt zusammengestellt und geprüft. Trotzdem übernimmt der Herausgeber keine Garantie für die Fehlerfreiheit oder die Richtigkeit aller Angaben. Die Pläne stellten die Architekten freundlicherweise zur Verfügung. Die Detailpläne wurden zur besseren Lesbarkeit überarbeitet; für deren Richtigkeit kann die Redaktion keinerlei Garantie übernehmen. Abgesehen von CARAT Onyx, ­Bernstein und PLANEA werden alle ­Swiss­pearl® LARGO Platten ausschliess­lich in der S ­ chweiz hergestellt. MASSGESCHNEIDERT Swisspearl Architecture befasst sich in dieser Ausgabe mit ­massgeschneiderten Lösungen für Fassaden und Dächer. Abgewinkelte Gebäudeformen, vielgestaltige Öffnungen oder ein ­besonderer architektonischer Ausdruck erfordern anpassbare, variable und doch präzise Baumaterialien – so entstehen auf individuelle Bauten und Kunden zugeschnittene Produkte.