Zähne als wertvolle Informationslieferanten bei der

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Amt für Archäologie
Zähne als wertvolle Informationslieferanten bei der Skelettuntersuchung
Sabine Landis, Anthropologin
Im letztjährigen Sommer wurden bei der Grabung in Eschenz-Mettlen einige weitere Gräber
entdeckt, welche neben Beigaben wie Schmuck und Schwerter auch Reste der Skelette beinhalteten.
Die menschlichen Überreste jener Personen aus dem 6.–7. Jahrhundert n. Chr. wurden behutsam geborgen und liegen nun in der Obhut der Anthropologin Sabine Landis vom Amt für Archäologie Thurgau. Neben einer sorgfältigen Reinigung der leider stark fragmentierten und oft
unvollständigen Skelette steht eine genaue Analyse an.
Das menschliche Skelett erzählt der Anthropologin vieles über die lebende Person und über
das Leben und Sterben jener Zeit. Wer waren sie, wer hat da gelebt und gearbeitet und mit was
für Leiden hatten diese Menschen zu kämpfen?
Neben der Frage, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt, steht auch die Frage nach
dem Alter der Personen im Mittelpunkt. Erreichten sie ein hohes Alter oder starben sie sogar
schon im Kindesalter.
Viele Elemente am Skelett können auf diese Fragen Antworten liefern. Neben der Verwachsung
sog. Wachstumsfugen, welche für das Körperwachstum verantwortlich sind und ihren Dienst
mehrheitlich bis Mitte 20 beendet haben, geben Abnutzungspuren an ganz bestimmten Bereichen am Skelett Hinweise auf das Alter. Minutiös werden alle Hinweise zusammengetragen und
verglichen, um das Alter der Person möglichst genau zu bestimmen. Im Falle der frühen
Eschenzer Bevölkerung gestaltet sich das oft schwierig, da nur wenige der wichtigen Elemente
erhalten sind. Deshalb ist oft nur eine grobe Einschätzung von plus/minus 10 Jahren möglich.
Bei den Kindern sieht es etwas anders aus. Eines der informativsten Elemente am kindlichen
Skelett ist das Gebiss, bzw. dessen Entwicklung. Sobald erste Milchzähne vorhanden sind,
oder besser, wenn sich langsam das erwachsene Gebiss entwickelt, ist eine sehr genaue Altersbestimmung möglich. Die Entwicklung des Gebiss ist sehr gut dokumentiert und wurde von
mehr als einem Wissenschaftler genau dargestellt (Abb.1). Bei einem Skelett sind meist auch
Zähne erkennbar, welche sich noch im Kieferknochen am Entwickeln waren. Während ihrer
Entwicklung stossen diese Zähne dann durch den Knochen und würden die Milchzähne langsam ersetzen. Sind genügend Zähne eines solchen Mischgebisses erhalten, ist eine sehr genaue Altersbestimmung von plus/minus 2 Jahren möglich.
Aber selbst mit wenigen Zähnen unterschiedlicher Entwicklungsstufen (Milchzähne und erste
Zähne des erwachsenen Gebisses) ist es möglich, eine gute Altersschätzung aufzustellen. Dabei ist es wichtig, jedes Detail zu beachten. Wie weit sind die Wurzeln von noch im Kiefer steckenden Zähnen entwickelt? Hat die Wurzel des Milchzahnes bereits begonnen sich zurückzubilden (ein erstes Anzeigen, dass der Zahn von unten zu stossen beginnt)? Wie viele Zähne
des erwachsenen Gebisses sind schon vollständig ausgebildet? Gute Kenntnisse in der Morphologie der Zähne sind hierfür Voraussetzung, denn nicht immer sind die Zähne noch im Knochen verankert. Aber auch lose Zähne müssen für die exakte Altersbestimmung identifiziert
werden, um den Status des Gebisses rekonstruieren zu können (Abb.2).
Zähne sind sehr wertvoll für die anthropologische Analyse. Neben dem Alter, kann die Abnutzung der Zähne bei Erwachsenen auch Vieles über das Essverhalten preisgeben. Zahnkrankheiten erzählen u.a. etwas über das Essen, die Zahnpflege (oder eben deren Abwesenheit)
oder über die Verwendung der Zähne als Werkzeug. Aus den Zähnen wird die DNA entnommen, die weitere Informationen zum Individuum, aber auch der Bevölkerung liefert.
Eine Anmerkung zum Schluss: bei der frühen Eschenzer Bevölkerungen gibt es kaum Zahnfehlstellungen. Sind die Zähne noch gesund, also noch nicht von Karies zerfressen, ist die
Zahnreihe meist tadellos.
Sabine
Amt für Archäologie
Abbildung 1: Entwicklung des Gebiss, nach Ubelaker 1980 aus Schaefer M, Black SM, and Scheuer L. 2009. Juvenile osteology: a
laboratory and field manual.
Abbildung 2: Zähne und Schädelfragmente Skelett 2 Eschenz-Mettlen. Nach Zahnstatus 7–9Jahre alt.
Foto: AATG, Arbeitsfoto Sabine Landis, www.archaeologie.tg.ch
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