Experimentalphysik 4 - SS09 Physik der Atome und Kerne Prof. Dr. Tilman Pfau 5. Physikalisches Institut Übungsblatt 09 Besprechung: 1. Juli Aufgabe 1: Korrespondenzprinzip 2 (1,1) Punkte Gegeben ist ein Teilchen der Masse m in einem eindimensionalen unendlich tiefen Potentialtopf der Breite L. Es sollen die Energien En bestimmt und das Korrespondenzprinzip verifiziert werden. a) Um die Energieniveaus En des Teilchens zu bestimmen, muss das eindimensionale Wegintegral der Bohr-Sommerfeldschen Quantisierungsbedingung I nh = pdx n = 1, 2, 3, ... berechnet werden. Drücken Sie p dabei durch die Energie des Teilchens aus. b) Zeigen Sie, dass hier das Korrespondenzprinzip gilt und die quantenmechanischen Lösungen für große n in die Klassischen übergehen: ∆E = hν. Berechnen Sie dazu die Energie eines Quants ∆E = En −En−1 für n → ∞ und drücken Sie n durch En aus. Betrachten Sie für den klassischen Fall ein im Potentialtopf umlaufendes Teilchen mit der Energie E und leiten Sie den Ausdruck für die Frequenz ν ab. 1 Aufgabe 2: 3 (1.5, 1.5) Punkte H-Atom Die Schrödingergleichung des H-Atoms kann durch einen geeigneten Separationsansatz in Kugelkoordinaten gelöst werden: Ψnlm (r, ϑ, ϕ) = Rnl (r) · Ylm (ϑ, ϕ) n = 0, 1, 2, 3, ... l = 0, 1, ..., n − 1 m = −l, −l + 1, ..., l − 1, l (2.1) Ylm bezeichnet dabei die sogenannten Kugelflächenfunktionen als Eigenzustände der Drehimb 2 und L b z und enthält die Winkelabhängigkeit der Wellenfunktion des H-Atoms. pulsoperatoren L Der Radialteil wird durch Rnl beschrieben. Im allgemeinen Fall eines Z-fach positiv geladenen Kerns haben diese Funktionen für kleine Quantenzahlen n,l und m die folgende Form: 3 exp − Zr a0 3 2 Zr Zr R20 (r) = 2 2aZ0 1 − 2a exp − 2a0 0 3 2 Zr Zr R21 (r) = √13 2aZ0 a0 exp − 2a0 R10 (r) = 2 Z a0 2 Y00 (ϑ, ϕ) = Y10 (ϑ, ϕ) = √1 4π q 3 4π cos ϑ q 3 Y1±1 (ϑ, ϕ) = ∓ 8π sin ϑ e±iϕ (2.2) Mit a0 wird hier der Bohrsche Radius bezeichnet. Setzen Sie im Folgenden Z = 1 für Wasserstoff. a) Das Betragsquadrat der Wellenfunktion kann als Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte wnlm des Elektrons an einem bestimmten Ort interpretiert werden: wnlm (r, ϑ, ϕ)dV = |Ψnlm (r, ϑ, ϕ)|2 dV = Ψ∗nlm (r, ϑ, ϕ)Ψnlm (r, ϑ, ϕ)dV (2.3) Daraus erhält man die radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte durch Integration über die Winkel: radial (r)dr wnlm Zπ Z2π = 0 Ψ∗nlm (r, ϑ, ϕ)Ψnlm (r, ϑ, ϕ) r2 dr sin ϑdϑdϕ = r2 |Rnl (r)|2 dr (2.4) 0 Eine Eigenschaft der Kugelflächenfunktionen ist hierbei, dass die Winkelintegration über |Ylm |2 auf eins normiert ist. Für welchen Radius ist die radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte des Grundzustandes Ψ100 maximal? Vergleichen Sie das Ergebnis mit dem quantenmechanischen Erwartungswert der radialen Aufenthaltswahrscheinlichkeit hri (nicht des Ortes ~r !) hri = hΨ100 |r|Ψ100 i = y Ψ∗100 (r, ϑ, ϕ) r Ψ100 (r, ϑ, ϕ) dV (2.5) R3 als Maß für den mittleren radialen Aufenthaltsort des Elektrons im Zustand Ψ100 . b) Plotten Sie (am besten mit einem Mathematikprogramm wie Maple, Mathematica, gnuplot, Matlab , ...) die Radialfunktionen R10 (r), R20 (r) und R21 (r). Wodurch unterscheiden sich Zustände mit l = 0 von denen mit l = 1? Machen Sie sich die Radialsymmetrie der Betragsquadrate der Kugelflächenfunktionen Y10 und Y1±1 klar und zeichnen Sie deren Verlauf in einem Polardiagramm oder 3D-Plot. Aus der Chemie sind eventuell die äußerlich identischen px -, py - und pz -Orbitale bekannt. Für n = 2 werden sie durch geeignete Linearkombinationen der Zustände Ψ210 , Ψ211 und Ψ21−1 gebildet, wobei Ψ210 bereits das pz -Orbital darstellt. Linearkombinationen sind nach wie vor Lösung der Schrödingergleichung, wenn alle Zustände Lösungen zum gleichen Energieeigenwert En sind. Überprüfen Sie graphisch, ob Y11 ± Y1−1 zu den px - und py -Orbitalen äquivalente Hanteln darstellen. 2 Aufgabe 3: Optische Übergänge und Parität 4 (1,2,1) Punkte Die bereits bekannten Kugelflächenfunktionen sind die Lösung des Winkelanteils des quantenmechanischen Wasserstoffproblems. Für kleine Quantenzahlen l und m lauten diese: q 5 1 √ Y20 (ϑ, ϕ) = 16π Y00 (ϑ, ϕ) = 4π (3 cos2 ϑ − 1) q q 3 15 (3.1) Y10 (ϑ, ϕ) = 4π cos ϑ Y2±1 (ϑ, ϕ) = ∓ 8π sin ϑ cos ϑ e±iϕ q q 3 15 sin ϑ e±iϕ Y2±2 (ϑ, ϕ) = ∓ 32π sin2 ϑ e±2iϕ Y1±1 (ϑ, ϕ) = ∓ 8π a) Als Paritätsoperator Π̂ bezeichnet man jenen Operator, der das Koordinatensystem am Ursprung spiegelt. Auf den Ortsvektor r angewendet erhält man Π̂ r = −r. Jede kartesische Komponente wird folglich mit −1 multipliziert. Wie transformieren sich dann die Kugelkoordinaten r, ϑ und ϕ? (Betrachten Sie ϕ als Winkel zur x-Achse und ϑ als Winkel zur z-Achse) Funktionen haben gerade Parität, wenn sie unter Anwendung des Paritätsoperators auf sich selbst abgebildtet werden. Von ungerader Parität spricht man, wenn man nach Anwendung des Paritätsoperators dieselbe Funktion multipliziert mit −1 erhält. Integriert man symmetrisch im ganzen Raum über Funktionen mit ungerader Parität, so ist das Integral identisch Null. Wenden Sie auf obige Kugelflächenfunktionen den Paritätsoperator an. Wie ändert sich das Verhalten insbesondere in Abhängigkeit von l? b) Zur mathematischen Beschreibung von atomaren Übergängen benötigt man sogenannte Übergangsmatrixelemente: Z hΨf |Er̂|Ψi i = dV Ψ∗f (r)Er̂Ψi (r) (3.2) V Obiger Ausdruck im Betragsquadrat ist proportional zur Wahrscheinlichkeit, dass in einem infinitesimalen Zeitintervall ein Atom aus einem Anfangszustand (initial state) Ψi der Energie Ei unter Absorption bzw. Emission eines Photons in einen Endzustand (final state) Ψf der Energie Ef übergeht. E bezeichnet das anliegende elektrische Feld und r̂ den Ortsoperator. Vernachlässigen Sie im Folgenden die radiale Abhängigkeit der atomaren Wellenfunktionen und betrachten Sie ein konstantes elektrisches Feld. Dann enthält das Übergangsmatrixelement stets als ϕ-Integration: Z2π 0 cos ϕ sin ϑ 0 dϕ e−imϕ sin ϕ sin ϑ eim ϕ cos ϑ (3.3) Leiten Sie daraus die Auswahlregel ∆m = m − m0 = 0, ±1 für einen Übergang von m0 nach m ab, indem Sie für jede Komponente die Integration durchführen. Hinweis: R2π 0 1 dϕ ei(n −n)ϕ = δn0 ,n für (n0 − n) ∈ Z 2π 0 c) Das elektrische Feld zeige nun in z-Richtung (E ∝ ez ). Bestimmen Sie für die angegebenen Kugelflächenfunktionen alle Matrixelemte, welche von Null verschieden sind. Auf welche Auswahlregel für l lässt das schließen? Hinweis: Nutzen Sie die Paritätseigenschaften aus a) und die Auswahlregeln aus b), um keine Integrationen ausführen zu müssen! 3