Technische Thermodynamik 1 V. Der 2. Hauptsatz Bislang: 1. H.S.: Jeder Prozess ist möglich, der Energiebilanz erfüllt. Beispiel: Stellt man eine Tasse heißen Kaffee in einen kalten Raum, so wird sich der Kaffee abkühlen und die abgegebene Wärme den Energieinhalt des Raumes erhöhen. ΔUKaffee Q12 ΔURaum Q12 1. HS System „Kaffee“ 1. HS System „Raum“ Q12 Umkehrung: Heißer Kaffee wird durch Wärmezufuhr aus Umgebung durch weiteres Abkühlen des bereits kalten Raumes noch heißer. ΔURaum Q12 ΔUKaffee Q12 Q12 Laut 1. H.S. zulässig und doch aus Erfahrung unmöglich! 227 Technische Thermodynamik 1 V. Der 2. Hauptsatz Beispiel 2: Neuartiger Schiffsantrieb, der durch Wärmeentzug aus dem Meer Arbeit gewinnt, diese der Schiffsschraube zuführt und somit das Schiff antreibt. U A n tr i e b W 1 2 Q 1 2 Schiffsschraube 0 W12 kaltes Wasser U M eer Q 12 Antrieb Q12 Auswirkung: Spur kalten Wassers. Es gibt kein Perpetuum Mobile 2. Art. 228 Technische Thermodynamik 1 V. Der 2. Hauptsatz Viele Formulierungen des 2. Hauptsatzes aus täglicher Erfahrung heraus entstanden. 2. Hauptsatz ist Axiom (Erfahrungssatz) Mit Hilfe des 2. Hauptsatzes lassen sich unterschiedliche Energieformen hinsichtlich ihrer Umwandelbarkeit in mechanische Arbeit bewerten. (Aus Energie bei hoher Temperatur kann mehr Arbeit erzeugt werden, als aus der gleichen Energiemenge bei niedriger Temperatur). 229 Technische Thermodynamik 1 V. Der 2. Hauptsatz Viele Formulierungen des 2. Hauptsatzes aus täglicher Erfahrung heraus entstanden. 2. Hauptsatz ist Axiom (Erfahrungssatz) Mit Hilfe des 2. Hauptsatzes lassen sich unterschiedliche Energieformen hinsichtlich ihrer Umwandelbarkeit in mechanische Arbeit bewerten. (Aus Energie bei hoher Temperatur kann mehr Arbeit erzeugt werden, als aus der gleichen Energiemenge bei niedriger Temperatur). Der 2. Hauptsatz liefert die theoretischen oberen Grenzwerte für die Wirkungsgrade und Leistungszahlen häufig verwendeter Maschinen, Apparate und Anlagen (Wärme/Kraftmaschinen, Kälteund Wärmepumpen) 230 V.1 Allgemeine Formulierungen V.1.1 Wärme/Kraftmaschinen Technische Thermodynamik 1 Umwandlung von Wärme in Arbeit mit Hilfe spezieller thermodynamischer Maschinen: Maschinen werden als Kreisprozesse betrieben p 1 2 Kreisprozess im Uhrzeigersinn durchlaufen rechtsgängiger Kreisprozess Wärme/Kraftprozess 4 3 V p Beispiel: Kreisprozess bestehend aus 2 Zustandsänderungen 2 1-2 (Hinweg) 2-1 (Rückweg) 1 V 231 V.1 Allgemeine Formulierungen V.1.1 Wärme/Kraftmaschinen 2 „Hinweg“ 1-2: W 12 pdV (>0, zugeführt) Technische Thermodynamik 1 p 2 dW21 1 1 „Rückweg“ 2-1: W 21 pdV (<0, abgeführt) 2 Mit folgt W 21 W 12 W W 12 W 21 0 1 V dW12 „Kreisprozess-Arbeit“ (Nettoarbeit) Fazit: p 2 W Bei rechtsgängigen Kreisprozessen (WärmeKraftprozesse) kann Arbeit gewonnen werden. 1 V 232 Technische Thermodynamik 1 V.1 Allgemeine Formulierungen V.1.1 Wärme/Kraftmaschinen Wärmezufuhr bei hoher Temperatur Wärmequellen: Solarenergie, Ölbrenner, Kernreaktor. Hohe Temperatur (Quelle) Qzu W Zugeführte Wärme teilweise in Arbeit umgewandelt Wärme/Kraftmaschine Nicht in Arbeit umgewandelte Wärme bei niedriger Temperatur abgegeben z.B. an Atmosphäre, Flüsse. Qab Niedrige Temperatur (Senke) 1. Hauptsatz für Wärmekraftmaschinen Möglichkeiten für technische Realisierung eines Wärme-Kraftprozesses (vgl. p,v-Diagramm) p 1 2 4 3 V 233 V.1 Allgemeine Formulierungen V.1.1 Wärme/Kraftmaschinen Technische Thermodynamik 1 Quelle: http://www.kfz-tech.de 234 Technische Thermodynamik 1 V.1 Allgemeine Formulierungen V.1.1 Wärmekraftmaschinen Fall (a) (geschlossenes System): Arbeitsmittel in Zylinder (Masse m), nacheinander Zustandsänderungen 1 bis 4. p 1 2 4 3 (1) (2) 1. Hauptsatz: Fall a Tmax Qzu V m (1) m m (3) (4) Qab Fall (a) (3) (2) (4) u 2 u 1 w 12 q 12 u 3 u 2 w 23 q 23 u 4 u 3 w 34 q 34 u 1 u 4 w 41 q 41 m 0 w q 235 Technische Thermodynamik 1 V.1 Allgemeine Formulierungen V.1.1 Wärmekraftmaschinen p Fall (b) (offenes System): Kontinuierlicher Massendurchsatz (Massenstrom), gleichzeitiges Durchlaufen von 4 Apparaten. 1 2 4 3 V Fall (b) 11 1. Hauptsatz: Fall b h2 h1 w t ,12 q12 2 2 h3 h2 w t ,23 q23 h4 h3 w t ,34 q34 4 4 h1 h4 w t ,41 q 41 33 0 wt q 236 V.1 Allgemeine Formulierungen V.1.1 Wärmekraftmaschinen 1. Hauptsatz: Fall a u2 u1 w 12 q12 u3 u2 w 23 q23 differentiell: Technische Thermodynamik 1 Fall b h2 h1 w t ,12 q12 h3 h2 w t ,23 q23 u 4 u3 w 34 q34 0 h4 h3 wt dh ,34 q 34 u1 u 4 w 41 q 41 h1 h4 w t ,41 q 41 0 w q 0 wt q du 0 dw dq dh 0 dw t dq 237 V.1 Allgemeine Formulierungen V.1.1 Wärmekraftmaschinen Fall a 1. Hauptsatz: Technische Thermodynamik 1 Fall b h2 h1 w t ,12 q12 u2 u1 w 12 q12 u3 u2 w 23 q23 h3 h2 w t ,23 q23 u 4 u3 w 34 q34 h4 h3 w t ,34 q34 u1 u 4 w 41 q 41 h1 h4 w t ,41 q 41 0 w q 0 wt q Thermischer Wirkungsgrad th: N utz en th Aufw and th th W Q zu Q z u Q ab Q zu 1 Q Q P zu ab 1 Q zu Q zu Q ab Q zu 1 q ab q zu Q ab q ab 1 q zu Q zu 238 Technische Thermodynamik 1 V.1 Allgemeine Formulierungen V.1.2 Formulierung des 2. H.S. nach Kelvin-Planck Formulierung des 2. Hauptsatzes nach Kelvin-Planck: Eine dauernde oder zyklisch funktionierende Maschine, die einem Reservoir nur Wärme entnimmt und daraus ausschließlich Arbeit erzeugt, ist unmöglich. Man könnte auch sagen: Keine Wärme/Kraftmaschine erreicht einen thermischen Wirkungsgrad von 100 %. Eine Maschine, die dieses könnte, heißt Perpetuum Mobile 2. Art. Daher gilt: Es gibt kein Perpetuum Mobile 2. Art. 239 Technische Thermodynamik 1 V.1.3 Kältemaschinen und Wärmepumpen Formulierung des 2. Hauptsatzes nach Clausius: Wärme kann nie von selbst von einem Körper tieferer Temperatur auf einen Körper höherer Temperatur übergehen. Umkehrung der natürlichen Wärmestromrichtung mit speziellen Maschinen und Apparate: Kreisprozess entgegen dem Uhrzeigersinn durchlaufen linksgängiger Kreisprozess Wärmepumpen/Kälteprozess p 2 Beispiel: Kreisprozess bestehend aus 2 Zustandsänderungen 1-2 (Hinweg) 2-1 (Rückweg) 1 V 240 Technische Thermodynamik 1 V.1.3 Kältemaschinen und Wärmepumpen 2 „Hinweg“ 1-2: W 12 pdV (>0, zugeführt) p 2 dW12 1 1 „Rückweg“ 2-1: W 21 pdV (<0, abgeführt) 2 Mit folgt W 21 W 12 W 1 V dW21 W 12 W 21 0 „Kreisprozess-Arbeit“ (Nettoarbeit) Fazit: p 2 W Bei linksgängigen Kreisprozessen muss Nettoarbeit zugeführt werden. 1 V 241 Technische Thermodynamik 1 V.1.3 Kältemaschinen und Wärmepumpen Wärmezufuhr zu System bei niedriger Temperatur (Wärmequellen: Umgebung, Kühlräume). • Antrieb der Maschine erfordert positive Kreisprozessarbeit. • Wärmeabfuhr bei hoher Temperatur (z.B. Nutzung für Heizzwecke) Hohe Temperatur (Senke) Qab Wärmepumpe Kältemaschine W Qzu Niedrige Temperatur (Quelle) 242 Technische Thermodynamik 1 V.1.3 Kältemaschinen und Wärmepumpen Leistungszahl = genutzte Wärme Kreisprozessarbeit Kälteprozess: Nutzen: zugeführte Wärme (wird Kühlgut entzogen) Warme Umgebung Aufwand: Summe zu- und abgeführte Arbeiten Qab Kältemaschine W Aufwand Q zu q q zu zu W w q ab q zu Q zu q zu q zu P w t q ab q zu Kältezahl: K P Qzu Nutzen Kühlraum 243 Technische Thermodynamik 1 V.1.3 Kältemaschinen und Wärmepumpen Wärmepumpenprozess: Nutzen: Abgegebene Wärme Warme Umgebung Aufwand: Summe zu- und abgeführte Arbeiten QabNutzen Kältemaschine W Aufwand Leistungszahl: W P Qzu Kühlraum Allgemein gilt: WP KP 1 Q ab W Q ab q ab w q ab P w t q ab q ab q zu q ab q ab q zu 1 KP 1 1 WP 1 angestrebt: W P 3 244 Technische Thermodynamik 1 V.1.4 Formulierung des 2. H.S. nach Clausius Damit kann die eingangs angegebene Formulierung des 2. Hauptsatzes nach Clausius, mit Bezug auf Wärmepumpen- und KältemaschinenProzesse, auch wie folgt formuliert werden: Warme Umgebung Eine dauernde oder zyklisch funktionierende Maschine, die einem Reservoir bei niedriger Temperatur nur Wärme entnimmt, diese auf höhere Temperatur anhebt und dann wieder abgibt, ist unmöglich. Qab=5 kJ Kältemaschine Wärmepumpe W 0 Qzu=5 kJ Kühlraum Beispiel für einen linksgängigen Kreisprozess, der den 2. H.S. verletzt 245 Technische Thermodynamik 1 V.2 Carnot-Prozess <Baehr> Alle natürlichen Vorgänge und thermodynamische Prozesse sind irreversibel. Reversible Prozesse sind lediglich als Grenzfälle der natürlichen Prozesse aufzufassen, die verlustfrei und unendlich langsam ablaufen. Irreversible Zustandsänderungen können nicht rückgängig gemacht werden, ohne dass im System oder in der Umgebung Veränderungen übrig bleiben. Carnot-Prozess ... • idealisierter Kreisprozess (2 reversible isotherme und 2 reversible adiabate Zustandsänderungen. • theoretischer Vergleichsprozess für Maschine mit größtmöglichen thermischen Wirkungsgrad bzw. bester Leistungszahl. • kann entweder in geschlossenem System (konstante Arbeitsmittelmasse m) oder in stationär durchströmten System (konstanter . Arbeitsmittelmassenstrom m) durchgeführt werden. 246 Technische Thermodynamik 1 V.2.1 Der rechtsgängige Carnot-Prozess Der rechtsgängige Carnot-Prozeß (1) Qzu Energiequelle bei Tmax (2) 1 2 Tmax 1-2: Isotherme Entspannung, Tmax=const. p (2) (3) 2-3: Reversible adiabate Entspannung, s2= s3 4 3 Wärmedämmung 3-4: Isotherme Verdichtung, Tmin=const. v (4) (3) T 1 2 Qab Qzu Qab Energiesenke bei Tmin (1) 4-1: Reversible adiabate Verdichtung, s4= s1 Wärmedämmung (4) 3 4 = s4 =s3 s 247 Technische Thermodynamik 1 V.2.1 Der rechtsgängige Carnot-Prozess Für die bei den Zustandsänderungen von 1 nach 4 umgesetzten Prozessgrößen erhält man: Zustandsänderung 1-2 (isotherm) Tmax 2-3 (isentrop) Wärme Fläche 1,2,s2,s1 v q12 RTmax ln 2 q zu v1 q23 0 (reversibel adiabat) 3-4 (isotherm) Tmin 4-1 (isentrop) (reversibel adiabat) Arbeit konstante Masse Massenstrom Fläche 1,2,v2,v1 Fläche 1,2,p2,p1 v w 12 RTmax ln 2 v1 w t ,12 w12 q12 Fläche 2,3,v3,v2 w 23 cv Tmin Tmax Fläche 3,4,s4,s3 v q34 RTmin ln 4 qab v3 q41 0 Fläche 2,3,p3,p2 wt ,23 cp Tmin Tmax w t ,23 w 23 Fläche 3,4,v4,v3 Fläche 3,4,p4,p3 v w 34 RTmin ln 4 v3 w t ,34 w 34 q34 Fläche 4,1,v1,v4 w 41 cv Tmax Tmin Fläche 2,3,p3,p2 wt ,41 cp Tmax Tmin w t ,41 w 41 248 Technische Thermodynamik 1 V.2.1 Der rechtsgängige Carnot-Prozess Thermischer Wirkungsgrad: q ab CP 1 q zu v3 RTmin ln v4 1 v2 RTmax ln v1 Für reversible adiabate Zustandsänderungen gilt: T min 2-3: Tmax womit folgt 1 1 v3 , v2 v3 v4 v 2 v1 4-1: Tmax T min bzw. CP 1 1 1 v4 v1 v3 v2 v 4 v1 Tmin Tmax 249 Technische Thermodynamik 1 V.2.1 Der rechtsgängige Carnot-Prozess Warum ist der Carnot-Prozess, obwohl er in der Praxis sowieso nicht erreicht werden kann, so wichtig für die Thermodynamik? Er gibt die Obergrenze dessen an, was theoretisch maximal erreichbar ist. Aus dem Carnot-Wirkungsgrad lassen sich qualitative Aussagen ableiten, wie ein Wärme/Kraftprozess mit einem möglichst großen Wirkungsgrad ablaufen muss. Es gilt CP q zu qab q zu bzw. CP Tmax Tmin Tmax und es folgt q qzu ab 0 Tmax Tmin Demnach muss die Wärmezufuhr bei möglichst hoher Temperatur und die Wärmeabfuhr bei möglichst geringer Temperatur erfolgen. 250 Technische Thermodynamik 1 V.2.2 Der linksgängige Carnot-Prozess Der linksgängige Carnot-Prozeß p 1 Einem Körper wird Wärme Qzu bei Tmin entzogen, einem Carnot-Prozess zugeführt und zusammen mit Kreisprozessarbeit bei höherer Temperatur Tmax wieder abgegeben: Q ab Q z u Wärmepumpe: Nutzen: Aufwand: q ab q z u bzw. 2 3 q ab T m ax s 1 s 4 w q ab q zu Tmax Tmin s 4 s 1 WP Kälteprozess: Nutzen: Aufwand: 4 T max T max T min v T 1 4 Qab Qzu q z u T m in s 3 s 2 w T KP m ax Tm in s 4 s 1 Tmin Tmax Tmin 2 3 s 251 Technische Thermodynamik 1 V.2.3 Folgesatz des 2. Hauptsatzes Der Wirkungsgrad einer irreversibel arbeitenden Wärme/Kraftmaschine ist immer kleiner als der Wirkungsgrad einer reversibel zwischen den gleichen Wärmereservoirs arbeitenden Wärme/Kraftmaschine. η irrev. η rev. Beweis: - irreversible und reversible Wärmekraftmaschine - beiden Maschinen wird Wärme Qzu zugeführt Hohe Temperatur (Quelle) Qzu Qzu Wirrev. Wärme/KraftMaschine irrev. Qab,irrev. Wrev. Wärme/KraftMaschine reversibel Qab,rev. Niedrige Temperatur (Senke) 252 Technische Thermodynamik 1 V.2.3 Folgesatz des 2. Hauptsatzes - Annahme: Da η irrev. η rev. η irrev. η rev. folgt W ir r e v . W r e v . Q a b ,i r r e v . Q a b ,r e v . Hohe Temperatur (Quelle) Qzu Qzu Wirrev. Wärme/KraftMaschine irrev. Qab,irrev. Wrev. Wärme/KraftMaschine reversibel Qab,rev. Niedrige Temperatur (Senke) 253 Technische Thermodynamik 1 V.2.3 Folgesatz des 2. Hauptsatzes - Annahme: Da η irrev. η rev. η irrev. η rev. W ir r ev. W r ev. Q a b ,i r r e v . Q a b ,r e v . folgt - Umkehrung der reversiblen Maschine (Kälteprozess) Verletzung des 2. H.S. in der Formulierung nach Kelvin-Planck Annahme ist falsch, vielmehr gilt: η irrev. η rev. Hohe Temperatur Hohe Temperatur (Quelle) (Quelle) QQ zu zu W Wirrev. irrev. Wärme/KraftWärme/KraftMaschine Maschine irrev. irrev. Qab,irrev. Q ab,irrev. Qzu Qzu KälteWärme/KraftMaschine Maschine reversibel reversibel Qab,rev. Q ab,rev. Niedrige Temperatur Niedrige Temperatur (Senke) (Senke) Wrev. Wrev. Wirrev. - |Wrev.| irrev. Wärme/Kraftmaschine + rev. Kältemaschine Qab,rev. - Qab,irrev Niedrige Temperatur (Senke) 254 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz Wiederholung • Wie im Kapitel IV gezeigt wurde, gehorcht die Entropie der Definitionsgleichung: dU pdV dS T T dH Vdp bzw. d S T T • Entropie eines Systems nimmt zu, wenn - Wärme zugeführt wird - Dissipationsarbeit (Reibung) auftritt • Entropie eines Systems nimmt ab, wenn - Wärme abgeführt wird Annahme/Vorgabe: Reversible Zustandsänderung 255 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz Vergleich Definitionsgleichung dU pdV ds T T mit 1. H.S. für geschlossene Systeme dU dQ pdV dW bzw. liefert dU pdV dQ dW dS D is s D is s dQ dW D iss T T 2 Mechanismen verantwortlich für Entropieänderung: - Irreversibilitäten (vgl. Dissipationsarbeit WDISS) - Wärmetransport von/nach außen (vgl. Q). 256 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz Neu ! • Wie im Kapitel IV gezeigt wurde, gehorcht die Entropie der Definitionsgleichung: dU pdV dS T T dH Vdp bzw. d S T T • Entropie eines Systems nimmt zu, wenn - Wärme zugeführt wird - Dissipationsarbeit (Reibung) auftritt • Entropie eines Systems nimmt ab, wenn - Wärme abgeführt wird Annahme/Vorgabe: Reversible / Irreversible Zustandsänderung 257 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz 2 dQ dS a T äußere Entropieänderung dW D ISS dS i T dQ Sa T 1 2 innere Entropieerzeugung dW D ISS Si T 1 Entropieänderung geschlossenes System: dS dS i dS a bzw. (F) differentiell 2 2 1 1 ΔS S2 S1 m s 2 s1 dS i dS a 2 dQ ΔSi T 1 258 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz Entropieänderung offenes System: Bsp.: Ein Zu- bzw. Abstrom dS dSa dSi dt dt dt oder integriert oder d Q d S d S a d S i mit d S a T dP D ISS dSi T 2 2 1 1 S m s 2 s1 d S i dS a d Q dSi T 1 1 2 2 259 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz Sind mehrere Zu- und Abflüsse an einem stationär durchströmten, offenen System zu berücksichtigen, so lautet die Entropiebilanz in allgemeiner Form: Summe aller zugeführten Entropieströme - Summe aller abgeführten Entropieströme + Entropieerzeugung = 0 Beispiel: (1 Zu- bzw. Abstrom) 2. Hauptsatz (Entropiebilanz): oder 260 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz Sind mehrere Zu- und Abflüsse an einem stationär durchströmten, offenen System zu berücksichtigen, so lautet die Entropiebilanz in allgemeiner Form: Summe aller zugeführten Entropieströme - Summe aller abgeführten Entropieströme + Entropieerzeugung = 0 Beispiel: S a ( Q 1 2 ) 1,A s1,A m 1,B s1,B m 2 s2 m . Si (PDiss,12) 2. Hauptsatz (Entropiebilanz): dP D iss d Q m 2s2 0 T T 1 1 2 m 1, A s 1, A m 1,B s 1,B 2 Δ S i 261 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz Merke Die Entropieerzeugung und die Entropieänderung durch Wärmeübertragung können wie folgt charakterisiert werden: •Sa bzw S a : - Prozessgröße - gleiches Vorzeichen wie die über Systemgrenze transportierte Wärme - es gilt: • Si d S a bzw. d S a 0 adiabater Prozess bzw S i : - Prozessgröße - quantitatives Maß für den Grad der Irreversibilität dS i bzw. d S i 0 reversibler Prozess dS i bzw. d S i 0 irreversibler Prozess d S i bzw. d S i 0 unmöglicher Prozess 262 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz Kreisprozesse: dS dS a dS i Auf Grund der Wegunbhängigkeit der Entropie (Zustandsgröße) gilt: dS und es folgt 0 0 dS a dSi dQ dSi T dQ ab dQ zu dSi T T 263 Technische Thermodynamik 1 V.3 Die Entropie und der 2. Hauptsatz Man erhält daraus für einen Kreisprozess: dQ T 0 dQ z u T dQ T 0 bzw. allgemein: dQ ab T reversibler Prozess irreversibler Prozess dQ T 0 Clausius´sche Ungleichung 264 Technische Thermodynamik 1 V.4 Berechnung der Entropie V.4.1 Ideale Gase Durch Verwenden der Definitionsgleichung für die Entropie im 1. H.S. für geschlossene Systeme du dq pdv dw diss folgt du pdv T d sa T d si Tds mit und bzw. d q T d sa dwdiss T d si ds du p dv T T Substituiert man du bzw. p/T mit Hilfe der kalorischen und thermischen Zustandsgleichung idealer Gase p/T Ri /v , du cv dT so folgt bzw. dT dv d s cv Ri T v T2 v2 s2 s1 c vln R iln T1 v1 265 Technische Thermodynamik 1 V.4 Berechnung der Entropie V.4.1 Ideale Gase Verwendet man den 1.H.S. für offene Systeme dh dq vdp dw diss mit dq T dsa und dw diss T dsi so folgt dh - vdp Tds Substituiert man dh bzw. v/T mit Hilfe der kalorischen und thermischen Zustandsgleichung idealer Gase v/T Ri /p , d h c p dT erhält man dT dp d s cp Ri T p T2 p2 s2 s1 cpln Riln T1 p1 Gültig bei reversiblen und irreversiblen Zustandsänderungen idealer Gase. 266 Technische Thermodynamik 1 V.4 Berechnung der Entropie V.4.1 Ideale Gase Absolute Entropie: s T , v c v ln s T , p c p ln T T0 T T0 R i ln v s0 v0 R i ln p s0 p0 Als Entropienullpunkt wird häufig verwendet: s0 0 für p 0 1bar 0 0 C T0 273,15K 267 Technische Thermodynamik 1 V.4.2 Flüssigkeiten und Festkörper Festkörper oder Flüssigkeit: du pdv ds T T 0 folgt mit du c dT dT ds c T T2 s 2 s 1 c ln T1 dv 0 c cv cp Absolutwert für die Entropie: T dT s s0 c c ln T T0 T0 T Während für Flüssigkeiten sehr oft s0=s(T0=273,15 K)=0 verwendet wird, gilt für homogene kristalline Festkörper: s0=s(T0=0 K)=0. 268 Technische Thermodynamik 1 V.5 Schlussfolgerungen aus dem 2. Hauptsatz V.5.1 Zusammenhang zwischen Entropie und Wärme Annahme: Reversible Zustandsänderung TdS T TdSa TdSi dQ 2 dWdiss =0, da reversibel 2 Q 12 TdS 1 Q12 1 S Einfache Lösung falls isotherme Zust.änd.: T 2 Q12 T dS 1 2 1 Q12 T S T S2 S1 S1 S2 S 269 Technische Thermodynamik 1 V.5.1 Zusammenhang zwischen Entropie und Wärme Annahme: Irreversible Zustandsänderung T Aus dem 2. Hauptsatz folgt: TdS TdSa TdSi dQ dWdiss 2 Q12 Wdiss ,12 2 1 Q 12 W d iss,12 T d S 1 S Voraussetzung für Lösung des Integrals: Quasistatischer Zustandsverlauf. 270 Technische Thermodynamik 1 V.5.2 Prozesse mit adiabaten Systemen geschlossenes System 1. H.S.: 2. H.S.: dU dQ dW U 2 U 1 W 12 dS dS a dSi 0 dS S2 -S1 0 dSi offenes System d H d Q d P m h 2 h 1 P 1 2 d S d S a d S i 0 d S d S i m s 2 - s 1 0 „=“ für reversible Zustandsänderungen, „>“ für irreversible Zustandsänderungen 271 Technische Thermodynamik 1 V.5.2 Prozesse mit adiabaten Systemen Praxis: Stationär durchströmte adiabate Turbinen h1 m h 1 w t,12 w t,12' P12 2 2‘ h2 m s Zustandsänderung 1 – 2‘: ideale Turbine (reversibel adiabat) Zustandsänderung 1 – 2: reale Turbine (irreversibel adiabat) Darstellung in h,s-Diagramm erlaubt direkte Bestimmung der umgesetzten Arbeiten: vgl. 1. H.S h2 h1 w t ,1 2 h 2' h1 w t ,1 2 ' 272 Technische Thermodynamik 1 V.5.2 Prozesse mit adiabaten Systemen Beschreibung der Arbeitsabgabe realer Expansionsmaschinen durch Gütegrad: h η G ,T u r b i n e η G ,T u r b i n e gew onnene A rbeit theoretisc h gew innbare A rbeit - w t,1 2 - w t,1 2 ' 1 1 h 2 h1 - P1 2 ( ) h 2 ' h1 - P1 2 ' wt,12 wt,12' 2 2‘ s Wird die Turbine mit idealen Gas als Arbeitsmittel betrieben, so folgt: d h c pd T η G ,T u rb in e c p T 2 - T1 c p T 2' - T1 T2 - T1 T2' - T1 273 Technische Thermodynamik 1 V.5.2 Prozesse mit adiabaten Systemen Entsprechend erhält man für adiabat arbeitende Verdichtungsmaschinen h h2 m 2‘ 2 w t,12 w t,12' P12 1 h1 m s Zustandsänderung 1 – 2‘: idealer Verdichter (reversibel adiabat) Zustandsänderung 1 – 2: realer Verdichter (irreversibel adiabat) G ,V er d ich ter m in im a le r A rb e its a u f w a n d ta ts ä c h lic h e r A rb e its a u fw a n d w h h1 P G ,Ver d ich ter t,12' 2' ( 12' ) w t,12 h 2 h 1 P12 1 ideales Gas η G ,Ver d ich ter T 2' - T1 T 2 - T1 274 Technische Thermodynamik 1 V.5.3 Isentrope Prozesse Aus 2. H.S. folgt: dS dS a dSi 0 dS a dSi Reversible Zustandsänderung: Somit folgt: dSi 0 0 dS a bzw. dQ 0 Fazit: Jede reversible adiabate Zustandsänderung ist isentrop (dS=0), d.h. die Entropie bleibt gleich. 275 Technische Thermodynamik 1 V.5.3 Isentrope Prozesse Irreversible Zustandsänderung: dSi 0 Somit folgt: dS a 0 mit damit dS i dS a dS 0 Fazit: Wird einem System gerade soviel Wärme entzogen, wie Energie dissipiert wird, so bleibt die Entropie konstant. 276 Technische Thermodynamik 1 Beispiel 1 – 2 reversible Kompression ohne Heizung (S=const.) T 3 5 6 4 2 1 – 3 irreversible Kompression ohne Heizung 1 – 4 irreversible Kompression mit Heizung 1 – 5 reversible Kompression mit Kühlung 1 S 1 – 6 irreversible Kompression mit Kühlung 277 Technische Thermodynamik 1 V.6 Anwendung des 2. H.S. auf irreversible Prozesse Beispiel 1: Wärmeleitung unter Temperaturgefälle (große Körper) Bringt man zwei Körper unterschiedlicher Temperatur in Kontakt, so fliesst Wärme vom wärmeren (Temperatur Twarm) zum kälteren Körper (Temperatur Tkalt), nie umgekehrt. Die Körper seien von einer adiabaten Hülle umgeben, so dass die vom wärmeren Körper abgegebene Energie an den kälteren übergeht. Die Körper seien so groß, dass sich ihre Temperatur praktisch nicht ändert. Twarm Q12 Q12 Tkalt Twarm Q12 adiabat Tkalt Entropieänderung des warmen Körpers: Δ S warm Entropieänderung des kalten Körpers: Δ S kalt Q 12 T warm Q 12 Tkalt Entropieänderung des gesamten Wärmeleitprozesses: 1 T w ar m Tkalt 1 Q 12 Δ S 12 Δ S w ar m Δ S kalt Q 12 0 T w ar m Tkalt Tkalt T w ar m 2. H.S.: Δ S 1 2 Δ S a Δ S i irreversibler Prozess 0 278 Technische Thermodynamik 1 V.6 Anwendung des 2. H.S. auf irreversible Prozesse Beispiel 2: Wärmeleitung unter Temperaturgefälle (kleine Körper) Sind die Körper klein, so dass sich deren Temperatur im Laufe des Wärmeleitvorgangs ändert, so wird sich am Ende des Prozesses eine Mischtemperatur Tm einstellen. Es gilt: Tkalt keine Wärmeabgabe nach außen 1. H.S.: dU dQ dW Q12 Twarm Q12 1 Tm Tm 2 keine Arbeitsabgabe nach außen U 2 U 1 0 U 2 U 1 w a r m U 2 U 1 k a l t m w ar m c V, w ar m T w ar m m kalt c V,kalt T kalt Tm m w ar m c V, w ar m m kalt c V,kalt 2. H.S.: Entropieänderung des gesamten Wärmeleitprozesses m Δ S 12 Δ S w ar m Δ S kalt w ar m Δ S 12 Δ S a Δ S i 0 m w ar m c v, w ar m d T T m m kalt c v,kalt d T kalt T 0 irreversibler Prozess 279 Technische Thermodynamik 1 V.6 Anwendung des 2. H.S. auf irreversible Prozesse Beispiel 3: Adiabate Drossselung Als adiabate Drosselung bezeichnet man die Druckabsenkung in einem strömenden Medium ohne Arbeitsverrichtung, z.B. infolge von Rohrreibung, Strömungshindernissen, Einbauten wie Ventile u.s.w.) . m 1 p1, T p2, T 2 . m adiabat 1. H.S.: 2. H.S.: w d h d 2 0 0 g d z d q d w t dh 0 0 0 0, vgl. 1. H.S. dh vdp d s d s a d s i mit d s 0 (allgemeine Definitionsgl.) T T 0 Für ideales Gas als Arbeitsmittel folgt: v /T R i / p 2 2 s s 2 s 1 R i 1 p dp R i ln 1 p p2 280