B.6 Zweiter Hauptsatz B.6.1 Vorbereitung B.6.1.1 Das Wunder des

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Prof. Dr. H.-H. Kohler, WS 2004/05
B.6
PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-1
Zweiter Hauptsatz
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg
B.6.1
Vorbereitung
B.6.1.1 Das Wunder des integrierenden Faktors
Ideales Gas bei reversibler Führung (reversibler Prozess), n = const
W
n, p, T, V
1. Hauptsatz:
(1a)
dU
Q
r
W
r
Q
r
r
r
WVol
p dV
p dV
Gemäß B.5.4: dU = C V dT (beim idealen Gas U = U( T ) ). Es gelte CV = const.
Aus Gl.(1a):
dQ r = C V dT + p dV
oder bei Ersatz von p durch ideale Gasgleichung
n RT
r
(1b)
dQ = C V dT +
dV
V
X
Y
Wegen ¶X / ¶V ¹ ¶Y / ¶T (die linke Seite ist 0, die rechte gleich nR/V) ist die
Integrabilitätsbedingung nicht erfüllt. Dies bestätigt nur die Unvollständigkeit
(Wegabhängigkeit) von dQ r . Wenn man Gl.(1b) aber durch T teilt, ergibt sich
dQ r = C V dT + n R dV
(1c)
T
T
V
X
Y
r
und damit ¶X / ¶V = ¶Y / ¶T = 0 . Das Differential dQ / T ist also vollständig. Es
gibt also, zumindest beim idealen Gas, eine bisher nicht in Erscheinung getretene Zustandsgröße S S ( T ,V ) mit
(1d)
r
dS = dQ
T
S? Ist da noch 'was?
Anmerkung:
Ein Faktor, der aus einem unvollständigen Differential ein vollständiges macht,
r
heißt integrierender Faktor. In Gl.(1d) ist 1/T integrierender Faktor von dQ .
Man kann zeigen, dass unvollständige Differentiale bei mehreren unabhängigen
Veränderlichen im Allgemeinen keinen integrierenden Faktor besitzen!
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PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-2
B.6.1.2 Reversibler und irreversibler Prozess (s. Definitionen in Kapitel B.1 und
dortiges Beispiel der Gewichtsabsenkung!)
Gemäß 1. Hauptsatz gilt bei materieller Geschlossenheit
r
r
dU = dQ + dW = dQ + dW
revers. Prozess
Aus der zweiten Identität folgt allgemein
r
dQ - dQ = dW - dW
(2)
r
Als ein weiteres Beispiel, an dem der Unterschied zwischen reversiblem und irreversiblem Prozess dargestellt werden soll, betrachten wir eine Batterie. Die Batterie (oder galvanische Zelle) ist ein wichtiges System der Elektrochemie und
sehr eng mit der Energetik von Redoxreaktionen verknüpft. Es empfiehlt sich daher, das folgende Beispiel genau durchzuarbeiten, auch wenn es "rein physikalisch" scheinen mag1. Wir werden auf die chemischen Vorgänge in der Batterie
(das sind im Wesentlichen Redoxreaktionen) vorerst nicht näher eingehen sondern sie summarisch als Lade- oder Entladevorgänge bezeichnen.
Die Batterie wird durch das folgende elektrische Ersatzbild2 dargestellt:
(-)
Uel
I
(+)
dqel
Ri
E
Uel =
Klemmenspannung
I
Stromstärke, wobei d qel = -I d t
=
E =
Elektromotorische Kraft,
Urspannung,
Leerlaufspannung
Ri = Innenwiderstand,
erfahrungsgemäß > 0
E ist die Spannung, die man an den Klemmen (Polen) der Batterie bei I = 0
misst. Mit dem Innenwiderstand Ri trägt das Ersatzbild der Tatsache Rechnung,
dass beim Ladungstransport durch die Batterie gewisse Widerstände (Reaktionswiderstände, ohmsche Widerstände) zu überwinden sind, so dass die Klemmenspannung bei positiver Stromstärke kleiner ist als E. Gemäß Kirchhoffsch'er
Maschenregel ist die Summe aller Potentialänderungen im Stromkreis Null:
U el + Ri I - E = 0 . Daher
E - U el
I =
(3a)
oder
U el = E - Ri I
Ri
1
Man kennt ja seine Pappenheimer, für die Slogans wie "dieses ist reine Physik und jenes reine
Mathematik" (also keine Chemie, erst recht keine Biologie und schon gar kein Schulstoff) als
Alibi willkommen sind, um der Auseinandersetzung mit dem Stoff aus dem Weg zu gehen.
2
Anmerkung zu Spannungspfeilen: Spannungspfeile werden konventionsgemäß so gezeichnet,
dass die Pfeilspitze bei positivem Spannungswert in Richtung des Potentialabfalls zeigt (Richtung positiver Feldstärke bzw. Richtung, in der sich eine positive Ladung bewegt). Bei positiver
Spannung liegt die Pfeilspitze also auf dem negativen, das Ende des Schaftes auf dem positiven Potential!
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PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-3
Im Folgenden gelte generell dt > 0, wir betrachten also Zustandsänderungen bei
fortschreitender Zeit (natürliche Zeitzählung). T, E, Ri und Volumen V seien fest
gegeben. Wegen dV = 0 gilt W Vol = 0. Für die beim Austausch der Ladungsmenge dqel an die Umgebung abgegebene Arbeit ergibt sich daher
(3b)
-dW = -dWel = -U el dq el = U el I d t
>0
-I dt
Mit der ersten der Beziehungen aus Gl.(3a) wird daraus:
(3c)
- dW = E I d t - R i I 2 d t = -E d q el - R i I 2 dt
-dW
r
³0
reversibel, d.h. in
der Grenze I gegen Null, abgegebene Arbeit
Die tatsächlich abgegebene Arbeit ist also niemals größer als die reversibel abgegebene Arbeit! Unter Berücksichtigung von Gl.(2) ergibt das:
(4a)
r
dQ - dQ = dW - dW
r
³0
dt > 0
Frage: Gilt eine solche Ungleichung allgemein? (Antwort erfolgt später)
Wir haben hier für die reversible elektrische Arbeit den Ausdruck
r
dWel = E d q el
gewonnen. Allgemeinen gilt für die elektrische Arbeit dWel = Uel d q el . Der Vergleich bestätigt, dass beim reversiblen Prozess die Klemmenspannung mit der
elektromotorischen Kraft E identisch ist. E wird daher auch als reversible Spannung bezeichnet. Die zweite Beziehung von Gl.(3a) zeigt, dass die Stromstärke I
zu E - U el proportional ist. Man kann diese Differenz daher als die resultierende
Triebkraft des irreversiblen Prozesses in der Batterie (also der dort stattfindenden chemischen Vorgänge) betrachten. Entsprechend kann man den Prozess
durch kleinste Variation der Spannung um den Wert E herum in die eine oder die
andere Richtung lenken. Macht man Uel etwas kleiner als E, ergibt sich für I ein
positiver Wert (Entladevorgang), macht man es größer, wird I negativ Wert (Ladevorgang). In der Tat gehört es ja zum Wesen einer reversiblen Zustandsänderung, dass der Prozess durch kleinste Variationen der Umgebungsparameter
(hier der Klemmenspannung) in die eine oder die andere Richtung gelenkt werden kann (s. Ausführungen in Abschnitt B.1).
B.6.1.3 Spekulation
Wir betrachten ein System, in dem sich bei T, p = const und dW = dW Vol eine
chemische Reaktion (R) = å n i Si abspielt:
p, T, d l
dQ = d H
(s. B.5.2.3)
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PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-4
Angenommen Gln.(1d) und (4a) wären für das materiell geschlossene System
allgemein gültig. Dann müsste auch im Fall der Reaktion gelten:
r
dQ - dQ = T d S - d H
Gl.(1d)
³
0
Gl.(4a )
Mit der neuen Zustandsgröße G = H - TS wird daraus (T = const!):
dG = d(H - TS) £ 0
(4b)
Die Reaktion müsste also zwangsläufig so verlaufen, dass die Zustandsgröße G
dabei abnimmt:
Fall a)
Fall b)
G = G (l )
G = G (l )
also d l < 0
also d l > 0
l Gleichgewicht
l Gleichgewicht
Wenn es tatsächlich so wäre, dass G abnehmen muss, würde der Reaktion dadurch vorgeschrieben, in welcher Richtung sie bei gegebener Anfangssituation
ablaufen muss. Es würde sich also aus der Kombination der Gln.(1d) und (4a)
eine allgemeine Aussage über die Richtung eines Prozesses ergeben!
 Kolossal
Wo kommen die Löcher im Käse her?
B.6.2
Fragen
Aus Vorstehendem ergeben sich Fragen allgemeiner Natur:

r
r
dQ , dW , dQ und dW sind unvollständig, aber gemäß B.6.1.1 gilt beim idealen Gas dQ r / T = dS , d.h. dQ r / T ist vollständig ( 1/T = integrierender Faktor
von dQ r ).
Gibt es allgemein einen integrierenden Faktor für dQ , dW , dQ r oder dW
damit eventuell neue Zustandsgrößen?

r
und
Was bestimmt Richtung der Prozesse?
provisorische Antwort
Gegenbeispiel
Exothermie
Verdunstung
E pot
Vertikale Ausbreitung von Gasen
im Schwerefeld
min
(Im Gleichgewicht liegt alles am Boden)
Zunahme räumlicher Unordnung
Kristallisation (nach Unterkühlung)
So etwas wie Gl.(4a) oder Gl.(4b)
?
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
PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-5
Was bestimmt (begrenzt) Arbeitsfähigkeit eines Systems?
a) Ist es allgemein (Gl.(4a))?
b) Gibt es ein Perpetuum mobile 2. Art, d.h. eine zyklisch arbeitende Maschine,
die isotherm Wärme in Arbeit umwandeln kann = wundersamer Ozeandampfer?
(1. Hauptsatz besagt nur ò ( -dW ) = ò dQ , s. B.5.1)
Gott schickt das Fleisch, und der Teufel sendet die Köche (J. Taylor, 17. Jh.)
B.6.3
2. Hauptsatz: Allgemeine Formulierung und erste Schlussfolgerungen
Si quid novisti rectius istis, Candidus imperti; si non, his utere mecum (Horaz, 1. Jh. v. C.)
Wenn du Besseres weißt als dies hier, teil es mir redlich mit; wenn nicht, so benutze, wie ich, dieses!
B.6.3.1 2. Hauptsatz, 1. Teil (Antwort zu Frage )
Im allgemeinen hat nur dQ r einen integrierenden Faktor. Für ein materiell geschlossenes System einheitlicher Temperatur T gilt:
(5a)
dQ
T
r
= dS
S = Entropie = extensive Zustandsgröße ( 1/T ist der integrierende Faktor)
Es sei daran erinnert, dass sich ein System beim reversiblen Prozess durch eine
Abfolge von Gleichgewichtszuständen bewegt Nach dem Nullten Hauptsatz (s.
B.1) ist obige Voraussetzung einheitlicher Temperatur daher automatisch erfüllt,
es sei denn, das System enthält adiabatisch isolierende Zwischenwände. In diesem Fall können innerhalb des System Bereiche unterschiedlicher Temperatur
koexistieren. Es gilt dann:
1. Teil des 2. Hauptsatzes
Wenn ein System beim Durchlaufen eines reversiblen Prozesses Teilsysteme
j unterschiedlicher Temperatur
T j besitzt, so gilt für die Änderung der Entropie
S des Systems (in Verallgemeinerung von Gl.(5a)):
(5b)
r
dQ j
dS = å
Tj
j
Dabei ist dQ rj die reversible Wärme, die das Teilsystem j mit der Umgebung
austauscht.
Im Einklang mit Gl.(5b) setzt sich die Entropie S eines Systems generell additiv aus den Entropien Sj seiner (thermodynamischen) Teilsysteme zusammen:
(5c)
S =
åS j
j
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PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-6
Was nun einmal geschehen, kann ungeschehen nie wieder werden.
Aber für das was kommt, wache und sorge zuvor. (Theognis, um 500 v.C..)
B.6.3.2 2. Hauptsatz, 2. Teil (Antwort zu Fragen  und , s.a. B.6.3.4)
Im Zusammenhang mit irreversiblen Prozessen bezeichnen dQ, dS usw. Änderungen bei dt > 0!
Das System sei materiell geschlossen, der Rand besitze einheitliche Temperatur
T. Dann gilt bei einem beliebigem Prozess:
dQ
T
(6a)
£ dS
oder allgemeiner:
2. Teil des 2. Hauptsatzes
Tauschen verschiedene Randbereiche j bei den Randtemperatururen Tj mit
der Umgebung die Wärmen dQ j aus, so gilt:
(6b)
dQ
j
å T £ dS
j
j
Beim reversiblen Prozess (d.h. bei währendem Gleichgewicht), gilt das
Gleichheitszeichen, vergl. Gln.(5a,b)
Die mit der Umgebung ausgetauschte Entropie d aS (Index a für ausgetauscht)
wird angesichts der linken Seiten von Gln.(6a,b) definiert durch:
def
(7a)
d aS =
dQ
T
def
bzw.
d aS = å
j
dQ j
Tj
Die erste Beziehung gilt bei einheitlicher, die zweite bei abschnittsweise unterschiedlicher Randtemperatur. (Beim materiell offenen System kommt bei d aS
noch ein vom Stoffaustausch herrührender Term hinzu, s.u. Gl.(B.7-6d).)
Für die im System erzeugte Entropie d i S (Index i für intern) ergibt sich jetzt:
(7b)
d i S = dS - d aS
bzw.
(7c)
dS = d i S + d aS
d i S ist ein Quellterm im Sinne der allgemeinen Bilanzgleichung von Kapitel A.8
(wo das Differentialsymbol d noch nicht zur Verfügung stand). Aus Gl.(7b) folgt
mit Gln.(6a,b) und Gl.(7a) als eine zentrale Aussage des 2. Hauptsatzes (die
auch für materiell offene Systeme gültig bleibt):
(7d)
d i S = dS - d aS ³ 0
Die fundamentale Bedeutung dieser Beziehung besteht darin, dass der Quellterm der Entropie niemals negativ ist! Mit den Ausdrücken der Gl.(7a) folgt:
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(8a)
PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
d i S = dS -
dQ
³0
T
B.6-7
d i S = dS - å
bzw.
j
dQ j
³0
Tj
Beim reversiblen Prozess gilt das Gleichheitszeichen, beim irreversiblen Prozess
d i S ¹ 0 . Die exakte Umkehr eines irreversiblen Prozesses würde eine Vorzeichenumkehr von dS und dQ j und damit von d i S bedeuten. Da Prozesse mit
d i S < 0 wegen Gl.(8a) aber nicht möglich sind, kann nur die Richtung mit
d i S > 0 realisiert werden. Die Möglichkeit einer exakten Umkehr eines irreversiblen Prozesses besteht daher nicht! (Vergl. Bsp. B.6.1.3 mit d i S = -dG/ T ).
Mit anderen Worten: Die rückwärts abgespielte Filmaufnahme eines irreversiblen
Prozesses zeigt einen unmöglichen Vorgang. Folglich:
Die Forderung d i S > 0 bestimmt die Richtung eines Prozesses!
Das ist die allgemeinste Antwort auf Frage 
In Kapitel 7 wird sich zeigen, welche physikalische Eigenschaft sich hinter der
Zustandsgröße Entropie verbirgt. Ohne hier auf Einzelheiten einzugehen, erweist
sich die Entropie als Maß für die molekulare Unordnung des Systems.
Aus Gl.(8a) ergibt sich für endliche Zustandsänderungen:
(8b)
D iS = ò d iS
C
dQ j
= DS - ò å
³ 0
Tj
C j
Die folgenden Gln.(9a-d) sind Spezialisierungen von (8a,b) für den isothermen
Prozess. Im Fall eines räumlich isothermem Prozesses folgt aus (8a) mit (5a):
d i S = dS -
(
)
dQ
= 1 dQ r - dQ ³ 0
T
T
und mit Gl.(2) als Bestätigung von Gl.(4a):
(9a)
T d i S = dQ - dQ = ( -dW ) - (-dW ) ³ 0
r
r
(differentielle) dissipierte Energie (s.u.)
Bei einem räumlich und zeitlich isothermen Prozess3 ergibt das:
(9b)
T D i S = DQ r - DQ = ( -DW r ) - ( -DW ) ³ 0
dissipierte Energie (s.u.)
Aus Gl.(9a,b) erhalten wir generell als Teilantwort zu :
3
Gl.(9b) bleibt gültig, wenn nur die Randtemperatur durchweg konstant ist und Anfangs- und
Endzustand Gleichgewichtszustände sind. Vergl. entsprechende Diskussion hinsichtlich der
Konstanz des Druckes in Abschnitt B.5.2.3
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PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
r
B.6-8
r
( -dW ) £ ( -dW ) bzw. ( -DW ) £ ( -DW )
(9c)
!
Ein irreversibler isothermer Prozess besitzt nach außen ungenutzte Arbeitsfähigkeit, die als (interne) Triebkraft des Prozesses wirkt. Nach Gl.(9a) ist die in diesem Sinn intern verbrauchte Energie gleich T d i S . Daher bezeichnet man T d i S
als die (differentiell) dissipierte Energie.
Gemäß (9a) auch
r
r
T d i S = (-dQ) - (-dQ ) ³ 0 bzw. T D i S = (-DQ ) - (-DQ ) ³ 0
(9d)
Die im isothermen Prozess dissipierte Energie T d i S (bzw. T D i S ) ist gleich der
über die reversible Wärme hinaus an die Umgebung abgegebenen Wärme.
Typische Beispiele für derartige zusätzliche Wärmen sind die Reibungswärme
oder die am elektrischen Widerstand erzeugte Wärme (so genannte Joule'sche
Wärme). So gilt im Batteriebeispiel von B.6.1.2:
T d i S = Joule'sche Wärme = Ri I 2dt ³ 0 .
B.6.3.3 Beispiel: Wärmeleitung im adiabatisch isolierten System
p = const
System besteht aus den homogenen Teilsystemen I und II
Cp
Cp
d iQII
TI
TII
Cp = const; es sollen keine chemischen Reaktionen stattfinden
Mit der Umgebung des Systems ausgetauschte Wärmen (adiabatische Isolierung): d aQI = daQII = 0 (maßgeblich für Gl.(7a))
t = 0: Temperaturen TIo, TIIo
Wand (W): wärmeleitend, masselos, Entropie SW = 0
Wärmeübertragung im Inneren des Systems (Index i für "intern"):
(10a)
d iQ I = - d iQ II
Weiter gilt für das Teilsystem II (s. Gl.(B.5-3d)):
(10b)
dQ II = d iQ II = dH II = C p dT II = dQ rII
r
Die hier verwendete Gleichsetzung dQ II = dQ II bringt zum Ausdruck, dass die
Wärmemenge, die einem Körper konstanter Zusammensetzung für eine bestimmte Temperaturänderung zugeführt werden muss (konstanter Druck, nur Volumenarbeit, homogene Verhältnisse), nicht davon abhängt, ob die Übertragung
schnell oder langsam (bzw. reversibel) geschieht, sondern durch dH II festgelegt
ist ( Gl.(B.5-3d)). Analog gilt für das Teilsystem I:
(10c)
d iQ I = C p dT I = dQ rI
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PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-9
Gemäß Gl.(7a) führt die adiabatische Isolierung des Systems zu d aS = 0 . Aus
Gl.(7b) ergibt sich:
d i S = dS ³ 0
(11a)
Im vorliegenden System kann die Entropie, wenn sie sich ändert, also nur zunehmen, der Prozess bewirkt eine Maximierung von S ! (vergl. Minimierung von
G in Abschnitt B.6.1.3).
Mit den Gln.(5b,c) und (10a,b) bekommen wir:
r
(11b)
dS = dS I + dS II
r
dQI
dQII
æ
ö
=
+
= ç 1 - 1 ÷ d iQ II ³ 0
TI
T II
è T II T I ø
Aus der Ungleichung folgt: d iQ II > 0 nur bei T I ³ T II möglich. Also:
Wärmeleitung folgt dem Temperaturgefälle4.
Bezüglich der Temperaturänderungen entnehmen wir Gln. (10a - c):
(11c)
dT I = - dT II
Die Temperaturen der Teilsysteme ändern sich demnach in entgegengesetzter
Richtung und treffen sich im Mittelwert Tm = 0,5( T Io + T IIo ) . Entsprechend gilt
mit DT = T II - T I in einem beliebigen Augenblick:
T I,II = Tm ± DT = Tm æ1 ± DT ö
è
2
2T m ø
Mit Hilfe von Gl.(10b) ergibt sich so aus Gl.(11b)
ö C d( DT 2)
1
1
dS = æ
è Tm + DT 2
Tm - DT 2 ø p
Die Integration liefert den Zusammenhang zwischen S und der Temperaturdifferenz DT (was man nachprüfen möge):
S - Sm =
DT
2
é
æ DT 2 ö ù
d
S
=
C
ln
1
ò
p ê
è Tm ø ú
ë
û
DT=0
Das Diagramm zeigt das Resultat:
-1
S - Sm
1
DT 2
Tm
S steigt bis
zum Erreichen des
Maximums
Vorstehend sind die Änderungen von S mit Hilfe von Gl.(11b) auf direktem Weg
berechnet worden. Wegen Gl.(11a) kann S auch auf dem Umweg über eine Bilanzierung von d i S berechnet werden:
4
Dieses Ergebnis ist natürlich nicht überraschend. Das Beispiel soll in erster Linie den Umgang
mit den Hauptsätzen demonstrieren.
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PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-10
Es ist i S
iSI
i S II
i SW . Die ersten beiden Summanden sind Null, da
sich beide Teilsysteme voraussetzungsgemäß (stabile homogene Phasen) intern
im Gleichgewicht befinden. Für die Wand gilt: i SW dSW
aSW . Hier ist der
erste Summand Null, da SW = 0 (s.o.). Weiter gilt gemäß Gl.(7a):
1
TI
aSW
1
T II
i Q II
Damit erhält man ausgehend von Gl.(11a) im Endeffekt:
dS
iS
i SW
aS W
1
T II
1
TI
i Q II
Dies ist mit der zuvor verwendeten Gl.(11b) identisch, so dass beide Wege, wie
es sein muss, zu demselben Ergebnis führen. Die über d i S führende Weg macht
jedoch deutlich, dass die Entropieerzeugung in der Wand stattfindet (dort, wo die
Temperaturdifferenz als Triebkraft wirksam ist), während sich die Entropieänderung dS in den angrenzenden Reservoiren manifestiert.
Weiteres Beispiel der Entropieerzeugung in einem irreversiblen Prozess:
Anhang 2, Beispiel B7
B.6.3.4 Speziell zu Frage : Zyklisch arbeitende Wärmekraftmaschine
(Vergl. Bsp. in Abschnitt B.4.5.2)
T2
Kerntemperatur
T1
V
Wärmeaustausch bei Randtemperaturen T1 , T2 mit Wärmen DQ1, DQ2 ; es sei
DQ2 > 0 . Gemäß 2. HS. (Gln.(7b),(8a)):
D i S = ò d i S = ò dS - ò d aS ³ 0
Wegen ò dS = DS = 0 mit Gl.(7a):
DQ2 DQ1 ö
D iS = 0 - æ
+
è T2
T1 ø
so dass
(12a)
DQ1
T
T DS
= -æ 1 + 1 i ö
è T2
DQ2
DQ2 ø
e ³0
Gemäß 1. HS. mit ò dU = DU = 0 und ò dW = DW :
DU = DW + DQ2 + DQ1 = 0
womit
DQ1 ö
-DW = DQ2 æ1 +
è
DQ2 ø
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PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-11
Mit Gl.(12a) ergibt sich der thermischen Wirkungsgrad h th der Maschine zu
(12b)
h
th
h th
i d = idealer oder (wegen
kurz
def
=
iS
T
T
( -DW )
th
= 1 - 1 - e £ 1 - 1 = h id < 1
DQ2
T2
T2
0 ) reversibler oder Carnot-Wirkungsgrad
h th £ h th
id = 1 -
T1
<1
T2
Zugleich ergibt sich für die Abwärme -DQ1 wegen Gln.(12a,b):
(12c)
( -DQ1)
T
T
= 1 - h th = 1 + e ³ 1
DQ2
T2
T2
Kommentare zu Gln.(12b,c):
 Ein zyklisch arbeitendes System ist eines, dass immer wieder in denselben
Zustand zurückkehrt. Ein stationäres System ist eines, das von vornherein in
ein und demselben Zustand verharrt. Entsprechend sind die Gln.(12a-c) auch
für stationäre Prozesse in kontinuierlich zwischen zwei Temperaturniveaus
arbeitenden Systeme gültig (betrifft Photosynthese, Thermoelektrizität usw.).
 ( -DW ) > 0 verlangt nach Gl.(12b) T2 > T1 . T1 = T2 liefert ( -DW ) £ 0 . Das
belegt die Unmöglichkeit des "Perpetuum mobile 2. Art"!
 Für Wärmekraftmaschinen (z.B. Wärmekraftwerke, Kfz-Motoren) gilt in der
Praxis T1 » T Q . Großes h th verlangt also T2 >> T Q , d.h. möglichst hohe
Temperaturen des Wärmeüberträgers bzw. der Verbrennung.
Z.B. ergibt sich bei Wärmekraftwerken (auf Basis von Öl, Gas, Kohle, Kernbrennstoffen usw.) mit T2 = 10 3K gemäß Gl.(12b)
th
th
h < 1 - 300 = 70% = h i d
1000
th
th
Typisch: h = 0,5 h i d (zum Faktor 0,5 siehe unten), d.h. h th = 35% .
Damit ergibt sich der Anteil der Abwärme zu:
( -DQ1)
= 1 - h th = 65% !
DQ2
 ( -DW ) kann chemisch zwischengespeichert werden (z.B. in Batterien).
Kommt DQ2 von der Sonne (mit T2 6 103
Oberflächentemperatur der
Sonne), dann gilt nach (12b) für die Photosynthese bzw. die Solartechnik:
h th
» 1 - 300 = 95% !
id
6000
Sonnenenergie
( )
( )
th
Real liegt der Wirkungsgrad der Photosynthese bei h
Photos.
» 10% .
 Wenn man die Wärmekraftmaschine bei T2 > T1 in umgekehrter Richtung
laufen lässt, wird DQ 2 negativ, DQ 1 positiv (bei der höheren Temperatur wird
jetzt also Wärme abgegeben, bei der niedrigeren aufgenommen) und beim
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PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-12
Umlauf wird Arbeit aufgenommen ( DW > 0 ): die Maschine wird zur Wärmepumpe (Wp). Die linke Identität der Beziehung (12b) bleibt erhalten, wobei
jetzt jedoch negativ ist. Damit ergibt sich für den Wirkungsgrad Wp einer
Wärmepumpe (abgegebene Wärme bezogen auf die eingesetzte Arbeit):
def ( -DQ )
T
Wp
Wp
1
1
h
= DW 2 = 1 - T / T + e £ 1 - T / T = T -2 T = h i d ³ 1 !
1
2
1
2
2
1
Z. B. bei T2 = 293 K (20°C) und T1 = 263 K ( -10°C) : h iWp
d = 10 !
Wp
Leider erreicht man in der Praxis bisher nur etwa h
= 2 . Bekannte Ausführungen der Wärmepumpe: Kühlschrank und Klimaanlage (s. Bsp. B.4.5.2).
 Bei einem arbeitsfähigen isothermen Prozess (also einem mit ( -DW r ) > 0 )
definiert man den isothermen Wirkungsgrad h iso durch
( -DW )
iso
(12d)
h
=
r
( -DW )
Wegen Gl.(9a) gilt h iso £ 1 . Häufig lässt man hier Arbeitsbeiträge, die momentan nicht interessieren, außer Acht. Bei isobaren Prozessen ist das in der
Regel die Volumenarbeit. Im Batteriebeispiel ergibt sich entsprechend:
( -DWel )
U
iso
h
=
= el
r
E
( -DW )
el
 Man muss auseinanderhalten: maximale Arbeit und maximale Leistung!
Hierzu Beispiel Batterie (s. B.6.1.2)
(13a)
Spannung:
U el = E - Ri I
(13b)
Leistung:
P = U el I = (E - Ri I ) I = EI - R i I
P
2
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0
0,0
0,2
0,4
Iˆ
0,6
0,8
1,0
I
Die maximale erreichbare Leistung P̂ (Stromstärke I ) ergibt sich aus
dP = E - 2R Iˆ = 0
so dass
Iˆ = E
i
dI
2 Ri
Diese Stromstärke ist gleich der halben Kurzschlussstromstärke (in der Grafik
rechte Nullstelle von P). Gln.(13a,b) liefern mit (12d):
2
Uˆ
iso
hˆ
= el = 0,5 .
Uˆ el = E
Pˆ = E
so dass
E
2
4 Ri
Bei der maximal möglichen Leistung arbeitet das System also mit einem Arbeits-Wirkungsgrad von nur 50%! Die anderen 50% gehen als Joule'sche
Wärme am Innenwiderstand verloren. (Ohne die Verluste wäre die Leistung
durch die gestrichelt gezeichnete Gerade gegeben.)
Verallgemeinernd kann man davon ausgehen, dass bei maximaler Leistung
einer Energiequelle in ihrem Inneren etwa gleich viel Leistung dissipiert wird
Prof. Dr. H.-H. Kohler, WS 2004/05
PC1 Kapitel B.6 - 2. Hauptsatz
B.6-13
("Verlustleistung") wie als "Nutzleistung" nach außen abgegeben wird. So wird
auch von den Wärmekraftmaschinen (die ihrem Zweck nach auf hohe Leistung ausgelegt sind) im normalen Betrieb nur ungefähr die Hälfte des reversibel erreichbaren Arbeitsbetrages als "Nutzarbeit" an die Umgebung geliefert
( h th / h th
i d » 0,5 ; s. Kommentar 3).
B.6.4
Zusammenfassung
Zweiter Hauptsatz: Es gibt eine Zustandsgröße Entropie mit dem Differential
r
dS
Q / T , Gl.(5a)5. Die Entropie des Gesamtsystems ist gleich der Summe
der Entropien der Teilsysteme, Gl.(5c). Der im System selbst erzeugte
Entropiebeitrag i S d S Q / T ist niemals negativ, Gl.(8a).
Ein Prozess mit i S 0 ist irreversibel, ein Prozess mit i S 0 ist reversibel. Ein
Prozess mit i S 0 ist nicht möglich. Die Bedingung i S 0 bestimmt die Richtung eines irreversiblen Prozesses.
Im Fall des isothermen Systems ist T i S die bei einer irreversiblen Zustandsänderung im Innern des Systems dissipierte Energie. Die vom System an die Umgebung abgegebene Arbeit ist um diesen Betrag geringer als die reversibel abgegebene Arbeit, entsprechend ist die an die Umgebung abgegebene Wärme
um diesen Betrag größer als die reversibel abgegebene Wärme, Gln.(9a,b) etc.
Wärmekraftmaschinen, die zwischen den Temperaturen T1 und T2 T1 arbeiten,
besitzen einen maximalen thermischen Wirkungsgrad th
1 T1 / T2 .
id
5
Hier für ein System räumlich konstanter Temperatur angegeben, vergl. Gl.(5b) usw.
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