1 Anne Weber-Krüger Elektronische Musik als Unterrichtsthema in der Grundschule Circuit Bending – „Schaltkreise verbiegen“ Zielgruppe: 3./4. Klasse 2 Inhaltsverzeichnis „CIRCUIT BENDING“ – UNTERRICHTSMATERIAL FÜR DIE 3. UND 4. KLASSE ................................................................................................................... 3 EINLEITUNG........................................................................................................... 3 TEIL I – INSTRUMENTENBAU UND SPIELWEISE ..................................... 4 Vorbemerkung......................................................................................................................4 Das Rohmaterial...................................................................................................................4 Zusätzliches Material und Werkzeug..................................................................................4 Bauanleitung und Spielmöglichkeiten .................................................................................5 Zeitplanung...........................................................................................................................5 TEIL II – BAUSTEINE FÜR DEN UNTERRICHT ........................................... 7 Einführung............................................................................................................................7 Exploration der Klänge und Musizieren .............................................................................8 Gruppenimprovisation......................................................................................................11 Klassenkomposition ..........................................................................................................11 Vertiefung ...........................................................................................................................12 Akustik..............................................................................................................................12 Hörspiel/szenische Aufführung .........................................................................................15 Tipps für eine gelungene Aufführung ................................................................................16 MATERIALTEIL ................................................................................................... 17 Graphische Partituren .......................................................................................................17 3 „Circuit Bending“ – Unterrichtsmaterial für die 3. und 4. Klasse Einleitung Die StadtKlangNetz-Projekte 2006/07 waren dem Unterrichtsthema „elektronische Musik“ gewidmet. Den verschiedenen Ansätzen lag eine Begriffsdefinition zugrunde, die jegliche Musik als elektronisch bezeichnet, welche auf elektronischer Klangerzeugung und/oder auf elektronischer Klangmodifikation beruht. Im Mittelpunkt eines einwöchigen Workshops stand die Technik des „Circuit Bending“ bei elektronischen Klangerzeugern: Durch Eingriffe in die Schaltkreise elektronischer Spielzeuge, Taschenradios oder batteriebetriebener Videokonsolen werden Kurzschlüsse erzeugt und damit unterschiedliche Geräusche und Klänge hervorgerufen. Zum einen ist dies über das Berühren der freigelegten Platine möglich. Zum anderen können Kabel auf der Platine befestigt werden, mit deren freiem Ende sie wiederum berührt wird. Unter der Leitung von Musikern und Medienkünstlern erstellten die Schülerinnen und Schüler eigene „Circuit Bending“-Instrumente, deren Klangmöglichkeiten erkundet und in eine szenische Aufführung integriert wurden. Für die Durchführung einer Unterrichtseinheit mit dem Thema „Circuit Bending“ stehen im ersten Teil des Unterrichtmaterials Informationen zum Bau der Instrumente und zu Bezugsquellen für die benötigten Materialien zur Verfügung. Diese basieren auf den Erfahrungen aus den Workshops. Im zweiten Teil des Unterrichtsmaterials sind aus der Workshopthematik entwickelte Bausteine für die Unterrichtsplanung zu finden, die je nach individuellen Voraussetzungen auszugsweise oder vollständig verwendet, modifiziert oder in andere Zusammenhänge gestellt werden können. Das Unterrichtsmaterial ist für dritte und vierte Klassen konzipiert. 4 Teil I – Instrumentenbau und Spielweise Vorbemerkung Um stabile Instrumente zu bauen, sind teilweise Lötverbindungen nötig. Daher empfiehlt es sich, für die Phase des Instrumentenbaus eine weitere erwachsene Betreuungsperson hinzu zu ziehen, welche die entsprechenden Arbeiten während des Unterrichts vornehmen kann. Mit den Circuit Bending-Instrumenten lassen sich schnell Klänge und Geräusche produzieren. Trotzdem kann nur empfohlen werden, dass die Lehrerin oder der Lehrer bereits in der Vorbereitungsphase selbst ein „Circuit Bending“-Instrument baut und mit der Klangerzeugung experimentiert, bevor die Instrumente im Unterricht gebaut und gespielt werden. Das Rohmaterial Alte Radios, Radiowecker, Anrufbeantworter, batteriebetriebene Spielkonsolen und ähnliche Geräte, die über einen Lautsprecher verfügen, findet man zum Beispiel auf dem Flohmarkt. Zudem können die Kinder aufgefordert werden, von zuhause – sofern vorhanden – ausrangierte Transistorradios und ähnliches mitzubringen (mit Transistorradios können besonders gute Klangergebnisse erzielt werden). Es empfiehlt sich, eine größere Anzahl an Geräten zur Verfügung zu haben, als nur einen Klassensatz. Dies einerseits, da Geräte kombiniert werden können, andererseits aber auch, da manche Geräte unter Umständen weniger variationsreiche Klangeigenschaften haben als andere. Diese können dann ausgetauscht werden. Als wichtigstes Kriterium für alle Geräte ist der Batteriebetrieb zu nennen. Es dürfen keine Geräte verwendet werden, die in die Steckdose eingesteckt werden müssen. Des Weiteren sollte es sich um etwas ältere Modelle handeln, da neuere Geräte oft eingegossene integrierte Schaltungen aufweisen, auf die nicht zugegriffen werden kann. Zusätzliches Material und Werkzeug - Kleine Schraubendreher (flach und Kreuzschlitz) Zangen Ein Lötkolben und Lötzinn Krokodilklemmen (erhältlich im Elektronikhandel) Batterieklemmen Dünnes, einadriges Kabel Taster (=Ein-/Ausschalter, erhältlich im Elektronikhandel) Klebeband Batterien (möglichst wieder aufladbare Batterien verwenden) Weitere Lautsprecher (optional): möglichst mit 4 Ohm, möglichst breitbandig und möglichst kompakt. Weitere Lautsprecher sind nur nötig, wenn die geräteigenen Lautsprecher sehr schlecht oder nicht mehr funktionsfähig sein sollten. 5 Bauanleitung und Spielmöglichkeiten Das Gehäuse wird abgeschraubt und die Platine freigelegt. Nun wird eines der beiden Kabel durchgeschnitten, die von der Platine zum Lautsprecher gehen: An die beiden entstandenen Enden wird der Taster (=Ein/Ausschaltknopf) angelötet. Eine Zeichnung zur Bauanleitung Eine Zeichnung zur Bauanleitung findet sich auf der nächsten Seite. Sollte die Batterie im aufgeschraubten Gehäuse nicht mehr den notwendigen Halt haben, kann sie mit einer Batterieklemme verbunden werden. Möglicherweise reicht es jedoch auch aus, sie durch Klebeband zusätzlich im Gehäuse zu fixieren. Auf der Platine können im eingeschalteten Zustand direkt mit den Fingern Kurzschlüsse erzeugt werden (je feuchter, desto leitfähiger). Nun wird an einem Pol des Lautsprechers eine Krokodilklemme angebracht. Mit dem anderen Ende der Klemme werden Lötstellen auf der Platine bezüglich ihrer Klangqualitäten überprüft. Man kann auch ein Kabel direkt auf die Platine löten, mit dessen freiem Ende sich dann wiederum Kurzschlüsse auf der Platine erzeugen lassen. Es ist anzumerken, dass die Platinen einiger Geräte erst ein wenig „warm gespielt“ werden müssen. Die Kontaktpunkte für interessante Klänge/Geräusche können mit wasserfesten Stiften auf der Platine markiert werden. Beim Experimentieren ist es sinnvoll, nach der Entdeckung eines vielversprechenden Kontaktpunktes die Finger liegen zu lassen und nur durch Drehbewegungen und Druckunterschiede Klangänderungen vorzunehmen. Das Erzeugen von Kurzschlüssen auf der Platine mit Kabeln führt schneller zu Klängen und Geräuschen, die mit der Hand erzeugten Klänge können jedoch eine variationsreichere Klangqualität aufweisen. Zeitplanung Für den Instrumentenbau sollte mindestens eine Doppelstunde eingeplant werden. Sofern mit Erweiterungen durch andere Platinen experimentiert wird oder externe Lautsprecher angeschlossen werden müssen, ist mit zusätzlichem Zeitaufwand zu rechnen. 6 7 Teil II – Bausteine für den Unterricht Einführung Hörauftrag A Reed Ghazala: Example Incantor I (Download als MP3-Datei auf http://www.antitheory.com/bentsound/ ) Zu dem Hörbeispiel von Reed Ghazala werden die Kinder aufgefordert ein Bild zu malen, welches darstellt, was in der Musik passiert. Anregung: „Die Musik erzählt eine Geschichte in einer unbekannten Sprache. Wie würdet ihr sie übersetzen?“ Die Bilder werden vorgestellt und diskutiert: Verschiedene inhaltliche Deutungen zeigen, dass die „Musiksprache“ ganz unterschiedliche Phantasievorstellungen zulässt. Hörauftrag B Reed Ghazala: Example Incantor I Nun werden die Kinder aufgefordert, die Bewegungen der Töne und Geräusche zu malen. Vorbereitend werden Ideen zusammengetragen, wie man lange und kurze, laute und leise Klänge darstellen kann und wie man es darstellen kann, wenn gleichzeitig verschiedene Klänge zu hören sind. Es soll und kann nicht jedes Klangereignis gemalt werden, sondern nur das Wichtige/Deutliche. Damit die Darstellung eines zeitlichen Verlaufs ermöglicht wird, empfiehlt sich die Verwendung von aneinander geklebten Din A 3-Papierbögen oder Tapetenrolle. Die beiden Bausteine zum Hörbeispiel können auch gleichzeitig durchgeführt werden. Dann erhält eine Hälfte der Klasse den Hörauftrag A und die andere Hälfte den Hörauftrag B. Im Anschluss sollten die entstandenen Bilder verglichen werden. Welche Eigenschaften sind feststellbar? „Welche der Bilder würdet ihr einem Musiker als Musiziervorlage für das Stück geben?“ Ghazala verfremdet die elektronischen Klänge und Geräusche zusätzlich durch Hall und andere Effekte. Ein alternatives Klangbeispiel ohne die Verwendung von Effekten (und damit jenen Klängen ähnlicher, welche die Schülerinnen und Schüler mit den selbstgebauten Instrumenten erzeugen können) ist „circuitbent v. 0.21“ von Michael Oster: http://www.f7sound.com/softbentclip.mp3 8 Exploration der Klänge und Musizieren Bevor mit den Instrumenten experimentiert und gespielt wird, sollten einige Regeln geklärt werden: ▪ Solange gesprochen wird, ist kein Instrument zu hören. ▪ Jeder hört dem Anderen zu. „Ich packe meinen Koffer mit Geräuschen“ Die Schülerinnen und Schüler sitzen mit ihren Instrumenten im Kreis. Reihum wird „Kofferpacken“ mit Klängen/Geräuschen gespielt: „Ich packe meinen Koffer mit...“ Der erste Spieler erzeugt einen Klang/ein Geräusch, benennt es und packt es somit in den Koffer. Reihum werden nun Klänge/Geräusche hinzugefügt (dabei kann es auch Wiederholungen geben). Jedes vorhergehende Geräusch wird in der entstandenen Reihenfolge wiederholt. Im Gegensatz zur traditionellen Spielregel beim „Kofferpacken“ soll hier nicht die gesamte Geräuschkette von einer Person wiederholt werden, sondern jedes Kind spielt jedes Mal das Geräusch, welches es eingepackt hatte. In kleinen Gruppen kann das „Kofferpacken“ auch nach der traditionellen Spielregel gespielt werden: So, dass jeweils eine Person die gesamte Geräuschkette auf ihrem Instrument wiederholt und um ein neues Geräusch erweitert. Dies allerdings erst, wenn die Schülerinnen und Schüler so vertraut mit ihren Instrumenten sind, dass sie wissen, wo die verschiedenen Klänge liegen und wie sie sie hervorbringen können. Selbst dann kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass genau gleiche Klänge gefunden werden. In diesem Zusammenhang kann das Spiel unter dem Aspekt einer Hörsensibilisierung zu Klangähnlichkeiten verwendet werden. „Klänge systematisieren“ Die gehörten Klänge und Geräusche werden noch einmal benannt und an der Tafel gesammelt. Wenn für bestimmte Klänge/Geräusche mehrere Benennungen gefunden werden, sollte dies deutlich gemacht werden (z.B. grummeln/brummen) oder nur ein Begriff verwendet werden. Wie viele Geräusche/Klänge wurden gefunden? Z.B.: rauschen, knistern, knacken, quietschen, fiepen, knarren, brummen... Jedem Klang/Geräusch wird eine eindeutige Bewegung zugeordnet. Beispielsweise: Knistern – Hände reiben Knacken – In die Knie gehen Quietschen – Um sich selbst drehen Knarren – Füße schütteln Mit diesen Bewegungen werden die „Klangmarionetten“ durchgeführt (s.u.). 9 „Klangmarionetten“ Der Lehrer/die Lehrerin bzw. ein Kind ist der Marionettenspieler und die Klänge/Geräusche sind die Fäden. Der Marionettenspieler leitet die Bewegungen der anderen durch seine Klänge an, dabei werden die zuvor gefundenen Zuordnungen von Klängen und Bewegungen verwendet. Man kann zunächst mit vier ausgewählten Klängen/Geräuschen beginnen und je nach Zeit und Konzentration nach und nach weitere Klänge/Geräusche mit entsprechenden Bewegungen hinzunehmen. “Augenblicke” Die Schülerinnen und Schüler stehen im Kreis, die Instrumente liegen vor ihnen auf dem Boden. Alle schauen nach unten. Auf ein vereinbartes Signal (z.B. „Eins – zwei – drei – jetzt!“) blicken alle auf und schauen eine beliebige Person in der Runde an. Die Blickrichtung darf nach dem Aufschauen nicht mehr geändert werden. Wenn sich zufällig zwei Kinder in die Augen blicken, setzen sie sich und spielen sich einen kurzen Klang zu. In der nächsten Runde sind sie nicht mehr dabei. Das Spiel wird solange gespielt, bis ein Kind übrig bleibt. Sollten zum Schluss noch zwei Kinder übrig bleiben, haben beide gewonnen. Die „Augenblicke“ sind gut als „Warming up“ für eine Unterrichtsstunde geeignet. „Dialograten“ In Zweiergruppen. Jede Gruppe erhält ein vorbereitetes Kärtchen, auf dem ein Thema für einen Dialog steht. Alle Dialogthemen stehen auch an der Tafel oder auf einem großen Plakat. Beispiele für Dialogthemen: „Vogel und Schlange“, „Kuh und Maus“, „Quasselstrippe und einsilbiger Mensch“, „fröhlicher und trauriger Mensch“. Diese Dialoge sollen nun mit Hilfe der Instrumente ausgeführt werden. Körpersprache darf zusätzlich eingesetzt werden, Sprache nicht. In den Gruppen soll sich selbstständig darauf geeinigt werden, wer welche Rolle übernimmt, dann dürfen alle Kinder kurz (Sanduhr: eine Minute) nach geeigneten Klängen suchen. Es kommt nicht nur darauf an, einen passenden Klang zu finden, sondern auch, wie man ihn einsetzt (laut, leise, gleichbleibend, veränderlich, durchgängig, mit Pausen...) Der Dialog sollte so gestaltet werden, dass beide Dialogpartner ungefähr gleich oft dran kommen. Auch hier kann mit der Sanduhr die Gesamtzeit begrenzt werden. Nach jedem Dialog raten die anderen Schülerinnen und Schüler, welches Thema umgesetzt wurde. Die Themen des „Dialogratens“ können auch mehrmals vorkommen, so dass zwischen den einzelnen Gruppen unterschiedliche Interpretationen der Themen möglich sind. 10 Sofern die Ausarbeitung einer szenischen Darstellung geplant ist und ein vorgefundener Text als Grundlage genommen wird, empfiehlt es sich, die Charaktere oder die Atmosphäre verschiedener Schauplätze aus der Geschichte als Themen für das „Dialograten“ zu wählen. „Dialograten – Variation“ – In Vierergruppen Während zwei Kinder den Dialog mit ihren Instrumenten darstellen, setzen zwei weitere Kinder den gleichen Dialog in Pantomime um. Die Klasse rät, welches Thema dargestellt wird. Das folgende Hörpuzzle kann als Weiterentwicklung des Dialogratens verwendet werden. „Hörpuzzle“ Jedes Kind erhält eine graphische Partitur (Anregungen s. Materialteil). Alle Partituren sind noch einmal auf einem großen Plakat zu sehen und mit Nummern oder Buchstaben für die Zuordnung versehen. Nachdem ein Kind seine Partitur vorgespielt hat, raten die anderen Kinder, welche der Partituren des Plakats dazu passt. Wie beim Dialograten können auch hier Partituren mehrmals vorkommen. Als Steigerung des Schwierigkeitsgrades können Partituren auch rückwärts abgespielt werden. „Graphische Notation“ In Anlehnung an die zu Beginn der Unterrichtseinheit entstandenen Bilder zu den Hörbeispielen (Hörauftrag B) sowie die graphischen Partituren des „Hörpuzzles“ erstellen die Schülerinnen und Schüler eigene graphische Partituren. Hier gibt es zwei Möglichkeiten der Herangehensweise: A: Die Kinder erstellen ohne eine klangliche Vorlage kurze graphische Partituren, die so eindeutig aussehen sollen, dass man sie abspielen kann. B: Dies ist nur in kleinen Gruppen und/oder durch die Nutzung mehrerer Räume möglich: Es werden Zweiergruppen gebildet. Gegenseitig erstellen die Gruppenpartner zu einer kurzen Improvisation auf dem Instrument eine graphische Partitur. Die entstandenen Partituren werden an jeweils andere Kinder verteilt und abgespielt. Die Partituren können zu zwei- oder dreistimmigen Stücken geschichtet werden, indem sie übereinander gehängt werden. Dann sollte das Tempo des Abspielens mit einem Zeigestock deutlich gemacht werden. 11 Gruppenimprovisation „Gruppenimprovisation – Die Maschine“ Jedes Instrument bekommt eine Aufgabe zugewiesen, die es bei einer Phantasiemaschine einnimmt (es können auch Instrumentengruppen gemeinsam eine Aufgabe übernehmen). Z.B.: Einschaltknopf, Motor, Türöffner, Presse, Förderband, Kühlflüssigkeit, Ausschaltknopf etc. Die Aufgaben werden an die Tafel geschrieben, je ein „Maschinenarbeiter“ gibt mit einem Zeigestock an, welche Klangaktion zu hören sein soll, der Motor läuft immer. Nach dem Betätigen des Ausschaltknopfes darf natürlich nichts zu hören sein, bis wieder der Einschaltknopf dran ist. Der Motor kann als „Groove“ von mehreren Kindern ausgeführt werden. Klassenkomposition Basierend auf den bisher erarbeiteten Spielmöglichkeiten der Instrumente wird eine gemeinsame Komposition entworfen. Diese kann verschiedene Klangebenen enthalten und sollte in mehrere Abschnitte gegliedert sein. Klangebebene und formale Struktur lassen sich gut durch ein zugrunde gelegtes Programm realisieren. Klassenkomposition „Der Flug ins All“ Bodenstation Dialoge von Geräuschen/Klängen der Instrumente und gerufenen Befehlen, dann gespannte Stille. Start Brummen, knarren und tiefe Klänge bilden einen Klangteppich, dieser wird langsam lauter. Lauter Knall von allen. Dazu setzen nach oben glissandierende Klänge ein. Schwerelosigkeit Leise „sphärische“ Soli (die Abwechslung erfolgt durch Blickkontakt). Landung auf einem fernen Planeten, betreten Klangteppich aus Rauschen, dazu einzelne des festen Bodens Knack- oder Trommelgeräusche. Die Übergänge zwischen den Teilen werden durch einen Dirigenten angezeigt 12 Vertiefung Ausgehend von der Auseinandersetzung mit den Klang- und Musiziermöglichkeiten bieten sich verschiedene Ebenen für die Vertiefung an. 1. Es kann auf die akustischen Zusammenhänge eingegangen werden und das Prinzip der Schallerzeugung und –übertragung untersucht werden. 2. Sofern eine Präsentation der musikalischen Ergebnisse geplant ist, stellt sich die Frage der Präsentationsform. Hier wäre die Erstellung eines Hörspiels denkbar, bei welchem die Instrumente verwendet werden. Ebenso die Einbindung in eine szenische Darstellung. Zu beiden Aspekten folgen einige Anregungen: Akustik „Warum können wir eigentlich diese Klänge und Geräusche hören?“ Auf spielerische Weise sollen Einblicke in die Vorgänge der Schallerzeugung und Schallübertragung ermöglicht werden und in Bezug zur elektronischen Klangerzeugung gesetzt werden. „Schwingungen“ Jedes Kind erhält einen Schaschlikstab aus Holz (die spitzen Enden absägen, den Stab aber möglichst lang lassen). Der Stab wird über die Tischkante gelegt und angezupft. Danach wird der Stab vorsichtig mit einem Finger berührt und gestoppt. Gemeinsam werden die Beobachtungen festgehalten: ▪Es entsteht ein Geräusch. ▪Der Stab bewegt sich sehr schnell hoch und runter ▪Die Bewegung wird kleiner und hört irgendwann auf ▪Wenn man den Stab berührt, ist die Bewegung zu spüren ▪Wenn der Stab sich nicht mehr bewegt, ist kein Geräusch mehr zu hören Alles was wir hören entsteht aus Bewegungen. Es sind Bewegungen, die sich ständig wiederholen. Man kann sie sich vorstellen wie eine Schaukel, die hin und her schwingt, nur viel schneller. Diese Bewegungen heißen Schwingungen. Klänge und Geräusche entstehen aus Schwingungen. „Schwingungen werden transportiert“ Damit sie in unser Ohr gelangen können, müssen Schwingungen transportiert werden. Wenn der Holzstab angezupft wird, gibt er seine Schwingungen an die Luft weiter. Luft ist nicht „Nichts“, sondern besteht aus vielen kleinen, leichten, unsichtbaren Teilchen (Moleküle). Diese reichen sich die Schwingungen weiter, bis sie in unser Ohr gelangen. Es gibt auch andere Transportmittel für Schwingungen: Der eigene Körper Materialien wie Holz, Stein, Beton, Glas, Metall... Wasser 13 „Schallwellen“ Von einem Lautsprecher wird die Abdeckung entfernt. Auf die größere Membran wird eine sehr leichte Schale mit Wasser gestellt (Achtung: Die Schale sollte aus leichtem Material sein und es sollte nicht zu viel Wasser eingefüllt werden, damit die Lautsprechermembran durch das Gewicht nicht beschädigt wird). Während eine möglichst bass- und rhythmusbetonte Musik läuft, sollen die Kinder beobachten, was mit dem Wasser passiert. ▪Es bilden sich Wellen auf dem Wasser ▪Die Wellen erscheinen im Rhythmus der Musik Wenn ein Ton erzeugt wird und Schwingungen transportiert werden müssen, bilden sich Schallwellen. Schallwellen sind Schwingungen, die unterwegs sind. Sie breiten sich aus, so wie wenn ein Stein ins Wasser fällt. Solche Schallwellen entstehen auch in der Luft, man kann sie nur nicht sehen. „Wie der Körper Schall überträgt“ Erst normal sprechen und dann beim Sprechen die Ohren zuhalten. Der Klang der Stimme beim normalen Hören und mit zugehaltenen Ohren soll verglichen werden. ▪Es klingt dunkler, gedämpfter. Dies passiert, weil man nur noch die Schallwellen hört, die durch den Körper wandern. Dort kommen sie langsamer voran als in der Luft. „Wie Gegenstände Schall übertragen: Das Dosentelefon“ Für ein Dosentelefon werden zwei saubere leere Weißblechdosen benötigt, außerdem eine lange Schnur (möglichst glatt und fest), ein Nagel und ein Hammer. In beide Dosenböden wird mit Nagel und Hammer ein Loch geschlagen. Durch diese Löcher wird die Schnur gezogen und in den Dosen verknotet, damit sie nicht herausrutscht. Zum „Telefonieren“ müssen die Gesprächspartner so weit auseinander gehen, dass die Schnur straff gespannt ist. Jetzt kann man in die Dosen hineinsprechen bzw. flüstern und hineinhören. Das normale Gespräch über eine gewisse Entfernung (sprechen, flüstern) soll mit dem Gespräch durch das Dosentelefon verglichen werden. ▪Durch das Dosentelefon ist auch das Flüstern noch gut verständlich, während es beim normalen Gespräch „an der Luft“ kaum oder nicht mehr hörbar ist. In der Luft werden die Schallwellen immer schwächer, je weiter die Entfernung ist. Beim Dosentelefon nimmt der Dosenboden die Schallwellen auf und gibt sie an die Schnur weiter. Über die Schnur werden die Schallwellen bis zum anderen Dosenboden transportiert und dieser gibt sie, ganz nah am Ohr, wieder an die Luft ab. Deshalb ist auch über eine große Entfernung alles gut verständlich. 14 „Elektronen hörbar machen“ Wenn die selbstgebauten Instrumente eingeschaltet werden, ist ein Rauschen zu hören. Da etwas zu hören ist, müssen offensichtlich Schwingungen vorhanden sein. Wo kommen sie her? Die Instrumente sind elektronische Instrumente, sie funktionieren, wenn Strom fließt. Damit Strom fließen kann, bewegen sich kleine unsichtbare Teilchen: Die Elektronen. Sie bewegen sich und schwingen. Aus ihnen „besteht“ der Strom. Aber damit wir hören können, welche Klänge die Elektronen hervorbringen, müssen ihre Bewegungen erst in Schallwellen umgewandelt werden. Das tut der Lautsprecher. Zur Verdeutlichung: Kleine Gegenstände auf der Lautsprechermembran zum Tanzen bringen (z.B. Konfetti oder Streichhölzer). „Geschwindigkeit“ In der Luft bewegt sich der Schall mit einer Geschwindigkeit von 343 Meter pro Sekunde. Das sind 1234,8 Km/h. Damit sind die Schallwellen fast viermal so schnell wie Michael Schumachers Ferrari. Elektronen sind sogar noch viel schneller: Sie bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit. „Elektronen-Schallwellen-Pantomime“ Wenn das Instrument eingeschaltet wird und das Rauschen zu hören ist, bewegen sich die Elektronen mit Lichtgeschwindigkeit auf ganz geordneten Wegen. Wenn mit einem Finger oder einem Kabel die Platine berührt wird, werden diese Wege durcheinandergebracht oder anders verbunden. Dadurch werden neue Schwingungen erzeugt, die wir als quietschen, knarren, knacken usw. hören. Damit sie überhaupt zu hören sind, braucht man einen Lautsprecher. Dort werden die Schwingungen der Elektronen in Schallwellen umgewandelt. Dazu wird die Bewegung der Elektronen ganz genau übernommen, nur dass sie jetzt nicht mehr in Lichtgeschwindigkeit stattfindet, sondern in Schallgeschwindigkeit. Es ist genau die gleiche Bewegung, aber viel langsamer. Dies soll als Pantomime dargestellt werden: Die Klasse wird in zwei Gruppen geteilt. Auf der einen Seite stehen die „Elektronen“, auf der anderen die „Schallwellen“, je zwei Kinder stehen sich als Partner gegenüber. In der Mitte wird ein Rahmen aufgebaut, dies ist der Wandler im Lautsprecher. Die „Elektronen“ beschreiben mit den Armen wiederholbare Wege in der Luft, die von den „Schallwellen“ imitiert werden müssen, allerdings viel langsamer. Für das Rauschen nach dem Einschalten kann z.B. eine Kreisbewegung mit der Hand verwendet werden. Die Töne und Geräusche, die durch den Finger oder das Kabel auf der Platine entstehen, werden durch die verschiedensten wiederholten Arm und Körperbewegungen dargestellt. Der Wechsel vom Rauschen zu den Tönen und Geräuschen erfolgt auf ein vereinbartes Zeichen. Auch das Ein- und Ausschalten kann integriert werden. 15 Hörspiel/szenische Aufführung Die folgenden Anregungen für Rahmenhandlungen können als Keimzelle für ein selbstgeschriebenes, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern entwickeltes Theaterstück oder Hörspiel genutzt werden. „Klangdetektive“ Ein mysteriöser Anrufer schickt die Klangdetektive auf die Suche nach dem geschmolzenen Klang. Dieser soll Zauberkräfte verleihen. Es stellt sich heraus, dass der Klang mittlerweile erstarrt ist und erst wieder zum Schmelzen gebracht werden muss. Dafür braucht man Strom. „Roboter-Hitparade“ Eine Roboterband findet zusammen und will berühmt werden. „Besuch auf einem anderen Planeten“ oder auch „Musik der Aliens“ Unter dem Titel „Besuch auf Anapaka“ wurde ein solcher Ansatz in einem der Stadtklangnetz-Projekte gewählt. Angelockt von seltsamen Geräuschen verschwindet erst eine Forschergruppe und danach eine Schulband durch eine geheimnisvolle Tür, die den Zugang zum Planeten Anapaka darstellt. Auf dem Planeten klingen die Bandinstrumente plötzlich ganz seltsam. Die Band sucht Rat bei den Forschern. Diese haben bereits Kontakt zu den Bewohnern des Planeten aufgenommen und die Anapakaner können das Geheimnis der veränderten Klänge lüften: Durch seltsame Früchte, welche die Bandmitglieder auf dem Planeten gegessen hatten, wurden ihre Instrumente verwandelt. Die Anapakaner zeigen den Menschen ihren Planeten und möchten von der Band ein Lied hören. Schließlich wird gemeinsam musiziert. „Das Waldorchester“ Die szenische Aufführung eines anderen StadtKlangNetz-Workshops hatte den Titel „Das Waldorchester“. Die Geschichte handelt von einigen Tieren, die beschließen, ein Orchester zu gründen. Im Wald und am Wegesrand finden sie verschiedene interessante Instrumente. Szenische Improvisationen zu einer Rahmenhandlung (in Kleingruppen, zu zweit oder alleine) können Bausteine für die Entwicklung des Theaterstücks oder Hörspiels darstellen. Daraufhin ausformulierte Dialoge sollten kurz sein, so dass sie gut auswendig gelernt werden können. Improvisationen und das Üben einzelner Szenen können von der Klasse konstruktiv kritisiert werden. „Hilfreich für die ‚Theaterkritik’ sind vorher besprochene Regeln: Was habe ich gesehen? Was habe ich verstanden / nicht verstanden? Habe ich andere Ideen / Vorschläge“1 1 Elke Mai-Schröder, Gisela Makatsch, Diethard Wies (Hrsg., 2000): Ängstlicher Riese und mutige Maus. Darstellendes Spiel in der Grundschule, Wiesbaden, Hessisches Landesinsititut für Pädagogik (HeLP), S. 13 16 Bevor an einem Theaterstück gearbeitet wird, bilden Aufwärmspiele zur Körperwahrnehmung, zur Körperhaltung, zu Stimmungen und zur Sprache die Grundlage für eine gute Bühnenpräsenz. Zahlreiche Vorschläge sind in der Veröffentlichung „Ängstlicher Riese und mutige Maus“ zu finden: Elke Mai-Schröder, Gisela Makatsch und Diethard Wies (Hrsg., 2000): Ängstlicher Riese und mutige Maus. Darstellendes Spiel in der Grundschule, Wiesbaden, Hessisches Landesinsititut für Pädagogik (HeLP) Einen Überblick über die Verfahrensweisen und Möglichkeiten des szenischen Spiels im pädagogischen Kontext gibt Ingo Scheller: Ingo Scheller (1998): Szenisches Spiel. Handbuch für die pädagogische Praxis, Berlin: Cornelsen Scriptor Eine ausführliche Einführung in verschiedene szenische Improvisationstechniken gibt Viola Spolin: Viola Spolin (1983): Improvisationstechniken für Pädagogik, Therapie und Theater, Paderborn: Junfermann. (Hier ist besonders das Kapitel „Kinder und das Theater“ zu nennen) Tipps für eine gelungene Aufführung Für alle Beteiligten: Musik und Theater als Kommunikation verstehen. Miteinander agieren, nicht Texte „runterbeten“ oder beim Musizieren nur darauf aus sein, am Lautesten zu spielen o.ä. Wer sich auf seine Mitspieler einlässt, bekommt auch Hilfe, wenn mal etwas schief geht. Die Wege auf die Bühne und von der Bühne gut proben. Bei Auf- und Abtritten oder Umbaupausen: Übergänge inszenieren (z.B. durch eine gemeinsame musikalische Aktion mit dem Publikum oder durch eine Moderation) Raumgestaltung planen: Bühnendekoration, Licht, Bestuhlung, Projektionen... Kostümfrage klären Die Länge der Veranstaltung und der einzelnen Stücke sollte der Konzentrationsspanne des Publikums angemessen sein. 17 Materialteil Graphische Partituren A B C D