Gleichstellung von Frauen und Männern – Prüfstein für Wahlprogramme demokratischer Parteien für die Landtagswahl 2011 in MecklenburgVorpommern Parteien, die sich zur Wahl stellen, zeigen in ihren Wahlprogrammen, wie sie ihre politische Verantwortung für die Entwicklung unseres Bundeslandes wahrnehmen wollen. Der Landesfrauenrat sieht alle demokratischen Parteien und ihre Vertreter und Vertreterinnen als Verbündete im gemeinsamen Bestreben, die Lebensqualität aller Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrem Alter, ihrem Geschlecht, ihrer sozialen Herkunft und Nationalität, ihrer religiösen Zugehörigkeit oder sexuellen Orientierung in Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern. Unsere 48 Mitgliedsorganisationen mit ca. 200 000 Mitgliedern haben sich unter dem Dach des Landesfrauenrates organisiert, um ihre Kräfte für die Umsetzung des politischen Ziels der Gleichstellung der Geschlechter zu bündeln. Sie wollen wissen, welche Zielsetzungen und welche konkreten Maßnahmen sich hierzu in den Parteiprogrammen finden lassen. Dabei ist dem Landesfrauenrat wichtig, dass auf den in den letzten Legislaturperioden erreichten Erfolgen in der Frauen- und Gleichstellungspolitik aufgebaut wird. Bezüglich der Einbeziehung außerparlamentarischer Frauenund Gleichstellungsinteressenvertretungen in landesweiten Entscheidungsgremien, bei der Sicherung landesweiter und kommunaler Gleichstellungsstrukturen sowie bezüglich des gut funktionierenden Interventionsnetzes für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt ist das Land MV bundesweit anerkannt und beispielgebend. Es hat ein gut ausgebautes Netz an Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Durch gemeinsame Anstrengungen von Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Sozialpartnern und gleichstellungspolitischen Akteurinnen und Akteuren, ist unser Land auf einem guten Weg , erfolgreiche Beispiele für eine verbesserte Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben anzuregen und im Land immer stärker zu etablieren. Anregung und Begleitung kommen dabei oftmals von gleichstellungskompetenten ExpertInnen aus geförderten Projekten. Gleichwohl ist noch viel zu tun. In zentralen Bereichen wie Ausbildungsvergütung, Arbeitsentgelt, Anteil an Führungs- und Leitungsfunktionen, in der Existenzgründung, bei Rentenhöhe und Armutsrisiko unterliegen Frauen strukturellen Benachteiligungen, die ihre Lebensqualität beeinflussen. Frauen, insbesondere die große Gruppe der weiblichen Alleinerziehenden, tragen überproportional die Konsequenzen der noch verbreitet familienunfreundlichen Arbeitsbedingungen. Von Verbesserungen in diesem Bereich profitieren jedoch auch Väter, die sich mehr Zeit für ihre Familie wünschen. Die nach wie vor vorhandene Geschlechtersegregation des Arbeitsmarktes muss überwunden werden, um die Ressourcen sowohl von Frauen und Mädchen als auch von Jungen und Männern besser zu erschließen. Mecklenburg-Vorpommern braucht mehr gleichstellungssensible Konzepte und Maßnahmen, von denen sich beide Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen. Nur so können wir tatsächlicher Geschlechtergerechtigkeit näher kommen. Wir sehen die Umsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern in MV als eine zentrale Aufgabe der Landespolitik, die durch die konsequente Anwendung des Gender Mainstreaming - Prinzips als Querschnittsaufgabe in allen Politik- und Arbeitsfeldern zu realisieren ist. Sie ist für uns eine zentrale Frage der sozialen Gerechtigkeit, eine wichtige Voraussetzung für unsere weitere demokratische Entwicklung und notwendige Rahmenbedingung für Erhalt und Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Darum erwarten wir in den Wahlprogrammen eindeutige Aussagen zu folgenden Fragen: 1. Wie soll gleichstellungspolitische Regierungsarbeit in der nächsten Legislaturperiode geleistet werden? Welche Struktur zur Steuerung des Prozesses hält Ihre Partei für erforderlich? Frauen- und Gleichstellungspolitik kann nur ressortübergreifend zum Erfolg führen kann. Alle Maßnahmen, politischen Entscheidungen und auch Ausgaben müssen daran gemessen werden, ob sie die aktuellen Lebensrealitäten beider Geschlechter berücksichtigen, ob sie beiden gleichermaßen zugute kommen und zu mehr Geschlechtergerechtigkeit führen. Deshalb ist es für uns folgerichtig, in der Regierungsarbeit das Thema weiterhin, z.B. in Form eines parlamentarischen Staatssekretariats für Frauen und Gleichstellung, in der Staatskanzlei anzubinden. Die parlamentarische Staatssekretärin muss über ein fraktionsunabhängiges, eigenständiges Rederecht verfügen. Der Handlungsspielraum des parlamentarischen Staatssekretariats muss allerdings über Mitsprachemöglichkeiten hinausgehen. Ein Veto des Staatssekretariats bei Gesetzesentwürfen, die Geschlechtergerechtigkeit nicht hinlänglich berücksichtigen, sollte diskutiert werden und zu einer Rückverweisung in die Ausschüsse führen. Die Durchsetzung von Geschlechtergerechtigkeit muss Anliegen aller Ministerien sein und im Top-Down-Prinzip erfolgen, gesteuert und überwacht werden. Jede Ministerin und jeder Minister hat in ihrem/seinem Fachressort dafür Sorge zu tragen, dass getroffene Maßnahmen beiden Geschlechtern gleichermaßen zugutekommen. Unsere parteiinterne Struktur (vgl. Frage 2) bietet hierfür eine mögliche Form der Umsetzung. 2. Welche Strategie verfolgt Ihre Partei, um Gleichstellung in politisches und gesellschaftliches Handeln als Querschnittsaufgabe einzubringen? Wir BÜNDNISGRÜNEN verfügen mit dem grünen Landesfrauenrat, dem Frauen aus allen Kreisverbänden, die Delegierten zum Bundesfrauen- und Länderrat sowie ein Landesvorstandsmitglied angehören, über eine wirkungsvolle interne Struktur, frauenpolitische Perspektiven in alle Politikfelder einzubringen. Dieser hat beispielsweise bei der Erarbeitung unseres Wahlprogramms den Landesarbeitsgemeinschaften zugearbeitet. Im Rahmen der neu gegründeten Landesarbeitsgemeinschaft Gleichstellung werden darüber hinaus gleichstellungspolitische Fragestellungen in Bezug auf Geschlecht, Alter, soziale, nationale und regionale Herkunft, religiöse Zugehörigkeit und sexuelle Orientierung diskutiert. 3. Welche Themen bzw. Bereiche in der Frauen- und Gleichstellungspolitik sind für Ihre Partei besonders relevant? Welche konkreten Ziele und Vorhaben finden wir dazu in Ihrem Parteiprogramm? Wesentliche Themen grüner Frauenpolitik in M-V Lohngerechtigkeit: Gleichwertige Arbeit muss gleich bezahlt werden! Frauenquote in Aufsichtsräten Frauenquote in Wirtschaft und Wissenschaft (Kaskadenmodell) Frauenquote in allen Bereichen der Politik und in städtischen Verwaltungen Schaffen von Anreizen und beruflichen Perspektiven für qualifizierte junge Frauen Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben (familienfreundliche Unternehmen bzw. Hochschulen) geschlechtergerechte Gesundheitspolitik (medizinische Versorgung von Frauen in ländlichen Gebieten: z.B. Vorsorgeuntersuchungen oder freie Wahl der Geburtshilfe) Stärkung des politischen Engagements Kommunalpolitikerinnen, Präsentationstraining) von Frauen (Training für 4. Wie sollen frauen- und gleichstellungspolitisch handelnde Strukturen des Landes gestärkt werden? Im Zuge der Kreisgebietsreform muss darauf geachtet werden, dass bewährte regionale Strukturen, die Frauen unterstützen und fördern, erhalten bleiben und so ausgestattet werden, dass sie arbeitsfähig bleiben. Dazu gehören Institutionen mit dem Auftrag der konkreten Hilfestellung (z.B. Frauenhäuser) ebenso wie Netzwerke und Veranstaltungszentren (z.B. das Rostocker Frauenbildungsnetz) als auch Interessensvertretungen (z.B. Landesfrauenrat). Neben der Ausstattung ist eine intensive Anbindung dieser Strukturen an die Parl. Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung wichtig. Dabei plädieren wir für eine bessere Vernetzung der vielfältigen frauen- und gleichstellungspolitischen Kompetenzen. 5. Wie will Ihre Partei diese Strukturen nutzen und in ihr politisches Handeln einbeziehen? Der neu gegründete grüne Landesfrauenrat und die frauenpolitische Sprecherin, die gleichzeitig Mitglied des Landesvorstands ist, suchen den intensiven Austausch mit Vertreterinnen der vorhandenden frauen- und gleichstellungspolitschen Strukturen. Bereits jetzt werden alle Beschlüsse und Verlautbarungen der BÜNDNISGRÜNEN in M-V auf Geschlechtergerechtigkeit geprüft. In Zusammenarbeit mit den bestehenden und gut funktionierenden Strukturen soll der grüne Landesfrauenrat gezielt frauenpolitische Bedürfnisse und Anforderungen formulieren und über den Landesvorstand in die Landespolitik einbringen. 6. Welche Bedingungen und Anreize bietet Ihre Partei, damit sich auch Frauen stärker politisch engagieren wollen und können? Die BÜNDNISGRÜNEN haben sich zu einer konsequenten Frauenförderung verpflichtet. Als erste Partei haben wir eine Frauenquote und die Mindestparität bei der Besetzung von Gremien eingeführt und halten uns auch daran. Unsere Landesliste zur Landtagswahl ist vom ersten bis zum letzten Listenplatz quotiert besetzt. Bei allen parteibezogenen Aktivitäten (Arbeitsgemeinschaften, Sitzungen und Delegiertenkonferenzen) wird entweder eine Kinderbetreuung angeboten oder es werden, bei privater Organisation, die Kosten dafür übernommen, damit Frauen und Männer mit Kindern im betreuungspflichtigen Alter sich aktiv einbringen können. Darüber hinaus planen wir zurzeit auf Landes- und Kommunalebene ein Coaching politisch interessierter und engagierter Frauen.