TGD – Grundausbildung Rind Hygiene, Management, Krankheiten und Seuchen Tierarzt Dr. Karl Bauer, Graz, 2010 überarbeitet von Univ. Doz. Dr. Armin Deutz, 2015 TGD – Grundkurs Rind Teilbereiche: TIERGESUNDHEIT TIERSEUCHEN ZOONOSEN TGD – PROGRAMME HYGIENE MANAGEMENT 1 Tiergesundheit Rind Gesundheit (nach WHO-Definition für die Humangesundheit): Umfasst nicht nur das Freisein von Krankheiten, sondern ein vollkommenes körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden Andere Sichtweisen … Gesundheit ist eine schreckliche Krankheit, sagen die Bakterien. (Piet Hein) Gesundheit bezeichnet den Zustand eines Menschen, der nicht häufig genug untersucht wurde (Maxeiner u. Miersch) 2 Tiergesundheit Rind Normwerte und Körperfunktionen des Rindes: Pulsschläge/Min. Atemzüge/Min. oder Herzschläge bis 1 Jahr Körpertemp. in °C 72 - 92 20 - 40 38,5 - 39,5 über 1 Jahr 60 - 80 10 - 30 38,3 - 38,8 hochträchtig 38,5 - 40,0 Ruhig und aufmerksam, guter Ernährungszustand, glattes und glänzendes/sauberes Haarkleid, erhaltene Hautelastizität, blassrosa Schleimhäute, normaler Kot- und Harnabsatz, entspannter Bauch und Rücken, keine abnormalen Ausflüsse, normale und artgerechte Bewegungen, keine Schmerzen, Leiden oder Schäden , … Tiergesundheit Rind Wiederkauen: 40 - 50 Kaubewegungen/Bissen, 6-8 h/d Pansenbewegungen: 1 - 2 je Min. Stehen – Liegen – Bewegen Harn- und Kotabsatz, -konsistenz: „Fladen“ Bauch- und Rückenlinie; Haarkleid Futter- und Wasseraufnahme Ohrenspiel, Schwanzbewegungen Brüllen, Abwehrbewegungen Untugenden, …. Abweichungen sind nur über Tierbeobachtung erkennbar! 3 Prävention / Vorbeugung = verhindern, zuvorkommen, verhüten, planen abhalten, abwenden, begrenzen, vorbereiten = Investition in die Zukunft (aber Kosten jetzt!) ZIEL: IST- Zustand erhalten oder verbessern! Ursachen erforschen Risikoanalysen durchführen Frühestmöglich Handeln Folgen bedenken Zusatzgarantien (IBR, AK) sichern Tierkrankheiten Rind Stoffwechselkrankheiten Infektionskrankheiten Faktorenkrankheiten Parasitosen Haltungsschäden Verletzungen Vergiftungen Erbkrankheiten Sonstige 4 Tierkrankheiten - Allgemeines Ursache und Entstehung (Äthiologie, Epidemiologie) Ausbruch (akut/chronisch, klinisch/subklinisch) Feststellung (Diagnose) Behandlung (Therapie) Verlauf und Vorhersage (Prognose) Vorbeugung (Prophylaxe) Schutz benachbarter Tiere (Metaphylaxe) Verhinderung, Vorbeugung (Prävention) Krankheitsursachen Äußere Ursachen „Unbelebt“: Futter, physikalisch, chemisch, Klima, Wetter „Belebt“: Viren, Bakterien, Pilze, Parasiten Innere Ursachen Stoffwechselerkrankungen, hormonelle Imbalanzen, altersbedingte Erkrankungen Erblich bedingte Erkrankungen 5 Faktorenkrankheiten Infektionsdruck – Immunität – Umwelt „Faktorenkrankheiten“: Für den Ausbruch von vielen Krankheiten sind negative Umweltfaktoren (Stallklima, Fütterung, Stress usw.), die ihrerseits das Immunsystem schwächen, mit verantwortlich Beispiele: Rindergrippe, Mastitis Durchfall, Sterilität Subklinische Leistungskrankheiten Stadien des Eindringens von Krankheitserregern Besiedelung: Ansiedlung von nicht pathogenen (nicht krankmachenden) Mikroorganismen (wie Bakterien, Viren, Pilze) an Haut bzw. Schleimhaut eines Wirtes. Infektion oder Ansteckung: Eindringen (aktiv oder passiv), Haften und Vermehrung eines pathogenen (krankmachenden) Erregers in einem Organismus. Infektionskrankheit: wenn es als Folge einer Infektion zu klinisch fassbaren Krankheitserscheinungen kommt. Seuche: Anhäufung einer gefährlichen (hochansteckenden und wirtschaftlich bedeutenden) Infektionskrankheit in einem bestimmten Gebiet über eine bestimmte Zeit. Inkubationszeit: Zeit zwischen der Infektion und dem Auftreten erster Krankheitserscheinungen 6 Krankheitskennzahlen Morbidität: Anzahl manifest Erkrankter in bestimmter Population (z. B. 100.000) Mortalität: Anzahl der Todesfälle in bestimmter Population Letalität: Anzahl der Todesfälle unter klinisch Erkrankten Prävalenz: sie misst die Häufigkeit der bestehenden Fälle einer Krankheit zu einem bestimmten Zeitpunkt (PunktPrävalenz) oder Zeitspanne (Perioden-Prävalenz) Inzidenz: Häufigkeit neu hinzugekommener Fälle einer Krankheit in einer bestimmten Zeitspanne Typen des Auftretens von Krankheiten Zahl neuer Fälle Zeit Zeit sporadisch endemisch Zeit epidemisch sporadisch: selten und ohne erkennbare Regelmäßigkeit endemisch: ständiges Vorkommen, d.h. räumliche aber keine zeitlichen Grenzen Epidemie: gehäuftes Vorkommen mit zeitl. und räuml. Begrenzung Pandemie: Massenauftreten, trotz zeitlicher keine räumliche Begrenzung 7 Fütterungsbedingte Krankheiten Pansenazidose (Pansenübersäuerung) Schädigungen der Pansenflora nach abrupten Futterwechseln Pansenalkalose (Pansenfäulnis) Mykotoxikosen, Organmykosen Hormonelle Wirkung von Phytoöstrogenen A. Deutz, 2014 Beispiel: Folgen der chronischen Pansenübersäuerung (Pansenazidose) Verminderte Infektionsabwehr – Steigerung des Labmagen-/Darmwurmbefalles Schädigung der Pansenschleimhaut Leberabszesse (Infektion über geschädigte Pansenschleimhaut) Nierenläsionen, Hirnrindennekrose Mineralstoffwechselstörungen (Hypokalzämie) Knochenstoffwechselstörungen (Osteolyse, Osteopathie) unregelmäßige Futteraufnahme 8 Funktionelle Störungen Meist mechanisch bedingt: Fremdkörper, Schlundverstopfung, Zahnwechsel Nervenlähmung, -quetschung Therapie: Beseitigung der Ursache Komplikationen: Fressunlust, Bauchfellentzündung, Kolik Fremdkörper-Vorbeugung: Magnet! Weitere wesentliche Faktoren: Hitzestress und Wassermangel! 9 TGD – Spezialprogramme Fruchtbarkeit Fruchtbarkeit und Zuchtmaßnahmen Modul Eutergesundheit Dermatitis digitalis Gesundheitsmonitoring Parasiten Länderprogramme, Projekte Infektionskrankheiten (Beispiele) Bakteriell: Tuberkulose, Paratuberkulose, Brucellose, Rauschbrand, Deckseuchen Viral: MKS, BVD, IBR/IPV, BT, Tollwut Parasiten: Magen-, Darm-, Lungenwürmer, Leberegel, Bandwürmer; Dasseln, Räude, Läuse, Piroplasmose Pilze: Trichophytie („Ring- oder Talerflechte“ Prionen: BSE 10 Begriff „Tierseuche“ Per Definition ist eine Tierseuche eine durch Krankheitserreger hervorgerufene, übertragbare und sich meist schnell verbreitende Erkrankung von Tieren. Dabei ist es unerheblich, welcher Natur diese Erreger sind (Bakterien, Viren, Parasiten usw.) und in welcher Form (direkt oder indirekt, durch belebte oder unbelebte Vektoren) die Verbreitung erfolgt. Der Begriff „Tierseuche“ ist zudem durch die Tierseuchengesetze der jeweiligen Staaten juristisch definiert und Ausdruck eines staatlichen Interesses an einer Überwachung, Bekämpfung oder Tilgung einer bestimmten Krankheit. Tierseuchenbekämpfung Krankheiten Zoonose MKS Milzbrand Rauschbrand Tollwut Tuberkulose IBR Brucellose Enzoot. Leukose BVD BSE Lungenseuche, Wild- und Rinderseuche, Rinderpest ParaTbc Bluetongue (ja) ja nein ja ja nein ja nein nein (ja) Überwachungs programm nein ja Bestand 3) (ja) ja ja ja ja ja ja ja ja Einzeltier x Fleischtauglichkeit Milchverwendbarkeit (nein) 4) nein ja (ja) nein nein nein nein nein nein (x) (nein) nein nein nein (nein) ja (nein) nein ja nein nein x nein x x x x x x x x 1) nein (ja?) nein Sperre, Schlachtung/ Keulung 2) Impfung nein ja 1) Impfung wird auf infizierten Almen amtlich durchgeführt 2) Schlachtung = Töten von Tieren zum Zwecke der Fleischgewinnung x nein ja ja 4) ja ja 4) ja ja nein ja 3) Keulung = Töten aus seuchenpolizeilichen Überlegungen zur Verhinderung einer weiteren Verbreitung der Krankheit und seuchensicherer Entsorgung über die TKV. Derzeit wird ganzer Bestand gekeult, d.h. seuchensicher getötet. Andere Länder sind zur sog. Kohortenregelung übergegangen, d.h. nur die Tiere des Geburtsjahrganges und direkte verwandte Tiere werden getötet. 4) nach Pasteurisierung für den menschlichen Verzehr geeignet 11 Österreich ist frei von… (Stand: 01/2015) Aujesz- Bruc. kysche meliKrh. tensis IBRRinderZusatz- Brucelgaran- lose tien RinderLeukose Rindertuberkulose Klass. BSEScrapie Status VO (EG) frei G/Art.10 frei frei frei vernachlässigbares Risiko frei vernachlässigbares Risiko Freiheiten sind nichts Selbstverständliches!! Impfung Immunitätsreiz, VOR Infektion! Vorbeugen ist besser (billiger) als Heilen! Freiheit = keine Keim-Zirkulation, Kontakt Freiwilligkeit = Schadensminimierung in endemischen Gebieten Art: aktiv - passiv, lebend - tot, monopolyvalent, amtlich angeordnet, usw. Impfung ist praktischer Tierschutz! Impfverbote beachten: IBR, BVD, MKS! 12 Impferfolg Umfeldanalyse: Keimdruck, Region, Hygiene, Tierdichte, Wirkung, Verfügbarkeit, Umsetzung, Kosten, EU: wirtschaftliche und handelspolitische Auswirkungen Begleitmaßnahmen wichtig: Impfhygiene, Zeitpunkt, Handlungsplan Beispiele: Rota/Cor./Coli, Rindergrippe, BT, Mastitis, Stallspezifische Impfstoffe, usw. Strategie und Akzeptanz…. Steigerung der Immunität Resistenzzucht, Rasse Biestmilchaufnahme Effektive Mikroorganismen Vitamine A, B, C Spurenelemente Stressminimierung Haltungsbedingungen Alternativmedizin Schleimhautabwehr 13 Hygienebereiche Futter-, Fütterungs- und Tränkehygiene Personalhygiene (Umkleideschleuse!) Betriebshygiene (Geräte, Einrichtungen, Räume) Tierhygiene, Stallhygiene Tierkörperbeseitigung Quarantäne Transporthygiene (Tiere und Händler) Arbeits- und Prozesshygiene Managementmaßnahmen Klauenpflege Enthornen Kastration Ungewolltes Besaugen Cow – Comfort Besamung/ET und Geburtshilfe Erste Hilfe: Temp, Fressen, Atmung Sonstige: Schalmtest, Ketosetest, IBB 14 Innovative Bestandsbetreuung Prozess zur Gesunderhaltung Laufende Untersuchungen Datenfluß, -auswertung Nutzen- statt Kostenfaktoren Eigenkontrolle, Qualitätsmanagement Vertrauensbasis Innovative Techniken und Methoden Ziel: Vorbeugen ist billiger als Heilen! Gesundheitsmonitoring 1 Datenerfassungssystem für Diagnosedaten Zucht ZWS für Stiere Management Gesundheitsberichte Betriebe Gesundheitsberichte Tierärzte Schnittstelle TGD 15 Gesundheitsmonitoring 2 Betriebserhebung - Erleichterung und Qualitätsverbesserung: Durch die Zusammenarbeit von LKV und TGD werden mit Zustimmung des Landwirtes die relevanten Daten aus Leistungsprüfung, Gesundheitsmonitoring und Tierkennzeichnung übersichtlich für die TGD-Betriebserhebung zur Verfügung gestellt. Vorausgefüllte Checkliste für die Betriebserhebung (Betriebserhebungsprotokoll) (siehe Abb. rechts) - kann tagesaktuell vom Tierarzt über das Internet heruntergeladen werden. Zusammenarbeit Landwirt und Tierarzt gewährleistet: Landwirt und Tierarzt drücken durch ihre Unterschriften aus, dass die Informationen aus Leistungsprüfung und Gesundheitsmonitoring genutzt werden sollen. Der Landwirt stellt mit seiner Unterschrift die Informationen dem Tierarzt zur Verfügung, der Tierarzt bestätigt, dass die Diagnosen kodiert werden. Weitere Berichte: Als Grundlage zur weiteren Verbesserung der Tiergesundheit stehen die LKV-Tagesberichte mit GMON und die tagesaktuellen Jahresberichte Tiergesundheit kurz/lang zur Verfügung. Gesundheitsmonitoring 3 16 Gesundheitsmonitoring 4 Betriebe, die am Projekt Gesundheitsmonitoring teilnehmen erhalten speziell aufbereitete Informationen für ihr Herdenmanagement. Mit Zustimmung des Landwirts erhält auch der Tierarzt diese Informationen kostenlos. LKV-Tagesbericht mit Gesundheitsmonitoring Jahresbericht Tiergesundheit Tierärzte: Tagesaktueller Jahresbericht, Tiergesundheit und Kurzbericht – ONLINE abrufbar! für TGD - Betriebserhebung nutzbar Ziel: Tierschäden verhindern! 17