2 Teilchenzahlformalismus Quantenmechanische Systeme aus N identischen Massenpunkten, z.B. Elektronen, werden in einem N -Teilchen-Hilbert-Raum als Produktraum aus N Einteilchen-Hilbert-Räumen Hν beschrieben H(N ) = H1 ⊗ H2 ⊗ . . . ⊗ HN mit ψν1 (x1 ) ∈ H1 und x1 = (r1 , s1 ). Hier bezeichnet ν1 einen geeigneten Satz von Quantenzahlen der Zustände in H1 und x1 die Konfigurationskoordinate für ein Teilchen. Bilden dann die ψν1 (x1 ) eine Basis in H1 mit hψν |ψµ i = δνµ , so bilden die Produkte aus N Einteilchen-Basisfunktionen eine Basis in H(N ) ψν1 ν2 ...νN (1, 2, . . . N ) = ψν1 (1)ψν2 (2) . . . ψνN (N ) mit der Ersetzung xN ↔ N. Nach dem Pauli-Prinzip sind jedoch als Zustände nur solche Elemente von H(N ) erlaubt, die bei Bosonen symmetrisch und bei Fermionen antisymmetrisch bezüglich der Vertauschung zweier Teilchen sind. Beschreibt man also die Zustände aus Produkten von Einteilchenfunktionen, sind aufwendige Symmetrisierungen bzw. Antisymmetrisierungen erforderlich, weil die nach dem Pauli-Prinzip ununterscheidbaren Teilchen zunächst nummeriert werden, was anschließend korrigiert werden muss. Eine andere Darstellungsmöglichkeit, nämlich die der Teilchenzahlzustände, besteht darin, nur die Anzahl der Teilchen anzugeben, die sich in einem bestimmten Einteilchenzustand ψν (x) befinden. 2.1 Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren Sei nν die Anzahl der Teilchen, die sich im gegebenen Einteilchenzustand ψν (x) befinden, so ist ein N -Teilchen-Zustand durch Angabe aller nν vollständig beschrieben |n1 n2 n3 . . .i, und es gilt |n1 n2 . . .i = N! ∞ Y ρ=1 nρ ! !−1/2 X P ∈S p (±1) TP ψν1 (1) . . . ψνN (N ) für n Bosonen Fermionen. Hier bezeichnet TP den Permutationsoperator im Hilbert-Raum H(N ) , der eine bestimmte Permutation P der Teilchenummern erzeugt, und an Stelle von xν wurde vereinfacht nur ν geschrieben. Die Summe läuft über alle N ! Permutationen P der Permutationsgruppe S und p bezeichnet die Anzahl der Zweiervertauschungen, die P in das Einselement überführen. Bei Fermionen ist nach dem Pauli-Prinzip nν = 0 oder 1, und bei Bosonen eine natürliche Zahl ∞ X oder Null, in beiden Fällen gilt jedoch nν = N. ν=1 Mit dem Normierungsfaktor gilt die Orthonormalitätsrelation der Teilchenzahlzustände hn1 n2 . . . |n′1 n′2 . . .i = δn1 n′1 δn2 n′2 . . . , die den irreduziblen Teilraum von H(N ) aufspannen, der alle möglichen physikalischen Zustände enthält. Um quantenmechanische Systeme mit Teilchenzahlzuständen berechnen zu können, ist es erforderlich, die Anwendung von Operatoren auf die Teilchenzahlzustände zu kennen. Die selbstadjungierten N Teilchen-Operatoren, die physikalischen Observablen zugeordnet sind, lassen sich aus einer Summe von Einteilchen- und Zweiteilchen-Operatoren zusammensetzen: 1...N 1 X B(i, j) A(j) + H(1, 2, . . . N ) = 2 j=1 i,j N X i6=j mit B(i, j) = B(j, i). Man findet für die Einteilchenoperatoren A(j) = A(rj , sj ) N X A(j)|n1 n2 . . .i = j=1 1...∞ X λ,µ Aλµ a+ λ aµ |n1 n2 . . .i mit Aλµ = hψλ |A|ψµ i. Dabei bezeichnen a+ λ und aλ sogenannte Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren, die durch √ aλ |n1 n2 . . . nλ . . .i = nλ |n1 n2 . . . nλ − 1 . . .i √ nλ + 1 |n1 n2 . . . nλ + 1 . . .i a+ |n n . . . n . . .i = 1 2 λ λ + + + = aλ und wegen definiert sind. Hierbei ist aλ der zu aλ adjungierte Operator mit aλ a+ λ aλ |n1 n2 . . .i = nλ |n1 n1 . . .i liefert der Teilchenzahloperator N̂ die Anzahl der Teilchen N jedes Zustandes N̂ = ∞ X λ=1 a+ λ aλ mit N̂ |n1 n2 . . .i = ∞ X λ=1 nλ |n1 n2 . . .i = N |n1 n2 . . .i. Es gelten ferner die Vertauschungsrelationen für Bosonen mit dem Kommutator [A, B] = AB − BA [aλ , a+ µ ] = δλµ 1 + ; [aλ , aµ ] = 0 = [a+ λ , aµ ]. Der Zweiteilchenoperator, ausgedrückt durch die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren, lautet 1...N 1...∞ 1 X 1 X + B(i, j)|n1 n2 . . .i = Bλµνρ a+ λ aµ aν aρ |n1 n2 . . .i 2 i,j 2 λ,µ,ν,ρ i6=j mit den Matrixelementen der Zweiteilchenwechselwirkung Bλµνρ = ψλ (1)ψµ (2) B(1, 2)ψν (2)ψρ (1) . Wählt man speziell die Eigenfunktionen von A als Basis im Einteilchen-Hilbert-Raum, so gilt A(1)ψν (1) = εν ψν (1) mit Aλµ = hψλ |A|ψµ i = ελ δλµ , und der Hamilton-Operator hat die einfachere Form Ĥ = ∞ X λ=1 ε λ a+ λ aλ 1...∞ 1 X + Bλµνρ a+ a + λ µ aν aρ . 2 λ,µ,ν,ρ Der Zustand |0i = |00 . . .i für die Teilchenzahl N = 0 wird Vakuum-Zustand genannt und es gilt für Bosonen √ + + aλ |0i = |00 . . . 10 . . .i aλ |00 . . . 10 . . .i = 2|00 . . . 20 . . .i ; aλ |0i = 0|0i aλ |00 . . . 10 . . .i = |0i. Die Teilchenzahlzustände kann man durch Erzeugungsoperatoren und das Vakuum ausdrücken 1 n1 + n2 (a+ . . . |0i, |n1 n2 . . .i = √ 1 ) (a2 ) n1 !n2 ! . . . denn es ist + nλ aλ |0i p = nλ ! |nλ i. Wenn die Anzahl N der Teilchen erhalten bleiben soll, müssen die Operatoren der Observablen eine gleiche Anzahl von Erzeugungs- wie Vernichtungsoperatoren aufweisen, wie das bei dem HamiltonOperator der Fall ist. Die Anwendung einzelner Erzeugungs- oder Vernichtungsoperatoren bildet jedoch einen Teilchenzahlzustand mit N Teilchen auf einen mit veränderter Teilchenzahl ab. Die Erzeugungsund Vernichtungsoperatoren sind deshalb in einem verallgemeinerten Hilbert-Raum, dem Fock-Raum HF definiert, der aus der orthogonalen Summe aller N -Teilchen-Hilbert-Räume besteht HF = H(0) ⊕ H(1) ⊕ H(2) ⊕ . . . ⊕ H(N ) ⊕ . . . . Die Operatoren physikalischer Observabler sind unabhängig von der Teilchenzahl und somit im ganzen Fock-Raum definiert. Dieser enthält auch den Vakuum-Zustand |0i mit h0|0i = 1, der den eindimen- sionalen Hilbert-Raum H0 aufspannt. 2.2 Antivertauschungsrelationen für Fermionen Nach dem Pauli-Prinzip können die Besetzungszahlen für die Einteilchenzustände bei Fermionen nur die Werte Null oder Eins annehmen. Dies lässt sich formal durch die Forderung der Antivertauschungsrelationen erreichen. Man setzt mit dem Antikommutator {a, b} a λ , a+ µ = δλµ 1 ; + , a a λ , aµ = 0 = a + mit a, b = ab + ba. µ λ + + + Dann folgt aus a+ λ aµ |0i = −aµ aλ |0i, dass der Zweiteilchenzustand für λ 6= µ bei Vertauschung der beiden Teilchen sein Vorzeichen wechselt, wie nach dem Pauli-Prinzip gefordert. Im Falle λ = µ 2 |0i = 0|0i, sodass zwei Fermionen im gleichen Einteilchenzustand verboten sind, wie vom folgt a+ λ Pauli-Prinzip gefordert. Speziell gilt mit dem Vakuum-Zustand |0i: a+ λ |0i = |00 . . . 010 . . .i und a+ λ |00 . . . 010 . . .i = 0|00 . . . 010 . . .i aλ |0i = 0|0i und aλ |00 . . . 010 . . .i = |0i. Die normierten Teilchenzahlzustände haben dann die Form |n1 n2 . . .i = + n1 a1 + n2 a2 · · · |0i, und hängen von der Reihenfolge der Erzeugungsoperatoren ab.