Die Schilddrüse - Sabine Hauswald - Leseprobe

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Sabine Hauswald
Die
Schilddrüse
Funktionsstörungen
ganzheitlich begegnen
Die Ratschläge in diesem Buch sind sorgfältig erwogen und geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz
für kompetenten medizinischen Rat. Alle Angaben in diesem Buch erfolgen daher ohne Gewährleistung oder Garantie seitens der Autorin oder des Verlages. Eine Haftung der Autorin bzw. des Verlages
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ISBN 978-3-8434-1255-1
Sabine Hauswald:
Die Schilddrüse
Funktionsstörungen
ganzheitlich begegnen
© 2016 Schirner Verlag, Darmstadt
Umschlag: Murat Karaçay, Schirner,
unter Verwendung von # 291211643 (© schiva),
www.shutterstock.com
Layout: Silja Bernspitz, Schirner
Lektorat: Bastian Rittinghaus, Schirner
Printed by: Ren Medien GmbH, Germany
www.schirner.com
1. Auflage Dezember 2016
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und
sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe
sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten
Inhalt
6
Vorwort von Sonja Becker
9Einführung
17Der Schmetterling in unserem Körper –
Funktionelles zum Organ Schilddrüse
21
Wie sieht die Schilddrüse aus?
23
Die besondere Lage der Schilddrüse
27
Sieben Hormondrüsen – sieben Chakren
33
33
35
38
Hormone als Boten in unserem System
Was sind Hormone, und welche Aufgaben erfüllen sie?
Was hat die Leber mit den Hormonen zu tun?
Wie alles zusammenhängt
41Funktionsstörungen – welche Erscheinungsformen
gibt es?
54
56
57
59
61
62
63
65
Fragen als Radar – erste Orientierung im Hormonsystem
Fragebogen Nr. 1
Fragebogen Nr. 2
Fragebogen Nr. 3
Fragebogen Nr. 4
Fragebogen Nr. 5
Fragebogen Nr. 6
Fragebogen Nr. 7
66
Fragebogen Nr. 8
67Auswertung
74
Der hohe Wert diagnostischer Klarheit
74
TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon)
77Schilddrüsenhormone
81
TBG (Thyroxin-bindendes Globulin)
81
Antikörper
84
Ergänzende empfehlenswerte Laboruntersuchungen
94
Sonografie der Schilddrüse
95Schilddrüsen-Szintigrafie
96
Feinnadelpunktion
98
Sensibilität und Stress – die Schilddrüse als Seelenorgan
104Mann und Frau – die Schilddrüse in der
geschlechterspezifischen Betrachtung
111Werden Sie zum Piloten Ihrer Schilddrüse –
fangen Sie an zu fliegen!
114Kosmische Unterstützung – Wertvolles von Venus,
Mars und anderen Himmelskörpern
122
Die Pflege der Leber – ein Schlüssel zu neuer Vitalität
130
Nährstoffe für den Körper – Nahrung für die Seele
134Hormonbalance-Kur
164
Für den natürlichen Tanz der Hormone
173Behandlungsmöglichkeiten bei Euthyreose
mit Struma/Kropfbildung
175
Behandlungsmöglichkeiten bei Überfunktion der Schilddrüse
177
Behandlungsmöglichkeiten bei Unterfunktion der Schilddrüse
179Behandlungsmöglichkeiten bei Autoimmunerkankungen
der Schilddrüse
183
185
190
Hormongaben für die Schilddrüse
Was sind chemisch-synthetische Hormone?
Was sind bioidentische Hormone?
199Das ICH und das WIR –
Transformation im Zeitgeist
205Die Schilddrüse als körperlicher Ausdruck auf dem Seelenweg
207
Rhythmisierung des eigenen Lebens
208
Pflege des Stoffwechsel-Gliedmaßen-Systems
210
Ausgleich des Nerven-Sinnes-Systems
214Wer bin ich? Was will ich ausdrücken?
Was mache ich leidenschaftlich gern?
222
Lilith und die Schilddrüse – die Gleichheit zum Wohle aller leben
228Anhang
230Danksagung
234
Über die Autorin
236
Wertvolle Adressen
238
Literatur- und Quellenverzeichnis
241Register
248Abbildungsverzeichnis
Wie alles zusammenhängt
Kein Hormon wirkt im Körper als Einzelspieler. Alle stehen in Wechsel­
wirkung miteinander und beeinflussen sich gegenseitig.
Dabei spielen die Rezeptoren – die Schlösser für die Schüssel – eine beson­
dere Rolle. Sie sind als Andockstelle für die im Körper kursierenden Hor­
mone heiß begehrt, und manchmal bekommt das Hormon, das zuerst oder
in größerer Menge vorhanden ist, den Vorzug, und ein anderes Hormon
geht leer aus. Das andere Hormon kann nicht andocken und seine Funk­
tion nicht ausüben. Die Folge davon ist eine erhöhte Konzentration dieses
Hormons im Blut. Darauf folgt die Rückmeldung in die Schaltzentralen,
dass die Produktion heruntergefahren werden soll, wodurch es letztlich
zu einem Mangel an diesem Hormon kommt. Wenn eine Rezeptorstel­
le durch ein Fremdhormon besetzt ist, spricht man von einer Resistenz.
Dieser Mechanismus ist bei verschiedenen Hormonsystemen bekannt. Auf
ihm gründet auch die Therapieresistenz, da das gegebene Hormonsubstitut
wegen fehlender Rezeptorstellen nicht wirken kann.
Das Stresshormon Cortisol, die Schilddrüsenhormone und die Östrogene
stehen diesbezüglich in enger Verbindung zueinander: Wenn wir zu viel
Stress haben, steigt der Cortisolspiegel im Blut an. Ist zu viel Cortisol vor­
handen, kann das dazu führen, dass Cortisol die Rezeptoren, die eigentlich
für Progesteron bestimmt sind, besetzt. Progesteron kann dann nicht mehr
dafür sorgen, dass man ruhig wird. Trotz eines normalen Progesteronspie­
gels kann dieser Umstand dafür verantwortlich sein, dass man einen Pro­
gesteronmangel spürt, Ängste bekommt und womöglich Schwierigkeiten
hat, schwanger zu werden.
38
Bei Stress und einer Anflutung von Cortisol wird bei der Umwandlung der
Schilddrüsenhormone von T4 in T3 (vgl. S. 77) zu viel reverses T3 gebildet,
das sich dann an die Rezeptoren für das aktive Schilddrüsenhormon T3
setzt. Das reverse T3 sorgt jedoch nicht für die positive und gewünsch­
te Wirkung des aktiven Schilddrüsenhormons T3, also für einen guten
Stoffwechsel, die richtige Körpertemperatur, eine gute Gehirnleistung und
mehr. Es bewirkt im Gegenteil eine Verlangsamung des Stoffwechsels, Ge­
wichtszunahme und Depression. Eine gute, ausgeglichene Schilddrüsen­
funktion ist blockiert.
Im Zusammenspiel der Hormone kommt dem Cortisol eine »Alphatierrolle« zu. Dies liegt in der Entwicklungsgeschichte unseres Gehirns be­
gründet. Cortisol wird von den ältesten und am wenigsten beweglichen
Teilen des Gehirns gesteuert, dem sogenannten Reptiliengehirn. Dieser
Gehirnteil, tief unten im Gehirn liegend, steuert das Instinktverhalten,
Aggression und Dominanz. Früher waren diese Mechanismen notwendig,
um zu überleben, etwa einem Raubtier zu entkommen. Dieser Anteil re­
agiert zuverlässig, nahezu automatisiert, aber eben auch starr, ohne sich
veränderten, modernen Szenarien anpassen zu können.
Das limbische System und die Hirnrinde – also unser denkendes Gehirn –
sind jünger als das Reptiliengehirn. Das limbische System wird als Sitz der
Emotionen bezeichnet, hier finden Lernen und Erinnern statt. Zum limbi­
schen System gehören die Amygdala (der Mandelkern), der Hypothalamus
(die oberste Hormon- und Vegetativumschaltzentrale), der Hippocampus
und noch weitere Systeme. Wenn die Amygdala Emotionen oder auch Ge­
fahren entschlüsselt, dann gehen im Körper die »Warnlämpchen« an, und
das Reptiliengehirn wird aktiv. Cortisol ist das daran beteiligte Hormon.
Ein Flucht- und Kampfverhalten (Fight-or-flight-Reaktion) wird ausgelöst,
Der Schmetterling in unserem Körper
39
eine erhöhte Wachsamkeit liegt vor. Das bedeutet, dass diese instinktive
Verhaltenskaskade mit vermehrter Cortisolausschüttung sehr alt ist und
sich in der Menschheitsgeschichte bewährt hat, aber aufgrund der starren
Hirnstrukturen nur sehr schwer zu ändern bzw. zu beeinflussen ist.
Um aus den Fugen geratene Hormonspiegel wieder ins Gleichgewicht brin­
gen zu können, müssen das sofort reagierende untere Gehirn und das limbische System zur Ruhe gebracht werden – mit welchen Maßnahmen auch
immer! Dabei sollte der Leitgedanke sein: Die Hormone sollten für uns
und nicht gegen uns arbeiten. Es gilt also, aus Bedrohungen, aus Angst
machenden Situationen und extremen Emotionen herauszukommen, um
direkt die Ausschüttung des Cortisols regulieren zu können und selbst
»Herr der Lage« zu bleiben.
Wie und mit welchen Maßnahmen wir das schaffen, ist individuell sehr
verschieden – es kann ein Spaziergang sein, Meditation, Yoga, Schwim­
men, Tanzen oder ein anderer Sport, Sex, ein Bad, eine Massage, das kur­
ze Verlassen einer kritischen Situation usw. Das darf und sollte jeder für
sich selbst herausfinden. Aber letztlich ist eine Strategie zum Aushebeln
der Reaktionen des alten, unflexiblen Gehirnareals notwendig, damit das
Körpergeschehen nicht von ihm dominiert wird. Hier gilt es, die Führung
für das eigene Leben mit vollem Bewusstsein und ganzer Macht zu über­
nehmen!
Bezüglich einer ausgeglichenen Hormonlage ist dies einer der wichtigsten
Schritte hin zu einem harmonischen, glücklichen Leben und einer wieder
deutlich verbesserten Lebensqualität. Und unsere Schilddrüse darf »auf­
atmen«.
40
Funktionsstörungen –
welche Erscheinungsformen gibt es?
Schilddrüsenfunktionsstörungen haben verschiedene Gesichter. Um sie
erfolgreich behandeln zu können, ist es essenziell, die Unterschiede sowie
die Mischformen zu kennen.
Begrifflichkeiten und Diagnosestellungen im Überblick:
▷▷
▷▷
▷▷
▷▷
▷▷
▷▷
▷▷
Euthyreose mit Struma (Kropf) diffusa/nodosa
Hypothyreose – Unterfunktion
Hyperthyreose – Überfunktion
Dysthyreose – wechselnde Unter- und Überfunktion
Entzündliche Schilddrüsenerkrankungen:
Morbus Hashimoto – Autoimmunerkrankung
Morbus Basedow – Autoimmunerkrankung
Thyreoditis de Quervain
Schilddrüsenautonomien
Schilddrüsenkarzinome
Die Euthyreose bezeichnet eine gesund und ausgeglichen arbeitende Schild­
drüse. Struma ist der medizinische Fachbegriff für eine Kropfbildung – es
kann eine Kropfbildung geben, die die Schilddrüse in ihrer Funktion nicht
oder noch nicht einschränkt. Die Ausbildung eines Kropfes ist die Reakti­
on des Körpers auf eine Jodmangelversorgung. Der Körper versucht dann,
durch Neubildung von Schilddrüsengewebe und die Vergrößerung des Or­
gans die Produktion der Schilddrüsenhormone anzukurbeln. Da aber das
Der Schmetterling in unserem Körper
41
Mehr an Gewebe trotzdem nicht mehr Hormone produzieren kann, ist der
Kompensationsversuch des Körpers sozusagen eine Milchmädchenrech­
nung. Nur und ausschließlich eine ausreichende Jodzufuhr gewährleistet
weiterhin eine gesund und kräftig arbeitende Schilddrüse.
Ein Kropf kann sich entweder »diffusa« oder »nodosa« ausbilden, das neu
gebildete Gewebe verbreitet sich also entweder gleichmäßig (diffus) oder in
Knötchen. Ein knotiges Struma ist erst einmal unauffälliges Schilddrüsen­
gewebe, birgt aber ein gewisses Potenzial, sich autonom oder auch bösartig
weiterzuentwickeln.
Neben der Euthyreose gibt es Fehlfunktionen der Schilddrüse, die Aus­
wirkungen auf den gesamten Menschen haben. Diese können in verschie­
dene Symptomkomplexe unterteilt werden, je nachdem, ob sie mit einer zu
geringen oder einer übermäßigen Produktion der Schilddrüse einherge­
hen. Ersteres wird als Hypothyreose (Unterfunktion), Zweiteres als Hyperthyreose (Überfunktion) bezeichnet. Diese Begriffe werden häufig mit
einem Krankheitsbild verwechselt, sie beschreiben aber nur, wie sich die
Schilddrüse verhält, nicht jedoch, welches Geschehen an der Schilddrüse
vorausging und was dahintersteckt. Welche Ursache zugrunde liegt, gilt es
exakt zu ermitteln.
Neben der Euthyreose, der Hypo- und der Hyperthyreose findet man
nicht selten eine sogenannte Dysthyreose, einen wechselnden Zustand der
Schilddrüse mit hypothyreoten sowie hyperthyreoten Auswirkungen. Der
Begriff der Dysthyreose wird sowohl in der Fachwelt als auch von Betrof­
fenen und Patienten selten verwandt. Die Problematik der wechselnden
Symptome ist zwar bekannt, aber noch nicht wirklich ins Bewusstsein aller
42
Beteiligten gelangt. Zumal die Behandlung der Dysthyreose einen Thera­
peuten tatsächlich vor eine große Herausforderung stellt. Aber auch hier
gibt es Lösungsansätze und Erfolgsgeschichten.
Zu den entzündlichen Schilddrüsenerkrankungen zählen der Morbus
Hashimoto, der Morbus Basedow und die Thyreoditis de Quervain.
Morbus Hashimoto und Morbus Basedow sind Autoimmunerkrankungen. Beide sind bedingt durch die deutlich gestiegenen Erkrankungs- und
Diagnosefälle in den letzten 15 Jahren mittlerweile einer breiteren Masse
bekannt. Sie beruhen nicht auf einer eigentlichen Erkrankung der Schild­
drüse. Die Ursache liegt vielmehr in einem außer Rand und Band gerate­
nen Immunsystem, das nicht mehr zwischen Fremdeinflüssen, die es zu
»bekämpfen« gilt, und körpereigenem Gewebe unterscheiden kann. Das
eigene Immunsystem greift das Gewebe der Schilddrüse an, was diese »in
Flammen aufgehen lässt«, sprich eine Entzündung hervorruft – begleitet
von einem schweren Krankheitsgefühl. Was diesen Angriff auslöst, weiß
man heute noch nicht. In der Regel sind durch diese Prozesse auch soge­
nannte Autoantikörper im Blut nachzuweisen – der Körper bildet Antikör­
per gegen körpereigene Strukturen aus. Die »Schlacht« ist eröffnet. Solche
entzündlichen Schilddrüsenerkrankungen kennen einen akuten Verlauf,
aber auch subakute und vor allem chronische Zustände. Die Schilddrüsen­
entzündung kann außerdem in Remission gehen, sich also wieder zurück­
ziehen, sodass sich das Immunsystem befriedet und man in der Tat von
Heilung sprechen kann – wenn auch mit bleibenden Narben vom Kampf.
Etwa 10 % der gesamten deutschen Bevölkerung sind von einem Morbus
Hashimoto betroffen, das ist jeder zehnte in Deutschland lebende Mensch.
Unter zehn Hashimoto-Diagnostizierten ist nur ein Mann. Etwa 4–7 % der
Der Schmetterling in unserem Körper
43
Betroffenen bilden Symptome aus, und die Zahl der Neudiagnosen steigt
mit dem Lebensalter.
Morbus Basedow trifft etwa 2–3 % der deutschen Bevölkerung. Er führt
nicht selten zu Operationen, bei denen Schilddrüsengewebe entfernt wird,
um die eher hyperthyreoten Zustände der Patienten in der Entzündungs­
phase wie auch in der chronischen Phase drosseln zu können. Hier kommt
auf acht erkrankte Frauen ein Mann. Die Wissenschaft hat herausgefun­
den, dass die Ursache die Bildung eines Antikörpers vom Typ IGg ist, der
die TSH-Rezeptoren der Follikelzellen in der Schilddrüse angreift.
Bei beiden Autoimmunerkrankungen kann es alle Symptomausprägungen
der Hypo-, der Hyper- wie auch der Dysthyreose geben. Etwas häufiger
unterliegt erfahrungsgemäß der Morbus Hashimoto den wechselnden Zu­
ständen. Der schulmedizinische Ansatz, der durchaus noch Standard ist,
heißt, die Schilddrüse zu »verbrennen«, bis kein gesundes und aktives Ge­
webe mehr vorhanden ist. Dann wird mit einer einzigen Behandlungsoption
fortgefahren: der Gabe von einem reinen T4-Präparat, um die fehlende Hor­
monproduktion der Schilddrüse auf chemisch-synthetische Weise zu erset­
zen. Viele der Erkrankten bekommen auch heute noch gesagt, dass dies die
einzige mögliche Behandlung sei und man erst etwas tun könne, wenn alles
Schilddrüsengewebe zerstört ist. Allein der Weg dahin kann sehr lang und
erschöpfend sein und andere Organe in Mitleidenschaft ziehen. Darum wol­
len viele der Betroffenen diese Behandlung nicht akzeptieren und machen
sich eigenverantwortlich auf den Weg, ihre Geschichte mit anderen teilen,
ob in den sozialen Netzwerken, in Foren oder Blogs. Damit setzen sie ein
Zeichen, dass man diesen Autoimmunerkrankungen von der Wurzel her zu
Leibe rücken kann. Leider ist dieser Weg mit Frust, Ärger, Unverständnis
44
und einem hohen Energieeinsatz verbunden. Es ist ein Kampf, durchzuset­
zen, dass die Laborwerte regelmäßig kon­trolliert werden, zum Teil von Spe­
ziallaboren, diese Kosten erstattet zu bekommen, bioidentische Hormonthe­
rapien verschrieben zu bekommen (die dann selbst bezahlt werden müssen),
oder auch andere Therapiemaßnahmen erschöpfend mit dem Arzt und/oder
der Krankenkasse zu diskutieren. Sogar in Amerika haben die Betroffenen
ähnliche Schwierigkeiten, obwohl das Gesundheitswesen dort anders kon­
zipiert ist. Ich bin sehr glücklich, dass sich zunehmend eine Gemeinschaft
aus Betroffenen bildet, der auch einige engagierte Ärzte angehören (wie z. B.
Dr. Simone Koch in Berlin, Dr. Berndt Rieger in Bamberg, Wolfgang Gerz
und Dr. Siegfried Schlett in München und sicherlich noch weitere). Diese
Ärzte stehen wirklich im Dienst der Betroffenen und bewegen etwas mit
ihrer Arbeit. Leider sind diese wenigen aber kaum dem Ansturm von The­
rapiebedürftigen aus dem gesamten Land gewachsen. Immerhin bewirken
diese Autoimmunerkrankungen, allen voran der häufig auftretende Morbus
Hashimoto, einen gesellschaftlichen Lerneffekt: Sie bewegen die Menschen,
sich eigenverantwortlicher und unabhängiger ihrer Gesundung zu widmen
und das, was von unserem System vorgegeben ist, mit Aufklärung, Wissen
und Austausch untereinander zu hinterfragen, sodass hoffentlich auch in
das starre Wesen unseres Gesundheitssystems endlich Bewegung kommt.
Denn es gibt genügend Betroffene mit starkem Durchhaltevermögen, deren
Krankheit trotz Rückschlägen einen positiven Verlauf genommen hat. Jeder
ist es wert, in diesem gut dastehenden Land adäquat und lösungsorientiert
von seiner Krankenkasse versorgt zu werden. Dies gilt im Übrigen nicht nur
für Hashimoto- oder Basedow- und andere Schilddrüsenpatienten, für die
speziell ich dieses Buch geschrieben habe, sondern vielmehr für alle Kran­
ken, die sich eigenverantwortlich auf den Weg zu ihrer Gesundheit machen,
Der Schmetterling in unserem Körper
45
in der Hoffnung, von unserem Gesundheitswesen das zu bekommen, was in
seinem Namen steht: nämlich Gesundheit.
Die Schilddrüsenentzündung Thyreoditis de Quervain geht auf eine In­
fektion der Atemwege durch Viren zurück und beinhaltet, anders als bei
den Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse, einen »Angriff« von au­
ßen. Das Erscheinungsbild der Symptomatik kann im akuten/subakuten
Stadium der Infektion dem der Autoimmunerkrankungen aber sehr äh­
neln. Die Schilddrüse kann auch hier mit Fehlfunktionen reagieren, den
Körper mit zu vielen Schilddrüsenhormonen fluten oder insbesondere im
abheilenden Stadium, wenn sie vom Entzündungsprozess erschöpft ist, mit
zu wenig Hormonen versorgen. Die Thyreoditis de Quervain heilt in der
Regel spätestens innerhalb eines Jahres aus und sollte über diesen Zeitraum
mit häufigen Laborkontrollen und einer Überwachung des Befindens des
Patienten kontrolliert werden. Diese Erkrankung ist häufig von einer vo­
rübergehenden Hypothyreose begleitet, die eventuell Anlass gibt, diese zu
behandeln. Auch hier ist das Verhältnis der betroffenen Frauen höher. Auf
einen erkrankten Mann kommen fünf Krankheitsfälle bei Frauen.
Allen entzündlichen Prozessen liegt im geistig-seelischen Bereich ein Po­
tenzial zur Weiterentwicklung des Menschen zugrunde. Die Wissenschaft
erforscht das Nachweisbare, das Erklärbare – lässt aber außer Acht, dass
wir als Menschen lebendige Form sind und dass jeder von uns seinen eige­
nen Entwicklungsweg hat, seine individuellen Erfahrungen benötigt, um
persönlich und seelisch weiter zu wachsen. Schon bei Kindern kann man
häufig beobachten, dass sie durch Kinderkrankheiten Entwicklungsschübe
machen, dass sie also nach erfolgreich durchstandener Krankheit, die Rück­
zug und Ruhe mit sich brachte, persönliche Fortschritte machen konnten.
46
Hormongaben für die Schilddrüse
Zur Unterstützung einer optimalen Schilddrüsenfunktion und eines ide­
al arbeitenden Hormonsystems sind vorübergehend oder auch dauerhaft
Hormongaben notwendig und hilfreich. Nicht immer benötigt nur die
Schilddrüse Unterstützung von außen – häufig müssen auch die Hypo­
physe, die Nebennieren und das weibliche bzw. männliche Hormonsystem
mit Hormonsubstitutionen versorgt werden. Dennoch sollte das oberste
Ziel der Behandlung immer sein, dass alle Funktionskreisläufe wieder so
zum Laufen gebracht werden, dass eine Substitution oder unterstützen­
de Therapie nur temporär nötig ist und der Körper dazu gebracht wird,
sich wieder selbst zu regulieren. In einem Fall ist ein vollständiges Aus­
schleichen der Hormongaben in der Regel allerdings nicht möglich: bei
einer totalen Schilddrüsenresektion, nach der keinerlei hormonbildendes
Schilddrüsengewebe mehr im Körper verbleibt. Der Organismus ist dann
auf eine externe Zufuhr von Schilddrüsenhormonen angewiesen, um die
notwendigen Körperfunktionen aufrechtzuerhalten. Die Frage ist aller­
dings, welcher Art diese ist.
Welche Möglichkeiten der Hormonsubstitution gibt es? Ich gebe Ihnen ei­
nen Überblick über alle vorhandenen und therapeutisch verfügbaren Hor­
monmittel. Diese Information soll Ihnen dazu dienen, sich besser orien­
tieren und somit in Bezug auf Ihre Hormoneinnahme eigenverantwortlich
handeln zu können:
Werden Sie zum Piloten Ihrer Schilddrüse
183
▷▷ chemisch–synthetische Hormone
▷▷ bioidentische Hormone
▷▷ homöopathische Hormongaben und/oder homöopathisch
potenzierte Organpräparate (in der Regel vom Schwein oder Rind)
▷▷ natürliche Schilddrüsenhormone (aus pulverisierten Schilddrüsen
des Schweins oder Rinds)
Hormone sind verschreibungspflichtig, denn sie greifen schon in geringer
Dosis intensiv in das Gesamtgefüge des Hormonkreislaufs und der Kör­
perfunktionen ein. Eine Einnahme sollte deshalb sowohl vom Betroffenen
selbst genau beobachtet als auch von einem kompetenten Arzt und/oder
Heilpraktiker überwacht und begleitet werden. Die chemisch-syntheti­
schen Hormonverordnungen, die Rezeptierung von bioidentischen Hor­
monen und auch die Gabe von natürlichen Schilddrüsenextrakten vom
Schwein oder Rind sind ohne ärztliche Verschreibung nicht zu erhalten.
Homöopathische Hormongaben bis zu einer D4-Potenz sind vom Heil­
praktiker verordnungsfähig. Ich selbst empfehle aber dringend, auch die
rezeptfreien Hormonpräparate nur unter Begleitung eines erfahrenen The­
rapeuten anzuwenden. Das Hormonsystem ist derart komplex, noch nicht
abschließend wissenschaftlich erforscht und auch durch sehr kleine Im­
pulse ansprechbar, sodass ein leistungsstarkes Team aus Arzt, Heilprakti­
ker und Patient für eine erfolgreiche Behandlung eine unverzichtbare Basis
darstellt.
184
Was sind chemisch-synthetische Hormone?
Chemisch-synthetische Hormone wurden von der Pharmaindustrie ent­
wickelt und weisen eine gegenüber den körpereigenen Hormonen leicht
veränderte Molekularstruktur auf. Nur so konnten sie überhaupt zum Pa­
tent angemeldet und vermarktet werden. Eine Patentierung mit exklusiven
Rechten ist mit natürlich vorkommenden Hormonen nicht möglich. Sie
sind damit für die Pharmakonzerne finanziell uninteressant. Chemischsynthetische Hormone sind z. B. in der Anti-Baby-Pille und Hormonersatz­
präparaten (HET) enthalten, die für die Wechseljahre angewendet wurden
und teilweise auch noch werden. Der therapeutische Ansatz liegt in der rei­
nen Substitution derjenigen Hormone, die der Körper selbstständig nicht
mehr zur Verfügung stellen kann. Diese Art der Hormonsubstitution kann
erhebliche Nachwirkungen nach sich ziehen. So stellt der Körper nach ei­
ner kurz- oder langzeitigen Einnahme die restlichen Organfunktionen ein,
oder das gesamte Hormonsystem gerät in Veränderung.
Im Laufe der Zeit hat man also leider feststellen müssen, dass chemischsynthetische Hormone durchaus starke Nebenwirkungen haben. Es sind
körperfremde Stoffe, auf die der Körper individuell auch nachteilig reagie­
ren kann. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören:
▷▷
▷▷
▷▷
▷▷
erhöhtes Brustkrebsrisiko
gesteigertes Thrombose- und Embolierisiko
vermehrte Herz-Kreislauf-Erkrankungen
vermehrte Gewichtszunahme und Speicherung der Fremdhormone
im Fettgewebe
Werden Sie zum Piloten Ihrer Schilddrüse
185
▷▷ Besetzung der Hormonrezeptoren, sodass die körpereigenen
Hormone nicht »andocken« können und die körpereigene
Hormonproduktion heruntergefahren wird
Diese Hormone werden auch Fremdhormone oder Xenohormone genannt
und als solche nicht nur beabsichtigt in der Therapie, sondern auch unfrei­
willig von jedem von uns aufgenommen. Sie finden sich in Lösungsmit­
teln, Klebstoffen, nahezu allen Plastikprodukten (Bisphenol A – BPA), in
Weichmachern, Desinfektionsmitteln, Pflanzenschutzmitteln, Schädlings­
bekämpfungsmitteln, in Cremes, Parfüms, Nagellacken, Haarfarben, Sei­
fen und anderen Kosmetika. Wir alle sind – meistens unbewusst und un­
wissentlich – häufig diesen Hormonen ausgesetzt. Sie stellen für die Leber,
die diese abbauen muss, und die gesamte Verstoffwechslung eine enorme
Herausforderung dar. Deshalb verbleiben sie häufig viel zu lange im Kör­
per und können nur schwer wieder ausgeschieden werden. Xenohormone
müssen noch nicht deklariert werden und finden sich daher nicht in den
Inhaltsstoffangaben von Produkten oder Verpackungen.
Folgende schilddrüsenrelevante Hormonpräparate sind auf dem Markt
und kommen häufig zur Verordnung:
Reine T4-Präparate
▷▷ L-Thyroxin®
▷▷ Euthyrox®
▷▷ Berlthyrox®
▷▷ Eferox®
186
Reine T4-Präparate stellen den Löwenanteil der klassischen, schulmedizinischen Schilddrüsentherapie dar und sind in vielen verschiedenen
Dosierungen erhältlich. Vielen Betroffenen geht es unter dieser Behand­
lung nicht wirklich besser. Zu Beginn der Einnahme zeigt sich manch­
mal eine kurzfristige Besserung, insbesondere, wenn jahrelang eine uner­
kannte Unterfunktion vorlag. Danach kommen die Symptome aber meist
zurück oder verschlimmern sich sogar. Eine T4-Hormongabe beseitigt in
aller Regel nicht die Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion, sondern
ist allenfalls eine symptomatische Behandlung. Tiefere Ursachen werden
nicht erforscht, und häufig findet sich der Betroffene auch in eine psycho­
somatische »Schublade« gesteckt. Die Schulmedizin sieht so lange zu, bis
das Organ völlig »ausgeblutet« ist und zugrunde geht (insbesondere bei
der Autoimmunerkrankung Morbus Hashimoto). Hat der Patient nicht das
Glück, einen wachen Mediziner an seiner Seite zu haben, und ergreift er
nicht selbst die Initiative, ist hier meist therapeutisch »Endstation«.
Auch krankenkassenbedingte Präparatwechsel innerhalb einer T4-Medi­
kation, meist aus Kostengründen bzw. aufgrund sich ändernder Rabatt­
verträge mit der Pharmaindustrie, haben bereits einen Einfluss auf das
Wohlbefinden und können Rückschritte in einer fortlaufenden Therapie
zur Folge haben!
Der Einsatz von reinen T4-Präparaten ist nur dann für Patienten sinnvoll
und effektiv, wenn in deren Körper eine reibungslose und optimale Umwandlung des inaktiven T4- in das aktive T3-Hormon abläuft! Dies ist
für eine erfolgreiche Therapie ausschlaggebend und muss abgeklärt sein!
Ansonsten treibt man den Patienten in weitere gesundheitliche Probleme
hinein.
Werden Sie zum Piloten Ihrer Schilddrüse
187
Natürliche Schilddrüsenhormone
(aus pulverisierten Schilddrüsen des Schweins oder Rinds)
Eine veritable Behandlungsoption ist die Behandlung mit natürlichem
Schilddrüsenextrakt (oder NDT für »natural desiccated thyroid«) vom
Schwein oder Rind. Rind wird allerdings seit den BSE-Vorfällen kaum
noch verwendet, sein Schilddrüsenextrakt funktioniert jedoch auch für
den Menschen. Bei den Organpräparaten für homöopathische Mittel wird
sehr genau darauf geachtet, dass nur biologisch und hochwertig gehaltene
Tiere verwendet werden, deswegen ist hier BSE kein Thema. Da aber im Fall
des natürlichen Extraktes das gesamte Organ des Tieres stofflich pulveri­
siert wird, ist man beim Schwein auf der sicheren Seite.
Oftmals werden die Betroffenen zunächst mit künstlichen Hormonen
eingestellt. Im Verlauf der Behandlung geht es vielen nicht gut bzw. nicht
Werden Sie zum Piloten Ihrer Schilddrüse
193
besser, woraufhin eine erneute Suche nach unterstützenden Maßnahmen
für eine bessere Lebensqualität, eine Reduzierung des Leidensdruckes und
einen Ausblick auf Heilung beginnt. Der Umstieg auf natürliche Schild­
drüsenhormone kommt einer Neueinstellung der Schilddrüse gleich, will
gut geplant und sorgfältig durchgeführt werden, um ein bestmögliches Er­
gebnis zu erreichen. Die Kosten hierfür werden – wie bei den homöopathi­
schen Mitteln und homöopathischen Organpräparaten – in der Regel nicht
von den Krankenkassen übernommen, sondern stellen eine Eigenleistung
dar.
Insbesondere bei Morbus-Hashimoto-Patienten werden gute Erfolge mit
natürlichen Schilddrüsenhormonen erzielt. Im Extrakt befinden sich alle
schilddrüsenrelevanten Anteile: T1, T2, T3, T4 und Calcitonin, was ein
großer Vorteil gegenüber allen anderen Präparaten ist (bei den homöopa­
thischen Organpräparaten verhält es sich ebenso).
Im Vorfeld der Umstellung ist es sehr hilfreich, den Darm zu sanieren,
fehlende Nährstoffe aufzufüllen und eine Nebennierenschwäche zu be­
handeln, damit sich ein Behandlungserfolg einstellt. Von großem Vorteil
ist ein erfahrener Arzt, der die Umstellung auf den natürlichen Schild­
drüsenextrakt kompetent begleitet. Gerade dies ist aber in Deutschland
noch ein großes Problem – in der Regel müssen Betroffene hier erst einmal
Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit bei den Ärzten leisten, Offenheit
für diese Behandlungsform bahnen, um dann einen der wenigen offenen
Ärzte für eine erfolgversprechende Behandlung zu gewinnen.
Diese Form der Behandlung stammt aus den USA (ca. 30 Millionen USAmerikaner leiden unter Schilddrüsenfehlfunktionen, Tendenz weiterhin
steigend!), und einige der Produkte werden aus Amerika importiert und
hier verwendet. Doch zwei deutsche Apotheken haben sich aufgemacht,
194
für den deutschsprachigen Raum NDT-Präparate zu entwickeln und her­
zustellen: die Klösterl-Apotheke in München und die Receptura-Apotheke
in Frankfurt/Main.
Folgende natürlichen Schilddrüsenhormone sind verfügbar:
▷▷ Klösterl-Apotheke: Thyreogland
▷▷ Receptura-Apotheke: Thyroid
▷▷ Erfa Canada 2012 Inc.: Thyroid®
▷▷ RLC Labs: WP Thyroid®
▷▷ RLC Labs: Nature Thyroid®
▷▷ Acella Pharmaceuticals: NP Thyroid
▷▷ Allergan: ArmourThyroid®
Die Produkte unterscheiden sich in der Zusammensetzung (mit und ohne
Zusatzstoffen) und im Preis. Was allen gemein ist, ist das Mischungsverhältnis von T4 zu T3, das bei 4 : 1 liegt. Die Dosis der künstlichen Hormo­
ne muss in der Regel umgerechnet und angepasst werden, deswegen sind
die Verhältnisse dabei andere. Der Einnahmeplan ist bei den natürlichen
Schilddrüsenhormonen anders, weil der Anteil an T3 deutlich höher ist. T3
wird aber auch schneller verstoffwechselt, und nach wenigen Stunden ist
es nur noch minimal oder gar nicht mehr im Körper vorhanden. Daher ist
meist eine morgendliche, eine mittägliche und gegebenenfalls auch noch
eine nachmittägliche Einnahme nötig, um die Schilddrüsenhormone opti­
mal zur Verfügung zu stellen. Bei einer begleitenden Nebennierenschwäche
kann sich eine zusätzliche abendliche oder sogar nächtliche Gabe positiv
auswirken. Der Übergang auf NDT sollte auf alle Fälle langsam vollzogen
werden. Sinnvoll ist es, das T4-Präparat zu reduzieren und dafür ein rei­
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nes T3-Präparat wie Thybon hinzuzunehmen (ca. 20–25 μg T4 mit 5 μg T3
ersetzen), um dann – bei guter Toleranz und Verträglichkeit – nach etwa
5–6 Wochen mit den natürlichen Schilddrüsenhormonen zu beginnen.
Dabei wird zunächst das T4-Präparat stufenweise reduziert (ca. 25 μg T4
mit 15 μg NDT ersetzen). In der letzten Phase wird das künstliche Hormon
ganz weggelassen, und die Dosis der NDT wird auf ¼–½ Grain eingestellt
(Grain ist die Maßeinheit für NDT, wobei ¼ Grain etwa 25 µg reinem T4Präparat entspricht – abhängig vom gewählten NDT-Präparat).
Während dieser Zeit und danach ist es unbedingt notwendig, sich und sei­
ne Körperfunktionen genau zu beobachten. Die Wirkung der NDT ist an­
ders als die der künstlichen Präparate. Nach vollständiger Umstellung ist es
wichtig, Unter- wie auch Überfunktionssymptome wahrzunehmen, denn
die optimale persönliche Dosis zu finden, hängt nicht unbedingt von einer
exakten Umrechnung ab, sondern davon, wie der Organismus individuell
auf die »neuen« Schilddrüsenhormone reagiert. Bei der Feinjustierungen
kann es anfangs zu einer Unterfunktionslage, aber auch schnell zu einer
Überfunktionslage kommen, die aber in der Regel nur wenige Stunden
anhält, weil das T3 schneller nicht mehr verfügbar ist – dann ist auch die
Überfunktion wieder verschwunden. Für die Kontrolle der richtigen Dosis
bietet sich begleitend die Messung der axillären Basaltemperatur an. Per­
manente Laborkontrollen machen in dieser Phase wenig Sinn und bringen
in der Regel nur Stress, der ja vermieden werden sollte. Dem Hineinspüren
in den eigenen Körper, der Wahrnehmung der vorhandenen Befindlich­
keit, sollte in dieser Phase die meiste Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Es gibt Fälle, in denen eine Umstellung auf NDT nicht auf Anhieb klappt.
Das kann dann daran liegen, dass durch die T4-Präparat-Therapie zu viel
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reverses T3 gebildet worden ist, das immer noch die Rezeptoren blockiert,
sodass das natürliche Hormon seine Wirkung gar nicht entfalten kann.
Angeraten ist auch unbedingt, einen Eisenmangel vorher zu behandeln
und eine Schwäche der Nebennieren auszugleichen.
Eine optimale Schilddrüseneinstellung hängt von vielen Faktoren ab und
ist stets sehr individuell und sensibel zu handhaben. Es gibt mehrere Op­
tionen, Hormone zu verabreichen. Das Wichtigste ist, zu erkennen, was
genau für eine Unterfunktion der Schilddrüse sorgt: eine zu geringe T3und T4-Produktion (primäre Hypothyreose), eine schlechte Umwandlung
des inaktiven Hormons T4 in das aktive Hormon T3, oder wird zu viel
des reversen T3 produziert? Eventuell muss an anderen Stellen im Körper
regulativ eingegriffen werden: Darm, Leber, Nieren, Nebennieren, Hypo­
physe, Östrogendominanz, Progesteronmangel, Cortisolüberschuss oder
-mangel, Nährstoffaufnahme, Ernährung, Eisenwert, Jodaufnahme, Le­
bensstiländerungen …?
Oftmals ist für ein gutes Ergebnis etwas Geduld und ein entsprechender
Überblick vonnöten, womöglich auch die eine oder andere Anpassung
sowohl der Mittel und der Dosis als auch des Lebensstils. Es stehen aber
durchaus vielversprechende Ansätze zur Verfügung mit der Aussicht auf
einen Therapieerfolg und eine neue Lebensqualität. Es liegt absolut im Be­
reich des Möglichen, dass sich die Schilddrüse und das gesamte Hormon­
system durch ganzheitliche Maßnahmen so weit erholen, dass noch vor­
handenes Schilddrüsengewebe wieder zum Wachstum angeregt wird und
körpereigene Schilddrüsenhormone selbst ausreichend produziert werden.
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